L 4 SO 217/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 SO 46/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 217/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 65/21 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die als Überschussbeteiligung ausgestaltete Beitragsrückerstattung einer privaten Krankenversicherung, deren zu Grunde liegende Aufwendungen nicht nach § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung angemessen sind und die dem Kläger während des Leistungsbezuges zugeflossen ist, ist Einkommen i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Sie ist keine Erstattung einer Vorauszahlung i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, auch wenn der Differenzbetrag zu den Leistungen nach § 32 SGB XII aus dem Regelsatz aufgewendet wurde.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger in beiden Instanzen 1/3 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII), insbesondere über die Anrechnung der jährlichen Beitragsrückerstattungen der privaten Krankenversicherung als Einkommen. 

Der 1948 geborene Kläger erhält von der Beklagten seit 1. Oktober 2013 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII). Er ist bei dem Versicherungsunternehmen Allianz Private Krankenversicherung-AG wegen Krankheitskosten und Pflegekosten versichert. Ausweislich des Versicherungsscheins vom 7. November 2015 (Bl. 302 ff. der Verwaltungsakte) und des Schreibens der Allianz Private Krankenversicherungs AG vom 23. April 2016 (Bl. 268 der Verwaltungsakte) sieht der Tarif eine so genannte Beitragsrückerstattung vor. Voraussetzung ist, dass der Versicherte für das Jahr der Erstattung keine Belege eingereicht hat und bis zum 30. Juni des Auszahlungsjahres ohne Beitragsrückstand versichert ist. Der Tarif sieht zudem u.a. eine Selbstbeteiligung von 40 Prozent, maximal 2.000 €, bei ambulanter Heilbehandlung vor.

Am 7. Juli 2016 zahlte die Allianz dem Kläger 760,11 € als Beitragsrückerstattung für das Kalenderjahr 2015.

Durch Bescheid vom 27. Juli 2016 berechnete die Beklagte die Höhe der Leistungen neu und rechnete diesen Betrag ab September 2016 als Einkommen i.H.v. monatlich 126,69 € für sechs Monate an und führte aus, die Beitragsrückerstattung der Krankenkasse in Höhe von 760,11 € an den Kläger sei als ein Zufluss in Geldeswert anzusehen und stellt somit Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII dar. Die Beitragsrückerstattung sei im Grunde vergleichbar mit einer Erstattung aus einem Betriebskostenguthaben. Eine solche Erstattung sei ebenfalls als Einkommen anzusehen, soweit das Guthaben nicht aus existenzsichernden Mitteln erwirtschaftet worden ist. Bei der Beitragsrückerstattung handele es sich jedoch nicht um Einkünfte aus Rückerstattungen, welche auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben. Denn die Krankenversicherungsbeiträge seien nicht im Regelsatz enthalten und würden nach § 32 Abs. 5 SGB XII vom Sozialhilfeträger übernommen. Da die Mitgliedsbeiträge vom Jugend- und Sozialamt in Höhe des Basistarifs übernommen werden, erbringe der Widerspruchsführer eine monatliche Vorauszahlung an die Krankenversicherung in Höhe von ca. 85,-- €, die ihm zwar zum Leben fehlten, aber nicht zum Inhalt des Regelbedarfs zählen. Die Höhe der privaten Krankenversicherungsbeiträge sei bisher vom Jugend- und Sozialamt nicht anerkannt worden. Diesbezüglich ist beim Sozialgericht Frankfurt am Main auch eine Klage anhängig. 

Einmalige Einkünfte seien in dem Kalendermonat anzurechnen, in dem sie zuflössen. Eine Zahlung gelte in dem Zeitpunkt zugeflossen, in dem der Leistungsberechtigte über den Betrag Verfügungsmacht erhalte. Die Beitragsrückerstattung für das Jahr 2015 sei am 7. Juli 2016 auf das Konto des Widerspruchsführers eingegangen. Die Verrechnung des Betrages mit den laufenden Leistungen sei erst zum September 2016 vorgenommen worden, da die Leistungen für die Monate Juli und August 2016 schon ausbezahlt bzw. angewiesen worden seien. 

