L 5 KA 1255/20 KL

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5.
1. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1255/20 KL
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Aufsichtsmaßnahmen sind rechtswidrig, wenn sich das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren bewegt.
2. Ist Gegenstand der aufsichtsrechtlichen Maßnahme ein Vertrag zwischen Selbstverwaltungsträgern, hat die Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen, dass vertragliche Vereinbarungen auf einen Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben.
3. Die im Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 456. Sitzung aufgestellten Kriterien zur Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen nach § 87a Abs. 2 S. 3 SGB V sind für die Gesamtvertragpartner verbindlich.
4. Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung sind nicht von der Förderung durch einen Zuschlag auf den Punktwert ausgeschlossen.
5. Die Vereinbarung von Zuschlägen nach § 87a Abs. 2 S. 3 SGB V ist nicht beschränkt auf Planungsbezirke, bei denen ein lokaler Versorgungsbedarf besteht, die unterversorgt sind oder denen eine Unterversorgung droht.
6. Für die Entscheidung, ob und für welche Planungsbereiche Förderungen vereinbart werden, ist den Vertragspartnern der Gesamtverträge - und bei einer vertragssubstituierenden Entscheidung dem Schiedsamt - ein weiter Beurteilungsspielraum einzuräumen.

Der Bescheid des Bundesamtes für Soziale Sicherung vom 14.04.2020 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

Der Streitwert wird endgültig auf 2,5 Mio. € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziale Sicherung (im Folgenden BAS), mit dem es den Schiedsspruch des Landesschiedsamtes über die Festsetzung des Vertragsinhaltes zur Vergütung der vertragsärztlichen Versorgung in B beanstandet.

Nach mehreren Verhandlungen auf Vorstands- und Fachebene stimmten die Gesamtvertragspartner am 17.10.2019 eine Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020 ab, die mit Ausnahme der I (im Folgenden Beigeladene zu 2) von allen Vertragspartnern unterzeichnet wurde. Die Beigeladene zu 2) stellte ihre Unterzeichnung unter den Vorbehalt einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Vergütungsvereinbarung durch das Bundesversicherungsamt (seit 01.01.2020 BAS). Diese Vorabfrage ergab, dass die Vergütungsvereinbarung nach Einschätzung des BAS in drei Punkten nicht den Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (SGB V) und dem Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 22.10.2012 entsprach (Punktzahlerhöhung bei besonders förderungswürdigen Leistungen im Rahmen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, Umgang mit nicht verbrauchten Restbeträgen aus dem zur Verfügung gestellten Förderungsbetrag, eingehende Begründung der besonders förderungswürdigen Leistungen entsprechend der Vorgaben des BewA). Die Beigeladene zu 2) brach daraufhin das Unterschriftsverfahren ab.

Mit Schreiben vom 08.11.2019 beantragte die Klägerin zu 2), die Kassenärztliche Vereinigung B (KVBW), beim Landesschiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung B ein Schiedsamtsverfahren nach § 89 Abs. 3 SGB V. Die Klägerin zu 2) beantragte zunächst den ursprünglichen Vertragsentwurf festzusetzen. Dem schloss sich die Klägerin zu 1), die AOK B, an. Der Verband der Ersatzkassen (Beigeladene zu 1), der B1 (Klägerin zu 3), die Beigeladene zu 2), die S (Beigeladene zu 3) und die D (Beigeladene zu 4) beantragten die Vergütungsvereinbarung auf Basis der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung unter Berücksichtigung der Kritikpunkte des BAS festzusetzen. Während des Verfahrens erging der Beschluss des BewA auf seiner 456. Sitzung mit Wirkung zum 01.10.2019, der Kriterien zur Vereinbarung der Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V enthält. Die Klägerinnen zu 1) und 2) legten daraufhin unter dem 11.12.2019 einen aktualisierten Vertragsentwurf vor.

Aufgrund mündlicher Verhandlung am 17.12.2019 setzte das Landesschiedsamt den von den Klägerinnen zu 1) und 2) vorgelegten Vertragsentwurf vom 11.12.2019 mit Änderungen fest. Zur Begründung gab das Landesschiedsamt an, bei zwei der drei vom BAS in dessen Schreiben vom 13.11.2019 beanstandeten Punkten der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung hätten Antragsteller und Antragsgegner im Rahmen des Schiedsverfahrens eine Einigung erzielt. Dies betreffe sowohl die Restbeträge aus dem zur Verfügung gestellten Förderungsbetrag als auch die Begründung der besonders förderungswürdigen Leistungen. Strittig sei geblieben, ob die Vergütung der besonders förderungswürdigen Leistungen im Rahmen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) erfolgen könne oder ob es hier zwingend einer extrabudgetären Vergütung bedürfe. Die im Jahre 2020 nicht verbrauchten Mittel würden zur Finanzierung der besonders förderungswürdigen Leistungen der nächsten Vergütungsvereinbarung überführt und bei der Verständigung über die Höhe der Finanzierung berücksichtigt. Diese Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 des aktualisierten Vertragsentwurfes belasse den Gesamtvertragspartnern der nächsten Vergütungsvereinbarung in finanzieller Hinsicht noch eine hinreichende Flexibilität. Die Einwände des BAS gegen die aus seiner Sicht unzureichende Darlegung von Versorgungsmängeln seien jedenfalls mit Inkrafttreten des aktuellen Beschlusses des BewA in seiner 456. Sitzung zum 01.10.2019 entfallen. Die festgesetzte Vergütungsvereinbarung für 2020 und dessen Anlagen definiere entsprechend dieses Beschlusses überprüfbare Ziele der einzelnen Förderungsmaßnahmen, Regelungen zum Förderungszeitraum und zur Bewertung der Zielerreichung. Die Darlegung von Versorgungsmängeln sei hiernach nicht mehr erforderlich. Das Schiedsamt stütze sich zur Begründung der festgesetzten besonders förderungswürdigen Leistungen auf die Anlage AS 10 (Anlage 2 zur Niederschrift vom 17.12.2019), die nicht Bestandteil der festgesetzten Vergütungsvereinbarung 2020 sei. Weiter führte das Schiedsamt aus, das SGB V enthalte keine Vorschrift dahingehend, dass Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V stets extrabudgetär vergütet werden müssten. Die gesetzlichen Regelungen ließen es zu, Zuschläge für besonders förderungswürdigen Leistungen entweder im Rahmen der MGV oder extrabudgetär zu vergüten. Durch die Vergütung der besonders förderungswürdigen Leistungen innerhalb der MGV entstünden den Krankenkassen in finanzieller Hinsicht keine Nach-, sondern eher Vorteile. Sofern künftig keine Limitierung der Fördersumme erfolge, berge die extrabudgetäre Vergütung die Gefahr eines unvorhergesehen starken Wachstums der betreffenden Ausgaben und damit einer Verletzung der Beitragssatzstabilität. Der Forderung des BAS, dass eine Förderung nach § 87a Abs. 2 SGB V aus zusätzlich bereitgestellten Geldern erfolgen müsse, trage § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vergütungsvereinbarung von 2020 Rechnung. Dort sei vorgesehen, die MGV zu erhöhen, damit die für den bislang extrabudgetär vergüteten hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplex (Zuschlag zur Ziffer 03362 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs <EBM>) aufgewendeten Mittel in die MGV überführt würden und auch zusätzlich zur Verfügung stünden. Diese Regelung sei rechtmäßig und zur Sicherstellung der Finanzierung des Zuschlags vom Schiedsamt in die Vergütungsvereinbarung übernommen worden.

Die vom Schiedsamt festgesetzte Vergütungsvereinbarung für 2020 (als Anlage zum Gesamtvertrag) gemäß §§ 83, 85 Absatz 1 und 2 i.V.m. § 87a SGB V zwischen der Klägerin zu 2) auf der einen Seite und der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) sowie den Beigeladenen auf der anderen Seite enthält u.a. folgende Regelungen:

(…)

§ 4 Vorhersehbare morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV)

(1) Vereinbarter, bereinigter Behandlungsbedarf im Vorjahresquartal

¹Ausgangspunkt der Berechnung kassenspezifischer Behandlungsbedarfe für jedes Abrechnungsquartal des Jahres 2020 ist die Feststellung des insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KVBW für das Vorjahresquartal vereinbarten, bereinigten Behandlungsbedarfs. (…)

(2) …¹⁶Aufgrund der Überführung der regionalen Förderzuschläge für hausärztlich geriatrische Leistungen (GOP 99985 lt. § 8 der Vergütungsvereinbarung 2019) in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung wird der Behandlungsbedarf in den vier Quartalen des Jahres 2020 um jeweils 10.856.911 Punkte erhöht. (…)

§ 7 Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung

(…)

(2) Die Vergütung der Leistungen nach Abs. 1 erfolgt mit dem regionalen Punktwert nach § 2 i.V.m. den Zuschlägen nach § 8 bzw. mit den im EBM oder in regionalen Vereinbarungen festgelegten Pauschalen.

(3) ¹Abweichend von Absatz 2 werden folgende Leistungen mit einem Zuschlag zum regionalen Punktwert vergütet:

1. Leistung des Mammographie-Screenings GOP 01759 EBM mit 1,2378 Cent.

2…

3. Belegärztlichen Leistungen nach Kapitel 36 EBM sowie die Leistungen nach den GOP 13311, 17370, 08410 bis 08416 EBM, sofern sie auf Belegarztschein erbracht werden, mit 1,5250 Cent.

²Die überprüfbaren Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen sowie der Zeitraum bis zur Bewertung der Zielerreichung sind als Anlage 7 beigefügt. ³Es wird klargestellt, dass die Zuschläge gemäß Satz 1 außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 4 vergütet werden. (…)

§ 8 Besonders förderungswürdige Leistungen

(1) ¹Zur Finanzierung der besonders förderungswürdigen Leistungen im Jahr 2020 vergüten die Kassen für den Bereich der KVBW gemeinsam und einheitlich einen Betrag in Höhe von 7,61 Mio. €. ²Die KVBW verwendet diesen Betrag für die in Anlage 4 aufgeführten Leistungen. ³Sollte dieser Betrag im Jahr 2020 nicht ausgeschöpft werden, werden die nicht verbrauchten Mittel zur Finanzierung der besonders förderungswürdigen Leistungen der nächsten Vergütungsvereinbarung überführt und bei der Verständigung über die Höhe der Finanzierung berücksichtigt. (…)

§ 9 Besonders förderungswürdige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung

¹Auf der Grundlage der Kriterien des BewA vereinbaren die Vertragspartner gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V unter Berücksichtigung von § 83 Abs. 1 Satz 4 SGB V einen Zuschlag auf den regionalen Punktwert gemäß § 2 dieser Vereinbarung auf folgende abgerechnete und anerkannte Gebührenordnungspositionen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. ²Die überprüfbaren Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen sowie der Zeitraum bis zur Bewertung der Zielerreichung sind als Anlage 5 beigefügt.

Psychiatrisches Gespräch (…)

Förderung der onkologischen und/oder immunologischen Betreuung (…)

Nicht-ärztliche Praxisassistentinnen (…)

Subkutane Immuntherapie (SCIT) (…)

Radiologie bei onkologischen Patienten mit gesicherter Diagnose gemäß Anlage 7 BMV-Ä in der jeweils gültigen Fassung angepasst an den jeweils gültigen ICD 10 (…)

Hausärztlich geriatrischer Betreuungskomplex (…)

Chronikerpauschale (…)

U3 (…)

§ 10 Besonders förderungswürdige Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung

¹Auf der Grundlage der Kriterien des BewA vereinbaren die Vertragspartner gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V unter Berücksichtigung von § 83 Abs. 1 Satz 4 SGB V einen Zuschlag auf den regionalen Punktwert gemäß § 2 dieser Vereinbarung auf folgende abgerechnete und anerkannte Gebührenordnungspositionen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. ²Die überprüfbaren Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen sowie der Zeitraum bis zur Bewertung der Zielerreichung sind als Anlage 6 beigefügt.

Konfirmationsdiagnostik (…)

Osteodensitometrie (…)

Geburtshilfe (…)

Anhang zu Anlage 4 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020

¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem Förderungsjahr 2020 fest. ²Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.

Bezeichnung

Überprüfbares Ziel(e)

Pricktest (GOP 99992)

1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit> 0%) und/oder

2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die den Pricktest durchführen (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1)

Besuch im Pflegeheim (GOP 99980)

1. Reduzierung des Rückgangs der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Prozentualer Rückgang der Häufigkeit) und/oder

2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte, die Pflegeheimbesuche leisten und/oder

3. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, die Besuche anbieten (Anzahl Besuche pro Arzt/Praxis)

Behandlung des diabetischen Fußes (GOP 99984)

1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit > 0%)

2. Vermeidung stationärer Behandlungen (Entwicklung der Anzahl stationärer Aufenthalte je Patient mit Abrechnung dieser GOP)

Substitution (GOP 99830)

1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, um die insgesamt rückläufige Leistungserbringung zu reduzieren (Anzahl substituierter Patienten pro Arzt/Praxis) und/oder

2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte, die Substitution leisten

Pauschale ärztl. Leistungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe nach § 119a SGB V (J-Diakonie M) (GOP 99982A)

Behinderte können im Rahmen der Ermächtigung in der Einrichtung weiter versorgt werden.

