S 38 KA 201/20

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 201/20
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1.

Die in der Kooperationsvereinbarung in § 6 aufgezeigten Gründe für eine außerordentliche Kündigung sind nicht abschließend, wie sich aus dem Wortlaut insbesondere ergibt. So können einzelne schwere Verstöße gegen die NADO-KVB, zur außerordentlichen Kündigung der Kooperationsvereinbarung berechtigen (§ 17 Abs. 1 S. 3 NADO-KVB). Genauso gut kann eine Kumulation von weniger schweren Verstößen innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung darstellen.

2.

§ 626 Abs. 2 BGB ist auf die außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung nicht anzuwenden, da es sich um kein Dauerbeschäftigungsverhältnis handelt (vgl. SG Magdeburg, Urteil vom 29.09.2021, Az S 43 R 90/16).

3.

Der in § 18 der Satzung der KVB zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke, nämlich, dass Sachverhalte, die schon länger zurückliegen, nicht zuletzt aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mehr berücksichtigt werden können, ist auf die außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung zu übertragen.

4.

Ist in einem Kooperationsvertrag eine ordentliche Kündigung ohne Angabe von Gründen vertraglich für beide Vertragspartner vorgesehen, ist diese wirksam und steht einer zeitlichen Befristung des Kooperationsvertrages nicht entgegen.

 

I. Es wird festgestellt, dass die Kooperationsvereinbarung über die Teilnahme am Notdienst aufgrund der fristlosen Kündigung vom 09.09.2020 nicht aufgelöst wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


II. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

 

T a t b e s t a n d :

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist die von der Beklagten mit Schreiben vom 09.09.2020 ausgesprochene Kündigung. Gekündigt wurde die Kooperationsvereinbarung über die Teilnahme am Notarztdienst vom 19.06.2018 aus wichtigem Grund außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Beklagte zählte mehrere als abgeschlossen bezeichnete Beschwerdefälle (10) aus dem Jahr 2018 auf. Vorgeworfen wurde dem Kläger ein verspäteter Antritt zum Dienst, ein nicht angetretener Dienst, eine vorzeitige Beendigung des Dienstes und Probleme in der Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienstpersonal. Die Beklagte betonte, auf die Beschwerden und mögliche Konsequenzen sei der Kläger hingewiesen worden. Des Weiteren berief sich die Beklagte auf als aktuell bezeichnete Beschwerden. Es handelt sich um insgesamt vier Beschwerden aus dem Jahr 2019. Im Einzelnen wurde dem Kläger sein Verhalten bei einem Notarzteinsatz am 23.06.2019 vorgeworfen. Der Kläger habe Schwierigkeiten gehabt, einen Zugang zu legen. Er habe sich gegenüber dem Rettungsdienstpersonal, aber auch gegenüber den Patienten und Angehörigen aggressiv und ungehalten verhalten. Ferner wurde dem Kläger ein verspäteter Dienstantritt am 01.07.2019 vorgeworfen. Der Kläger habe seinen Dienst erst 1,5 Stunden später nach telefonischer Erinnerung angetreten. Außerdem bezog sich die Beklagte auf einen Vorfall am 11.10.2019. An diesem Tag fand eine Notfallverlegung eines Patienten vom Krankenhaus T. ans Klinikum W3. statt. Bei dem Patienten habe ein Verdacht auf Apoplex bestanden. Der Kläger habe beabsichtigt, dem Patienten Flumazenil zu verabreichen, was jedoch von der Rettungswagenbesatzung verhindert worden sei. Die Verabreichung von Solo Decortin, Furosemid und Bronchospasmin sei ohne weitere Untersuchung erfolgt. Ferner sei der Kläger am 04.11.2019 zu einer Notfallverlegung eines Patienten vom Krankenhaus T. zur HNO-Universitätsklinik R. angefordert worden. Er habe aber eine Patientenverlegung verweigert, sodass ein anderer Notarzt alarmiert werden musste, was zu Verzögerungen geführt habe.

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, § 17 Abs. 1 S. 3 der Notarztdienstordnung (NADO-KVB) sehe die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung vor, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Der Kläger habe gegen § 10 Abs. 1 und 7 NADO-KVB (Beschwerde Nr 1), gegen §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 2 NADO-KVB (Beschwerde Nr 2) verstoßen. Hinsichtlich des Geschehens am 11.10.2019 führte die Beklagte aus, eine sachgerechte Gabe von Medikamenten zähle zu den potentiell erforderlichen ärztlichen Maßnahmen im Rahmen der Behandlung von Notfallpatienten. Durch die Weigerung, den Patienten vom Krankenhaus T. nach R. zu verlegen (Vorfall am 04.11.2019) habe der Kläger gegen § 10 Abs. 1 NADO-KVB verstoßen. Das Procedere habe zu einer zeitlichen Verzögerung geführt. Die Verlegung sei auch aus fachlich-medizinischer Sicht indiziert gewesen.

