L 1 BA 25/21

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 13 R 645/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 BA 25/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Ein mit einer GmbH geschlossener Dienstleistungsvertrag, der nicht als Scheingeschäft nichtig ist, begründet kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit dem Alleingesellschafter der GmbH.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 15. Februar 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet. 

Die Revision wird zugelassen. 


Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab dem 27.07.2015 (bis zum 18.01.2016) bei der St. Rochus Krankenhaus gGmbH sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Der 1954 geborene und mittlerweile berentete Kläger ist ausgebildeter Krankenpfleger. Er ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beigeladenen zu 5. Gegenstand dieser Gesellschaft sind: Erbringung aller Arten von Pflegedienstleistungen im ambulanten und stationären Bereich, Beratung im Bereich Alten- und Krankenpflege und der Gesundheitsvorsorge, Beratung von Institutionen und Einzelpersonen im Gesundheits- und Sozialwesen bei Fragen der Organisation und Kommunikation (GmbH-Vertrag vom 04.02.2009 der zunächst gegründeten E. GmbH, am 25.03.2015 wurde diese umfirmiert, der Gesellschaftszweck geändert und der Sitz verlegt).

Die St. Rochus Krankenhaus gGmbH betrieb ein Krankenhaus in Dieburg. Seit dem 28.04.2014 führt die Beigeladene zu 1 die Geschäfte; infolge des Vertrages vom 25.10.2016 ist die St. Rochus Krankenhaus gGmbH mit der Beigeladenen zu 1 verschmolzen.

Die St. Rochus Krankenhaus gGmbH und die Beigeladene zu 5 schlossen Dienstleistungsvereinbarungen für im Einzelnen benannte Tage in der Zeit vom 13.09.2015 bis 18.01.2016 bei einer Mindestarbeitszeit von 7 Stunden täglich auf der Intensivtherapiestation (Schwerpunkt Weaning) und einem Honorar pro Stunde von 40 € zuzüglich Zuschläge für Dienste am Wochenende, nachts und feiertags. Darüber hinaus wurde vereinbart:
§ 2 „Der Auftragnehmer ist mit Beginn des Einsatzzeitraums mit der eigenständigen und eigenverantwortlichen Planung, Durchführung, Dokumentation und Überprüfung der stationären Krankenpflege der zu pflegenden Patienten ggf. in Kooperation mit den angestellten Pflegedienstmitarbeitern/-innen sowie der behandelnden Ärzte der Patienten / der Patientinnen beauftragt. Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, seine Dienste in Person zu leisten. Er darf nach Absprache mit dem Auftraggeber Hilfspersonen heranziehen und Vertreter einsetzen, sofern diese die gleiche oder zumindest eine vergleichbare Qualifikation wie der Auftragnehmer selbst besitzen. (…)“
§ 3 „Die Parteien sind sich darüber einig, dass durch diese Vereinbarung zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis begründet werden soll. Der Auftragnehmer unterliegt (…) keine Weisungen des Auftraggebers. (…)“
§ 6 „Die zur Erbringung der Dienstleistung erforderlichen Hilfsmittel, Werkzeuge und Materialien (insbesondere Einmal-Schutzhandschuhe aus Gummi/Latex) stellt die medizinische Fachkraft. Der Auftraggeber kann verlangen, dass er die o.g. Hilfsmittel, Werkzeuge und Materialien dem Auftragnehmer unentgeltlich zur Verfügung stellen kann. Der Auftragnehmer wird seine eigene Dienstkleidung einsetzen. Sollte der Auftraggeber spezielle Kleidung wünschen, so wird er diese dem Aufragnehmer unentgeltlich zur Verfügung stellen.“
§ 7 „Der Auftragnehmer darf auch für andere Auftraggeber tätig sein. Er ist befugt, am Markt aufzutreten. (…)“ 
§ 8 „(…) Ist der Auftragnehmer wegen Erkrankung oder aus sonstigen Gründen persönlicher Verhinderung nicht in der Lage, seine Dienstleistung persönlich zu erbringen und ist er auch nicht in der Lage, nach Absprache mit dem Auftraggeber gem. § 2 Abs. 2 Vertreter und/oder Hilfspersonen mit der Erbringung der medizinischen Dienstleistungen zu beauftragen, so ist er berechtigt, das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. (…)“
§ 10 „Gerichtsstand ist (…) das für den Wohnort des Auftragnehmers zuständige ordentliche Gericht.“  