Pauschale ärztl. Leistungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe nach § 119a SGB V (Ezentrum K) (GOP 99982B)

Behinderte können im Rahmen der Ermächtigung in der Einrichtung weiter versorgt werden.

Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (GOP 99620)

Umsetzung der Landesrahmenvereinbarung.

Anlage 5 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020

Besonders förderungswürdige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 9

¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem Förderungsjahr 2020 fest. ²Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.

Bezeichnung

Überprüfbare Ziel(e)

Psychiatrisches Gespräch (GOP 99996)

1. Reduzierung des Rückgangs der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Prozentualer Rückgang der Häufigkeit) und/oder

2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte/Praxen, die Psychiatrische Gespräche anbieten und/oder

3. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, die Psychiatrische Gespräche anbieten (Anzahl Psychiatrisches Gespräch pro Arzt/Praxis)

Förderung der onkologischen und/oder immunologischen Betreuung (GOP 99983)

1. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit insgesamt oder pro Arzt/Praxis und/oder

2. Vermeidung stationärer Behandlungen (Entwicklung der Anzahl stationärer Aufenthalte je Patient mit Abrechnung dieser GOP)

Nichtärztliche

Praxisassistentinnen (NäPA) (GOP 99981)

1. Steigerung der Anzahl der genehmigten NäPA (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1) und/oder

2. Steigerung der Gesamtfallzahl in einer Praxis mit genehmigten NäPA im Verhältnis zu Gesamtfallzahl einer Praxis ohne genehmigte NäPa

Subkutane Immuntherapie (SCIT) (GOP 99995, 99991)

1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit> 0%) und/oder

2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die eine SCIT durchführen (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1)

Radiologie bei onkologischen Patienten mit gesicherter Diagnose gemäß Anlage 7 BMV-Ä in der jeweils gültigen Fassung angepasst an den jeweils gültigen ICD 10 (GOP 99565 bis 99596 99160 bis 99182 99183 bis 99198 99260 bis 99282)

1. Reduzierung der Patienten mit Abrechnungen der genannten GOPS bei verschiedenen Praxen (Effizienz der Versorgung) und/oder

2. Steigerung der genannten GOPs bei Patienten mit entsprechender gesicherter Diagnose pro Behandlungsfall

Hausärztlich geriatrischer Betreuungskomplex (GOP 99985)

1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit > 0%) und/oder

2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die einen hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplex durchführen (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1)

Chronikerpauschale (GOP 99957, 99958)

1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit> 0%) und/oder

2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die eine Chronikerpauschale abrechnen (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1)

U3 (GOP 99959)

1. Erweiterung des Angebots (Anzahl Ärzte, die U3 abrechnen) und/oder

2. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis (Steigerung der Häufigkeit > 0% pro Arzt/Praxis)

Anlage 6 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020

Besonders förderungswürdige Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 10

¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem Förderungsjahr 2020 fest. ²Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.

Bezeichnung

Überprüfbare Ziel(e)

Konfirmationsdiagnostik (GOP 99910)

Steigerung der Anzahl der Ärzte, die eine Dokumentation an die Trackingzentrale weiterleiten

Osteodensitometrie (GOP 99911, 99912)

1. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die die Genehmigung zur Erbringung der Osteodensitometrie haben und/oder und/oder

2. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit der Osteodensitometrie insgesamt

Geburtshilfe (GOP 99956)

Erhalt der Anzahl der Belegärzte, die belegärztliche Geburtshilfe anbieten durch Erstattung der tatsächlichen regionalen Kosten der Haftpflichtversicherung

Anlage 7 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020

Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 7 Abs. 3

¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem Förderungsjahr 2020 fest. ²Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.

Bezeichnung

Überprüfbare Ziel(e)

Mammographie-Screening (GOP 01759 EBM)

1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit der Vakuumbiopsien insgesamt und/oder

2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die Vakuumbiopsien durchführen

Substitution (Abschnitt 1.8 EBM)

1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, um die insgesamt rückläufige Leistungserbringung zu reduzieren (Anzahl substituierter Patienten pro Arzt/Praxis) und/oder

2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte, die Substitution leisten

Belegärztliche Leistungen (Kapitel 36 EBM GOP 13311, 17370, 08410 bis 08416 EBM, sofern auf Belegarztschein erbrach)

1. Reduzierung des Rückgangs der belegärztlichen Leistungen (Prozentualer Rückgang der Häufigkeit) und/oder

2. Beibehaltung der Belegärzte und/oder

3. Steigerung der Belegärztlichen Leistungen pro Arzt/Praxis (Anzahl Belegarztleistungen pro Arzt/Praxis)

Gegen den Schiedsspruch vom 17.12.2019 hat keiner der Verfahrensbeteiligten Klage erhoben.

Die Vergütungsvereinbarung wurde in der Folgezeit von den Vertragspartnern (einvernehmlich) rückwirkend zum 01.01.2020 geändert („1. Änderungsvereinbarung“). Die vorliegend betroffenen Bestimmungen blieben unverändert (vgl. Bl. 463 ff. LSG-Akte).

Mit Schreiben vom 09.04.2020 teilte das Ministerium für Soziales und Integration B mit, dass es nach Prüfung der Schiedsentscheidung gegenüber den seiner Rechtsaufsicht unterliegenden Kranken- und Ersatzkassen sowie der Klägerin zu 2) die Gesamtvergütungsvereinbarung 2020 nicht beanstande.

Den mit Schiedsspruch festgesetzten Gesamtvergütungsvertrag für 2020 (eingegangenen beim BAS am 18.02.2020) beanstandete das BAS mit Bescheid vom 14.04.2020 in Bezug auf einzelne Regelungen. Im Einzelnen beanstandete es § 4 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 2 Satz 16, § 7 Abs. 3 Ziffer 1 und 3 und Anlage 7 betreffend die Leistungen des Mammographie-Screenings und der belegärztlichen Leistungen, § 8 und Anlage 4, § 9 und Anlage 5 sowie § 10 und Anlage 6 betreffend die Regelungen zur Förderung der Leistungen Konfirmationsdiagnostik und Osteodensitometrie. Darüber hinaus beanstandete es § 7 Abs. 2, soweit eine Vergütung unter Anwendung des beanstandeten § 8 des festgelegten Vertrages geregelt ist. Zur Begründung gab das BAS an, die Regelungen entsprächen nicht den Anforderungen, die nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V i.V.m. dem Beschluss des BewA vom 25.11.2019 an die Ausgabenbereitstellung zur regionalen Förderung von Leistungen gestellt würden. Die beanstandeten Ausgabenregelungen seien rechtswidrig. Im Einzelnen wurde ausgeführt:

Die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vergütungsvereinbarung sei rechtswidrig, weil der Behandlungsbedarf der MGV unzulässig erhöht werde, um eine Leistungsförderung (Hausärztlicher geriatrischer Betreuungskomplex) zu finanzieren. Die Anpassung des Behandlungsbedarfs sei jedoch nur auf der Grundlage von Veränderungen des Leistungsumfanges auf der Grundlage der Leistungsfestlegungen des EBM unter Beachtung der Vorjahresanknüpfung zulässig. Die vorgenommene Steigerung des Behandlungsbedarfes um insgesamt 43.427.644 Punkte entspreche aber keiner festgestellten Veränderung des Behandlungsbedarfes. Dennoch werde eine Veränderung basiswirksam etabliert. Die durch die Punktzahlvolumensteigerung zusätzlich bereitgestellten Mittel in Höhe von 4.771.438,67 Mio. € würden nicht rechtskonform verausgabt.

Auch für die übrigen in § 9 der Vergütungsvereinbarung geregelten Zuschläge auf die dort benannten Gebührenpositionen für Leistungen seien die vereinbarten Ausgaben nicht rechtskonform geregelt. Die Entscheidung des Landesschiedsamtes enthalte keine Regelungen für die erforderliche Ausgabensteigerung. Da bereits die Finanzierung von Leistungsförderungen in den Honorarvereinbarungen für die Jahre vor 2020 rechtswidrig durch Anpassungen des Behandlungsbedarfs vorgenommen worden seien und diese noch (weil basiswirksam) im Punktzahlvolumen aufsetzend auf das Jahr 2019 für die Berechnung der Gesamtvergütung auf Grundlage von § 4 Abs. 1 enthalten seien, sei die Gesamtvergütungsberechnung wegen einer fehlenden adäquaten Bereinigungsregelung rechtswidrig. Um den Behandlungsbedarf für das Jahr 2020 rechtskonform anzupassen, müsste damit das Punktzahlvolumen um die in den Vorjahren rechtswidrig für Leistungsförderungen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V erhöhten Punktzahlmengen verringert werden.

Auch § 8 der Vergütungsvereinbarung sei rechtswidrig, weil nicht berücksichtigt werde, dass sich für die Vereinbarungen zu Zuschlägen nach § 87a Abs. 2 SGB V eine Basiswirksamkeit verbiete. Es entspreche nicht der gesetzlichen Systematik des § 87a Abs. 2 SGB V, sog. Förderbudgets im Voraus betragsmäßig festzulegen. Die Neufassung des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 räume zwar die Festlegung von Obergrenzen ein. Diese seien jedoch gem. der Ziffer 4 des Beschlusses zum einen für jede (jeweilige) Fördermaßnahme einzeln zu bestimmen, zum anderen regele das Festlegen einer Obergrenze nur die Begrenzung der möglichen Zuschlagssumme. Für das Festlegen der verbindlichen, zudem über das Vereinbarungsjahr hinausgehenden Fördergesamtsumme gebe es, keine rechtliche Grundlage. Es handele sich hierbei nicht um eine Abrechnungsregelung für etwaige Restbeträge. Die Regelung sei vielmehr als Vergütungszusage auszulegen. Damit sei auch die Vergütungsregelung in § 7 Abs. 2 der Vergütungsvereinbarung rechtswidrig, weil dort die Anwendung der Zuschläge nach § 8 vorgesehen werde.

§ 10 und Anlage 7 seien rechtswidrig, weil nicht berücksichtigt werde, dass Leistungen, die über die Regelversorgung hinausgingen, der regionalen Vergütungsvereinbarung auf der Grundlage von § 87a SGB V nicht zugänglich seien, und eine rechtskonforme Ausgabenregelungen an die Zuordnung des Zuschlags nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V auf den Orientierungswert unter transparent dargelegter Zuordnung an Gebührenordnungspositionen (GOP) des EBM gebunden sei, deren Leistungslegende die geförderte Leistung zumindest fakultativ enthalte. Die in § 10 i.V.m. Anlage 7 und in Anlage 2 der Vergütungsvereinbarung beschriebene Leistung „Konfirmationsdiagnostik“ sehe einen Zuschlag zur GOP 20327 des EBM (Hörschwellenbestimmung) vor; ausweislich des beschriebenen Förderungsziels (jedwede Steigerung von Ärzten, die eine spezielle Dokumentation an die Trackingzentrale an der Universität H weiterleiten) werde jedoch eine ärztliche Leistung honoriert, die nicht Gegenstand dieser GOP sei. Für die Förderungen in Anlage 4 Abschnitt 2 der als „Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder“ beschriebenen Leistung fehle ein Bezug zu einer GOP des EBM sowie eine Festlegung zur Höhe des Zuschlags. Mangels Transparenz über die Art der geförderten Leistung sei die Ausgabensteigerung nicht rechtmäßig. Der Verweis auf „Regelungen der Landesrahmenvereinbarung vom 1. Juni 2014“ in den Erläuterungen in Anlage 2 des Gesamtvergütungsvertrages sei nicht ausreichend, um die Anforderungen an die Regelung nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V zu erfüllen. Auch für die Förderungen von Pauschalen für ärztliche Leistungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe nach § 119a SGB V beschränkt auf die konkret benannten Einrichtungen J-Diakonie M und Ezentrum K werde rechtswidrig keine Zuschlagshöhe unter Bezugnahme auf eine EBM-Ziffer festgelegt. Bezogen auf die Leistungserbringung in Einrichtungen nach § 119a SGB V sei es zwar möglich, die Vergütung gem. § 120 Abs. 3 SGB V zu pauschalieren. Eine Pauschalierung stehe dann jedoch der Zuschlagssystematik des § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V, der sich auf die Anrechnung bestimmter GOP des EBM beziehe, entgegen. Zudem eröffne die Ermächtigungsgrundlage des § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V zumindest außerhalb der Leistungserbringerförderung auf der Grundlage von Beschlüssen nach § 100 Abs. 1 und 3 SGB V keine Möglichkeit der Förderung einzelner Leistungserbringer.

