S 56 R 478/20

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 56 R 478/20
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

 

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


T a t b e s t a n d :

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte dem Kläger die Beiträge, die er zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat, erstatten muss.

Der am 1966 geborene Kläger war seit dem 01.09.1992 Beamter der Landeshauptstadt M-Stadt. Mit Bescheid vom 12.03.2008 wurde er ab dem 01.04.2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Am 10.09.20019 stellte er bei der Beklagten den Antrag, die gezahlten Rentenversicherungsbeiträge zu erstatten. Sein Versicherungsverlauf weist Pflichtbeitragszeiten für den Zeitraum 01.09.1988 bis 31.08.1992 aus.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10.10.2019 ab. Die Voraussetzungen des § 210 Abs. 1 a) SGB VI seien nicht erfüllt. Der Kläger gehöre nicht zum versicherungsfreien Personenkreis des § 5 Abs. 4 SGB VI. Der Bezug einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit führe vor Erreichen der Altersgrenze nicht zur Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI.

Hiergegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16.10.2019, eingegangen am 17.10.2019, Widerspruch eingelegt. § 5 Abs. 4 SGBVI sei nicht einschlägig. Da der Kläger Beamter auf Lebenszeit sei, gehöre er nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zum versicherungsfreien Personenkreis. Da auch die weiteren Voraussetzungen des § 210 Abs. 1 a) SGB VI erfüllt seien, bestehe damit der Erstattungsanspruch. Auch wenn § 5 Abs. 4 SGB VI zur Anwendung kommen sollte, zähle der Kläger zum versicherungsfreien Personenkreis, da er nach beamtenrechtlichen Vorschriften nach Erreichen der Altersgrenze eine Versorgung beziehen werde.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2020 zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung seien nicht erfüllt, da der Kläger nicht zum versicherungsfreien Personenkreis des § 5 Abs. 4 SGB VI gehöre. Durch die Versetzung in den Ruhestand sei er Beamter "außer Dienst", der sich nicht mehr im aktiven Beamtenverhältnis befinde. Daher gehöre er nicht mehr zum versicherungsfreien Personenkreis des § 5 Abs. 1 SGB VI, der voraussetze, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt werde und dem Grund nach Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bestehe. Damit komme § 5 Abs. 4 SGB VI zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift bestehe Versicherungsfreiheit nur, wenn die Versorgung durch das Erreichen einer Altersgrenze ausgelöst werde. Der Bezug einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit vor Erreichen der individuellen Altersgrenze für eine Versorgung wie beim Kläger begründe keine Versicherungsfreiheit.

Hiergegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 09.04.2020, eingegangen als Fax am 15.04.2020, Klage am Sozialgericht München erhoben. Nach Mitteilung der Beklagte beläuft sich der streitige Betrag auf 3.827,22 €.

Der Kläger behauptet,

die Beklagte übersehe, dass er nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsfrei sei, da er Beamter auf Lebenszeit sei. Auch wenn § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI einschlägig sei, bestehe der geltend gemachte Anspruch. Dem stehe nicht entgegen, dass er durch die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit derzeit "außer Dienst" sei. Weder § 5 Abs. 1 SGB VI noch § 5 Abs. 4 SGB VI setzten eine aktive Teilnahme am Dienst mit Bezügen voraus. Er erhalte auch weiter Beamtenbezüge. Bei diesen handele es sich um eine Gegenleistung für das eingegangene öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis. Er bleibe weiterhin Beamter. Daher seien Beamten auch vor Erreichen des Pensionsalters Beamten gleichzustellen, die das gesetzliche Pensionsalter erreicht hätten. Sachlich einleuchtende Gründe für eine Ungleichbehandlung seien nicht ersichtlich.

Die verfassungsrechtlichen Vorgaben seien zu beachten. Das Bundessozialgericht habe zu der vorliegenden Problematik in verfassungsrechtlicher Hinsicht noch keine Stellung bezogen. Entweder seien § 210 Abs. 1 a) SGB VI, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verfassungsgemäß dahin auszulegen, dass Versicherungsfreiheit "in dieser Beschäftigung" nicht nur Beamte im aktiven Dienstverhältnis, sondern auch vorzeitig in den Ruhestand versetzte Beamte erfasse, oder sie seien wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig.