Da der Leistungsanspruch des Widerspruchsführers geringer als der Betrag aus der Rückerstattung gewesen sei, sei der Betrag in Höhe von 760,11 € auf 6 Monate (126,69 €) verteilt und bei der Berechnung mitberücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2017 ist die Leistung ab 1. Januar 2017 an die erhöhten Regelleistungen angepasst worden.

Gegen den Bescheid vom 27. Juli 2016 erhob der Kläger am 4. August 2016 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2017 (W 4 - 16/00639) zurückwies.

Dagegen hat der Kläger am 5. April 2017 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben (S 27 SO 46/17).

Am 6. Juli 2017 zahlte die Allianz dem Kläger 980,17 € als Beitragsrückerstattung für das Kalenderjahr 2016. Durch Bescheid vom 7. August 2017 berechnete die Beklagte die Höhe der Leistungen neu und rechnete diesen Betrag ab September 2017 als Einkommen i.H.v. monatlich 98,01 € für zehn Monate an und begründete die Einkommensanrechnung in ähnlicher Weise wie ein Jahr zuvor. Zur Verteilung führte die Beklagte aus: „Da der Leistungsanspruch des Widerspruchsführers geringer als der Betrag aus der Rückerstattung war, wurde der Betrag in Höhe von 980,17 € auf 10 Monate (98,01 €) verteilt und bei der Berechnung mitberücksichtigt.“

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 8. August 2017 Widerspruch eingelegt, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2018 zurückwies.

Dagegen hat der Kläger am 12. März 2018 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben (S 27 SO 36/18).

Das Sozialgericht hat die beiden Klagen mit Beschluss vom 9. September 2019 verbunden.

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die Beklagte habe den zivilrechtlich-wirtschaftlich einheitlichen Sachverhalt „Krankenversicherung“ sozialrechtIich umgedeutet in zwei voneinander unabhängige Bestandteile, nämlich (1.) monatliche Beitragsvorauszahlung und (2.) jährliche Beitragsrückvergütung.

Richtig sei die einheitliche, gesamthafte Beurteilung des Sachverhaltes. Die Beklagte glaube, mit einer Teilerstattung der monatlichen Beitragsvorauszahlung ihrer gesetzlichen Verpflichtung Genüge geleistet zu haben und lasse die jährliche Beitragsrückvergütung bei der Ermittlung des Gesamtaufwandes für die Krankenversicherung des Klägers außer Betracht. Richtig sei, dass sich der Gesamtaufwand für die Krankenversicherung aus der Summe der Einnahmen und Ausgaben ergebe, d.h. dass Beitragsvorauszahlungen und Beitragsrückerstattungen zu saldieren seien. Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit der Krankenversicherung seien - von anderen Gesichtspunkten abgesehen - die saldierten Gesamtaufwendungen für einen Abrechnungszeitraum. 

Das Sozialgericht hat nach Anhörung des Klägers die Klagen mit Gerichtsbescheid vom 8. Oktober 2019 abgewiesen. Der Klageantrag Nr. 2 sei unzulässig, da der Kläger kein anzuerkennendes Interesse an der Feststellung hat (§ 55 Abs. 1 SGG). Es sei ausreichend, wenn das Sozialgericht die Anrechnung der jährlichen Beitragsrückerstattungen der privaten Krankenversicherung als Einkommen jeweils anhand der entsprechenden Bewilligungsbescheide überprüfe. Der Klageantrag Nr. 3 sei deswegen unzulässig, weil er eine Klageänderung darstellt, die weder sachdienlich sei noch auf die sich die Beklagte eingelassen habe. Der zulässige Klageantrag Nr. 1 habe in der Sache selbst keinen Erfolg, da die in ihm genannten beiden Bescheide rechtmäßig seien. Das Gericht folge insoweit den zutreffenden Begründungen, die in dem im Klageantrag genannten Widerspruchsbescheide vom 20. März 2017 und vom 16. Februar 2018 enthalten seien. Ergänzend hat das Sozialgericht auf die Gründe des Beschlusses des Hessischen Landessozialgericht vom 23. April 2018 - L 4 SO 13/18 B – Bezug genommen, mit dem die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen wurde.

