L 18 R 636/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 4161/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 R 636/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 204/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Fiktion eines Reha-Antrags als Rentenantrag, wenn der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit erst mit Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit anzunehmen ist und dieser Zeitpunkt nicht in zeitlich engem Zusammenhang mit dem Ende der Reha-Maßnahme steht.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Würzburg vom 16.07.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist Rente wegen Berufsunfähigkeit in der Zeit vom 01.11.1978 bis 31.03.1987 sowie Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Zeit vom 01.04.1987 bis 30.04.1991 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) streitig.

Der 1941 geborene Kläger hat nach seinen Angaben im Zeitraum vom 06.03.1962 bis 31.12.1967 erfolgreich eine Lehre als Landwirtschaftsgehilfe absolviert und war danach bis zu seinem Arbeitsunfall im Jahr 1964, bei dem er sich eine LWK I- Fraktur zugezogen hatte, in diesem Beruf tätig. Nach längerer Krankenzeit war er bis 31.10.1978 als Außendienstmitarbeiter im Angestelltenverhältnis bei einer Tierversicherung beschäftigt. Zuletzt, d.h. vom 01.11.1978 bis 31.03.1987 war er als Handelsvertreter selbstständig tätig.

Am 13.05.1991 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/ Berufsunfähigkeit. Nachdem die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 16.09.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.01.1992 wegen Fehlens der medizinischen Voraussetzungen abgelehnt hatte, erklärte sie sich im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) am 17.02.1993 bereit, den Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit mit dem 31.03.1987 anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Der Kläger hat dieses Anerkenntnis unter dem 11.03.1993 angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Mit Bescheid vom 15.06.1993 führte die Beklagte das Anerkenntnis aus und bewilligte dem Kläger - ausgehend von einem Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit am 31.03.1987 - Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.05.1991. Mit Rentenbescheid vom 04.10.1993 wurde der Rentenbeginn auf den 03.03.1993 abgeändert, da der Rentenanspruch in der Zeit vom 01.05.1991 bis 02.03.1993 wegen eines Anspruchs auf Übergangsgeld geruht habe. Gegen einen Folgebescheid vom 06.05.2003 legte der Kläger am 13.06.2003 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2003 zurückwies. Hiergegen erhob der Kläger erneut Klage zum SG (S 2 RA 318/03) mit dem Begehren, den Rentenbeginn auf den 01.04.1987 vorzuverlegen. Mit Beschluss vom 06.02.2006 hat das SG das Verfahren S 2 RA 318/03 in fünf Verfahren gemäß § 113 Sozialgerichtsgesetz (SGG) getrennt und den Streitgegenstand "Zahlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente ab 01.04.1987" unter dem Az: S 2 R 4465/05 fortgeführt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16.05.2006 erklärte die Beklagte auf Anregung des Vor-sitzenden, dass sie den Widerspruch vom 13.06.2003 als Antrag nach § 44 SGB X werte und darüber einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid erlassen werde; daraufhin nahm der Kläger die Klage zurück.

Mit Bescheid vom 08.11.2006 lehnte die Beklagte den "Antrag" des Klägers vom 13.06.2003 auf " Rücknahme des Bescheides vom 06.05.2003" ab. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit seien am 31.03.1987 erfüllt gewesen. Da der Rentenantrag erst am 13.05.1991 gestellt worden sei, sei der Rentenbeginn zutreffend mit dem 01.05.1991 festgestellt worden. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 15.11.2006 blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 12.04.2007 führte die Beklagte insbesondere aus, dass sich aus den am 29.05.1984 und 12.12.1990 gestellten Anträgen auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eine Rentenantragsfiktion nicht herleiten lasse, weil die beiden genannten Anträge zuständigkeitshalber an die Krankenkasse abgegeben worden seien. Eine Umdeutung des Antrags vom 29.05.1984 auf Rehabilitationsleistungen sei zudem auch deshalb ausgeschlossen, weil die Erwerbsunfähigkeit erst im März 1987 eingetreten sei. Ein Rentenbeginn vor dem 01.05.1991 sei daher nicht möglich.

