S 8 AS 1003/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 1003/19
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid

 

I. Die Klage wird abgewiesen.


II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstattet.


T a t b e s t a n d :

Strittig ist ein Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019.

Am 23.04.2018 beantragte der 1954 geborene Kläger zu 1. beim Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für sich und seine 1979 geborene Ehefrau (Klägerin zu 2.) sowie für die gemeinsamen zwei minderjährigen Kinder, geboren 2008 (Klägerin zu 3.) und geboren 2016 (Kläger zu 4.). Der Kläger zu 1. begründete den Antrag auf SGB-II-Leistungen wie folgt: Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld I sei zum 13.08.2017 ausgelaufen. Weder er noch die Klägerin. zu 2. verfügten über Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es werde Kindergeld (jeweils 194,- Euro) sowie Betreuungsgeld (monatlich 150,- Euro) gezahlt. Es seien Stromschulden in Höhe von 360,- Euro aufgelaufen. In den letzten Monaten habe der Kläger zu 1. Geld von der Familie und von Freunden geliehen, auch für April in Höhe von ca. 1.200,- Euro. Das Girokonto bei der S. Bank sei mit einem Betrag von ca. 2.500,- Euro im Soll. Der Beklagte forderte weitere Unterlagen zur Klärung des Leistungsanspruches an. Der Kläger zu 1. teilte hierzu unter anderem mit, dass das Girokonto gekündigt worden sei. Das Betreuungsgeld wurde laut Bescheid der Familienkasse vom 09.05.2017 bis 11.02.2019 bewilligt. Der Beklagte wies den Kläger zu 1. mit Schreiben vom 07.05.2018 darauf hin, dass nach Aktenlage noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld I für 142 Tage bestehe, dies sei vorrangig gegenüber den Leistungen nach dem SGB II. Mit weiterem Schreiben vom 07.05.2018 forderte der Beklagte wiederholt Unterlagen beim Kläger zu 1. an. Nachdem der Beklagte die Mitteilung über die Mietkosten in Höhe von monatlich 670,88 Euro erhalten hatte, bewilligte er den Klägern mit (hier nicht streitgegenständlichem) Bescheid vom 18.05.2018 Leistungen für den Zeitraum 01.04.2018 bis 30.09.2018 vorläufig in Höhe von monatlich 1.446,87 Euro. Die Vorläufigkeit beruhte auf der Vorrangigkeit einer Beantragung von Arbeitslosengeld I.

Der Kläger zu 1. teilte in der Folge dem Beklagten mehrfach mit, beim Arbeitsamt bzgl. des Arbeitslosengeldes I vorgesprochen zu haben, dort aber weggeschickt worden zu sein. Ihm sei auch gesagt worden, der Beklagte habe sich verrechnet. Zudem habe er Schulden.

Auf Weiterbewilligungsantrag vom 15.08.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern mit hier ebenfalls nicht streitgegenständlichem Bescheid vom 20.08.2018 Leistungen für den Zeitraum 01.10.2018 bis 30.09.2019 in Höhe von monatlich 1.446,87 Euro bzw. (ab 01.01.2019) 1.566,88 Euro. Die Bewilligung erfolgte auf Grundlage monatlicher Unterkunftskosten in Höhe von 670,88 Euro und Anrechnung des Kindergelds in Höhe von gesamt 388,- Euro sowie bis einschließlich 28.02.2019 des Betreuungsgeldes in Höhe von 120,- Euro. Mit Schreiben ebenfalls vom 20.08.2018 forderte der Beklagte den Bf. zu 1. auf, bei der Agentur für Arbeit das vorrangige Arbeitslosengeld I zu beantragen.

Mit ebenfalls nicht streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 30.08.2018 wurde unter Beibehaltung der Höhe der bewilligten Leistungen die Auszahlung der Leistungen in Höhe von monatlich 74,- Euro ab 01.10.2018 an die Stadtwerke verfügt.

Mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS) vom 28.08.2018 wurde für den Kläger zu 4. bayerisches Familiengeld in Höhe von monatlich 250,- Euro vom 12.09.2018 bis 11.02.2019 bewilligt und zugleich die Bewilligung von Betreuungsgeld zum 12.09.2018 aufgehoben.

Mit ebenfalls hier nicht streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 11.10.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 20.08.2018 und 30.08.2018 ab 01.11.2018 Leistungen in Höhe von 1.346,88 Euro. Hierbei rechnete er anstelle des Betreuungsgeldes das Familiengeld in Höhe von monatlich 220,- Euro an.

Mit ebenfalls hier nicht streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 25.10.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 20.08.2018, 30.08.2018 und 11.10.2018 für Dezember 2018 Leistungen in Höhe von 1.270,56 Euro. Der Beklagte rechnete in diesem Monat ein Betriebskostenguthaben von 76,34 Euro an.

Mit ebenfalls hier nicht streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 24.11.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern unter Aufhebung der bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheide für den Zeitraum 01.01.2019 bis 30.09.2019 Leistungen in Höhe von monatlich 1.373,87 Euro. Grund war die Erhöhung der Leistungen für den Regelbedarf zum 01.01.2019.