Die hiergegen gerichtete Berufung ist am 10 Oktober 2019 beim Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangen. Nach Anhörung ist die Berufung mit Beschluss vom 23. April 2020 dem Berichterstatter nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übertragen worden. Dem Kläger ist mit Beschluss vom 5. Mai 2021 ratenfrei Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug bewilligt und Rechtsanwalt Dr. B, A-Stadt beigeordnet worden. Mit Verfügung vom selben Tage hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass der Beginn des Monats der Anrechnung gegen § 82 Abs. 7 SGB XII (entspricht § 82 Abs. 4 SGB XII a.F.) verstoßen dürfte. 

Der Kläger trägt vor, das Sozialgericht habe vor Anhörungsfristablauf verfahrensfehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden. Das Sozialgericht habe die Rechtsauskunft der Allianz Private Krankenversicherungs-AG vom 12. September 2019 ignoriert, wonach Beitragszahlungen und -rückerstattung gesamthaft als Versicherungsprämie gälten. Das Sozialrecht könne nicht die Einheit der Rechtsordnung in Frage stellen.

Die Auffassung der Beklagten beruhe auf dem Denkfehler, dass der Kläger den nicht anerkannten Teil der PKV-Prämie aus dem Regelsatz bestreite. Dieser Anteil wurde mitnichten von Seiten der Beklagten finanziert.

Der Vergleich mit Mietnebenkosten gehe fehl: Dort handele es sich um eine unter dem Rückforderungsvorbehalt stehende Übernahme durch existenzsichernde Mittel, hier seien die Mehrkosten des Rückerstattungstarifs gerade nicht übernommen worden.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2021 im Wege des Teilanerkenntnisses erklärt, „unter Abänderung des Bescheides vom 27. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides werden dem Kläger weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 126,69 € für Februar 2017 gewährt. Unter Abänderung des Bescheides vom 7. August 2017 in Gestalt des entsprechenden Widerspruchsbescheides werden dem Kläger weitere Leistungen in Höhe von monatlich 98,01 € für den Zeitraum Februar 2018 bis Juni 2018 gewährt.“ Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Der Kläger beantragt nach Annahme des Teilanerkenntnisses nunmehr,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Oktober 2019 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2017 und den Bescheid vom 7. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Beitragsrückerstattungen der privaten Krankenversicherung, zugeflossen am 7. Juli 2016 in Höhe von 760,11 € und am 6. Juli 2017 in Höhe von 980,17 € nicht als Einkommen anzurechnen, soweit sich dieser Antrag noch nicht durch das Teilanerkenntnis erledigt hat.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2021 hat der Kläger erklärt, dass Rechtsanwalt Dr. B. nicht mehr bevollmächtigt sei. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung im Übrigen wird auf den Inhalt des Protokolls verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist – soweit sie sich noch nicht durch das Teilanerkenntnis erledigt hat – unbegründet. Der Bescheid vom 27. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2017 und der Bescheid vom 7. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2018 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit von September 2016 bis Januar 2017 und von September 2017 bis Januar 2018 die Beitragsrückerstattungen der Allianz Private Krankenversicherungs-AG aus den Jahren 2016 und 2017 als Einkommen angerechnet hat. Der Kläger hat in der Folge keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in diesen Zeiträumen.

Der Kläger hat in den o.g. Zeiträumen keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 19 ff., 41 ff. SGB XII.