Nach der jeweiligen Zusatzvereinbarung waren sie sich einig, dass es sich nicht um Arbeitsverhältnisse handelt. Für den Fall, dass die Beklagte oder die Einzugsstelle dennoch ein Arbeitsverhältnis feststellen sollte, verpflichteten sich die Parteien gegenseitig, alle Rechtsmittel gegen diese Feststellung auszuschöpfen und sich dabei zu unterstützen, dass die Selbstständigkeit des Auftragnehmers gewahrt bleibt. Da der Auftragnehmer seine Vergütung auf der Basis seiner Selbstständigkeit berechnet habe, werde ein Regress des Auftraggebers an den Auftragnehmer für den Fall der Beitragspflicht für Sozialversicherungsbeiträge ausgeschlossen.

Am 14.12.2015 beantragte die Beigeladene zu 1 die Statusfeststellung des Klägers hinsichtlich seiner Tätigkeit für die St. Rochus Krankenhaus gGmbH. Zunächst führte sie aus, dass er als Honorarkraft eingesetzt worden sei. Später gab sie an, dass er nicht im Rahmen einer Honorartätigkeit beschäftigt worden sei, sondern seine Dienstleistungen im Rahmen einer Dienstleistungsvereinbarung mit der Beigeladenen zu 5 erbracht habe. Da Beschäftigte nur natürliche Personen sein könnten, liege kein Beschäftigungsverhältnis vor. In dem Formularfragebogen wurde das Auftragsverhältnis beschrieben. Es würden Leistungen in der Intensivpflege erbracht. Die Beigeladene zu 5 decke nur Zeiten ab, für die eigenes Personal des Krankenhauses nicht verfügbar sei. Eine Eingliederung finde nicht statt. Die Vermittlung erfolge über Agenturen. 

Die Beigeladene zu 1 legte Dienstleistungsvereinbarungen, Rechnungen sowie Dienstleistungsnachweise für Zeiträume zwischen dem 27.07.2015 und dem 29.11.2015 vor. Mit Schreiben vom 03.02.2016 beschrieb die Beigeladene zu 1 das Auftragsverhältnis. Sie verwies insbesondere auf die unterschiedliche Ausgestaltung der Tätigkeiten der festangestellten Pflegekräfte einerseits und des Klägers bzw. der Beigeladenen zu 5 andererseits.

Auf die Anfrage der Beklagten gegenüber dem Kläger zu dessen Tätigkeit für die St. Rochus Krankenhaus gGmbH teilte dieser unter dem 16.01.2016 mit, dass zwischen ihm und der St. Rochus Krankenhaus gGmbH keine Vertragsverhältnisse bestünden. Fragen seien an die Beigeladene zu 5 zu richten.

Unter dem 18.04.2016 hörte die Beklagte die Beigeladene zu 1 sowie den Kläger als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 5 zur beabsichtigten Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status an.

Der Kläger und die Beigeladene zu 5 nahmen hierzu erneut Stellung. Mit dem Kläger sei kein Vertrag geschlossen worden. Zudem sei die Tätigkeit nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erbracht worden.

Die Beigeladene zu 1 verwies auf ein Schreiben der Beklagten vom 26.04.2016 in einem anderem Verfahren (Statusfeststellungsverfahren hins. der Tätigkeit des Herrn G. bzw. der H. Gesellschaft für qualifizierte Pflegeleistung mbH für die Beigeladene zu 1), wonach aufgrund eines Vertrages mit einer juristischen Person kein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden könne.

