L 26 BA 32/20

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
26
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 53 KR 285/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 BA 32/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Für das Vorliegen eines Probe- bzw. Schnupperarbeitsverhältnisses trifft den Arbeitgeber die Beweislast. Ein rechtswirksamer Lohnverzicht abhängig beschäftigter Kraftfahrer muss, von der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit abgesehen, auch vor der jeweiligen Tätigkeit erklärt worden sein. Diente der Verzicht nur dem Zweck, die sozialversicherungsrechtliche Beitragslast des Arbeitgebers im Hinblick darauf zu umgehen, dass die Arbeitnehmer über den Bezug von Transferleistungen sozialversichert waren, stellt er sich als rechtsmissbräuchlich dar.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

 

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

 

Tatbestand

 

Der Kläger wendet sich gegen einen Betriebsprüfungsbescheid der Beklagten für den Prüfzeitraum 17. September 2010 bis 1. November 2012, mit dem Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 2.626,03 € einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 639,50 € gefordert werden.

 

Der 1960 geborene Kläger ist Fuhrunternehmer. Er betrieb seit 1997 und betreibt noch gegenwärtig als Einzelunternehmer in N ein Fuhrunternehmen für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr mit einer Zulassung für seinerzeit acht LKW-Zugmaschinen, sechs Auflieger und zwei Kleinfahrzeuge.

 

Im Rahmen einer Verkehrskontrolle wurde der Beigeladene zu 1 im Oktober 2012 als Fahrer eines der LKW des Klägers unter Verwendung dessen Fahrerkarte ermittelt, die wegen missbräuchlicher Nutzung eingezogen wurde.

 

Nach den nachfolgend eingeleiteten Ermittlungen durch das Hauptzollamt Potsdam (HZA) seien u.a. die Beigeladenen zu 1 bis 3 in der Zeit von September 2010 bis November 2012 als Fahrer für den Kläger tätig gewesen, ohne zur Sozialversicherung angemeldet bzw. ohne in diesem Umfang gemeldet zu sein. Auf der Grundlage der beschlagnahmten Geschäftsunterlagen des Klägers (Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 6. Juni 2013 – 466 Js 20527/13 Wi – ) seien Entgeltzahlungen an die Fahrer der LKW nicht festgestellt worden. Seit 2009 seien zeitgleich stets acht bis neun Arbeitnehmer mehr als geringfügig in der Firma des Klägers beschäftigt gewesen.

 

Für den Beigeladenen zu 1 ermittelte das HZA Fahrtätigkeiten für den Kläger in der Zeit von August 2011 bis Oktober 2012 ohne bzw. bei nur geringfügiger Meldung zur Sozialversicherung. Für den Beigeladenen zu 2 ermittelte es Fahrtätigkeiten an 55 Arbeitstagen in der Zeit von Januar bis November 2012 ohne Anmeldung zur Sozialversicherung. Für den Beigeladenen zu 3 ermittelte das HZA für neun Arbeitstage (11. bis 20. April 2012) Fahrtätigkeiten ohne Anmeldung zur Sozialversicherung durch den Kläger.

 

Dem 1986 geborenen Beigeladenen zu 1 hatte die beigeladene Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 6) ab 5. Februar 2011 für eine Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen Arbeitslosengeld bewilligt (Bescheid vom 29. Februar 2011). Der Kläger meldete ihn zum 16. Oktober 2012 als geringfügig Beschäftigten zur Sozialversicherung an. Er sei bereits im Jahr 2011, wie der Kläger selbst im Zuge seiner Vernehmung durch das HZA am 5. Juni 2014 angegeben hatte, für ihn als Fahrer tätig gewesen. Nach den Angaben des Beigeladenen zu 1 beim HZA am 25. April 2014 sei er im gegenständlichen Zeitraum arbeitslos gewesen und habe die Genehmigung einer Nebentätigkeit erhalten. Er habe vom Kläger für die Tätigkeit in der Zeit der Arbeitslosigkeit Geld erhalten und die im Rahmen der Nebentätigkeit möglichen 15 Stunden Arbeitszeit je Woche überschritten, weil er den LKW nicht einfach habe stehenlassen können. Das im gegenständlichen Zeitraum gewährte Arbeitslosengeld wurde von ihm zurückerstattet. Das eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen ihn stellte die Staatsanwaltschaft Potsdam – 4128 Js 5231/14 – nach Zahlung einer Geldbuße ein.

 

Dem 1975 geborenen Beigeladenen zu 3 hatte die Beigeladene zu 6 ebenfalls Arbeitslosengeld bewilligt, und zwar ursprünglich bis 22. April 2012. Für die Zeit vom 16. bis 20. April 2012 (Montag bis Freitag) hatte sie diesen dem Kläger wegen einer Maßnahme zur Feststellung, Verringerung und Beseitigung von Vermittlungshemmnissen als Berufskraftfahrer in Vollzeit zugewiesen und mitgeteilt, während der Maßnahme werde Arbeitslosengeld weitergewährt (Zuweisungsschreiben vom 12. April 2012). Der Beigeladene zu 3 war in der Folge vom 23. April 2012 (Montag) bis 15. Oktober 2012 wegen einer Beschäftigung beim Kläger zur Sozialversicherung gemeldet. Ausweislich des Protokolls seiner Vernehmung durch das HZA Itzehoe am 10. September 2014 habe der Kläger vor Beginn der Beschäftigung gewollt, dass er eine Art unentgeltliches Praktikum in der Firma mache. Ob dieses am 11. April 2012 begonnen habe, wisse er nicht mehr. Die Leistungen habe er zurückzahlen müssen. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Itzehoe – 306 Js 17453/14 – wurde nach Zahlung einer Geldbuße eingestellt (Bußgeldbescheid vom 7. Oktober 2014).

