L 22 U 79/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 753/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 U 79/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Beurteilung einer Erkrankung des 1950 geborenen Klägers als Berufskrankheit (BK) Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) und seine Entschädigung für die Folgen der BK.

Der berufliche Werdegang stellt sich nach Angaben des Klägers wie folgt dar: 01.10.67-31.03.71 Ausbildung als Drogist bei Drogerie V, B- 01.04.71-21.09.71 Ausbildung als Drogist bei Drogerie S, B- Mit Erfolg abgeschlossen. 01.10.71-30.09.73 Drogist bei Fa. S 01.10.73-15.01.80 Fotoverkäufer (Erstverkäufer) Fa. HS Fa. H S 01.03.80-31.03.83 Fotoverkäufer/Springer Fa. P, B- 01.04.83-30.04.86 Selbstständig/der foto laden 02.05.86-30.09.88 Fotoverkäufer/Fa. P 01.10.88-28.02.95 Foto/Video-Camcorder Verkäufer und stellvertretender Abteilungsleiter Fa. P, K- 01.03.95-10.02.97 Fa. P, D Profit-Center-Leiter der Abteilung Foto/Camcorder 11.02.97- 2005 Fa. WS

Auf den Antrag des Klägers vom 23. Januar 2005 zur Feststellung einer BK ermittelte die Beklagte und holte Auskünfte von Arbeitgebern des Klägers ein.

Im Juni 2004 wurde der Kläger aufgrund von Kniegelenksbeschwerden ärztlich behandelt mit der Diagnose: Chronisches Reizknie links, Meniskopathie links, chronische Synovialitis und mediale Gonarthrose, Zustand nach arthroskopischer OP und Umstellungsosteotomie (Krankheitsbericht des Arztes für Orthopädie Dr. F vom 18. April 2005). Am 24. August 2004 erfolgte eine Hinterhornresektion, Meniskusknorpelglättung mit diagnostischer Arthroskopie des linken Knies im Evangelischen Waldkrankenhaus S

Mit Bescheid vom 06. Mai 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund der Knieerkrankung des Klägers ab. Ebenfalls abgelehnt wurden vorbeugende Leistungen nach § 3 BKVO: Nicht nachgewiesen sei, dass der Kläger als Verkäufer eine schädigende Tätigkeit im Sinne der Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV ausübe. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK seien nicht erfüllt, da nach Auskunft der letzten Arbeitgeber seit 1988 Arbeitshaltungen der Kniegelenke im Fersensitz oder in der Kniehocke höchstens in geringfügigem Ausmaß durchgeführt worden seien.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2005 zurück.

Mit der am 13. Oktober 2005 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch auf Anerkennung einer BK und Entschädigung weiterverfolgt: Er habe seine gesamte berufliche Tätigkeit im Einzelhandel als Verkäufer absolviert. Er habe insbesondere seine berufliche Tätigkeit am 01. Oktober 1967 begonnen. Seit dem 05. Februar 1990 sei er wegen erheblicher Kniegelenksprobleme in ärztlicher Behandlung. Die Erkrankung seiner Kniegelenke bestehe in einer Kniegelenksarthrose, die dazu geführt habe, dass die Menisken teilweise hätten entfernt werden müssen. Nach Ansicht des behandelnden Arztes des Klägers sei der Verschleiß zu wesentlichen Teilen auf seine Berufstätigkeit als Verkäufer zurückzuführen. Als Verkäufer sei er damit beschäftigt, häufig Lasten zu tragen. Dauerhaftes Stehen ohne Ruhepausen während des Dienstes habe zu regelmäßigen Kniegelenksbeschwerden geführt. Weiterhin bestehe die Belastung auch in häufigem Bücken, Knien und Aufstehen während des Berufes als Fotofachverkäufer. Dementsprechend habe der Kläger mit Schreiben vom 23. Januar 2005 einen Antrag auf Feststellung einer BK bei der Beklagten gestellt. Er habe keinerlei Leistungs- und Extremsport betrieben. Im Verkaufsraum seien keine Sitzmöglichkeiten vorhanden. Seine Knie seien durch Knien und Hocken stark belastet, da er auch oft Regale im unteren Bereich zu bestücken und zu pflegen gehabt habe. Des Weiteren habe er starke körperliche Gewichtsbelastungen durch Lagerarbeiten gehabt, wo er beispielsweise Kisten mit Fotoalben und Bilderrahmen mit einem Gewicht von 25 kg bis 30 kg zu bewegen gehabt habe.