Mit Bescheiden vom 17.05.2016 stellte die Beklagte gegenüber der St. Rochus Krankenhaus gGmbH sowie dem Kläger (Adresszusatz: Geschäftsführer der Beigeladenen zu 5) fest, „dass die Tätigkeit als Krankenpfleger bei St. Rochus Krankenhaus gGmbH vertr. durch die Geschäftsführung seit 27.07.2015 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird“. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe ab diesem Zeitpunkt Versicherungspflicht in der Kran-ken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwögen. Sei der Auftragnehmer eine rechtsfähige Personengesellschaft, schließe dies ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Auftraggeber im Regelfall aus. Dies gelte jedoch nicht, wenn im Einzelfall die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung mit entsprechender Weisungsgebundenheit gegenüber den Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit überwögen. Die gleiche Beurteilung gelte auch, wenn es sich bei dem Aufragnehmer um eine Ein-Personen-Gesellschaft (z. B. eine Ein-Personen-GmbH bzw. Ein-Personen-Limited) handele. Der Umstand, dass jemand Gesellschafter einer GmbH sei, führe somit nicht automatisch zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Der Kläger sei alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 5, einer Ein-Personen-GmbH. Die Stellung des Gesellschafters im Außenverhältnis sei daher zu prüfen. Das Prüfverfahren sei ausschließlich auf die Tätigkeit als Krankenpfleger zu reduzieren. Die Tätigkeit des Klägers sei insoweit geprägt durch die Eingliederung in die betrieblichen Abläufe des Auftraggebers. Ein unternehmerisches Risiko habe nicht vorgelegen. Im Bescheid gegenüber der St. Rochus Krankenhaus gGmbH wird der Kläger als Auftragnehmer benannt.

Gegen diese Bescheide erhoben sowohl der Kläger als auch die St. Rochus Krankenhaus gGmbH Widerspruch. 

Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.11.2016 wies die Beklagte die Widersprüche gegenüber dem Kläger (nunmehr ohne Adresszusatz: als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 5) und der St. Rochus Krankenhaus gGmbH zurück. Auch in einer Ein-Personen-Gesellschaft sei ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Auftraggeber nicht ausgeschlossen. Auf die Besprechungsergebnisse der Spitzenorganisation der Sozialversicherung vom 13.04.2010 wurde verwiesen. Das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sei schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil ein Versicherter (als Arbeitnehmer) gleichzeitig als Gesellschafter an einer GbR/GmbH beteiligt sei, welche als Arbeitgeber auftrete. Der Kläger sei für Dritte nicht erkennbar als Gesellschafter aufgetreten. Insofern bestünden lediglich - ein Beschäftigungsverhältnis nicht ausschließende - gesellschaftsrechtliche Beziehungen im Innenverhältnis. Die Gründung und „Zwischenschaltung“ einer GbR/GmbH dürfte in solchen Fällen rechtsmissbräuchlich zur Umgehung von abhängiger Beschäftigung und damit zur Umgehung der allgemeinen Versicherungspflichtregelungen erfolgt sein. 

Am 20.12.2016 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Er hat auf ein Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 27.11.2019 (S 27 KR 286/17) sowie einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.11.2019 (S 36 BA 18/19) verwiesen. Das von der Beklagten zitierte Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 27.06.2017 (L 11 R 3853/16) sei auf den hiesigen Fall übertragbar und stütze seine Rechtsauffassung. Der Kläger hat einen Arbeitsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 5 und Frau J. vom 14.11.2016 vorgelegt. Danach wurde diese ab dem 01.12.2016 als Pflegefachkraft (soweit bestimmte Voraussetzungen vorliegen) eingestellt. 

Die Beklagte hat auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 07.06.2019 zu Pflegefachkräften als Honorarpflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen verwiesen. Die vom Kläger angeführten Urteile des Sozialgerichts Chemnitz und des Sozialgerichts Frankfurt/Oder seien noch nicht rechtskräftig. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 27.06.2017 (L 11 R 3853/16) entschieden, dass ein Beschäftigungsverhältnis nur mit einer natürlichen, nicht aber mit einer juristischen Person begründet werden könne. Daher begründe ein mit einer Gesellschaft geschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag, der nicht als Scheingeschäft nichtig sei, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. In Fällen des Missbrauchs der Rechtsform zur Umgehung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei dies hingegen sehr wohl möglich. Hinsichtlich der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit hat sie auf die Rechtsprechung zur Versicherungspflicht von Vorstandsmitgliedern einer AG (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.11.2008, L 11 KR 3295/08; LSG NRW, Urteile vom 04.06.2009, L 5 KR 83/06 und vom 16.04.2015, L 5 KR 697/11) und zur rechtsmissbräuchlichen Verwendung der Selbstständigkeit der juristischen Personen (BSG, Urteil vom 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R) hingewiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2021 hat der Kläger ausgeführt, für verschiedene Auftraggeber tätig geworden zu sein. Die Geschäftstätigkeit beziehe sich nicht nur auf die reine Pflege in einer Klinik, sondern auch beispielsweise auf Beratungs- und Organisationsleistungen. Dies lasse sich dem Internetauftritt der Beigeladenen zu 5 entnehmen.

