Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 8 KA 27/06
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 B 451/08 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Über eine Beschwerde gegen eine Streitwertentscheidung des Sozialgerichts entscheidet der gesamte Senat des LSG, nicht der Berichterstatter.
2. § 68 Abs. 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 3 Satz 1 GKG (Abhilfemöglichkeit durch das erstinstanzliche Gericht) ist im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit anwendbar.
2. § 68 Abs. 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 3 Satz 1 GKG (Abhilfemöglichkeit durch das erstinstanzliche Gericht) ist im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit anwendbar.
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 18.9.2008 abgeändert. Der Streitwert für das Verfahren S 8 KA 27/06 wird auf 17.148, EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Umstritten ist der Streitwert für den beim Sozialgericht (SG) Mainz abgeschlossenen Rechtsstreit S 8 KA 27/06.
In diesem Klageverfahren stritten die Beteiligten über die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen des Klägers im Quartal II/2005. Der Kläger wandte sich gegen die Rechtmäßigkeit eines neuen Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der ehemaligen KÄV Rheinhessen (Rechtsvorgängerin der Beklagten; zukünftig Beklagte). In diesem HVM hatte die Beklagte bestimmt, dass alle abgerechneten Leistungen, welche einer Mengenbegrenzung unterliegen, zu 60 vH mit einem festen Punktwert und zu 40 vH zu einem floatenden Punktwert vergütet werden. Durch Urteil vom 20.8.2008 wies das SG die Klage ab.
Mit Beschluss vom 18.9.2008 hat das SG den Streitwert für das Klageverfahren auf 5.000, EUR festgesetzt. Gegen diesen ihm am 29.9.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21.11.2008 eingelegte Beschwerde des Klägers, der das SG nicht abgeholfen hat.
II.
Über die Beschwerde entscheidet nicht der Berichterstatter, sondern der gesamte Senat (ebenso Landessozialgericht LSG Nordrhein-Westfalen 24.2.2006 L 10 B 21/05 KA; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 155 Rn 9d; aA LSG Thüringen 16.2.2007 L 6 B 141/06 SF; Sächsisches LSG 9.6.2008 L 1 B 351/07 KR; LSG Baden-Württemberg 16.12.2008 L 10 R 5747/08 W B). Nach § 66 Abs 6 Satz 1 1. Halbsatz Gerichtskostengesetz (GKG) entscheidet das Gericht über die Beschwerde durch eines seiner Mitglieder, wenn die angefochtene Entscheidung von einem "Einzelrichter" erlassen wurde. Einzelrichter iS dieser Vorschrift ist nur der Richter, dem die Entscheidung über den Rechtsstreit vom gesamten Spruchkörper übertragen wurde (vgl § 526 Zivilprozessordnung ZPO ). Dies trifft auf den Kammervorsitzenden des SG nicht zu. Für diese Auslegung des § 66 Abs 6 Satz 1 Halbs 1 GKG spricht neben dem Gesetzeswortlaut auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Diese ist § 568 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nachgebildet (Gesetzesbegründung zum KostRMoG; BT Drucks 15/1971 S 157). Dies ist ein deutlicher Hinweis dafür, dass die Entscheidung nur dann von einem einzelnen Richter des Spruchkörpers zu treffen ist, wenn die jeweilige Prozessordnung in der betreffenden Fallkonstellation eine Übertragung auf den Einzelrichter erlaubt. Dies ist in der Sozialgerichtsbarkeit hinsichtlich Beschwerdeverfahren nicht der Fall. Zwar sieht auch das SGG für bestimmte Fälle eine Entscheidung durch den Berichterstatter vor (§ 155 SGG). Diese Vorschrift betrifft indes nicht Beschwerdeverfahren.
Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist ist gewahrt, da die Beschwerde innerhalb von sechs Monaten eingelegt wurde, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat oder das Verfahren anderweitig erledigt wurde (§ 68 Abs 1 Satz 3 iVm § 63 Abs 3 Satz 2 SGG). Die Beschwerde ist statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 200, EUR überschreitet (§ 68 Abs 1 Satz 1 GKG).