Dagegen ließ der Kläger Klage zum Sozialgericht München einlegen. Er wies darauf hin, der Kläger habe mehrfach die Kooperationsvereinbarung mit unterschiedlichen Daten erhalten. Außerdem wurde darauf hingewiesen, die Vorwürfe reichten teils sehr lange Zeit zurück. Dies betreffe auch die Vorwürfe aus dem Jahr 2019. Der Kläger habe zu den Beschwerden mehrfach Stellung genommen, so am 15.09.2020 und am 25.11.2019. Der Prozessbevollmächtigte (Schriftsatz vom 09.02.2021) betonte, in den Jahren 2018 und 2019 sei es zu keinerlei Dienstverspätungen des Klägers gekommen. Außerdem müsse darauf hingewiesen werden, dass der Kläger sei erst kurz vor Dienstbeginn eingeteilt worden (17.10.2018) und der Notarztpiepser wiederholt (11./12.02.2018) defekt gewesen sei. Soweit dem Kläger vorgeworfen wurde, er habe an einem Tag Alkohol zu sich genommen, sei dies zu bestreiten. Der Kläger trinke weder privat, noch dienstlich Alkohol. Auch die Auskünfte von I. und M., die von der Beklagten zitiert würden, seien nicht richtig. Denn den Ausführungen von M. fehlten alle relevanten Behandlungsdaten. Die Gutachter gingen somit von falschen Voraussetzungen aus.

Die angeblichen Dienstverletzungen (gemeint sind offensichtlich die aus dem Jahr 2018) seien im Übrigen allesamt mit W4. von der KVB besprochen worden und als abgeschlossen anzusehen. Hinsichtlich des Vorfalls am 01.07.2019 - vorgeworfen wurde dem Kläger ein verspäteter Dienstantritt - führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, dieser habe an seiner Mutter unaufschiebbare Wiederbelebungsmaßnahmen vornehmen müssen, weshalb sich sein Dienstantritt verzögert habe. Er habe aber mit der Rettungsleitstelle diesbezüglich Kontakt aufgenommen.

Was den Notfalleinsatz am 11.10.2019 betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass der Patient multimorbide gewesen sei. Der Patient sei neurologisch genauer während der Fahrt untersucht worden. Er habe Sauerstoff erhalten, neurologisch und kardiopulmonal indiziert und sei präzise auskultiert worden. Soweit die Verabreichung von Flumazenil 0,3 mg beabsichtigt gewesen sei, sei dies nicht zu beanstanden. Denn das Medikament werde antagonisierend zur Diazepamprämedikation eingesetzt. Die Anwendung von Flumazenil werde von ihm also nicht kumulierend, sondern antagonisierend vorgenommen. Es habe nicht die Absicht bestanden, ein weiteres Diazepam zu geben. Bei langsamer und vorsichtiger Dosierung sei dies unbedenklich. Der Kläger habe bei dieser Vorgehensweise in der Vergangenheit selten Nebenwirkungen wie zerebrale Krampfanfälle beobachtet. Es habe mediastinale Veränderungen gegeben, "laut Thoraxbefund, feuchte RGs und US-Ödeme und perkutorischem Pleuraerguss". Die Verabreichung von Bronchospasmin sei vorsichtig erfolgt, bei schwerem Bronchospasmus (rein pulmonal) die andere Hälfte dosiserfolgslimitierend per Infusion.

Zum Vorfall am 04.11.2019 führte der Prozessbevollmächtigte aus, es habe laut den Unterlagen keinerlei notfallmäßige Tonsillenblutung vorgelegen. Die Änderung der Zielklinik sei mit dem Oberarzt im Krankenhaus T. abgesprochen worden. Man sei übereingekommen, den Patienten zunächst ins Klinikum W. zu verlegen. Nach 10 Minuten Fahrzeit mit dem Rettungswagen sei die Fahrt unterbrochen worden. G1. habe das Fahrzeug "gestürmt" und den Kläger aufgefordert, das Fahrzeug zu verlassen. Der Kläger habe sich zu keinem Zeitpunkt geweigert, den Patienten nicht nach R. zu begleiten.

Insgesamt gebe es keinen Grund, eine außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung auszusprechen. Aber auch eine ordentliche Kündigung sei nicht gerechtfertigt. Denn die Kooperationsvereinbarung sei befristet. Eine ordentliche Kündigung stehe im Widerspruch zu der Befristung der Kooperationsvereinbarung.

