Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 829/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 608/08 AS
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Zustellung eines Ordnungsbeschlusses gegen einen nichterschienenen Zeugen und der Beweiskraft der Postzustellungsurkunde.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg
vom 15.04.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg zum Aktenzeichen S 15 AS 829/07 begehrte die dortige Klägerin Leistungen nach dem Zweitem Buch des Sozialgesetzbuchs. Im Zusammenhang mit dieser Leistung ging es darum, ob die Klägerin mit dem Beschwerdeführer im streitigen Bezugszeitraum in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt hatte. Zur Klärung dieser Frage lud das Sozialgericht den Beschwerdeführer als Zeugen zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 18.03.2008 zugestellt, und zwar, weil er selbst nicht angetroffen wurde, durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten. In der Ladung war der Beschwerdeführer auf die Folgen unentschuldigten Ausbleibens hingewiesen worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008 war der Beschwerdeführer nicht erschienen. Das Sozialgericht verhängte nach geheimer Beratung mit Beschluss vom selben Tag 500,00 EUR Ordnungsgeld gegen ihn wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Termin.
Der Ordnungsgeldbeschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 29.05.2008, wiederum durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten, zugestellt.
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss erhob der Beschwerdeführer mit beim Sozialgericht am 27.06.2008 eingegangenen Schreiben Beschwerde. Er führte an, in der fraglichen Zeit im Ausland gewesen zu sein; deshalb habe er unentschuldigt zum Termin nicht erscheinen können. Er entschuldige sich nunmehr für sein Fehlverhalten.
Der Beschwerdeführer beantragt, den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 15.04.2008 aufzuheben.
Das Sozialgericht legte die Beschwerde dem Bayerischen Landessozialgericht zur Entscheidung vor. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Abs.1 SGG) ist unbegründet.
Nach § 118 Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 380 Abs.1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten und zugleich ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 Abs.1 Satz 1 ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, werden die getroffenen Anordnungen nach § 381 Abs.1 Satz 3 ZPO aufgehoben. Für die Höhe des Ordnungsgeldes setzt Art.6 Abs.1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch einen Rahmen zwischen 5,00 und 1.000,00 EUR fest.
Voraussetzung für das Auferlegen eines Ordnungsgeldes ist demnach, dass der Beschwerdeführer ordnungsgemäß als Zeuge geladen und auf die Folgen seines Nichterscheinens hingewiesen worden war. Die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008 war dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 18.03.2008 zugestellt worden. Nach der vorliegenden Ladungsverfügung wurde er auf die Folgen einer Säumnis, nämlich das Auferlegen eines Ordnungsgeldes bis 1.000,00 EUR hingewiesen. Zum Termin am 15.04.2008 ist er nachweislich nicht erschienen.
Die Ladung entspricht den Vorschriften des § 63 SGG i.V.m. §§ 176 f. ZPO. § 178 ZPO regelt die Ersatzzustellung, wenn der Zustelladressat in seiner Wohnung oder in seinen Geschäftsräumen nicht angetroffen wird. Dann kann das Schriftstück gemäß § 180 ZPO in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt werden. Die Zustellung wird mit dem Zeitpunkt des Einlegens fingiert. Die fehlende Kenntnis des Adressaten ist unerheblich. Die Postzustellungsurkunde stellt eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO dar. In ihr wird Ort und Zeitpunkt der Zustellung bezeugt. Der Gegenbeweis ist zwar zulässig, erfordert jedoch, dass die in der Zustellungsurkunde beurkundeten Tatsachen unrichtig sind. Die bloße Behauptung eines anderen Geschehens oder das bloße Bestreiten genügt nicht (Thomas/Putzo, ZPO-Kommentar, 24. Auflage § 418 Rdnr.5).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen kommt der Senat zum Ergebnis, dass die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er sei in der fraglichen Zeit im Ausland gewesen, nicht genügt, um zu beweisen, er habe das Schriftstück nicht in seinem Briefkasten vorfinden können. Zum einen ist diese Behauptung in keiner Weise substantiiert. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, in welchem Zeitraum er im Ausland war, ob er weder vor seiner Abreise noch in der Zeit bis zum 15.04.2008, also bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung keine Kenntnis von der Ladung erlangt hatte. Nur dann, wenn er in dem gesamten Zeitraum zwischen dem 18.03.2008 und 15.04.2008 im Ausland gewesen wäre, wäre sein Vorbringen zumindest schlüssig. Der Senat kann jedoch nicht einmal zu Gunsten des Beschwerdeführers einen solchen Ablauf unterstellen. Denn aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008 geht hervor, die dortige Klägerin habe angegeben, sie habe erst am Tag der mündlichen Verhandlung durch eine Email erfahren, dass sich der Beschwerdeführer im Ausland aufhalte; sie habe ihn in den letzten zwei bis drei Wochen vor dem Termin nicht mehr in ihrem Hause gesehen. Daraus lässt sich ableiten, dass sich der Beschwerdeführer zumindest in der Zeit nach der Ladung am 18.03.2008 bis zwei oder drei Wochen vor dem Termin, also bis zum 25.03. oder 31.03.2008, im Hause der Klägerin aufgehalten hatte, in der auch seine Wohnung mit dem dazugehörigen Briefkasten gelegen ist. Insgesamt kommt der Senat damit zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer sein Ausbleiben nicht hinreichend entschuldigt und noch viel weniger glaubhaft gemacht hat.
Damit besteht der Ordnungsgeldbeschluss gegen den Beschwerdeführer zu Recht. Auch die Höhe des auferlegten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Die Festsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes unterliegt dem richterlichen Ermessen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Ermessensbegründung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Rahmen des von Art. 6 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch festgelegten Spielraums zwischen 5,00 und 1.000,00 EUR hält. Dies ist hier der Fall.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die analoge Anwendung des § 197a SGG. Der Beschwerdeführer gehört als Zeuge nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis, für den Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei sind. Ihm waren daher gemäß § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
vom 15.04.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg zum Aktenzeichen S 15 AS 829/07 begehrte die dortige Klägerin Leistungen nach dem Zweitem Buch des Sozialgesetzbuchs. Im Zusammenhang mit dieser Leistung ging es darum, ob die Klägerin mit dem Beschwerdeführer im streitigen Bezugszeitraum in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt hatte. Zur Klärung dieser Frage lud das Sozialgericht den Beschwerdeführer als Zeugen zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 18.03.2008 zugestellt, und zwar, weil er selbst nicht angetroffen wurde, durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten. In der Ladung war der Beschwerdeführer auf die Folgen unentschuldigten Ausbleibens hingewiesen worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008 war der Beschwerdeführer nicht erschienen. Das Sozialgericht verhängte nach geheimer Beratung mit Beschluss vom selben Tag 500,00 EUR Ordnungsgeld gegen ihn wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Termin.
Der Ordnungsgeldbeschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 29.05.2008, wiederum durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten, zugestellt.
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss erhob der Beschwerdeführer mit beim Sozialgericht am 27.06.2008 eingegangenen Schreiben Beschwerde. Er führte an, in der fraglichen Zeit im Ausland gewesen zu sein; deshalb habe er unentschuldigt zum Termin nicht erscheinen können. Er entschuldige sich nunmehr für sein Fehlverhalten.
Der Beschwerdeführer beantragt, den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 15.04.2008 aufzuheben.
Das Sozialgericht legte die Beschwerde dem Bayerischen Landessozialgericht zur Entscheidung vor. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Abs.1 SGG) ist unbegründet.
Nach § 118 Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 380 Abs.1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten und zugleich ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 Abs.1 Satz 1 ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, werden die getroffenen Anordnungen nach § 381 Abs.1 Satz 3 ZPO aufgehoben. Für die Höhe des Ordnungsgeldes setzt Art.6 Abs.1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch einen Rahmen zwischen 5,00 und 1.000,00 EUR fest.