 

Im von der Beklagten eingeleiteten Betriebsprüfungsverfahren hörte diese den Kläger zu den für die Zeit vom 1. August 2010 bis 30. November 2012 beabsichtigten Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 9.756,86 € an (Schreiben vom 16. März 2015). Nach den Ermittlungen der Zusammenarbeitsbehörde seien neben weiteren Personen die Beigeladenen zu 1 bis 3 für den Kläger während der im Einzelnen in den Anlagen angegebenen Zeiträumen tätig gewesen und hätten für ihn Arbeit von wirtschaftlichem Wert erbracht. Zwar hätten die Arbeitnehmer für die Tätigkeit kein Entgelt erhalten. Die Höhe des Beitragsanspruchs richte sich aber nach den vom Arbeitgeber geschuldeten Leistungen. Ein rechtswirksamer Verzicht liege nicht vor. Es werde zugleich Gelegenheit gegeben, prüffähige Entgeltaufzeichnungen und sonstige Unterlagen vorzulegen. Andernfalls werde das monatliche Arbeitsentgelt auf der Grundlage der gezahlten Durchschnittslöhne bei ihm gemeldeter Arbeitnehmer ermittelt und entsprechend der Fahrerkartendaten multipliziert. Ferner seien mangels unverschuldeter Unkenntnis Säumniszuschläge festzusetzen.

 

Der Kläger nahm auf das Anhörungsschreiben dahingehend Stellung, für den Beigeladenen zu 2 bestehe nach vorgängigem Probearbeitsverhältnis seit „23.06.2011“ eine unbefristete Anstellung als Berufskraftfahrer. Dieser sei im gegenständlichen Zeitraum einer Vollbeschäftigung in Ludwigsfelde nachgegangen und habe an freien Tagen für ein paar Stunden das Fahrzeug eines mit ihm befreundeten Fahrers gefahren, um sich Grundkenntnisse und Fähigkeiten als Berufskraftfahrer anzueignen. Seither bestehe mit diesem unter Aufgabe des früheren Arbeitsverhältnisses ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei ihm. Der Beigeladene zu 3 habe in einer Trainingsmaßnahme zur beruflichen Wiedereingliederung gestanden.

 

Mit dem Betriebsprüfungsbescheid vom 16. Oktober 2015 machte die Beklagte dem Kläger gegenüber als Einzelunternehmer für die Zeit vom 17. September 2010 bis 1. November 2012 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt noch 2.626,03 € einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 639,50 € geltend. Die Auswertung der Fahrerkartendaten der vom Kläger zugelassenen Fahrzeuge, der Frachtbriefe und der Liefer- und Wägescheine habe ergeben, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 für ihn Kraftfahrertätigkeiten im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gegen Arbeitsentgelt ausgeübt hätten, und zwar der Beigeladene zu 1., vom 16. August bis 30. November 2011, vom 1. Februar bis 31. März 2012, vom 1. Mai bis 31. Mai 2012, vom 1. Juli bis 31. Juli 2012 und vom 2. Oktober bis 12. Oktober 2012; der Beigeladene zu 2 vom 1. Januar bis 1. November 2012 und der Beigeladene zu 3 vom 11. April bis 20. April 2012. Die Beschäftigten unterlägen der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Entstehung des Beitragsanspruchs der gesetzlichen Sozialversicherung sei nicht davon abhängig, ob das geschuldete Arbeitsentgelt gezahlt worden sei. Ein rechtswirksamer Entgeltverzicht liege nur vor, wenn er arbeitsrechtlich zulässig sei; er dürfe nur auf künftig fällig werdende Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet sein und müsse schriftlich niedergelegt sein. Andernfalls, so auch hier, sei ein Verzicht beitragsrechtlich nicht zu beachten. Der Arbeitnehmer habe auch einen Anspruch auf Bezahlung, wenn kein Lohn bzw. Gehalt vereinbart worden sei. Es gelte dann eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Leistung des Arbeitnehmers nach den Umständen nur gegen Entgelt zu erwarten gewesen sei. Die Aufzeichnungspflicht sei nicht ordnungsgemäß erfüllt worden. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt sei im Rahmen einer Schätzung zu ermitteln gewesen, wobei als „übliche Vergütung“ der Durchschnittsbruttolohn der Arbeitnehmer im selben Zeitraum zugrunde zu legen gewesen sei. Mangels unverschuldeter Unkenntnis des Klägers seien Säumniszuschläge festzusetzen gewesen.

 

Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid und dem zugleich gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und Aussetzung der Vollziehung, legte der Kläger der Beklagten Verzichtserklärungen des Beigeladenen zu 1 vom 24. Juli 2011, des Beigeladenen zu 2 vom 14. Dezember 2011 und des Beigeladenen zu 3 vom 17. Februar 2012 vor. Auf den jeweiligen Inhalt (Bl. 463-465 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) wird Bezug genommen.

 

