L 13 AS 182/20

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Aurich (NSB)
Aktenzeichen
S 55 AS 66/17
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 13 AS 182/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Bei der Mietwertübersicht für den Landkreis Leer 2015 handelt es sich nicht um ein schlüssiges Konzept i. S. der Rspr. d. BSG.

Das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 27. Oktober 2020 wird teilweise aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 8. Januar 2018 und 9. Januar 2018 verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum von Oktober 2016 bis Februar 2017 in Höhe von insgesamt 50,91 € zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung weiterer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Bedarfe für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung im Zeitraum September 2016 bis Februar 2017.

Die am 18. Oktober 1961 geborene Klägerin stand zunächst gemeinsam mit ihrer Tochter bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Nach dem Auszug der Tochter aus der gemeinsamen Wohnung bezog die Klägerin ab dem 1. Januar 2014 alleine Leistungen von dem Beklagten.

Die Klägerin bewohnte eine Wohnung unter der Adresse J. in K. Ausweislich des Mietvertrags vom 21. März 2013 war für diese 63 m² große Wohnung eine monatliche Grundmiete in Höhe von 340 € zu zahlen. Die Nebenkostenvorauszahlung betrug ab dem 1. Januar 2014 monatlich 40 €. Aus der Nebenkostenabrechnung 2015 ergibt sich sodann, dass die Klägerin mit Zustimmung des Vermieters bereits in 2015 nur noch eine monatliche Grundmiete in Höhe von 320 € zu zahlen hatte. Dies deckt sich mit den aus den Kontoauszügen ersichtlichen Zahlungen in Höhe von 360 € monatlich. An Heizkosten waren ab September 2016 monatlich 74 € an den Gasversorger zu zahlen. Im Juli und August 2016 betrug der zu zahlende Gasabschlag 107 €. Die Wohnung wurde über eine Gaszentralheizung beheizt.

Ausweislich der Abrechnung des damaligen Energieversorgers der Klägerin bestand im September 2016 ein Guthaben für Gas i. H. v. 84,40 € für den Zeitraum 22. Juli 2016 bis 8. September 2016, welches ausweislich des Verwaltungsvorgangs mit Stromabschlagszahlungen verrechnet wurde. Im Juli und August 2016 berücksichtigte der Beklagte bei der Leistungsberechnung ausweislich des Bescheids vom 9. August 2016 75 € monatlich an Heizkosten.

Auf Grund des Auszugs der Tochter der Klägerin wandte sich der Beklagte mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 an die Klägerin und wies sie darauf hin, dass sie ab dem 1. Januar 2014 zu hohe Kosten der Unterkunft und Heizung habe. Für einen Ein-Personen-Haushalt seien eine Wohnfläche von 50 m² und maximale Unterkunftskosten von 272 € inklusive Nebenkosten angemessen. Die tatsächlichen Unterkunftskosten würden längstens für einen Zeitraum von sechs Monaten, also bis einschließlich 30. Juni 2014 in der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Ihr werde daher nahegelegt, die Unterkunftskosten durch Untervermietung, Wohnungswechsel oder auf andere Weise zu senken und diese Bemühungen nachzuweisen. Hinsichtlich der Heizkosten werde unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesheizspiegels 2010 ab dem 1. Juli 2014 nur noch ein Betrag auf Basis der maximal angemessenen Wohnfläche und des zum 1. Juli 2014 geltenden höchstzulässigen Energieverbrauchs bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Derzeit betrage dieser Höchstbetrag 66,37 € monatlich.

Die Klägerin erhielt wechselnde Unterhaltszahlungen von ihrem getrennt lebenden Ehemann. Im Monat September 2016 erhielt die Klägerin 209,05 € und 472 €, im Oktober 2016 128 € und 472 €. Weitere Unterhaltszahlungen in den Monaten September 2016 bis Februar 2017 erfolgten nicht.

Mit Bescheid vom 26. August 2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. September 2016 bis 28. Februar 2017 in Höhe von 792,29 € monatlich. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass keine Unterhaltszahlungen erfasst worden seien. Eine abschließende Entscheidung erfolge nach Vorlage der Kontonachweise. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Beklagte lediglich noch Bedarfe für KdU i. H. v. 304 € monatlich, einen Betrag für die Warmwassererzeugung i. H. v. 9,29 € monatlich und Heizkosten i. H. v. 75,00 € monatlich.