Mit hier streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 29.11.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 20.08.2018, 30.08.2018, 11.10.2018 und 24.11.2018 vom 01.01.2019 bis 31.05.2019 Leistungen in Höhe von monatlich 745,33 Euro. Dem Kläger zu 1. sei mit Bescheid vom 02.11.2018 Krankengeld bewilligt worden, welches in Höhe von 3.951,36 Euro rückwirkend bis einschließlich 31.03.2018 gewährt worden sei. Laut Rücksprache mit der Krankenkasse sei dieser Betrag am 27.11.2018 an den Kläger zu 1. ausbezahlt worden. Durch die Anrechnung des Betrages würden sich die Leistungen um monatlich 658,56 Euro verringern. Mit Schreiben vom 29.11.2018 forderte der Beklagte den Kläger zu 1. zusätzlich auf, in Bezug auf die erfolgte Nachzahlung von Krankengeld Auskunft über den Zeitpunkt des Zuflusses des Nachzahlbetrags durch Vorlage der Kontoauszüge für November bis Dezember 2018 zu erteilen. Am 29.11.2018 wies der Beklagte den Kläger zu 1. telefonisch darauf hin, dass wegen der Krankengeldnachzahlung von 3.951,36 Euro und der nachfolgenden Absenkung der Leistungsbewilligung zur Sparsamkeit geraten werde. Der Kläger zu 1. erwiderte, dass dies wegen der Rückzahlung von Schulden nicht möglich sei. Der Kläger zu 1. wandte sich mit Schreiben vom 29.11.2018 gegen die Anrechnung der Nachzahlung, was der Beklagte als Widerspruch gegen den hier streitgegenständlichen Änderungsbescheid vom 29.11.2018 für die Zeit von Januar bis Mai 2019 auslegte. Der Kläger zu 1. begründete den Widerspruch dahingehend, dass er versprochen habe, bei Nachzahlung des Krankengeldes Schulden zurückzuzahlen. Die Nachzahlung stamme aus einem Anspruch aus vergangener Zeit.

Die Agentur für Arbeit hatte dem Kläger zu 1. mit Änderungsbescheid vom 11.10.2018 rückwirkend für den Zeitraum 12.09.2017 bis 24.12.2017 Arbeitslosengeld I in Höhe von täglich 41,16 Euro, gesamt 4.239,48 Euro, bewilligt. Der Beklagte hörte den Kläger zu 1. mit Schreiben vom 30.11.2018 zu einer (hier nicht weiter streitgegenständlichen) möglichen Überzahlung der Leistungen für den Zeitraum 01.11.2018 bis 31.12.2018 in Höhe von gesamt 471,14 Euro wegen der Nachzahlung des Arbeitslosengelds I an. An die Klägerin zu 2. erging die Anhörung unter Einbeziehung der Kläger zu 3. und zu 4.. Die Überzahlung betrage bei der Klägerin zu 2. 471,14 Euro, bei der Bf. zu 3. 230,24 Euro und beim Bf. zu 4. 180,63 Euro. Mit Änderungsbescheid vom 30.11.2018 bewilligte der Beklagte den Klägern unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 20.08.2018, 30.08.2018, 11.10.2018, 24.11.2018 und 29.11.2018 vom 01.01.2019 bis 30.04.2019 Leistungen in Höhe von monatlich 38,74 Euro. Es sei die Nachzahlung des Arbeitslosengelds I in Höhe von gesamt 4.239,48 Euro monatlich in Höhe von 706,58 Euro als Einkommen anzurechnen.
Mit Schreiben vom 30.11.2018 forderte der Beklagte den Kläger zu 1. auf, bei der Agentur für Arbeit das vorrangige Arbeitslosengeld I (Restanspruch nach den vorliegenden Unterlagen 39 Tage) zu beantragen.

Zu den Anhörungen vom 30.11.2018 bzgl. einer Überzahlung wegen Nachzahlung von Arbeitslosengeld I erwiderten der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2., dass die Nachzahlung aus Ansprüchen vergangener Zeiträume stamme. Ferner hätten sie im Falle der Anrechnung nicht genug Mittel zur Verfügung, weil die Nachzahlung zur Schuldentilgung verwendet worden sei.

Mit Schreiben vom 27.12.2018 mahnte der Beklagte die Beantragung des Arbeitslosengelds I sowie die Vorlage vollständiger Kontoauszüge für November und Dezember 2018 an. Am 07.01.2019 legte der Kläger zu 1. beim Beklagten eine Kopie einer Anfrage zum Arbeitslosengeld I bei der Agentur vom 03.12.2018 sowie eine Umsatzanzeige vom 01.11.2018 bis 31.12.2018 vor. Die angerechnete Krankengeld-Nachzahlung ist darin nicht enthalten.

Im Januar 2019 meldete sich der Kläger zu 1. mehrfach beim Beklagten. Die Kläger hätten für Januar noch keine Leistungen erhalten, sie hätten Schwierigkeiten. Der Beklagte mahnte beim Kläger zu 1. am 05.02.2019 erneut den Nachweis zur Antragstellung von Arbeitslosengeld I und zum Eingang der Krankengeldnachzahlung an. Am 11.02.2019 teilte der Kläger zu 1. mit, dass die Nachzahlung des Krankengeldes zur Schuldentilgung unmittelbar an einen seiner Darlehensgeber erfolgt sei. Ein vom Beklagten angebotenes Darlehen zur Überbrückung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens lehnte der Kläger zu 1. zunächst ab. Am 13.02.2019 beantragte der Kläger zu 1. dann aber doch ein Darlehen beim Beklagten.

Am 25.02.2019 mahnte der Beklagte erneut die Bestätigung über die Antragstellung des Arbeitslosengelds I an. Im Antwortformular gab der Kläger zu 1. am 28.02.2019 an, bei der Agentur die Auskunft erhalten zu haben, dass er keinen Restanspruch auf Arbeitslosengeld I von 39 Tagen habe.

Mit Änderungsbescheid vom 01.03.2019 bewilligte der Beklagte den Klägern unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 20.08.2018, 30.08.2018, 11.10.2018 und 29.11.2018 für die Zeit vom 01.05.2019 bis 30.06.2019 Leistungen in Höhe von monatlich 730,32 Euro. Die Anrechnung des Krankengeldes sei von 658,56 Euro auf monatlich 673,56 Euro zu erhöhen, weil an Stelle von 3.951,36 Euro ein Betrag von 4.041,36 Euro ausbezahlt worden sei. Zudem sei die Anrechnung wegen des Zeitpunktes des Zuflusses auf den 30.06.2019 auszudehnen. Dagegen legte der Kläger zu 1. am 25.03.2019 Widerspruch ein.

