L 2 AS 1410/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AS 4974/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 1410/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 1410/19
Datum
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.07.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitgegenständlich ist die endgültige Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) nach zunächst vorläufiger Bewilligung für das erste Halbjahr 2012 sowie die Höhe der sich hieraus ergebenden Erstattungsbeträge.

Die am 00.00.1965 geborene Klägerin und der am 00.00.1965 geborene Kläger leben in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c iVm Abs. 3a Nr. 1 SGB II. Sie beziehen seit Jahren aufstockend zu anzurechnendem Einkommen aus zwei selbständigen Tätigkeiten im Bereich Messedienstleistungen (Dienstleistungen im Messe- und Ausstellungsbau, die seit dem 01.05.2006 bzw. 21.05.2007 ausgeübt werden) Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Für die unter der Anschrift U-Straße in M bewohnte, 98 qm große Wohnung fielen monatlich 515,00 Euro Grundmiete, 150,00 Euro Nebenkosten und 60,50 Euro Heizkostenabschlag an. Nach eigenen Angaben nutzte die Klägerin die Wohnung mit einem Anteil von 3 qm, der Kläger mit einem Anteil von 5 qm für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit.

Am 27.11.2011 hatten sie die Weiterbewilligung von Leistungen ab Januar 2012 beantragt. Aus den dem Antrag beigefügten Anlagen EKS (Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit) waren prognostisch bei der Klägerin Betriebseinnahmen in Höhe von 2.668,57 Euro bei zu erwartenden Ausgaben in Höhe von 2.386,41 Euro, mithin ein voraussichtlicher Gewinn in Höhe von 282,57 Euro hervorgegangen. Der Kläger hatte bei Betriebseinnahmen in Höhe von 2.668,57 Euro im Verhältnis zu voraussichtlichen Ausgaben in Höhe von 2.536,45 Euro einen voraussichtlichen Gewinn in Höhe von 132,12 Euro erwartet. Mit Schreiben vom 8.12.2011 hatte der Beklagte die Kläger erneut aufgefordert, die Kosten der Unterkunft für die für 2 Personen viel zu teure und große Wohnung zu senken, wobei ohnehin die Teile der Wohnung, die gewerblich genutzt würden, nicht bei den Kosten der Unterkunft, sondern als Betriebsausgabe zu berücksichtigen seien; es seien weiterhin nur die angemessenen Kosten der Unterkunft – wie auch schon zuvor – in Höhe von 512,77 Euro zuzüglich 31,65 Euro Kosten der Heizung zu berücksichtigen. Außerdem waren die Kläger wiederum erneut über angemessene Heizkosten/angemessenes Heizverhalten belehrt worden, und zwar zuletzt mit Schreiben vom 19.11.2011.

Im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nicht feststehenden Einkommen aus selbständigen Tätigkeiten hatte der Beklagte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 08.12.2011 vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 30.06.2012 in Höhe von insgesamt 1.228,30 Euro monatlich bewilligt. Dem hatten folgende Bedarfe zugrundegelegen: Regelleistungen in Höhe von jeweils 337,00 Euro zuzüglich Mehrbedarfen für Warmwasserversorgung in Höhe von je 7,75 Euro, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von je 272,20 Euro (Klägerin) bzw. 272,22 Euro (Kläger). Unter Berücksichtigung der teilweisen betrieblichen Nutzung der Wohnung und der Angemessenheitsgrenzen ergäben sich berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft in Höhe von 487,01 Euro (380,38 Euro Kaltmiete, 106,63 Euro Nebenkosten) und Kosten der Heizung in Höhe von 57,41 Euro. Als Einkommen aus selbständigen Tätigkeiten hatte der Beklagte bei der Klägerin monatlich 107,03 Euro, bereinigt in Höhe von 5,63 Euro monatlich, ausgehend von notwendigen voraussichtlichen Ausgaben in Höhe von lediglich 2.026,41 Euro, berücksichtigt, bei dem Kläger – anrechnungsfrei bleibendes – Einkommen in Höhe von 82,02 Euro, ausgehend von Ausgaben in Höhe von 2.176,45 Euro. Bei den betrieblichen Ausgaben war der Beklagte von Raumkosten in Höhe von 35,09 Euro monatlich ausgegangen. Erläuternd hatte der Beklagte in dem Bescheid u. a. mitgeteilt:

„Bei folgenden Punkten bin ich von Ihrer Einschätzung abgewichen: Siehe Bescheidanlage. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass diverse Betriebsausgaben (s. Anlage) nur unter dem Vorbehalt der Nachweisbarkeit in dieser vorläufigen Entscheidung akzeptiert werden. … Eine abschließende Entscheidung ist erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum feststehen. … Sie erhalten erneut einen Bescheid, sobald über Ihren Antrag endgültig entschieden werden kann und Ihr Anspruch von dem hier bewilligten abweicht. Die bis dahin gezahlten Leistungen werden dabei berücksichtigt. Ich weise darauf hin, dass gegebenenfalls zuviel gezahlte Leistungen erstattet werden müssen.“

Bezüglich der geltend gemachten Kfz-Kosten hatte der Bescheid vom 08.12.2011 den weiteren Hinweis enthalten: „Um ein betriebliches Fahrzeug handelt es sich nur, wenn das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Der Nachweis erfolgt über ein Fahrtenbuch, das das Datum, den Kilometerstand, das Ziel der Fahrt, den Zweck der Fahrt und die gefahrenen Kilometer ausweist.“

Am 17.07.2012 hatten die Kläger die abschließenden Angaben einschließlich entsprechender Belege zu den im ersten Halbjahr 2012 erzielten Einnahmen und angefallenen Ausgaben aus den selbständigen Tätigkeiten eingereicht. Daraus ergaben sich für die Klägerin Einnahmen in Höhe von 5.494,82 Euro, denen Ausgaben in Höhe von 9.500,16 Euro gegenüberstanden, sodass sich ein Verlust in Höhe von 4.005,34 Euro errechnete. Der Kläger hatte die Betriebseinnahmen mit 8.959,15 Euro, die Ausgaben mit 1.790,49 Euro angegeben, so dass ein Gewinn in Höhe von 7.168,66 Euro verblieben war.

Eine abschließende Festsetzung hatte der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 02.08.2012 vorgenommen. Danach hatten sich ein monatlicher Leistungsanspruch in Höhe von 199,65 Euro ergeben, von dem auf die Klägerin 99,82 Euro und auf den Kläger 99,83 Euro entfielen, sowie ein mit Bescheiden vom 02.08.2012 geltend gemachter Erstattungsbetrag in Höhe von 3.085,92 Euro gegenüber der Klägerin und 3.085,98 Euro gegenüber dem Kläger.

Den dagegen gerichteten Widerspruch der Kläger hatte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2012 als unbegründet zurückgewiesen. In den anschließend unter den Az. S 35 AS 3500/12 und S 35 AS 3502/12 bei dem Sozialgericht Düsseldorf (SG) geführten Klageverfahren, die dieses mit Beschluss vom 30.11.2011 unter dem Az. S 35 AS 3500/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte, hatten die Beteiligten im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 04.03.2013 einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Beklagte unter Berücksichtigung einer Rechnung in Höhe von 5.346,67 Euro als Betriebsausgabe bei dem Kläger statt bei der Klägerin sowie von je 5 qm der Wohnung als betrieblich genutzt zu einer Neubescheidung verpflichtet hatte.

Mit Bescheid vom 17.04.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 30.06.2012 nunmehr monatlich 806,78 Euro, wobei auf die Klägerin 403,38 Euro und auf den Kläger 403,40 Euro entfielen. Dabei errechnete der Beklagte einen Gewinn in Höhe von monatlich 314,30 Euro bei der Klägerin, in Höhe von 447,98 Euro bei dem Kläger, die bereinigt zu Anrechnungsbeträgen in Höhe von 171,44 Euro bzw. 278,38 Euro führten. Für die Klägerin reduzierte der Beklagte (rechnerisch fehlerhaft) den Erstattungsbetrag auf 1.196,52 Euro, für den Kläger (rechnerisch richtig) auf 1.332,60 Euro.

Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrem am 15.05.2015 eingelegten Widerspruch. Sie forderten u. a. die volle Berücksichtigung der geltend gemachten betrieblichen Kfz-Kosten sowie einer Ausgabe in Höhe von 787,88 Euro, die der Beklagte als Kosten eines Urlaubs nicht als betriebliche Ausgabe anerkannt hatte. Mit Widerspruchsbescheiden vom 30.11.2016 wies der Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Wegen des fehlenden Nachweises der überwiegenden betrieblichen Nutzung des Kfz könnten höhere Ausgaben nicht anerkannt werden.

Mit den dagegen am 30.12.2016 zum SG erhobenen Klagen, die das SG mit Beschluss vom 10.04.2017 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, haben die Kläger ihr Begehren, weitere Ausgaben als betrieblich notwendig anzuerkennen, weiterverfolgt, die Klägerin zunächst in Höhe von insgesamt 1.522,42 Euro, der Kläger in Höhe von 1.593,73 Euro, nach einem Hinweisschreiben des SG vom 06.02.2019 in Höhe von 1.275,10 Euro bzw. 1.279,70 Euro. Die Annahme des Beklagten, sie hätten möglicherweise höhere Einnahmen als angegeben erzielt, treffe nicht zu. Die Zuflüsse im ersten Halbjahr 2012 auf ein Konto „B Sparcard“ in Höhe von 13.850,00 Euro gingen auf Betriebseinnahmen in Höhe von 5.494,82 Euro und 8.959,15 Euro zurück.

Nach Erteilung eines Änderungsbescheides vom 17.04.2019, mit dem der Beklagte auch dem Kläger gegenüber die Erstattungsforderung auf 199,42 Euro monatlich entsprechend 1.196,52 Euro für den Halbjahreszeitraum reduziert hat – der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen –, haben die Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Erstattungsbescheide vom 17.04.2015 und unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 17.04.2015, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2016, der Erstattungsbescheid vom 17.04.2015 gegenüber dem Kläger außerdem in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 08.07.2019, zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum Januar bis Juni 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe des Bewilligungsbescheides vom 08.12.2011 endgültig zu bewilligen, nämlich monatlich insgesamt 614,16 Euro für den Kläger und monatlich insgesamt 614,14 Euro für die Klägerin und dementsprechend die Erstattungsansprüche auf Null zu setzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass die Kläger keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte vorgetragen hätten.

Mit Urteil vom 08.07.2019 hat das SG die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es bestehe kein höherer Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II als mit Bescheid vom 17.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2016 abschließend zuerkannt worden sei. Unter Berücksichtigung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 08.07.2019 seien auch die Erstattungsforderungen zutreffend berechnet worden.