Die als angemessen erachteten KdU beruhten auf der Mietwertübersicht für den Landkreis L. (Mietwertübersicht) aus April 2015, die durch den Gutachterausschuss für Grundstückwerte M. (N.) erstellt worden war und die der Beklagte ab Mai 2015 anwandte. Der Mietwertübersicht war eine Datenerhebung durch den Landkreis L. vorausgegangen, die dann von dem N. ausgewertet wurde. Zur Erhebung der Daten wollte der Beklagte sämtliche Vermieter, die Wohnraum im Landkreis L. vermieten, anschreiben und mittels eines Fragebogens, den der N. erstellt hatte, befragen. Zur Ermittlung der Vermieteradresse griff der Beklagte auf Daten aus der Abfallbewirtschaftung zurück. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum Juli 2014 bis Dezember 2014 und es sollten nur Mieten berücksichtigt werden, die zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 31. Dezember 2014 vereinbart oder - von Erhöhungen der Betriebskostenvorauszahlung und Umlage erhöhter Betriebskosten abgesehen - geändert worden waren. Der Beklagte bezeichnete diese Mieten als Neuvertragswohnungen und geänderte Bestandsmieten. Objekte mit gehobener oder einfachster Ausstattung sollten nicht berücksichtigt werden.

In dem Fragebogen des N. wurden die folgenden Punkte im Rahmen einer Tabelle abgefragt:

„Wohnort (Ort des Mietobjekts im Landkreis L.); Straße, Haus-Nr.; Baujahr; ggf. Jahr der durchgreifenden Modernisierung; Wohnfläche m²; Herstellungsjahr der Fenster; Energiepassbedarf kwh/m²; Nettokaltmiete Gesamt (ohne Betriebskosten!) €; Nettokaltmiete in €/m²; kalte Betriebskosten (ohne Heizung und Strom) €; Datum der Festsetzung der angegebenen Miete (letzte Anpassung) Monat/Jahr; Neufestsetzung (0) Anpassung (1) Angebotsmiete (2); Gebäudeart (siehe Fußnote); Garage (wenn in Miete enthalten); Lage im Gebäude (siehe Fußnote); Anzahl der Wohnungen im Gebäude; Bemerkungen“

Hinsichtlich der abgefragten Ausstattung enthielt der Fragebogen folgende Hinweise:

„Ausstattung: 1= einfach

Einzelöfen, einfach verglaste Fenster, einfachste sanitäre Einrichtungen (Bad mit Badewanne oder Dusche, WC vorhanden);

Ausstattung: 2= durchschnittlich

Zentralheizung, Isolierverglasung, normale Sanitäre Einrichtungen mit Bad u. WC, normal verfliest;

Ausstattung: 3= aufwendig

zusätzlich zu 2 z.B. Parkettfußboden od. Kamin od. Sauna od. exklusive sanitäre Einrichtungen od. mehrere Bäder“

Ausfüllhinweise o. Ä. waren dem Fragebogen nicht beigefügt.

Gegen den Bescheid vom 26. August 2016 legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 9. September 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Widerspruch sich gegen die Leistungsgewährung hinsichtlich der Bedarfe für KdU und Heizung richte.

Mit Änderungsbescheid vom 25. Oktober 2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2016 bis 28. Februar 2017 i. H. v. 129,29 € monatlich. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin wieder Unterhaltszahlungen erhalte. Diese seien bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 28. November 2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin sodann Leistungen nach dem SGB II für den Monat Oktober 2016 in Höhe von 222,29 €. Die tatsächlichen Unterhaltszahlungen für den Monat Oktober 2016 seien bei der Leistungsbewilligung zu berücksichtigen. Einen ausdrücklichen Hinweis dazu, ob es sich hierbei um eine vorläufige oder endgültige Leistungsfestsetzung handelt, enthält der Bescheid nicht.

Mit Bescheid vom 4. Januar 2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Bescheid vom 26. August 2016 sei nicht zu beanstanden. Zur Begründung führte er aus, dass der N. eine aktuelle Mietwertübersicht für den Landkreis L. erstellt und ausgewertet habe. Nach diesem Gutachten seien KdU i. H. v. 304 € monatlich für einen Ein-Personen-Haushalt angemessen. Bei der Mietwertübersicht handele es sich um ein sog. schlüssiges Konzept i. S. d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Bei der Analyse seien Abhängigkeiten der Miete von Baujahr, Lage, Größe und Ausstattung der Mietobjekte untersucht worden. Das Kreisgebiet sei zur Auswertung in Vergleichsräume geteilt worden. Ein Vergleichsraum bilde das Gebiet der Landgemeinden. Durch die Zusammenfassung der Gemeinden sei eine Aussage auch über mietpreisarme Bereiche möglich. Ein anderes Vergleichsgebiet sei das Stadtgebiet L.. Hierbei würden die ländlichen Bereiche den Landgemeinden zugeordnet. Als weitere wertbildende Faktoren seien das Datum der letzten Mietanpassung, der Beginn des Miet- oder Pachtverhältnisses nach dem 1. Januar 2011, die Berücksichtigung der „grundlegenden Sanierung“ (ab 50 Prozent der baulichen Verbesserung), das Vorhandensein einer Garage, das geringe Ausstattungsniveau und die geringeren Wohnflächen (unter 200 m²) benannt. Die Hinzuziehung von Wohnungen des unteren Marktsegments sei durch die Rechtsprechung des BSG für angemessen erachtet worden. Unter Berücksichtigung der kalten Betriebskosten ergebe sich die mit dem gewichteten arithmetischen Mittelwert benannte Brutto-Kaltmiete. Hinsichtlich der Heizkosten sei unter Bezugnahme auf den geltenden Bundesheizkostenspiegel ein Betrag in Höhe von 75 € höchstens angemessen. Dieser Betrag könne bei der Klägerin auch nur übernommen werden. Die Klägerin sei auch mit Schreiben vom 20. Dezember .2013 darauf hingewiesen worden, dass KdU und Heizkosten unangemessen hoch seien.