Nach Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung  (Bescheid vom 4. April 2016) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2016 zurück. Hinsichtlich der ausgeübten Kraftfahrertätigkeiten der Beigeladenen zu 1 bis 3 sei zu Recht Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt worden. Die Beiträge zur Sozialversicherung seien neben den Umlagebeträgen und Säumniszuschlägen nachzuerheben gewesen. Nach den Gesamtumständen seien diese Personen gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen, das zu schätzen gewesen sei. Die vorgelegten Lohnverzichtserklärungen erschienen als nicht glaubhaft. Der Beigeladene zu 1, sei nachweislich schon vor der nunmehr eingereichten Verzichtserklärung vom 23. Juli 2011 für den Kläger gefahren. Die Verzichtserklärung des Beigeladenen zu 2 erscheine angesichts der an 55 Arbeitstagen im Jahr 2012 erbrachten Einsätze als Kraftfahrer nicht glaubhaft. Insofern könne nicht von reinem Privatvergnügen ausgegangen werden. Der Beigeladene zu 3 habe ursprünglich bis 22. April 2012 Arbeitslosengeld bezogen. Die tatsächliche Teilnahme an der zugewiesenen Maßnahme sei nicht nachgewiesen. Die Aufzeichnungspflicht sei vom Kläger nicht ordnungsgemäß erfüllt worden. Nach Auswertung der Ermittlungsunterlagen des HZA sei festgestellt worden, dass die genannten Personen beim Kläger gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen seien. Darauf, ob der Kläger seiner Lohnverpflichtung nachgekommen sei, komme es nicht an. Das Weisungsrecht des Klägers als Arbeitgeber in Bezug auf Ort sowie Art und Weise der Tätigkeit habe sich aus dem jeweils erteilten Auftrag ergeben. Die betroffenen Arbeitnehmer seien in der Disposition ihrer Arbeitszeit nicht frei gewesen, sondern die übertragenen Aufgaben seien zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen gewesen, hätten bezüglich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung dem Direktionsrecht des Klägers unterlegen und die Personen seien in seine Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit sei von abhängiger Beschäftigung mit der Folge der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung auszugehen. Die anhand der Beweisunterlagen nachgewiesenen Arbeitsstunden (Arbeitszeiten der Fahrerkartendaten) seien mit der „üblichen Vergütung“, dem Durchschnittslohn (Bruttolohn) der gemeldeten Arbeitnehmer des Klägers multipliziert worden. Von dem so ermittelten Bruttolohn seien die Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlagebeträge errechnet worden. Wegen der illegalen Beschäftigung seien ferner Säumniszuschläge für die Zeit vom 1. August 2011 bis 31. Januar 2015 festzusetzen gewesen.

 

In dem gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahren vor dem Amtsgericht Potsdam – 466 Js 20527/13 – erklärte dieser ausweislich der Protokolle über die Hauptverhandlung vom 8. Februar 2017 in Bezug auf den Beigeladenen zu 1, jener sei gelernter Maschinenschlosser „oder so“ von Beruf, er wisse nicht, ob er arbeitslos gewesen sei. Jedenfalls sei das für ihn eine Freizeitbeschäftigung gewesen. Der Beigeladene zu 1, erklärte auf Befragen des Gerichts, er habe damals eine Geldbuße zahlen müssen, dann sei das für ihn abgeschlossen gewesen. Er habe kein Geld bekommen, nur vom Arbeitsamt. Er habe das damals wohl verkehrt gesagt. Der Beigeladene zu 3 erklärte, er habe bei dem Kläger eine Art „Schnupperkurs“ über das Arbeitsamt machen sollen, weil er den Führerschein als Kraftfahrer erst kurz vorher gemacht habe. Er habe dann am 23. April 2012 beim Kläger als Kraftfahrer angefangen. Er habe während des Praktikums kein Geld erhalten. Er habe später zum Zoll gemusst und eine Geldstrafte zahlen sowie das Geld vom Arbeitsamt zurückzahlen müssen. Wer einen Fehler gemacht habe, wisse er nicht. Der Beigeladene zu 2 sagte vor dem Gericht aus, als Kraftfahrer bei dem Kläger seit Juni 2014 angestellt gewesen zu sein. Er sei schon vorher ab und zu für ihn gefahren, weil er Arbeit gesucht habe. Er sei seit 2012 nach einem Unfall nicht beschäftigt gewesen und habe Krankengeld erhalten. Geld habe er vom Kläger nicht bekommen, auch keine Aufwandsentschädigung. Ihm sei es darum gegangen, wieder Arbeit zu finden. Das Strafverfahren gegen den Kläger wurde nach Zahlung eines Geldbetrages i.H.v. 2.000 € gemäß § 153a StPO eingestellt (Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 20. Februar 2019 – 25 Ns 2/18 –).

 

Mit der am 12. August 2016 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2016 angefochten und geltend gemacht, der Beigeladene zu 1 habe mit seiner Erklärung vom 23. Juli 2011 auf sämtliche Vergütungsansprüche verzichtet. Er habe Leistungen der Beigeladenen zu 6 bezogen. Der Beigeladene zu 2 habe am 14. Dezember 2011 den Lohnverzicht erklärt, weil er sich habe beruflich verändern und deshalb mehrere Berufsfelder unentgeltlich austesten wollen. Auf den Umfang des Verzichts, hier im Hinblick auf 55 Arbeitstage im Jahr 2012, komme es nicht an. Der Beigeladene zu 3 sei seinem Betrieb vom Arbeitsamt zugewiesen gewesen. Auf einen nicht ausgefüllten Berichtsbogen komme es ebenfalls nicht an. Er habe sich per 17. Februar 2012 den Verzicht auf jegliche Vergütungsansprüche außerhalb eines schriftlich geschlossenen Arbeitsverhältnisses von diesem unterzeichnen lassen. Mangels Anspruchs auf Arbeitsentgelt schulde er für diese Personen auch keine Sozialversicherungsbeiträge.

 

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Februar 2020 abgewiesen und zur Begründung auf den angefochtenen und aus Sicht des Gerichts zutreffenden Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, die im Vorverfahren der Beklagten eingereichten Verzichtserklärungen erschienen lebensfremd und damit nicht glaubhaft. Der Beigeladene zu 1 sei schon zuvor für den Kläger gefahren, so dass nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen er nun auf Lohn verzichtet haben soll. Das gegen ihn geführte strafrechtliche Verfahren zum Nachteil der Beigeladenen zu 6 sei unter Auflagen eingestellt worden. Aufgrund der Häufigkeit der Beschäftigungstage des Beigeladenen zu 2 sei auch dessen Verzichtserklärung nicht glaubhaft und es könne nicht von reinem Privatvergnügen ausgegangen werden. Auch die Verzichtserklärung des Beigeladenen zu 3 sei nicht glaubhaft. Er sei ab dem 11. April 2012 aus dem Bezug von Arbeitslosengeld wegen Arbeitsaufnahme im Betrieb des Klägers abgemeldet worden, nachdem der Bezugszeitraum ursprünglich vom 1. November 2011 bis 22. April 2012 gedauert habe. Seine Teilnahme an der für den 16. bis 20. April 2012 zugewiesenen Maßnahme habe der Kläger nicht nachgewiesen. 