Die Regelungen des § 7 Abs. 3 Ziffern 1 und 3 und Anlage 7 betreffend die Leistungen des Mammographie-Screenings und der belegärztlichen Leistungen, § 8 und Anlage 4, § 9 und Anlage 5 sowie § 10 und Anlage 6 betreffend die Förderung der Leistungen "Konfirmationsdiagnostik" und „Osteodensitometrie“ der Anlage 1 zur Niederschrift der Vergütungsvereinbarung entsprächen nicht den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019. Es bestünden Zweifel, ob die isolierte Betrachtung von Fallzahlen oder der Anzahl abrechnender Ärzte den Anforderungen des Beschlusses genügten. Eine Verbesserung der Versorgung setze grundsätzlich voraus, dass diese im Leistungsgeschehen, bspw. durch die Verbesserung des Zugangs zur Leistung ankomme. Die Erbringung einer einzigen zusätzlichen Leistung im gesamten Evaluationszeitraum (bis 2024) in einer Fachrichtung oder die Steigerung der abrechnenden Ärzte (bspw. Diabetologen) um einen weiteren Arzt werde den Anforderungen des Beschlusses nicht gerecht. Im Übrigen bedürfe es zur Begründung jeder Leistungsförderung der Darstellung des Förderzieles. Die Gesamtvergütungsvertragspartner hätten im Anhang zu Anlage 4, und den Anlagen 5, 6 und 7 das Förderziel regelmäßig offengelassen, indem alternativ („und/oder“) die Steigerung der Abrechnungshäufigkeit bzw. die Steigerung der Anzahl der Ärzte als Ziel ausreiche. Sollte am Ende des Evaluationszeitraums (2024) die Fallzahl sinken, die Zahl der abrechnenden Ärzte aber um einen Arzt steigen, genüge dies als positives Evaluationsergebnis. Tatsächlich verbessere sich hierdurch die Versorgung nicht. Diese Evaluationsziele rechtfertigten daher keine Förderung und seien damit rechtswidrig. Für die Formulierung des Förderziels „Qualitätsveränderung“ genüge es nicht, wenn die Fallzahlen oder die Zahl der abrechnenden Ärzte gesteigert würden. In Bezug auf das Förderziel „Vermeidung stationärer Krankenhausbehandlungen oder unnötige Krankentransporte“ genüge es nicht, schlicht alternativ die Abrechnungshäufigkeit einer bestimmten Leistung im ambulanten Bereich oder die Reduzierung der Anzahl stationärer Behandlungsfälle je Patient, bei dem die zu fördernde Leistung abgerechnet worden sei, zu betrachten. Hinsichtlich des Förderziels „Reduzierung von bestehenden oder sich abzeichnenden Versorgungsmängeln“ werde nicht zu jeder Leistungsförderung die Versorgungssituation dargelegt. Im Einzelnen mangele es an einer hinreichenden Begründung der Förderungswürdigkeit der im Gesamtvergütungsvertrag vorgesehenen 20 Leistungsarten für Förderungszuschläge nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V aus folgenden Gründen:

Die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einem Pricktest mehr als im Jahr vor Einführung der Förderung sei marginal und deshalb als willkürlich zu bewerten (Anhang 4 zu Anlage 4 bzgl. Pricktest GOP 99992 als Zuschlag zur GOP 30111 EBM). Auch die Veränderung bei den abgerechneten Hausbesuchen sei marginal und daher als willkürlich zu bewertende Veränderung ungeeignet, um rechtskonform die Förderziele zu rechtfertigen (Anhang 4 zu Anlage 4 bzgl. Besuch im Pflegeheim GOP 99980 als Zuschlag zur GOP 01410 oder 01413 EBM). Zudem passten die dargelegten Zahlen zum Versorgungsmangel in der hausärztlichen Versorgung nicht zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung festgestellt sei oder drohe. Das Förderziel für die Behandlung des diabetischen Fußes („Verbesserung der Ergebnisqualität und/oder Vermeidung von stationären Behandlungen“; GOP 99984 als Zuschlag auf die GOP 02311 EBM) werde als erreicht angesehen, wenn eine Behandlung mehr abgerechnet werde. Dabei werde die Entwicklung der Anzahl der stationären Aufenthalte betrachtet. Eine Betrachtung des Anlasses des stationären Aufenthaltes (ggf. Geburt oder Unfall) erfolge nicht. Auch werde keine konkrete Fallzahl bzgl. der Vermeidung der stationären Behandlungen festgelegt, sodass es deshalb bereits an der Überprüfbarkeit dieses Zieles mangele. Hinsichtlich der Substitution (GOP 99830 als Zuschlag bei mindestens 50 abgerechneten GOP des Abschnittes 1.8 EBM) sei bereits die genaue Anforderung an die Voraussetzung für die Zuschlagszahlung unklar. Zudem sei auch das in der Anlage 2 zur Entscheidung des Landesschiedsamtes dargelegte Förderziel, die Angebotssteigerung größerer Substitutionspraxen im Hinblick auf eine größere Patientenzahl auszuweiten, mit den für die Bewertung der Zielerreichung festgelegten Indikatoren im Anhang zu Anlage 4 des Gesamtvergütungsvertrages nicht kompatibel. Für die Förderungen gem. Abschnitt 2 zu Anlage 4 der Anlage 1 des Gesamtvergütungsvertrages (GOP 9982A, 9982B und 99620 ohne Bezugnahme auf den EBM) würden keine überprüfbaren Ziele benannt. Die Darlegungen im Anhang zu Anlage 4 des Gesamtvergütungsvertrages beschrieben lediglich völlig unspezifisch eine mögliche Weiterversorgung oder die Umsetzung der Landesrahmenvereinbarung. In Bezug auf die Förderung von psychiatrischen Gesprächen (GOP 99996 als Zuschlag auf die GOP 14220, 14221, 14222, 21220 oder 21221 EBM) fehle es an einer schlüssigen und dem Versorgungskontext entsprechenden Darlegung, welche überprüfbaren Verbesserungen in der Versorgung der Versicherten erreicht werden sollen. Das Förderziel für die onkologische und/oder immunologische Betreuung (GOP 99983 als Zuschlag auf die GOP 01510, 01511 oder 01512 EBM) werde als erreicht angesehen, wenn eine Behandlung mehr abgerechnet werde. Dabei werde die Entwicklung der Anzahl der stationären Aufenthalte betrachtet. Eine Betrachtung des Anlasses des stationären Aufenthaltes (ggf. Geburt oder Unfall) erfolge nicht. Auch werde keine konkrete Fallzahl bzgl. der Vermeidung der stationären Behandlungen festgelegt, sodass es deshalb bereits an der Überprüfbarkeit dieses Zieles mangele. In Bezug auf nichtärztliche Praxisassistentinnen (Näpa) (GOP 99981 als Zuschlag zur GOP 03060 EBM) sei das vereinbarte Förderziel von einer einzigen zusätzlichen Näpa marginal und daher willkürlich. Zur Bewertung der Steigerung der Gesamtfallzahl in Praxen mit Näpa sei nicht ausreichend konkret und damit intransparent in Bezug auf die Messbarkeit eines Förderzieles dargelegt, wie der Vergleich durchgeführt werden solle. Die Gesamtfallzahl von Arztpraxen hänge von verschiedensten Faktoren ab. Die dargelegten Zahlen zur Situation der Hausarztpraxen passe zudem nicht zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020) nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung festgestellt sei oder drohe. Trotz rechnerisch guter Versorgungslage die Förderwürdigkeit aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung (nur) in Teilgebieten zu begründen, genüge den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht. In Bezug auf die Subkutane Immuntherapie (SCIT) (GOP 99995 und 99991 als Zuschläge zu GOP'en 30130 und 30131 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einem SCIT mehr marginal und deshalb als willkürlich zu bewerten. Es fehle zudem die Darlegung, worauf sich eine als Versorgungsmangel angenommene Diskrepanz zwischen Patientenzahlen und Abrechnungshäufigkeit der SCIT überhaupt stütze. Bei der Darlegung des Versorgungsmangels bleibe unberücksichtigt, dass die Patienten ggf. die alternative sublinguale Therapie (SLIT) für Allergiker nutzten. Der dargelegte Rückgang der Abrechnungshäufigkeit von 2009-2012 liefere im Übrigen auch für das Jahr 2020 keine Grundlage für die Förderungswürdigkeit einer Leistung. Das Erreichen des Förderziels, die Belastung der onkologischen Patienten mit gesicherter Diagnose durch Radiologietermine bei verschiedenen Praxen zu reduzieren (GOP 9565-99596, 99160-99198 und 99260-99282 als Zuschläge zu Leistungen der Abschnitte 34.2 bis 34.4 EBM), werde entgegen der Vereinbarung nicht durch eine Reduzierung der Patienten mit Abrechnung der genannten GOP bei verschiedenen Praxen nachgewiesen. Die isolierte Betrachtung der Reduzierung der Patienten mit Abrechnung von GOP von verschiedenen Praxen gebe keinen Aufschluss darüber, ob die Leistungen stattdessen gebündelt in einer Praxis erfolgten. Die Darlegung mangelnder Arbeitskapazitäten stehe im Übrigen im Widerspruch zum im aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020) ausgewiesenen Versorgungsgrad der Radiologen, der vielfach deutlich im Überversorgungsbereich liege. Eine Begründung der Förderwürdigkeit aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung in Teilgebieten trotz rechnerisch guter bis sehr guter Versorgungslage genüge den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht. In Bezug auf den hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplex (GOP 99985 als Zuschlag zur GOP 03362 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einer zusätzlichen Leistung marginal und deshalb als willkürlich zu bewerten. Zudem blieben die Auswirkungen der mit der Einführung des GKV-TSVG in § 87a Abs. 3 SGB V eingeführten Ausbudgetierung der Leistungen für Neupatienten unberücksichtigt. Die dargelegten Zahlen zur Situation der Hausarztpraxen passten zudem nicht zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung festgestellt sei, oder drohe. Eine Begründung der Förderwürdigkeit aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung in Teilgebieten trotz rechnerisch guter bis sehr guter Versorgungslage genüge den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht. Hinsichtlich der Chronikerpauschale (GOP 99957 und 99958 als Zuschlag zu den GOP 03220 oder 04220 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einer zusätzlichen Leistung marginal und deshalb als willkürlich zu bewerten. Die dargelegten Zahlen zur Situation der Hausarztpraxen passten zudem nicht zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung festgestellt sei, oder drohe. Eine Begründung der Förderwürdigkeit aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung in Teilgebieten trotz rechnerisch guter bis sehr guter Versorgungslage genüge den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht. Die Förderung einer Leistung wegen behaupteter unzureichender Vergütung sei nicht zulässig. Zudem handele es sich bei den zur Förderung vorgesehenen Leistungen bereits um Zuschläge, mit denen die Behandlung von chronisch erkrankten Versicherten auf der Grundlage des EBM zusätzlich vergütet werde. In Bezug auf die Leistung U3 (GOP 99959 als Zuschlag zur GOP 01713 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung der Leistung durch einen weiteren Leistungserbringer marginal und deshalb als willkürlich zu bewerten. Der Festlegung von überprüfbaren Zielen entspreche es zudem nicht, eine Bewertung ohne Einbeziehung der Auswirkungen durch die mit Einführung des GKV-TSVG vorgesehenen Zuschläge nach Wartezeitlänge oder in § 87a Absatz 3 Satz 5 Nr. 5 SGB V vorgesehenen extrabudgetären Vergütung von Leistungen (hier regelmäßig mit abgerechnete Grundpauschalen) im Behandlungsfall bei Neupatientinnen und Neupatienten einzubeziehen. Die in Anlage 2 zur Entscheidung des Landesschiedsamtes dargelegten Zahlen zur Situation der Kinder- und Jugendarztpraxen passten zudem nicht zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach der im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin keine Unterversorgung festgestellt sei oder drohe. Zur Erreichung des Förderziels in Bezug auf die Konfirmationsdiagnostik (GOP 99910 als Zuschlag zur GOP 20327 EBM) genüge nach der Vereinbarung ein weiterer Arzt, der die Dokumentation an die Trackingzentrale weiterleite. Mit dieser Steigerungsquote könne keine Verbesserung der Versorgung bewertet werden. Zudem komme es nicht auf die Weiterleitung, sondern auf die Durchführung der Dokumentation an. Auch zur Erreichung des Förderziels in Bezug auf die Osteodensitometrie (GOP 9911 und 9912 als Zuschlag zu den GOP 34600 und 34601 EBM) genüge nach der Vereinbarung ein weiterer Arzt, der die Genehmigung zur Durchführung der Osteodensitometrie habe. Mit dieser Steigerungsquote könne keine Verbesserung der Versorgung bewertet werden. In Anlage 2 zur Entscheidung des Landesschiedsamtes werde zudem ein unzulässiger Zusammenhang zwischen der Anzahl der an Osteoporose erkrankten Menschen und der Anzahl der Osteodensitometrie-Leistungen hergestellt. Es werde nicht berücksichtigt, dass die Osteodensitometrie nur bei bestimmten Indikationen erbracht werden dürfe. Die Osteodensitometrie sei im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich keine Früherkennungsleistung. Eine als unzureichend empfundene Vergütung sei kein zulässiger Grund für eine Leistungsförderung. Zur Erreichung des Förderziels in Bezug auf die Leistung des Mammographie-Screenings (hier: Vakuumstanzbiopsie - Zuschlag zur GOP 01759 EBM) genüge nach der Vereinbarung ein weiterer Arzt, der die Biopsie durchführe. Mit dieser Steigerungsquote könne keine Verbesserung der Versorgung bewertet werden. Die Darlegung in Anlage 2 zur Entscheidung des Landesschiedsamtes verweise zudem auf eine Restkomponente aus einem Förderprogramm. Es sei nicht transparent erkennbar, inwieweit hier eine beschlusskonforme Zielfestlegung erfolgt sei. Mit der Förderung von belegärztlichen Leistungen (Zuschlag zu den Leistungen in Kapitel 36 EBM und zu den GOP 13311, 17370, 08410 bis 08416 EBM bei Erbringung durch Belegärzte) wollten die Vertragspartner offenbar Versorgungsdefiziten in der belegärztlichen Versorgung in einzelnen Regionen begegnen. Bei der Überprüfung der Zielerreichung werde die Versorgung aber nicht regional betrachtet, so dass die Ziele nicht evaluiert werden könnten.