Hiergegen hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 6. Februar 2017 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Aurich erhoben. Zur Begründung der Klage hat die Klägerin ausgeführt, dass ihr die angemessenen KdU und Heizung zu bewilligen seien. Diese seien unter Berücksichtigung der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Zuschlags von 10 Prozent zu ermitteln. Hinsichtlich der Kostensenkungsaufforderung sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdU verfüge, so dass eine Beschränkung der Kosten nicht möglich sei. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des SG Aurich, wonach eine erste Mietwerterhebung des Beklagten hinsichtlich ihrer zeitlichen Geltung auf den 31. März 2013 beschränkt worden sei und eine danach neu erstellte Mietwerterhebung erst ab dem 1. Juni 2016 wirke. Die Kostensenkungsaufforderung hätte sich damit allenfalls auf die Werte der Tabelle zu § 12 WoGG beziehen können.

Der Beklagte hat auf die Klage erwidert und auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen. Darüber hinaus hat er darauf verwiesen, dass gegen die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des SG Aurich ein Berufungsverfahren laufe und ausgeführt, dass die Klägerin ausreichend über die unangemessenen Unterkunftskosten informiert worden sei.

Während des laufenden Klageverfahrens hat das SG um Mitteilung gebeten, ob eine endgültige Leistungsfestsetzung erfolgt oder beantragt worden sei.

Der Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 8. Januar 2018 den Leistungsanspruch der Klägerin für den Monat September 2016 und die Monate November bis einschließlich Februar 2017 neu berechnet und einen Betrag in Höhe von insgesamt 957,96 € erstattet verlangt. Mit einem weiteren Bescheid vom 9. Januar 2018 hat der Beklagte den Leistungsanspruch der Klägerin für den Monat Oktober 2016 neu berechnet.

Am 11. Februar 2020 hat das SG Aurich einen Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme durchgeführt und den Zeugen O., Vermessungsingenieur und Mitarbeiter des N., gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift. Zur Vorbereitung des Termins hat das Sozialgericht diverse Fragen formuliert und eine Stellungnahme des Beklagten zu diesen Fragen eingeholt. Auf Grund dieses Termins hat der Beklagte eine Nachbesserung der Mietwertübersicht aus Juni 2020 erstellen lassen und die Vergleichsräume unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des SG neu gefasst.

Am 16. Juni 2020 hat sodann ein weiterer Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG Aurich stattgefunden, in welchem der Zeuge P., ebenfalls Vermessungsingenieur und Mitarbeiter des GAG, gehört worden ist. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift. Sodann hat der Beklagte eine erneute Nachbesserung der Mietwertübersicht aus August 2020 vorgelegt und nunmehr die kalten Betriebskosten auf Basis des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes abzüglich einzelner Posten ermittelt. Danach hat sich für einen Ein-Personen-Haushalt ein Betrag i. H. v. 333 € als monatlich angemessene KdU ergeben.