 

Mit seiner Berufung vom 16. April 2020 gegen das ihm am 19. März 2020 zugestellte Urteil hält der Kläger sein Begehren aufrecht und macht ergänzend geltend, er habe bereits im Vorverfahren nachgewiesen, dass der Beigeladene zu 3 seiner Firma seitens der Beigeladenen zu 6 in der Zeit vom 16. bis 20. April 2012 im Rahmen einer Maßnahme zur Feststellung, Verringerung und Beseitigung von Vermittlungshemmnissen zugewiesen gewesen sei. Nach dieser Trainingsmaßnahme sei er für sechs Monate bei ihm angestellt gewesen, bevor er weggezogen sei. Die jeweiligen Verzichtserklärungen in Bezug auf Arbeitsentgelt seien vom Sozialgericht zu unrecht als unglaubhaft abgetan worden. Die mit Schriftsatz vom 4. März 2016 eingereichten Urkunden vom 24. Juli 2011, 14. Dezember 2011 und 17. Februar 2012 hätten sich zuvor aufgrund der Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnung bis zum 24. Juni 2015 beim HZA befunden. Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Potsdam (80 Ds 110/15) sei von den Beigeladenen zu 1 bis 3 die Authentizität der Urkunden bestätigt worden. Dem Gericht gegenüber habe der Beigeladene zu 1 klargestellt, kein Geld für die Tätigkeiten erhalten zu haben. Der Beigeladene zu 2 sei in der Zeit von Januar 2012 bis November 2012 gesundheitlich nach einer Arbeitsunfähigkeit nicht vollständig wiederhergestellt gewesen; er sei teilweise nur für wenige Stunden gefahren. Erst nach beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen habe er eine Festanstellung bei ihm erhalten.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. Februar 2020 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2016 aufzuheben.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ergänzt: Die Beigeladenen zu 1 bis 3 hätten nicht vor Beginn ihrer Beschäftigung wirksam auf ihr Arbeitsentgelt verzichtet. Der Kläger habe im Zuge der Vernehmung vor dem HZA am 5. Juni 2014 Entsprechendes nicht erwähnt. Das Vorliegen einer Verzichtserklärung habe auch der Beigeladene zu 1 bei seiner Vernehmung vom HZA am 25. April 2014 nicht erklärt, sondern darauf hingewiesen, für die Tätigkeit in der Zeit der Arbeitslosigkeit vom Kläger Geld erhalten zu haben. Auch in den Stellungnahmen zur Anhörung mit Schreiben vom 17. April 2015 und 17. Juli 2015 sei von Verzichtserklärungen keine Rede gewesen. Im Aussetzungsantrag vom 7. Januar 2016 habe er dann sinngemäß angegeben, die betroffenen Personen würden noch schriftlich und rechtsverbindlich einen schon damals mündlich vereinbarten Verzicht auf Arbeitsentgelt schriftlich bestätigen. Erst mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 4. März 2016 seien schriftliche Verzichtserklärungen der Beigeladenen zu 1 bis 3 eingereicht worden.

 

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten der Staatsanwaltschaft Potsdam – 80 DS 466 Js 20527/13 Wi (110/15) – nebst Beweismittelordner des HZA und derjenigen der Beigeladenen zu 6 betreffend den Beigeladenen zu 1 Bezug genommen. Nach deren Mitteilung seien für den Beigeladenen zu 3 aus der Zeit vor 2014 keine Unterlagen mehr verfügbar.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat trotz Ausbleibens der ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigten und entsprechend belehrten Beigeladenen zu 1, 3 bis 7 entscheiden konnte, ist unbegründet.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Potsdam der Betriebsprüfungsbescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2016. Das Sozialgericht hat die hiergegen gerichtete zulässige und insbesondere statthafte Anfechtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –  SGG) zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten auf der Grundlage der für den Prüfzeitraum 17. September 2010 bis 1. November 2012 durchgeführten Betriebsprüfung ist rechtmäßig. Wie das Sozialgericht ist auch der Senat davon überzeugt, dass der Kläger als verantwortlich Handelnder die in der Anlage zum Bescheid benannten Personen, die Beigeladenen zu 1 bis 3, im Prüfzeitraum abhängig beschäftigt hatte, ohne sie insgesamt bzw. vollständig der jeweiligen Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu melden und Beiträge überhaupt bzw. in der zutreffenden Höhe zu entrichten.

 

Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften – (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen nach Satz 5 dieser Vorschrift im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (den Prüfbescheid, vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 17) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Mit dem letzten Halbsatz ist klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht.

 

Die Beklagte war als Rentenversicherungsträgerin auch zur Überwachung des Umlageverfahrens nach § 1 i.V.m. § 7 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz – AAG –) und zum Erlass eines entsprechenden Umlagebescheids befugt. Danach werden die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (U1-Verfahren) und Leistungen des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld (U2-Verfahren) von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern jeweils durch gesonderte Umlage aufgebracht. Am U1-Verfahren nehmen grundsätzlich alle Arbeitgeber mit maximal 30 Beschäftigten – wie der Kläger – teil (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 AAG). § 10 AAG stellt die Beiträge zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung gleich, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28d Satz 1 SGB IV) sind, der von der Beklagten im Rahmen einer Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV) geltend zu machen ist (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 26. September 2017 – B 1 KR 31/16 R – juris). Selbiges gilt in Bezug auf die Insolvenzgeldumlage. Nach § 359 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ist die Umlage zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Nach Satz 2 finden die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV entsprechende Anwendung und damit wiederum § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV mit seiner die Zuständigkeit der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begründenden Wirkung. Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat sodann, wie hier geschehen, grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 a.a.O. Rn. 18).