Bevor der Senat über die Beschwerde zu befinden hat, hatte das SG über die Abhilfe zu entscheiden (§ 68 Abs 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 3 Satz 1 GKG). Dies gilt auch für die Sozialgerichtsbarkeit, obwohl § 174 SGG (Abhilferecht) durch Art 1 Nr 30 des SGGArbGGÄndG v 26.3.2008 (BGBl I S 444) aufgehoben wurde. Das folgt aus der Verweisung auf das GKG in § 197a Abs 1 Satz 1 SGG. Diese bewirkt, dass nicht nur die Gebührenvorschriften des GKG, sondern auch die in diesem geregelten Verfahrensvorschriften auch § 68 Abs 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 3 Satz 1 GKG gelten (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 197a Rn 7; Groß in Hk SGG, 3. Auflage, § 197a Rn 16).
Die Beschwerde ist auch begründet. Abweichend von der angefochtenen Entscheidung ist der Streitwert mit 17.148, EUR festzusetzen. Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers für diesen gegebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs 1 GKG). Der Regelstreitwert von 5.000, EUR (§ 52 Abs 2 GKG) ist vorliegend nicht anzusetzen, weil der Sach- und Streitstand für eine anderweitige Bestimmung des Streitwerts genügende Ansatzpunkte bietet. Die Beteiligten haben im Verfahren S 8 KA 27/06 über die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen des Klägers im Quartal II/2005 gestritten. Umstritten war die Rechtmäßigkeit der im HVM der Beklagten normierten Abstaffelungsregelung. Nach der Berechnung der Beklagten beträgt die Differenz zwischen dem Honorar, das der Kläger im Quartal II/2005 erhalten hat, und dem Honorar ohne die Abstaffelung 17.148, EUR. Entgegen der Ansicht des SG kommt für die Streitwertfestsetzung dem Umstand, dass der Kläger im Hauptsacheverfahren nur eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung beantragt hat, keine entscheidende Bedeutung zu. Auch bei einem solchen Bescheidungsantrag ist nicht ohne weiteres der Regelstreitwert anzusetzen, sofern genügende Anhaltspunkte für eine Streitwertbemessung vorliegen, welche der Bedeutung des Klagebegehrens ausreichend Rechnung trägt (vgl BSG 28.1.2009 B 6 KA 38/08 B). Dies ist vorliegend in Anbetracht des Klageziels Honorar in der Höhe, die sich ohne die Abstaffelungsregelung ergäbe ein Streitwert von 17.148, EUR.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Die weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss an das Bundessozialgericht ist nicht zulässig (§ 66 Abs 3 Satz 3 GKG).
Gründe:
I.
Umstritten ist der Streitwert für den beim Sozialgericht (SG) Mainz abgeschlossenen Rechtsstreit S 8 KA 27/06.
In diesem Klageverfahren stritten die Beteiligten über die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen des Klägers im Quartal II/2005. Der Kläger wandte sich gegen die Rechtmäßigkeit eines neuen Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der ehemaligen KÄV Rheinhessen (Rechtsvorgängerin der Beklagten; zukünftig Beklagte). In diesem HVM hatte die Beklagte bestimmt, dass alle abgerechneten Leistungen, welche einer Mengenbegrenzung unterliegen, zu 60 vH mit einem festen Punktwert und zu 40 vH zu einem floatenden Punktwert vergütet werden. Durch Urteil vom 20.8.2008 wies das SG die Klage ab.
Mit Beschluss vom 18.9.2008 hat das SG den Streitwert für das Klageverfahren auf 5.000, EUR festgesetzt. Gegen diesen ihm am 29.9.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21.11.2008 eingelegte Beschwerde des Klägers, der das SG nicht abgeholfen hat.
II.
