L 2 B 730/08 AL

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 AL 104/08
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 730/08 AL
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ordnungsgeld gegen nichterschienen Kläger; Aufhebung bei nachträglicher Entschuldigung durch Vorlage eines ärztlichen Attestes.
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg
vom 8. Juli 2008 aufgehoben.



Gründe:

I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ihm auferlegtes Ordnungsgeld.
Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (SG) zum Aktenzeichen S 12 AL 104/08 begehrt der Beschwerdeführer höheres Arbeitslosengeld als 20,95 EUR kalendertäglich (628,50 EUR monatlich) ab dem 07.02.2008. Das SG beraumte Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 08.07.2008 an. Es ordnete das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers an. In der Ladungsverfügung wies es auf die Folgen unentschuldigten Fernbleibens mit der Möglichkeit, Ordnungsgeld verhängen zu können, hin. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 27.06.2008 zugestellt. Der Zusteller vermerkte, er habe den Beschwerdeführer nicht angetroffen und habe das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt.
Im Termin am 08.07.2008 erschien der Beschwerdeführer nicht. Das SG setzte gegen den Beschwerdeführer Ordnungsgeld in Höhe von 400,00 EUR fest. Es begründete den Beschluss damit, dass der ordnungsgemäß Geladene sein Fernbleiben in keiner Weise entschuldigt habe. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 10.07.2008 zugestellt, wiederum durch Einlegen des Schriftstücks in den Briefkasten.
Dagegen legte der Beschwerdeführer mit beim SG am 07.08.2008 eingegangenem Schreiben Beschwerde ein. Er habe sich vom 28.06. bis 18.07.2008 in Rumänien zu einem von der Bundesagentur für Arbeit genehmigten Urlaub aufgehalten. Dort sei er erkrankt, er sei reiseunfähig gewesen, wie sich aus dem beigefügten ärztlichen Attest vom 07.08.2008 ergebe. Darin wird akute Enterokolitis bei Reiseunfähigkeit bestätigt. Die Bundesagentur für Arbeit erklärte am 04.09.2008, der Beschwerdeführer habe am 17.06.2008 vorgesprochen und um Genehmigung seiner Ortsabwesenheit gebeten. Die Urlaubsrückmeldung sei für den 14.07.2008 vereinbart worden.
Der Beschwerdeführer beantragt, den Ordnungsgeldbeschluss aufzuheben.
Das SG legte die Beschwerde dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.

II.

Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist begründet und führt zur Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses des SG vom 08.07.2008.

Nach § 111 SGG i.V.m. § 141 Zivilprozessordnung kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem Ermessen. Von der Anordnung soll abgesehen werden, wenn einem Beteiligten wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grunde sein persönliches Erscheinen nicht zuzumuten ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 111 Rdnr.2). Welche Ermessenserwägungen den Ausschlag gaben, dass der Vorsitzende der 12. Kammer des SG das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers zum Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage anordnete, erschließt sich weder aus der Ladungsverfügung noch aus dem Akteninhalt oder dem Ordnungsgeldbeschluss selbst. Aber selbst wenn man diese Bedenken zurückstellen wollte, so bleibt die Tatsache, dass der Kläger nachträglich sein Nichterscheinen durch Vorlage der ärztlichen Bescheinigung vom 07.07.2008 entschuldigte. Es kann zwar nicht übersehen werden, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben sich vom 28.06. bis 18.07.2008 in Rumänien aufgehalten hat, die Ladung zum Termin am 27.06.2008 bereits zugestellt worden war. Daraus folgt, dass er einen Tag vor seiner Abreise nach Rumänien bereits Kenntnis vom Termin hatte. Die Tatsache, dass der Kläger Urlaub bzw. Ortsabwesenheit bis 14.07.2008 mit der Bundesagentur für Arbeit vereinbart hatte, verdeutlicht, dass er nicht geplant hatte, zum Termin am 08.07.2008 in Regensburg zu erscheinen. Gleichwohl vermögen diese Zweifel nicht die durch ärztliche Bescheinigung belegte Tatsache zu widerlegen, dass der Kläger am 07.07.2008, also einen Tag vor dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts, in Rumänien einen Arzt aufsuchte, der bei ihm Reiseunfähigkeit feststellte. Der Senat sieht darin eine hinreichende nachträgliche Entschuldigung, die auch, weil es sich um eine akute Erkrankung handelte, aus verständlichen Gründen erst nachträglich vorgebracht werden konnte.

Bei dieser Sachlage konnte der Senat Überlegungen hintanstellen, ob überhaupt die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 400,00 EUR in Anbetracht der Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers, die sich aus der Akte der Bundesagentur für Arbeit erschließen, als angemessen bezeichnet werden kann. Wie bereits dargestellt, hält der Senat eine hinreichende nachträgliche Entschuldigung für das Fernbleiben gemäß der hier anzuwendenden Vorschriften über den Zeugenbeweis, §§ 380, 381 ZPO, für glaubhaft.

Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 08.07.2008 war aufzuheben.

Über die Kosten war analog § 193 SGG zu entscheiden.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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