Der Kläger hat erstinstanzlich schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2005 zu verpflichten, den Kläger dahingehend zu bescheiden, dass der Zustand seiner Kniegelenke als Berufskrankheit anerkannt wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat im Gerichtsbescheid vom 29. Dezember 2005 als Antrag des Klägers zugrunde gelegt, den Bescheid der Beklagten vom 06. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine BK Nr. 2102 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen und hat diese Klage abgewiesen. In Nr. 2102 habe der Verordnungsgeber Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten als BK anerkannt. Vorliegend sei jedoch festzustellen, dass der Kläger keine überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten ausgeübt habe. Die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung der BK seien damit nicht gegeben.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02. Februar 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 06. Februar 2006 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, der Kläger könne nicht einfach in die normale "Schublade" eines Verkäufers getan werden. Erschwerend komme in seinem Fall hinzu, dass er in erheblichem Umfang zu knien und hocken gehabt habe. Er weiche vom "Standardfall" ab. Gerade die im Gericht beschriebenen überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten/Dauerzwangshaltungen seien beim Kläger vorhanden gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Dezember 2005 (gemeint Gerichtsbescheid) und den Bescheid der Beklagten vom 06. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei dem Kläger eine BK Nr. 2102 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.

Der Kläger benannte als Augenzeugen für seine Tätigkeit Zeugen und überreichte einen Bericht aus dem Reha- Zentraum im Seeheilbad G und einen Entlassungsbericht aus dem Evangelischen Krankenhaus S. Das Gericht ermittelte als weitere Kollegen des Klägers weitere Zeugen. Schriftlich beantworteten die Zeugen die Anfrage des Gerichts dazu, welche Auskunft sie über Körperhaltungen geben könnten, die der Kläger in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit eingenommen hat, insbesondere wie viele Arbeitsstunden pro Arbeitstag er in hockender oder knieender Haltung gearbeitet hatte. Die Zeugin J teilte mit, dass an einem Arbeitstag insgesamt 20 bis 30 Minuten in hockender oder knieender Haltung gearbeitet worden sei. Dabei habe es sich um keine dauernde Tätigkeit im genannten Zeitraum gehandelt. Die Zeitangabe sei eine geschätzte Summierung aus einzelnen Bewegungen und es seien beispielsweise Arbeiten ausgeführt worden wie: Regale mit Ware auffüllen, Kunden mit Ware aus den unteren Regalen bedienen, Bücken beim Kontrollieren angelieferter Ware. Der Zeuge H teilte mit, er könne sich nicht konkret erinnern. Allerdings hätten neben der "normalen" Verkaufstätigkeit auch Aufgaben in knieender oder hockender Körperhaltung verrichtet werden müssen auch von den im Verkauf tätigen Personen. Dabei handele es sich um Auspacken und Einsortieren einmal wöchentlich angelieferter Ware in die dafür vorgesehenen Regale und Schränke im Laden. Dieser Vorgang habe in der Regel einmal wöchentlich 2 bis 3 Stunden erfordert. Der Zeuge E teilte mit, der Kläger habe im Durchschnitt um die 1 bis 2 Stunden Tätigkeiten in knieender oder hockender Körperhaltung ausgeführt, da die erforderliche Reinigung und Instandhaltung der Abteilungspräsentation von ihm und dem Kläger vorgenommen worden sei. So seien zum Beispiel die Fototaschen gesäubert worden. Auch die Reinigung der Warenlager sei vom Verkaufspersonal und auch von dem Kläger vorgenommen worden. Diese Tätigkeiten seien nicht unbedingt täglich vorgekommen, vielleicht ein bis dreimal die Woche, da die Belüftungsanlage für sehr viel Staub verantwortlich gewesen sei. Der Zeuge K teilte mit, er habe als Vorgesetzter des Klägers bei der Fa. Fotoradio W im Jahr 2004 in Erinnerung, dass der Kläger auch regelmäßig das Reinigen, Auffüllen und Neudekorieren von Regalen und Schaufenstern vorgenommen habe. Auch erinnere er sich an eine sehr steile Glatttreppe mit niedrigem Durchgang, die mehrfach am Tag zu passieren zu gewesen sei und an ein Lager im Kellergewölbe mit höchstens 1,70 m Höhe. Nichts desto trotz ließen sich zumindest während seiner Zeit als Filial- und Teamleiter die angesprochenen knieenden oder hockenden Haltungen sicherlich nicht in Stunden pro Arbeitstag, sondern eher in Minuten angeben. Er traue ihm aber durchaus zu, in jüngeren Jahren ständig vor irgendwelchen Regalen herumgerobbt zu sein. Da seine körperlichen Probleme gegen Ende 2004 zugenommen hätten, hätten sie sich häufiger darüber unterhalten.