In ihrer Replik auf das Vorbringen der Klägerseite bestritt die Beklagte zunächst, dass der Kläger mehrfach die Kooperationsvereinbarung erhalten haben sollte. Bestritten werde auch, dass der Kläger im Jahr 2018 immer pünktlich zum Dienst erschienen sei. Im Anschluss daran (Schreiben vom 30.04.2021) wies die Beklagte darauf hin, die sogenannten Altfälle aus dem Jahr 2018 dienten lediglich im Rahmen einer Gesamtschau zur Verdeutlichung, dass der Kläger bereits in der Vergangenheit negativ in Erscheinung getreten war. So habe der Kläger den ihm vorgeworfenen Alkoholkonsum am 15.03.2018 mit seinem Schreiben vom 20.04.2018 selbst bestätigt. Weiterhin habe der Kläger seine Verspätung am 04.10.2018 selbst eingeräumt. Er habe sich damals am falschen Standort befunden. Zum Geschehen am 06.11.2018 habe der Kläger auf eine Erkrankung seines Vaters hingewiesen. Diese sei aber nach dem Kenntnisstand der Beklagten am 04.10.2018 aufgetreten. Die Beklagte bestritt, dass - was die Fälle im Jahr 2018 betrifft - jemals ein Gespräch mit W4. von der KVB - wie von der Klägerseite behauptet - geführt wurde. Das Vorbringen des Klägers zum Vorfall am 01.07.2019 werde mit Nichtwissen bestritten. Der Kläger habe mit E-Mail vom 14.08. 2019 mitgeteilt, er sei um 16:30 Uhr angerufen und daran erinnert worden, dass er Dienst habe. Erst mit der Stellungnahme des Klägers vom 26.11.2019 habe der Kläger darauf hingewiesen, seine Mutter sei von einer Synkope betroffen und es seien unaufschiebbare Wiederbelebungsmaßnahmen erforderlich gewesen. Die ausgesprochene Kündigung stütze sich insbesondere auf die Vorfälle vom 11.10.2019 und 04.11.2019. Sowohl der vormals tätige regional zuständige Notarztsprecher I., als auch der Notarztsprecher M. seien zu dem Ergebnis gekommen, die Gabe von Flumazenil sei als patientengefährdend anzusehen. Auch die Gabe von Bronchospasmin sei als grob fehlerhaft zu betrachten. Was den Vorfall am 04.11.2019 betreffe, so habe der Sachverständige M. darauf hingewiesen, dass es bei einer kürzlich vorgenommenen Mandel-Entfernung plötzlich zu Nachblutungen kommen könne. Deshalb sei es erforderlich gewesen, schnellstmöglichst einen Transport in eine geeignete Zielklinik, hier die HNO-Universitätsklinik in R. vorzunehmen. Es handle sich um einen Verstoß gegen klare notärztliche Leitlinien, sodass auch hier von einer Patientengefährdung gesprochen werden könne. Hinsichtlich der Begutachtung von M. betonte die Beklagte, diesem seien umfangreiche Unterlagen, auch Notarztprotokolle zur Verfügung gestellt worden. Außerdem sei im Nachgang am 27.06.2021 eine erneute sachverständige Auskunft von M. eingeholt worden.

Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers sei auch bei einer Befristung der Kooperationsvereinbarung eine ordentliche Kündigung möglich. Die Befristung sei als auflösende Bedingung zu verstehen. Soweit der Prozessbevollmächtigte beanstandet habe, dass es sich um länger zurückliegende Beschwerden handle, die der Kündigung zugrunde gelegt würden, sei der Rechtsgedanke des § 626 Abs. 2 BGB nicht anwendbar. Die Beklagte sei außerdem gehalten, ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig zu entscheiden. Die Entscheidung könne daher nicht leichtfertig und vorschnell vorgenommen werden, was auch im Interesse des Klägers liege und was auch im Hinblick auf Art. 12 Grundgesetz erforderlich sei.

In der mündlichen Verhandlung am 30.03.2022 betonte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, bei dem Verlegungsfall am 04.11.2019 habe es sich um eine konventionelle Arztbegleitung zur Beobachtung gehandelt. Es sei ausreichend gewesen, den Patienten ins Klinikum W3. zu verlegen. Zum Hintergrund seines Handelns am 11.10.2019 wurde vom Kläger vorgetragen, der Patient habe sich auf der Radiologie befunden, wo er Krampfanfälle mit Halbseitenlähmung aufgewiesen habe. Der Patient sei dann zum Zeitpunkt des Erscheinens des Notarztes wach gewesen. Es sei ihm besser gegangen. Die Verabreichung von Flumazenil hätte dazu dienen sollen, die Narkose zu unterbrechen. Zum Vorfall am 04.11.2019 äußerte sich der Kläger dahingehend, nach den ihm in der Klinik übergebenen Unterlagen sei von einer Tonsillenblutung nicht die Rede gewesen.

Hierzu wurde seitens des Beklagten vorgetragen, es gebe eine Diskrepanz zwischen dem Einsatzprotokoll und der Darstellung des Klägers. Der Patient habe keinerlei neurologische Defizite aufgezeigt. Soweit Bronchospasmin verabreicht worden sei, sei diese Medikation bei der vorliegenden Herzinsuffizienz des Patienten als kontraindiziert anzusehen.