Voraussetzung für das Auferlegen eines Ordnungsgeldes ist demnach, dass der Beschwerdeführer ordnungsgemäß als Zeuge geladen und auf die Folgen seines Nichterscheinens hingewiesen worden war. Die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008 war dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 18.03.2008 zugestellt worden. Nach der vorliegenden Ladungsverfügung wurde er auf die Folgen einer Säumnis, nämlich das Auferlegen eines Ordnungsgeldes bis 1.000,00 EUR hingewiesen. Zum Termin am 15.04.2008 ist er nachweislich nicht erschienen.
Die Ladung entspricht den Vorschriften des § 63 SGG i.V.m. §§ 176 f. ZPO. § 178 ZPO regelt die Ersatzzustellung, wenn der Zustelladressat in seiner Wohnung oder in seinen Geschäftsräumen nicht angetroffen wird. Dann kann das Schriftstück gemäß § 180 ZPO in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt werden. Die Zustellung wird mit dem Zeitpunkt des Einlegens fingiert. Die fehlende Kenntnis des Adressaten ist unerheblich. Die Postzustellungsurkunde stellt eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO dar. In ihr wird Ort und Zeitpunkt der Zustellung bezeugt. Der Gegenbeweis ist zwar zulässig, erfordert jedoch, dass die in der Zustellungsurkunde beurkundeten Tatsachen unrichtig sind. Die bloße Behauptung eines anderen Geschehens oder das bloße Bestreiten genügt nicht (Thomas/Putzo, ZPO-Kommentar, 24. Auflage § 418 Rdnr.5).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen kommt der Senat zum Ergebnis, dass die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er sei in der fraglichen Zeit im Ausland gewesen, nicht genügt, um zu beweisen, er habe das Schriftstück nicht in seinem Briefkasten vorfinden können. Zum einen ist diese Behauptung in keiner Weise substantiiert. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, in welchem Zeitraum er im Ausland war, ob er weder vor seiner Abreise noch in der Zeit bis zum 15.04.2008, also bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung keine Kenntnis von der Ladung erlangt hatte. Nur dann, wenn er in dem gesamten Zeitraum zwischen dem 18.03.2008 und 15.04.2008 im Ausland gewesen wäre, wäre sein Vorbringen zumindest schlüssig. Der Senat kann jedoch nicht einmal zu Gunsten des Beschwerdeführers einen solchen Ablauf unterstellen. Denn aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 15.04.2008 geht hervor, die dortige Klägerin habe angegeben, sie habe erst am Tag der mündlichen Verhandlung durch eine Email erfahren, dass sich der Beschwerdeführer im Ausland aufhalte; sie habe ihn in den letzten zwei bis drei Wochen vor dem Termin nicht mehr in ihrem Hause gesehen. Daraus lässt sich ableiten, dass sich der Beschwerdeführer zumindest in der Zeit nach der Ladung am 18.03.2008 bis zwei oder drei Wochen vor dem Termin, also bis zum 25.03. oder 31.03.2008, im Hause der Klägerin aufgehalten hatte, in der auch seine Wohnung mit dem dazugehörigen Briefkasten gelegen ist. Insgesamt kommt der Senat damit zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer sein Ausbleiben nicht hinreichend entschuldigt und noch viel weniger glaubhaft gemacht hat.
Damit besteht der Ordnungsgeldbeschluss gegen den Beschwerdeführer zu Recht. Auch die Höhe des auferlegten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Die Festsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes unterliegt dem richterlichen Ermessen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Ermessensbegründung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Rahmen des von Art. 6 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch festgelegten Spielraums zwischen 5,00 und 1.000,00 EUR hält. Dies ist hier der Fall.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die analoge Anwendung des § 197a SGG. Der Beschwerdeführer gehört als Zeuge nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis, für den Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei sind. Ihm waren daher gemäß § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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