L 8 BA 1/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 23 BA 47/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 1/21
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 BA 19/22 B
Datum
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.11.2020 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 59.020,98 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin vom 1.1.2014 bis 30.9.2017 sowie die entsprechende Beitragsnachforderung.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH, HRB 01, Amtsgericht [AG] Münster, Eintragung vom 17.10.2017), die mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 20.9.2010 von S (im Folgenden: S), der Ehefrau des Beigeladenen zu 1), als alleiniger Gesellschafterin zunächst unter der Firma T UG (haftungsbeschränkt) mit einer Stammeinlage von 700 Euro gegründet wurde. S hielt den Geschäftsanteil an der Klägerin als Treuhänderin für C und den Beigeladenen zu 1) als Treugeber auf der Grundlage eines Treuhandvertrags vom 15.8.2010. Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Transportdienstleistungen sowie der Handel mit Baustoffen. Mit der Erhöhung des Stammkapitals um 24.300 Euro auf 25.000 Euro erfolgte die Umwandlung der Klägerin in eine GmbH.

Im Gesellschaftsvertrag vom 20.9.2010 wurde der Beigeladene zu 1) unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Am 1.2.2011 schloss er mit der Klägerin einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (im Folgenden: GF-AV). Hiernach waren u.a. Weisungen der Gesellschafterversammlung von ihm zu befolgen (§ 1 Abs. 2 S. 1 GF-AV), die Leistung am Sitz der Gesellschaft zu erbringen (§ 6 Abs. 1 GF-AV) sowie die volle Arbeitskraft und alle Fähigkeiten und Kenntnisse in den Dienst der Gesellschaft zu stellen (§ 6 Abs. 2 GF-AV). Eine Bindung an eine bestimmte Dienstzeit bestand nicht, jedoch war der Beigeladene zu 1) gehalten, jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erforderte, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen (§ 6 Abs. 3 GF-AV). Er erhielt ein festes monatliches Gehalt in Höhe von 2.400 Euro brutto (§ 8 Abs. 1 Buchst. a) GF-AV), einen Zuschuss zur Krankenversicherung (§ 9 Abs. 1 GF-AV), Aufwendungsersatz (§ 9 Abs. 2 GF-AV) und einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen (§ 10 Abs. 1 GF-AV).

In der Zeit vom 19.2.2018 bis 12.12.2018 führte die Beklagte bei der Klägerin für den Prüfzeitraum vom 1.1.2014 bis zum 31.12.2017 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV durch. Nach Durchführung des Schlussgesprächs am 19.11.2018 stellte sie mit Bescheid vom 17.12.2018 – neben einer Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status der S – fest, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1.1.2014 bis 30.9.2017 der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe und forderte hierfür Beiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 59.020,98 Euro nach. Der Beigeladene zu 1) sei Fremdgeschäftsführer der Klägerin und an die Beschlüsse der Gesellschafter der Klägerin gebunden, also weisungsgebunden und in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert tätig gewesen. An diesen gesellschaftsrechtlichen Feststellungen ändere der Treuhandvertrag nichts. Alle Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrages seien nicht geeignet, die Festlegungen des Gesellschaftsvertrages zu durchbrechen. Sie könnten nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung führen.

Den am 4.1.2019 erhobenen Widerspruch der Klägerin, den diese nicht begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.6.2019 zurück.