Zum Vorfall am 04.11.2019 machte die Beklagte darauf aufmerksam, der Kläger habe keine Befugnis gehabt, die Zielklinik zu ändern. Eine Verlegung des Patienten ins Klinikum W3. mache außerdem keinen Sinn. Denn bei der Gefahr des Auftretens einer Tonsillenblutung sei eine Verlegung in ein Haus der Maximalversorgung erforderlich, was das Klinikum W3. nicht sei. Fraglich sei außerdem, ob überhaupt eine Absprache mit dem Oberarzt im Krankenhaus T. stattgefunden habe, wie vom Kläger behauptet. Zum Vorfall am 11.10.2019 wies die Beklagte darauf hin, M. habe in der sachverständigen Auskunft vom 27.06.2021 die Diskrepanzen zwischen dem Einsatzprotokoll und den Stellungnahmen des Notarztes hervorgehoben. Der Patient werde im Zeitverlauf immer zunehmend kränker dargestellt. Die nachgeschobenen Verschlechterungen in den Stellungnahmen vom 26.11. 2019 und 02.06.2021 in Verbindung mit den nicht bzw. unzureichend getroffenen Maßnahmen seien als nicht stimmig zu betrachten. Ob es sich eher um eine nachträgliche Rechtfertigung für nicht indizierte Medikamente handelt, müsse das Gericht entscheiden.

In der mündlichen Verhandlung am 30.03.2022 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag aus dem Schriftsatz vom 20.09.2020. Danach werden folgende Anträge gestellt:
1. Es wird festgestellt, dass die Kooperationsvereinbarung vom 19.06.2018 in Verbindung mit der Kooperationsvereinbarung vom 12.01./2020 20.01.2018 über die. Teilnahme am Notarztdienst aufgrund der fristlosen Kündigung vom 09.09.2020 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.12.2022 fortbesteht.

2. Es wird festgestellt, dass die Kooperationsvereinbarung über die Teilnahme am Notarztdienst vom 19.06.2018 auch nicht durch ordentliche Kündigung endet, sondern bis zum 31.12.2022 fortbesteht.


Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beklagtenakten. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere auf die Schriftsätze der Beteiligten, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 30.03.2022 verwiesen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage beinhaltet zwei Feststellungsanträge, zum einen die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung des Kooperationsvertrages und hilfsweise die Feststellung der Unzulässigkeit der ordentlichen Kündigung des Kooperationsvertrages.

Soweit sich die Klage auf die Feststellung der Unzulässigkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung der Kooperationsvereinbarung bezieht, ist diese Klage zulässig und auch begründet. Der Kläger ist nicht Vertragsarzt. Die Teilnahme am Notarztdienst erfolgt deshalb nach § 6 Abs. 2 NADO-KVB aufgrund einer Kooperationsvereinbarung, die zwischen ihm und der Beklagten geschlossen wurde. Die außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung setzt voraus, dass ein wichtiger Grund vorliegt.

Strittig zwischen den Beteiligten ist zunächst, ob der Kläger einfach oder sogar mehrfach die Kooperationsvereinbarung erhalten hat. Dies könnte unter Umständen von Bedeutung für die Beendigung der Kooperationsvereinbarung und auch deren Kündigung sein. Vorgelegt wurde von der Klägerseite eine Kooperationsvereinbarung vom 12.01.2018 und eine weitere vom 19.06.2018. Diese sind prima facie inhaltsgleich. Im Hinblick auf § 7 der Kooperationsvereinbarung, wonach Änderungen und Ergänzungen der Kooperationsvereinbarung der Schriftform bedürfen, ist davon auszugehen, dass die später abgeschlossene Kooperationsvereinbarung, nämlich die vom 19.06.2018 die vom Januar 2018 ersetzt. Die Teilnahme am Notarztdienst endet mit dem vereinbarten Ablauf der Kooperationsvereinbarung, hier also zum 31.12.2022 oder im Wege einer Kündigung nach § 17 Abs. 1 S. 3 der Kooperationsvereinbarung, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. § 17 Abs. 1 S. 4 NADO-KVB verweist in diesem Zusammenhang auf die Kooperationsvereinbarung. Die in der Kooperationsvereinbarung in § 6 aufgezeigten Gründe für eine außerordentliche Kündigung sind nicht abschließend, wie sich aus dem Wortlaut "insbesondere" ergibt. So können einzelne schwere Verstöße gegen die NADO-KVB, insbesondere ein Verstoß gegen § 10 NADO-KVB, aus denen die Ungeeignetheit zu Teilnahme am Notarztdienst abzuleiten ist, zur außerordentlichen Kündigung der Kooperationsvereinbarung berechtigen (§ 17 Abs. 1 S. 3 NADO-KVB). Genauso gut kann eine Kumulation von weniger schweren Verstößen innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung darstellen. Nach § 6 Abs. 2 S. 1 der Kooperationsvereinbarung kann die Kooperationsvereinbarung auch von jeder Partei ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von drei Monaten ordentlich gekündigt werden.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Teilnahme am Notarztdienst eine außerordentlich verantwortungsvolle Tätigkeit darstellt, die in jeglicher Hinsicht, fachlich wie auch persönlich höchste Anforderungen an den Arzt stellt. Es versteht sich deshalb von selbst, dass der Notarzt den Dienstplan, zu dem er eingeteilt ist, peinlich genau einhält und im Verhinderungsfall rechtzeitig die Beklagte davon benachrichtigt (§ 3 Kooperationsvereinbarung und § 9 Abs. 3 NADO-KVB). Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Notarztstandort nicht ausreichend besetzt ist und es zu Patienten gefährdeten Verzögerungen in der Notfallversorgung kommt. Wichtig ist ferner, dass bei den Notarzteinsätzen eine teammäßige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Notarzt einerseits und dem Rettungsdienstpersonal andererseits stattfindet (§ 10 Abs. 7 NADO-KVB). Vor allem aber ist die Notfallversorgung "lege artis" vorzunehmen, ohne dass eine zusätzliche Patientengefährdung entsteht (§ 10 Abs. 1 NADO-KVB).

