L 6 SB 1088/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 3143/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1088/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. März 2021 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand


Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Er ist 1961 geboren. Nach Abschluss der Realschule machte er eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker und berufsbegleitend im Fernstudium eine Weiterbildung zum Maschinenbautechniker. In diesem Beruf arbeitete er bei wechselnden Arbeitgebern, auch bei Zeitarbeitsfirmen; seit April 2016 ist er in einer Festanstellung beschäftigt. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Mit seiner Ehefrau lebt er in einem eigenen Haus (vgl. Ärztlicher Entlassungsbericht des Rehazentrum H vom 18. Januar 2017). 

Am 27. Januar 2017 beantragte der Kläger erstmals beim Landratsamt H1 (LRA) die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB). Als zu berücksichtigende Gesundheitsstörung gab er einen Trümmerbruch am rechten Handgelenk aufgrund eines häuslichen Unfalls am 3. Juni 2016 an.

Nach Auswertung der vorgelegten medizinischen Unterlagen bewertete H2 versorgungsärztlich eine Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks und Gebrauchseinschränkung der rechten Hand mit einem Einzel-GdB von 30, der dem Gesamt-GdB entsprach.

Gestützt hierauf stellte das LRA durch Bescheid vom 8. Februar 2017 einen GdB von 30 seit dem 27. Januar 2017 fest. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte nach versorgungsärztlicher Auswertung weiterer zur Vorlage gekommener medizinischer Unterlagen durch Widerspruchsbescheid vom 11. August 2017 zurück.

Am 18. Februar 2020 beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB. Den Antrag begründete er mit der vollständigen Gebrauchsunfähigkeit der rechten Hand und einer stark eingeschränkten Hörfähigkeit. Aus steuerlichen Gründen beantragte er die Erhöhung des GdB rückwirkend ab dem Jahr 2017. Zugleich beantragte er nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Änderung des Bescheides vom 8. Februar 2017 insofern, als dass aus steuerlichen Gründen der GdB bereits ab 2016 festgestellt werde.

Der Antrag des Klägers im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf unverzügliche Bescheidung des Antrags auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft war erfolglos (Sozialgericht Heilbronn [SG], Beschluss vom 7. April 2020 – S 2 SB 799/20 ER ­–, Senatsbeschluss vom 13. Mai 2020 – L 6 SB 1248/20 ER-B –).

Die S wertete die vorgelegten medizinischen Unterlagen – unter anderem den am 29. Juni 2020 eigegangenen Bericht der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO-Ärztin) Bujosevic vom 22. Juni 2020 und das Tonaudiogramm vom 31. Januar 2020 – aus und bewertete eine Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks und Gebrauchseinschränkung der rechten Hand weiterhin mit einem Einzel-GdB von 30, der dem Gesamt-GdB entsprach. Nachträglich ergänzte sie auf der versorgungsärztlichen Stellungnahme handschriftlich, dass der Einzel-GdB für die beiderseitige Schwerhörigkeit unter 10 liege (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 15. Juli 2020).

Durch Bescheid vom 20. Juli 2020 ergänzte das LRA den Bescheid vom 8. Februar 2017 insoweit, als dass auch für den Zeitraum vom 3. Juni 2016 bis zum 26. Januar 2017 der GdB 30 betrage.

Das LRA lehnte durch Bescheid vom 21. Juli 2020 den Antrag vom 18. Februar 2020 auf Neufeststellung des GdB ab. Die Prüfung der vorliegenden aktuellen medizinischen Unterlagen bzw. der erhobenen medizinischen Befunde habe ergeben, dass eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustands und der damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers nicht eingetreten sei. Die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien in vollem Umfang umfasst und unter Berücksichtigung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zutreffend mit dem bereits festgestellten GdB bewertet. Als Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor eine Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks und eine Gebrauchseinschränkung der rechten Hand.

Durch weiteren Bescheid vom 22. Juli 2020 lehnte das LRA den Antrag nach § 44 SGB X ab. Die Überprüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers habe ergeben, dass die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht vorlägen, weil bei Erlass des Bescheides vom 8. Februar 2017 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei.

Der Kläger hat gegen die Bescheide vom 21. und vom 22. Juli 2020 Widerspruch erhoben und die Einholung eines Befund- und Behandlungsberichts bei der B, bei der er seit längerer Zeit in Behandlung sei, angeregt.
Mit Schreiben vom 4. August 2020 bestätigte das LRA den Eingang der Widersprüche und führte unter Hinweis auf die beigefügte versorgungärztliche Stellungnahme vom 15. Juli 2020 aus, dass die geltend gemachte Funktionsbeeinträchtigung „Schwerhörigkeit“ keinen GdB von mindestens 10 begründe.