Mit Urteil vom 15.02.2021 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 17.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2016 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 1 ab dem 27.07.2015 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.

Es fehle bereits an einer rechtlichen Beziehung zwischen dem Kläger persönlich und der Beigeladenen zu 1, die als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gewertet werden könne. Eine solche Rechtsbeziehung sei nur zwischen der Beigeladenen zu 5 und der Beigeladenen zu 1 gegeben. Für eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer kämen aber nur natürliche, nicht hingegen juristische Personen in Betracht. Eine Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger selbst und der Beigeladenen zu 1 könne nur dann angenommen werden, wenn die „Zwischenschaltung“ der GmbH im Sinne der Ansicht der Beklagten insofern rechtsmissbräuchlich sei, dass sie als bloßes Scheingeschäft betrachtet werden könnte, um eine tatsächliche Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 zu verschleiern. Die insofern zu fordernde Rechtsmissbräuchlichkeit stelle im Interesse des Vertrauensschutzes und der Verlässlichkeit des Rechtsverkehrs jedoch eine hohe Hürde dar. Aufgrund der Verwandtschaft zur gesellschaftsrechtlichen Rechtsfigur der sog. Durchgriffshaftung greife die Kammer zur Ausfüllung der Anforderungen an den Rechtsmissbrauch auf die diesbezüglich entwickelten Grundsätze zurück. Rechtsmissbrauch komme hiernach nur dann in Betracht, wenn mit der Gesellschaft Zwecke verfolgt würden, für die sie von ihrer Rechtsform her nicht bestimmt sei, oder wenn durch die Verwendung dieser Rechtsform die Gesellschaftsgläubiger - hier die Sozialversicherung - getäuscht bzw. hintergangen würden, sog. Rechtsformmissbrauch (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2020, HGB § 171 Rn. 29; vgl. auch BGH v. 8. Juli 1970 - VIII ZR 28/69). Erforderlich sei also ein absichtliches und finales Vorgehen mit dem Ziel durch die Wahl einer bestimmten Rechtsform eine rechtliche Situation zu schaffen, die ohne diese Rechtsform undenkbar gewesen wäre. Ein solch zielgerichtetes Vorgehen vermöge die Kammer im vorliegenden Fall nicht zu entdecken. Hierbei sei nicht nur zu beachten, dass die Gesellschaftsgründung durchaus einen gewissen Aufwand nach sich ziehe, der eine rein missbräuchliche Absicht unwahrscheinlich erscheinen lasse. Vor allem aber halte die Kammer für beachtlich, dass der Gesellschaftszweck komplexer sei, als dass er nur auf eine rein künstliche Schaffung einer rechtlichen Sphärentrennung zwischen Kläger und GmbH reduziert werden könne. Insofern sei maßgeblich, dass die GmbH nicht nur für die Beigeladene zu 1 tätig geworden sei. Schließlich spreche auch gegen ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen im Sinne einer verschleiernden Umgehung der tatsächlichen Verhältnisse, dass die Feststellungen der Beklagten nicht zufällig im Rahmen einer Betriebsprüfung getroffen worden seien, sondern auf eigenen Statusfeststellungsantrag der Beigeladenen zu 1. Sei aber eine Rechtsmissbräuchlichkeit nicht anzunehmen, müsse das Sozialrecht die gesellschaftsrechtlich gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten hinnehmen. Eine abhängige Beschäftigung des Klägers scheide deshalb aus gesellschaftsrechtlichen Gründen aus. Hierbei sei auch zu beachten, dass die Folgen des Trennungsprinzips im Kapitalgesellschaftsrecht formalistischer zu betrachten seien, als dies bei Personengesellschaften der Fall wäre. Das gelte unabhängig davon, ob es sich um eine Ein-Mann- oder aber um eine mehrgliedrige Gesellschaft handele (Baumbach/Hueck/Haas, 22. Aufl. 2019, GmbHG § 60 Rn. 54).