Im Rahmen seines Entschließungsermessens und unter Berücksichtigung des Opportunitätsprinzips, welches dem BAS als Aufsichtsbehörde das Recht einräume, im Einzelfall von einer Beanstandung abzusehen, habe sich das BAS entschlossen, den Rechtsverstoß nicht zu tolerieren. Als Rechtsaufsichtsbehörde sehe es sich in der Pflicht, auf eine transparent an § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V und an den bundeseinheitlich geltenden Kriterien des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 ausgerichteten Bereitstellung von Ausgaben für Leistungsförderungen hinzuwirken. Die Gestaltungsspielräume der regionalen Gesamtvertragspartner für Ausgaben im Rahmen dieser Ermächtigungsgrundlage seien durch die gesetzlichen Vorgaben zur Systematik der Bereitstellung von Mitteln zur Leistungsförderung und die Vorgaben der Selbstverwaltung auf Bundesebene begrenzt. Die Neufassung des Beschlusses des BewA vorn 25.11.2019 bewirke gegenüber dem bisherigen Beschluss vom 22.10.2012 zwar, dass ein bestehender Versorgungsmangel nicht mehr ausschließliche Voraussetzung für eine Leistungsförderung sei, sondern eine Förderung bereits zulässig sei, wenn ein Versorgungsmangel drohe oder eine Qualitätsverbesserung der Versichertenversorgung beabsichtigt sei. Dennoch seien für die erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten weiterhin zwingend die bundeseinheitlichen Kriterien des BewA zu beachten. Für eine Bewertung, ob eine Leistungsförderung dazu geeignet sei, eine Verbesserung in der Versorgung der Versicherten zu erreichen, bedürfe es nach Ziffer 5 des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 der Festlegung von konkreten Förderzielen, die geeignet seien, eine Versorgungsverbesserung zu erreichen. Die Ziele müssten ferner überprüfbar sein. Im Rahmen der Ermessensentscheidung habe das BAS das Interesse der Gesamtvertragspartner an der Umsetzung des Vertrages berücksichtigt. Das Volumen des Gesamtvergütungsvertrages betrage laut Auskunft des vdek zur Kalkulation vom 05.03.2020 insgesamt ca. 4,656 Mrd. €. Das Vergütungsvolumen der förderungswürdigen Leistungen betrage danach lediglich ca. 73,7 Mio. €. Mit dem verbleibenden Finanzvolumen sei eine wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen gewährleistet. Dem Interesse der Vertragsparteien an einer Umsetzung des Vertrages stünde das öffentliche Interesse gegenüber, die paritätisch erhobenen Beitragsgelder und den Bundeszuschuss unter Beachtung der im Gesetz und durch die gemeinsame Selbstverwaltung auf Bundesebene begrenzten Gestaltungsspielräume auszugeben. Eine rechtmäßige und wirtschaftliche Mittelverwendung sei Grundvoraussetzung für die Einhaltung der Beitragssatzstabilität nach § 71 Abs. 1 SGB V. Eine Mittelverwendung unter Missachtung der Grenzen der Selbstverwaltung verstoße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und sei rechtswidrig. Das öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen Mittelverwendung überwiege gegenüber dem Interesse der Gesamtvertragspartner in B an einer Umsetzung der beanstandeten Vertragsregelungen. Der Beanstandungsbescheid sei auch verhältnismäßig, da keine milderen Mittel zur Behebung des rechtswidrigen Zustandes ersichtlich seien. Die Fortführung des aufsichtsrechtlichen Dialogs sei aussichtslos. 

Am 23.04.2020 beantragte die Klägerin zu 2) beim BAS die sofortige Vollziehung des Beanstandungsbescheides auszusetzen. Der Bescheid sei rechtswidrig. Die beanstandeten Regelungen der vom Landesschiedsamt festgesetzten Vergütungsvereinbarung seien rechtmäßig. Die Aufrechterhaltung der gesetzlich geregelten sofortigen Vollziehbarkeit des Beanstandungsbescheides sei jedenfalls deshalb nicht gerechtfertigt, weil das Selbstverwaltungsrecht der an der Vereinbarung beteiligten Selbstverwaltungskörperschaften ebenso wenig wie der Grundsatz der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht nach den in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelten Maßstäben beachtet worden seien. Unabhängig davon drohten durch den sofortigen Entzug finanzieller Mittel in Höhe von rd. 75 Mio. € zu Lasten der Vertragsärzte in B bei Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit schwerwiegende Versorgungsmängel im Land zu entstehen, die auch und gerade in Zeiten der Corona-Krise nicht hinnehmbar seien. Der vom BAS angewandte Maßstab des prozentualen Verhältnisses des Fördervolumens zur Gesamtvergütung sei verfehlt. Das BAS habe nicht beachtet, dass die konkret geförderten Leistungen nicht von allen Vertragsärzten und dazu in ganz unterschiedlichem und teilweise in sehr erheblichem Umfang erbracht würden. Es seien mehr als 6.000 Ärzte in B, also ungefähr 25 % der Ärzteschaft mit durchschnittlich mehr als 10.000,00 € pro Jahr (im Maximum 114.020,00 €) durch den Wegfall der strittigen Förderungen betroffen. Die individuelle Betroffenheit dieser Ärzte werde beispielhaft an drei anonymisierten Fällen aufgezeigt. In diesen Fällen liege der Anteil des Zuschlagsvolumens am Gesamthonorar zwischen 9,44 und 10,27 %. Das Verhältnis Zuschlagsvolumen zum durchschnittlichen Jahresüberschuss einer Praxis in der Versorgungsregion Süd im Jahr 2017 (Quelle Zipp-Bericht 2018) betrage zwischen 40 und 60 %. Ziehe man den Tarifvertrag für medizinische Fachangestellte heran, entspreche das Zuschlagsvolumen jeweils grob dem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von zwei medizinischen Fachangestellten. Die Beispiele stünden für hunderte Praxen in B. Der Wegfall dieser Gelder würde ganz offensichtlich zu erheblichen Verwerfungen in deren Praxisstruktur führen sowie darüber hinaus bestehende Versorgungsstrukturen erheblich gefährden. Darüber hinaus drohten Versorgungsmängel, weil nicht nur 75 Mio. € zukünftiges Fördervolumen verloren gingen, sondern möglicherweise mehr als 300 Mio. € bisher von den Krankenkassen in die Etablierung dieser Strukturen investierten Gelder. In Bezug auf die Förderung der Pflegeheimbesuche sei – besonders in Zeiten der Corona-Krise – zu befürchten, dass die Bereitschaft der Ärzte noch mehr sinke, wenn der ökonomische Anreiz wegfallen würde und gleichzeitig der Trend zur Reduzierung von hausärztlichen Arbeitszeitkapazitäten weitergehe. Es sei denklogisch, dass diese Ärzte bei Wegfall der Förderung ihre Praxisstruktur umstellen würden und dies zu Lasten der Pflegeheimbewohner gehe. Hinsichtlich der Förderung belegärztlicher Leistungen sei zu befürchten, dass immer weniger Mediziner belegärztlich tätig seien. Leidtragende seien die Patienten, vor allem in ländlichen Regionen. Die mittlerweile immer mehr verringerte Anzahl der Fachärzte für Psychiatrie würde bei Abschaffung der Förderung psychiatrischer Gespräche dem ökonomischen Druck folgen und noch mehr auf die – besser vergüteten – psychotherapeutischen Leistungen umstellen. Gerade aus Sicht dieser schwer erkrankten Patienten, welche aufgrund der Kontaktreduzierungen in Zeiten der Corona-Krise besonders betroffen seien, stelle die sich ergebende Erschwernis, ein psychiatrisches Gespräch zu bekommen, bei gleichzeitig erwartetem Mehrbedarf aufgrund der Corona-Krise, eine besondere Gefahr dar.

Mit Bescheid vom 29.04.2020 lehnte das BAS diesen Antrag ab. Eine Interessenabwägung ergebe, dass das Aussetzungsinteresse der KV hinter dem von Gesetzes wegen angeordneten Vollziehungsinteresse zurücktrete. Nach dem Willen des Gesetzgebers verhindere eine Beanstandung das Inkrafttreten der als rechtswidrig beanstandeten Vereinbarung. Die gesetzliche Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs habe der Gesetzgeber sowohl in Kenntnis des jeweiligen Selbstverwaltungsrechtes der Träger mittelbarer Staatsverwaltung als auch im Wissen der entwickelten Rechtsprechung des BSG zur Ausübung einer maßvollen Rechtsaufsicht getroffen. Die unmittelbare Wirkung einer Beanstandung dürfe deshalb nur in Ausnahmefällen ausgesetzt werden. Ausreichend schwerwiegende Gründe, die einen solchen Ausnahmefall rechtfertigten, könnten für den konkreten Einzelfall zum aktuellen Zeitpunkt nicht angenommen werden. An der Rechtmäßigkeit des Beanstandungsbescheids bestünden keine ernstlichen Zweifel. Eine ausnahmsweise Aussetzung der sofortigen Vollziehung komme auch nicht aufgrund der im Antrag aufgezeigten individuellen finanziellen Betroffenheit einzelner Vertragsärzte in Betracht. Die besondere individuelle Betroffenheit der einzelnen Vertragsärzte und die Dringlichkeit der Vermeidung des Eintretens eines als erheblich eingestuften irreparablen Schadens sei nicht nachvollziehbar dargelegt.

Am 20.04.2020 haben die Klägerinnen zu 1) und 2) Klage gegen den Beanstandungsbescheid vom 14.04.2020 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Der Kläger zu 3) ist am 05.05.2020 dem Verfahren beigetreten.

Am 30.04.2020 beantragten die Kläger einstweiligen Rechtsschutz beim LSG Baden-Württemberg (L 5 KA 1421/20 KL ER). Auf diesen Antrag hin ordnete der Senat mit Beschluss vom 25.05.2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des BAS vom 14.04.2020 an.

