L 7 B 334/08 AS ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AS 194/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 B 334/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 12.09.2008, mit dem die Antragsgegnerin einstweilen verpflichtet wird, an den Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu erbringen, aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind weder im Ausgangs- noch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgericht (SG) Detmold vom 12.09.2008, mit dem die Antragsgegnerin einstweilen verpflichtet wird, an den Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu erbringen, ist zulässig und begründet. Der weitere Beschluss des SG Detmold vom 12.09.2009, mit dem dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Ausgangsverfahrens vor dem SG bewilligt wurde, bleibt von dieser Entscheidung unberührt.

1. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).

2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

a) Denn im Beschwerdeverfahren hat er - erstmals - vorgetragen, dass er "seit August 2008 seinen Lebensunterhalt selbst sicherstellen konnte" (Schriftsatz vom 06.02.2009). Der Antragsteller hat sodann den zwischen ihm und der Firma I aus Bad P geschlossenen Arbeitsvertrag vom 11.08.2008 vorgelegt, wonach der Antragsteller vom 13.08.2008 bis zum 31.08.2009 als Kraftfahrer beschäftigt wird.

b) Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers lag zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das SG Detmold am 12.09.2008 nicht "weiterhin vermutlich Eilbedürftigkeit vor" (Schriftsatz vom 12.03.2009). Denn der Antragsteller hat seinen Vortrag, dass er seinen ersten Lohn "voraussichtlich erst am 15. des darauf folgenden Monats erhalten hat, somit erst am 15.09.2008" (a.a.O.), bereits nicht glaubhaft gemacht (durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung). Er hat diesen Vortrag überdies auch nicht hinreichend substantiiert.

Der von ihm vorgelegte Arbeitsvertrag mit der I enthält zudem keine Vereinbarung des Inhaltes, dass der Lohn für einen Monat erst zur Mitte des darauf folgenden Monats gezahlt wird. Es verbleibt damit, sofern hier nicht spezielle tarifvertragliche Regelungen Anwendung finden, auf die der Arbeitsvertrag vom 11.08.2008 ausdrücklich Bezug nimmt, bei der Grundregel des § 614 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach ist die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten (§ 614 Satz 1 BGB). Der Vergütungsanspruch des Antragstellers gegen die I für seine Tätigkeit im August 2008 wäre damit zum 01.09.2008 fällig gewesen.

Ungeachtet dessen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, von seinem Arbeitgeber einen Vorschuss oder eine Abschlagszahlung zu erbitten und in Anspruch zu nehmen. Ein Anspruch auf einen Vorschuss wird insbesondere bei Notfällen des Arbeitnehmers angenommen (vgl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 614 Rdnr. 3).

c) Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund auch für die Zeit vor Abschluss des Arbeitsvertrages am 11.08.2008 nicht glaubhaft gemacht. Denn die Antragsgegnerin konnte seinen Leistungsantrag deshalb nicht bescheiden, weil der Antragsteller die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt und demzufolge seine Mitwirkungsobliegenheiten gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht erfüllt hat. Wäre der Antragsteller diesen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen, hätte sich ein einstweiliges sozialgerichtliches Verfahren von vornherein erübrigt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

4. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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