Die Auslegung der Beklagten verletze Art. 3 GG. Zwar sei es Sache des Gesetzgebers die Sachverhalte auszuwählen, die er als rechtlich gleich qualifiziere. Die Auswahl müsse aber sachgerecht erfolgen. Dem Gesetzgeber komme im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise auch ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Eine Ungleichbehandlung sei dann nicht zu beanstanden, wenn sachlich einleuchtende Gründe bestünden und der Gesetzgeber willkürlich Privilegierungen und Diskriminierungen vermeide. Die genannten Regelungen verstießen gegen diese Grundsätze, weil der Gesetzgeber die Grenzen der Gestaltungsfreiheit überschritten habe. Eine Ungleichbehandlung von vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten zu den im aktiven Dienst befindlichen Beamten sei sachlich nicht begründbar und daher diskriminierend.

Die Möglichkeit der Beitragserstattung erst mit Erreichen der Regelaltersrente verletze den Kläger in seinem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG. Er habe zweifellos eine Rentenanwartschaft erworben, die vom Schutzbereich der Norm erfasst sei. Er sei daher mit den im aktiven Dienst befindlichen Beamten gleich zu behandeln.

Zudem seien die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums verletzt. Die Sicherung der lebenslangen amtsangemessenen Besoldung und Versorgung gewährleiste die Unabhängigkeit des Beamten im Interesse des Gemeinwohls und sei durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt. Daher sei eine zeitanteilige Besoldung oder Versorgung unzulässig. Nachdem der EuGH die bisherige auf dem Lebensalter beruhende Besoldung als altersdiskriminierend angesehen habe, müsse dies auch für die Versorgung gelten.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Bescheid vom 10.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die zur gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge für den Zeitraum 01.09.1988 bis 31.08.1992 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

der Kläger zähle nicht zum Personenkreis des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, da diese Regelung sich nur auf aktive Beschäftigte im Staatsdienst beziehe. Versicherungsfrei seien nur die genannten Personenkreise in dieser Beschäftigung. Die Versicherungsfreiheit von nicht mehr aktiv Beschäftigten wie Versorgungsempfängern regele § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Er betreffe Fälle, in denen ein Sicherungsbedürfnis in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Erreichen des Sicherungsziels oder weil es unwahrscheinlich sei, dass dieses Ziel noch erreicht werden könne, nicht mehr bestehe. Daher gehöre der Kläger nicht zum Personenkreis des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, aber auch nicht zum Personenkreis des § 5 Abs. 4 SGB VI, da er die für ihn maßgebende Altersgrenze für eine Versorgung noch nicht erreicht habe. § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI verletze Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Denn für die unterschiedliche Behandlung bestehe ein sachlicher Grund. Der Gesetzgeber habe nicht willkürlich gehandelt, als er für Ruhestandsbeamte vor Erreichen der Alternsgrenze eine andere Regelung vorgesehen habe als für Altersruhestandsbeamte.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 03.12.2020 hat das Gericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, und ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Das Gericht konnte vorliegend durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 SGG entscheiden. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt, § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Beteiligten wurden durch einen Hinweis im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 03.12.2020 gehört, § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG.

Die Klage ist zulässig. Sie ist aber unbegründet.

Der Bescheid vom 10.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2020 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat seinen Antrag auf Beitragserstattung zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung sind nicht erfüllt.

Nach § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI werden Beiträge auf Antrag erstattet Versicherten, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben. Zwar ist der Kläger derzeit nicht nach §§ 1 bis 4 SGB VI versicherungspflichtig. Ihm steht aber das Recht zur freiwilligen Versicherung zu, da er das 16. Lebensjahr vollendet hat, § 7 Abs. 1 SGB VI.

Gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI werden Beiträge auf Antrag erstattet Versicherten, die die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben. Der am 1966 geborene Kläger hat die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht.

Die Voraussetzungen des § 210 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI sind ebenfalls nicht erfüllt, da der Kläger nicht in den dort genannten Personenkreis fällt.

Ein Anspruch auf Beitragserstattung ergibt sich auch nicht aus § 210 Abs. 1 a) SGB VI. Nach dieser Vorschrift werden auf Antrag Beiträgen Versicherten erstattet, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, wenn sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben.

Der Kläger ist nicht von der Versicherungspflicht befreit. Er ist auch nicht versicherungsfrei.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind versicherungsfrei Beamte auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird.

Der Kläger ist zwar zum Beamten auf Lebenszeit ernannt worden. Er fällt aber dennoch nicht unter den in dieser Vorschrift genannten Personenkreis. Denn die Versicherungsfreiheit bezieht sich ausweislich des Wortlauts der Vorschrift nur auf "diese Beschäftigung" und damit auf eine ausgeübte Beschäftigung und nur auf Beamte, die sich in einem aktiven Dienstverhältnis befinden. Die Voraussetzungen für Versicherungsfreiheit von nicht mehr aktiven Beamten regelt alleine § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI (Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 111. EL September 2020, Guttenberger, § 5 SGB VI Rn. 5; BayLSG, Urteil vom 02.04.2008, L 13 R 451/07, Rn. 16, zitiert nach Juris). Der Kläger befindet sich jedoch nicht in einem aktiven Dienstverhältnis, sondern wurde zum 30.03.2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Die Versicherungsfreiheit des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Versicherungsfrei sind danach Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften eine Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze beziehen. Der Kläger bezieht jedoch keine Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze, vielmehr bezieht er eine Versorgung wegen Dienstunfähigkeit.

Dieses Ergebnis, die Verneinung der Versicherungsfreiheit des Klägers und die Verweigerung des Beitragserstattungsanspruchs zum jetzigen Zeitpunkt, verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten.

Das Bundessozialgericht hat bereits festgestellt, dass es nicht gegen Verfassungsrecht verstößt, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtige Personen, die mit früheren Pflichtbeiträgen nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, keinen Anspruch auf Beitragserstattung vor Erreichen der Regelaltersgrenze haben (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R).

Die gesetzliche Konzeption verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Hieraus folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen sind damit nicht ausgeschlossen, bedürfen jedoch der Rechtfertigung durch Sachgründe. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, die Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft. Er muss die Auswahl nur sachgerecht treffen (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 21, zitiert nach Juris). Für diese Auswahl gilt, dass im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt. Die Abgrenzung ist nicht zu beanstanden, wenn vernünftige Gründe für sie bestehen und willkürliche Privilegierungen und Diskriminierungen vermieden werden. Für eine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist es nicht wesentlich, ob der Gesetzgeber die gerechteste oder zweckmäßigste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17, Rn. 22, zitiert nach Juris).

Damit steht dem Gesetzgeber auch bei der Regelung der Beitragserstattung und der Bestimmung des berechtigten Personenkreises ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Eine Beitragserstattung ist weder vom System her noch von verfassungswegen geboten, sie stellt eine besondere "Billigkeitsregelung" dar (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 23, zitiert nach Juris). Hiervon ausgehend verstößt § 210 SGB VI und die Beschränkung des Rechts auf vorzeitige Beitragserstattung auf versicherungsfreie oder von der Versicherungspflicht befreite Personen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Ungleichbehandlung gegenüber nicht versicherungspflichtigen Personen ist sachlich gerechtfertigt und hält sich innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 24, zitiert nach Juris).