Mit weiterem Bescheid (hier nicht streitgegenständlich) ebenfalls vom 01.03.2019 gewährte der Beklagte dem Kläger zu 1. auf den Antrag vom 13.02.2019 hin ein Darlehen zur Überbrückung der Monate Februar und März 2019 von einmalig gesamt 2.670,26 Euro (monatlich 1.335,13 Euro) unter Aufrechnung ab 01.07.2019 in Höhe von monatlich 76,40 Euro. Das Darlehen werde wegen vorzeitigem Verbrauch von Einkommen aus Krankengeld und Arbeitslosengeld I gewährt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2019 (W 3271/18) wies der Beklagte den Widerspruch vom 29.11.2018 (eingegangen am 30.11.2018) gegen den Änderungsbescheid vom 29.11.2019 (Zeitraum Januar bis Mai 2019) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.11.2019 wegen Anrechnung von Krankengeld und ALG I auf die SGB-II-Leistungen als unbegründet zurück. Krankengeldnachzahlung und ALG I-Nachzahlung seien jeweils zugeflossen. Sie seien jeweils auf sechs Monate verteilt anzurechnen. Dass die Kläger die Nachzahlungen von ALG I und Krankengeld nicht zur Deckung des Lebensbedarfs in diesen Monaten verwendet habe, sondern die Nachzahlungen vorzeitig zur Schuldentilgung verbraucht habe, könne allenfalls dazu führen, dass wenn die Kläger einen Antrag auf Darlehen beim SGB-II-Träger stelle, SGB-II-Leistungen darlehensweise gewährt werden könnten. Die Schuldentilgung würde aber nicht dazu führen, dass keine auf sechs Monate verteilte Anrechnung auf die SGB-II-Leistungen als Zuschuss erfolge. Den weiteren Änderungsbescheid vom 01.03.2019, mit dem die Höhe der Krankengeldanrechnung für Mai 2019 leicht erhöht wurde (sowie auch für den hier nicht streitgegenständlichen Juni 2019 eine Anrechnung des Krankengeldes wegen des Zuflusses auf dem Konto von B.K. erst am 17.12.2018, s.u.), ließ der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 17.04.2019 unberücksichtigt.  

Mit Schreiben vom 29.04.2019 teilte der Kläger zu 1. dem Beklagten mit, sich am 29.04.2019 beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet zu haben. Deshalb sollten für Mai 2019 keine Leistungen überwiesen werden: "Nur wenn was Restlich Leistungen gibt's, dass kanen Sie überwiesen. Wenn ich vom Arbeitsamt A-Stadt mit alles Leistungen ende geht's, denn melde ich nochmal bei Jobcenter." Mit E-Mail vom 03.05.2019 teilte die Klägerin zu 2. dem Beklagten mit, am 07.05.2019 nicht zu einem Termin kommen zu können, zu dem sie eingeladen worden war. Ihr Mann habe am 29.04.2019 die Abmeldung mitgeteilt; ein Kommen sei nicht mehr nötig. Am 06.05.2019 teilte die Klägerin zu 2. auf Nachfrage mit, dass ihr Mann die Abmeldung an der Theke abgegeben habe und die Leistungen für Mai zurücküberwiesen habe. Mit Schreiben vom 09.05.2019 fragte der Beklagte beim Kläger zu 1. nach. Das Schreiben vom 29.04.2019 sei nicht eindeutig, es werde nachgefragt, ob / ab wann auf Leistungen nach dem SGB II verzichtet werden solle. Es werde darauf hingewiesen, dass ein möglicher Verzicht auf die Leistungen ggf. auch eine Abmeldung bei der Krankenkasse beinhalte. Am 10.05.2019 teilte der Beklagte zu 1. - "nochmal" - mit, wegen der Meldung beim Arbeitsamt sich beim Jobcenter abgemeldet zu haben. Er habe auch die Leistungen für Mai 2019 zurücküberwiesen.

Am 13.05.2019 wies der Beklagte den Kläger zu 1. telefonisch darauf hin, dass die Bedarfsgemeinschaft nach den Berechnungen des Beklagten hilfebedürftig sei. Der Beklagte bat den Kläger zu 1., sich den Verzicht zu überlegen und seine Entscheidung nochmals eindeutig schriftlich zu verfassen. Mit Schreiben vom 14.05.2019 (Eingang 15.05.2019) bat der Kläger zu 1. den Beklagten - nochmal -, zum 29.04.2019 "Abmeldungen zu machen". Mit Bescheid vom 15.05.2019 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II gegenüber den Klägern für die Zeit ab 01.05.2019 ganz auf. Mit Schreiben vom 03.05.2019, 06.05.2019, 09.05.2019, 10.05.2019 und 15.05.2019 des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. sei auf Leistungen verzichtet worden. Die Leistungen für Mai seien bereits zurückgezahlt worden.
 
Am 17.05.2019 teilte die Agentur für Arbeit dem Beklagten mit, dass der Antrag des Klägers zu 1. auf Arbeitslosengeld I vom 29.04.2019 habe abgelehnt werden müssen.

Mit Änderungsbescheid vom 12.06.2019 bewilligte der Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 20.08.2018, 30.08.2018, 11.10.2018, 29.11.2018 und 30.11.2018 den Klägern für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 Leistungen in Höhe von monatlich 258,75 Euro und für April 2019 einen Betrag von 243,73 Euro. Die Erhöhung ergebe sich aus der Anrechnungsfreiheit des Familiengeldes.