Die Beklagte beruft sich in dem Kündigungsschreiben vom 09.09.2020 zum einen auf als abgeschlossen bezeichnete Beschwerden. Es handelt sich um Beschwerden aus dem Jahr 2018.
Der Prozessbevollmächtigte verweist auf die Vorschrift des § 626 Abs. 2 BGB. Danach kann eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Voraussetzung für die Anwendung der Regelung ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Dieses liegt aber nicht vor. Denn aufgrund des Kooperationsvertrages wurde lediglich ein Rahmenvertrag für punktuelle Einsätze geschlossen, sodass es sich um kein Dauerbeschäftigungsverhältnis handelt (vgl. SG Magdeburg, Urteil vom 29.09.2021, Az S 43 R 90/16). Auch eine analoge Anwendung der genannten Vorschrift ist nach Auffassung des Gerichts wegen der Besonderheiten im Vertragsarztrecht, hier insbesondere wegen der Besonderheiten bei Teilnahme am Notarztdienst nicht in Betracht zu ziehen. Dafür spricht auch, dass - wie die Beklagte ausgeführt hat - eine Entscheidung über eine fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung "nicht leichtfertig und vorschnell" vorgenommen werden kann, was im Interesse des jeweiligen Arztes liegt und im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG erforderlich ist. Andererseits können auch wegen Art. 12 GG länger zurückliegende Sachverhalte nicht mehr, zumindest nicht ausschließlich zur Begründung einer außerordentlichen Kündigung herangezogen werden. Die außerordentliche Kündigung der Kooperationsvereinbarung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsausübung nach Art. 12 Grundgesetz dar, die nur aus sachlichen Gründen zulässig ist. Sie ist als Maßnahme die "ultima ratio" und muss verhältnismäßig sein. Als mildere Maßnahmen bei Verstößen im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Notarzt kommen Disziplinarmaßnahmen nach § 18 der Satzung der KVB in Betracht, auf den § 17 Abs. 2 NADO-KVB verweist. Je nach Schwere der Verfehlung können eine Verwarnung, ein Verweis oder eine Geldbuße bis zu 50.000 € ausgesprochen, aber auch das Ruhen der Zulassung bzw. der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren eingeordnet werden. Davon hat die Beklagte nicht Gebrauch gemacht, weil sie die Verfehlungen als so schwerwiegend ansieht, dass ihres Erachtens das Verhängen einer disziplinarischen Maßnahme nicht mehr als ausreichend anzusehen war. Maßnahmen nach § 18 Abs. 1 der Satzung der KVB können nicht mehr beantragt werden, wenn seit dem Bekanntwerden der Verfehlung bei der KVB zwei Jahre oder seit der Verfehlung fünf Jahre vergangen sind. Diese Ausschlussfrist gilt nach dem Wortlaut lediglich im Zusammenhang mit der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen. Der darin zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke, nämlich, dass Sachverhalte, die schon länger zurückliegen, nicht zuletzt aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mehr berücksichtigt werden können, ist nach Auffassung des Gerichts auf die außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung insoweit zu übertragen, als auch hier Sachverhalte, die länger zurückliegen, nicht mehr einer außerordentlichen fristlosen Kündigung der Kooperationsvereinbarung zugrunde zu legen sind. Ob allerdings die Zweijahresfrist zu übernehmen ist, erscheint vor dem Hintergrund, dass die außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung auch an der Berufsfreiheit des Art. 12 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen ist, fraglich. Dies spricht dafür, von einer kürzeren Frist als zwei Jahre auszugehen.