Der Kläger brachte mit Schreiben vom 7. August 2020 vor, er habe im Antrag vom 14. Februar 2020 (Eingang beim LRA am 18. Februar 2020) wegen seiner eingeschränkten Hörfähigkeit die Adresse seiner HNO-Ärztin angegeben. Hinsichtlich dieser Funktionsbeeinträchtigung enthielten aber die Bescheide vom 20. und vom 21. Juli 2020 keine Aussage. Auf seinen Widerspruch hin habe er aber nun den von der HNO-Ärztin angeforderten Bericht und eine versorgungärztliche Stellungnahme erhalten. Es möge mitgeteilt werden, wie diese Verfahrensweise zu Stande gekommen sei und vor allem, aus welchen Gründen die Funktionsbeeinträchtigung „geminderte Hörfähigkeit“ nicht in den Bescheiden enthalten gewesen sei. Die Bescheide seien insoweit rechtswidrig und mit der Kostenfolge des § 63 Abs. 1 SGB X aufzuheben. Wenn das LRA die Kosten hinsichtlich dieses Aspekts erstatte, werde die geminderte Hörfähigkeit im Widerspruchsverfahren nicht weiterverfolgt. Beigefügt war dem Schreiben eine Kostenrechnung des Bevollmächtigten des Klägers nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG) über 371,20 Euro (300,00 Euro [Gebühr nach Nr. 2302 nach dem Vergütungsverzeichnis <VV> zum RVG], 20,00 Euro [Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG], 51,20 Euro [16 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG]).

Das LRA entgegnete (Schreiben vom 11. August 2020), dass der Einwand des Klägers, die Bescheide vom 20. und vom 21. Juli 2020 enthielten keine Aussage zur Schwerhörigkeit, nur auf den Bescheid vom 21. Juli 2020 zutreffe, im Bescheid vom 20. Juli 2020 seien überhaupt keine Funktionsbeeinträchtigungen erwähnt. Gegen den Bescheid vom 20. Juli 2020 sei auch kein Widerspruch eingelegt worden. Aus der Akte ergebe sich, dass in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13. Juli 2020 (gemeint wohl 15. Juli 2020) handschriftlich hinzugefügt worden sei „Schwerhörigkeit bds u. 10“. Da diese Funktionsbeeinträchtigung im Fachprogramm elektronisch nicht hinterlegt gewesen sei, sei sie auch nicht in den Bescheid vom 21. Juli 2020 eingespielt worden. Dieses Versehen werde bedauert, trotzdem habe jedoch eine vollumfängliche Sachverhaltsaufklärung stattgefunden. In der Gesamtbetrachtung ergebe sich kein anderes Ergebnis. Dadurch, dass die Schwerhörigkeit lediglich mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet worden sei, verbleibe es bei einem Gesamt-GdB von 30. Eine rechtswidrige Entscheidung liege demnach nicht vor. Da das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, sei keine Kostenentscheidung zu treffen.
Mit Schreiben vom 13. August 2020 (Eingang beim LRA am 17. August 2020) wies der Kläger darauf hin, dass drei Bescheide erlassen worden seien. Der Bescheid vom 22. Juli 2020 lehne eine rückwirkende Feststellung ab 2016 ab, durch den Bescheid vom 20. Juli 2020 werde hingegen eine rückwirkende Erhöhung des GdB ab 2016 festgestellt. Der Bescheid vom 22. Juli 2020 stehe demnach im Widerspruch zum Bescheid vom 20. Juli 2020 und sei deswegen rechtswidrig und aufzuheben; dann wäre der Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Juli 2020 erfolgreich. Vorsorglich erhob der Kläger auch Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juli 2020. Vergleichsweise schlug er vor, dass das LRA den Bescheid vom 22. Juli 2020 zurücknehme und ihm die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte erstatte. Im Gegenzug nehme er die Widersprüche gegen die Bescheide vom 20., 21. und 22. Juli 2020 zurück und erkläre die Angelegenheit insgesamt für erledigt.

Das LRA erwiderte mit Schreiben vom 20. August 2020, dass, nachdem dem Änderungsantrag nicht habe entsprochen werden können, auch der Antrag auf Erhöhung des GdB für den zurückliegenden Zeitraum habe abgelehnt werden müssen. Dies widerspreche nicht der durch Bescheid vom 20. Juli 2020 getroffenen Feststellung, wonach der GdB im Zeitraum vom 3. Juni 2016 bis zum 26. Januar 2017 (ebenfalls) 30 betrage. Mit Antrag vom 18. Februar 2020 habe der Kläger eine rückwirkende Erhöhung beantragt, die durch Bescheid vom 21. Juli 2020 abgelehnt worden sei. Für eine Rücknahme des Bescheides vom 22. Juli 2020 bestehe deshalb kein Grund, so dass die vorgeschlagene vergleichsweise Regelung nicht in Betracht komme.

Der Kläger hat am 2. November 2020 beim SG Untätigkeitsklage erhoben (S 10 SB 3063/20), die er am 9. November 2020 nach Erlass der Widerspruchsbescheide durch den Beklagten für erledigt erklärt hat.

Durch Widerspruchsbescheid vom 4. November 2020 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Juli 2020 (Feststellung eines GdB von 30 auch im Zeitraum vom 3. Juni 2016 bis zum 26. Januar 2017) zurück und lehnte die Erstattung von Vorverfahrenskosten ab. Der angefochtene Bescheid sei zutreffend. Einer ausdrücklichen Angabe der Funktionsbeeinträchtigungen habe es im Bescheid nicht bedurft.