Zur Begründung ihrer Klage verweisen die Kläger auf die Entscheidung des Senats und ihren Vortrag im Eilverfahren, in dem sie unter anderem ausgeführt haben, die Rechtswidrigkeit des Beanstandungsbescheids ergebe sich aus der ermessensfehlerhaften Nichtbeachtung des Grundsatzes der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht, verbunden mit der Belassung einer Einschätzungsprärogative der Vertragsparteien, sowie aus der Nichtberücksichtigung des Selbstverwaltungsrechts und des vertraglichen Gestaltungsspielraums der Vertragsparteien und des an deren Stelle tretenden Landesschiedsamtes. Denn nach der Rechtsprechung des BSG sei es aufgrund dieser Vorgaben der Rechtsaufsicht grundsätzlich verwehrt, mit aufsichtsrechtlichen Mitteln ihre Rechtsauffassung durchzusetzen, sofern dem Rechtsfragen zugrunde lägen, die bislang weder das Gesetz noch die Rechtsprechung in eindeutiger Weise beantwortet hätten. Diese Voraussetzungen wahre die Beklagte nicht. Denn die Beanstandungen beträfen vorwiegend die Anwendung der Neuregelungen des BewA aus der 456. Sitzung mit Wirkung zum 01.10.2019 betreffend die Anforderungen an Zuschläge nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V, deren Auslegung noch ungeklärt sei und zu denen erst recht keine Rechtsprechung vorliege. Dass die Voraussetzungen für eine vollziehbare Beanstandung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung oder Klärung der Rechtsfragen in der Rechtsprechung nicht erfüllt seien, werde auch dadurch augenfällig, dass die für die Kläger zuständige Aufsichtsbehörde, das Ministerium für Soziales und Integration B, im Gegensatz zur Beklagten nach Prüfung entschieden habe, den Schiedsspruch nicht zu beanstanden. Der Grundsatz der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht sowie das Verbot, weder durch das Gesetz noch durch die Rechtsprechung eindeutig beantwortete Rechtsfragen zum Gegenstand aufsichtsrechtlicher Beanstandungen zu machen, gelte erst recht für Entscheidungen des Landesschiedsamtes. Denn das Landesschiedsamt trete bei der Festsetzung der streitigen Teile der Vergütungsvereinbarung an die Stelle der Vertragspartner. Insoweit sei nicht nur das Selbstverwaltungsrecht der an der Vereinbarung der Vergütung beteiligten Selbstverwaltungskörperschaften zu respektieren, sondern auch der vertragliche Gestaltungsspielraum bei der Vereinbarung zu beachten. Davon, dass diese Anforderungen mit dem Beanstandungsbescheid gewahrt würden, könne nicht ansatzweise die Rede sein. Die Beklagte könne keine einzige höchstrichterliche Entscheidung oder auch nur gefestigte instanzgerichtliche Rechtsprechung anführen, aus der sich die behauptete Rechtswidrigkeit der Festsetzungen des Landesschiedsamtes ergeben würde. Erst recht könne die Beklagte nicht geltend machen, dass sich die Rechtsauffassungen, auf die sie ihre Beanstandung stütze, eindeutig aus den normativen Regelungen ergäben. Dies sei weder für die gesetzlichen Regelungen noch für deren untergesetzliche Konkretisierung durch den Beschluss des BewA in der 456. Sitzung auch nur im Ansatz ersichtlich. Mit dem Beschluss des BewA seien vielmehr die untergesetzlichen Anforderungen an die Förderung von Leistungen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V grundlegend geändert worden. Es handele sich insoweit um Neuregelungen, deren Auslegung schwierig sei und zu der erst recht keine Rechtsprechung vorliege. Unabhängig davon sei die Beanstandungsverfügung aber auch deshalb rechtswidrig, weil mit ihr die Grenzen der Rechtsaufsicht überschritten würden und tatsächlich eine Fachaufsicht ausgeübt werde. Die Beklagte beachte nicht die dem Landesschiedsamt, das an die Stelle der Vertragspartner trete, zu belassende Einschätzungsprärogative und den vertraglichen Gestaltungsspielraum nach § 87a Abs. 2 SGB V. Nach der Rechtsprechung des BSG sei das Handeln oder das Unterlassen eines Versicherungsträgers und damit hier des Landesschiedsamtes nicht beanstandungsfähig, wenn es sich im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren bewege. Dass die Grenze des rechtlich Vertretbaren durch die Festsetzungen des Schiedsspruchs überschritten und damit auch unter Berücksichtigung des Spielraums der Vertragspartner bzw. des Landesschiedsamts eine Beanstandung zulässig wäre, sei nicht ansatzweise dargetan. Vielmehr überschreite die Beklagte mit ihren mehrseitigen Ausführungen, mit denen sie die Förderfähigkeit gleichsam jeder einzelnen Leistung aufgrund ihrer eigenen Auffassung in Abrede stelle, die Grenzen der Rechtsaufsicht und übe in Wahrheit eine Fachaufsicht aus. Denn die Beklagte setze ihre eigene Beurteilung der Förderungsfähigkeit an die Stelle derjenigen der Vertragsparteien und des Landesschiedsamts. Jedenfalls sei nicht erkennbar, dass bei einer Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative der Vertragspartner und des vertraglichen Gestaltungsspielraums mit den Regelungen zu den förderungsfähigen Leistungen die Grenzen des Vertretbaren überschritten würden. Da sich die Beklagte nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch bei ihren Beanstandungen auf eindeutige Rechtsverstöße beschränken müsse, sei ihre Beanstandung ihrerseits ermessensfehlerhaft und rechtswidrig.

Zudem lägen die behaupteten Rechtsverstöße der festgesetzten Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020 nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die in § 4 Abs. 2 Satz 16 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung geregelte Erhöhung der MGV aufgrund der Rücküberführung der weiterhin besonders geförderten hausärztlichen geriatrischen Leistungen in die MGV rechtmäßig. Auch die Finanzierung für die übrigen in § 9 der Vereinbarung enthaltenen Zuschläge gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte weise im Beanstandungsbescheid selbst darauf hin, dass eine Förderung nach § 87a Abs. 2 SGB V aus zusätzlich bereitgestellten Geldern finanziert werden müsse, damit die Finanzierung nicht zulasten derjenigen Leistungen gehe, mit denen der Behandlungsbedarf finanziert werden soll. Genau deshalb werde durch § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vereinbarung die MGV um diejenigen Mittel erhöht, die bislang für die extrabudgetäre Vergütung des hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplexes aufgewendet worden seien, indem der Behandlungsbedarf für das Jahr 2020 gesteigert werde. Es handele sich nicht um eine unzulässige Erhöhung des MGV-Behandlungsbedarfs, sondern um die finanzierungsseitigen Folgen des Wechsels dieser weiterhin besonderen Leistung vom EGV- in den MGV-Bereich. Dass die Erhöhung der MGV zur Förderung einer Leistung mit einem Punktwertzuschlag innerhalb der MGV zulässig sei, ergebe sich auch eindeutig aus der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG (unter Verweis auf BT-Drs. 17/6906, 62). Bei den in § 9 genannten Leistungen handele es sich um Leistungen, die nicht erstmalig 2020 innerhalb der MGV eine besondere Förderung erhalten würden. Da die Vertragspartner sich über die Fortsetzung der Förderung innerhalb der MGV für das Jahr 2020 einig gewesen seien und das Landesschiedsamt diesem Wunsch gefolgt sei, habe hierfür keine einmalige Erhöhung der MGV für das Jahr 2020 erfolgen müssen. Das Argument der Beklagten, die Förderung der anderen Leistungen nach § 9 der Vereinbarung sei bereits in den Vorjahren rechtswidrig erfolgt und aus diesem Grund sei die Punktzahlmenge nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V vom Landesschiedsamt fehlerhaft festgelegt und zu verringern, sei unzulässig, weil die Beklagte nicht im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Prüfung der Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020 rückwirkend die nicht beanstandete Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2019 überprüfen und diese zur Grundlage einer Beanstandung im Jahre 2020 machen könne. Zudem argumentiere sie widersprüchlich, wenn die Kürzung des Behandlungsbedarfs ohne gesetzliche Grundlage aufgrund vermeintlich rechtswidriger Zuschläge in der Vergangenheit zulässig sein solle. Die Auffassung der Beklagten, dass die Vergütung besonders förderungswürdiger Leistungen innerhalb der MGV per se rechtswidrig sei und zwingend extrabudgetär erfolgen müsse, sei unzutreffend. Das BSG habe bereits entschieden, dass Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen innerhalb der MGV zulässig seien (unter Verweis auf B 6 KA 28/11 R). Die Gesetzessystematik und der Sinn und Zweck der Fördermöglichkeit bestätigten die Zulässigkeit der Vergütung besonders förderungswürdiger Leistungen innerhalb der MGV. Außerdem folge die Zulässigkeit, Leistungen innerhalb der MGV zu fördern, eindeutig aus der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG (unter Verweis auf BT-Drs. 17/6906, S. 62). Durch § 8 Abs. 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung werde entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das Prinzip der jahresbezogenen Vereinbarung der Vergütung verletzt. Es sei unverständlich, wie die Beklagte zu der Annahme gelange, § 8 Abs. 1 Satz 3 sei eine Finanzierungszusage zugunsten besonders förderungswürdiger Leistungen nach § 87a Abs. 2 SGB V im Jahr 2021. § 8 Abs. 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung sehe lediglich vor, dass sich die Vertragsparteien im Falle der Nichtausschöpfung des Betrages im Jahr 2020 über die weitere Verwendung der Mittel verständigen würden. Diese Beanstandung sei besonders befremdlich, weil die Vertragsparteien bzw. das Landesschiedsamt der Beklagten bei dieser Regelung entgegengekommen seien und diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesschiedsamt – so war jedenfalls das Verständnis der Kläger und des Landesschiedsamts – signalisiert habe, diesen Punkt zu akzeptieren. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien auch die Regelungen über die Zuschläge für besonders forderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie § 10 i.V.m. Anlage 6 rechtmäßig. Das Landesschiedsamt habe die Vorgaben des BewA in seiner 456. Sitzung mit Wirkung zum 01.10.2019 für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V beachtet. Die Beanstandung der vom Landesschiedsamt in den Anhängen zu Anlage 4 und den in Anlagen 5 bis 7 geregelten Förderziele, die nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums von den Parteien zu evaluieren seien, beruhe auf einem verfehlten Verständnis des für die Festlegung besonders förderungswürdiger Leistungen maßgeblichen Beschlusses des BewA. Nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V sei eine besondere Leistungsförderung für den gesamten KV-Bezirk zulässig und nicht auf Planungsbezirke beschränkt, bei denen ein lokaler Versorgungsbedarf bestehe, die unterversorgt seien oder denen eine Unterversorgung drohe. Die Förderung habe auf Grundlage der Kriterien zu erfolgen, die der BewA festlege. Diese seien für den Geltungszeitraum der beanstandeten Vereinbarung die Vorgaben des mit Wirkung zum 01.10.2019 in Kraft getretenen Beschlusses des BewA. Der zuvor maßgebliche Beschluss des BewA vom 22.10.2012, der maßgeblich für die Intervention der Beklagten und die Notwendigkeit der Anrufung des Landesschiedsamtes gewesen sei, sei überholt. Voraussetzung für die Förderung sei danach, dass der Punktwertzuschlag zu einer Veränderung in Art oder Häufigkeit der Erbringung der Leistung und damit zu einer Verbesserung der Versorgung führe. Die Fördervoraussetzungen seien weit gefasst und nicht abschließend, wie sich insbesondere aus den entscheidungserheblichen Gründen ergebe. Wenn die Fördervoraussetzungen vorlägen, sei eine besondere Förderung durch Gewährung eines Punktwertzuschlags nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V möglich. Die Festlegung von überprüfbaren Zielen der einzelnen Fördermaßnahmen sei hiervon zu trennen. Diese hätten die Parteien nach Nr. 5 des Beschlusses zwar vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme festzulegen. Die Erfüllung der festgelegten Ziele sei aber ebenso wenig eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Zuschlagsvereinbarung wie die Details der später durchzuführenden Evaluation sowie die sich hieraus ergebenden Folgen für eine mögliche künftige Förderung der Leistung. Der Beschluss des BewA fordere lediglich, dass das Ergebnis der Evaluation bei der Entscheidung über zukünftige Fördermaßnahmen von den Gesamtvertragspartnern zu berücksichtigen sei. Die mit dem Schiedsspruch festgesetzte Vergütungsvereinbarung erfülle diese Vorgaben. Deren Anlagen und Anhänge enthielten zu den geförderten Leistungen vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme festgesetzte, überprüfbare Ziele. Dazu sei ein vierjähriger Zeitraum zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen ab dem Förderjahr 2020 festgelegt worden. Damit seien die Vorgaben nach Nr. 5 des Beschlusses des BewA erfüllt. Eine Verpflichtung, die Fördervoraussetzungen in der Vergütungsvereinbarung darzulegen, bestünde nach dem Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung nicht. Das Landesschiedsamt habe sich aber die Gründe der Vertragsparteien zur Förderung der einzelnen Leistungen zu eigen gemacht (Anlage 2 zur Niederschrift), sodass der Schiedsspruch ordnungsgemäß begründet sei. Die in der Vereinbarung zu treffende Festlegung überprüfbarer Ziele der Fördermaßnahmen nach Ziff. 5 des Beschlusses eröffne der Aufsichtsbehörde keine inhaltliche Vollkontrolle über die Zieldefinition der Vertragsparteien und damit des Landesschiedsamtes, solange diese auf die Verbesserung der Versorgung i.S. der Ziff. 2 des Beschlusses des BewA in der 456. Sitzung gerichtet seien. Mit ihren Ausführungen dazu, dass eine quantitative Leistungssteigerung als im Rahmen der Evaluation zu überprüfendes Ziel unzulässig sei, missachte die Beklagte die Einschätzungsprärogative der Vertragsparteien und setze ihre eigene Sicht der Dinge an die Stelle derjenigen der Vertragspartner. Hierbei handele es sich um die unzulässige Ausübung von Fachaufsicht. Im Übrigen verkenne die Beklagte, dass nach dem Beschluss des BewA die Vertragsparteien die Evaluation nach Ablauf des festgelegten Evaluationszeitraums vornähmen und dabei die Zielerreichung zu bewerten hätten. Im Einzelnen sei es zulässig, als zu evaluierendes Förderziel die Steigerung der Abrechnungshäufigkeit oder der Anzahl der abrechnenden Leistungserbringer festzusetzen. Es gebe keine Vorgaben, wie umfassend diese Steigerung ausfallen solle, zumal an die Zielerreichung bzw. -verfehlung keine zwingenden Konsequenzen geknüpft seien. Das Landesschiedsamt habe auch entgegen der Behauptung der Beklagten in keinem der Fälle das Förderziel offen gelassen. In den angeführten Fällen seien vielmehr zwei Förderziele definiert worden, bei denen im Rahmen der Evaluation untersucht werden werde, ob sie kumulativ, alternativ oder gar nicht erreicht worden seien. Dieses Ergebnis würden die Vertragsparteien bei der Prüfung der Wirkungen der Förderung bewerten und bei der Entscheidung über künftige Fördermaßnahmen berücksichtigen, wie dies Nr. 5 des Beschlusses des BewA verlange. Außerdem sei es für die Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V nicht erforderlich, dass die Zuschläge tatsächlich zur Steigerung des Behandlungserfolgs, zur Vermeidung stationärer Behandlung oder unnötiger Krankentransporte oder zur Reduzierung bzw. Vermeidung bestehender bzw. sich abzeichnender Versorgungsmängel führen „müssten“. Der Beschluss verwende die Formulierung „kann“. Auch hierin zeige sich, dass die Vertragsparteien bzw. im Fall der Nichteinigung das an deren Stelle tretende Landesschiedsamt eine umfassende Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Verbesserung der Versorgung der Versicherten durch Gewährung der Punktwertzuschläge zukomme. Anders ließe sich nicht erklären, weshalb die Parteien Förderziele festzulegen hätten, anhand derer die Wirkungen der Fördermaßnahmen nach einem bestimmten Zeitraum evaluiert werden müssten. Die Festsetzung von Punktewertzuschlägen auf Einzelleistungen sei unabhängig davon möglich, ob die Förderziele erreicht würden oder nicht. Es bestünde auch keine Rückzahlungsverpflichtung oder ähnliches, wenn sich später herausstelle, dass dies nicht der Fall sei. Ebenso wenig seien an die Erfüllung oder Nichterfüllung der Zielvorgaben verbindlichen Konsequenzen geknüpft, die in der streitgegenständlichen Vereinbarung enthalten sein müssten. Der BewA habe lediglich festgelegt, dass die Vertragsparteien nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums die Erfüllung oder Verfehlung des Förderziels bei der Entscheidung über die künftige Förderung von Einzelleistungen zu berücksichtigen hätten. Es sei ihnen, wenn sie dies für sinnvoll hielten, nicht verwehrt, eine Leistung erneut besonders zu fördern, auch wenn die aufgestellten Ziele nicht erreicht worden sein. Deshalb seien sämtliche Beanstandungen der Beklagten zu vermeintlichen unzureichenden Förderzielen unbeachtlich, da der Beschluss des BewA keine derartigen Vorgaben enthalte (im Einzelnen ausführend, s. Bl. 19 bis 31 der Gerichtsakte im Verfahren L 5 KA 1421/20 KL ER). Unabhängig davon, dass die Beanstandungen mangels Rechtsverletzungen sachlich nicht berechtigt seien, sei der Bescheid jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt und die in der Rechtsprechung des BSG an die aufsichtsrechtliche Prüfung von Entscheidungen der Selbstverwaltung entwickelten Anforderungen nicht beachtet habe.