Der Beklagte habe im Hinblick auf das bei der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung vom 08.12.2011 nur prognostisch anzusetzende Einkommen aus zwei selbständigen Tätigkeiten zutreffend lediglich vorläufig gem. § 40 Abs. 2 SGB II in der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung (alte Fassung – aF) iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 und 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bewilligt mit der Folge, dass der Beklagte der abschließenden Festsetzung mit Bescheid vom 02.08.2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.09.2012, des Bescheides vom 17.04.2015, der Widerspruchsbescheide vom 30.11.2016 und des Bescheides vom 17.04.2019 ebenfalls zutreffend die Ermächtigungsgrundlage des § 40 Abs. 2 SGB II aF iVm § 328 SGB II zugrunde gelegt habe. Die Höhe der insoweit abschließend festgesetzten Leistungen sei nicht zu beanstanden. Der monatliche Bedarf – die Kläger hätten insoweit keinerlei Bedenken vorgetragen – sei zutreffend ermittelt worden. Neben Regelleistungen in Höhe von 337,00 Euro und einem Mehrbedarf für Warmwassererzeugung in Höhe von 7,75 Euro seien zu Recht insgesamt 567,10 Euro für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung angesetzt worden. Der Beklagte habe zu Recht eine geschätzte Fläche von je 5 qm für die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit, insgesamt also 10/98 abgezogen, da die Fläche insoweit nicht dem Wohnen gedient habe. Entsprechend den Angemessenheitsrichtlinien für M seien für einen 2-Personen-Haushalt lediglich angemessene 512,77 Euro als Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden. Dagegen bestünden keine Bedenken. Zum einen hätten die Kläger dies nicht angegriffen, zum anderen könne im Hinblick auf den lediglich geringfügig höheren Wert der entsprechenden Wohngeldtabelle (514,80 Euro) dahinstehen, ob das von dem Beklagten angewandte Konzept für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen schlüssig sei. Den Betrag für die Kosten der Heizung habe der Beklagte zu Recht anteilig unter Berücksichtigung von nur 88 qm statt 98 qm, orientiert an den tatsächlichen Kosten, mit 54,33 Euro angesetzt.

Ebenfalls in nicht zu beanstandender Höhe habe der Beklagte Einkommen aus den beiden selbständigen Tätigkeiten der Kläger bedarfsmindernd berücksichtigt. Ausgehend von den Angaben des Klägers seien Einnahmen in Höhe von insgesamt 8.959,15 Euro zugrunde gelegt worden. Abgezogen worden seien zu Recht folgende Ausgaben: Wareneinkäufe (266,56 Euro und 5.346,67 Euro), anteilige Raumkosten in Höhe von 222,12 Euro (6 x 37,02 Euro), betrieblicher Strom in Höhe von 36,90 Euro (6 x 6,15 Euro), Reisekosten in Höhe von 258,00 Euro und (pauschalierte) Telefonkosten in Höhe von 141,03 Euro. Es sei damit zu Recht ein Gesamtgewinn in Höhe von 2.687,87 Euro (entsprechend 447,98 Euro monatlich) für das erste Halbjahr verblieben, aus dem der Beklagte zutreffend – abzüglich der Freibeträge von 100,00 Euro und 69,90 Euro, insgesamt 169,60 Euro) – den monatlichen Anrechnungsbetrag in Höhe von 278,38 Euro ermittelt habe. Bei der Klägerin ergäben sich Einnahmen in Höhe von 5.494,82 Euro abzüglich Wareneinkäufen in Höhe von 3.350,00 Euro, anteilige Raumkosten von 222,12 Euro und betriebliche Stromkosten in Höhe von 36,90 Euro, so dass der Gewinn bei 1.885,80 Euro (monatlich 314,30 Euro) liege und das bereinigte Einkommen (abzüglich 100,00 Euro und 42,86 Euro Freibeträgen) bei monatlich 171,44 Euro. Auf jede Person der Bedarfsgemeinschaft entfiele damit monatliches Einkommen in Höhe von 224,91 Euro (hälftiger Anteil von 278,38 Euro + 141,44 Euro).

Auf dieser Basis habe der Beklagte ebenfalls zu Recht die Höhe der zu leistenden Erstattungen (pro Person und Monat 222,10 Euro, insgesamt je Person 1.332,60 Euro) ermittelt, den der Beklagte – wohl aufgrund eines Rechenfehlers – gegenüber der Klägerin auf 6 x 199,42 Euro, also 1.196,52 Euro verringert und dies mit Änderungsbescheid vom 17.04.2019 auf den Kläger übertragen habe. Wegen des Verböserungsverbotes verbleibe es bei der Begünstigung. Jedenfalls aber ergebe sich zu Gunsten der Kläger kein noch geringerer Erstattungsbetrag.