Der Widerspruchsbescheid vom 5. November 2020 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Juli 2020 (Ablehnung des Antrags nach § 44 SGB X) zurück und lehnte die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens ab. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 44 SGB X hätten nicht vorgelegen. Zutreffend sei durch den Bescheid vom 8. Februar 2017 ein GdB von 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der oberen Gliedmaßen (Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks, Gebrauchseinschränkung der rechten Hand) ab dem 27. Januar 2017, dem Datum des Antragseingangs, festgestellt worden. Die mit Antrag vom 18. Februar 2020 geltend gemachte Hörminderung sei erstmals durch den Befundbericht der behandelnden B vom 22. Juni 2020 auf der Grundlage des Tonaudiogramms vom 31. Januar 2020 nachgewiesen worden. Diese Funktionsbeeinträchtigung sei demnach im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 8. Februar 2017 nicht zu berücksichtigen gewesen. Im Übrigen habe sich der aus der beiderseitigen Hochtonschwerhörigkeit ergebende Einzel-GdB von 10 auch nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB von 30 ausgewirkt.

Durch weiteren Widerspruchsbescheid vom 6. November 2020 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2020 (Ablehnung des Antrags vom 18. Februar 2020 auf Neufeststellung des GdB) zurück und lehnte die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens ab. Über den GdB sei letztmals durch Bescheid vom 8. Februar 2017 entschieden worden. In den Verhältnissen, die diesem Bescheid zugrunde gelegen hätten, sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die Bewegungseinschränkungen der rechten Hand nach Radiustrümmerfraktur mit operativer Behandlung seien weiterhin mit einem Einzel-GdB von 30 zutreffend bewertet. Gestützt auf den Befundbericht der B sei als weitere Funktionsbeeinträchtigung eine Schwerhörigkeit beidseits mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen. Dieser Einzel-GdB führe jedoch nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB.

Mit der am 9. November 2020 beim SG erhobenen Klage hat der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 21. Juli 2020 über die Ablehnung des Antrags vom 18. Februar 2020 auf Neufeststellung des GdB dem Grunde nach verfolgt.

Zur Klagebegründung hat der Kläger ausgeführt, er habe mit Antrag vom 18. Februar 2020 vor allem eine Höherbewertung des GdB wegen seiner eingeschränkten Hörfähigkeit geltend gemacht. Hierauf sei das LRA im Bescheid vom 21. Juli 2020 nicht ansatzweise eingegangen. Er habe deshalb davon ausgehen müsse, dass diese Funktionsbeeinträchtigung nicht berücksichtigt worden sei. Nachdem der Beklagte hierauf im Widerspruchsbescheid vom 6. November 2020 eingegangen sei, sei der Bescheid vom 21. Juli 2020 nachträglich begründet worden, woraus sich die Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens ergebe.

Der Beklagte hat zur Begründung seines Antrags auf Klageabweisung entgegnet, der Bescheid vom 21. Juli 2020 sei ausreichend begründet gewesen. Es sei dargelegt worden, dass eine wesentliche Änderung gegenüber der letzten bestandskräftigen Feststellung des GdB nicht eingetreten sei. Im Widerspruchsbescheid sei lediglich die Schwerhörigkeit als weitere Funktionsbeeinträchtigung ergänzt worden, ohne dass sich an der Höhe des GdB etwas geändert habe. Es handele sich hierbei nicht um eine vollständige Nachholung der Begründung. Auch sei zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur der Gesamt-GdB und nicht auch die Einzel-GdB in Rechtskraft erwachsen würden und auch kein Anspruch auf die bestimmte Bezeichnung einer Funktionsbeeinträchtigung bestehe. Demnach befinde sich im Verfügungssatz von Bescheid und Widerspruchsbescheid lediglich die Gesamt-GdB-Feststellung bzw. Antragsablehnung ohne Tenorierung von Funktionsbeeinträchtigungen oder Einzel-GdB-Werten.

Die vom Kläger geltend gemachten Kosten des Vorverfahrens hat er auf Nachfrage des SG nunmehr mit 785,40 Euro (640,00 Euro [Gebühr nach Nr. 2302 VV RVG] + 20,00 Euro [Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG] + 125,40 Euro [19 % Umsatzsteuer nach [Nr. 7008 VV RVG]) angegeben.     