Ausgehend von den Feststellungen der Beklagten zum Bedarf des Klägers und seinem Einkommen und Vermögen, die sich der Senat auf der Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten zu Eigen macht, stand im September 2016 und den Folgemonaten ein Bedarf von 1.409,92 € ein Einkommen von 794,29 € gegenüber, was zu einem Leistungsanspruch von 615,63 € im September 2016 und den Folgemonaten führte, ab 1. Januar 2017 wegen der geänderten Regelleistung 630,78 € (Bescheid vom 1. Februar 2017, der nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist). 

Die im Juli 2016 zugeflossene Beitragsrückerstattung der Allianz Private Krankenversicherungs-AG in Höhe von 760,11 € war nach § 82 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 82 Abs. 4 SGB XII in der vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung als Einkommen anzurechnen. Zum Einkommen gehören hiernach alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen (§ 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Nach § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII a.F. werden einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen; in begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum angemessen zu verkürzen (§ 82 Abs. 4 Satz 2 SGB XII a.F.).
Nach allgemeinen Regeln handelt es sich bei der so genannten Beitragsrückerstattung um Einkommen i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, siehe dazu (1). Die Beitragsrückerstattung ist auch nicht die Erstattung einer „Überzahlung“, im Sinne einer aus dem Regelsatz erbrachten Vorauszahlung i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, und damit etwas, was dem Kläger von vornherein zugestanden hätte (2). 

(1) Einkommen ist grundsätzlich all das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, und Vermögen all das, was er in der Bedarfszeit bereits hat (stRspr, vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 R – juris). Mittel, die der Hilfesuchende also erst in der Bedarfszeit erhält, sind regelmäßig als Zufluss in der Bedarfszeit Einkommen. Mittel, die der Hilfesuchende früher, wenn auch erst in einer vorangegangenen Bedarfszeit, als Einkommen erhalten hat, sind, soweit sie in der aktuellen Bedarfszeit noch vorhanden sind, Vermögen. Für die Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, soweit nicht normativ ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird (vgl. vor der Einführung von § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 35/07 R –, SozR 4-3500 § 82 Nr. 5, zit. nach juris Rn. 14 f.). Ungeachtet der möglicherweise weitergehenden Regelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII behält nur der aus einer bloßen Umschichtung von bestehendem Vermögen resultierende Zufluss als Surrogat der Forderung den Charakter von Vermögen; daher gilt § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht für die Auszahlung solcher Forderungen, die als fällige und liquide Forderungen bewusst nicht geltend gemacht, sondern etwa freiwillig angespart werden (vgl. bereits zum Bundessozialhilfegesetz BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1999 – 5 C 35/97, BVerwGE 108, 296). 

Die so genannte Beitragsrückerstattung beruht auf einem vertraglichen Anspruch, der voraussetzt, dass der Versicherte für das Jahr der Erstattung keine Belege eingereicht hat und bis zum 30. Juni des Auszahlungsjahres ohne Beitragsrückstand versichert ist (vgl. das Schreiben der Allianz Private Krankenversicherungs AG vom 23. April 2016, Bl. 268 der Verwaltungsakte). Damit ist der Anspruch auf Beitragsrückerstattung des Klägers auch erst im Zeitraum der Bedürftigkeit jedenfalls der Höhe nach entstanden und kann denknotwendig nicht vor dem 30. Juni des Auszahlungsjahres fällig geworden sein. Keiner Klärung bedarf es daher, inwieweit den zivilrechtlichen Ausführungen des Klägers zu folgen ist, dass der Anspruch dem Grunde nach schon zuvor entstanden ist. Die so genannte Beitragsrückerstattung hat auch nicht den Charakter eines freiwilligen Ansparens. Denn es ist höchst ungewiss, ob und in welcher Höhe sie im Folgejahr gezahlt wird. Der Versicherungsnehmer kann schwer erkranken, so dass er die Versicherung in Anspruch nehmen muss; die als Überschussbeteiligung an den Rückstellungen konzipierte Beitragsrückerstattung kann aus versicherungsmathematischen Gründen auch niedriger ausfallen als erwartet.