Mit Schreiben vom 18.06.2019 an das Sozialgericht München trug der Kläger zu 1. im jetzigen Klageverfahren S 8 AS 1003/19 vor, kein Einkommen mehr zu haben. Der Beklagte habe nicht die gesamten Leistungen bezahlt. Es seien immer mehr Kürzungen vorgenommen worden, zuletzt seien nur 38,- Euro gezahlt worden. Die Anrechnung der Nachzahlungen von Krankengeld und Arbeitslosengeld I sei nicht richtig, er habe Schulden zurückgezahlt. Er bitte um schnelle Hilfe. Das Sozialgericht München hat dies als Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz gewertet und ein entsprechendes Verfahren eröffnet (S 8 AS 1438/19 ER).
Der Kläger zu 1. trug im Eilverfahren im Wesentlichen vor, die Nachzahlungen aus Krankengeld und Arbeitslosengeld I zur Schuldentilgung verwendet zu haben. Er habe auf Aufforderung des Beklagten erneut Arbeitslosengeld I beantragt. Dies sei abgelehnt worden. Die Familie habe nun keine ausreichenden Mittel mehr.
Der Beklagte nahm im Eilverfahren auf die mehrfachen Verzichtserklärungen Bezug. Widerspruch sei gegen den Aufhebungsbescheid vom 15.05.2019 für die Zeit ab 01.05.2019 nicht eingelegt worden.
Mit Beschluss vom 19.07.2019 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Zur Begründung führte das Sozialgericht München aus, das Begehren der Kläger sei auslegungsbedürftig. Zum einen werde die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Kläger vom 30.04.2019 gegen den Änderungsbescheid vom 29.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2018 und 01.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2019 begehrt. Da keine greifbaren Hinweise für die Rechtswidrigkeit dieser Bescheide bestünden, sei dieser Antrag abzulehnen. Sowohl die Nachzahlung von Krankengeld als auch die von Arbeitslosengeld I sei nach den gesetzlichen Bestimmungen anzurechnen. Die Verwendung der Nachzahlung zur Schuldentilgung sei hierfür unbeachtlich. Ein vorzeitiger Verbrauch könne nur durch die Gewährung eines Darlehens berücksichtigt werden, was vorliegend für die Monate Februar und März 2019 auch erfolgt sei. Für Mai 2019 hätten die Kläger ausdrücklich auf Leistungen verzichtet. Besondere Gründe, die zu einem überwiegenden Aussetzungsinteresse der Kläger führen würden, wie z.B. Mietschulden, seien vorliegend nicht glaubhaft. Zum anderen sei das weitere Begehren auf Erhalt von Leistungen ab 01.05.2019 einerseits als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Bescheid vom 15.05.2019 auszulegen. Dieser Antrag sei mangels Einlegung eines Rechtsbehelfes gegen den Bescheid ohne Erfolg, der Bescheid vom 15.05.2019 sei bestandskräftig geworden. Andererseits sei das Begehren, ab 01.05.2019 Leistungen zu erhalten, als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auszulegen. Auch dieser Antrag sei abzulehnen, weil kein wirksamer Bewilligungsbescheid den Klägern entsprechende Leistungen gewähre und weil die Kläger ihren Verzicht auf Leistungen nicht widerrufen hätten. Das Sozialgericht München wies im Beschluss vom 19.07.2019 ausdrücklich auf die Möglichkeit eines für die Zukunft wirkenden Widerrufs des Verzichts hin.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts München legten die Kläger mit Schreiben vom 23.07.2019 (Eingang 01.08.2019) Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) ein (Az. L 15 AS 525/19 B ER). Zur Begründung wiederholten sie im Wesentlichen die vor dem SG vorgebrachten Gründe. Leistungen in Höhe von nur 38,- Euro seien zu gering. Das Arbeitsamt A-Stadt habe Fehler gemacht. Der Kläger zu 1. habe die Leistungen für Mai 2019 schon zurückbezahlt. Zu gewähren seien 1.438,- Euro monatlich.

Am 20.08.2019 fand vor dem BayLSG ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Der Kläger zu 1. erklärte in diesem Termin, er habe mit der Verzichtserklärung erneute Doppelleistungen von Arbeitslosendgeld I und Arbeitslosengeld II vermeiden wollen, damit er nicht wieder Rückzahlungen leisten müsse. Die Kläger hätten aber weiterhin insgesamt existenzsichernde Leistungen erhalten wollen. Die Klägerin zu 2. sei auch krank gewesen und habe deshalb gemeint, nicht zum Beklagten kommen zu müssen.
Der Beklagte hob daraufhin die Aufhebung der Leistungen ab 01.05.2019 auf und erklärte, die Nachzahlungen auf Grundlage der Bescheide vom 01.03.2019 und 24.11.2018 (ab Juli 2019 bis September 2019) veranlasst zu haben. Des weiteren bewilligte der Beklagte mit zwei Änderungsbescheiden vom 22.08.2019 den Klägern (jeweils höhere) Leistungen für Mai 2019 in Höhe von 950,32 Euro (hier streitgegenständlich) sowie für September 2019 von 1.457,24 Euro (hier nicht streitgegenständlich).
Der Kläger zu 1. trug auf Anfrage des BayLSG bzgl. einer Erledigterklärung mit Schreiben vom 31.08.2019 vor, keinen Bescheid für die (hier nicht streitgegenständlichen) Monate Juni bis August 2019 erhalten zu haben. Im (hier streitgegenständlichen) Mai 2019 werde weiterhin unzutreffend ein Einkommen von 673,56 Euro angerechnet und es werde nur ein geringerer Betrag als bewilligt zur Nachzahlung ausgewiesen. Hierzu erwiderte der Beklagte unter Vorlage weiterer Änderungs- und Darlehensbescheide. Eine Rückzahlung der Leistungen für Mai 2019 durch die Kläger sei (noch) nicht verbucht worden; im September 2019 seien Aufrechnungen aus Darlehensbescheiden vom 28.09.2018 (218,40 Euro) und 01.03.2019 (76,40 Euro) erfolgt.
Mit Änderungsbescheid vom 03.09.2019 bewilligte der Beklagte den Klägern für den (hier nicht streitgegenständlichen) Zeitraum 01.06.2019 bis 31.08.2019 Leistungen in Höhe von 950,32 Euro (Juni) bzw. 1.573,88 Euro (Juli, August). Der Kläger zu 1. trat mit Schreiben vom 12.09.2019 dem Vortrag des Beklagten (im Beschwerdeverfahren vor dem BayLSG) entgegen. Er habe weder die Leistungen für Mai (hier streitgegenständlich) noch die für Juni bis August 2019 (hier nicht streitgegenständlich) erhalten. Er verstehe nicht, welcher Bescheid nun der richtige sei. Der Kläger zu 1. trug auf erneute Darlegung der Bescheidslage und Anfrage einer Erledigterklärung durch das BayLSG mit Schreiben vom 04.10.2019 vor, ab Oktober 2019 (hier nicht streitgegenständlich) sei der Bewilligungsbescheid noch nicht da.