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage durch Gerichtsbescheid vom 19. März 2021 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens. Der Widerspruch habe keinen Erfolg gehabt (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Auch eine Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X wegen der Heilung eines Begründungsmangels des Bescheides vom 21. Juli 2020 im Rahmen des Widerspruchsverfahrens komme nicht in Betracht. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach dieser gesetzlichen Regelung bestehe nur, wenn der Widerspruch „nur“ deshalb keinen Erfolg gehabt habe, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift wegen ihrer Heilung unbeachtlich sei. Nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG; Urteil vom 19. Mai 2011 – L 7 AS 109/11 –, juris, Rz. 20 m. w. N.) müsse die nachträgliche Heilung der einzige Grund sein, der den Erfolg des Widerspruchs letztlich vereitelt habe. Selbst wenn der Bescheid vom 21. Juli 2020 an einem Begründungsmangel gelitten haben sollte – wovon das Gericht nicht ausgehe – sei die im Widerspruchsverfahren erfolgte Heilung dieses Begründungsmangels nicht der einzige Grund gewesen, wegen dem der Widerspruch erfolglos geblieben sei. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die beiderseitige Schwerhörigkeit des Klägers mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten gewesen sei, der sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB ausgewirkt habe. Die dem Gerichtsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung verwies auf die Berufung als statthaftes Rechtsmittel.  


Am 23. März 2021 hat der Kläger gegen den seinem Prozessbevollmächtigen am 19. März 2021 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung beim LSG eingelegt.

Zur Berufungsbegründung bekräftigt der Kläger seine Ausführungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und führt im Weiteren aus, dass die vom SG unterstellte nachträgliche Heilung des Begründungsmangels der einzige Grund für die Erfolglosigkeit des Widerspruchs gewesen sei. Wenn es entsprechend der Antragstellung zu einer Höherbewertung des GdB infolge der beiderseitigen Schwerhörigkeit gekommen wäre, hätte der GdB, weil die Schwerhörigkeit bereits seit 2017 bestanden habe, auch rückwirkend erhöht werden müssen. Demnach hätte die Prüfung der Höherbewertung des GdB bereits im Ausgangsbescheid erfolgen müssen. Da diese Prüfung nicht erfolgt und erst im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden sei, sei die nachträgliche Heilung des Begründungsmangels – gesamtschauend betrachtet – auch der einzige Grund für die Erfolglosigkeit des Widerspruchs gewesen. Zuletzt hat der Kläger darauf hingewiesen, dass seine Rechtsauffassung durch das Urteil des BSG vom 4. Juni 1998 – B 9 SB 17/97 – (gemeint wohl Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 SB 17/97 R –) gestützt werde. 

Die Kläger beantragt – sinngemäß –,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. März 2021 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2020 zu verurteilen, ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht statthaft (§§ 143144 SGG) und damit unzulässig. Die Berufung wäre aber auch unbegründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 19. März 2021, mit dem das SG die von ihm angenommene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) des Klägers auf Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2020 und auf Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung der Kosten des Vorverfahrens abgewiesen hat. Entgegen der Rechtsansicht des SG ist vorliegend die zutreffende Klageart jedoch eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Die Anfechtungsklage zielt auf die Aufhebung der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides, die als eigenständiger Verwaltungsakt selbständig angefochten werden kann, und die Leistungsklage auf die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens. Einer Verpflichtungsklage bedarf es nicht, weil mit der Ablehnung der Kostenerstattung eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09 R – juris, Rz. 10 ff.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der vorliegenden Klageart der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 R –, BSGE 104, 116 [124]; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34), ohne eine solche derjenige der Entscheidung.

Die Unzulässigkeit der Berufung folgt daraus, dass sie nicht statthaft ist.

Nach § 143 SGG findet gegen die Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt. Allerdings bedarf die Berufung der – hier nicht vorliegenden – Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG); dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Beschränkung der Berufung ist gemäß § 105 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 SGG auch zu beachten, wenn das Sozialgericht – wie hier – durch Gerichtsbescheid entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rz. 13).
Dabei obliegt die Bestimmung des Umfangs des Klage- und daran anschließend des Berufungsbegehrens auf Grund des auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsgrundsatzes nicht dem Gericht, sondern dem Kläger. Die durch 
§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG normierte Zulassungsbedürftigkeit knüpft insofern an das materielle Begehren des Berufungsklägers an, also sein ursprüngliches Klageziel, soweit er dieses im Berufungsverfahren noch weiterverfolgt (vgl. BSG, Urteile vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rz. 14 und vom 5. August 2015 – B 4 AS 17/15 B –, juris, Rz. 6); maßgeblich ist der Zeitpunkt der Berufungseinlegung (vgl. BSG, Urteile vom 19. März 2020 – B 4 AS 4/20 R –, juris, Rz. 14 und vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 –, juris, Rz. 16). Bei einem – wie vorliegend – auf ein Grundurteil gerichteten Begehren muss der Antrag allerdings nicht beziffert werden. Auch in diesem Fall ist es aber mit Blick auf die Regelung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG notwendig, anhand des erkennbaren Begehrens den Wert wenigstens überschlägig zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R –, juris, Rz. 14; vgl. insgesamt LSG Hessen, Urteil vom 24. Juni 2020 – L 6 AS 292/19 –, juris, Rz. 35 f.).

