L 4 B 8/08 KR

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 KR 53/07 P
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 B 8/08 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Beleihung einer Lebensversicherung bei PKH
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 5. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:
I.

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) begehrt Prozesskostenhilfe in einem Verfahren auf Bewilligung von Krankengeld.

Der am 1946 geborene verheiratete Kläger war im Jahr 2005 als Polier im Tiefbau und in der Bodensanierung tätig. Er ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert und war seit Dezember 2005 arbeitslos. Am 1. Oktober 2006 nahm ihn das Waldkrankenhaus B. D. – Fachkrankenhaus für Orthopädie – stationär auf und führte am 2. Oktober 2006 bei ihm eine Spondylodese (operative Versteifung der Wirbelsäule) L 5/S 1 (USS/Instrumentation) durch. Daran schloss sich in der Zeit vom 16. Oktober 2006 bis 4. November 2006 eine weitere Behandlung im Reha-Zentrum B. D. an. Chefarzt Dr. E. teilte in seinem ärztlichen Entlassungsbericht vom 8. November 2006 mit, der Kläger sei für leichte körperliche Arbeiten unter wechselnder Körperhaltung zwischen Stehen, Laufen und Sitzen unter Vermeidung von Rumpfzwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten unter 5 kg sowie Bücken, Ersteigen von Leitern und Gerüsten vollschichtig einsetzbar. Aus orthopädischer Sicht sei ihm jedoch die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit als Polier im Tiefbau nicht mehr möglich.

Der Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Niedersachsen O.-B. teilte unter dem 4. Dezember mit: Aus dem Reha-Bericht ergebe sich eine Arbeitsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete K. E. vom MDK Sachsen-Anhalt e.V. am 6. Februar 2007 ein Gutachten. Nach seiner Einschätzung bestehe ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten unter wechselnder Körperhaltung mit der Möglichkeit zwischen Stehen, Laufen und Sitzen zu wechseln. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, ständig zu heben und zu tragen sowie Lasten über 5 kg zu bewegen. Ausgeschlossen seien auch Arbeiten auf Leitern, Treppen und Gerüsten sowie Arbeiten in Zwangshaltung und unter vermehrten Bücken und Knien.

Der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. P. teilte unter dem 9. Februar 2007 mit, nach der Spondylodese habe sich beim Kläger eine Fußheberparese rechts entwickelt. Diese neue Erkrankung verhindere jede Tätigkeit leichter Art. Der Kläger sei daher weiterhin arbeitsunfähig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach der zutreffenden Beurteilung des MDK sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit gewissen Einschränkungen auszuüben und daher arbeitsfähig.

Dagegen hat der Kläger am 12. Juni 2007 Klage beim Sozialgericht Dessau (S 4 KR 53/07) erhoben und Krankengeld über den 9. Dezember 2006 hinaus begehrt. Gleichzeitig hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 24. Juli 2007 enthielt als sonstigen Vermögenswert eine Lebensversicherung ohne nähere Angaben.

Das Sozialgericht Dessau-Roßlau hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 5. Februar 2008 wegen fehlender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 8. Dezember 2006 lasse sich nicht begründen. Die Prüfung der Arbeitsfähigkeit beschränke sich auf die Frage, ob der Kläger noch irgendeine Tätigkeit verrichten könne. Die von ihm vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen seien nicht geeignet, eine Arbeitsunfähigkeit zu belegen. Die festgestellte Parese des rechten Fußhebers hindere den Kläger nicht an der Ausübung körperlich leichter Tätigkeiten.

Der Kläger hat gegen den am 18. Februar 2008 zugestellten Beschluss am 13. März 2008 Beschwerde eingelegt. Nach den Einschätzungen der ihn behandelnden Ärzte sei von einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Der Kläger hat eine weitere Stellungnahme von Dipl.-Med. P. vom 12. Februar 2008 vorgelegt. Dieser wies nochmals auf die postoperativ entstandene Fußheberparese rechts mit eingeschränkter Gehfähigkeit hin und widersprach der sozialmedizinischen Einschätzung im Entlassungsbrief der Reha-Klinik B. D ... Dem Kläger seien auch leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Die praktische Ärztin T. gab unter dem 11. Februar 2008 an, sie halte den Kläger auch nach dem 24. Januar 2007 noch für arbeitsunfähig. Dieser könne nur kurze Strecken schmerzfrei gehen, befinde sich ständig in orthopädischer Behandlung und erhalte starke Schmerzmittel.