Am 27. Oktober 2020 hat das SG Aurich erneut einen Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführt und den Zeugen P. erneut gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift. Im Rahmen des Termins hat der Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben und der Klägerin für den Zeitraum September 2016 bis Februar 2017 weitere Leistungen für die Bedarfe der KdU in Höhe von 29 € monatlich bewilligt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2020 hat das SG Aurich sodann die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beteiligten den Streitgegenstand in zulässiger Weise auf die Bedarfe für KdU und Heizung beschränkt hätten. Insoweit habe kein über das Teilanerkenntnis hinausgehender weiterer Leistungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten bestanden. Es habe keiner erneuten Kostensenkungsaufforderung der Klägerin durch den Beklagten bedurft, denn die Klägerin sei mit dem Schreiben vom 20. Dezember 2013 über den nach Auffassung des Beklagten zu diesem Zeitpunkt angemessenen Mietpreis informiert worden. Das von dem Beklagten zur Anwendung gelangte Konzept habe nach der zweiten Nachbesserung aus August 2020 den Anforderungen der Rechtsprechung an ein sog. schlüssiges Konzept entsprochen. Insbesondere sei der Vergleichsraum nunmehr rechtmäßig bestimmt worden. Im Gebiet des Beklagten komme es nicht nur auf die infrastrukturelle Anbindung an. Die von dem Beklagten im Rahmen der Nachbesserung vorgenommene Einteilung sei nachvollziehbar und überzeugend. Bereits aus den Verläufen der Flüsse Q. und R. ergebe sich eine geografische Voreinteilung. Im Übrigen könne weder auf die Anbindung durch den S. abgestellt werden, da diese nicht bedarfsdeckend sei, noch ergebe sich aus dem demgegenüber flächendeckend vorhandenen Straßennetz eine Abgrenzung. Demgegenüber würden sich in den Vergleichsräumen jeweils eigene Rettungswachen und Oberschulen befinden. Auch seien in allen Bereichen Einkaufsmöglichkeiten vorhanden, die über den täglichen Bedarf hinausgingen. Damit seien alle Vergleichsräume als homogene Siedlungsräume einzustufen. Eine von der Klägerin geforderte weitere Aufteilung sei nicht notwendig. Auch die von dem Beklagten ermittelte Datengrundlage sei nicht zu beanstanden, denn es sei über die Heranziehung eines Datenabgleichs über die Müllgebühren gewährleistet worden, dass alle Vermieter im Gebiet des Beklagten angeschrieben werden. Des Weiteren seien auch die von dem N. verwendeten Datenbögen hinreichend verständlich gewesen, um eine angemessene Datenerhebung zu ermöglichen. Zwar sei die Einordnung in Neufestsetzung, Anpassung und Angebotsmieten nicht eindeutig, aber hieraus würden keine fehlerhaften Schlüsse gezogen, denn sowohl Angebots- als auch Bestandsmieten könnten als Datengrundlage für die Bestimmung der angemessenen KdU herangezogen werden. Bei den Kategorien Neufestsetzung und Anpassung würde es sich jeweils um Bestandsmieten handeln, so dass eine fehlerhafte Einordnung in diesem Bereich keine Relevanz habe. Auch sei die Einordnung der Mietangebote in die Stufen einfachste Ausstattung, normale Ausstattung und gehobene Ausstattung noch ausreichend nachvollziehbar erfolgt, so dass auch die Heranziehung des gewichteten arithmetischen Mittelwerts als Angemessenheitswert rechtmäßig erfolgt sei. Darüber hinaus sei auch der Pauschalwert für die kalten Betriebskosten im Rahmen der Nachbesserung unter Berücksichtigung einzelner Werte des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes auf Grund der gerichtsbekannten örtlichen Gegebenheiten rechtmäßig erfolgt.

Die Klägerin hat gegen das am 18. November 2020 zugestellte Urteil, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 18. Dezember 2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass auch nach der Nachbesserung der Vergleichsraum willkürlich bestimmt worden sei. Der Wohnort der Klägerin sei auf Grund der örtlichen Begebenheiten eher der Stadt L. zuzuordnen. Eine Verbundenheit mit T. und U. sei dagegen nicht zu erkennen und scheine aus der Luft gegriffen. Auch sei das Konzept des Beklagten aus einem nicht ausreichenden Datenbestand erhoben worden. Es hätten nicht einmal 5 Prozent der zur Verfügung stehenden Wohnungen zur Auswertung gebracht werden können. Darüber hinaus habe der Beklagte die Nebenkosten nicht ordnungsgemäß ermittelt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte einzelne Positionen einfach aus dem Pauschalwert herausgerechnet habe. Wenn er sich für die Anwendung eines Pauschalwertes entschieden habe, könne er nicht einfach einzelne Positionen der Pauschale streichen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 27. Oktober 2020 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 8. Januar 2018 und 9. Januar 2018 zu verurteilen, der Klägerin höhere Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum September 2016 bis Februar 2017 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

              die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen und verweist auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen des SG. Darüber hinaus sei der Wohnort der Klägerin nicht dem Vergleichsraum der Stadt L. zuzuordnen, denn die Gemeinde V. sei gerade nicht in wirtschaftlicher und infrastruktureller Hinsicht mit der Stadt L. vergleichbar. Das SG habe vielmehr zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem Vergleichsraum, dem die Gemeinde V. angehört, eher um einen Bereich mit lockeren Siedlungsstrukturen und kleinen Zentren handele. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Grundzentren von T. und U. von der Gemeinde V. ebenso gut erreicht werden könnten, wie das Mittelzentrum L.. Darüber hinaus habe der Zeuge W. bestätigt, dass der Datenbestand für die Gemeinde V. ausreichende und repräsentative Ergebnisse geliefert habe. Hinsichtlich der kalten Nebenkosten habe man sich im Rahmen der Nachbesserung und unter Berücksichtigung der Methodenfreiheit für einen Pauschbetrag entschieden, der alleine daran zu messen sei, ob er willkürlich zu niedrig festgesetzt worden sei. Dies habe das SG gerade verneint.