Aufgrund der Beweisanordnung vom 11. Januar 2008 erstattete Prof. Dr. D ein Gutachten nach Aktenlage. Er gelangte zu der Beurteilung, dass die von den Zeugen geschilderten Arbeitsbelastungen und Körperhaltungen als plausibel und glaubhaft anzusehen seien und generell nicht geeignet seien, eine BK der Ziffer 2102 zu verursachen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Prof. Dr. N, Chefarzt der Orthopädischen Abteilung des Evangelischen Krankenhauses S am 28. Januar 2009 ein fachorthopädisches Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers am 07. Januar 2009. Der Gutachter gelangte zu der Überzeugung, der Kläger weise eine anlagebedingte präarthrotische Deformität auf, die schicksalhaft zu einer beidseitigen Kniegelenksgonarthrose geführt habe. Zudem sei die berufliche Belastung nicht geeignet, eine Meniskopathie auszulösen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats waren.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt, § 124 Abs. 2 SGG (Schriftsätze vom 20. Mai 2009 und 22. Mai 2009).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung bzw. Feststellung einer BK Nr. 2102 der Anlage zur BKVO. Entsprechend hat er auch keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Senat legt zugrunde, dass das SG im Gerichtsbescheid den schriftlichen Antrag des Klägers wohlverstanden dahingehend ausgelegt hat, er wolle Entschädigungsleistungen beantragen, wie es im Berufungsverfahren schriftsätzlich geschehen ist. Soweit der Kläger die in der gesetzlichen Unfallversicherung vorgesehenen und von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden abgelehnten Leistungsansprüche geltend macht, setzen dies voraus, dass ein Versicherungsfall feststellbar ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Ein Arbeitsunfall ist weder geltend gemacht noch ergibt er sich sonst aus den Umständen. Soweit der Kläger eine BK geltend macht, vermag der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) eine solche nicht festzustellen.

Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten erleiden, § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bzw. sinngleich § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO.

Eine solche Bezeichnung nimmt die BKVO mit den so genannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten nach Nr. 2102 der BKVO.

Nach dem Gutachten von Prof. Dr. D lässt sich bereits keine die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit des Klägers zweifelsfrei feststellen. Der Senat geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger bei versicherter Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bzw. § 539 Abs. 1 Nr.1 RVO maximal durchschnittlich 0,5 Stunden pro Arbeitsschicht Arbeiten mit wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten verrichtet hat, indem er bei seiner versicherten Tätigkeit gekniet oder gehockt hat oder im Fersensitz tätig war. Der Senat nimmt dazu Bezug auf die Tabelle, in der der Gutachter die Aussagen der Zeugen bewertet und einen orientierenden Mittelwert zur Übersicht gebracht hat.

Andere Tätigkeiten, die der Kläger im Rahmen dieser BK als belastend anschuldigt- so das Tragen von Lasten und das Stehen - werden von dieser BK nicht erfasst. Hebende und tragende Tätigkeiten werden von der BK 2108 erfasst, die hier unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen ist.

Soweit für die berufliche Exposition andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten, also eine "Dauerzwangshaltung" bzw. "häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung" gefordert wird, hat der Gutachter in Übereinstimmung mit dem Merkblatt darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der arbeitstechnischen Voraussetzungen insbesondere Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung oder häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung (insbesondere Laufen oder Springen, Scherbewegungen, auf grob unebener Unterlage) zu fordern sind und nicht die Belastungen durch langes Stehen. Insoweit lassen sich allenfalls die von den Zeugen angegebenen Tätigkeiten (Knien, Hocken, Fersensitz) zugrunde legen.