Die Klägerinnen zu 1) und 2) und der Kläger zu 3) beantragen,

den Bescheid des Bundesamtes für Soziale Sicherung vom 14.04.2020 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags verweist die Beklagte auf den angefochtenen Bescheid und ihren Vortrag im Eilverfahren, in dem sie unter anderem ausgeführt hat, durch die rechtswidrige Förderung der Zuschläge innerhalb des Behandlungsbedarfs in Form einer Erhöhung des Punktzahlvolumens (§ 4 Abs. 2 Satz 16 sowie § 9 der Vergütungsvereinbarung) würde neben der unzulässigen Erhöhung der Leistungsmenge rechtswidrig eine Basiswirksamkeit und eine Vorjahresanknüpfung der Zuschläge für förderungswürdige Leistungen etabliert. Für das Zuschlagssystem des § 87a Abs. 2 SGB V gelte jedoch nicht das Prinzip der Vorjahresanknüpfung, wie das BSG bereits für Zuschläge auf den Orientierungswert entschieden habe (B 6 KA 14/16 R, B 6 KA 5/16 R). Entgegen den Ausführungen der Kläger ergebe sich die Zulässigkeit der Erhöhung des Behandlungsbedarfs zur Förderung von Zuschlägen für förderungswürdige Leistungen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V innerhalb des Behandlungsbedarfs nicht aus der Gesetzesbegründung. Die Kläger berücksichtigten zudem nicht, dass die §§ 82, 83 SGB V nicht alleine den Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner festlegten, sondern dieser durch bundesrechtliche Vorgaben begrenzt sei (unter Verweis auf B 6 KA 12/16 R). Hinsichtlich der Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung habe sie entgegen der Darstellung der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesschiedsamt am 17.12.2019 keine „Tolerierungszusage“ erteilt. Die Regelung verstoße gegen die Plicht der Gesamtvertragspartner, die Regelungen zur Höhe der Orientierungswerte in Abhängigkeit von Zuschlägen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V jahresbezogen festzulegen. Nach Ablauf jedes Vereinbarungsjahres sei eine neue Vereinbarung zu § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V im Rahmen des folgenden Gesamtvergütungsvertrages zu schließen. Durch die genannte Regelung komme es im konkreten Fall jedoch zu einer unzulässigen teilweisen Vorwegnahme der Verhandlung für die Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2021. Hinsichtlich der Regelungen über die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie § 10 i.V.m. Anlage 6 der Vergütungsvereinbarung gingen die Kläger in ihren Ausführungen im Ergebnis nahezu von einer voraussetzungsfreien Leistungsförderung aus. Konsequenz dieser radikalen Sichtweise sei, dass ein aufsichtsfreier Raum von erheblicher Größenordnung (aktuell ein Finanzvolumen i.H.v. ca. 74 Mio. € betreffend) entstünde. Die Annahme, dass eine besondere Leistungsförderung für den gesamten KV-Bereich zulässig und nicht auf Planungsbezirke beschränkt sei, bei denen ein lokaler Versorgungsbedarf bestehe, die unterversorgt seien oder denen eine Unterversorgung drohe, gehe fehl. Dies entspreche nicht dem vorrangigen Ziel des Gesetzes, dass auf der regionalen Ebene Planungsbezirke bei der Vereinbarung oder Festlegung von Leistungsförderungen berücksichtigt würden, die entweder bereits unterversorgt seien, in denen Unterversorgung drohe oder in denen ein zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf bestehe. Eine Förderung von einzelnen Leistungen gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V für den gesamten KV-Bereich - wie von den Klägern behauptet - könne daher als nicht zulässig erachtet werden, sofern bereits in einem Planungsbereich die Fördervoraussetzungen unter Ziffer 2 des o.g. Beschlusses des BewA nicht vorlägen. Ein Versorgungsbedürfnis in lediglich einzelnen Planungsbereichen reiche für eine Förderung von bestimmten Leistungen im gesamten KV-Bereich nicht aus. Es fehle dann bereits an einem schlüssigen und plausiblen Förderkonzept entsprechend den Voraussetzungen des Beschlusses des BewA. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die im Beschluss des BewA vom 25.11.2019 genannten Fördervoraussetzungen nicht abschließend seien. Die Ausführungen des BewA in den entscheidungserheblichen Gründen zum Beschluss könnten lediglich hilfsweise zur Auslegung der einzelnen Förderziffern herangezogen werden. Dass die Fördertatbestände im Beschluss des BewA abschließend benannt werden, ergebe sich aus Wortlaut und Sinn und Zweck. In keiner Weise nachvollziehbar sei auch die Annahme der Kläger, dass eine Festlegung von überprüfbaren Förderzielen der einzelnen Fördermaßnahmen vom Vorliegen der Fördervoraussetzungen zu trennen sei. Vielmehr sei das zu vereinbarende überprüfbare Ziel der Förderung gemäß Ziffer 5 des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 untrennbar mit den Fördertatbeständen verbunden. Die in dem streitgegenständlichen Beanstandungsbescheid auf den Seiten 12 ff. im Einzelnen aufgeführten Ziele der jeweiligen förderungswürdigen Leistungen seien rechtswidrig, da diese keine tauglichen Ziele einer Förderung darstellten und gerade nicht auf eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten i.S.d. des Beschlusses des BewA gerichtet sein könnten. Eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten über einen Zeitraum von vier Jahren zu rechtfertigen, sofern bereits eine Fallzahl mehr abgerechnet werde (wie dies exemplarisch bei der geförderten Leistung des Pricktestes vereinbart sei), sei unhaltbar. Die Einschätzungsprärogative und der Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner bzw. des Landesschiedsamtes hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung der Ziele der einzelnen Fördermaßnahme finde dort seine Grenzen, wo der Sinn und Zweck der Förderung - nämlich die Verbesserung der Versorgung der Versicherten - nicht mehr erreicht werden könne. Eine Festsetzung von Punktwertzuschlägen auf Einzelleistungen sei nicht möglich, wenn Förderziele festgelegt würden, die offensichtlich nicht zu einer Verbesserung der Versorgung der Versicherten führen könnten.

Der Bescheid sei auch nicht rechtswidrig, weil sie (die Beklagte) ermessensfehlerhaft gehandelt und die in der Rechtsprechung des BSG an die aufsichtsrechtliche Prüfung von Entscheidungen der Selbstverwaltung entwickelten Anforderungen nicht beachtet habe. Sie habe bei der Ausübung der Rechtsaufsicht dem Selbstverwaltungsrecht der Träger mittelbarer Staatsverwaltung ausreichend Rechnung getragen. Insbesondere sei der Grundsatz der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht von ihr eingehalten worden. Die hier streitigen Rechtsfragen seien bereits im Gesetz und im sonstigen für die Versicherungsträger maßgebenden Recht (untergesetzliche Konkretisierung durch den Beschluss des BewA vom 25.11.2019 - 456. Sitzung) klar und eindeutig beantwortet. Der Bewertungsspielraum des an die Stelle der regionalen Gesamtvertragspartner tretenden Landesschiedsamtes ende, wenn dieses gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen habe, die diesen Spielraum einengten oder ausschlössen. Die bundeseinheitlichen Kriterien des BewA seien zwingend zu beachten. Eine abweichende Entscheidung der Aufsichtsbehörde der Kläger stünde dem nicht entgegen. Darüber hinaus bestünde hier die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte besondere Rechtfertigung für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten. Die Grenzen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 würden offensichtlich nicht eingehalten. Eine besondere Rechtfertigung für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten liege darüber hinaus in dem ganz erheblichen Umfang, den die finanziellen Auswirkungen der beanstandeten Rechtsverstöße annähmen (ca. 74 Mio. €). Ohne die Beanstandung würden damit ganz erhebliche, durch Beiträge insbesondere von Versicherten und Arbeitgebern sowie durch Steuerzuschüsse aufgebrachte Mittel der Krankenkassen auf rechtswidriger vertraglicher Grundlage verausgabt. Die Grenzen der Rechtsaufsicht seien eingehalten worden, da der Beurteilungsspielraum bzw. die Einschätzungsprärogative des an die Stelle der Gesamtvertragspartner tretenden Landesschiedsamtes beachtet worden sei. Fachaufsichtsrechtliche Erwägungen seien nicht getroffen worden. Die Beanstandung ziele auf die Nichtbeachtung der nach Gesetz und sonstigem Recht geltenden Regeln für die Vereinbarung der vertragsärztlichen Vergütung. Die Einschätzungsprärogative und der Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner bzw. des Landesschiedsamtes hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung der Ziele der einzelnen Fördermaßnahme finde dort seine Grenzen, wo der Sinn und Zweck der Förderung – nämlich die Verbesserung der Versorgung der Versicherten – nicht mehr erreicht werden könne. Es werde sich von Seiten der Beklagten gerade nicht angemaßt, konkrete Förderziele vorzugeben. Im Ergebnis liege eine rechtlich nicht mehr vertretbare Entscheidung des an die Stelle der Gesamtvertragspartner tretenden Landesschiedsamtes vor.