Hiergegen hat der Kläger am 04.05.2007 Klage zum SG erhoben. Aufgrund der vom 20.09. bis 18.10.1978 in der Kurklinik S. durchgeführten Heilbehandlung müsse der diesbezügliche Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Rentenantrag gelten und Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.11.1978 gewährt werden. Seit Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit zum 31.03.1987 liege Erwerbsunfähigkeit vor, sodass vom 01.04.1987 bis 30.04.1991 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu bewilligen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.07.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe vor dem 01.05.1991 keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Überprüfungsantrag des Klägers vom 13.06.2003 sei auf den Rentenerstbewilligungsbescheid vom 15.06.1993 in der Gestalt des Neufeststellungsbescheids vom 04.10.1993 und nicht - wie von der Beklagten versehentlich im Bescheid vom 08.11.2006 aufgeführt - auf den Folgebescheid vom 06.05.2003 gerichtet. Eine Anspruchsgrundlage für den von dem Kläger begehrten Rentenbeginn vor dem 01.05.1991 sei nicht ersichtlich, denn es fänden sich nach gerichtlicher Überprüfung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei Erlass des Bescheides vom 15.06.1993 in der Gestalt des Bescheides vom 04.10.1993 das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich im Sinne des § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X als unrichtig erweise. Die Beklagte sei bei der Rentenbewilligung gemäß Bescheid vom 15.06.1993 zutreffend davon ausgegangen, dass der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit mit dem 31.03.1987, nämlich dem Zeitpunkt der Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit des Klägers als Handelsvertreter, eingetreten sei. Da der Kläger seinen Rentenantrag erstmalig am 13.05.1991 gestellt habe, habe die Beklagte zu Recht gemäß § 67 Abs.2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) den 01.05.1991 als Rentenbeginn bestimmt. Die mit Bescheid vom 04.10.1993 vorgenommene Änderung des Rentenbeginns auf den 03.03.1993 ergebe sich daraus, dass der Kläger vom 01.05.1991 bis 02.03.1993 Übergangsgeld bezogen und daher der Rentenanspruch während des genannten Zeitraums geruht habe. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung könne ein früherer Rentenantrag auch nicht gemäß § 18d Abs.4 Satz 1 AVG fingiert werden. Nach dieser Regelung gelte der Antrag auf Rehabilitation als Antrag auf Rente, wenn der Versicherte bei Abschluss einer Maßnahme zur Rehabilitation berufs- oder erwerbsunfähig sei. Die Beklagte habe dem Kläger zwar vom 20.09. bis 18.10.1978, vom 29.04. bis 27.05.1981 und vom 11.07. bis 08.08.1985 medizinische Rehabilitationsmaßnahmen gewährt. Eine Anwendung des § 18d Abs.4 Satz 1 AVG sei aber ausgeschlossen, weil die verminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht bereits seit dem Abschluss einer der genannten Maßnahmen, sondern erst seit dem 31.03.1987 gegeben sei. So hätten sich die Beteiligten mit der am 11.03.1993 erfolgten Annahme des Anerkenntnisses der Beklagten vom 17.02.1993 verbindlich dahingehend geeinigt, dass der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit mit dem 31.03.1987 eingetreten sei. Soweit der Kläger - hiervon abweichend - meine, Berufsunfähigkeit liege nicht erst seit der Aufgabe der letzten beruflichen Tätigkeit am 31.03.1987, sondern schon seit dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme in S. (18.10.1978) vor, stehe diese Auffassung im klaren Widerspruch zu dem am 18.10.1978 von Dr.K. ausgestellten Entlassungsschein. Darin sei nämlich ausdrücklich vermerkt, dass der Kläger als arbeitsfähig - mit einer Schonung von 7 Kalendertagen - entlassen worden sei. Auch die weiteren von Seiten des Klägers übersandten ärztlichen Unterlagen enthielten keinen Hinweis darauf, dass eine Berufsunfähigkeit bereits seit dem Ende der stationären Heilbehandlung in den Jahren 1981 (27.05.1981) oder 1985 (08.08.1985) vorgelegen haben könnte. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn sich die Feststellung des Rentenbeginns zum 01.05.1991 (bzw. 03.03.1993) als rechtwidrig dargestellt hätte, ein Anspruch auf Rentenleistungen vor dem 01.05.1991 abzulehnen gewesen wäre. Denn der vom Kläger geltend gemachte Anspruchszeitraum vom 01.11.1978 bis 30.04.1991 decke sich offensichtlich nicht mit dem in § 44 Abs.4 SGB X vorgesehenen 4-Jahreszeitraum vor Stellung des Überprüfungsantrags (hier: vor dem 13.06.2003), in welchem Leistungen rückwirkend hätten erbracht werden können. Gemäß § 44 Abs.4 SGB X wäre eine rückwirkende Leistung allenfalls ab 01.01.1999 möglich.