Mit Beschluss vom 17. März 2008 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vorgelegt.

Auf Nachfrage des Berichterstatters des Senats hat der Kläger die Angaben zu seiner Kapitallebensversicherung konkretisiert. Nach einem Auszug der Versicherungsagentur W. vom 27. Mai 2008 ergeben sich folgende Vertragsdaten:

Vertrag gültig ab 1. Januar 2008 Berechnungstermin 1. Juni 2008 Beitrag gezahlt bis 1. Juli 2008 Vorauszahlung zum Berechnungsdatum: 5.000,00 EUR Noch mögliche Vorauszahlung: 9.225,00 EUR Rückkaufwert: 11.450,69 EUR Gewinnanteile: 2.923,95 EUR Vorauszahlung: 5.000,00 e Beiträge/Zinsen: 117,24 EUR Auszahlungsbetrag: 9.491,88 EUR

Seit dem 1. Dezember 2008 erhält der Kläger Altersrente in Höhe von 1.066,00 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen. Bezüglich der Erklärung des Klägers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen wird auf den Inhalt des Prozesskostenhilfeheftes Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgemäße Beschwerde ist unbegründet. Dem Kläger steht keine Prozesskostenhilfe zu. Der Beschluss des Sozialgerichts vom 5. Februar 2008 ist im Ergebnis rechtmäßig. Die vom Kläger begehrte Rechtsverfolgung hat zwar – entgegen der Ansicht der Vorinstanz – hinreichende Erfolgsaussichten. Der Kläger ist jedoch nicht bedürftig im Sinne des Gesetzes.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) setzt nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) voraus, dass der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreites ganz, teilweise oder nur in Raten zu tragen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Nach der in der Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden Meinung hat ein Rechtsschutzbegehren nur dann im Sinne des § 114 ZPO hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt unübersichtlich ist oder weiterer Klärung bedarf und das Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag den Rechtsstandpunkt des Klägers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Umgekehrt kann die Erfolgsaussicht verneint werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist, vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), (Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/98 – BVerfGE 81, 347, 356 ff. Keller/Leitherer in: Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005 § 73a Rdnr. 7 – 7b, jeweils mit zahlreichen Rechtssprechungsnachweisen).

Der Anspruch auf Krankengeld eines versicherten Arbeitslosen setzt gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V voraus, dass der Versicherte auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Das Krankengeld dient damit nicht dem Ersatz für den Ausfall aus der früheren Beschäftigung, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit. Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit in diesem Fall ist der Grundsatz, dass der Arbeitslose grundsätzlich auf alle zumutbaren Arbeiten gemäß § 121 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) verwiesen werden kann und ein besonderer krankenversicherungsrechtlicher Berufsschutz nicht anerkannt werden kann (so grundlegend Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 21/05 R, zitiert nach Juris).

Im vorliegenden Fall kann die Möglichkeit der Beweisführung des Klägers nicht als völlig unwahrscheinlich angesehen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gebietet Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 (130 f.); stRspr). Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Es läuft dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, wenn der unbemittelten Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2002 – 1 BvR 1450/00, NJW-RR 2002, S.1069). Eine Beweisantizipation im Prozesskostenverfahren ist nur in eng begrenztem Rahmen zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1997 – 1 BvR 296/94, NJW 1997, S. 2745 (2746)). Anderenfalls überspannt das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und verfehlt so den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 81, 347 (358)).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die angegriffene Begründung der Vorinstanz einen zu strengen Prüfungsmaßstab verwandt. Zwar ergeben sich aus dem vorliegenden Reha-Entlassungsbericht und dem MDK-Gutachten Hinweise für eine Arbeitsfähigkeit des Klägers zumindest für leichte Tätigkeiten im streitigen Zeitraum. Dagegen sprechen jedoch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen des Facharztes für Orthopädie Dipl.-Med. P. und der Praktischen Ärztin T., die übereinstimmend eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers bejahen. Insbesondere Dipl.-Med. P. hat in diesem Zusammenhang auf eine nachträglich aufgetretene Fußheberparese mit Gehbehinderungen hingewiesen, deren genauen Auswirkungen ebenso wie die starke Schmerzmedikation weiterer gerichtlicher Aufklärung bedarf. Zumindest kann auf der Grundlage der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht ausgeschlossen werden, dass er über den 9. Dezember 2006 auch für leichte Tätigkeiten arbeitsunfähig war. Die Erfolgsaussicht der Klage ist daher anhand dieser vom Kläger vorgelegten Beweismittel zumindest möglich und bedarf weiterer gerichtlicher Aufklärung.