Den Wert des Begehrens des Klägers, der Erstattung der Kosten des Vorverfahrens, beträgt 371,20 Euro. In dieser Höhe hatte sein Prozessbevollmächtigter Kosten im Widerspruchsverfahren (300,00 [Gebühr nach Nr. 2302 VV RVG], 20,00 Euro [Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG], 51,20 Euro [16 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG]) geltend gemacht. Die Berufung ist damit unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht 750 Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt werden (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Kläger hat im Klageverfahren die ihm im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten zwar mit 785,40 Euro (640,00 Euro [Gebühr nach Nr. 2302 VV RVG] + 20,00 Euro [Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG] + 125,40 Euro [19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG]) beziffert. Nach Ansicht des Senats kann diese Angabe des Werts des klägerischen Begehrens jedoch nicht zur Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes herangezogen werden. Im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung ist zwar nicht abschließend über die Berechtigung der vom Bevollmächtigten des Klägers ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden; eine Gebührenforderung ist jedoch dann für die Bestimmung des Beschwerdegegenstandswerts unbeachtlich, wenn ein Anspruch in dieser Höhe nach keiner Betrachtungsweise bestehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 38/14 R –, juris, Rz. 11). So verhält es sich vorliegend. Es ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, wegen dem sich die Gebühren des Bevollmächtigten des Klägers von 371,20 Euro, die noch im Widerspruchsverfahren geltend gemacht worden sind, auf 785,40 Euro, die im Klageverfahren begehrt wurden, erhöht haben sollten. Im Klageverfahren ist demnach mehr als eine Verdoppelung der Gebührenforderung eingetreten. Der Bevollmächtigte des Klägers hat aber im Widerspruchsverfahren nach der Bezifferung seiner Gebühren auf 371,20 Euro (Schreiben vom 7. August 2020) keine weitere wesentliche Tätigkeit mehr ausgeübt, die eine Erhöhung seiner Gebühren – und schon überhaupt nicht um mehr als 100 % – ­­rechtfertigt. Das in den Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide vom 20., 21. und vom 22. Juli 2020 zur Vorlage gekommene Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 13. August 2020 bezieht sich auf die Bescheide vom 20. und vom 22. Juli 2020 und nicht auf den allein vorliegend maßgeblichen Bescheid vom 21. Juli 2020. Eine weitere Tätigkeit im hier maßgeblichen Widerspruchsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Widerspruchsverfahren nach Bezifferung seiner Gebühren und vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2020 nicht entfaltet.


Der ursprünglich geltend gemachte Gebührensatz von 371,20 Euro entspricht auch dem, was üblicherweise anwaltlicherseits für die entfaltete Tätigkeit in einem solchen Rechtsstreit verlangt werden kann. Nach Nr. 2302 VV RVG – in der für das vorliegenden Verfahren maßgeblichen vom 30. Juni 2020 bis zum 29. Dezember 2020 geltenden Fassung – umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 50 bis 640 Euro. Eine Gebühr von mehr als 300 Euro kann indes nach Nr. 2302 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sogenannte Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Hiermit ist dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung jedenfalls der in § 14 RVG genannten Kriterien verbunden ist. Zudem ist ihm nach § 14 Abs. 1 RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr ein Ermessensspielraum von 20 % (sogenannte Toleranzgrenze) zuzugestehen, der von Dritten wie auch von den Gerichten zu beachten ist. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind objektive Kriterien. Zu diesen treten die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als subjektive Kriterien hinzu. Darüber hinaus ist nach § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, für deren Bemessung ergänzend das Haftungsrisiko als weiteres Kriterium zu berücksichtigen, ohne dass ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts einen eigenen Gebührentatbestand begründet. Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift („vor allem“) nicht abschließend, sodass weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehenden Kriterien stehen selbständig und gleichwertig nebeneinander und vermögen sich bei Abweichungen vom Durchschnitt untereinander zu kompensieren. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG ist in einem ersten Schritt ausgehend von der sogenannten Mittelgebühr zu bestimmen. Diese errechnet sich aus dem Gebührenrahmen von 50 bis 640 Euro, beträgt demnach 345 Euro, und ist in Verfahren zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt. Die ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmende Gebühr ist in einem zweiten Schritt in Höhe der Schwellengebühr, die 300 Euro beträgt, zu kappen, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2019 – B 14 AS 48/18 R –, juris, Rz. 15 ff.).

Demnach sind keine Gründe ersichtlich, wegen denen der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Geschäftsgebühr von mehr als der Mittelgebühr, wie er sie noch im Widerspruchsverfahren geltend gemacht hat, beanspruchen können soll. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Widerspruchsverfahren, die Rüge der vermeintlichen Nichtberücksichtigung einer geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigung und die Forderung von Kosten des Widerspruchsverfahrens wegen der Heilung eines vermeintlichen Begründungsmangels, war, wenn überhaupt, durchschnittlich und rechtfertigt demnach nicht eine Gebühr, die über der Schwellengebühr liegt, und schon nicht ansatzweise die Höchstgebühr. Unbeachtlich sind die Tätigkeiten, die der Prozessbevollmächtige des Klägers in den weiteren Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide vom 20. und vom 22. Juli 2020 entfaltet hat; allein maßgeblich für die Bestimmung seiner Gebühr im vorliegenden Verfahren ist seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 21. Juli 2020.