Mit ihrer am 4.7.2019 zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Es habe ein Treuhandverhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 1) und ihrer alleinigen Gesellschafterin bestanden, auf dessen Basis Ersterer die Entscheidungshoheit insbesondere auf der Gesellschaftsebene gehabt habe. Das Treuhandverhältnis weise ihm den rechtlichen Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen der Gesellschaft zu, so dass seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Gesellschaft nicht als sozialversicherungspflichtiges Verhältnis qualifiziert werden könne.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 17.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2019 aufzuheben, soweit er sich auf den Geschäftsführerdienstvertrag des Herrn H zur Klägerin bezieht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihren Bescheid weiterhin für rechtmäßig gehalten. Der Beigeladene zu 1) sei nach dem Gesellschaftsvertrag an der Klägerin nicht kapitalmäßig beteiligt, sodass er über keinerlei gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht verfüge. Die Tatsache, dass er Treugeber der Hälfte der Gesellschaftsanteile sei, führe nicht zu einer Selbstständigkeit im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die treuhandvertraglich statuierten Rechte und Pflichten der Treuhandvertragsparteien seien rein schuldrechtlicher Natur und hätten keine Auswirkungen auf das Außenverhältnis zu Dritten. Der Abschluss des Treuhandvertrages sei für die Beurteilung des streitigen Sachverhalts nicht von Bedeutung; durch ihn könnten die gesellschaftsrechtlichen Fakten nicht ausgehöhlt werden. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag enthalte mit dem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt, dem Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe des Arbeitgeberanteils, wie er bei Krankenversicherungspflicht bestünde, und dem Anspruch auf Urlaub von 30 Tagen jährlich arbeitnehmertypische Regelungen. Der Beigeladene zu 1) trage in seiner Tätigkeit für die Klägerin kein unternehmerisches Risiko. Er erhalte ein monatliches Festgehalt.

Das SG Münster hat die Klage mit Urteil vom 17.11.2020 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2019 sei rechtmäßig. Der Beigeladene zu 1) sei im Zeitraum vom 1.1.2014 bis 30.9.2017 bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Zu Recht mache die Beklagte Beiträge in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin in Höhe von 59.020,98 Euro geltend. Der GF-AV enthalte arbeitnehmertypische Regelungen zum Gehalt (§ 8 GF-AV), zum Jahresurlaub (§ 10 GF-AV) und zum Zuschuss zur Krankenversicherung (§ 9 GF-AV). Als nicht am Stammkapital der Klägerin beteiligter Fremdgeschäftsführer habe der Beigeladene zu 1) nach §§ 37 Abs. 1, 46 GmbHG dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Klägerin unterlegen und sei in deren Betrieb eingegliedert tätig gewesen. Der Treuhandvertrag vom 15.8.2010 entfalte keine gesellschaftsrechtliche, sondern lediglich eine rein schuldrechtliche Wirkung zwischen den Vertragsparteien und sei damit – wie vom BSG entschieden (Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R) – bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprächen, seien nicht ersichtlich.

Gegen das ihr am 4.12.2020 zugestellte Urteil hat die anwaltlich vertretene Klägerin am 4.1.2021 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Der Beigeladene zu 1) sei seit Gründung der Klägerin ihr alleiniger und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer. Er sei nicht ihr Angestellter, woran auch der schuldrechtlich geschlossene „Geschäftsführer-Anstellungsvertrag“ nichts ändere, weil es sich hierbei allein um eine von der Finanzverwaltung geforderte Voraussetzung zur Anerkennung von Geld- und Sachleistungen an den Geschäftsführer als die Steuerschuld mindernde Betriebsausgaben handele. Das praktische Bedürfnis für diese schuldrechtliche Regelung sei allein steuerrechtlich motiviert, weil Leistungen – gleich welcher Art – an den Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer ausschließlich auf der Basis einer Bestellung als Organ (§ 6 GmbHG) von der Finanzverwaltung nicht als Betriebsausgaben anerkannt würden. Es liege auch keine Abhängigkeit des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin vor, da er nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert sei, sondern alleine seine Entscheidungen die Klägerin prägten, nicht umgekehrt. Indiziell werde dies dadurch erkennbar, dass ohne seine Zustimmung als Treugeber kein weiterer Geschäftsführer der Klägerin bestellt werden könne. Das habe die Treuhänderin durch Unterzeichnung des „Geschäftsführer-Anstellungsvertrages“ vollzogen, in dem diese Kompetenz auch neben dem Treuhandvertrag schriftlich niedergelegt sei. Der Beigeladene zu 1) bedürfe bei keinem Rechtsgeschäft der Zustimmung der Klägerin bzw. ihrer Gesellschafterversammlung. Auch dieses habe er als Treugeber bestimmt. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthalte kein Zustimmungserfordernis für über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Maßnahmen.