Aus der vom Gesetzgeber mit der Neufassung des § 210 SGB VI bezweckten Erhaltung des "Status quo" hinsichtlich der vorzeitigen Erstattungsmöglichkeit für versicherungsfreie und von der Versicherungspflicht befreite Personen folgt kein Gebot der Gleichbehandlung für die Gruppe der nicht Versicherungspflichtigen, der der Kläger angehört (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 34, zitiert nach Juris). Wird jenen Gruppen aus dem besonderen Anlass der Erweiterung der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung die Beitragserstattung vor Erreichen der Regelaltersgrenze als besondere Vergünstigung weiter zugestanden, kann der Kläger hieraus alleine nicht das verfassungsrechtliche Gebot herleiten, denselben Vorteil in Anspruch nehmen zu können. Dies gilt umso mehr, als nach Ausweitung des Rechts der freiwilligen Versicherung die Möglichkeit der Beitragserstattung grundsätzlich eingeschränkt wurde und die nicht Versicherungspflichtigen auch vor der Gesetzesänderung keinen Anspruch auf vorzeitige Beitragserstattung hatten (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 35, zitiert nach Juris).

Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung zwischen den genannten Personengruppen ist unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen typisierten sozialen Schutzbedürftigkeit bei der Alterssicherung inner- und außerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung sachlich gerechtfertigt (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 36, zitiert nach Juris). Denn sie verfolgt das Ziel, lediglich solchen Versicherten das Recht auf eine vorzeitige Beitragserstattung einzuräumen, bei denen ausreichend sichergestellt ist, dass sie außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung eine hinreichende Alterssicherung aufbauen (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 37, zitiert nach Juris). Ob der Gesetzgeber für alle betroffenen Personengruppen die optimalste Lösung gefunden hat, ist nicht relevant. Maßstab ist alleine, ob der Gesetzgeber die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat. Dies ist im Hinblick auf die angestrebte Alterssicherung nicht der Fall (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 38, zitiert nach Juris). Zumutbar ist die Regelung auch deshalb, weil die Erstattung nicht endgültig ausgeschlossen wird, sondern nur zeitlich nach hinten verlagert wird (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 42, zitiert nach Juris).
Die gesetzliche Regelung verletzt den Kläger auch nicht in seinem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 44, zitiert nach Juris).

Durch die Versagung der vorzeitigen Erstattung wird bereits der Schutzbereich dieses Grundrechts nicht berührt. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass eine Rentenanwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wird (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 45, 46, zitiert nach Juris). Allerdings hat der Kläger noch keine Rentenanwartschaft erworben, da er die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren noch nicht erfüllt hat (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 47, zitiert nach Juris).

Einfachrechtliche Ansprüche auf die Rückerstattung von Beiträgen fallen schon deshalb nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie, da sie nicht wie die Rentenleistung der Existenzsicherung dienen, was vom Bundesverfassungsgericht für den Schutz durch das Grundrecht auf Eigentum gefordert wird (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.07.2016, L 4 R 3904/15, Rn. 42, zitiert nach Juris; LSG Berlin, Urteil vom 21.10.2003, L 16 RJ 70/02, Rn. 11, zitiert nach Juris).

Aber auch wenn man von einer eigentumsrechtlich relevanten Position des Klägers ausgehen würde, läge kein Eingriff in diese Position vor. Denn diese Rechtsposition ist durch die gesetzliche Regelung nicht verloren: Die Beiträge bleiben dem Kläger erhalten und er kann mit Erreichen der Regelaltersgrenze die Erstattung beanspruchen (BSG, Urteil vom 06.09.2017, B 13 R 4/17 R, Rn. 48, zitiert nach Juris).

Eine Grundrechtsverletzung des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass er eine Beitragserstattung hätte beantragen können, solange er noch nicht wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden war. Solange er noch Beamter im aktiven Dienstverhältnis war, hätte er nach der früheren Rechtsprechung, die versicherungsfreie Personen den Versicherten, die nicht versicherungspflichtig sind, gleichgestellt hat, die Erstattung beanspruchen können, da er sich nicht hatte freiwillig versichern können. Wie ausgeführt, unterfällt der Anspruch auf Beitragserstattung aber nicht dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Außerdem hat der Kläger seinen Anspruch nicht durch eine Änderung der gesetzlichen Regelung verloren, sondern durch seine Versetzung in den Ruhestand, durch die er den Status als Versicherungsfreier verloren hat. Dass aber der Gesetzgeber berechtigt ist, für nicht Versicherungspflichtige andere Regelungen als für Versicherungsfreie zu treffen, ergibt sich aus dem oben Ausgeführten.

Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt auch die Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. So werden durch die geltende gesetzliche Regelung Rentenbezieher und Versorgungsempfänger gleich behandelt: Für beide Gruppen gilt, dass Versicherungsfreiheit eintritt, wenn das Überschreiten der jeweiligen Altersgrenze Grund für den Bezug der Rente bzw. der Versorgung ist, Versicherungsfreiheit aber nicht eintritt, wenn Erwerbsminderung vorliegt und eine Erwerbsminderungsrente bezogen wird oder damit vergleichbar Dienstunfähigkeit besteht und daher die Versetzung in den Ruhestand mit Versorgungsbezügen erfolgt (BSG, Urteil vom 17.06.1999, B 12 KR 18/98 R, Rn. 20, zitiert nach Juris). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet auch nicht, allen Personen, die eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften beziehen, stets Versicherungsfreiheit einzuräumen, wenn die Versorgung nach objektiven Maßstäben ausreichend ist (BSG, Urteil vom. 17.06.1999, B 12 KR 18/98 R, Rn. 21, zitiert nach Juris). Denn Versicherungspflicht in der Rentenversicherung ist grundsätzlich unabhängig von dem individuellen Sicherungsbedürfnis. Die Beschränkung der Versicherungsfreiheit auf Versorgungsempfänger, die eine Versorgung nach Erreichen der Altersgrenze beziehen, stellt sicher, dass nur diejenigen versicherungsfrei sind, bei denen das Sicherungsbedürfnis in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen des Erreichens des Sicherungsziels nicht mehr besteht oder der Aufbau einer zusätzlichen Versorgung durch Rentenanwartschaften nicht mehr möglich erscheint, wie dies bei Altersrentnern in der Rentenversicherung zutrifft (BSG, Urteil vom 17.06.1999, B 12 KR 18/98 R, Rn. 22, zitiert nach Juris; BayLSG, Urteil vom 02.04.2008, L 13 R 451/07, Rn. 16, zitiert nach Juris).

Der Kläger kann auch nicht einwenden, es sei verfassungsrechtlich geboten, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI dahin auszulegen, dass diese Vorschrift auch Ruhestandsbeamte erfasst. Mit dieser Regelung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die dort genannten Personen in ein anderes System der Altersvorsorge eingebunden sind und sie daher auf eine Altersvorsorge in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht angewiesen sind. Gleichzeitig wird verhindert, dass parallele Versorgungen aufgebaut werden. Dieser Regelungsgedanke hat aber nur so lange Gültigkeit, wie die Personen in einem aktiven Dienstverhältnis stehen. Wird es beendet, gilt daher - wenn nicht § 5 Abs. 4 SGB VI eingreift - typisierend, dass die Versicherungsfreiheit endet und sich die Versicherungspflicht nach den allgemeinen Regelungen des SGB VI richtet. Hierin ist kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu sehen. Die Unterscheidung zwischen Beamten im aktiven Dienstverhältnis und Ruhestandsbeamten ist aus den genannten Gründen gerechtfertigt. Dass es sich um eine typisierende Betrachtungsweise handelt, begründet, wie oben dargelegt, keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Eine Verletzung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ist ebenfalls nicht ersichtlich. Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Bei den Regelungen der § 210 SGB VI, § 5 SGB VI und § 7 SGB VI handelt es sich aber nicht um Regelungen des Rechts des öffentlichen Dienstes, sondern um Regelungen des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese haben auch keine indirekte Wirkung auf die Regelungen des Rechts des öffentlichen Dienstes und insbesondere der Versorgung. Denn der Anspruch des Klägers auf seine Versorgung bei Dienstunfähigkeit und deren Höhe wird durch diese Regelungen nicht berührt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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