Hiergegen richtet sich die beim SG am 14.08.2008 und beim Bayer. Landessozialgericht am 22.08.2008 eingegangene Berufung des Klägers. Wer so schnell wie er in jungen Jahren einen Arbeitsunfall unschuldig erlitten habe, habe Anspruch auf schnelle gesetzliche zeitgemäße staatliche Unterstützung in der Angestelltenrentenversicherung. Aufgrund vieler Summierungen von Störungen und Schwächen sei u.a. eine deutliche eingeschränkte Steh- und Gehfähigkeit neben besonders vielen belastenden körperlichen Leiden vor und danach (Stauchungsbruch mit Querschnitt) nicht mehr strittig und die beantragte Rentenzahlung in der Zeit vom 01.04.1987 bis 30.04.1991 anzuordnen, anzuerkennen und zu leisten. Es sei richtig, dass er nach schwerem Stauchungsbruch am 03.02.1964 seinen erlernten Beruf nicht mehr habe ausüben können. Durch Unfall und Unfallfolgen bedingt sei seine Leistungseinschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr gegeben gewesen.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 16.07.2008 sowie den Bescheid vom 08.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 15.06.1993 in der Gestalt des Neufeststellungsbescheides vom 04.10.1993 ihm auch Rente wegen Berufsunfähigkeit in der Zeit vom 01.11.1978 bis 31.03.1987 sowie Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Zeit vom 01.04.1987 bis 30.04.1991 einschließlich Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 16.07.2008 zurückzuweisen.

Auf den Akteninhalt, das bisherige Vorbringen sowie auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids werde Bezug genommen.

Das Gericht hat die Akten der Beklagten (Bände I bis III) sowie die Akten des SG mit den Az: S 12 R 4161/07, S 2 RA 318/03, S 2 R 462/05, S 2 R 4463/05, S 2 R 4464/05 und S 2 R 4465/05 beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 16.07.2008 die Klage abgewiesen. Denn dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 08.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2007 und Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit in der Zeit vom 01.11.1978 bis 31.03.1987 sowie von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Zeit vom 01.04.1987 bis 30.04.1991 einschließlich Zahlung von Zinsen unter teilweiser Rücknahme des Rentenbescheids vom 15.06.1993 in der Gestalt des Neufeststellungsbescheids vom 04.10.1993 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 SGB X nicht zu.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X.

Der Kläger hat vor dem 01.05.1991 keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit. Der Überprüfungsantrag des Klägers vom 13.06.2003 ist - worauf das SG zu Recht hinweist - auf den Rentenerstbewilligungsbescheid vom 15.06.1993 in der Gestalt des Neufeststellungsbescheids vom 04.10.1993 und nicht - wie von der Beklagten versehentlich im Bescheid vom 08.11.2006 festgestellt - auf teilweise Rücknahme des Folgebescheids vom 06.05.2003 gerichtet. Der Überprüfung des Bescheids vom 15.06.1993 in Gestalt des Bescheids vom 04.10.1993 im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X steht nicht entgegen, dass der Bescheid vom 15.06.1993 in Ausführung des am 11.03.1993 angenommenen Anerkenntnisses der Beklagten ergangen ist (s. hierzu BSG, Urteil vom 30.03.2004 - B 4 RA 48/01 R -). Denn es handelt sich hier nicht um einen Widerspruch gegen einen Ausführungsbescheid mit der Folge, dass der Prüfungsgegenstand darauf beschränkt wäre, ob das angenommene Anerkenntnis rechtmäßig ausgeführt worden ist.

Bei Erlass des Bescheids vom 15.06.1993 in der Gestalt des Bescheids vom 04.10.1993 ist weder das Recht unrichtig angewandt worden noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich iS des § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X als unrichtig erweist.

Zutreffend hat die Beklagte bei der Rentenbewilligung gemäß Bescheid vom 15.06.1993 angenommen, dass der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit mit dem 31.03.1987, nämlich dem Zeitpunkt der Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit des Klägers als Handelsvertreter, eingetreten ist. Damit wurde der Vorschrift des § 24 Abs.2 Satz 3 AVG (idF vom 22.12.1983) Rechnung getragen, wonach nicht erwerbsunfähig ist, wer eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt.