Soweit die Beteiligten bezüglich einzelner Ausgabepositionen unterschiedliche Positionen verträten, sei durchgehend der Auffassung des Beklagten zu folgen:

Höhere Kosten für die betriebliche Kfz-Nutzung – dies betreffe auch den ADAC-Mitglieds­beitrag – seien bei beiden Klägern nicht anzusetzen. Dem stehe die Regelung des § 3 Abs. 7 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) entgegen; denn die Kläger hätten keine überwiegend betriebliche Nutzung des Kfz nachgewiesen. Sie hätten trotz der Hinweise des Beklagten auch schon in früheren Bescheiden kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt. Es seien daher lediglich 0,10 Euro je betrieblich zurückgelegtem Kilometer anzusetzen gewesen.

Bei den Ausgaben in Höhe von 89,43 Euro bei dem Kläger für die betriebliche Abfallentsorgung fehle es wegen der Beschreibung als „gemischte Siedlungsabfälle/Hausmüll, privat und gewerblich“ an einer eindeutigen Zuordnung zu dem Betrieb.

Höhere Stromkosten seien ebenfalls nicht zu berücksichtigen gewesen. Mangels Messung des Stromverbrauchs für private und gewerbliche Zwecke komme nur eine Schätzung gem. § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) in Betracht. Insoweit sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte – mangels anderweitiger Erkenntnisse – die privat und betrieblich genutzte Wohnfläche als Maßstab zugrunde gelegt habe.

Da die Klägerin kein gesondertes Betriebskonto geführt habe, seien auch die Kontoführungsgebühren für das privat und betrieblich genutzte Girokonto (72,37 Euro) nicht abzugsfähig gewesen.

Für die bei der Klägerin aufgeführten „sonstigen Betriebsausgaben“ fehlten Belege, so dass keine Berücksichtigung in Betracht komme.

Entgegen der Berechnung des Beklagten sei anteilig (bis auf die Süßwaren) eine Rechnung über Büromaterial in Höhe von 47,92 Euro als Ausgabe absetzbar. Der sich ergebende Betrag, aufgeteilt auf 6 Monate und 2 Personen, sei jedoch so gering, dass er in der wegen des Rechenfehlers verminderten Erstattungsforderung aufgehe.

Gegen das ihnen am 22.07.2019 zugestellte Urteil haben die Kläger jeweils am 19.08.2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung tragen sie vor, seit Jahren gebe es Streitigkeiten mit dem Beklagten bezüglich der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens aus den selbständigen Tätigkeiten; in manchen Jahren würden Ausgabepositionen anerkannt, in anderen Jahren wiederum nicht. Dies sei nicht verlässlich und nicht nachvollziehbar. So müssten die geltend gemachten Kfz-Kosten vollständig anerkannt werden. Es seien Excel-Listen geführt worden über die jeweils gewerblich zurückgelegten Strecken und die Anlässe. Zusammen mit den Tankquittungen ergäben dies nachvollziehbare Angaben. Ein Fahrtenbuch, wie von dem Beklagten gefordert, sei entbehrlich. Bei den Stromkosten entfielen von der Jahresrechnung für 2012 in Höhe von 1.650,36 Euro für zwölf Monate allein 804,92 Euro auf sog. Nebenkosten, die unabhängig vom Verbrauch anfielen. Allein auf den Anteil der privat und betrieblich genutzten Wohnungsgröße als Maßstab für die Schätzung abzustellen, sei nicht sachgerecht. Es seien alle geltend gemachten Ausgaben anzuerkennen mit der Folge, dass keine Erstattungsforderung bestehe.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.07.2019 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Erstattungsbescheide vom 17.04.2015 und unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 17.04.2015, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2016, der Erstattungsbescheid vom 17.04.2015 gegenüber dem Kläger außerdem in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 08.07.2019, zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum Januar bis Juni 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe des Bewilligungsbescheides vom 08.12.2011 endgültig zu bewilligen, nämlich monatlich insgesamt 614,16 Euro für den Kläger und monatlich insgesamt 614,14 Euro für die Klägerin und dementsprechend die Erstattungsansprüche auf Null zu setzen.

