S 19 AS 2081/17

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Nordhausen (FST)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19.
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 19 AS 2081/17
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

 

 

 

SOZIALGERICHT NORDHAUSEN

 

 
 

 

 

Bild entfernt.

 

Im Namen des Volkes

 

URTEIL

In dem Rechtsstreit

 

1.        …………..

           ……………

2.        ……………….

           ………………

3.        ………………….

           ……………..

- Kläger -

           zu 1 bis 3 Prozessbevollm.:

           ……………….,

           ……………..

gegen

           ……………….,

           ………………,

           ……………….

- Beklagter -

hat die 19. Kammer des Sozialgerichts Nordhausen auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2021 durch ihren Vorsitzenden, den Richter am Sozialgericht Dr. Sellnick, sowie die ehrenamtlichen Richter Göbel und Hennemann für Recht erkannt:

Der Bescheid der Beklagten vom 05.06.2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2015  wird  aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für die Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren W 1662/11 in Höhe von 201,50 € zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

 

Tatbestand

Streitig sind die Kostenerstattungspflicht sowie die Höhe der erstattungsfähigen Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Die Kläger wenden sich mit ihrer am 20.08.2015 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2015 und begehren die Erstattung der im Widerspruchsverfahren W 1662/11 entstandenen notwendigen Aufwendungen.

Die Beklagte lehnte eine Kostenerstattungspflicht ab, da das Widerspruchsverfahren W 1662/11 Gegenstand des Klageverfahrens S 14 AS 2620/11 geworden sei.

Von Klägerseite wird vorgebracht, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei der Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.02.2011 gewesen, mit dem für die Zeit vom 01.02.2011 bis 28.02.2011 Leistungen nach dem SGB II endgültig festgesetzt wurden, die zuvor auf der Grundlage des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 08.11.2010 für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.05.2011 vorläufig bewilligt worden seien. Gegenstand der am 16.03.2011 unter dem Aktenzeichen S 22 AS 2620/11 erhobenen Klage sei hingegen der Bescheid vom 08.11.2010 in Fassung der Änderungsbescheide vom 13.12.2010 und12.02.2011 und der gegen diese Bescheide unter den Aktenzeichen W 6517/ 10, W 476/ 11 und W 769/11 eingelegten Widersprüche gewesen. Die Klägerseite beruft sich ferner darauf, dass bereits mit dem Widerspruchsbescheid vom 11.05.2011 (Widerspruchsverfahren W 1662/11), mit dem der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen wurde, mit Rücksicht auf die insoweit fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung  (Widerspruch) des mit Widerspruch vom 08.12.2010 angegriffenen vorläufigen  Bescheides  vom 08.11.2011  folgende Kostengrundentscheidung getroffen wurde: „Die im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls entstandenen notwendigen Aufwendungen werden auf Antrag bei der oben bezeichneten Dienststelle erstattet. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten wird als notwendig anerkannt.“ Streitig sei daher nicht die Kostentragungspflicht als solche, sondern lediglich die Höhe der zu erstattenden angemessenen Aufwendungen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom  05.06.2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2015   aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für die Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren W 1662/11 in Höhe von 404,60 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Inhaltlich bezieht sie sich auf die Argumentation in den angegriffenen Bescheiden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Gerichtsakte im Verfahren S 24 AS 2620/11 (aufgrund Kammerwechsels vorher S 22 AS 2620/ 11) und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorlagen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, denn sie  haben einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten, allerdings nicht in Höhe der in der Kostennote des Rechtsanwaltes geltend gemachten Ansätze.

Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist § 63 SGB X i.V.m. dem RVG. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind nach § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten - wie hier - notwendig war. Nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

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Dahinstehen kann, ob der Leistungszeitraum Februar 2011 Gegenstand der unter dem Aktenzeichen S 22 AS 2620/11 erhobenen Klage war. Die Klageschrift in dem genannten Verfahren deutet darauf hin, dass damit nur gegen die Leistungszeiträume Dezember 2010 und Januar 2011 für die eine endgültige Festsetzung durch die Bescheide vom 13.12.2010 (für Dezember 2010) und 12.01.2011 (bezogen auf die endgültige Festsetzung für den Januar 2011) ergangen war vorgegangen werden sollte. Hierfür spricht, dass in der Klageschrift vom 15.03.2011 nur die Bescheide vom 13.12.2010 und 12.01.2011 explizit genannt wurden. 

Mangels Vorlage einer Klagebegründung oder der Benennung des angegriffenen Leistungszeitraums war für die Beteiligten jedoch nicht erkennbar, ob der Bescheid vom 22.02.2011 ebenfalls angegriffen werden sollte. Da der letztgenannte Bescheid offenbar nicht an den Prozessbevollmächtigten, sondern an die Widerspruchsführer selbst gerichtet war, ist auch unklar, ob er dem Prozessbevollmächtigten bei Klageerhebung im Verfahren S 22 AS 2620/11 vorlag. Sofern der Prozessbevollmächtigte insoweit weiterhin von einer vorläufigen Bewilligung ausgegangen wäre, wäre eine derartige Beschränkung der Klage auf die Leistungszeiträume, für die eine endgültige Bewilligung vorlag, nachvollziehbar.

Der Widerspruchsbescheid vom 11.05.2011 (Widerspruchverfahren W 1662/11) ist aber schon deshalb nicht Gegenstand des Klageverfahrens S 22 AS 2620/11, weil er keinen der in diesem Verfahren streitgegenständlichen Bescheide abgeändert oder ersetzt i.S. § 96 SGG haben kann, weil  gerade keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen wurde. Demzufolge ist auch das Kostengrundanerkenntnis in diesem Widerspruchsverfahren nicht Gegenstand des Klageverfahrens S 22 AS 2620/11 geworden.

Die Gegenansicht der Beklagten, dass damit auch die Kostenentscheidung hinfällig geworden sei, beruft sich auf die Auffassung des BSG  („Schließt sich an ein Vorverfahren ein gerichtliches Verfahren an, erledigt sich die Kostengrundentscheidung des angefochtenen Widerspruchsbescheids“ .-  Leitsatz vom BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 50/15 R –, SozR 4-1300 § 63 Nr 25). Dies  gilt zwar  für den mit dem Widerspruch angefochtenen Änderungsbescheid. In dem vom BSG entschiedenen Fall wurde der mit der Klage angegriffene Bescheid auch durch den Widerspruchsbescheid abgeändert, der eine Teilabhilfe enthielt. Hier wurde aber der mit Klage angegriffene Bescheid durch den o.g. Widerspruchsbescheid gerade nicht abgeändert, sondern der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Die Kammer ist der Auffassung, dass die in dem Leitsatz des BSG zum Ausdruck kommenden Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung gerade keine Anwendung finden.  Absatz 1 des § 96 SGG erfordert, dass das anhängige Klageverfahren einen Verwaltungsakt (auch als Allgemeinverfügung  - § 31 Satz 2 SGB X) zum Gegenstand (§ 95 SGG) hat, da nur in diesem Fall der „angefochtene Verwaltungsakt“ durch einen neuen „abgeändert oder ersetzt“ werden kann.

(Vgl. zu der ähnlichen Problematik, inwieweit Verfahren aufgrund § 44 SGB X gemäß § 96 SGG Gegenstand eines Klageverfahrens werden, auch Schifferdecker, NZS 2018, 27-28, Kritische Anmerkung zu dem Urteil des BSG vom 13.7.2017 - B 4 AS 12/16 R).

Die Gebührenforderung des Prozessbevollmächtigten ist überhöht. Bei der Gebührenfestetzung ist von 1/3 der Mittelgebühr auszugehen.