Darüber hinaus trage der Beigeladene zu 1) auch ein unternehmerisches Risiko, weil alle Betriebsmittel des Geschäftsbetriebs der Klägerin – also nicht nur die der Treuhänderin zur Verfügung gestellten Mittel für deren Gründung – aus seinem Vermögen stammten. Seine Betriebsstätte sei die der Klägerin. Er verfüge alleine über seine Tätigkeit nach Zeit, Dauer, Ort und Ausführungsart.

Berücksichtigt werden müsse weiter, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 23.2.2021 (B 12 R 18/18 R) die mittelbare Einflussnahme eines Geschäftsführers zugelassen habe, der Gesellschafter der Muttergesellschaft aber – in der dort allein streitigen Tätigkeit – nur Fremdgeschäftsführer der Tochtergesellschaft gewesen sei. Es genüge somit nach dieser Entscheidung eine Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung durch außerhalb des Gesellschaftsvertrages der Tochtergesellschaft liegende Umstände (z.B. wirtschaftliche Verflechtungen).

Der Selbstständigkeit des Beigeladenen zu 1) stehe das Postulat der Vorhersehbarkeit sozial- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht entgegen. Dieses Erfordernis sei auch in der genannten Entscheidung des BSG nicht erfüllt, denn aus den zum Handelsregister der Tochtergesellschaft gemeldeten Tatsachen könne nicht erkannt werden, welche Gesellschafter hinter der angemeldeten Muttergesellschaft als Gesellschafterin der Tochtergesellschaft stünden. Es sei daher in ihrem Fall nicht notwendig, aus dem Handelsregister zu erkennen, dass der Beigeladene zu 1) hinter ihrer Gesellschafterin stehe. Die Forderung der Erkennbarkeit von Rechtsmachtumständen von Gesellschaftern durch den Einblick in das Handelsregister für Dritte sei kein taugliches Kriterium, um sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Tatbestände vorhersehbar zu machen, wie die genannte Entscheidung des BSG zeige. Die Gesellschafterlisten gem. § 40 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) gäben keine Auskunft über die Existenz und den Umfang von Stimmrechten, die Gesellschaftsanteilen aufgrund autonomer Gesellschafterentscheidungen zugewiesen seien. Einem nach Kapitaleinsatz zu beurteilendem Mehrheitsgesellschafter könnten – außerhalb des Gesellschaftsvertrages und nur auf der Basis eines Gesellschafterbeschlusses – weniger Stimmrechte zugeiwesen sein, als einem geschäftsführenden Minderheitsgesellschafter.

Der Beitragsnachforderung stehe zudem ein Rückwirkungsverbot entgegen, da die Begründung der Gesellschaft und des Treuhandverhältnisses zu einem Zeitpunkt festgelegt worden seien, als die heutige Rechtsauffassung des BSG über die Versicherungspflicht des Geschäftsführers der Klägerin noch nicht bestanden habe.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.11.2020 zu ändern und den Bescheid vom 17.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2019 aufzuheben, soweit Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) festgestellt sowie diesen betreffend Beiträge und Umlagen in Höhe von 59.020,98 Euro nachgefordert werden.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Bei einem Fremdgeschäftsführer scheide eine selbstständige Tätigkeit generell aus, da er keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht besitze, die ihn in die Lage versetze, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm ungenehme Weisungen, jederzeit zu verhindern. Vielmehr unterliege er nach § 37 Abs. 1 i.V.m. § 38 Abs. 1 sowie § 46 Nr. 5 und 6 GmbHG dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung. Danach sei der Geschäftsführer verpflichtet, Weisungen des Alleingesellschafters/der Alleingesellschafterin bzw. der Gesellschafterversammlung zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit zu befolgen. Gegebenenfalls in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag geregelte Weisungsverbote würden lediglich schuldrechtlich wirken, begrenzten aber nicht die gesellschafts- und organrechtliche Pflicht zur Befolgung von Weisungen, es sei denn, die Beschränkung würde zusätzlich in den Gesellschaftsvertrag (Satzung) aufgenommen. Weisungen müsse der Geschäftsführer mithin auch dann beachten, wenn ein Widerspruch zum Anstellungsvertrag bestehe. Weiterhin könne die Klägerin sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Es fehle an einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung, die einen Vertrauensschutz hätte erzeugen können.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 9.7.2021 unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 17 ff) und die Senatsrechtsprechung (vgl. Beschl. v. 14.4.2020 – L 8 BA 7/20 B ER – juris Rn. 9, Urt. v. 14.5.2014 – L 8 R 311/13 – juris Rn. 3) auf die fehlenden Erfolgsaussichten ihrer Berufung hingewiesen.