2. Der Kläger ist jedoch nicht hilfebedürftig im Sinne des § 114 i.V.m. § 115 ZPO. Ihm ist bei seinem noch einzusetzenden sonstigen Vermögen zumutbar, seine vorhandene Lebensversicherung zu beleihen, um aus einem Policendarlehen seine außergerichtlichen Prozesskosten selbst zu bestreiten.

Das gemäß § 115 ZPO einzusetzende Einkommen des Klägers beträgt bis zum 30. November 2008 1.334,40 EUR monatlich. Hiervon sind gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 a ZPO die erweiterte Haushaltsversicherung von monatlich 10,87 EUR abzuziehen. Weiter ist für den Kläger der Freibetrag gem. § 115 Abs. 1 Nr. 2 a ZPO in Höhe von 382,00 EUR in Ansatz zu bringen. Nach der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 26. Mai 2008 bezieht die Ehefrau des Klägers zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senat eine Altersrente von 435,74 EUR. Für die Ehefrau bleibt daher für einen gesonderten Freibetrag kein Raum mehr. Ab dem 1. Dezember 2008 haben sich die Einkünfte des Klägers auf 1.066,00 EUR reduziert.

Gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu dem Lebensverhältnis der Partei stehen, abzuziehen. Hierbei sind die monatlichen Kosten für Grundsteuer (6,95 EUR), Wartung der Heizungsanlage (6,94 EUR), Schornsteinfeger (1,80 EUR) sowie für den Gasverbrauch der Heizung (113,93 EUR) und Bauspardarlehen (151,96 EUR) berücksichtigungsfähig. Nach dem Beschluss des Senats vom 21. März 2007 – L 4 B 24/06 P sind die Belastungen für Strom und Telefon sowie Wasser und Abwasser im Grundfreibetrag enthalten und deshalb nicht zusätzlich zu berücksichtigen. Dies ergibt einen Gesamtbetrag für den Bereich Unterkunft und Heizung von monatlich 281,58 EUR. Wegen der geringen Einkünfte der Ehefrau des Klägers ist dieser Betrag vollständig von den verfügbaren Einnahmen des Klägers abzuziehen.

Von dem einzusetzenden Einkommen sind gem. § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO weitere Beträge nur dann absetzbar, soweit dies mit Berücksichtigung auf besondere Belastungen angemessen ist. Deswegen ist stets zu prüfen, ob eine Ausgabe überhaupt eine besondere Belastung darstellt; weiter ist dann zu prüfen, ob es im Einzelfall angemessen ist, diese besondere Belastung vom Einkommen abzusetzen. Anrechnungsfähig sind daher die Aufwendungen für das Auto. Der Kläger ist aus gesundheitlichen Gründen auf die Nutzung des Kraftfahrzeuges angewiesen. Anrechnungsfähig sind daher die Leasingkosten sowie die sich anschließenden Darlehenskosten (177,76 EUR), die Kosten für Kfz-Steuer (9,00 EUR) und die Haftpflichtversicherung ohne die zusätzliche Fahrzeugversicherung (12,57 EUR), d.h. insgesamt 199,33 EUR.

Dem Kläger steht daher ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 460,62 EUR bis zum 30. November 2008 und nachfolgend in Höhe von 192,22 EUR zur Verfügung. Dies entspräche – bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe – einer monatlichen Ratenzahlungsverpflichtung in Höhe von 155,00 EUR bis 30. November 2008 bzw. 60,00 EUR ab 1. Dezember 2008.

Dem Kläger ist jedoch der Einsatz seiner Lebensversicherung gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO zumutbar. Ein solcher Vermögenseinsatz erfüllt gemäß § 90 Abs. 3 Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) i. V. m. § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht die Voraussetzung einer Härte. Auf die Frage seiner seit dem 1. Dezember 2008 reduzierten Einkünfte kommt es daher nicht an.