Die Beklagte hat auch zu Recht gemäß § 67 Abs.2 AVG (idF vom 30.03.1973) den 01.05.1991 als den Rentenbeginn bestimmt, denn der Kläger hat seinen Rentenantrag erstmalig am 13.05.1991 gestellt. Nach § 67 Abs 2 AVG (aaO) ist Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit vom Beginn des Antragsmonats an zu gewähren, wenn der Antrag - wie im vorliegenden Fall - später als 3 Monate nach dem Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit gestellt wird. Die mit Bescheid vom 04.10.1993 vorgenommene Änderung des Rentenbeginns auf den 03.03.1993 ergibt sich daraus, dass der Kläger vom 01.05.1991 bis 02.03.1993 Übergangsgeld bezogen und daher der Rentenanspruch während des genannten Zeitraums geruht hat.

Das SG hat auch zu Recht die Auffassung vertreten, dass ein früherer Rentenantrag nicht gemäß § 18d Abs.4 Satz 1 AVG (idF vom 22.12.1981) fingiert werden kann.

Ist der Versicherte bei Abschluss einer Maßnahme zur Rehabilitation berufsunfähig oder erwerbsunfähig, gilt der Antrag auf Rehabilitation als Antrag auf Rente,
§ 18d Abs.4 Satz 1 AVG (aaO).

Die Beklagte hat dem Kläger zwar vom 20.09. bis 18.10.1978, vom 29.04. bis 27.05.1981 und vom 11.07. bis 08.08.1985 medizinische Rehabilitationsmaßnahmen gewährt. Die Erwerbsunfähigkeit des Klägers ist jedoch nicht bereits seit dem Abschluss einer der genannten Maßnahmen, sondern erst seit dem 31.03.1987 mit der Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit eingetreten. Darauf haben sich die Beteiligten mit der am 11.03.1993 erfolgten Annahme des Anerkenntnisses der Beklagten vom 17.02.1993 auch verbindlich geeinigt. Die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit steht einer Erwerbsunfähigkeit entgegen, was sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs.2 Satz 3 AVG (aaO) ergibt. Ein hinreichender zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit am 31.03.1987 und dem Abschluss der jeweiligen Maßnahme zur Rehabilitation ist somit nicht gegeben.

Auch das Begehren des Klägers, ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit in der Zeit vom 01.11.1978 bis 31.03.1987 zu gewähren, ist unbegründet. Die Auffassung des Klägers, seine Berufsunfähigkeit liege schon seit dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme in S. (18.10.1978) vor, teilt der Senat nicht. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass diese Auffassung im eindeutigen Widerspruch zu dem am 18.10.1978 von Dr.K. ausgestellten Entlassungsschein steht. Darin ist nämlich ausdrücklich vermerkt, dass der Kläger als arbeitsfähig - mit einer Schonung von 7 Kalendertagen - entlassen worden ist. Somit ist davon auszugehen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Entlassung erst recht nicht erwerbsunfähig war. Auch die weiteren von Seiten des Klägers übersandten ärztlichen Unterlagen enthalten keinen Hinweis darauf, dass eine Berufsunfähigkeit bereits seit dem Ende der stationären Heilbehandlung in den Jahren 1978 (18.10.1978), 1981 (27.05.1981) oder 1985 (08.08.1985) vorgelegen haben könnte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Kläger die selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter erst am 31.03.1987 aufgegeben hat und die physischen und psychischen Anforderungen an den Beruf des Handelsvertreters durchaus mit denen, die an die Tätigkeit eines Außendienstmitarbeiters im Versicherungsgewerbe - hier der "bisherige Beruf" iS des § 23 Abs.2 Satz 2 AVG (idF vom 11.07.1985) - gestellt werden, vergleichbar sind.

Aus den dargelegten Gründen ist der Vortrag des Klägers, er habe nach schwerem Stauchungsbruch am 03.02.1964 seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben können, die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit seien nicht mehr gegeben gewesen, ohne rechtliche Relevanz.

Überdies kann das klägerische Begehren schon deshalb nicht erfolgreich sein, weil nach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu 4 Jahren vor der Rücknahme erbracht werden, wobei anstelle der Rücknahme der Antrag tritt, soweit die Rücknahme auf Antrag erfolgt, Satz 3. Aufgrund des im vorliegenden Fall erst am 13.06.2003 gestellten Überprüfungsantrags gemäß § 44
SGB X wären rückwirkende Leistungen gemäß § 44 Abs.4 SGB X frühestens ab 01.01.1999 möglich.

Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 16.07.2008 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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