Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 180/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 98/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt. Der Beklagte und die Beigeladene zu 2) tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1), die diese selbst trägt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen der Verordnung des zu den Immunglobulinen zählenden, intravenös (i.v.) zu verabreichenden Arzneimittels Polyglobin im Quartal I/2000. Der Berufungskläger zu 1) nimmt an der hausärztlichen Versorgung in B teil. In der Zeit vom 1. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2004 führte er mit der Berufungsklägerin zu 2), einer Internistin, eine Gemeinschaftspraxis. Der Berufungskläger zu 1) verordnete der bei der Beigeladenen zu 2) krankenversicherten Patientin H H (im Folgenden: die Versicherte) im Quartal I/2000 in insgesamt fünf Fällen das Arzneimittel Polyglobin 5%.
Mit am 25. Mai 2001 beim Prüfungsausschuss eingegangen Schreiben stellte die BKK Berlin, eine Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2), wegen der Verordnung von Polyglobin in den Quartalen I/2000 bis IV/2000 einen "Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 14 der Prüfvereinbarung vom 10.01.1994" und nannte im Betreff "Gemeinschaftspraxis Drs. med. K und D" (die Klägerin). Mit an beide Berufungskläger gemeinsam gerichteten Bescheid vom 27. September 2001 setzte der Prüfungsausschuss "gemäß § 14 der Prüfvereinbarung" einen "Regress für die Verordnung von Polyglobin in Höhe von insgesamt DM 36.821,34 fest". Auf den Widerspruch der Berufungskläger reduzierte der Beklagte mit dem ausdrücklich an die Klägerin (also die Gemeinschaftspraxis) gerichteten Bescheid vom 25. März 2003, der BKK Berlin nach eigenen Angaben am 27. Mai 2003 zugestellt, die Schadensersatzverpflichtungen auf 15.162,56 DM (7.752,49 Euro) und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, Polyglobin sei im Quartal IV/2000 indikationsgerecht, im Quartal I/2000 hingegen nicht indikationsgerecht verordnet worden.
Gegen die Festsetzung eines Regresses für das Quartal I/2000 richtete sich die Klage der Gemeinschaftspraxis, die das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 14. Juni 2006 abgewiesen hat. Ein indikationsgerechter Einsatz der Immunglobuline lasse sich nicht feststellen. Laboruntersuchungen für das Vorliegen der Erkrankungen, für die dieses Arzneimittel zugelassen sei, habe die klagende Gemeinschaftspraxis nicht vorgelegt. Das gelte insbesondere für einen Antikörpermangelzustand. Dass die Voraussetzungen für einen zulassungsüberschreitenden Einsatz (Off-label-use) nach den Kriterien des BSG vorlägen, könne ebenfalls nicht festgestellt werden. Auf ein Verschulden komme es nicht an. Kompensatorische Einsparungen seien nicht zu erkennen.
Gegen dieses den heutigen Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers zu 1) am 13. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Berufungskläger zu 1) am 21. Juli 2006 und die Berufungsklägerin zu 2) am 11. August 2006 Berufung eingelegt. Der Berufungskläger zu 1) vertritt die Auffassung, die Verordnung von Polyglobin sei notwendig und indiziert gewesen. Zumindest fehle es am Verschulden des Verordnenden; schließlich sei der Regress wegen Verstoßes gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes rechtswidrig. Die Berufungsklägerin zu 2) macht sie geltend: Im Quartal I/2000 sei sie mit dem Berufungskläger zu 1) (noch) nicht in Praxisgemeinschaft tätig gewesen, so dass sie für Arzneimittelverordnungen aus dieser Zeit auch nicht in Anspruch genommen werden dürfe.
Auf Vorschlag des Beklagten hat die Beigeladene zu 2) ihren Prüfungsantrag mit Schriftsatz vom 22. August 2007 auf den Berufungskläger zu 1) "beschränkt". Durch zwei im Wesentlichen gleich lautende, an den Berufungskläger zu 1) und die Berufungsklägerin zu 2) gerichtete Beschlüsse vom 24. September 2007 hat der Beklagte seinen Beschluss vom 25. März 2003 "insoweit abgeändert, als die dort festgesetzte Ersatzverpflichtung in Höhe von 15.162,56 DM (7.752,49 EUR) allein gegenüber dem Widerspruchsführer Dr. med. M K besteht" und mitgeteilt, dass dieser Bescheid Gegenstand des Berufungsverfahrens werde.