In nichtöffentlicher Sitzung am 24.11.2021 ist die Sach- und Rechtslage mit der anwaltlich vertretenen Klägerin und der Beklagten eingehend erörtert worden.

Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 17.1.2022 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen und unter Auseinandersetzung mit der Berufungsbegründung erneut darauf, dass die Berufung der Klägerin nach derzeitigem Sach- und Rechtsstand keine Aussicht auf Erfolg habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.

 

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin wird durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen.

Nach dieser Vorschrift kann der Senat die Berufung außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Im Klageverfahren hat das SG nach mündlicher Verhandlung entschieden. Die Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung wird nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht für erforderlich gehalten. Der Sachverhalt ist umfassend ermittelt, eine ergänzende Sachverhaltsaufklärung nicht mehr erforderlich. Der Sach- und Rechtsstand ist mit der anwaltlich vertretenen Klägerin und der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung am 24.11.2021 eingehend erörtert worden. Mit Schreiben des Senats vom 9.7.2021 und 17.1.2022 sind umfangreiche Hinweise zur Rechtslage unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung und die Senatsrechtsprechung erfolgt, zu denen die Klägerin eingehend Stellung genommen hat. Das erstmalige Vorbringen noch nicht vorgetragener Tatsachen oder rechtlicher Gesichtspunkte ist nicht zu erwarten. Schließlich ist ein weiteres Vorbringen von der Klägerin nicht angekündigt worden. Andere Aspekte, die nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig erscheinen lassen, sind nicht erkennbar.

Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 17.1.2022 zu einer Entscheidung durch Beschluss angehört worden (§ 153 Abs. 4 S. 2 SGG). Einwendungen hiergegen haben sie nicht vorgebracht.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 17.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2019 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

1. Der Bescheid vom 17.12.2018 ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat die Klägerin insbesondere vor Erlass dieses sie belastenden Verwaltungsaktes im Rahmen der Schlussbesprechung vom 19.11.2018 ordnungsgemäß angehört (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X).

2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht nicht zu bestanden. Der Beigeladene zu 1) unterlag in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2014 bis 30.9.2017 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (hierzu unter a). Zu Recht hat die Beklagte für diesen Zeitraum eine Beitrags- und Umlagenachforderung in Höhe von 59.020,98 Euro festgesetzt (hierzu unter b).

a) Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Der Beigeladene zu 1) war im Zeitraum vom 1.1.2014 bis zum 30.9.2017 bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) beschäftigt.

Das Vorliegen einer Beschäftigung beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV, wenn – wie im vorliegenden Fall – in Bindungswirkung erwachsene (§ 77 SGG) Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status fehlen. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (st. Rspr., vgl. etwa BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG Beschl. v. 20.5.1996 – 1 BvR 21/96 - juris Rn. 6 ff.).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. vom 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 15; Senatsurt. v. 22.6.2020 – L 8 BA 78/18 – juris Rn. 47).

Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 14 f.; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 38). Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei diesen aber in erster Linie danach, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 12). Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus. Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mindestens 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hält oder dem bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte" oder „qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit betreffende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine „unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (vgl. z.B. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 13; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 38). Für die UG, die sich lediglich durch die in § 5a GmbHG geregelten Besonderheiten – die aber keine Auswirkung auf die Statusbeurteilung der jeweiligen Geschäftsführer haben – von der GmbH unterscheidet, gelten keine abweichenden Maßstäbe (vgl. Senatsurt. v. 19.6.2019 – L 8 BA 42/19 – juris Rn. 45).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Fremdgeschäftsführer im streitigen Zeitraum vom 1.1.2014 bis 30.9.2017 in einem die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, denen sich der Senat vollinhaltlich anschließt (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Unzutreffend geht die Klägerin davon aus, dass die Wirkungen der arbeitsvertragstypischen Regelungen in dem GF-AV nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete, hier: das Steuerrecht, beschränkt werden können (vgl. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 24). Wie vom SG ausführlich dargelegt, sprechen zahlreiche Regelungen des GF-AV für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin. § 1 Abs. 2 S. 2 GF-AV, nach dem der Beigeladene zu 1) Weisungen der Gesellschafterversammlung zu befolgen hatte, korrespondiert zudem mit seiner gesellschaftsrechtlichen Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung der Klägerin gem. §§ 37 Abs. 1, 46 Nr. 5 u. 6 GmbHG. Soweit § 1 Abs. 3 GF-AV vorsieht, dass die Bestellung weiterer Geschäftsführer der Zustimmung des Beigeladenen zu 1) bedarf, vermochte dies die gesellschaftsrechtlichen Befugnisse der Alleingesellschafterin der Klägerin nicht einzuschränken, da es sich um eine vertragliche Regelung außerhalb des Gesellschaftsvertrages/der Satzung der Klägerin handelt (vgl. BSG Urt. v. 29.6.2021 – B 12 R 8/19 R – juris Rn. 15). Eine – wirksame – Satzungsänderung hätte gem. §§ 53 Abs. 1, Abs. 2, 54 Abs. 3 GmbHG eines notariell beurkundeten und ins Handelsregister eingetragenen Gesellschafterbeschlusses bedurft.

Auch der Treuhandvertrag vom 15.8.2010 ist wegen seiner (allein) schuldrechtlichen Wirkung für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung des Beigeladenen zu 1) als Fremdgeschäftsführer der klagenden GmbH ohne Bedeutung (vgl. BSG Urt. v. 12.5.2020 – B 12 R 11/19 R – juris Rn. 17, Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 17 ff). Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 23.2.2021 – B 12 R 18/18 R. Zunächst kann das von ihr zitierte Urteil bereits deshalb nicht unmittelbar für die Beurteilung des hier streitigen Treuhandverhältnisses herangezogen werden, weil dort die gänzlich andere Konstellation der Statusbeurteilung in einer Verflechtung von Mutter- und Tochtergesellschaft zu beurteilen war. Darüber hinaus weist das BSG aber auch im genannten Urteil ausdrücklich darauf hin, dass sich die dem Fremdgeschäftsführer der Tochtergesellschaft über seine Gesellschafterstellung bei der Muttergesellschaft zustehende Rechtsmacht aus gesellschaftsvertraglichen Regelungen (der Muttergesellschaft) ergeben muss (a.a.O. – juris Rn. 18). Es verbleibt daher beim Erfordernis, dass eine statusrechtlich relevante Rechtsmacht gesellschaftsvertraglich eingeräumt sein muss. Hieran fehlt es vorliegend. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem Postulat der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände im Übrigen auch im Falle einer (mittelbaren) Beteiligung des Geschäftsführers einer Tochtergesellschaft über seine Gesellschafterstellung bei der Muttergesellschaft genügt, da die jeweiligen Gesellschafterlisten gem. § 40 GmbHG über die Beteiligungsverhältnisse bzgl. Tochter- und Muttergesellschaft zuverlässig Auskunft geben.

Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, die Gesellschafterlisten gem. § 40 GmbHG gäben keine Auskunft über die Existenz und den Umfang von Stimmrechten, da diese außerhalb des Gesellschaftsvertrages auch anders zugewiesen sein könnten, so verkennt sie auch hier, dass außerhalb des Gesellschaftsvertrags zustande gekommene, das Stimmverhalten regelnde Vereinbarungen (Abreden) bei der Bewertung der Rechtsmachtverhältnisse gerade nicht zu berücksichtigen sind (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 29.6.2021 – B 12 R 8/19 R – juris Rn. 15 m.w.N.; Urt. v. 7.7.2020 – B 12 R 17/18 R – juris Rn. 22 m.w.N.; Urt. v. 14.3.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 22).

Dass der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer zur Alleinvertretung berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war, schließt ein arbeitnehmertypisches Vertragsverhältnis nicht aus. Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse bedingen nicht schon eine Selbstständigkeit (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 37).