Die Beklagte hat gegen das ihr am 25.02.2021 zugestellte Urteil am 23.03.2021 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Das Bundessozialgericht habe unter dem 07.06.2019 entschieden, dass Pflegefachkräfte, die als Honorarpflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen tätig sind, regelmäßig abhängig beschäftigt seien. Hinsichtlich der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit hat sie erneut auf die Rechtsprechung zur Versicherungspflicht von Vorstandsmitgliedern einer AG (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.11.2008, L 11 KR 3295/08, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 04.06.2009, L 5 KR 83/06, juris, und vom 16.04.2015, L 5 KR 697/11) und zur rechtsmissbräuchlichen Verwendung der Selbstständigkeit der juristischen Personen (BSG, Urteil vom 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R) hingewiesen. Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.06.2017 (L 11 R 3853/16) betreffe einen anderen Sachverhalt und sei auf dieses Verfahren nicht übertragbar. In jenem Verfahren habe die Gesellschaft einen komplexen Unternehmensgegenstand gehabt, mit dem Auftraggeber sei ein detaillierter Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen worden, die Gesellschaft habe Schadenshaftpflicht getragen, mit dem Auftraggeber einen Vertrag zur Arbeitnehmerüberlassung geschlossen und eine kontinuierlich wachsende Zahl an Personen (zuletzt 13) beschäftigt. Daher könne ein tatsächliches Tätigwerden der Gesellschaft angenommen werden. Die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, es gäbe keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Rechtsform zur Umgehung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, sei daher nachvollziehbar. Sollte eine unternehmerische Tätigkeit der Beigeladenen zu 5 am Markt nicht nachgewiesen sein, dürften die tatsächlichen Verhältnisse ganz maßgeblich von den getroffenen vertraglichen Regelungen abweichen, weil die „zwischengeschaltete“ GmbH dann tatsächlich keine Geschäftstätigkeit entfaltet habe und nur als leere Hülse zur Umgehung der allgemeinen Versicherungspflichtregelungen bestehe. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 29.07.2015 (B 12 R 1/15 R, juris) ausgeführt, dass bei einem „Etikettenschwindel“ von einem Scheingeschäft ausgegangen werden könne, welches zur Nichtigkeit der getroffenen Vereinbarung führen könne. Das Sozialgericht Oldenburg habe im Fall einer Kükensortiererin entschieden, dass maßgeblich nicht deren Verhältnis zu der Unternehmergesellschaft mit beschränkter Haftung (UG) - bei der sie Alleingesellschafterin und Alleingeschäftsführerin ist - sei, sondern die Tätigkeit als Kükensortiererin. Könnte allein durch den formalen Akt einer UG-Gründung, unabhängig von der konkreten Art der Tätigkeit, eine Selbstständigkeit erreicht werden, wäre einer massenhaften Umgehung der Sozialversicherungssysteme durch Arbeitnehmer aller Branchen Tür und Tor geöffnet. Die UG-Gründung sei lediglich als Umgehungsversuch anzusehen, wenn die Tätigkeit sich tatsächlich als abhängige Beschäftigung darstelle (Urteil vom 31.10.2012, S 81 R 580/11, juris). Das Sozialgericht Darmstadt habe vorliegend den wahren Inhalt der Vereinbarung nicht in den Blick genommen. Bei der Tätigkeit des Klägers handele es sich um eine abhängige Beschäftigung.
 
Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 15.02.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen. 


Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Zudem hat er darauf verwiesen, dass die Beigeladene zu 5 nach Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtsfähig sei. Soweit die Beklagte die Existenz dieser GmbH hinwegfingiere, greife sie in deren Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG ein. Sollten die Dienstleistungsverträge dem Kläger zuzurechnen sein, führe dies zu immensen rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen. Im Übrigen habe auch die Beigeladene zu 5 einen komplexen Unternehmensgegenstand. Es seien detaillierte Dienstleistungsverträge geschlossen worden. Die Beigeladene zu 5 hafte gegenüber den Auftraggebern und habe eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Sie habe Angestellte beschäftigt und zum 01.10.2015 eigene Geschäftsräume angemietet. Die Beigeladene zu 5 sei nach dem 18.01.2016 nicht mehr für die Beigeladene zu 1 tätig gewesen. Der Kläger hat einen Vertrag der Beigeladenen zu 5 mit der L. Intensivpflege GmbH vom 14.12.2015 vorgelegt (Einsatzzeiten vom 04.01.2016 bis 29.01.2016). Ferner hat er mitgeteilt, dass die Beigeladene zu 5 vor dem 27.07.2015 und nach dem 18.01.2016 für weitere Auftraggeber tätig gewesen sei, worauf es letztlich aber nicht ankomme. Auch hat er eine Aufstellung des Betriebsergebnisses für Dezember 2015 vorgelegt. Als Personalkosten sind darin ein Geschäftsführergehalt von 1.272,42 € sowie Tantieme in Höhe von 3.000 € ausgewiesen. Die Umsatzerlöse lagen bei 1.729,34 €. Im Dezember 2016 lagen die Umsatzerlöse bei 10.792,00 €. Als Personalkosten sind 1.784,80 € für Löhne und Gehälter, 498 € als Geschäftsführergehalt und 962,57 € als gesetzliche soziale Aufwendungen ausgewiesen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. 

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. 

Der Bescheid der Beklagten vom 17.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat den Bescheid zu Recht aufgehoben. Der Kläger ist ab dem 27.07.2015 (bis zum 18.01.2016) bei der St. Rochus Krankenhaus gGmbH nicht im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen.

Zwar spricht vieles dafür, dass die Tätigkeit des Klägers als Pfleger grundsätzlich als abhängige Beschäftigung einzuordnen ist. Die Rechtsprechung zur Tätigkeit von Pflegern in stationären Pflegeeinrichtungen (s. BSG, Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, B 12 R 7/18 R und B 12 KR 8/18 R; s.a. BSG, Urteile vom 19.10.2021, B 12 R 6/20 R <ambulante Altenpflegerin> und B 12 R 17/19 R <Pflegehelferin beim Pflegedienst> Termin-bericht Nr. 37/21) und zum ärztlichen Krankenhauspersonal (s. BSG, Urteil vom 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, Leitsätze; s.a. BSG, Urteile vom 19.10.2021, B 12 R 9/20 R, B 12 R 10/20 R und B 12 R 29/19 R <Ärzte im Rettungsdienst> Terminbericht Nr. 37/21) ist auf die Tätigkeit von Pflegern im Krankenhaus übertragbar. Eine selbstständige Tätigkeit eines Krankenpflegers im sozialversicherungsrechtlichen Sinne kommt deshalb nur ausnahmsweise bei Vorliegen gewichtiger Indizien für eine solche Tätigkeit in Betracht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.03.2020, L 9 KR 132/16). 

Ob die Tätigkeit des Klägers in dem von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 betriebenen Krankenhaus in Dieburg als abhängige Beschäftigung bei eben dieser zu bewerten ist, hängt jedoch vorliegend davon ab, welche rechtliche Bedeutung der Tatsache zukommt, dass die maßgeblichen Dienstleistungsvereinbarungen mit der Beigeladenen zu 5 und nicht mit dem Kläger direkt geschlossen worden sind. Grundsätzlich gilt, dass der Kläger - soweit er nicht Vertragspartei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 gewesen ist - zu dieser auch nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben kann. 

Die Dienstleistungsvereinbarungen weisen die Beigeladene zu 5 als Auftragnehmer aus. Allerdings enthalten diese Vereinbarungen Formulierungen, die für eine GmbH als Auftragnehmerin unpassend sind. Dies gilt insbesondere für die §§ 2 Abs. 2, 8 und 10. Diese unpassenden Formulierungen führen jedoch nicht dazu, dass - anstelle der Beigeladene zu 5 - von dem Kläger als Vertragspartei (Auftragnehmer) auszugehen ist. 