Der Beklagte beantragt schriftlich schriftsätzlich,

die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.07.2019 zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich der Beklagte auf die aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Ergänzend weist er darauf hin, dass sich auch aus einer Anerkennung einzelner Ausgabepositionen in der Vergangenheit keine Bindungswirkung für den vorliegenden Bewilligungsabschnitt ergebe. Bezüglich der Notwendigkeit des Führens eines Fahrtenbuches als zwingende Voraussetzung für die Anerkennung der überwiegenden betrieblichen Kfz-Nutzung sei eine detaillierte Aufklärung der Kläger bereits mit vorläufigem Bescheid vom 08.12.2011 erfolgt, aber auch schon für frühere Bewilligungsabschnitte. Die vorgelegte Tabelle erfülle die Anforderungen an eine solche Aufstellung nicht. Die ADAC-Mitgliedschaft sei kostenmäßig nicht zu berücksichtigen gewesen, da es sich nach dem Vertragsinhalt um eine ausschließlich private gehandelt habe.

Mit Richterbriefen vom 26.02.2021, den Klägern zugestellt per Postzustellungsurkunde am 06.03.2021, hat der Senat die Beteiligten nach ausführlicher Erläuterung der Sach- und Rechtslage darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückzuweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte, insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.03.2021 eingeräumt und nach Rückäußerung der Kläger mitgeteilt, dass der Senat an der Absicht, nach § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden, festhalte (Richterbrief vom 26.04.2021).

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Prozessakte und der zahlreichen Vorprozessakten (SG Düsseldorf, S 35 AS 3500/12, S 19 AS 4724/14, S 19 AS 2420/15, S 19 AS 3800/15, S 19 AS 755/16, S 19 AS 4975/16, S 19 AS 449/18) Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

 

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch zurückweisenden Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält; eine Entscheidung des SG gem. § 109 SGG liegt nicht vor. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Das SG hatte den Klägern bereits ausführlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2019 erläutert, warum keine für sie günstigere Entscheidung getroffen werden könne.

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil vom 08.07.2019 zu Recht die Klagen abgewiesen. Die Kläger sind durch die Entscheidungen des Beklagten – Erstattungsbescheide vom 17.04.2015, Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 17.04.2015, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2016, der Erstattungsbescheid vom 17.04.2015 gegenüber dem Kläger außerdem in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 08.07.2019 – nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 SGG beschwert, denn die angefochtenen Verwaltungsakte des Beklagten sind rechtmäßig. Nach Abschluss des Bewilligungsabschnitts – erstes Halbjahr 2012 –, für das zunächst zutreffend nur vorläufig Leistungen bewilligt wurden, hat der Beklagte die Leistungen in zutreffender Höhe abschließend festgesetzt und den Erstattungsbetrag jedenfalls nicht zu hoch – zu Gunsten der Kläger aufgrund eines Rechenfehlers sogar zu niedrig – beziffert.

Wegen der Begründung nimmt der Senat zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des SG vom 08.07.2019 Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt, vgl. § 153 Abs. 2 SGG. Ergänzend weist der Senat lediglich auf Folgendes hin:

Ob die Kläger im Hinblick darauf, dass sie sich durchgehend lediglich gegen die fehlende Berücksichtigung einzelner Ausgabeposition im Rahmen der Erzielung von Einkommen durch ihre beiden selbständigen Tätigkeit gewandt haben, eine wirksame Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Regelleistungen und die Mehrbedarfe sowie die darauf anzurechnenden Einkommen (vgl. insoweit BSG, Urt. vom 04.06.2014 – B 14 AS 42/13 R –, Rn. 10 bei juris) vorgenommen haben, kann dahinstehen. Jedenfalls hat der Senat keine Bedenken, dem SG auch bzgl. der Höhe des für die Kosten der Unterkunft und Heizung anzusetzenden Bedarfe, reduziert um die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeiten genutzten Teile der Wohnung (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 119/10 R –, Rn. 36 bei juris) zu folgen.

Vollkommen zutreffend hat das SG auch bzgl. der Anrechnung der Einkommen aus selbständiger Tätigkeit entschieden.