Rechtsgrundlage der Geschäftsgebühr ist Nr. 2400 VV-RVG i. V. m. § 14 RVG in der seinerzeit geltenden Fassung.

Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG fällt in sozialrechtlichen Angelegenheiten an, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs 1 S. 1 RVG). Gemäß Nr. 2400 VV-RVG umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40,00 € bis 520,00 €. Eine Gebühr von mehr als 240,00 € kann aber nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sogenannte Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des sich jeweils aus dem Vergütungsverzeichnis ergebenden Gebührenrahmens angeht, entspricht  die Mittelgebühr einem angemessenen Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden. Die Literatur und ihr folgend die Rechtsprechung gesteht dem Rechtsanwalt darüber hinaus einen Spielraum von 20 % (Toleranzgrenze) zu, der von dem Dritten wie auch von den Gerichten zu beachten ist. Ist die Gebühr  -wie hier- von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 S. 4 RVG). Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind objektive Kriterien. Zu diesen treten die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als subjektive Kriterien hinzu. Darüber hinaus ist nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG bei Verfahren, auf die Betragsrahmengebühren anzuwenden sind, ein besonderes Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift („vor allem") nicht abschließend, so dass weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris).

Die so genannte Schwellengebühr hat die so genannte Mittelgebühr nicht ersetzt. Deren Einführung hat zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind. Für die Nr. 2400 VV-RVG ergibt sich eine Mittelgebühr in Höhe eines Betrages von 280,00 € (40,00 € + 520,00 €, dividiert durch 2).

Die Mittelgebühr ist in Fällen zu Grunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt. Diese Vorgehensweise trägt Vereinfachungs- und Zweckmäßigkeitsgründen sowie dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art 3 Abs. 1 GG Rechnung, gleich liegende Fälle gleich und unterschiedliche Fälle entsprechend ihren Unterschieden ungleich zu behandeln. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, auch unter Geltung des RVG weiterhin jedenfalls im Grundsatz, jedoch nunmehr unter Beachtung der zusätzlich durch die Schwellengebühr gezogenen Grenze, so zu verfahren und in einem ersten Schritt von der Mittelgebühr auszugehen. Die Regelung der Nr. 2400 VV-RVG, dass eine höhere Gebühr als 240,00 € (Schwellengebühr) nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war, macht die Mittelgebühr damit nicht hinfällig. Sie führt auch nicht etwa dazu, dass nunmehr der Durchschnittsfall bei der Schwellengebühr anzusiedeln ist. Mit der Einschränkung ist vielmehr gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit über dem Durchschnitt liegen müssen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen. Eine gesonderte Bedeutung kommt dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus (vgl. schon Bundessozialgericht, Urteil vom 29. März 2007, - B 9a SB 4/06 R sowie Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, jeweils zitiert nach juris).

Die konkreten Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen nach Auffassung der Kammer eine Festsetzung der Betragsrahmengebühr durch den Bevollmächtigten der Kläger in Höhe von  1/ 3 der Mittelgebühr.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist  insgesamt als deutlich unterdurchschnittlich einzuschätzen. Hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste. Bezugspunkt der anwaltlichen Tätigkeit ist das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Hier wurde lediglich der Widerspruch erhoben, eine nähere Begründung erfolgte nicht.