Die auch im Sozialversicherungsrecht zu beachtende jeweils eigenständige Rechtssubjektivität von natürlicher und juristischer Person gebietet ihre Unterscheidung auch in ihrer Beziehung zueinander. Bei der Prüfung der Frage, wer "Auftraggeber" im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI der jeweiligen selbstständig erwerbstätigen natürlichen Person ist, kommt nicht in Betracht, die Rechtspersönlichkeit beteiligter juristischer Personen "hinwegzufingieren" und anschließend das Resultat dieser Vorgehensweise allein der natürlichen Person zuzuordnen (s. BSG, Urteil vom 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R, juris Rn. 15 f.). Es besteht verfassungsrechtlich wie einfachgesetzlich auch im hieran anknüpfenden Sozialrecht vielmehr eine grundsätzliche Verpflichtung, die vom bürgerlichen Recht gewährleistete und ausgestaltete eigenständige Existenz und Handlungsfähigkeit juristischer Personen rechtlich zu Grunde zu legen. Die Existenz und Vielfalt der Erscheinungsform juristischer Personen sind Ausdruck der grundsätzlichen Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art. 9 Abs. 1 GG, das Vereins- und Gesellschaftsrecht so auszugestalten, dass ein Ausgleich von freier Assoziation und Selbstbestimmung der Vereinigungen unter Berücksichtigung der Notwendigkeit eines geordneten Vereinslebens und schutzwürdiger sonstiger Belange gewährleistet ist. Die auf dieser Grundlage ermöglichte inländische juristische Person ist rechtsfähig und nimmt gleichwertig mit den natürlichen Personen am Rechtsleben teil. Sie hat aus Art. 19 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG einen grundsätzlichen - wenn auch nicht schematischen - Anspruch auf Gleichbehandlung mit natürlichen Personen und kann sich daneben unter anderem auf die Grundrechte aus Art. 5 GG und Art. 14 GG sowie insbesondere auf das Grundrecht der wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen (BSG, a.a.O., Rn. 19 mwN). Dem entspricht einfachgesetzlich die selbstständige Inhaberschaft von Rechten und Pflichten der GmbH (§ 13 Abs. 1 GmbHG) sowie die - grundsätzliche - Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG). Über die Rechtsfigur der juristischen Person darf nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen werden. Dies gilt ebenso für die rechtliche Verschiedenheit zwischen der - seit der GmbH-Novelle des Jahres 1980 (Gesetz vom 04.07.1980, BGBl I 836) ausdrücklich (z.B. § 1 GmbHG) geregelten - Ein-Personen-GmbH und ihrem Alleingesellschafter, die nur in besonderen Ausnahmefällen durchbrochen werden darf (BSG, a.a.O., Rn. 20 mwN).

Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte nicht erfolgreich auf das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände (GKV-Spitzenverband Berlin, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin und Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg) vom 13.04.2010 stützen. Hiernach gilt: 
„Ist der Auftraggeber eine rechtsfähige Personengesellschaft (z. B. OHG, KG, GmbH & Co. KG, Partnerschaftsgesellschaft, GbR), schließt dies ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Auftraggeber im Regelfall aus. Dies gilt jedoch nicht, wenn im Einzelfall die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung mit entsprechender Weisungsgebundenheit gegenüber den Merkmalen einer selbständigen Tätigkeit überwiegen. Die gleiche Beurteilung gilt grundsätzlich auch, sofern es sich bei dem Auftragnehmer um eine Ein-Personen-Gesellschaft (z.B. Ein-Personen-GmbH bzw. Ein-Personen-Limited) handelt. Insbesondere bei typischen Beschäftigungsverhältnissen – wie beispielsweise bei den nicht programmgestaltenden Mitarbeitern in der Film- und Fernsehproduktion – kann die Gründung einer Ein-Personen-GmbH oder Ein-Personen-Limited nicht zur Umgehung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses führen. Beurteilt nach den maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen sind diese Personen vielmehr weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation der Unternehmen eingegliedert. Arbeitnehmer kann – anders als dein Arbeitgeber – ausschließlich eine natürliche Person sein, so dass die Gründung einer Ein-Personen-GmbH oder Ein-Personen-Limited in diesen Fällen sozialversicherungsrechtlich ins Leere geht.“

Dem kann im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Recht der juristischen Person nicht gefolgt werden.