Der Senat folgt dem Gutachter, wonach für die berufliche Exposition hinsichtlich einer "Dauerzwangshaltung" bzw. nach "häufig wiederkehrender erheblicher Bewegungsbeanspruchung" im Hinblick auf die Pathogenese (vorwiegend statischer Druck auf die Menisken allein durch extreme Gelenkstellungen) für das schädigende Agens im Sinne eines unphysiologischen Bewegungsablaufes das Zusammentreffen von und für die Menisken ungünstigen Gelenkstellungen und den auf den Menisken einwirkenden Bewegungskräften erforderlich sind; so wenn die Mensiken durch extreme, das heiße in der Regel endgradige Beugung und Drehung im Kniegelenk zwischen den Gelenken fixiert werden, dabei aber zusätzlich einer erheblichen Druck- oder Zugspannung ausgesetzt sind und gleichzeitig dabei eine starke oder schnelle "aktive Gelenkarbeit" erfolgt. Diese Voraussetzungen gelten sowohl für das Arbeiten im Knien und in der Hocke, wie beispielsweise beim Ofenmaurer, Bergmann, Fliesen- oder Parkettleger oder auch Bewegungsberufen (Rangierarbeiter).

Diese vom Kläger eingenommenen Haltungen bei seiner versicherten Tätigkeiten hatten keinen Umfang, der geeignet war, die Erkrankung wesentlich zu verursachen. Der Senat folgt auch insoweit der Beurteilung von Prof. Dr. D. Die durchschnittliche Dauer arbeitstäglicher Einwirkung von nur 0,5 Stunden reicht danach jedenfalls nicht aus, auch wenn bei Aufnahme dieser BK in die Liste der BKVO keine gesicherte statistisch- epidemiologische Abklärung zur Erkenntnis der aktuell zu fordernden Dauer erfolgt war, wie Prof. Dr. D ausgeführt hat, hingegen die neuen medizinisch- wissenschaftlichen Erkenntnisse für das Erfordernis einer Stunde arbeitstäglich sprechen (worauf die empfohlene Aufnahme der neuen BK spricht).

Unter Berücksichtigung dessen, dass für Belastungen im Hinblick auf "überdurchschnittliche Belastungen der Kniegelenke" im Sinne der BK 2101 Tätigkeiten von Bergleuten unter Tage, Fliesenleger, Parkettleger, Ofenmaurer, Rangierarbeiter, Tätigkeiten bestimmter Berufssportler sowie solche unter besonders beengten Raumverhältnissen genannt werden, ist nachvollziehbar, dass der Gutachter hier zum Ergebnis gelangt ist, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorliegen. Diesen Berufsbildern entspricht eine Belastung von arbeitstäglich 0,5 Stunden nicht. Für die Gruppe der Fotoverkäufer sind keine entsprechenden Erkenntnisse bekannt. Dies gilt auch insbesondere auch unter Berücksichtigung dessen, dass empfohlen wurde eine BK in die Anlage BKVO aufzunehmen mit der Legaldefinition: Wissenschaftliche Begründung für die BK "Gonarthrose" durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbarer Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden mit einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht. Auf das Gutachten von Prof. Dr. D wird auch insoweit bezug genommen.

Dessen ungeachtet ist der Senat nach dem Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. N nicht davon überzeugt, dass die Erkrankung des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit "nach" mehrjährigen dauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten eingetreten ist.

Die Feststellung einer BK hat zur Voraussetzung, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen in der Person des Versicherten gegeben sind, für die der volle Nachweis erforderlich ist. Des Weiteren muss eine der BK-Nr. entsprechende Erkrankung zweifelsfrei nachgewiesen sein. Diese muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre (vgl. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 1, 72, 76)) wesentlich ursächlich auf die belastende versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein. Der Ursachenzusammenhang muss nicht im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen, allerdings wenigstens hinreichend wahrscheinlich gemacht sein. Hierfür ist erforderlich, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, die auf die berufliche Verursachung deutenden Faktoren so überwiegen, dass darauf eine Entscheidung gestützt werden kann (BSGE 32, 203). Die Möglichkeit reicht nicht aus. Die Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden.

Insbesondere ist die Ausdehnung des Anscheinsbeweises außerhalb des Untertagebereichs mangels entsprechender typischer Geschehensabläufe nicht zulässig (BSG, Urteil vom 20. Juni 1995, SGb 1996, 433).)