Der Berufungskläger zu 1) hat sein Rechtsmittel zunächst auch gegen diese Entscheidung gerichtet, im Hinblick auf einen rechtlichen Hinweis des Senats die Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Berlin beantragt, soweit dieser sich auf den an ihn gerichteten Bescheid des Beklagten vom 24. September 2007 bezieht. Im Übrigen lässt sich seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung der Antrag entnehmen,
festzustellen, dass der Rechtsstreit erledigt ist.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass die Berufungsklägerin zu 2) für eine Regressforderung im Quartal I/2000 nicht in Anspruch genommen werde. Die Berufungsklägerin zu 2) und der Beklagte haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Berufungsklägerin zu 2) in der Hauptsache für erledigt erklärt und keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise widerspricht sie dem Verweisungsantrag.
Die Beigeladene zu 1) hat sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Der Senat hat durch Beschluss vom 18. März 2009 das Verfahren abgetrennt, soweit sich der Rechtsstreit auf den an den Berufungskläger gerichteten Bescheid vom 24. September 2007 bezieht unter diesen unter dem Aktenzeichen L 7 KA 29/09 geführten Rechtsstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Berufungskläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht im Wege der sachdienlichen und damit gemäß § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässigen Klageänderung erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig. Zwischen dem Berufungskläger zu 1) einerseits und dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2) andererseits besteht Streit darüber, ob der Beschluss des Beklagten vom 24. September 2007 dessen vorangegangenen Beschluss vom 25. März 2003 (vollständig) erledigt und erstmals eine (neue) Regressforderung gegenüber dem Berufungskläger zu 1) begründet hat oder ob durch diesen Beschluss nur eine gegen den Berufungskläger zu 1) bereits bestehende Regressforderung gemäß § 96 Abs. 1 SGG abgeändert oder ersetzt worden ist. Damit streiten die genannten Beteiligten über das Bestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses; der Berufungskläger zu 1) hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, weil davon die Frage abhängt, ob über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Beklagten vom 24. September 2007 im vorliegenden Berufungsverfahren entschieden werden kann oder darüber zunächst eine Entscheidung des Sozialgerichts herbeigeführt werden muss.
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Mit seinem Beschluss vom 24. September 2007 hat der Beklagte seinen vorangegangen Beschluss vom 25. März 2003 vollständig aufgehoben und erstmals eine Regressforderung gegen den Berufungskläger zu 1) begründet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen der Verordnung des zu den Immunglobulinen zählenden, intravenös (i.v.) zu verabreichenden Arzneimittels Polyglobin im Quartal I/2000. Der Berufungskläger zu 1) nimmt an der hausärztlichen Versorgung in B teil. In der Zeit vom 1. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2004 führte er mit der Berufungsklägerin zu 2), einer Internistin, eine Gemeinschaftspraxis. Der Berufungskläger zu 1) verordnete der bei der Beigeladenen zu 2) krankenversicherten Patientin H H (im Folgenden: die Versicherte) im Quartal I/2000 in insgesamt fünf Fällen das Arzneimittel Polyglobin 5%.
Mit am 25. Mai 2001 beim Prüfungsausschuss eingegangen Schreiben stellte die BKK Berlin, eine Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2), wegen der Verordnung von Polyglobin in den Quartalen I/2000 bis IV/2000 einen "Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 14 der Prüfvereinbarung vom 10.01.1994" und nannte im Betreff "Gemeinschaftspraxis Drs. med. K und D" (die Klägerin). Mit an beide Berufungskläger gemeinsam gerichteten Bescheid vom 27. September 2001 setzte der Prüfungsausschuss "gemäß § 14 der Prüfvereinbarung" einen "Regress für die Verordnung von Polyglobin in Höhe von insgesamt DM 36.821,34 fest". Auf den Widerspruch der Berufungskläger reduzierte der Beklagte mit dem ausdrücklich an die Klägerin (also die Gemeinschaftspraxis) gerichteten Bescheid vom 25. März 2003, der BKK Berlin nach eigenen Angaben am 27. Mai 2003 zugestellt, die Schadensersatzverpflichtungen auf 15.162,56 DM (7.752,49 Euro) und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, Polyglobin sei im Quartal IV/2000 indikationsgerecht, im Quartal I/2000 hingegen nicht indikationsgerecht verordnet worden.