Es ist vorliegend auch nicht von einem gemäß § 117 BGB nichtigen Scheingeschäft auszugehen. Ein Vertrag ist als sogenanntes Scheingeschäft gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen dagegen nicht eintreten lassen wollen. Maßgeblich ist der übereinstimmende Parteiwille. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die Parteien die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäfts ernstlich wollen oder nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolgs ein Scheingeschäft für genügend oder ein zivilrechtlich wirksames, ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben. Es spricht viel gegen ein Scheingeschäft, wenn der von den Parteien erstrebte Erfolg objektiv die zivilrechtliche Gültigkeit des Geschäfts voraussetzt (s. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2016, L 11 R 123/15, Rn. 31 m.w.N.) Hiervon ist weder für die Dienstvereinbarungen noch für den GmbH-Vertrag der Beigeladenen zu 5 auszugehen. 

Ein Scheingeschäft gemäß § 117 BGB ist auch nicht wegen eines Missbrauchs der Rechtsform zur Umgehung eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen. Es ist bereits fraglich, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen im Hinblick auf die o.g. Ausführungen zur Rechtsposition einer juristischen Person von einem solchen Missbrauch der Rechtsform bei einer Ein-Personen-GmbH überhaupt ausgegangen werden kann. 

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat einen Missbrauch der Rechtsform mit Urteil vom 27.06.2017 verneint (L 11 R 3853/16, juris Rn. 56). Der Kläger in jenem Verfahren habe mit der Gründung der UG (Gegenstand: Beratung im Zusammenhang mit dem Betrieb von Schwimmbädern u.a.) eine selbstständige Tätigkeit als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer aufgenommen, die er zudem in der Folgezeit erfolgreich habe ausbauen können. 

Auch im vorliegenden Fall ist ein Missbrauch der Rechtsform nicht anzunehmen. Die Beigeladene zu 5 hatte zum 01.10.2015 ein Büro angemietet, einen Arbeitsvertrag mit einer Arbeitnehmerin sowie eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Ferner hatte sie eine eigene Homepage betrieben. Darüber hinaus handelt es sich (anders als bei der UG im o.g. Verfahren) bei der Beigeladenen zu 5 um eine GmbH mit einem Stammkapital von mindestens 25.000 €. Auch dies spricht gegen die Annahme eines Missbrauchs der Rechtsform zur Umgehung sozialversicherungsrechtlicher Beschäftigungsverhältnisse. 

Ob eine Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI des Klägers als selbstständiger Erwerbstätiger vorliegt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R), ist vorliegend nicht Streitgegenstand. Deshalb ist die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung zur Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI (insbesondere SG Oldenburg, Urteil vom 31.10.2012, S 81 R 580/11, juris <Kükensortiererin>) in diesem Verfahren nicht relevant. 

Mit dem von der Beklagten angeführten Urteil vom 29.07.2015 hat das Bundessozialgerichts über die Versicherungspflicht eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH entschieden. Es hat festgestellt, dass es sich bei den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Alleingesellschafterin und dem Fremdgeschäftsführer nicht um einen „Etikettenschwindel“ handelt, der als Scheingeschäft gemäß § 117 BGB zu werten ist (B 12 R 1/15 R, juris, Rn. 14 ff.). Diese Entscheidung kann die Berufung mithin nicht begründen.

Das von der Beklagten zitierte Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16.04.2015 (L 5 KR 697/11) betrifft die Versicherungspflicht der Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds einer AG. Insoweit war jedoch darüber zu entscheiden, ob dieses Vorstandsmitglied für die AG versicherungspflichtig im Pflegebereich tätig war. Damit handelt es sich um einen maßgeblich anderen Sachverhalt (dies gilt gleichermaßen für das Urteil des LSG NRW vom 04.06.2009, L 5 KR 83/06, juris). Auch das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11.11.2008 (L 11 KR 3295/08, juris) ist aufgrund eines ähnlich gelagerten Sachverhalts vorliegend nicht relevant. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Ob ein Geschäftsbesorgungsvertrag über stationäre Pflegedienstleistungen zwischen einer Ein-Personen-GmbH und einer Krankenhausgesellschaft als Scheingeschäft aufgrund eines Missbrauchs der Rechtsform nichtig ist und ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers einer Ein-Personen-GmbH mit der Krankenhausgesellschaft begründet, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. 

Rechtskraft
Aus
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