Über die Beschwerde entscheidet nicht der Berichterstatter, sondern der gesamte Senat (ebenso Landessozialgericht LSG Nordrhein-Westfalen 24.2.2006 L 10 B 21/05 KA; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 155 Rn 9d; aA LSG Thüringen 16.2.2007 L 6 B 141/06 SF; Sächsisches LSG 9.6.2008 L 1 B 351/07 KR; LSG Baden-Württemberg 16.12.2008 L 10 R 5747/08 W B). Nach § 66 Abs 6 Satz 1 1. Halbsatz Gerichtskostengesetz (GKG) entscheidet das Gericht über die Beschwerde durch eines seiner Mitglieder, wenn die angefochtene Entscheidung von einem "Einzelrichter" erlassen wurde. Einzelrichter iS dieser Vorschrift ist nur der Richter, dem die Entscheidung über den Rechtsstreit vom gesamten Spruchkörper übertragen wurde (vgl § 526 Zivilprozessordnung ZPO ). Dies trifft auf den Kammervorsitzenden des SG nicht zu. Für diese Auslegung des § 66 Abs 6 Satz 1 Halbs 1 GKG spricht neben dem Gesetzeswortlaut auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Diese ist § 568 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nachgebildet (Gesetzesbegründung zum KostRMoG; BT Drucks 15/1971 S 157). Dies ist ein deutlicher Hinweis dafür, dass die Entscheidung nur dann von einem einzelnen Richter des Spruchkörpers zu treffen ist, wenn die jeweilige Prozessordnung in der betreffenden Fallkonstellation eine Übertragung auf den Einzelrichter erlaubt. Dies ist in der Sozialgerichtsbarkeit hinsichtlich Beschwerdeverfahren nicht der Fall. Zwar sieht auch das SGG für bestimmte Fälle eine Entscheidung durch den Berichterstatter vor (§ 155 SGG). Diese Vorschrift betrifft indes nicht Beschwerdeverfahren.
Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist ist gewahrt, da die Beschwerde innerhalb von sechs Monaten eingelegt wurde, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat oder das Verfahren anderweitig erledigt wurde (§ 68 Abs 1 Satz 3 iVm § 63 Abs 3 Satz 2 SGG). Die Beschwerde ist statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 200, EUR überschreitet (§ 68 Abs 1 Satz 1 GKG).
Bevor der Senat über die Beschwerde zu befinden hat, hatte das SG über die Abhilfe zu entscheiden (§ 68 Abs 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 3 Satz 1 GKG). Dies gilt auch für die Sozialgerichtsbarkeit, obwohl § 174 SGG (Abhilferecht) durch Art 1 Nr 30 des SGGArbGGÄndG v 26.3.2008 (BGBl I S 444) aufgehoben wurde. Das folgt aus der Verweisung auf das GKG in § 197a Abs 1 Satz 1 SGG. Diese bewirkt, dass nicht nur die Gebührenvorschriften des GKG, sondern auch die in diesem geregelten Verfahrensvorschriften auch § 68 Abs 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 3 Satz 1 GKG gelten (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 197a Rn 7; Groß in Hk SGG, 3. Auflage, § 197a Rn 16).
Die Beschwerde ist auch begründet. Abweichend von der angefochtenen Entscheidung ist der Streitwert mit 17.148, EUR festzusetzen. Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers für diesen gegebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs 1 GKG). Der Regelstreitwert von 5.000, EUR (§ 52 Abs 2 GKG) ist vorliegend nicht anzusetzen, weil der Sach- und Streitstand für eine anderweitige Bestimmung des Streitwerts genügende Ansatzpunkte bietet. Die Beteiligten haben im Verfahren S 8 KA 27/06 über die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen des Klägers im Quartal II/2005 gestritten. Umstritten war die Rechtmäßigkeit der im HVM der Beklagten normierten Abstaffelungsregelung. Nach der Berechnung der Beklagten beträgt die Differenz zwischen dem Honorar, das der Kläger im Quartal II/2005 erhalten hat, und dem Honorar ohne die Abstaffelung 17.148, EUR. Entgegen der Ansicht des SG kommt für die Streitwertfestsetzung dem Umstand, dass der Kläger im Hauptsacheverfahren nur eine Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung beantragt hat, keine entscheidende Bedeutung zu. Auch bei einem solchen Bescheidungsantrag ist nicht ohne weiteres der Regelstreitwert anzusetzen, sofern genügende Anhaltspunkte für eine Streitwertbemessung vorliegen, welche der Bedeutung des Klagebegehrens ausreichend Rechnung trägt (vgl BSG 28.1.2009 B 6 KA 38/08 B). Dies ist vorliegend in Anbetracht des Klageziels Honorar in der Höhe, die sich ohne die Abstaffelungsregelung ergäbe ein Streitwert von 17.148, EUR.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Die weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss an das Bundessozialgericht ist nicht zulässig (§ 66 Abs 3 Satz 3 GKG).
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