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit erscheint allenfalls durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Damit ist auf der einen Seite unerheblich, ob der Rechtsanwalt wegen geringer Berufserfahrung Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Aufgabe hat. Andererseits spielt es keine Rolle, dass der Anwalt z. B. auf Grund vertiefter Fachkenntnisse oder Erfahrung das Mandat leichter als andere Rechtsanwälte bewältigen kann. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit etwa dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten; diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen. Beispielhaft lassen sich für überdurchschnittliche tatsächliche Schwierigkeiten nennen: der Umgang mit einem problematischen Mandanten, sprachliche oder akustische Verständigungsprobleme, die eingehende Auseinandersetzung mit medizinischen oder anderen Fachgutachten oder eine umfangreiche Beweiswürdigung. Eine über dem Durchschnitt liegende tatsächliche Schwierigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass der Rechtsanwalt nicht nur die Verhältnisse des Mandanten, sondern - wie typischerweise im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende - auch diejenigen weiterer Personen zu berücksichtigen hat (vgl. etwa § 9 Abs. 2 SGB II), dieser Umstand aber – anders als hier – nicht die Voraussetzungen der Nr. 1008 VV-RVG erfüllt. Hinsichtlich der Einordnung, ob die rechtliche Schwierigkeit durchschnittlich, über- oder unterdurchschnittlich ist, ist es im Übrigen nicht angebracht, nach einzelnen Rechtsgebieten zu differenzieren. Von einer lediglich durchschnittlich schwierigen anwaltlichen Tätigkeit ist dann nicht mehr auszugehen, wenn der zu bearbeitende Fall unter Berücksichtigung des aufgezeigten Maßstabs von einem Normal- bzw. Routinefall abweicht; und zwar bezogen auf jedes Rechtsgebiet (z. B. Sozialrecht), nicht aber jedes Teilrechtsgebiet (z. B. Sozialhilferecht). Damit ist gewährleistet, dass in Rechtsgebieten, die gemeinhin nur deshalb als schwierig empfunden werden, weil kein Fall dem anderen gleicht, überwiegend eine überdurchschnittliche Schwierigkeit angenommen werden kann. Der Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts ist danach etwa die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur. In einer Anfechtungssituation wäre dies die vergleichbare Begründung, warum die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage, auf die sich der Leistungsträger stützt, nicht vorliegen. Dass eine Teilrechtsmaterie einer sehr dynamischen Entwicklung unterliegt, besagt dann für sich aber noch nicht, dass die rechtliche Schwierigkeit überdurchschnittlich ist. Auch das Tätigwerden in einem „neuen Teilrechtsgebiet", mithin die Anwendung von Normen kurz nach ihrem Inkrafttreten, genügt für sich allein nicht, eine mehr als durchschnittliche rechtliche Schwierigkeit anzunehmen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris). Es ist hier kein Umstand ersichtlich, der die anwaltliche Tätigkeit in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht als schwierig erscheinen ließe.

Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger ist leicht unterdurchschnittlich. Bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit ist auf das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit, d. h. auf die Interessen des Auftraggebers, insbesondere die Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen.  Dieser Einschätzung liegt der Umstand zugrunde, dass streitgegenständlich lediglich die vorläufige Leistungsgewährung für einen Monat war.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind deutlich unterdurchschnittlich: Sie orientieren sich an dem Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung. Bessere wirtschaftliche Verhältnisse rechtfertigen demgemäß eine höhere Vergütung, eine schlechtere Einkommens- und Vermögenssituation des Auftraggebers bedingt eine geringere Vergütung.

Schließlich vermag die Kammer ein besonderes Haftungsrisiko, das allenfalls die Gebühr erhöhen könnte, und sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, nicht zu erkennen.

Bei der vorzunehmenden wertenden Gesamtbetrachtung ist daher nach Auffassung der Kammer eine Gebührenbemessung in Höhe von  1/3 der Mittelgebühr zzgl. Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG um 60 % (3 Kläger) i.H.v. insgesamt 149,33 € angemessen.

Hinzu kommen schließlich noch die zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitige Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG i. H.v. 20 € und die Umsatzsteuer i.H.v 19 % nach Nr. 7008 VV-RVG i. V. m. § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), weshalb sich der Gesamtbetrag von 201,50 € ergibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und richtet sich nach dem Umfang des Obsiegens. Dabei wurde berücksichtigt, dass sowohl streitig war, ob Kosten zu erstatten sind als auch deren Höhe.  

 

Rechtskraft
Aus
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