Ob die Ehefrau des Beigeladenen zu 1) im Übrigen ihre gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht als Alleingesellschafterin zu Weisungen an den Beigeladenen zu 1) wahrgenommen hat, kann dahinstehen, da dies statusrechtlich irrelevant ist. Maßgeblich für die Beurteilung ist allein die ihr im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich zustehende Rechtsmacht (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.3.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 23; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 41 m.w.N.)

Indizien, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, liegen nicht in relevantem Umfang vor.

Im Rahmen der hier zu beurteilenden Tätigkeit verfügte der Beigeladene zu 1) nicht über eine eigene Betriebsstätte, sondern war in einem für ihn fremden Betrieb tätig. Alleinige Unternehmensträgerin war die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete GmbH selbst (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG). Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen unabhängig und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten (vgl. BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 18).

Auch ein unternehmerisches Risiko ist nicht erkennbar. Maßgebendes Kriterium hierfür ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 31.3.2017 – B 12 KR 16/14 R – juris Rn. 33 m.w.N.; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 153/19 – juris Rn. 64 m.w.N.). Als Geschäftsführer war der Beigeladene zu 1) nicht verpflichtet, eigenes Kapital einzubringen. Auch musste er seine Arbeitskraft angesichts der anstellungsvertraglich vereinbarten Gegenleistung in Form einer Festvergütung nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen (vgl. hierzu BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 26). Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrag- bzw. Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise (vgl. z.B. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 37).

Entgegen ihrer Auffassung kann sich die Klägerin schließlich auch nicht auf Vertrauensschutz gem. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz berufen. Eine zu ihren Gunsten sprechende gefestigte Rechtsprechung des BSG, auf die sie sich stützen könnte, hat es im Zusammenhang mit Treuhandverträgen in beitragsrechtlichen Streitigkeiten nicht gegeben (vgl. BSG Urt. v. 12.5.2020 – B 12 R 11/19 R – juris Rn. 25 f., Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 33 ff.). Die Klägerin legt eine solche auch nicht dar. Im Übrigen hatte sie selbst es in der Hand, schon zu Beginn der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) Rechtssicherheit hinsichtlich dessen sozialversicherungsrechtlichen Status zu erlangen. Hierzu hat der Gesetzgeber verschiedene Klärungsmöglichkeiten eröffnet. So kann die Einzugsstelle im Verfahren nach § 28h Abs. 2 SGB IV ebenso verbindlich über den sozialversicherungsrechtlichen Status entscheiden wie ein prüfender Rentenversicherungsträger in dem Verfahren nach § 28p SGB IV. Zudem hat der Gesetzgeber ein entsprechendes Anfrageverfahren bei der Clearingstelle nach § 7a Abs. 1 SGB IV ermöglicht.

Tatbestände, die zur Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in den genannten Sozialversicherungszweigen führen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

b) Als Arbeitgeberin hat die Klägerin gem. § 28e Abs. 1, 28d SGB IV den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihr versicherungspflichtig beschäftigten Personen, somit auch für den Beigeladenen zu 1), zu entrichten. Hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung sind Unrichtigkeiten nicht geltend gemacht worden und auch nicht erkennbar. Auch ist die Nachforderung der Umlage UI (Insolvenzgeld-Umlage, §§ 358 ff. SGB III, Verordnung zur Festsetzung des Umlagesatzes für das Insolvenzgeld) zu Recht erfolgt. Mit dieser Umlage werden die Mittel für das von der Bundesagentur für Arbeit im Insolvenzfall des Arbeitsgebers an die Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu zahlende Insolvenzgeld aufgebracht. Arbeitnehmer im Sinne des Insolvenzgeldrechts ist der Beschäftigte gem. § 25 SGB III i.V.m. § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV (vgl. Senatsurt. v. 26.1.2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn. 50, Urt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 53) und somit im streitigen Zeitraum auch der Beigeladene zu 1).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Der Streitwert ist für das Berufungsverfahren gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Gerichtskostengesetz entsprechend der zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung streitigen Beitragsforderung festzusetzen.

 

Rechtskraft
Aus
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