(2) Die so genannte Beitragsrückerstattung ist keine auf einer Vorauszahlung beruhende Rückerstattung i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Diese Vorschrift wurde als Reaktion auf die o.g. Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2009 geschaffen. Stromkostenrückerstattungen und vergleichbare Sachverhalte sollten aus dem anrechenbaren Einkommen ausgeklammert werden (BT-Drs. 17/3404, S. 128). Die Norm soll den Pauschalierungscharakter der Regelleistung und die Budgetverantwortung des Leistungsberechtigten bei der Verwendung der Regelleistung für die darauf entfallenden Bedarfe betonen: „Gerade durch die vorgenommene Einbeziehung der ehemaligen einmaligen Leistungen in den Regelsatz wird deutlich, dass der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt in eigener Budgetverantwortung regeln soll. (…) Zahlt der Leistungsempfänger nunmehr aus diesem monatlichen Regelsatz einen Abschlag an den Stromversorger, so ändert sich dadurch der Charakter dieses Teilbetrages aus dem ihm zur Verfügung stehenden Regelsatz nicht. Sofern dieser Abschlag im Einzelfall zu hoch bemessen ist, bleibt dieser Teilbetrag deshalb Teil dieser pauschalierten Leistung.“ (BT-Drs. 17/3404, S. 128).

Die Regelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist nach ihrem Zweck auf Guthabenerstattungen begrenzt (vgl. Siebel-Huffmann, in: BeckOK-SozialR (Stand 1. Juni 2021), § 82 SGB XII Rn. 8a, 8b). Um eine solche Guthabenerstattung handelt es sich aber hier nicht: Im Schreiben der Allianz Private Krankenversicherungs AG vom 12. September 2019 (Bl. 73 f. d.A.), das der Kläger nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt hat, weist die Versicherung ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Beitragszahlung des Klägers nicht um eine (überschießende) Vorauszahlung handele; der Kläger partizipiere vielmehr am Überschuss des Unternehmens, was mit Beitragsrückerstattung – so die Allianz Private Krankenversicherungs AG – vielleicht terminologisch nicht richtig erfasst werde. Die so genannte Beitragsrückerstattung ist damit nicht etwa eine Saldierung der schuldrechtlich vom Kläger zu erbringenden Prämienzahlung; die Versicherung schreibt insoweit ausdrücklich, dass es „nicht um die Rückzahlung von (zu viel gezahltem) Beitrag“ gehe. Es handelt sich um eine vertraglich vorgesehene Leistung der privaten Krankenversicherung, die sich nur bei der Berechnung ihrer Höhe systematisch und vertragsregelungstechnisch (dazu sogleich) als Teil der Prämienberechnung darstellt, weil es sich um die Entnahme aus einer Rückstellung handelt. Die von der Allianz Private Krankenversicherungs AG und dem Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. Juli 1992 – IV ZR 191/91 – ist für die hier vorzunehmende Wertung, ob es sich um einen der Guthabenerstattung bei Stromlieferungsverträgen vergleichbaren Sachverhalt handelt, unergiebig. Dort ging es um die AGB-rechtliche Frage, ob Beitragserstattungen den Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Beitragsbemessung unterfallen, was der Bundesgerichtshof im dortigen Einzelfall am Verbraucherhorizont bejahte. Die Frage einer vertraglichen Systematik hat aber nichts mit den Erwägungen zu tun, die den Gesetzgeber zu § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII motiviert haben.