Gegen die Festsetzung eines Regresses für das Quartal I/2000 richtete sich die Klage der Gemeinschaftspraxis, die das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 14. Juni 2006 abgewiesen hat. Ein indikationsgerechter Einsatz der Immunglobuline lasse sich nicht feststellen. Laboruntersuchungen für das Vorliegen der Erkrankungen, für die dieses Arzneimittel zugelassen sei, habe die klagende Gemeinschaftspraxis nicht vorgelegt. Das gelte insbesondere für einen Antikörpermangelzustand. Dass die Voraussetzungen für einen zulassungsüberschreitenden Einsatz (Off-label-use) nach den Kriterien des BSG vorlägen, könne ebenfalls nicht festgestellt werden. Auf ein Verschulden komme es nicht an. Kompensatorische Einsparungen seien nicht zu erkennen.
Gegen dieses den heutigen Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers zu 1) am 13. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Berufungskläger zu 1) am 21. Juli 2006 und die Berufungsklägerin zu 2) am 11. August 2006 Berufung eingelegt. Der Berufungskläger zu 1) vertritt die Auffassung, die Verordnung von Polyglobin sei notwendig und indiziert gewesen. Zumindest fehle es am Verschulden des Verordnenden; schließlich sei der Regress wegen Verstoßes gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes rechtswidrig. Die Berufungsklägerin zu 2) macht sie geltend: Im Quartal I/2000 sei sie mit dem Berufungskläger zu 1) (noch) nicht in Praxisgemeinschaft tätig gewesen, so dass sie für Arzneimittelverordnungen aus dieser Zeit auch nicht in Anspruch genommen werden dürfe.
Auf Vorschlag des Beklagten hat die Beigeladene zu 2) ihren Prüfungsantrag mit Schriftsatz vom 22. August 2007 auf den Berufungskläger zu 1) "beschränkt". Durch zwei im Wesentlichen gleich lautende, an den Berufungskläger zu 1) und die Berufungsklägerin zu 2) gerichtete Beschlüsse vom 24. September 2007 hat der Beklagte seinen Beschluss vom 25. März 2003 "insoweit abgeändert, als die dort festgesetzte Ersatzverpflichtung in Höhe von 15.162,56 DM (7.752,49 EUR) allein gegenüber dem Widerspruchsführer Dr. med. M K besteht" und mitgeteilt, dass dieser Bescheid Gegenstand des Berufungsverfahrens werde.
Der Berufungskläger zu 1) hat sein Rechtsmittel zunächst auch gegen diese Entscheidung gerichtet, im Hinblick auf einen rechtlichen Hinweis des Senats die Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Berlin beantragt, soweit dieser sich auf den an ihn gerichteten Bescheid des Beklagten vom 24. September 2007 bezieht. Im Übrigen lässt sich seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung der Antrag entnehmen,
festzustellen, dass der Rechtsstreit erledigt ist.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass die Berufungsklägerin zu 2) für eine Regressforderung im Quartal I/2000 nicht in Anspruch genommen werde. Die Berufungsklägerin zu 2) und der Beklagte haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Berufungsklägerin zu 2) in der Hauptsache für erledigt erklärt und keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise widerspricht sie dem Verweisungsantrag.
Die Beigeladene zu 1) hat sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Der Senat hat durch Beschluss vom 18. März 2009 das Verfahren abgetrennt, soweit sich der Rechtsstreit auf den an den Berufungskläger gerichteten Bescheid vom 24. September 2007 bezieht unter diesen unter dem Aktenzeichen L 7 KA 29/09 geführten Rechtsstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Berufungskläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht im Wege der sachdienlichen und damit gemäß § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässigen Klageänderung erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig. Zwischen dem Berufungskläger zu 1) einerseits und dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2) andererseits besteht Streit darüber, ob der Beschluss des Beklagten vom 24. September 2007 dessen vorangegangenen Beschluss vom 25. März 2003 (vollständig) erledigt und erstmals eine (neue) Regressforderung gegenüber dem Berufungskläger zu 1) begründet hat oder ob durch diesen Beschluss nur eine gegen den Berufungskläger zu 1) bereits bestehende Regressforderung gemäß § 96 Abs. 1 SGG abgeändert oder ersetzt worden ist. Damit streiten die genannten Beteiligten über das Bestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses; der Berufungskläger zu 1) hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, weil davon die Frage abhängt, ob über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Beklagten vom 24. September 2007 im vorliegenden Berufungsverfahren entschieden werden kann oder darüber zunächst eine Entscheidung des Sozialgerichts herbeigeführt werden muss.
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Mit seinem Beschluss vom 24. September 2007 hat der Beklagte seinen vorangegangen Beschluss vom 25. März 2003 vollständig aufgehoben und erstmals eine Regressforderung gegen den Berufungskläger zu 1) begründet.
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