Gemäß § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei, soweit sie nicht bereits – wie hier – über ein ausreichendes Einkommen im Sinne der Abs. 1 und 2 verfügt, ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Hierbei gilt § 90 SGB XII entsprechend. Diese Vorschrift charakterisiert die Prozesskostenhilfe als eine Form der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen. § 90 Abs. 2 SGB XII sieht Freibeträge vor, so gemäß Ziffer 9 dieser Vorschrift i. V. m. § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Beim Kläger ist daher von einem Schonbetrag in Höhe von 2.600,00 EUR auszugehen. In entsprechender Anwendung des § 90 Abs. 3 SGB XII darf Prozesskostenhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung des Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat (und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen), eine Härte bedeuten würde. Dies ist nach der gesetzlichen Regelung insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Der Senat kann die umstrittene Frage, unter welchen Voraussetzungen die wirtschaftlichen Nachteile der Auflösung einer noch nicht fälligen Lebensversicherung unzumutbar im Sinne des § 115 Abs. 3 ZPO sind (vgl. etwa Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Auflage, § 115 Rdnrn. 92, 122; Musielak, ZPO, 4. Auflage, § 115 Rdnr. 53; wohlwollend: OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Mai 2006 – 14 WF 54/06; strenger: Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 8. Januar 2008 9 UF 2007/07; auch Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21. Februar 2008 – L 2 B 583/07 AS-PKH, jeweils zitiert nach juris) offenlassen, da es hierauf nicht ankommt.

Der Berichterstatter hat den Kläger mit Schreiben vom 27. Oktober 2008 u. a. auf die Möglichkeit verwiesen, ein sog. Policendarlehen aufzunehmen und seine Lebensversicherung zu beleihen. Bereits nach dem vorgelegten Versicherungsauszug vom 27. Mai 2008 ergibt sich zum 1. Juni 2008 eine Vorauszahlung in Höhe von 5.000,00 EUR und damit eine vom Kläger während des Prozesses vorgenommene Belastung des Vertrages. Der Kläger wäre daher grundsätzlich verpflichtet, diese Vorauszahlung zur Finanzierung der außergerichtlichen Kosten einzusetzen. Nach dem Versicherungsauszug besteht eine weitere Möglichkeit, den Vertrag mit einer weiteren Vorauszahlung in Höhe von bis zu 9.225,00 EUR nochmals zu belasten.

Die gesamten außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz belaufen sich auf lediglich ca. 550,00 EUR. Nach Nr. 3102 der Verwaltungsvorschriften (VV) des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ergibt sich eine Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Sozialgerichten von 40,00 – 460,00 EUR. Hinzu kommt eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 RVG VV von 20,00 EUR bis 380,00 EUR. Dies ergibt bei einer Mittelgebühr zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer ein Betrag von ca. 550,00 EUR, den der Kläger durch eine geringfügige und ihm auch mögliche weitere Vorauszahlung aus seiner Lebensversicherung erhalten könnte, ohne in sein Schonvermögen eingreifen zu müssen. Der Kläger ist dieser Bewertung in seinem Schreiben vom 24. November 2008 auch nicht mehr entgegengetreten.

Der Senat geht daher – wie auch der Kläger selbst – von einer zumutbaren Beleihung der Lebensversicherung aus. Für die Zumutbarkeit der Beleihung des Vertrages spricht auch die oben bereits errechnete Ratenzahlung in Höhe von monatlich 155,00 EUR bzw. 60,00 EUR. Ihm wären daher bei Gewährung von Prozesskostenhilfe monatliche Ratenzahlungen möglich, so dass auch Beiträge und Zinsen im Fall einer weiteren Beleihung der Lebensversicherung aus diesen Mitteln zu bezahlen wären. Die Gefahr eines wirtschaftlich erheblichen Nachteils durch eine vorzeitige Auflösung der Lebensversicherung besteht daher für ihn nicht.

Auch eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII scheidet aus. Die Beleihung eines Lebensversicherungsvertrages ist mit deutlich geringeren Auswirkungen verbunden, als die vorzeitige Auflösung des Vertrages, die regelmäßig erhebliche finanzielle Nachteile mit sich bringt. Auch verfügt der Kläger nach Eintritt der Altersrente ab dem 1. Dezember 2008 über eine ausreichende Altersversorgung, die oberhalb einer Durchschnittsrente in den neuen Bundesländern liegen dürfte. Eine die Existenz gefährdende Altersversorgung durch gravierende Versicherungslücken in der Rentenversicherung liegt bei ihm nicht vor.

Die Entscheidung ist nach § 177 SGG unanfechtbar. Auf § 178 SGG wird hingewiesen.
Rechtskraft
Aus
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