Auch unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze von 20 % (vgl. oben) wird nicht eine Gebührenhöhe erreicht, durch die der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 750 Euro beträgt. Im Übrigen legt der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Bezifferung seiner Forderung im Klageverfahren für das Jahr 2020 unzutreffend eine Umsatzsteuer von 19 % und nicht wie noch zutreffend im Widerspruchsverfahren eine Umsatzsteuer von 16 % zu Grunde.

Die insofern unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides vom 19. März 2021 über die Berufung als statthaftes Rechtsmittel führt nicht zur Zulässigkeit der Berufung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R –, juris, Rz. 15). Eine nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG (notwendige) Zulassung der Berufung lässt sich auch weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheides vom 19. März 2021 entnehmen.

Die Berufung wäre aber auch unbegründet. Ihre Unbegründetheit folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens. Zu Recht hat das SG demnach die Klage durch Gerichtsbescheid vom 19. März 2021 abgewiesen.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich ist (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind nach § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Beklagte zu Recht durch Widerspruchsbescheid vom 6. November 2020 die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens abgelehnt.

Der Widerspruch war nicht erfolgreich, so dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht besteht. Die mit Neufeststellungsantrag vom 18. Februar 2020 vom Kläger verfolgte Erhöhung des durch den maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 8. Februar 2017 festgestellten GdB von 30 hatte keinen Erfolg. Da der Bescheid vom 21. Juli 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2020, weil der Kläger die Ablehnung der Erhöhung des GdB nicht mit der erstinstanzlichen Klage angefochten hat, bindend geworden ist (§ 77 SGG), hat der Senat nicht zu prüfen, ob der Beklagte zu Recht die Neufeststellung des GdB abgelehnt hat.

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens ergibt sich auch nicht aus § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X. Dessen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es liegt zwar eine Verletzung eines Verfahrens- oder Formvorschrift, ein Begründungsmangel des Bescheides vom 21. Juli 2020, vor, die aufgrund ihrer Heilung im Widerspruchsverfahren nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X unbeachtlich ist, der Widerspruch hat aber nicht nur deshalb keinen Erfolg gehabt.

Eine Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift ergibt sich daraus, dass der Bescheid vom 21. Juli 2020 nicht entsprechend den Vorgaben des § 35 SGB X ausreichend begründet war. Nach § 35 Abs. 1 SGB X ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen (Satz 1). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Satz 2). Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (Satz 3). Einer Begründung bedarf es nach § 35 Abs. 2 SGB X nicht, soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift (Nr. 1), soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist (Nr. 2), wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist (Nr. 3), wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt (Nr. 4) oder wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird (Nr. 5). In den Fällen des § 35 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGB X ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt (Abs. 3).

Indem der Bescheid vom 21. Juli 2020 nicht ansatzweise auf die vom Kläger im Rahmen des Neufeststellungsantrags vom 18. Februar 2020 geltend gemachte stark eingeschränkte Hörfähigkeit, auf die der Kläger maßgeblich den Neufeststellungsantrag gestützt hat, eingegangen ist, hat er nicht den Vorgaben des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X entsprochen. Für die Ablehnung der Höherbewertung des GdB war die Bewertung der beiderseitigen Schwerhörigkeit dahingehend, dass diese Funktionsbeeinträchtigung sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB auswirkt, ein wesentlicher tatsächlicher und rechtlicher Grund im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X, auf den sich die Begründung des Bescheides hätte beziehen müssen. Eine Ausnahme von der Begründungspflicht nach § 35 Abs. 2 SGB X ist nicht ersichtlich.
Das LRA hat indirekt auch durch sein Schreiben vom 11. August 2020 zu erkennen gegeben, dass es selbst davon ausgegangen ist, dass eine Begründungspflicht im Hinblick auf die beiderseitige Schwerhörigkeit bestanden hat. Es hat ausgeführt, dass diese Funktionsbeeinträchtigung im Fachprogramm wegen der nachträglichen handschriftlichen Ergänzung der versorgungsärztlichen Stellungnahme nicht elektronisch hinterlegt gewesen und nur deshalb nicht in die Begründung des Bescheides vom 21. Juli 2020 übernommen worden ist. Mithin hätte sich die Begründung des Bescheides vom 21. Juli 2020, wenn keine handschriftliche Ergänzung der versorgungsärztlichen Stellungnahme erfolgt wäre, auch auf die beiderseitige Schwerhörigkeit bezogen.