Darauf kommt es jedoch nicht an. Denn die Beklagte spricht selbst von "abgeschlossenen" Beschwerden - es handelt sich um alle Beschwerden aus dem Jahr 2018 -, was dahingehend zu interpretieren ist, dass diese nach Auffassung der Beklagten als verbraucht anzusehen sind. Die Beklagte hat auch im Rahmen des Klageverfahrens betont, sie stütze die außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung im Wesentlichen auf Vorfälle vom 11.10.2019 und 04.11.2019. Hinsichtlich der "abgeschlossenen" Beschwerden habe man nur aufzeigen wollen, dass es bereits in der Vergangenheit Beschwerden gegeben habe. Insoweit erübrigt sich eine Auseinandersetzung und Bewertung der Vorfälle durch das Gericht jedenfalls aus dem Jahr 2018, aber auch damit, ob die angeblichen Verfehlungen aus dem Jahr 2018 mit W4. von der KVB besprochen abschließend wurden.

Letztendlich sind die Vorfälle im Jahr 2019 zu werten, vor allem die vom 11.10.2019 und 04.11.2019.

Was den Vorfall am 23.06.2019 betrifft (angeblich aggressives Verhalten des Klägers gegenüber dem Rettungsdienst Personal, gegenüber dem Patienten und seinen Angehörigen) würde der Kläger, unterstellt, es hat sich so zugetragen, gegen § 10 Abs. 7 NADO-KVB verstoßen. Andererseits handelt es sich bei einem Notfalleinsatz um eine Extremsituation, in der es mitunter auch für den beteiligten Notarzt schwer ist, stets die richtigen Worte zu finden. Das Gericht ist deshalb der Auffassung, dass ein einzelner solcher Vorfall nicht ausreicht, an der Eignung des Notarztes zu zweifeln und darauf gestützt eine außerordentliche fristlose Kündigung auszusprechen. Sollten sich derartige Vorfälle innerhalb eines kurzen Zeitraums aber häufen, kann dies die Eignung des Arztes zur Teilnahme am Notarztdienst ernsthaft in Frage stellen.

Zum Vorfall am 01.07.2019 (Vorwurf: verspätetes Erscheinen des Klägers zum Dienst) gibt es unterschiedliche Darstellungen der Beteiligten. So hat die Beklagte darauf hingewiesen, der Kläger habe ihr erst am 26.11.2019 mitgeteilt, dass er seine Mutter wegen einer Synkope habe medizinisch versorgen müssen. Diese "Version" unterscheide sich von seinem Vorbringen in seiner E-Mail vom 04.08.2019. In der Tat fällt auf, dass diese Einlassung des Klägers relativ spät erfolgte, was nicht nachvollziehbar ist. Andererseits genügt es nicht, das Vorbringen des Klägers mit "Nichtwissen" zu bestreiten. Hier wäre eine weitere Sachaufklärung durch die Beklagte erforderlich gewesen.

Somit ist zu klären, ob die Beschwerden vom 11.10.2019 und 04.11.2019, die nach den Ausführungen der Beklagten maßgeblich für die außerordentliche fristlose Kündigung der Kooperationsvereinbarung sein sollen, hierfür ausreichen.

Aus dem Vortrag der Beteiligten ergibt sich, dass der Kläger am 11.10.2019 von der Rettungsleitstelle an das Krankenhaus T. gerufen wurde, um einen Patienten, bei dem der Verdacht auf Apoplex bestand, ans Klinikum W3. zu verlegen. Wegen eines kurzzeitigen Krampfanfalls wurde dem Patienten im Krankenhaus T. Diazepam verabreicht. Unbestritten ist ferner, dass der Kläger nachher beabsichtigte, dem Patienten Flumazenil zu geben, was jedoch vom Rettungsdienstpersonal verhindert wurde. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Gabe von Flumazenil als patientengefährdend anzusehen sei, da dieses Medikament als Nebenwirkung schwere Krampfanfälle verursachen könne. Soweit Bronchospasmin verabreicht worden sei, sei diese Medikation bei der vorliegenden Herzinsuffizienz des Patienten als kontraindiziert anzusehen. Sie hat insgesamt drei Stellungnahmen, nämlich von I., vormals regional zuständiger Notarztsprecher und von dem Notarztsprecher M. (Stellungnahmen von M. vom 28.03.2021 und 27.06.2021) eingeholt, die übereinstimmend zu dieser Ansicht gekommen waren. M. betonte (Stellungnahme vom 28.03.2021), Flumazenil hebe die Wirkung von Diazepam auf. Des Weiteren bestehe die Gefahr, dass der Patient einen weiteren Krampfanfall erleide. Notfalls hätte einer etwaigen unzureichenden Atmung anderweitig begegnet werden müssen, zum Beispiel durch Einlage einer Atemwegshilfe oder einer assistierten Beatmung. Die Gabe von Bronchospasmin sei in diesem Fall ebenfalls nicht indiziert gewesen. Denn die Zulassung beziehe sich auf den status asthmaticus bzw. für die Behandlung eines schweren bronchospastischen Anfalls. Diese Auffassung wurde von Dr. M. in seiner weiteren Stellungnahme vom 27.06.2021 noch bekräftigt. Er wies außerdem darauf hin, die nachgeschobenen "Verschlechterungen" in den Stellungnahmen des Klägers seien mit den getroffenen Maßnahmen nicht stimmig.