Mit Beschluss vom 09.10.2019 (Az. L 15 AS 525/19 B ER) wies das BayLSG die Beschwerde im Eilverfahren gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19.07.2019 (S 8 AS 1438/19) zurück. Entgegen der Auffassung des sei zwar der Aufhebungsbescheid vom 15.05.2019 (Aufhebung ab 01.05.2019) sowie auch die spätere Aufhebung dieser Aufhebung ebenso wie weitere mittlerweile ergangene Bescheide vom 12.06.2019 und 22.08.2019, die den Zeitraum bis einschließlich 31.05.2019 beträfen, Gegenstand nicht nur des Eilverfahrens, sondern für den Monat Mai 2019 auch Gegenstand der Hauptsacheklage S 8 AS 1003/19. Keine begründeten Zweifel bestünden aber hinsichtlich der Höhe der Anrechnungen. Die Zeit ab 01.06.2019 sei zwar Gegenstand des Eilverfahrens (S 8 AS 1438/19 ER = L 15 AS 525/19 B ER), nicht aber der Klage S 8 AS 1003/19. Die Klage S 8 AS 1003/19 richte sich allein gegen den Änderungsbescheid vom 29.11.2019 (in der Fassung aller die Zeit vom 01.01.2019 bis 31.05.2019 betreffenden Aufhebungs- und Änderungsbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2019) und betreffe somit allein den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019

B. bestätigte mit Schreiben vom 16.07.2019, dass der Kläger zu 1. von B. geliehenes Geld per Bank Überweisung in Höhe von 4.041,36 Euro sowie weitere 450 Euro in bar zurückgezahlt habe. Laut Kontoauszug, der laut handschriftlichem Vermerk zu einem Konto von B. gehört, war von der Barmer Ersatzkasse am 17.12.2019 ein Betrag von 4.041,36 Euro (Krankengeld für den Kläger zu 1.) direkt auf das Konto von B. bei der S1.Bank mit der IBAN ausgezahlt worden. Laut ebenfalls beigelegter Umsatzanzeige über ein Konto von B. bei der S1. Bank ohne Angabe einer Kto.-Nr. oder IBAN hatte B. an die Vermieterin der Kläger jeweils 675 Euro Miete am 24.01.2018 und am 21.02.2018 sowie einmalig 670 Euro am 16.04.018 überwiesen (insgesamt also 2.020 Euro).

Bereits am 30.04.2019 haben die Kläger Hauptsacheklage zum Sozialgericht München erhoben gegen den Bescheid vom 29.11.2018 in der Fassung der bis zur Klageerhebung bereits ergangenen weiteren Änderungsbescheide vom 30.11.2018 und 01.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2019. Zur Begründung tragen die Kläger vor, das (hier nicht streitbeteiligte) Arbeitsamt habe ab August 2017 das Arbeitslosengeld I zunächst nicht ausbezahlt. Deshalb habe die Bedarfsgemeinschaft Schulden machen müssen bei Privatleuten und bei Banken, um Miete, Strom und die Lebenshaltungskosten zu begleichen. Die Bank habe dann das Konto gekündigt. Als dann die Nachzahlung des ALG I gekommen sei, habe man davon die Schulden beglichen. Auch das Krankengeld habe der Beklagte angerechnet. Monatlich habe man nur 38 Euro ausbezahlt bekommen. Es sei unmöglich, davon Miete, Strom und Lebenshaltungskosten zu bezahlen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Die Anrechnung der Nachzahlungen von Krankengeld und Arbeitslosengeld I seien falsch, denn man habe davon doch Schulden beglichen. Da das Schulden gegenüber Privatpersonen gewesen seien, habe man nicht die Möglichkeit von Ratenzahlungen gehabt. Der Beklagte habe Darlehen angeboten, das habe man aber nicht gewollt, denn die Anrechnung der Nachzahlungen auf die (Zuschuss-)SGB-II-Leistungen sei doch fälschlich erfolgt. Außerdem seien die Nachzahlungen von Krankengeld und ALG I doch für Zeiträume erfolgt, die in der Vergangenheit lägen. Man verweise auch auf Hinweise im Internet zum Thema Privatinsolvenz. Als Anlage reichte die klägerische Seite Fotos einer Webseite zum Thema Privatinsolvenz ein, nach der Hartz-IV-Antragstellern geraten wird, Schulden abzubauen, bevor sie Hartz-IV beantragen, da ein Schuldenabbau während des SGB-II-Bezugs realistisch nicht mehr möglich sei.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
            
den Beklagten unter insoweitiger Abänderung des Bewilligungsänderungsbescheids vom 29.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2018, 01.03.2019, 15.05.2019, 12.06.2019 und 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2019 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.05.2019 höhere SGB-II-Leistungen als bisher zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