Zu dem Beschluss des Senats im Verfahren L 5 KA 1421/20 KL ER führt die Beklagte ergänzend aus, entgegen der Zweifel des Senats habe eine aufsichtsrechtliche Beanstandung Suspensivwirkung. Soweit der Senat verfassungsrechtliche Zweifel daran äußere, dass einer Bundesoberbehörde ein Recht eingeräumt werde, in die Entscheidung einer Landesbehörde einzugreifen, werde entgegnet, dass das BSG (B 6 KA 32/10 R, B 6 KA 10/99 R) ausdrücklich klargestellt habe, dass die Beanstandung einer Landesschiedsamtsentscheidung mit der Kompetenzordnung der Art. 83 ff. GG vereinbar sei. Entgegen der Ausführungen des Senats habe die Beklagte dem Selbstverwaltungsrecht der Kläger auch ausreichend Rechnung getragen. Insbesondere sei der Grundsatz der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht eingehalten worden. Die beanstandeten Regelungen seien rechtswidrig, da die klaren und eindeutigen verbindlichen rechtlichen Vorgaben nicht beachtet worden seien. Es handele sich hierbei um Rechtsverstöße, die sich nicht – entgegen der Auffassung des Senats – im Rahmen des rechtlich Vertretbaren bewegten. Die Erhöhung der MGV (§ 4 Abs. 2 Satz 16 des festgesetzten Vertrages) sowie die Förderung von Leistungen innerhalb der MGV gem. § 9 der Vergütungsvereinbarung seien systemwidrig. Die Argumentation des Senats überzeuge nicht. Entgegen den Ausführungen des Senates seien auch die Regelungen über die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie § 10 i.V.m. Anlage 6 rechtswidrig. Die Leistungsförderung bedürfe insbesondere einer Begründung, die der Rechtsaufsicht offenzulegen sei, um eine aufsichtsrechtliche Prüfung zu ermöglichen. Andernfalls entstehe – rechtsstaatlich bedenklich – ein aufsichtsfreier Raum. Die festgelegten Förderziele seien zudem rechtswidrig, weil sie keine tauglichen Ziele einer Förderung darstellten.

Mit Beschluss vom 16.07.2020 hat der Senat die Beiladungen ausgesprochen. Die Beigeladenen haben sich nicht zur Sache geäußert und keine Sachanträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats, auch im Eilverfahren L 5 KA 1421/20 KL ER, sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet als zuständiges Gericht in erster Instanz gemäß §§ 51 Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 2 Nr. 2, 57a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur Entscheidung ist der für das Vertragsarztrecht zuständige Senat berufen, weil Aufsichtsangelegenheiten, die – wie hier – das Vertragsarztrecht betreffen, zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts gehören (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGG; BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 22; BSG, Urteil vom 04.11.2021 - B 6 A 2/20 R -, in juris).

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist zulässig. Sie ist als Aufsichtsklage im Sinne von § 54 Abs. 3 SGG statthaft. Danach kann eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, dass die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite. Die Klägerinnen zu 1) und 2 und der Kläger zu 3) sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und machen geltend, das BAS habe sein Aufsichtsrecht überschritten. Dabei ist unschädlich, dass das BAS keine Aufsicht über die Kläger führt, weil sie keine bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger sind. Denn das BAS beanstandet die Entscheidung des Schiedsamtes insgesamt und nicht nur im Verhältnis zu den bundesunmittelbaren Krankenkassen. Die Beanstandung entfaltet damit gegenüber allen Beteiligten des Schiedsamtsverfahrens, also allen Vertragspartnern der Vergütungsvereinbarung, Wirkung. Die Beanstandung wirkt gegenüber allen Vertragspartnern wie eine Aufsichtsmaßnahme, so dass sich auch alle Vertragspartner im Wege einer Aufsichtsklage entsprechend § 54 Abs. 3 SGG dagegen wehren können (vgl. BSG, Urteil vom 17.08.2011 - B 6 KA 32/10 R -, in juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 17.11.1999 - B 6 KA 10/99 R -, in juris, Rn. 16). Die Aufsichtsklage ist eine besondere Form der Anfechtungsklage, wenn sie wie vorliegend auf Aufhebung einer Aufsichtsmaßnahme (hier: Beanstandung) gerichtet ist. Gemäß § 89 Abs. 10 Satz 8 in Verbindung mit Abs. 9 Satz 4 SGB V haben Klagen gegen Beanstandungen der Entscheidungen der Schiedsämter durch die Aufsichtsbehörde keine aufschiebende Wirkung. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 89 Abs. 10 Satz 8 in Verbindung mit Abs. 9 Satz 5 SGB V).

2. Die Klage ist auch begründet. Der Beanstandungsbescheid vom 14.04.2020 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, weil die Beklagte die Grenzen ihrer aufsichtsrechtlichen Befugnisse nicht eingehalten hat.

a) Rechtsgrundlage der Beanstandung ist § 89 Abs. 10 Satz 7 SGB V. Danach können die Aufsichtsbehörden die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden. Beanstandungsgegenstand sind Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, den §§ 83, 85 und 87a SGB V, die gemäß § 89 Abs. 10 Satz 6 SGB V der jeweiligen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen sind. Die Aufsichtsbehörden können Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 Abs. 10 Satz 7 SGB V nur „bei einem Rechtsverstoß“ beanstanden. Sie sind demnach auf eine Rechtsaufsicht beschränkt. Das bedeutet, dass sie nicht im Wege einer Fachaufsicht die Zweckmäßigkeit der Entscheidung überprüfen darf. Die Aufsichtsbehörde hat (nur) darüber zu wachen, dass der Versicherungsträger die Gesetze und das sonstige für ihn maßgebende Recht beachtet; dazu gehört auch die Beachtung einer gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/03 R -, in juris; BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37). Bei Ausübung der Rechtsaufsicht muss zugleich dem Selbstverwaltungsrecht des Versicherungsträgers als Träger mittelbarer Staatsverwaltung Rechnung getragen werden (§ 29 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch <SGB IV>); hierzu gehört ganz wesentlich die Befugnis der Versicherungsträger, ihre Aufgaben im Rahmen des Gesetzes in eigener Verantwortung zu erfüllen (§ 29 Abs. 3 SGB IV). Einer Aufsichtsbehörde ist es daher grundsätzlich verwehrt, mit aufsichtsrechtlichen Mitteln ihre Rechtsauffassung durchzusetzen, sofern dem Rechtsfragen zugrunde liegen, die bislang weder das Gesetz noch die Rechtsprechung in eindeutiger Weise beantwortet haben; in einem solchen Fall bedarf aufsichtsrechtliches Einschreiten einer besonderen Rechtfertigung (BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/03 R -, in juris; BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37). Der Grundsatz einer maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht gebietet es zudem, dem Versicherungsträger einen gewissen Beurteilungsspielraum bzw. eine Einschätzungsprärogative zu belassen (BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37; BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 6 KA 64/98 R -, in juris). Daraus folgt, dass Aufsichtsmaßnahmen, die stets eine Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfordern (s. auch § 89 Abs. 10 Satz 7 SGB V „kann“), rechtswidrig sind, wenn sich das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren bewegt (BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37; BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/03 R -, in juris; siehe auch Engelhard in juris-PK SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 89 Rn. 22 ff.).

Ist Gegenstand der aufsichtsrechtlichen Maßnahme ein Vertrag zwischen Selbstverwaltungsträgern hat die Aufsichtsbehörde darüber hinaus zu berücksichtigen, dass vertragliche Vereinbarungen auf einen Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben. Deshalb unterliegen auch Entscheidungen des Landesschiedsamts, das bei ihrer Entscheidung an die Stelle der Vertragspartner tritt, nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (stRspr. BSG, Urteil vom 16.07.2003 - B 6 KA 29/02 R -, in juris; zuletzt BSG, Urteil vom 04.07.2018 - B 3 KR 21/17 R -, in juris). Sie sind nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Sicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. In formeller Hinsicht wird geprüft, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und sein Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der vom Schiedsamt zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht kommt den Schiedsämtern bei der Festsetzung des Inhalts der Verträge ein weiter Gestaltungsspielraum zu; die Vertragsgestaltungsfreiheit, die der gerichtlichen Prüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung (BSG, Urteil vom 04.07.2018 - B 3 KR 21/17 R -, in juris). Die Aufsichtsbehörde darf demnach insbesondere nicht ihr Gestaltungsermessen an die Stelle desjenigen der Vertragspartner bzw. des Schiedsamtes setzen.

b) Gemessen hieran überschreitet die Beklagte diesen aufgezeigten Rahmen bei der Beanstandung der durch Schiedsentscheidung festgesetzten Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen.

(a) Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren gemäß § 87a Abs. 2 Satz 1 SGB V auf der Grundlage des Orientierungswertes gemäß § 87 Abs. 2e SGB V jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres einen Punktwert, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden ist. Sie können dabei einen Zuschlag auf den oder einen Abschlag von dem Orientierungswert vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Darüber hinaus können sie nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V auf der Grundlage von durch den Bewertungsausschuss festzulegenden Kriterien zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten, insbesondere in Planungsbereichen, für die Feststellungen nach § 100 Abs. 1 oder Abs. 3 getroffen wurden, Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern vereinbaren. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist gemäß § 87a Abs. 2 Satz 4 SGB V zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. In seiner 456. Sitzung hat der BewA mit Wirkung zum 01.10.2019 eine Neufassung seines Beschlusses vom 22.10.2012 zur Festlegung von Kriterien zur Vereinbarung von Zuschlägen auf den Orientierungswert gemäß § 87 Abs. 2e SGB V für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V beschlossen. Nach Ziffer 2 des Beschlusses können die Gesamtvertragspartner gemeinsam und einheitlich die Förderung von Leistungen des EBM vereinbaren, „soweit Veränderungen in Art oder Häufigkeit der Erbringung zu einer Verbesserung der Versorgung führen. Eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten nach diesem Beschluss liegt dann vor, - wenn im Sinne der Verbesserung der Struktur-, Prozess- oder Ergebnisqualität der Behandlungserfolg gesteigert werden kann, oder - wenn aufgrund einer Steigerung oder Beibehaltung der bisherigen Leistungserbringung stationäre Behandlungen oder unnötige Krankentransporte vermieden werden können, oder - wenn bestehende bzw. sich abzeichnende Versorgungsmängel durch gezielte Förderung reduziert bzw. vermieden werden können, beispielsweise durch Veränderungen oder Erweiterungen der Angebotsstrukturen.“ Nach Ziff. 5 des Beschlusses sind die Wirkungen vereinbarter Fördermaßnahmen „regelmäßig zu überprüfen. Zu diesem Zweck sind durch die Gesamtvertragspartner überprüfbare Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme festzulegen.“

Die Gesamtvertragspartner sind an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden. Auch die im Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung aufgestellten Kriterien zur Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern sind verbindlich. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V, wonach die Zuschläge „auf der Grundlage“ der vom BewA festgelegten Kriterien vereinbart werden können. Insoweit wird der Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner begrenzt. Darüber hinaus gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein für die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen, sofern er nicht explizit durch das Gesetz ausgeschlossen oder relativiert wird (BSG, Urteil vom 10.05.2017 - B 6 KA 5/16 R -, in juris, Rn. 53).

(b) Die von der Beklagten beanstandeten Regelungen der durch Schiedsspruch festgesetzten Vergütungsvereinbarung beachten diese rechtlichen Vorgaben; jedenfalls sind sie rechtlich vertretbar und damit grundsätzlich der Rechtsaufsicht entzogen.

(aa) Die Erhöhung der MGV (§ 4 Abs. 2 Satz 16 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung) sowie die Förderung von Leistungen innerhalb der MGV gemäß § 9 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung hält sich an die gesetzlichen Vorgaben und berücksichtigt entgegen der Auffassung der Beklagten die Berechnungssystematik der Gesamtvergütung.