Nach diesen Maßstäben lässt sich hier ein Kausalzusammenhang nicht begründen. Prof. Dr. N hat überzeugend nach Würdigung der vorliegenden Unterlagen nach ambulanter Untersuchung des Klägers festgestellt, dass die Ursache der Kniegelenksarthrose des Klägers in der anlagebedingten Fehlstellung beider Kniegelenke liegt. Der Kläger weise eine anlagebedingte präarthrotische Deformität auf, die schicksalhaft zu einer beidseitigen Kniegelenksgonarthrose geführt habe.

Der Gutachter hat ausgeführt, beim Kläger liege eine beidseitige, medial betonte Gonarthrose bei Achsfehlstellung, Zustand nach Implantation einer Kniegelenkstotalendoprothese mit weiterhin bestehenden rezidivierenden Reizerscheinungen vor. Es handele sich um keine primäre Meniskopathie, sondern um eine sekundäre Meniskopathie aufgrund einer anlagebedingten Achsfehlstellung. Bei dem Kläger sei zweifelsfrei eine Achsfehlstellung beider Kniegelenke festgestellt. Fehlstellungen stellten einen Risikofaktor zur Ausbildung einer Gonarthrose dar. Die Traglinie des Beines verbinde das Hüftkopfzentrum mit dem Zentrum des oberen Sprunggelenkes. Diese Traglinie verlaufe unter physiologischen Bedingungen durch das Kniegelenkszentrum. In solch einem Fall liege eine neutrale Ausrichtung vom Ober- zum Unterschenkel vor. Bei einer O-Bein-Stellung wie im vorliegenden Fall verlaufe diese Traglinie weiter medialseitig durch das mediale Gelenkkompartiment. Daraus resultiere eine unphysiologische Belastung des inneren Gelenkkompartimentes. Diese unphysiologische Belastung führe zu einem vorzeitigen Verschleiß mit Ausbildung einer medialseitig betonten Kniegelenksarthrose. Die bei dem Kläger auf der linken Seite durchgeführte Achskorrektur ziele auf die Herstellung physiologischer Achsverhältnisse und damit auf die partielle Entlastung des geschädigten Gelenkkompartiments und damit der stärkeren Belastung des nicht geschädigten Gelenkanteils. Die Ursache der Kniegelenksarthrose liege somit in der anlagebedingten Fehlstellung beider Kniegelenke. Nachweislich des Arthroskopiebefundes vom 24. August 2004 hätten die Hauptschäden medialseitig bestanden. Das mediale Kompartiment weise neben dem Meniskusschaden dritt- bis umschriebende viertgradige Knorpelschäden auf. Im lateralen Gelenkkompartiment hätten sich zu diesem Zeitpunkt ein intakter Außenmeniskus und gute knorpelige Verhältnisse gefunden. Aus diesem Grunde sei dann im Oktober 2004 die Umstellungsosteotomie des linken Kniegelenkes erfolgt. Nachweislich des Operationsberichtes von September 2007 habe sich rechtzeitig ebenfalls eine medial betonte Gonarthrose mit radiologisch festgestellter medialisierter Tragachse gefunden.

Der Senat folgt dem schlüssigen Gutachten. Insbesondere liegt keine primäre Meniskopathie, sondern eine sekundäre Meniskopathie vor. Bei dieser erscheinen zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk. Ursächlich sind Minderwertigkeit des Gelenkknorpels, Folgen arthrotischer Veränderungen bei anlagebedingter oder posttraumatischer Achsenfehlstellung. Dabei handelt es sich nicht um eine BK, weil die versicherte Tätigkeit keine rechtlich wesentliche Ursache für den Meniskusschaden ist (Mehrtens/Brandenburg (BKV) M 2102 Anm.2.2 unter Hinweis auf eine Entscheidung des BSG, Breithaupt 1980, 961).

Nach allem lässt auch eine Verschlimmerung durch die berufliche Tätigkeit des Klägers nicht begründen.

Soweit die Beklagte Leistungen nach § 3 BKVO abgelehnt hat, sind diese nach allem auch nicht begründet. Diese setzen voraus, dass für Versicherte die Gefahr besteht, dass eine Bk entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert. Im vorliegenden Fall ist schon nach dem Gutachten von Prof. Dr. N keine Gefahr begründet, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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