 

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist, wie vom Sozialgericht zu Recht und mit zutreffenden Gründen entschieden worden ist, nicht zu beanstanden. Er ist formell und materiell rechtmäßig. Der Kläger ist vor seinem Erlass ordnungsgemäß von der Beklagten schriftlich angehört worden (vgl. § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – [SGB X]). Die Beklagte hat den Kläger als Einzelunternehmer handelnd und damit den Adressaten zutreffend bezeichnet. Die Schriftform ist gewahrt. Dahinstehen kann, dass die vorausgegangene Betriebsprüfung nicht in den Gewerberäumen des Klägers stattfand. Zwar führen die Rentenversicherungsträger die Arbeitgeberprüfungen in der Regel am Betriebssitz durch. § 28p SGB IV schreibt jedoch keinen zwingenden Ort der Prüfung vor, sondern umschreibt maßgeblich den Adressaten („bei dem Arbeitgeber“) der Prüfung. Die Regelung des § 28p Abs. 6a SGB IV, die zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist (Gesetz vom 22. Dezember 2011, BGBl. I, S. 3057), bestätigt dies, indem die Rentenversicherungsträger hiernach die Möglichkeit haben, die mit Hilfe einer Datenverarbeitung erstellten Unterlagen einzusehen, sie vom Arbeitgeber auswerten zu lassen und diese Angaben auf einem Datenträger zur Verfügung gestellt oder diese Daten übermittelt zu bekommen. Insofern sind die Rentenversicherungsträger auch berechtigt, die Ergebnisse der vom HZA hier im Anschluss an die Durchsuchung durch das HZA am 7. August 2013 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung – SchwArbG – durchgeführten Prüfungen zu Grunde legen und auf dieser Grundlage die Prüfung nach § 28p SGB IV – wie im Rahmen einer Vorlageprüfung (vgl. zur Auskunftspflicht des Arbeitgebers § 98 SGB X) – in eigenen Räumen durchzuführen und durch Verwaltungsakt abzuschließen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2017 – L 10 R 592/17 – juris Rn. 22). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SchwArbG werden die Behörden der Zollverwaltungen – hier das HZA – bei den Prüfungen nach Absatz 1 von den Trägern der Rentenversicherung unterstützt; nach Satz 2 dieser Vorschrift können die Prüfungen mit anderen Prüfungen der in diesem Absatz genannten Stellen verbunden werden, so dass unter Berücksichtigung von §§ 20 Abs. 1 Satz 2 und 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach sich die Behörde der Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen bedient, Bedenken hinsichtlich des durchgeführten Verfahrens nicht bestehen.

 

Der angefochtene Bescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und zur sozialen Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – gesetzliche Krankenversicherung – [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – soziale Pflegeversicherung – [SGB XI] als akzessorische Regelung zur gesetzlichen Krankenversicherung [vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – gesetzliche Rentenversicherung – [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).

 

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. So lag es zur Überzeugung des Senats hier bei den Beigeladenen zu 1 bis 3 im streitgegenständlichen Zeitraum unter Zugrundelegung des nach ständiger Rechtsprechung anzuwendenden und auch vom Senat angewandten Prüfungsmaßstabs (vgl. etwa BSG, Urteile vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris Rn. 13 und vom 11. November 2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 17f. jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.).

 

Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris Rn. 13 m.w.N.). Ob die wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich mithin aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Insofern ist vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen diese in schriftlicher Form vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind, die maßgebend sind, soweit sie ihrerseits rechtlich zulässig sind (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 RK 16/13 R – juris). Gemäß § 7 Abs. 2 SGB IV gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung. Der Begriff der Beschäftigung wird hiermit auf den Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen ausgeweitet, der nicht auf eine volle Berufsausbildung i.S.v. § 1 Abs. 3 BBiG gerichtet ist. Nicht um Beschäftigungen handelt es sich zwar bei Tätigkeiten, die im Rahmen von Probearbeitsverhältnissen bzw. sogenannten Einfühlungsverhältnissen ausgeübt werden (vgl. Scheer in jurisPK-SGB IV, 4. Auflage 2021, § 7 Rn. 22). Solche lagen hier aber nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senats nicht vor.

 

Unter Abwägung der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Umstände rechtlicher und tatsächlicher Art hat der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht und den Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid die volle Überzeugung erlangt, dass die im Prüfzeitraum für das Fuhrunternehmen des Klägers tätigen und im Bescheid konkret benannten Kraftfahrer, die Beigeladenen zu 1 bis 3, in dieser Tätigkeit abhängig beschäftigt waren. Sie waren in den Betrieb eingegliedert und bei ihren Tätigkeiten als Kraftfahrer weisungsgebunden. Es handelte sich um Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert für den Kläger, ohne dass die Personen selbst ein Unternehmerrisiko zu tragen gehabt hätten. Seine, des Klägers, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufrecht erhaltene Behauptung, die Beigeladenen zu 1 bis 3 seien nur zum Kennenlernen und Erwerb beruflicher Kenntnisse probehalber für ihn tätig geworden, hinsichtlich des Beigeladenen zu 3 sei telefonisch mit dem Beigeladenen zu 6 eine (verlängerte) Zuweisung für zwei Wochen vereinbart gewesen und sämtliche Verzichtserklärungen hätten sich schon im Zeitpunkt der Beschlagnahme durch das HZA in den beschlagnahmten Unterlagen befunden, sind zur Überzeugung des Senats weder bewiesen noch überzeugend. Von den gegenständlichen Verzichtserklärungen abgesehen liegen schriftliche vertragliche Vereinbarungen des Klägers mit den Beigeladenen zu 1 bis 3, die etwa für Einfühlungsverhältnisse und bloße Probearbeitstage im Rahmen eines laufenden Bewerbungsverfahrens zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sprechen könnten, nicht vor. Von bloßen „Schnuppertagen“ oder vergleichbaren Verhältnissen zum gegenseitigen Kennenlernen kann hier schon angesichts der Länge Zeiträume der jeweiligen Tätigkeiten und des Umfangs der Arbeiten nicht die Rede sein. Auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1, der sowohl zum Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht wie auch vor dem Senat nicht erschienen ist, bereits vor dem gegenständlichen Zeitraum beim Kläger gearbeitet hatte, wie der Kläger selbst vor dem HZA ausgesagt hatte, spricht zweifellos gegen eine solche Behauptung. Vielmehr hat der Kläger, wie sich auch aus seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt, zur Überzeugung des Senats vermeintlich den Umstand ausgenutzt, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 bereits über den Bezug von Transferleistungen die Arbeitsagentur versichert waren, um diese für sich ohne entsprechende Meldung entweder probeweise oder schwarz arbeiten zu lassen. Dass diese die ihnen gewährten Leistungen im Falle des „Auffliegens“ unter Umständen würden zurückerstatten müssen – entsprechende Forderungen wurden neben der Festsetzung von Bußgeldern tatsächlich betreffend die Beigeladenen zu 1 und 3 erhoben – und darüber hinaus die Versicherungsleistungen im Falle der sozialversicherungsrechtlich gemeldeten Beschäftigung den Arbeitnehmer zugute gekommen wären, hat ihn nach seinen Ausführungen im Termin zuvor nicht dazu bewogen, die Fahrer vorschriftsgemäß zu beschäftigen und zur Sozialversicherung zu melden. Vielmehr führe er, wie er auf die Nachfrage des Senats bestätigt hat, auch gegenwärtig noch Probearbeitsverhältnisse in vergleichbarer Art und Weise durch.