Nach § 87a Abs. 3 SGB V vereinbaren die Gesamtvertragspartner für das Folgejahr die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des EBM den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und bewerten diesen mit dem nach Abs. 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in €; der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt als notwendige medizinische Versorgung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Die in diesen Regelungen zum Ausdruck kommende Trennung der Vereinbarung des Behandlungsbedarfs von der Vereinbarung des Punktwerts wird durch die beanstandeten Regelungen in der Vergütungsvereinbarung nicht verletzt. Die Erhöhung des Punktzahlvolumens für die Förderzuschläge für hausärztlich geriatrische Leistungen in § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vergütungsvereinbarung ist dem Umstand geschuldet, dass die Vereinbarung eine Vergütung der förderungswürdigen Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vorsieht, die Förderzuschläge für die hausärztlich geriatrischen Leistungen aber im Jahr 2019 außerhalb der Gesamtvergütung vergütet wurden. Hinsichtlich der übrigen Förderzuschläge, die bereits im vergangenen Jahr innerhalb der Gesamtvergütung vergütet wurden, ist dies aufgrund der Vorjahresanknüpfung der Vereinbarung des Behandlungsbedarfs nicht erforderlich. Eine unzulässige Vorjahresanknüpfung des Zuschlags auf den Orientierungswert folgt daraus nicht. Wie das BSG zu den Zuschlägen nach § 87a Abs. 2 Satz 2 SGB V entschieden hat, gilt der Grundsatz der sog. Vorjahresanknüpfung für die Vereinbarung von Zu- und Abschlägen nicht (BSG, Urteil vom 10.05.2017 - B 6 KA 5/16 R -, in juris, Rn. 45). Unabhängig von der Frage, ob dies auch für die Zuschläge nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V gilt, bezieht sich die Nichtgeltung des Grundsatzes der Vorjahresanknüpfung nur auf die Preiskomponente.

Es ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch zulässig, Leistungen innerhalb der MGV mit einem Zuschlag auf den Punktwert zu fördern. Das Gesetz enthält keine Bestimmungen dazu, dass nur Leistungen außerhalb der MGV förderungsfähig sind. Auch die Finanzierung der vereinbarten Zuschläge ist nicht geregelt. Im Katalog der zwingend extrabudgetär zu vergütenden Leistungen (§ 87a Abs. 3 Satz 5 SGB V) sind die Zuschläge nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V nicht aufgeführt. Darüber hinaus „können“ nach § 87a Abs. 3 Satz 6 SGB V weitere Leistungen außerhalb der MGV vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen. Eine Verpflichtung hierzu besteht indes nicht. Die gesetzlichen Regelungen stehen mithin einer Vergütung der Förderleistungen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V innerhalb der MGV nicht entgegen. Soweit sich die Gesamtvertragspartner für diesen Weg entscheiden, ist aber zwingend erforderlich, auch den Behandlungsbedarf für diese Leistungen, also die Mengenkomponente, in die Vereinbarung der MGV miteinfließen zu lassen. Andernfalls ginge die Finanzierung zu Lasten der nicht geförderten Leistungen. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass eine Förderung nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V aus zusätzlich bereitgestellten Geldern finanziert werden muss, damit die Finanzierung nicht zulasten der übrigen MGV-Leistungen geht. Die Festlegung von Zuschlägen darf auch nicht zu Lasten der medizinisch notwendigen Versorgung der Versicherten gehen (vgl. § 87a Abs. 2 Satz 4 SGB V). Auch der Gesetzgeber sieht deshalb „aus dem Regelungszusammenhang mit Absatz 3“ die Notwendigkeit einer „ausgabenwirksamen“ Anhebung der Gesamtvergütung (s. BT-Drs. 17/6906, S. 62). Die bloße Finanzierung des Zuschlags auf den Orientierungswert durch eine Zuschlagssumme wäre für MGV-Leistungen nicht „ausgabenwirksam“, wenn die Basisvergütung (Behandlungsbedarf x regionaler Punktwert) in der MGV fehlen würde. Das Schiedsamt weist in der Begründung seiner Entscheidung außerdem zu Recht darauf hin, dass eine Vergütung innerhalb der MGV einer unkontrollierten Mengenausweitung entgegenwirkt und damit im Vergleich zur extrabudgetären Vergütung die Beitragssatzstabilität befördert.

Soweit die Beklagte einwendet, sie könne nicht nachvollziehen, weshalb die Mengenkomponente für eine Leistung erhöht werden müsse, wenn diese Leistung bereits von der MGV erfasst sei, übersieht sie, dass die geförderten Leistungen vorliegend gerade nicht bereits von der MGV erfasst sind, weil sie 2019 außerhalb der Gesamtvergütung vergütet wurden. Die in der Vergangenheit extrabudgetär aufgewendeten Mittel mussten in die MGV überführt werden, damit die Finanzierung der geförderten Leistungen nicht zulasten der übrigen MGV-Leistungen geht.

(bb) Der von der Beklagten beanstandete § 8 Abs. 1 Satz 3 der durch den Schiedsspruch festgesetzten Vergütungsvereinbarung enthält keinerlei Vereinbarungen über Zuschläge auf den Orientierungswert nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V oder sonstige Komponenten der Gesamtvergütung und verstößt deshalb auch nicht gegen die gesetzlichen Regelungen in § 87a Abs. 2 und 3 SGB V, wonach Punktwert und Behandlungsbedarf jeweils jährlich zu vereinbaren sind. Allein die zur Finanzierung bereitstehenden Mittel werden thematisiert, wobei die Überführung von nicht verbrauchten Restbeträgen und die Berücksichtigung bei der Verständigung über die Finanzierung der Förderung in der nächsten Vergütungsvereinbarung ersichtlich dazu dient, eine Rückzahlung der quartalsweisen Abschlagszahlungen im Fall der Nichtausschöpfung der Fördermittel zu vermeiden und eine Verrechnung mit künftigen Fördermitteln vorzunehmen. Eine Förderzusage kann hierin entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gesehen werden.

(cc) Auch die durch Schiedsspruch festgesetzten Regelungen über die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie § 10 i.V.m. Anlage 6 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung sind nicht zu beanstanden.

Entgegen der Annahme der Beklagten ist die Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V nicht beschränkt auf Planungsbezirke, bei denen ein lokaler Versorgungsbedarf besteht, die unterversorgt sind oder denen eine Unterversorgung droht. Der Gesetzeswortlaut steht einer Leistungsförderung für den gesamten KV-Bezirk nicht entgegen. Die Planungsbereiche, für die Feststellungen nach § 100 Abs. 1 oder Abs. 3 getroffen wurden, werden lediglich beispielshaft genannt („insbesondere“). Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs soll der mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl I S. 2983) eingefügte § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V „vor allem“ dazu dienen, die Möglichkeiten zur Steuerung des Niederlassungsverhaltens über Vergütungsanreize zu erweitern (BT-Drs. 17/6906 S. 62). Dem steht aber nicht entgegen, Förderzuschläge auch für Leistungen, die in überversorgten Planungsbereichen oder im gesamtem KV-Bereich erbracht werden, zu vereinbaren. Der Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung sieht demgemäß auch keine Beschränkung der Förderkriterien auf unterversorgte oder von Unterversorgung bedrohte Gebiete vor. Als Kriterium für eine Versorgungsverbesserung wird vielmehr auch die Verbesserung der Qualität der Leistung genannt (Ziff. 2, 1. Fallgruppe), die unabhängig vom Versorgungsgrad des Planungsbereichs als Förderkriterium in Betracht kommen kann. Entsprechendes gilt für das Förderkriterium „Vermeidung stationärer Behandlungen“ (Ziff. 2, 2. Fallgruppe). Darüber hinaus macht auch die Förderung bestimmter Leistungen in überversorgten Gebieten Sinn, wenn etwa die dort niedergelassenen Ärzte Schwerpunkte gesetzt haben, die zur Folge haben, dass einzelne Leistungen ihres Fachgebiets bei der Leistungserbringung zu stark in den Hintergrund treten.

Für die Entscheidungen, ob („kann“) und für welche Planungsbereiche Förderungen vereinbart werden, ist den Vertragspartnern ein weiter Beurteilungsspielraum einzuräumen. Denn soweit der BewA (und der Gesetzgeber) wie hier keine konkreten Vorgaben machen, steht es den Vertragspartnern auf Landesebene zu, den regionalen Besonderheiten – für die nur sie die erforderliche Sachnähe innehaben – Rechnung zu tragen. Einer Rechtsaufsicht sind diese Entscheidungen grundsätzlich nicht zugänglich. Nur soweit die gesetzlichen Vorgaben oder die Kriterien des BewA nicht beachtet werden, unterliegen die Entscheidungen einer Rechtskontrolle. Die Vertragspartner bzw. das Schiedsamt haben indes mit den Regelungen über die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie § 10 i.V.m. Anlage 6 der Vergütungsvereinbarung den gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben entsprochen.

Voraussetzung für die Förderung von Leistungen ist nach den im Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung aufgestellten Kriterien, dass die Förderung von Leistungen des EBM zu „Veränderungen in Art oder Häufigkeit der Erbringung zu einer Verbesserung der Versorgung führen“. Wann eine Verbesserung der Versorgung vorliegt, legt Ziff. 2 Satz 2 des Beschlusses durch die Benennung von drei Fallgruppen fest. Danach wird von einer Verbesserung der Versorgung ausgegangen, wenn im Sinne der Verbesserung der Struktur-, Prozess- oder Ergebnisqualität der Behandlungserfolg gesteigert werden kann (Fallgruppe 1), oder wenn aufgrund einer Steigerung oder Beibehaltung der bisherigen Leistungserbringung stationäre Behandlungen oder unnötige Krankentransporte vermieden werden können (Fallgruppe 2), oder wenn bestehende bzw. sich abzeichnende Versorgungsmängel durch gezielte Förderung reduziert bzw. vermieden werden können, beispielsweise durch Veränderungen oder Erweiterungen der Angebotsstrukturen (Fallgruppe 3). Die Heranziehung der entscheidungserheblichen Gründe des Beschlusses ergibt, dass hinsichtlich der Fallgruppe 2 weitere Tatbestände, bei denen Maßnahmen für eine Steigerung oder Sicherung der Inanspruchnahme in Betracht kommen, erlaubt sind (die Erhöhung der Compliance der Patienten oder die Verbesserung der Koordination oder der Effizienz der Versorgung). Eine Verpflichtung der Vertragsparteien zur Begründung der Förderungen in der Vereinbarung sieht der Beschluss des BewA nicht vor.

Die Vergütungsvereinbarung enthält in ihren Anlagen zu den geförderten Leistungen vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme festgesetzte, überprüfbare Ziele. Das Förderziel einer im Einzelnen festgelegten Steigerung der Häufigkeit der Abrechnung der geförderten Leistungen lässt sich ohne Weiteres nach Ablauf des Förderzeitraums (2024) überprüfen. Weitere Anforderungen stellt der Beschluss des BewA nicht auf (anders noch der Beschluss des BewA in seiner 288. Sitzung am 22.10.2012). Ziff. 5 des Beschlusses verlangt lediglich, dass zum Zwecke der Überprüfung und Bewertung der Wirkungen der vereinbarten Fördermaßnahmen durch die Gesamtvertragspartner „überprüfbare Ziele“ der einzelnen Fördermaßnahmen „vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme“ festzulegen sind. Zudem verkennt die Beklagte, dass auch schon in geringen Steigerungen der Häufigkeit von Leistungen ein Förderziel liegen kann. Im Fall rückläufiger Leistungen kann es als Ziel sogar genügen, dass die Häufigkeit beibehalten bleibt und nicht weiter absinkt.

Soweit die Beklagte einwendet, aus einer fehlenden Begründungspflicht werde ihr die Möglichkeit zur Rechtsaufsicht in rechtsstaatlich bedenklicher Weise entzogen, verkennt sie die Reichweite ihrer Befugnisse. Gegenstand einer Rechtsaufsicht ist es gerade nicht, die Vergütungsvereinbarung bis ins letzte Detail daraufhin zu überprüfen, ob sie aus ihrer Sicht überzeugend ist. Zudem verkennt die Beklagte, dass den Vertragspartnern – und bei einer vertragssubstituierenden Entscheidung dem Schiedsamt – (innerhalb der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben) ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht, ob und wie sie Fördermaßnahmen festlegen. Ein „rechtsfreier Raum“ entsteht dadurch nicht. Denn die Grenzen des Beurteilungsspielraums sind einzuhalten und unterliegen der aufsichtsrechtlichen und gerichtlichen Kontrolle. Das Schiedsamt hat indes vorliegend diese Grenzen nicht verletzt.

c) Insgesamt hat die Beklagte demnach die im Tenor ihres Bescheids vom 14.04.2020 genannten Regelungen der mit Schiedsspruch festgesetzten Vergütungsvereinbarung zu Unrecht beanstandet. Die von ihr aufgezeigten Rechtsverstöße liegen nicht vor. Jedenfalls sind die beanstandeten Regelungen rechtlich vertretbar und damit der Rechtsaufsicht entzogen. Ob darüber hinaus Fehler bei der Ausübung des der Beklagten durch § 89 Abs. 10 Satz 7 SGB V eingeräumten Aufsichtsermessens vorliegen, kann vor diesem Hintergrund dahin gestellt bleiben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und daher ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.

4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GKG. Der Senat ist dabei von dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger an der Aufhebung der angegriffenen Beanstandung ausgegangen, das sie mit rund 75 Mio. € beziffert haben. Nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG ist dieser Betrag auf den Maximalstreitwert in Höhe von 2,5 Mio. € zu kürzen.

5. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Rechtskraft
Aus
Saved