Der Senat hat den Beklagten mit gerichtlicher Verfügung vom 21. September 2021 darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Repräsentativität der dem Konzept zugrundeliegenden Daten Rechtsbedenken bestünden. So sei die Auswahl der Daten, die durch den Bauverein L. übersandt worden sind, dem Bauverein überlassen worden. Auch habe die Vorgehensweise der Vermieterermittlung über die Müllgebühren wohl dazu geführt, dass Wohnadressen, für die nur eine Müllgebühr gezahlt werde, ganz von der Datenerhebung ausgeschlossen worden seien, obwohl auch solche Wohnadressen Gegenstand von Mietverhältnissen sein könnten. Darüber hinaus hätte wohl auf Grund der erhobenen Daten nicht auf das gewichtete arithmetische Mittel als Angemessenheitsgrenze abgestellt werden durften, da nur die Daten von Wohnungen im unteren Segment erhoben worden seien. In einem solchen Fall habe aber das BSG bereits entschieden, dass dann der obere Spannenwert die Angemessenheitsgrenze darstelle. Es seien daher weitere Daten vorzulegen zu der Frage, inwieweit leistungsberechtigte Ein-Personen-Haushalte tatsächliche KdU über der Angemessenheitsgrenze des Konzepts gehabt hätten. Darüber hinaus habe der Senat auch Rechtsbedenken hinsichtlich der Ermittlung der kalten Nebenkosten, da nicht nachvollziehbar sei, warum hier einzelne Positionen nicht bei der Ermittlung der Pauschale berücksichtigt worden seien.

Der Beklagte hat hierzu Stellung genommen und ausgeführt, dass nur die Daten mit einer Müllgebühr ausgeschlossen seien, bei denen die Adresse des Eigentümers und die Adresse, für die die Müllgebühr gezahlt werden, übereinstimmten. Auch wenn die Daten des Bauvereins außer Acht gelassen würden, ergäbe sich noch eine ausreichend große Datengrundlage. Daneben habe man nicht nur die Daten von Wohnungen im unteren Segment erhoben, sondern es seien die Daten für Wohnungen des einfachen und des mittleren Marktsegments erhoben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand von Beratung und Entscheidung geworden sind. Weiterer Gegenstand von Beratung und Entscheidung waren die von dem Beklagten vorgelegten Datenbestände, die der Erstellung der Mietwertübersicht zugrunde liegen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

Das Urteil des SG Aurich vom 27. Oktober 2020 und die Bescheide vom 8. Januar 2018 und 9. Januar 2018 sind hinsichtlich der KdU rechtswidrig, denn die Klägerin hat gegen den Beklagten für die Monate Oktober 2016 bis einschließlich Februar 2017 einen Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen nach dem SGB II für die KdU i. H. v. insgesamt 50,91 €. Im Übrigen besteht hinsichtlich der KdU kein weiterer Leistungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben worden. Darüber hinaus ist sie auch statthaft, denn das SG hat die Berufung in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich zugelassen, § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), und der Senat ist an diese Zulassung gebunden, § 144 Abs. 3 SGG.

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand zulässig auf die KdU und Heizung gem. § 22 SGB II beschränkt. Bereits im Widerspruchsverfahren und auch gegenüber dem SG hat die Klägerin lediglich die Gewährung weiterer Leistungen in Bezug auf die Bedarfe für KdU begehrt. Des Weiteren hat sie im Rahmen der Berufungsbegründung ausdrücklich erklärt, dass streitig die Bestimmung der angemessenen Leistungen für die KdU sei. Es handelt sich insoweit auch um eine abtrennbare Verfügung (st. Rspr. des BSG, vgl. etwa Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - juris Rn. 10).

Streitgegenstand sind neben dem Urteil des SG Aurich vom 27. Oktober 2020 die Bescheide vom 8. Januar 2018 und 9. Januar 2018 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 27. Oktober 2020. Bei den Bescheiden vom 8. und 9. Januar 2018 handelt es sich um endgültige Leistungsfestsetzungen gem. § 41a Abs. 3 S. 1 SGB II der zuvor vorläufig bewilligten Leistungen. Die Beteiligten haben im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2022 dies vor dem erkennenden Senat ausdrücklich bestätigt. Die Bescheide vom 8. und 9. Januar 2018 sind damit als endgültige Leistungsfestsetzung gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, denn sie haben die vorläufigen Leistungsbewilligungen aus den Bescheiden vom 26. August 2016, 25. Oktober 2016 und 28. November 2016 nach § 39 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (BSG, Urteil vom 26. Juli 2016 - B 4 AS 54/15 R - juris Rn. 14 m. w. N.).

Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG.

Die Klägerin erfüllte in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum September 2016 bis Februar 2017 die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II und war insbesondere hilfebedürftig i. S. d. § 9 SGB II. Anhaltspunkte für weiteres Einkommen neben den Unterhaltszahlungen oder verschwiegenes Vermögen lagen nicht vor.