 

Eine abhängige Beschäftigung war auch bei dem Beigeladenen zu 3 trotz der vorgelegten Zuweisung in eine Maßnahme gegeben. Denn die Zuweisung betraf erst die Zeit vom 16. April bis 20. April 2012, während der Beigeladene zu 3 nach den Ermittlungsergebnissen des HZA bereits seit dem 11. April 2012 für den Kläger als Fahrer arbeitete. Soweit nunmehr erstmalig behauptet wird, er sei ihm gemäß vorheriger telefonischer Absprache für die gesamten zwei Wochen zugewiesen worden, kann dies dahinstehen, nachdem eine solche telefonische Vereinbarung jedenfalls ausweislich des vorgelegten Zuweisungsschreibens vom 12. April 2012 offensichtlich nicht umgesetzt worden ist. Bei dieser Sachlage war der Beigeladene zu 3 bereits vor dem förmlichen Beginn der Maßnahme beim Kläger abhängig beschäftigt, mithin nicht mehr arbeitslos, worauf die Beigeladene zu 6 nach den Ermittlungen des HZA und den entsprechenden Einlassungen des Beigeladenen zu 3 im Strafverfahren des Klägers die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben und entsprechende Leistungen zurückgefordert hatte. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit geltend gemacht hat, ihm sei nicht nachvollziehbar, weshalb hier Beiträge nachgefordert würden, da die Personen ja jeweils über die Arbeitsagentur versichert gewesen seien, trifft dies gerade auf den Beigeladenen zu 3, aber auch auf den Beigeladenen zu 1 nach entsprechenden Aufhebungen der Bewilligungsbescheide, wie ausgeführt, auch aus diesem Grund nicht zu.

 

Dahinstehen kann, wie bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt worden ist, ob den beigeladenen Kraftfahrern für diese Beschäftigungen vom Kläger Lohn gegebenenfalls in bar oder als Sachleistungen ausgezahlt wurde oder ob dies nicht der Fall war, wie der Kläger als Angeklagter sowie später auch der Beigeladene zu 1 und die Beigeladenen zu 2 und 3 als Zeugen des Strafverfahrens in der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Potsdam am 8. Februar 2017 erklärt hatten. Denn das Entstehen eines Beitragsanspruchs ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht davon abhängig, ob geschuldetes (laufendes) Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wurde. Soweit hier keinerlei Lohnabrede zwischen den Beteiligten getroffen worden sein sollte, woran insbesondere bei dem Beigeladenen zu 1 erhebliche Zweifel bestehen, gilt nach § 612 BGB eine Vergütung jedenfalls als stillschweigend vereinbart, wenn die Leistung des Arbeitnehmers nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dies ist bei einem Arbeitsverhältnis, wie hier, der Fall. Denn nach § 611 Abs. 1 BGB hat der Arbeitnehmer grundsätzlich gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung als eine der Hauptpflichten des Arbeitgebers.

 

Ein rechtswirksamer Verzicht auf Arbeitsentgelt liegt zur Überzeugung des Senats in Bezug auf alle drei Kraftfahrer nicht vor. Zwar kommt es für die Wirksamkeit eines solchen im Wesentlichen nur darauf an, ob er arbeitsrechtlich zulässig ist, wie das Bundessozialgericht für den Fall einer der Entgeltumwandlung dienenden Änderung des Arbeitsvertrages entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 2. März 2010 – B 12 R 5/09 R – juris Rn. 20). Unabhängig davon hat der Arbeitgeber aber für jeden Beschäftigten und getrennt nach Kalenderjahren Entgeltunterlagen zu führen und geordnet aufzubewahren (§ 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Er ist zur nachvollziehbaren Dokumentation der Arbeitsverhältnisse auch unter dem Blickwinkel des Arbeitsentgelts verpflichtet (vgl. § 8 Abs. 1 der aufgrund der Ermächtigung des § 28n Nr. 7 SGB IV erlassenen Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags [Beitragsverfahrensverordnung, BVV] i.d.F. des Gesetzes vom 5. August 2010, BGBl. I S. 1127, i.V.m. vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 6 NachwG i.d.F. des Gesetzes vom 11. August 2014, BGBl. I S. 2474). Danach muss der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere zum Arbeitsentgelt, schriftlich niedergelegt haben. Die Pflicht zur Führung von Entgeltunterlagen besteht unabhängig von der Sozialversicherungspflicht und gilt auch für Beschäftigte, für die Beiträge nicht gezahlt werden müssen (vgl. § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV). Aufzeichnungspflichten bestehen daher etwa auch für zeitgeringfügige (kurzfristig) Beschäftigte (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 BVV). Entgeltunterlagen müssen außerdem für Personen geführt werden, die lediglich als Beschäftigte in der Sozialversicherung gelten (vgl. etwa § 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 SGB VI). Entsprechende Unterlagen wurden hier – von den Verzichtserklärungen abgesehen – schon nicht vorgelegt.