            die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Mit Schreiben vom 17.04.2020 hat die Kammer die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheids angehört.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren S 8 AS 1438/19 ER sowie auf die beigezogene Behördenakte verwiesen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung konnte im Wege des Gerichtsbescheides erfolgen, da gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Ein Gerichtsbescheid kann nur dann nicht ergehen, wenn es sich um einen Fall überdurchschnittlicher Schwierigkeit handelt (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 6). Das ist nach Überzeugung der Kammer vorliegend nicht der Fall.
Insbesondere ist weder der Sachverhalt besonders schwer zu übersehen noch sind die wirtschaftlichen, sozialen, medizinischen oder technischen Hintergründe des Falles nicht leicht abzuschätzen (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 6a). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass es nicht von vornherein von Bedeutung ist, ob ein Fall erheblichen Arbeitsaufwand bedeutet (ebd.). Der Sachverhalt ist vorliegend geklärt. Wesentlich ist dabei, dass im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) nicht entscheidungserhebliche tatsächliche Umstände offen bleiben (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 7). Die Klärung kann daher auch aufgrund von Beweisaufnahme zustande kommen (ebd.). Dies ist vorliegend geschehen.
Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen nicht vor. Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen dann vor, wenn der Fall komplizierte Rechtsfragen aufwirft, die höchstrichterlich noch nicht entscheiden sind (Schmidt in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer / Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 6b). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Frage der Anrechnung von Nachzahlungen auf SGB-II-Leistungen ist rechtlich weder kompliziert, noch höchstrichterlich ungeklärt.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 17.04.2020 ordnungsgemäß zum Erlass eines Gerichtsbescheids gehört.

Klagegegenstand ist der Bewilligungsänderungsbescheid vom 29.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2018, 01.03.2019, 15.05.2019, 12.06.2019 und 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2019, jeweils, soweit sie den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 umfassen, denn nur dieser Zeitraum war vom mit Widerspruch und später der Klage S 8 AS 1003/19 angegriffenen Änderungsbescheid vom 29.11.2019 umfasst, sodass nach § 86 und § 96 SGG die weiteren Änderungsbescheide, die während des Widerspruchs- und Klageverfahrens ergingen, nur insoweit Gegenstand der zunächst des Widerspruchs und dann der Klage S 8 AS 1003/19 werden konnten, als sie den ursprünglich angegriffenen Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 betrafen. Auf die entsprechenden Ausführungen auch im Beschluss des BayLSG vom 09.10.2019 (L 15 AS 525/19 B ER) wird verwiesen.

Die frist- und formgerecht (§§ 87, 92 SGG) eingelegte Klage gegen den Änderungsbescheid vom 29.11.2018 für die Zeit vom 01.01.2019 bis 31.05.2019 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2019, 01.03.2019, 15.05.2019, 12.06.2019 und 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2019 ist in der Form der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 ist die Bewilligung zwar aufgrund einer geringfügig zu niedrig angesetzten Anrechnung von Krankengeld zwar rechtswidrig, jedoch ist dies eine Rechtswidrigkeit zugunsten der Kläger, sodass sie nicht in ihren Rechten verletzt sind. Für die Zeit vom 01.04.2019 bis zum 31.05.2019 ist die Bewilligung hingegen rechtmäßig.

Den Klägern sind für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 nach vorliegender Bescheidslage folgende SGB-II-Leistungen bewilligt worden:

-  01.01.2019 bis 31.03.2019 monatlich 258,75 Euro (maßgeblich: Änderungsbescheid vom 12.06.2019: Bedarf 1.981,88 Euro; Anrechnung von ALG I i.H.v. 706,58 Euro, Krankengeld von 658,56 Euro und Kindergeld in Höhe von 388,00 Euro; Bereinigung um 30,00 Euro Versicherungspauschale; keine Anrechnung von bayerischem Familiengeld),
-  01.04.2019 bis 30.04.2019: 243,73 Euro (maßgeblich: Änderungsbescheid vom 12.06.2019: Bedarf 1.981,88 Euro; Anrechnung von ALG I i.H.v. 706,58 Euro, Krankengeld von 673,56 Euro und Kindergeld von 388,00 Euro; Bereinigung um 30,00 Euro Versicherungspauschale; keine Anrechnung von bayerischem Familiengeld) und
- 01.05.2019 bis 31.05.2019: 950,32 Euro (maßgeblich: Änderungsbescheid vom 22.08.2019; Bedarf 1.981,88 Euro; keine Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung, Anrechnung von Krankengeld von 673,56 Euro und Kindergeld von 388,00 Euro; Bereinigung um 30,00 Euro Versicherungspauschale; keine Anrechnung von bayerischem Familiengeld)

1. Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019

Für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 31.03.2019 ist die Bewilligung lediglich geringfügig zugunsten der Kläger rechtswidrig, sodass eine Rechtsverletzung der Kläger ausscheidet.

Die Antragsteller sind im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann, § 9 Abs. 1 SGB II.

Vorliegend liegt ausgehend von einer Grundmiete von 442,88 Euro, Heizkosten von 99,00 Euro, Nebenkosten von 129,99 Euro (jeweils kopfteilig aufzuteilen) sowie Regelbedarfen von je 382 Euro (Kläger zu 1. und 2.) bzw. 302,00 Euro (Klägerin zu 3.) und 245 Euro (Kläger zu 4.) der Bedarf der Kläger bei je 549,72 Euro für die Kläger zu 1. und 2., bei 469,72 Euro für die Klägerin zu 3. und bei 412,72 Euro für den Kläger zu 4.. Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft beläuft sich somit auf 1.981,88 Euro monatlich.

Auf diese Bedarfe ist nach §§ 9, 11 SGB II das Einkommen der Kläger anzurechnen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen.

Bayerisches Familiengeld wurde entsprechend der rückwirkend auch bereits ab dem 01.01.2019 geltenden Anrechnungsfreiheit auf SGB-II-Leistungen im nunmehr maßgeblichen Bescheid vom 12.06.2019 für die Zeit vom 01.01.2019 bis 01.03.2019 nicht mehr angerechnet.

Zu Recht hat der Beklagte das Kindergeld in Höhe von monatlich 194 Euro jeweils bei den Klägern zu 3. und 4. Euro als Einkommen angerechnet. Denn nach § 11 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 4 SGB II ist das Kindergeld für der Bedarfsgemeinschaft angehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II, benötigt wird, als Einkommen des jeweiligen Kindes anzurechnen.