Der Kläger seinerseits machte geltend, die beabsichtigte Verabreichung von Flumazenil 0,3 mg sei nicht zu beanstanden. Denn das Medikament werde antagonisierend zur Diazepamprämedikation eingesetzt. Die Anwendung von Flumazenil werde von ihm also nicht kumulierend, sondern antagonisierend vorgenommen. Es habe nicht die Absicht bestanden, ein weiteres Diazepam zu geben. Bei langsamer und vorsichtiger Dosierung sei dies unbedenklich. Er habe bei dieser Vorgehensweise in der Vergangenheit selten Nebenwirkungen wie zerebrale Krampfanfälle beobachtet. Es habe mediastinale Veränderungen gegeben, "laut Thoraxbefund, feuchte RGs und US-Ödeme und perkutorischem Pleuraerguss". Die Verabreichung von Bronchospasmin sei vorsichtig erfolgt, bei schwerem Bronchospasmus (rein pulmonal) die andere Hälfte dosiserfolgslimitierend per Infusion.

Den Ausführungen der Gutachter sei allein deshalb nicht zu folgen, da diesen die für die Beurteilung notwendigen Unterlagen nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Für Letzteres gibt es nach Auffassung des Gerichts jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr ist der Stellungnahme von M. zu entnehmen, dass diesem nicht nur die Stellungnahmen des Klägers, sondern auch die Notarztprotokolle zur Verfügung standen. Insofern war dieser in der Lage, auf der Basis dieser Unterlagen umfassend eine Beurteilung vorzunehmen.

Dem fachkundig mit zwei Ärzten besetzten Gericht entsteht wie M. der Eindruck, dass der Kläger den Krankheitszustand des Patienten in der Abfolge seiner Stellungnahmen immer schwerwiegender darstellt. Insbesondere scheinen die getroffenen Maßnahmen, legt man das Notarztprotokoll zugrunde, nicht damit kompatibel zu sein. Andererseits liegt es auf der Hand, dass ein Notarztprotokoll nur in groben Zügen summarisch und stichwortartig den Krankheitszustand des Patienten und die eingeleiteten Maßnahmen wiedergibt. Von daher kann es verständlich sein, wenn später erfolgte Stellungnahmen des Notarztes den Krankheitszustand und die getroffenen Maßnahmen deutlicher darstellen, als dies im Notarztprotokoll geschehen ist.

Ungeachtet dessen ist nach Auffassung des mit zwei Ärzten fachkundig besetzten Gerichts die beabsichtigte Verabreichung von Flumazenil und die tatsächliche Verabreichung von Bronchospasmin insbesondere wegen einer eventuellen Kontraindikation zwar kritisch zu hinterfragen, letztendlich lässt sich aber retrospektiv aufgrund der Stellungnahmen des Klägers weder eine Patientengefährdung auszuschließen, noch ist eine solche zu bestätigen. Insofern kann die außerordentliche fristlose Kündigung des Kooperationsvertrages ohne Verletzung von Art. 12 GG nicht auf den Vorfall vom 11.10.2019 gestützt werden.