Die vom Gesetzgeber angestellten Erwägungen zielen nämlich darauf ab, dass die Einkommensanrechnung im Bereich der vom Regelbedarf (seinerzeit: Regelsatz) zu deckenden Bedarfe nicht durch die Anrechnungen von Guthabenerstattungen zu Ergebnissen führt, die dem Bedarfsdeckungsgrundsatz bei Pauschalleistungen mit einer einhergehenden Budgetverantwortung widersprechen. Auch wenn der Kläger frei ist, seine Regelleistungen für regelbedarfsfremde Ausgaben zu verwenden, so gibt es umgekehrt aber auch keinen schutzwürdigen Zweck, Einnahmen im Kontext von vorherigen Ausgaben zu privilegieren, die gar nichts mit den vom Regelsatz zu deckenden Ausgaben zu tun haben. Der Deckung von Bedarfen zur Krankenversicherung dient allein die Regelung des § 32 SGB XII. Der Kläger hat über die Beiträge nach dem Basistarif hinaus keinen Anspruch auf Anerkennung von höheren Leistungen auf die Beiträge zur privaten Krankenversicherung (vgl. auch die Erläuterungen des Berichterstatters im Parallelverfahren L 4 SO 155/19). Insoweit war zwar zu berücksichtigen, dass die Angemessenheit i.S. des § 32 Abs. 5 Sätze 1 und 4 SGB XII in der seinerzeit geltenden Fassung (a.F.) eine individuelle Prüfung anhand des konkreten Vertrages voraussetzte, ohne Vorliegen besonderer Umstände aber grundsätzlich nur die Beiträge für den sog. Standard- bzw. Basistarif angemessen sind (BSG, Urteil vom 10. November 2011 – B 8 SO 21/10 RBSGE 109, 281 – juris Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2017 – L 7 SO 4844/16 –, juris). Im Hinblick auf das Erfordernis einer Einzelfallprüfung und der Berücksichtigung besonderer Umstände spricht hier durchgreifend gegen die Angemessenheit seines Versicherungstarifs und damit der zu Grunde liegenden Aufwendungen, dass die Prämie den Betrag einer Versicherung im Basistarif übersteigt und der Vertrag gleichwohl eine Selbstbeteiligung von 40 %, maximal 2.000 €, bei ambulanter Behandlung vorsieht. Damit verfehlt der Vertrag des Klägers die Funktion einer hinreichenden Absicherung des von § 48 SGB XII vorgesehenen Leistungskatalogs, die vom Basistarif zu günstigeren Beiträgen gewährleistet wird. Nach alledem ist die zweckwidrige Verwendung der Regelleistung für die Deckungslücke zwischen den Leistungen nach § 32 SGB XII und der tatsächlichen Beitragshöhe bei einem nicht vom Leitbild des § 32 SGB XII erfassten Krankenversicherungstarif im Sinne der Leistungspauschalierung zwar hinzunehmen, aber nicht noch dadurch zu fördern, indem eine Beitragsrückerstattung in Gestalt einer Überschussbeteiligung anrechnungsfrei gestellt wird. 

Entsprechendes gilt für die Anrechnung der Rückerstattung 2017 in den Monaten September 2017 bis einschließlich Januar 2018.
In den jetzt noch streitgegenständlichen Monaten stellt sich die dem Teilanerkenntnis zu Grunde liegende Problematik eines Verstoßes gegen § 82 Abs. 4 SGB XII a.F. im Hinblick auf die Anzahl der Monate und des Beginns und des Endes der Anrechnung nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. In beiden Instanzen war der auf das Teilanerkenntnis entfallende Anteil zu berücksichtigen, was zu einer anteiligen Kostenerstattungspflicht der Beklagten führt.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass die vorliegende Fallkonstellation einen gewissen Konkretisierungsaufwand bei der Bestimmung des Einkommensbegriffs aufweist und damit eine Rechtsfrage von gewisser Bedeutung aufwirft, reicht für eine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht aus. Die Klärung der Rechtsfrage muss vielmehr auch mit Rücksicht auf eine unbestimmte Anzahl ähnlich gelagerter Fälle erwünscht sein. Davon kann aufgrund der speziellen Vertragsgestaltung des Klägers und den wenigen Personen, die jenseits des Basistarifs eine private Krankenversicherung aufrechterhalten, nicht ausgegangen werden.
 

Rechtskraft
Aus
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