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrten weiteren Leistungen für KdU ist § 22 SGB II. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Zur Bestimmung des anzuerkennenden Bedarfs für die Unterkunft ist von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen. Will der Leistungsträger nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkennen, weil er sie für unangemessen hoch hält, muss er grundsätzlich ein Kostensenkungsverfahren durchführen und der leistungsberechtigten Person den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen. Dies ist vorliegend erfolgt, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Der Senat nimmt insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf das angefochtene Urteil Bezug.

Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat dabei in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete), zu ermitteln; dann ist die konkrete Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (st. Rspr.; vgl. etwa BSG, Urteil vom 5. August 2021 - B 4 AS 82/20 R - juris Rn. 17 f.).

Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, das sich wie folgt zusammenfassen lässt: (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (2) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, (4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten. Für einen angemessenen Wohnungsstandard muss die Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 5. August 2021, a. a. O.). Dabei ist es gerichtlich voll überprüfbar, ob die Ermittlung der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete, insbesondere die Festlegung des Vergleichsraums und die Erstellung eines schlüssigen Konzepts, im Rahmen der Methodenvielfalt zutreffend erfolgt ist. Die volle gerichtliche Überprüfung des Angemessenheitswerts und des Verfahrens zu seiner Ermittlung schließt nicht aus, dass bei dieser Kontrolle der Verwaltung deren in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung Rechnung getragen und die gerichtliche Kontrolle als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet wird (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R - juris Rn. 26).

Für die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Wohnungsfläche ist auf die Kriterien abzustellen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgelegt haben. Diese richten sich vorliegend nach Nr. 15.1.1 der Richtlinie zur Durchführung der sozialen Wohnraumförderung in X.. Danach ist für eine Person eine Wohngröße bis 50 m² angemessen.

Die Bestimmung des örtlichen Vergleichsraums begegnet vorliegend keinen rechtlichen Bedenken. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil und macht sie sich zu eigen, § 153 Abs. 2 SGG. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Sodann ist zu prüfen, ob der Beklagte mit der Mietwertübersicht ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen angewandt hat. Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Netto- oder Bruttokaltmiete erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen. Nach der Rechtsprechung des BSG soll das schlüssige Konzept die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (BSG, Urteil vom 5. August 2021, a. a. O., juris Rn. 32).

Diesen Maßstäben genügt die von dem Beklagten angewandte Mietwertübersicht, welche der Senat ebenso wie die erfolgten Nachbesserungen im Wege des Urkundenbeweises verwertet, nicht (vgl. zum Urkundenbeweis BSG, Urteil vom 3. September 2020 - B 14 AS 34/19 R - juris Rn. 24). Die dem Konzept zugrundeliegenden Daten sind nicht repräsentativ.

Repräsentativ sind Daten, in Anlehnung an mietrechtliche Grundsätze, wenn sie ein realistisches Abbild des Wohnungsmarktes, für den das Konzept gelten soll, liefern. Um dies zu gewährleisten, müssen in der Regel eigenständige Primärerhebungen auf der Basis von Zufallsstichproben durchgeführt werden, so dass jede Wohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe annähernd im gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind (BSG, Urteil vom 3. September 2020, a. a. O., juris Rn. 25).

Die von dem Beklagten erhobenen Daten lassen keine Überprüfung zu, ob es sich bei ihnen um Daten zu Angebots- oder Bestandsmieten handelt und ob alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen annähernd im gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind.

Grundsätzlich betrifft die Frage, ob und inwiefern der Leistungsträger Angebots- und Bestandsmieten als Datengrundlage heranzieht, die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger unter Berücksichtigung höchst unterschiedlicher Wohnungsmärkte (BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R - juris Rn. 33). Dabei hat das BSG bereits entschieden, dass Bestandsmieten herangezogen werden können und Angebotsmieten herangezogen werden müssen, soweit nicht auf Mietspiegeldaten zurückgegriffen wird (BSG, Urteil vom 17. September 2020, a. a. O., juris Rn. 32).

Ausweislich der Mietwerterhebung hat sich der Beklagte in Anlehnung an einen qualifizierten Mietspiegel im Rahmen der ihm eingeräumten Methodenfreiheit dazu entscheiden, dass Bestandsmieten in Form von Neuvertrags- und geänderten Bestandsmieten aus dem Beobachtungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 als Datengrundlage der Mietwerterhebung berücksichtigt werden sollten, Ziff. 3 f).

Hinsichtlich der Frage, wie in dem an die Vermieter versandten Datenerhebungsbogen die Einteilung der Mieten in Anpassung, Neufestsetzung und Angebotsmiete zu erfolgen hat, sind laut dem Zeugen W. in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2020 keine weiteren Erklärungen oder Definitionen an die angeschriebenen Vermieter übersandt worden. Letztendlich sollten die Vermieter also eine Neufestsetzung, Anpassung oder Angebotsmiete rückmelden, ohne zu wissen, was unter diesen Begriffen überhaupt zu verstehen ist. Diese Begriffe sind aber nicht so eindeutig, dass sich sofort erschließt, worum es sich dabei handelt. Insbesondere bei der Abgrenzung Neufestsetzung und Anpassung ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass die Neufestsetzung den Abschluss eines neuen Mietvertrags und die Anpassung im Ergebnis eine Mieterhöhung im Rahmen eines bestehenden Mietverhältnisses meint. Die Unverständlichkeit des Fragebogens an dieser Stelle spiegelt sich darin wieder, dass hier in vielen Fragebögen keine oder nicht plausible Angaben gemacht wurden. Selbst professionelle Vermieter haben diese Spalte offengelassen.