Laut der Darstellung der Beklagten wird die außerordentliche fristlose Kündigung außerdem im Wesentlichen auf den Vorfall vom 04.11.2019 gestützt. Dem Kläger wurde vorgeworfen, er sei am 04.11.2019 zu einer Notfallverlegung eines Patienten vom Krankenhaus T. zur HNO-Universitätsklinik R. angefordert worden (04.11.2019, 4:22 Uhr). Er habe aber eine Patientenverlegung verweigert, sodass eine andere Notärztin alarmiert werden musste, was zu Verzögerungen geführt habe. Es habe sich um einen englisch sprechenden Patienten gehandelt, bei dem erst kürzlich eine Mandelentfernung vorgenommen worden sei. Der hierzu befragte Sachverständige wies darauf hin, es könne in diesem Fall plötzlich zu Nachblutungen kommen. Deshalb sei es erforderlich, schnellstmöglichst einen Transport in eine geeignete Zielklinik, hier die HNO-Universitätsklinik in R. vorzunehmen. Der Kläger ließ sich darauf ein, laut den ihm übergebenen Unterlagen habe keinerlei notfallmäßige Tonsillenblutung vorgelegen. Er habe mit dem Oberarzt im Krankenhaus Tirschenreuth vereinbart, den Patienten ins Klinikum W3. zu verlegen.
Nach Auffassung des Gerichts widersprechen sich die Darstellungen der Beteiligten. Zudem ergeben sich mehrere Ungereimtheiten. So ist nicht nachvollziehbar, dass - sollte bei dem Patienten eine Mandeloperation im Krankenhaus T. vorgenommen worden sein - eine Verlegung des Patienten nächtens (Anforderung des Notarztes um 4:22 Uhr von der Rettungsdienstleitstelle) veranlasst wurde und nicht schon untertags am Vortag zur Vermeidung von Komplikationen unmittelbar nach dem Eingriff. Andererseits bestehen auch Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit des Vortrages des Klägers, wonach er die Verlegung an das Klinikum W3. so mit dem Oberarzt im Krankenhaus T. vereinbart habe. Einen Nachweis hierzu unter Namensnennung des Oberarztes bleibt der Kläger schuldig. Fraglich ist auch, ob er als Notarzt, auch wenn eine entsprechende Absprache erfolgt sein sollte, befugt ist, das Verlegungsziel abweichend von dem von der Rettungsleitstelle festgelegten eigenmächtig abzuändern. In der Sache selbst teilt das mit zwei Ärzten fachkundig besetztes Gericht allerdings die Auffassung, dass es nach einer Mandeloperation durchaus plötzlich zu Nachblutungen kommen kann, die einen schnellstmöglichen Transport in eine geeignete Zielklinik erfordern. Unter geeigneter Zielklinik ist eine solche zu verstehen, die aufgrund der vorhandenen Fachabteilungen in der Lage ist, im Fall von plötzlich auftretenden Nachblutungen die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Dies ist im konkreten Fall selbstverständlich die Universitätsklinik in R. mit einer entsprechenden HNO-Hauptabteilung, nicht jedoch das Klinikum W3., das nach dem Krankenhausplan des Freistaates Bayern (Stand: 46. Fortschreibung, 01.01.2021) lediglich über eine belegärztlich geführte HNO-Abteilung verfügt. Die Sinnhaftigkeit einer Verlegung ins Klinikum W3. statt einer Verlegung in die Universitätsklinik in R. erscheint daher mehr als fraglich.

Zusammenfassend ist folgendes festzustellen: Auch wenn durchaus nicht unerhebliche Zweifel an der Eignung des Klägers zur Teilnahme am Notarztdienst bestehen, reichen diese Vorfälle nach Auffassung des Gerichts aus den oben genannten Gründen für eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht aus. Insofern war der Feststellungsklage (Nummer 1 des Antrags des Klägers) stattzugeben.

Was die Feststellungsklage (Nummer 2 des Antrags des Klägers) betrifft, ist diese zwar ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet. Zulässigerweise hat die Beklagte die Kooperationsvereinbarung hilfsweise ordentlich gekündigt. Nach § 6 Abs. 2 der Kooperationsvereinbarung kann die Kooperationsvereinbarung vor Ablauf des in Abs. 1 genannten Termins (31.12.2022) ohne Angabe von Gründen von jeder Partei mit einer Frist von drei Monaten ordentlich gekündigt werden. Die Kündigung bedarf nach § 6 Abs. 2 S. 4 Kooperationsvereinbarung der Schriftform. Die Beklagte hat schriftlich gekündigt, weshalb die formellen Voraussetzungen vorliegen. Soweit durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers ausgeführt wird, eine ordentliche Kündigung sei nicht möglich, da diese im Widerspruch zur Befristung der Kooperationsvereinbarung stehe, ist dem nicht zu folgen. Die Beteiligten haben ausdrücklich in § 6 Abs. 2 Kooperationsvereinbarung diese Möglichkeit der ordentlichen Kündigung vertraglich vorgesehen. Die Partner der Kooperationsvereinbarung wollten ersichtlich eine ordentliche Kündigung innerhalb der bis zum 31.12.2022 geregelten Befristung vereinbaren. Das Recht der ordentlichen Kündigung auch ohne Angabe von Gründen steht nicht nur der Beklagten, sondern auch dem Kläger zu. Insofern ist eine einseitige Benachteiligung eines der Partner der Kooperationsvereinbarung, aber auch ein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen nicht festzustellen. Diese vertragliche Vereinbarung ist für die Beteiligten, auch den Kläger wirksam und verbindlich (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2008, Az I-8 U 155/07, 8 U 155/07).

Aus den genannten Gründen war die Feststellungsklage unter Nr. 2 des Antrags abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 155 Abs. 1 SGG. Da der Kläger teils obsiegt hat und die beiden Anträge hinsichtlich des Begehrens in etwa gleichwertig sind, erschien es angemessen, die Kosten des Verfahrens entsprechend dem Tenor des Urteils aufzuteilen.

 

Rechtskraft
Aus
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