Zu Recht hat der Beklagte auch die Nachzahlung von Arbeitslosengeld I (in Höhe von insgesamt 4.239,48 Euro, Bescheid der Agentur für Arbeit vom 11.10.2018, Zufluss im Oktober 2018) verteilt auf sechs Monate beginnend ab dem Monat nach dem Zufluss (d.h. von November 2018 bis April 2019) und damit jedenfalls auch von Januar bis März 2019 in Höhe von monatlich 706,58 Euro angerechnet. Denn nach § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind zwar einmalige Einnahmen grundsätzlich in dem Monat anzurechnen, in dem sie zufließen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II sind jedoch einmalige Einnahmen bei der Anrechnung auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen, wenn der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in nur einem Monat den Leistungsanspruch entfallen ließe. Das ist hier der Fall, denn die ALG-I-Nachzahlung in Höhe von 4.239,48 Euro übersteigt den monatlichen Bedarf der Kläger um mehr als das Doppelte. Der Betrag von 4.239,48 Euro war daher durch 6 zu teilen (=706,58 Euro) und auf sechs Monate verteilt anzurechnen. Der Beginn der auf sechs Monate verteilten Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung vom Oktober 2018 war nach § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB II auf November 2018 anzusetzen. Denn nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II werden Einmalzahlungen in bzw. bei zu verteilenden Einmalzuflüssen (Satz 4) ab dem Folgemonat des Zuflusses berücksichtigt, sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen erbracht worden sind. Das ist hier der Fall, die SGB-II-Leistungen für Oktober 2018 waren bereits zu Monatsbeginn ausbezahlt worden. Die Anrechnung der auf sechs Monate verteilten ALG-I-Nachzahlung hatte damit in der Zeit von November 2018 bis April 2019 zu erfolgen.
Das Vorbringen der Kläger, es habe sich doch um eine ALG-I-Nachzahlung für einen zurückliegenden Zeitraum gehandelt, kann demgegenüber nicht durchgreifen. Denn nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II gelten als anzurechnende einmalige Einnahmen auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden.
Weiterhin kann auch das Vorbringen der Kläger, die ALG-I-Nachzahlung sei zur Begleichung von Schulden verwendet worden und habe der Bedarfsgemeinschaft damit gar nicht für die Sicherung des laufenden Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden, nicht durchgreifen. Denn als Zufluss im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt jeder Zufluss in Geld. Entscheidend für die Frage, ob ein Zufluss als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bedarfsmindernd anzurechnen ist, ist, ob ein tatsächlicher wertmäßiger Zuwachs im Sinne einer Mehrung des Gesamtvermögens nach Leistungsbeginn vorliegt. Abzustellen ist dabei auf den Moment des Zuflusses (Schmidt in: Eicher / Luik, SGB II, 4. Aufl., § 11 Rz. 21). Eine solche Vermögensmehrung ist vorliegend durch die Auszahlung der ALG-I-Nachzahlung erfolgt. Schulden ändern grundsätzlich nichts daran, dass tatsächlich zugeflossene Einnahmen (zunächst) auch bereitstehen. Sie ändern auch nichts an der Obliegenheit, während des SGB-II-Leistungsbezugs zufließende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und nicht zur Schuldentilgung zu verwenden (Schmidt in: Eicher / Luik, SGB II, 4. Aufl. Rz. 26).
Auch aus den von den Klägern vorgelegten Fotos der Internetseite zur Privatinsolvenz folgt im Übrigen nichts anderes: Dort wird gerade zu einer Schuldentilgung vor dem Bezug von SGB-II-Leistungen geraten, weil bis in die Zeit des SGB-II-Bezugs hinein weiter fortbestehende Schulden während des SGB-II-Bezugs gerade nicht gegengerechnet oder sonst berücksichtigt werden.   
Die Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung ist somit in den streitigen Bescheiden, die sie letztlich durch den Änderungsbescheid vom 12.06.2019 für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.03.2019 erhalten haben, korrekt erfolgt.

Die Anrechnung der Krankengeldnachzahlung in Höhe von 4.041,36 Euro ist zwar für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.03.2019 mit der Bewilligung in der Fassung des letztlich einschlägigen Änderungsbescheids vom 12.06.2019 nicht in rechnerisch richtiger Höhe erfolgt. Denn tatsächlich hätte sie in Höhe von 673,56 Euro monatlich erfolgen müssen und nicht nur in Höhe von 658,56 Euro (Differenz 15 Euro pro Monat). Dies ist allerdings eine Abweichung zugunsten der Kläger, denen somit insgesamt 45 Euro für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 zu viel bewilligt wurden.
Denn die am 17.12.2018 (auf dem Konto von B.K.) zugeflossene Zahlung von 4.041,36 Euro war nach den obigen Ausführungen zur sechsmonatigen Verteilung und zum Beginn der Anrechnung (§ 11 Abs. 3 SGB II) ab dem auf die Überweisung folgenden Monat Januar 2019 auf sechs Monate verteilt in Höhe von monatlich 673,56 Euro (4.041,36 Euro ./. 6) anzurechnen. Tatsächlich hat der Beklagte jedoch nur 658,56 Euro monatlich, also zugunsten der Kläger 15 Euro monatlich zu wenig angerechnet.
In Bezug auf die Krankengeldnachzahlung kann ebenfalls das Vorbringen der Kläger, es habe sich um eine Nachzahlung für einen vergangenen Zeitraum gehandelt, aufgrund der ausdrücklichen Regelung zur Anrechnung auch solcher Nachzahlungen in § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II nicht durchgreifen, s.o..
Ebenso kann auch der Umstand, dass diese 4.041,36 Euro direkt von der Barmer Ersatzkasse auf das Konto von B. überwiesen wurden, nicht zu einer Nichtanrechnung führen. Zwar sind grundsätzlich nur solche Mittel als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zu berücksichtigen, die zumindest im Moment des Zuflusses den SGB-II-Leistungsempfängern zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung standen (sogenannte "bereite Mittel"). Das könnte dafür sprechen, die Nachzahlung des Krankengeldes, die nicht auf ein Konto der Kläger erfolgte, nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II bedarfsmindernd anzurechnen. Jedoch ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts z.B. der vereinbarte Lohneinbehalt durch einen Arbeitsgeber zur Tilgung von Schulden eine bloße (unbeachtliche) Vermögensverwendung (BSG, Urteil vom 24.05.2017, B 14 AS 32/16 R). Nichts anderes kann für den hier vorliegenden Fall gelten, in dem ebenfalls Schulden (nicht bei einem Arbeitgeber, sondern einem privaten Dritten) bestehen und mit Zustimmung der Kläger eine Tilgung dieser Schuld durch direkte Auszahlung einer Krankengeldauszahlung an diesen Dritten erfolgt. Es handelt sich um eine bloße (in Bezug auf die Anrechnung als Einkommen nach § 11 SGB II) unbeachtliche Entscheidung der Kläger, die Krankengeldnachzahlung zur Krankengeldzahlung zur Schuldentilgung und nicht für den laufenden Lebensunterhalt zu verwenden. Für eine (wirksame) Abtretung (als Verfügungsgeschäft, nicht bloßes Verpflichtungsgeschäft durch Darlehen) des Anspruches des Klägers zu 1. gegen die Barmer Ersatzkasse an B.K. im Sinne eines Verfügungsgeschäfts, was unter bestimmten Voraussetzungen dazu führen könnte, dass die Auszahlung direkt an B.K. nicht als Einkommen der Kläger zu berücksichtigen wäre (vgl. Schmidt in: Eicher / Luik, SGB II, § 11, Rz. 26), bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte.   