Auch decken sich die abgefragten Werte Neufestsetzung, Anpassung oder Angebotsmiete nicht mit dem eigentlichen Beobachtungsgegenstand, den der Beklagte erfassen wollte. Schließlich sollten nur Daten zu Neuvertrags- und Bestandsmieten erhoben werden. Angebotsmieten sollten gerade nicht Datengrundlage der Mietwerterhebung sein.

Fehlt eine einheitliche Definition der abgefragten Begriffe, die ohne Weiteres in den Datenerhebungsbogen hätte aufgenommen werden können, so sind die erhobenen Daten letztlich nicht miteinander vergleichbar und es ist nicht nachvollziehbar, ob das Konzept tatsächlich auf Bestandsmieten oder doch auch auf Angebotsmieten beruht. Auch kann dann nicht nachvollzogen werden, ob die gewonnene Stichprobe den zu untersuchenden Wohnungsmarkt in seiner Gesamtheit abbildet.

Der Mangel wird auch nicht dadurch geheilt, dass entsprechend der Regelungen zu qualifizierten Mietspiegeln nur Daten berücksichtigt werden sollten, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris Rn. 22). Denn auch hier ist die Definition, was genau unter einer Anpassung oder Änderung der Miete zu verstehen ist, den Vermietern selbst überlassen und nicht durch den Beklagten vorgegeben worden. Es kann damit auch nicht nachvollzogen werden, dass die Datengrundlage tatsächlich den Anforderungen an Mietspiegeldaten entspricht.

Die zur Anwendungen gelangten Daten sind darüber hinaus auch in Bezug auf die Ausstattungsmerkmale der Wohnungen nicht repräsentativ.

Entscheidet sich der Leistungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit, nur ein bestimmtes Segment des Wohnungsmarktes in die Datengrundlage des Konzepts mit einzubeziehen, muss nachvollziehbar sein, dass auch tatsächlich nur dieses Segment in die Datengrundlage eingeflossen ist. In der Mietwerterhebung wird ausdrücklich ausgeführt, dass sie sich auf Mietobjekte mit einer durchschnittlichen Ausstattung bezieht. Wohnungen mit gehobener oder einfachster Ausstattung sollten nicht berücksichtigt werden, Ziff. 1b). Ausweislich der von dem GAG zur Verfügung gestellten Datenerhebungsbögen wird dort nur stichpunktartig ausgeführt, wie die Einteilung in eine einfache, durchschnittliche und aufwendige Ausstattung zu erfolgen hat. Eine tatsächliche Definition des zu untersuchenden Marktsegments liegt nicht vor. Diese ist aber, wie bereits dargestellt, nach der Rechtsprechung des BSG Voraussetzung für ein schlüssiges Konzept (BSG, 3. September 2020, a. a. O., juris Rn. 19). Auch insoweit ist die Einschätzung, was unter den verschiedenen Begriffen zu verstehen ist, den Vermietern überlassen worden. Überprüfbar ist diese Einschätzung in keiner Weise. Entgegen der Auffassung des SG ist auch nicht davon auszugehen, dass die Vermieter regelmäßig zutreffend bewerten können, ob es sich bei ihrer Wohnung um eine Wohnung mit gehobener Ausstattung handelt. Die Definition des Standards der zu untersuchenden Wohnungen obliegt dem Leistungsträger, nicht dem zu befragenden Vermieter.

Darüber hinaus war es in dem Fragebogen auch nicht möglich einzutragen, dass die Wohnung einfachstem Standard entspricht. Die genannten Kategorien sind einfach, durchschnittlich und gehoben. Es liegt dann nahe, dass Vermieter einfachster Wohnungen die Ausstattung als einfach angegeben haben dürften, da es sich hierbei schon um die niedrigste Kategorie handelte. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass ausweislich des Schriftsatzes des Beklagten vom 4. Februar 2020 gerade keine Angaben zu Wohnungen einfachster Ausstattung vorlagen. Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass tatsächlich alle Wohnungen mindestens einfache Ausstattungsmerkmale aufweisen.

Darüber hinaus sind die zur Abgrenzung der Ausstattungskategorien gemachten Stichpunkte nicht verständlich. So ist z. B. nicht klar, was unter „normal verfliest“ zu verstehen ist. Auch ist nicht klar, ob es bereits für eine aufwendige Ausstattung ausreicht, dass „mehrere Bäder“ vorhanden sind oder ob diese Bäder noch weiteren Anforderungen genügen müssen. Auch ist nicht klar, wo eine Wohnung einzuordnen ist, die z.B. über eine Zentralheizung verfügt aber auch über einfach verglaste Fenster.