Soweit die Kläger behaupten, in der Vergangenheit seien bestimmte Ausgabepositionen von dem Beklagten anerkannt worden, die im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr oder in geringerer Höhe berücksichtigt würden, ist dies rechtlich ohne Belang. Der Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entsteht für jeden Bewilligungsabschnitt neu, ohne dass in irgendeiner Weise Vertrauensschutz aufgebaut würde, dass die Beurteilung rechtlicher Zusammenhänge durch den Beklagten unverändert bliebe. Zu einer solchen Entscheidung mit Bindungswirkung für die Zukunft wäre der Beklagte wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen gar nicht berechtigt (BSG, Urt. vom 26.05.2011 – B 14 AS 146/10 R – Rn. 15 bei juris). Ohnehin besteht kein Vertrauensschutz, wenn frühere Entscheidungen die Kläger in rechtswidriger Weise begünstigt haben sollten. Ein solcher Vertrauensschutz besteht nicht einmal im Verhältnis zwischen einer vorläufig bewilligten Leistung für einen Bewilligungsabschnitt und der späteren abschließenden Festsetzung der Leistungshöhe (BSG, Urt. vom 11.07.2019 – B 14 AS 44/18 R – Rn. 33 bei juris; BSG, Urt. vom 22.08.2013 – B 14 AS 1/13 R – Rn. 15 bei juris).

Die Berücksichtigung weiterer Kosten im Zusammenhang mit behaupteten gewerblich bedingten Fahrten mit dem Kfz hat das SG ebenfalls zutreffend abgelehnt. Der Beklagte hatte bereits lange vor Beginn des streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitts darauf hingewiesen, dass Fahrtkosten im Hinblick auf die gem. § 3 Abs. 7 ALG II-V notwendige Zuordnung zu zwei selbständigen Tätigkeiten bzw. Privatfahrten für alle gewerblich bedingten Fahrten nur in Betracht komme, wenn die Kläger ordnungsgemäß ein Fahrtenbuch führen, in dem sämtliche, private wie gewerblich bedingte Fahrten datumsmäßig mit jeweiligem Beginn und Ende des km-Standes des Kfz und dem Zweck der Fahrt bei gewerblich bedingten Fahrten festzuhalten sind. Diesen Anforderungen entsprechen die von den Klägern vorgelegten Tabellen nicht, enthalten sie doch keinerlei Angaben zu den getätigten Privatfahrten. Ob das Kfz überwiegend gewerblich wurde, lässt sich mangels Vortrages zu den privat bedingten Fahrten anhand der gefertigten Tabellen nicht entscheiden. Ebenfalls vollkommen zu Recht hat das SG folgerichtig die Berücksichtigung der ADAC-Mitgliedschaft, der Kosten des Betankens, der Kfz-Versicherung und der Kfz-Steuern als betrieblich notwendige Ausgaben abgelehnt.

Die Kosten des Stromverbrauchs für die gewerbliche Tätigkeit im Verhältnis zum Verbrauch für private Zwecke haben die Kläger nicht über geeignete Messvorrichtungen ermittelt. Zu Recht hat das SG daher unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung eine Schätzung gem.  § 202 SGG iVm § 287 ZPO vorgenommen. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass das SG eine zutreffende Schätzungsgrundlage gewählt hat.

Eine Berücksichtigung der Kontoführungsgebühren scheitert, wie das SG zutreffend festgestellt hat, an dem Umstand, dass kein Betriebskonto oder zwei Betriebskonten geführt wurde/n.

Schließlich sieht der Senat mit dem SG keine Möglichkeit der Berücksichtigung der geltend gemachten Übernachtungskosten, bei denen der ausschließlichen Bezug zu den selbständigen Tätigkeiten, insbesondere für zwei Personen mit unterschiedlichen selbständigen Tätigkeiten, weil es am Nachweis der betrieblichen Veranlassung fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass für die Zulassung der Revision hat nicht bestanden, § 160 Abs. 2 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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