 

Im Übrigen ist es, wie auch vom Sozialgericht dargelegt worden ist, nicht glaubhaft, dass die erst im Widerspruchsverfahren bei der Beklagten eingereichten handschriftlichen Verzichtserklärungen der Beigeladenen zu 1 bis 3 auf Arbeitsentgelt bereits zu den jeweils angegebenen Daten erklärt und unterzeichnet worden waren. Trotz der detailliert protokollierten Beschlagnahme durch das HZA wurde das Vorhandensein dieser Unterlagen, die sich nach den Angaben des Klägers im Strafverfahren bis zum Beginn des Vorverfahrens bei jener befunden hätten und die sich nunmehr in den Handakten seines Prozessbevollmächtigten befinden, nicht festgestellt. Sie befinden sich dementsprechend auch nicht in dem dem Senat vorliegenden Beweismittelordner. Sie waren weder paginiert noch ergibt sich aus den Kopien, an welcher Stelle sie sich bei den beschlagnahmten Unterlagen befunden haben sollen. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierzu geäußerte Behauptung des Klägers, diese Urkunden seien vom die Untersuchungen leitenden Mitarbeiter des HZA augenscheinlich absichtlich außer Betracht gelassen worden, erschließt sich dem Senat bei dieser Sachlage nicht im Ansatz. Sie ist auch deshalb fernliegend, als das HZA zuletzt im Schlussbericht vom 20. März 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, die Beschuldigten hätten angegeben, kein Entgelt erhalten zu haben. Dem ins Blaue hinein getätigten Hinweis des Klägers auf ein offensichtlich gewünschtes Ermittlungsergebnis war seitens des Senats im Wege der Amtsermittlung nicht nachzugehen (vgl. § 103 SGG). Dafür, dass die Verzichtserklärungen zu den angegebenen Daten tatsächlich noch nicht vorgelegen hatten, spricht dagegen, dass der Beigeladene zu 1 noch bei seiner Vernehmung vor dem HZA am 25. April 2014 ausweislich der entsprechenden Niederschrift angegeben hatte, er habe vom Kläger für die Fahrten Geld erhalten, er wisse lediglich nicht mehr, wieviel dies gewesen sei; er habe auch die genehmigten 15 Stunden Arbeitszeit je Woche überschritten und bereut, dies getan zu haben. Soweit er im späteren Strafverfahren angegeben hatte, er habe sich wohl geirrt, erscheint dieses Umdenken nicht plausibel und vielmehr verfahrensangepasst. Schriftlich vor den gegenständlichen Zeiträumen gefertigte Verzichtserklärungen hatten vor Erlass des Betriebsprüfungsbescheides vom 16. Oktober 2015, mit dem die rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Verzicht umrissen worden waren, weder der Kläger noch die Beigeladenen zu 1 bis 3 erwähnt, welches indes naheliegend gewesen und sich angesichts der fortschreitenden strafrechtlichen Ermittlungen aufgedrängt hätte. Eine solche Verzichtserklärung wäre für den Beigeladenen zu 3 darüber hinaus entbehrlich gewesen, wäre dieser tatsächlich aufgrund der Maßnahmezuweisung außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses für den Kläger tätig geworden. Bei der gegebenen Sachlage drängt sich ferner als wirklichkeitsfremd auf, dass der Beigeladene zu 2, für den das HZA Tätigkeiten an 55 Arbeitstagen für den Kläger, mithin in erheblichem Umfang festgestellt hatte, wenngleich nach seinen Einlassungen teilweise nur für wenige Stunden, nicht zuvor wirksam auf Arbeitsentgelt verzichtet hatte. Entsprechendes hat auch dieser selbst weder in den laufenden Verfahren noch vor dem Senat geäußert, wo er allein wiederholt hat, kein Geld erhalten zu haben. Hierauf kommt es indes, wie bereits mehrfach, zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom Senat dargelegt worden ist, nicht an.

 

Schließlich ist, wie ebenfalls in der mündlichen Verhandlung geschehen, ergänzend darauf hinzuweisen, dass ein Verzicht, der nur dem Zweck diente, die Beitragslast des Arbeitgebers auf Kosten der Versichertengemeinschaft zu minimieren, als rechtsmissbräuchlich und versicherungsrechtlich damit unbeachtlich anzusehen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 1976 – 5 RJ 119/75 – juris Rn. 15). Gerade dies dürfte hier der Fall gewesen sein, soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, die Beigeladenen zu 1 bis 3 seien doch sämtlich aufgrund entsprechender Transferleistungen sozialversicherungsrechtlich versichert, mithin eine Meldung durch ihn gewissermaßen entbehrlich gewesen.