Die vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren genannte Rechtsprechung des BSG, wonach nur der Gesamt-GdB und nicht auch die Einzel-GdB in Rechtskraft erwachsen und auch kein Anspruch auf die bestimmte Bezeichnung einer Funktionsbeeinträchtigung besteht und sich deshalb aus dem Verfügungssatz des Bescheides und Widerspruchsbescheides lediglich die Gesamt-GdB-Feststellung bzw. Antragsablehnung ohne Tenorierung von Funktionsbeeinträchtigungen oder Einzel-GdB-Werten ergibt, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Diese Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 SB 17/97 R –, juris, Rz. 10 ff.) bezieht sich vorrangig auf die Bindungswirkung eines Bescheides (§ 77 SGG) nach § 152 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Aus ihr ergeben sich jedoch keine Rückschlüsse auf den sich aus § 35 SGB X ergebenden Begründungsumfang eines Bescheides im Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht im Sinne der Rechtsansicht des Beklagten. Das BSG hat im Gegenteil – worauf der Kläger hingewiesen hat – (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 19) ausgeführt, dass im Begründungsteil eines Verwaltungsaktes über die Höhe des GdB oder über das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleich darzulegen ist, welche tatsächlichen Umstände festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt worden sind.

Die unzureichende Begründung des Bescheides vom 21. Juli 2020 ist im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X geheilt worden. Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 6. November 2020 dargelegt, dass gestützt auf den – bereits vor Erlass des Ausgangsbescheides vom 21. Juli 2020 eingeholten, dem LRA am 29. Juni 2020 zugegangenen – Befundbericht der B als weitere Funktionsbeeinträchtigung eine Schwerhörigkeit beidseits mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen ist, der jedoch nicht zur Erhöhung des durch den maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 8. Februar 2017 festgestellten Gesamt-GdB von 30 führt. Entgegen den Ausführungen des Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren sind von § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X auch die Fälle umfasst, in denen – wie vorliegend – eine unzureichende Begründung nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X nachträglich ergänzt wird. Der Anwendungsbereich des § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X ist nicht auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ursprünglich die Begründung des Verwaltungsaktes vollständig gefehlt hat (vgl. Schneider-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, Stand: 1. Dezember 2017, § 41 Rz. 23)

Einem Anspruch auf Erstattung der Kosten des Vorverfahrens nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X steht jedoch entgegen, dass der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21. Juli 2020 nicht „nur“ deshalb keinen Erfolg gehabt hat, weil eine Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich geworden ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Mai 2011 – L 7 AS 109/11 –, juris, Rz. 20; Mutschler, in: Kassler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 114. EL Mai 2021, § 63 SGB X Rz. 9; Feddern, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB X, 2. Aufl. 2017, Stand: 7. Oktober 2021, § 63 Rz. 46; Becker, in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, 3. EL 2021, § 63 Rz. 37; Schütze, in: Roos/Blüggel, Kommentar zum SGB X, 9. Aufl. 2020, § 63 Rz. 27).

Die Heilung des Begründungsmangels nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X im Widerspruchsverfahren war vorliegend nicht der einzige Grund für die Erfolglosigkeit des Widerspruchs. Der Widerspruch war insbesondere auch deshalb erfolglos, weil der Neufeststellungsantrag vom 18. Februar 2020 aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Erfolg gehabt hat. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen der der durch den maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 8. Februar 2017 festgestellte Gesamt-GdB von 30 zu erhöhen gewesen wäre, ist nicht eingetreten. Dies steht, da der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 6. November 2020 nur hinsichtlich der Kostenentscheidung und nicht hinsichtlich der Zurückweisung des Widerspruchs gegen die Ablehnung der Neufeststellung angefochten hat, zwischen den Beteiligten bindend (§ 77 SGG) fest.

Aus den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgebrachten Erwägungen ergibt sich nichts anderes. Denn entgegen dem Vorbringen des Klägers ist, wie der Senat der Verwaltungsakte des Beklagten entnimmt, nicht erst im Widerspruchsverfahren, sondern bereits im Ausgangsverfahren vor Erlass des eine Neufeststellung ablehnenden Bescheides vom 21. Juli 2020 eine Prüfung erfolgt, ob der Gesamt-GdB wegen der vom Kläger geltend gemachten beiderseitigen Schwerhörigkeit zu erhöhen ist. Dies ergibt sich aus dem bei der B angeforderten Bericht und der versorgungsärztlichen Stellungnahme der S vom 15. Juli 2020, in der (handschriftlich) die beiderseitige Schwerhörigkeit mit einem Einzel-GdB von unter 10 bewertet worden ist. Auch ist eine wie vom Kläger angeregte „gesamtschauende“ Betrachtungsweise nicht zielführend, denn alleine maßgeblich ist das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 21. Juli 2020. 

Die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X auf diejenigen Fälle, in denen der Widerspruch einzig und alleine wegen der nachträglichen Heilung des Verfahrens- oder Begründungsmangels nach § 41 SGB X im Widerspruchsverfahren keinen Erfolg gehabt hat, ergibt sich bereits aus dessen Wortlaut. Denn sollten von § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X auch die Fälle erfasst werden, in denen der Widerspruch trotz der Heilung des Verfahrens- oder Formfehlers im Widerspruchsverfahren auch aus anderen (materiell-rechtlichen) Gründen keinen Erfolg gehabt hat (so etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Juni 2021 – L 33 R 506/20 –, juris, Rz. 29), hätte es des Wortes „nur“ in § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht bedurft. Ausreichend wäre dann gewesen, wenn § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X folgenden Wortlaut hätte: „
Dies gilt auch, wenn der Widerspruch deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist.(vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Mai 2011 – L 7 AS 109/11 –, juris, Rz. 20).    