Die Bereinigung des Einkommens um die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro nach § 11 b Abs. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld / Sozialgeld-Verordnung - ALG II-VO hat der Beklagte im Änderungsbescheid vom 12.06.2019 berücksichtigt.  

Die Bewilligung, wie sie letztlich mit Änderungsbescheid vom 12.06.2019 für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 unter Abänderung der zuvor für diesen Zeitraum erlassenen Bescheide erlassen wurde, ist damit zwar in Bezug auf die Höhe der Bewilligung geringfügig (in Höhe von 15 Euro monatlich) rechtswidrig, jedoch zugunsten der Kläger. Eine Rechtsverletzung der Kläger scheidet daher für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 aus.

 


2. Zeitraum 01.04.2019 bis 30.04.2019

Für den Zeitraum 01.04.2019 bis 30.04.2019 ist mit den streitgegenständlichen Bewilligungen in der Fassung, die sie durch den Änderungsbescheid vom 12.06.2019 erfahren haben, rechtmäßig eine Bewilligung in Höhe von 243,73 Euro erfolgt.

Insofern kann auf die Ausführungen für den Zeitraum Januar bis März 2019 (oben 1.) verwiesen werden; die Bewilligung für April 2019 fällt lediglich deshalb (zu Recht) um 15 Euro niedriger aus als für die Monate Januar bis März 2019, weil für den Monat April 2019 nunmehr der korrekte monatliche Anteil (1/6 x 4.041,36 Euro) an der Krankengeldnachzahlung angesetzt wurde.  

3. Zeitraum 01.05.2019 bis 31.05.2019

Für den Zeitraum 01.05.2019 bis 31.05.2019 ist mit den streitgegenständlichen Bewilligungen in der Fassung, die sie durch den Änderungsbescheid vom 22.08.2019 erfahren haben, ebenfalls rechtmäßig eine Bewilligung in Höhe von 950,32 Euro erfolgt. Insofern kann auf die Ausführungen oben unter 1. und 2. verwiesen werden. Zu der Bewilligungshöhe im April 2019 in Höhe von 243,73 Euro waren jedoch weitere 706,58 Euro dazuzurechnen, weil die auf sechs Monate verteilte Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung (zugeflossen im Monat Oktober 2018) mit dem Monat April 2019 endete. Daraus ergibt sich ein Anspruch in Höhe von 950,31 Euro (= 1 Cent weniger, als den Klägern bewilligt wurde, also eine minimale Abweichung zugunsten der Kläger) .  

4. Hinweis

Soweit die Kläger darauf verweisen, dass Ihnen die Bestreitung des Lebensunterhalts mit den aufgrund der auf sechs Monate verteilten Anrechnung der Nachzahlungen von Krankengeld und ALG I nicht möglich gewesen sei, da sie die Nachzahlungen ja schon für die Tilgung von Schulden verwendet hätten, so weist die Kammer auf folgendes hin: Bei einem solchen vorzeitigen Verbrauch von verteilt auf sechs Monate anzurechnendem Einkommen besteht gerade aufgrund der sich daraus ergebenden Schwierigkeiten, den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten, die Möglichkeit, vom Jobcenter ein Darlehen zu erhalten (§ 24 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Dies haben die Kläger jedoch trotz entsprechender Angebote des Beklagten für einen Großteil des hier streitgegenständlichen Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 mehrfach ausdrücklich abgelehnt; nur für die Monate Februar und März 2019 (Bescheid vom 01.03.2019) wurde daher ein entsprechendes Darlehen erteilt.

5. Ergebnis

Die SGB-II-Bewilligungen für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.05.2019 (Änderungsbescheid vom 29.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2018, 01.03.2019, 15.05.2019, 12.06.2019 und 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2019) sind daher rechtmäßig (Zeitraum 01.04.2019 bis 31.05.2019), bzw. soweit sie rechtswidrig sind (Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019), so wurden den Klägern geringfügig höhere SGB-II-Leistungen bewilligt, als ihnen rechtmäßig zustanden, so dass sie nicht in ihren Rechten verletzt sind.

Die Klage wird daher abgewiesen.

6. Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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