 

Die  Beitragsbemessung durfte sodann auf der Grundlage einer fiktiven Hochrechnung der festgestellten Durchschnittsbruttolohnsummen erfolgen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt wurden. Illegal ist ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinn, wenn objektiv zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts (Zahlungs-, Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten) verletzt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R – juris). Die in § 1 Abs. 3 SchwarzArbG in der erst ab 18. Juli 2019 geltenden Fassung (Gesetz vom 11. Juli 2019 [BGBl. I S. 1066]) enthaltene Legaldefinition des Begriffs der illegalen Beschäftigung gilt zwar nicht rückwirkend für den streitigen Zeitraum. Wie ausgeführt, ist höchstrichterlich aber bereits zuvor der objektive Tatbestand des illegalen Beschäftigungsverhältnisses dahin ausgelegt worden, dass jedenfalls Fälle des Verstoßes gegen zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts und des Steuerrechts – wie hier – erfasst sind. Hinsichtlich der nunmehr eingeführten Legaldefinition in § 1 Abs. 3 SchwarzArbG geht insoweit auch der Gesetzgeber von einer Klarstellung aus (BT-Drs. 19/8691 S. 43). Dies – ein Verstoß gegen zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts – ist vorliegend gegeben. Es ist auch nicht von einer fahrlässigen Fehlbeurteilung auszugehen. Nach den Gesamtumständen handelte der Kläger vielmehr, welches für die Anwendung dieser Regelung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal erforderlich ist, zumindest mit bedingtem Vorsatz in Bezug auf die verletzten Pflichten (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2011 a.a.O. Rn. 15). Dies ergibt sich hier schon daraus, dass zur Überzeugung des Senats nachträglich Verzichtserklärungen geschrieben und auch vom Kläger unterzeichnet wurden, um den Anschein von sozialversicherungsfreien Freundschaftsdiensten, Probearbeitsverhältnissen o.ä. zu erwecken. In diesem Rahmen ist es ausreichend, dass der Arbeitgeber seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2020 – L 11 BA 2873/19 – juris Rn. 31).

 

Gemäß § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nach Satz 2 nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (Satz 3). So liegt es hier.

 

Der Kläger hat seine Aufzeichnungspflicht nach § 28f Abs. 1 SGB IV, wie ausgeführt, nicht ordnungsgemäß erfüllt. Danach hat der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Entgeltunterlagen im Geltungsbereich des SGB IV in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren.  Nicht ordnungsgemäß erfüllt werden die arbeitgeberseitigen Aufzeichnungspflichten dann, wenn die aufzeichnungspflichtigen Tatsachen gemäß § 8 der aufgrund der Ermächtigung des § 28n Nr. 7 SGB IV erlassenen Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Beitragsverfahrensverordnung) vorgeschriebenen Aufzeichnungen nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht zeitgerecht oder in einer Weise geführt werden, die einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit keinen Überblick über die Lohnabrechnung erlaubt (vgl. Werner in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage 2016, § 28f Rn. 51). Aufzeichnungen, die diesen Anforderungen genügen, hat der Kläger nicht geführt bzw. trotz entsprechender Aufforderung der Beklagten im Betriebsprüfungsverfahren (vgl. etwa das Anhörungsschreiben der  Beklagten vom 16. März 2015) nicht vorgelegt. Auf ein Verschulden kommt es insofern nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 – B 12 KR 12/01 R – juris Rn. 22).

 

Zwar darf ein Summenbeitragsbescheid nicht erlassen werden, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Solches ist hier indes aus vorstehenden Gründen nicht der Fall. Insofern liegt eine Verletzung der behördlichen Pflicht zur Amtsermittlung gemäß §§ 20, 21 SGB X (vgl. zu diesem Maßstab der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit eines Summen- bzw. Schätzbescheides BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 R 4/17 R – juris Rn. 22) nicht vor. Denn aussagekräftige und auf die beigeladenen Kraftfahrer bezogene Entgeltunterlagen waren nicht vorhanden und wurden, wie ausgeführt, auch vom Kläger trotz entsprechender Aufforderung nicht vorgelegt. Im Übrigen ist bereits die unterbliebene Mitwirkung und Nichtvorlage von Unterlagen durch den Kläger einer fehlenden und unzureichenden Dokumentation gleichzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 R 4/17 – a.a.O.).

 

Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung des Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV, bei der es sich nicht um eine Ermessensausübung handelt, sondern eine im Wege der Beweiswürdigung getroffene tatsächliche und insofern gerichtlich voll nachprüfbare Feststellung (vgl. Sehnert in Hauck/Noftz SGB IV, Stand: 12/19 § 28f Rn. 10), ist nicht zu beanstanden. Die in Anlehnung an das Steuerrecht (vgl. § 162 AO) vorzunehmende Schätzung soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen, wobei die Beklagte von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen auszugehen und eigene, sozialversicherungsrechtliche Maßstäbe anzulegen hat (vgl. Werner a.a.O. Rn. 65ff.). Nach Absatz 2 Satz 3 hat der Rentenversicherungsträger dabei das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Rechtswidrig ist dagegen eine Schätzung, wenn willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgegangen wurde. Nach dem vorstehenden Maßstab ist die vorgenommene Schätzung auf der Grundlage der im selben Zeitraum vom Kläger gezahlten Bruttodurchschnittslöhne nicht zu beanstanden. Eine hiervon abweichende Beitragspflicht oder Beitragsfreiheit bzw. Arbeitsentgelte in anderer Höhe wurden weder nachgewiesen noch bestehen hierfür nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens Anhaltspunkte.

 

Die Befugnis zur Festsetzung von Säumniszuschlägen beruht auf § 24 Abs. 1 SGB IV. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB IV nur dann nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Da der Kläger jedenfalls mit bedingtem Vorsatz handelte, bestand keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R – juris).

 

Gegen weitere Berechnungsfaktoren für die Höhe der Nachforderung und der Säumniszuschläge hat der Kläger keine Einwände erhoben (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab BSG, Urteile vom 7. Juni 2018 – B 12 KR 1/17 R – juris Rn. 25; vom 18. Januar 2018 – B 12 R 3/16 R – juris Rn. 25). Fehler sind insofern auch nicht erkennbar.

 

Die aus den Jahren 2010 bis 2012 resultierende Nachforderung ist schließlich nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge, wie hier, verjähren dagegen erst in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (Satz 2 der Vorschrift).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladenen keine Anträge gestellt und damit kein Kostenrisiko auf sich genommen haben, ist eine Belastung des Klägers mit deren außergerichtlichen Kosten nicht veranlasst (§ 197a SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO; vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2009 – B 14 AS 34/07 R –).

 

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

 

Rechtskraft
Aus
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