Die Regelung des 
§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X stellt demnach nur eine eng begrenzte Ausnahme gegenüber dem in § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X als Grundregel formulierten Erfolgs- oder Unterliegensprinzip dar, das aber nicht zugunsten eines allgemeinen Billigkeitsprinzips aufgegeben wird. Anders als die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten im Rahmen eines Gerichtsverfahrens nach § 193 SGG, die auch die Kosten eines vorangegangenen – nicht isolierten – Widerspruchsverfahrens umfasst, steht der Inhalt der Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 SGB X nicht im „billigen Ermessen“ der Widerspruchsbehörde. Während § 193 Abs. 1 SGG dem Gericht mangels inhaltlicher Vorgaben ein solches Ermessen einräumt (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmid, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 193 Rz. 12) und auch Verwaltungsverfahrensgesetze einzelner Länder ausdrückliche Bestimmungen über eine Kostenerstattung nach billigem Ermessen vorsehen (vgl. z. B. § 80 Abs. 1 Satz 5 Landesverwaltungsverfahrensgesetz Baden-Württemberg [LVwVfG]), fehlt eine solche Regelung in § 63 Abs. 1 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 15/10 R –, juris, Rz. 33). Gleiches gilt für § 80 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG), dem § 63 Abs. 1 SGB X nach gesetzgeberischem Willen nachgebildet ist (vgl. BT-Drucks. 8/2034, S. 36 zu § 61 des Entwurfs). Die § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X entsprechende Vorschrift des § 80 Abs. 1 Satz 2 VwVfG wurde zwar aus Billigkeitsgründen eingeführt (vgl. BT-Drucks. 7/910, S. 92 zu § 76 des Entwurfs). Der Regelung bedurfte es jedoch, weil auch § 80 VwVfG nur bei einem erfolgreichen Widerspruch eine Kostenerstattung vorsieht und der Widerspruchsführer im Verwaltungsverfahren im Gegensatz zum Verwaltungsprozess im Fall einer nachträglichen Heilung des streitigen Verwaltungsaktes nicht bereits durch eine Erledigungserklärung die Kostenlast abwenden kann (vgl. Kallerhoff/Keller, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 80 Rz. 37). Der Grund für die Kostenerstattung trotz Erfolglosigkeit des Widerspruchs liegt demnach auch bei § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X in der – ursprünglichen – Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes aufgrund des Verfahrens- oder Formmangels und der damit einhergehenden Berechtigung des Widerspruchs. Soweit in § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X also Billigkeitsgründe in die Kostenentscheidung einfließen, sind sie unverändert verknüpft mit einem Erfolg des Widerspruchs, der hier nur durch nachträgliche Heilung „entfällt“. Das Erfolgsprinzip wird demnach nicht zugunsten eines allgemeinen Billigkeitsprinzips aufgegeben, das die Berücksichtigung von Veranlassungsgesichtspunkten erlaubt (vgl. insgesamt LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Mai 2011 – L 7 AS 109/11 –, juris, Rz. 20; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Oktober 2016 – L 18 AS 284/15 –, juris, Rz. 16).

Wird mit dem Widerspruch insofern über die Beanstandung des Verfahrens- und Formfehlers hinaus auch eine andere Sachentscheidung begehrt, richtet sich die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Vorverfahrens nach dem Erfolg des Widerspruchs in der Sache selbst (vgl. LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 19. Mai 2011 – L 7 AS 109/11 –, juris, Rz. 22; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Oktober 2016 – L 18 AS 284/15 –, juris, Rz. 18). Der Anwendungsbereich des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist demnach nur dann eröffnet, wenn der Widerspruch auf die Rüge der Verletzung eines Verfahrens- oder Formmangels beschränkt ist. Hierfür ergeben sich jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte. Mit dem am 28. Juli 2020 erhobenen Widerspruch hat der Kläger die Einholung eines Befund- und Behandlungsberichts bei der B angeregt und insofern den Widerspruch auch auf materiell-rechtliche Aspekte erstreckt. Auch mit Schreiben vom 7. August 2020 (Eingang beim LRA am 10. August 2020) hat der Kläger sein Widerspruchsbegehren nicht auf Verfahrens- oder Formfehler beschränkt; er hat lediglich in Aussicht gestellt, dass, wenn das LRA ihm die Kosten wegen der unzureichenden Begründung erstattet, die geminderte Hörfähigkeit im Widerspruchsverfahren nicht weiterverfolgt werde. Ebenso lässt sich eine entsprechende Beschränkung des Widerspruchs nicht dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 13. August 2020 (Eingang beim LRA am 17. August 2020) entnehmen, da sich dieses Schreiben nur auf die Widersprüche gegen die Bescheide vom 20. und vom 22. Juli 2020 und nicht auf den vorliegend maßgeblichen Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2020 bezogen hat.  


Nach alledem war die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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