Auch kann auf Grund der Ausgestaltung des Fragebogens nicht ausgeschlossen werden, dass Daten zu Sammelunterkünften mit in die Datengrundlage der Mietwerterhebung eingeflossen sind. Angaben hierzu kann man in dem Fragebogen nicht machen.

Ist damit bereits nicht klar, aus welchem Segment die erhobenen Daten stammen, kann in einem nächsten Schritt nicht überprüft werden, ob der Beklagte rechtsfehlerfrei auf das arithmetische Mittel als Angemessenheitswert abgestellt hat oder ob auf den sog. Spannenoberwert hätte abgestellt werden müssen, da nur Daten des unteren Segments erhoben worden sind (vgl. zum sog. Spannenoberwert BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, a. a. O., juris Rn. 22). Dieser Mangel kann auch nicht durch eine mögliche Nachbesserung seitens des Beklagten behoben worden, denn selbst bei Einbeziehung aller erhobenen Daten kann immer noch nicht nachvollzogen werden, aus welchem Marktsegment die Daten letztendlich stammen.

Ohne dass es darauf ankommt ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Senat auf Grund der Gestaltung des Datenerhebungsbogens auch Zweifel an der Repräsentativität der Datenerhebung hat. Der Datenerhebungsbogen enthält so viele unklare oder auch für die zu erhebenden Daten überflüssige Punkte, dass davon auszugehen sein dürfte, dass gerade private Vermieter, die nur eine oder wenige Wohnungen vermieten, davon abgeschreckt worden sein dürften, den Fragebogen auszufüllen.

Mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmten abstrakten Angemessenheitswerts können angemessene Aufwendungen für Unterkunft durch einen Rückgriff auf die Werte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Zuschlags von 10 Prozent bestimmt werden. Dadurch soll den Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarktes zumindest ansatzweise gemäß gesetzgeberischer Entscheidung durch eine „Angemessenheitsobergrenze“ Rechnung getragen werden, die die Finanzierung extrem hoher und per se unangemessener Mieten verhindert (BSG, Urteil vom 21. Juli 2021, a. a. O., juris Rn. 34).

Danach ist für den Zeitraum September 2016 bis einschließlich Februar 2017 für die KdU ein Betrag i. H. v. 343,20 € angemessen, denn die Gemeinde V. als Wohnort der Klägerin war ab dem 1. Januar 2016 der Mietstufe I zuzuordnen. Nach § 12 Abs. 1 WoGG in der Fassung vom 2. Oktober 2015 war für einen Ein-Personen-Haushalt ein Höchstbetrag von 312 € für die Mietstufe I zu berücksichtigen.

Für den Monat September 2016 ergibt sich danach kein weiterer Leistungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten für die KdU, denn für diesen Monat berücksichtigte der Beklagte in dem Bescheid vom 8. Januar 2018 bereits Heizkosten i. H. v. 75 € zuzüglich eines Betrages in Höhe von 9,29 € für Warmwasser sowie unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses 333 € für die KdU, so dass für die KdU und Heizung bereits 417,29 € berücksichtigt worden sind. Die tatsächlichen Heizkosten in diesem Monat betrugen 74 €, so dass unter Berücksichtigung der angemessenen KdU i. H. v. 343,20 € nur ein Anspruch auf 417,20 € bestand.

Hinsichtlich der Monate Oktober 2016 bis Februar 2017 besteht für die Klägerin ein Anspruch auf Gewährung weiterer 10,20 Euro monatlich für die KdU (343,20 € abzüglich der bereits berücksichtigten 333 €).

Unter Berücksichtigung der Regelung des § 41a Abs. 6 S. 2 SGB II hat hinsichtlich der Überzahlung und des weiteren Leistungsanspruchs in Bezug auf die KdU eine Saldierung stattzufinden. Es ergibt sich damit ein weiterer Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten in Bezug auf die KdU i. H. v. insgesamt 50,91 € (je 10,20 € für die Monate Oktober 2016 bis Februar 2017 abzüglich 0,09 € Überzahlung für den Monat September 2016).

Das Heizkostenguthaben i. H. v. 84,40 € minderte in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht die Kosten der Unterkunft, denn es entstammt Zeiten, in denen der Beklagte bei der Leistungsberechnung nicht die tatsächlich anfallenden Abschläge bei der Leistungsbewilligung berücksichtigte, § 22 Abs. 3 SGB II.

Anhaltspunkte dafür, dass auf Grund besonderer Umstände bei der Leistungsberechnung die tatsächlichen KdU in Höhe von 360 € zu berücksichtigen sind, sind weder vorgebracht, noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.

 

 

Rechtskraft
Aus
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