L 4 AS 1340/20 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 167 AS 5275/19
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AS 1340/20 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ist im Hinblick auf § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) SGG unter Berücksichtigung der ver­fassungs­rechtlich garantierten Effektivität des Rechtsschutzes und des Gebots der Rechtsschutzgleichheit als zulässig anzusehen, wenn die Rechtsfrage ungeklärt ist, ob die Berufung der Zulassung bedürfte.

 

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. August 2020 aufgehoben. Dem Kläger wird Prozesskos­tenhilfe ohne Zahlungsbestimmungen unter Beiordnung des Rechtsan­walts M A gewährt.

 

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

 

Die am 28. September 2020 eingegangene Beschwerde des Klägers gegen die Ablehnung seines Antrages auf Prozesskostenhilfe durch den Beschluss des So­zialgerichts Berlin vom 28. August 2020 hat Erfolg.

 

Die Beschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeausschluss aus § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) greift hier nicht durch. Danach ist die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe dann ausgeschlos­sen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Die Zulassung der Berufung wäre – abweichend von § 143 SGG – erforderlich, wenn der Wert des Be­schwerdegegenstandes bei einer Klage, welche eine Geld-, Dienst- oder Sachleis­tung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht über­steigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), es sei denn, dass die Sache wiederkeh­rende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

 

Die vorliegende Klage richtet sich gegen einen Bescheid vom 14. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2019, mit welchem der Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf § 16d des Zweiten Buches des So­zialgesetzbuches (SGB II) eine Arbeitsgelegenheit als Datenerfasser bei der Firma Schildkröte GmbH für die Zeit vom 25. März 2019 bis zum 31. Juli 2019 zuwies.

 

Ob die Zulassung der Berufung bei einem solchen Klagegegenstand erforderlich wäre, be­darf der Klärung durch das Bundessozialgericht. Unter Berücksichtigung der ver­fassungs­rechtlich garantierten Effektivität des Rechtsschutzes aus Art. 20 Abs. 3 des Grund­gesetzes (GG) und des Gebots der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG ist daher bei der Prüfung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) SGG davon aus­zugehen, dass die Berufung nicht der Zulassung bedürfte.

 

Das Bundessozialgericht hat zum Rechtsschutz gegen eine Meldeaufforderung entschieden, dass sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach der Höhe einer Leistungsminderung bei einem Meldeversäumnis bemisst und dass dieses Ergebnis aus der Eigenschaft der Meldeaufforderung als Verwaltungsakt folgt, welcher die gesetzliche Meldeobliegenheit der Leistungsberechtigten konkretisiert. Wird sie angefochten, stellt sie sich prozessual als einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG dar, weil ihre Nicht­befolgung grundsätzlich zur Leistungsminderung führt und sie im Hinblick auf den Berufungswert nicht unabhängig von dieser rechtlichen Wirkung betrachtet wer­den kann (Beschluss vom 8. Mai 2019, B 14 AS 86/18 B, Rn. 3; Beschluss vom 26. Juni 2018, B 14 AS 431/17 B, Rn. 4; Beschluss vom 24. August 2017, B 4 AS 223/17 B, Rn. 3; hier und nachfolgend zitiert nach JURIS).

 

Andererseits hat das Bundessozialgericht zum Rechtsschutz gegen einen Einglie­derungsverwaltungsakt entschieden, dass der Berufung die Wertgrenze nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht entgegensteht, da ein Eingliederungsverwaltungsakt nicht auf eine betragsmäßig konkret berechenbare Geldleistung gerichtet ist, sondern vielmehr das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Grundsicherungsträger mit wechselseitigen Rechten und Pflichten und dem Ziel der Eingliederung in Arbeit konkretisiert, ohne eine bloße Anknüpfungsgrundlage für mög­liche Sanktionsentscheidungen zu sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 21. März 2019, B 14 AS 28/18 R, Rn. 10).

 

Ob eine Berufung gegen die Zuweisung einer Arbeitsgelegenheit wie bei einer Melde­aufforderung ausgeschlossen ist (so Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Be­schluss vom 17. August 2021, L 18 AL 67/21 B PKH, Rn. 4; Sächsisches Landessozi­algericht, Beschluss vom 4. Januar 2021, L 7 AS 902/20 B ER, Rn. 16) oder ob sie wie bei einem Eingliederungsverwaltungsakt statthaft ist (so Thüringer Landessozialge­richt, Beschluss vom 18. Mai 2016, L 9 AS 449/16 B ER, Rn. 15), ist bisher vom Bun­dessozialgericht nicht entschieden worden.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird die Auslegung und Anwendung einer Bestimmung wie § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) SGG, die für die Beschreitung eines Instanzenzuges von Bedeutung ist, durch das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende grundrechtsgleiche Recht auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes beeinflusst. Die Rechtsschutzgarantie gewährleistet zwar keinen Anspruch auf einen Instanzenzug. Hat der Gesetzgeber sich aber für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Pro­zessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Eröffnet das Prozessrecht eine weitere Instanz, ist dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle gewährleistet. Das Gericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv ma­chen und für den Rechtsmittelführer leerlaufen lassen (Beschluss vom 28. Okto­ber 2020, 2 BvR 764/20, Rn. 44; Beschluss vom 28. Juni 2012, 1 BvR 2952/08, Rn. 22; Beschluss vom 4. November 2008, 1 BvR 2587/06, Rn. 16; Beschluss vom 13. März 1990, 2 BvR 94/88, Rn. 28 ff.). Zudem ist durch die Rechtsprechung des Bun­desverfassungsgerichts geklärt, dass die Nichtzulassung eines Rechtsmittels im Wege des Durchentscheidens ungeklärter Rechtsfragen gegen das Gebot des ef­fektiven Rechtsschutzes verstößt (Beschluss vom 28. Mai 2019, 1 BvR 2006/16, Rn. 13; Beschluss vom 8. Dezember 2010, 1 BvR 381/10, Rn. 11). Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Ablehnung der Prozess­kostenhilfe im Wege des Durchentscheidens schwieriger, bislang ungeklärter Rechtsfragen gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit verstößt (Beschluss vom 13. März 1990, 2 BvR 94/88, Rn. 28 ff.). Demnach darf auch eine Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) SGG als unzulässig verworfen werden, indem eine ungeklärte Rechtsfrage zur Zuläs­sigkeit der Berufung durchentschieden wird. Vielmehr ist von der Zulässigkeit der Beschwerde auszugehen.

 

Die Beschwerde ist auch begründet. Der Kläger, der seit dem 1. Dezember 2021  eine Regelaltersrente und ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter bezieht, hat Anspruch auf Prozesskosten­hilfe aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Danach erhält ein Beteiligter, der nach seinen per­sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

 

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Insbesondere kann die hinreichende Er­folgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht verneint werden. Nach dem Bundesver­fassungsgericht ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht vereinbar, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht die Prozesskostenhilfe zu verweigern, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhalts­punkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird (Beschluss vom 14. April 2003, 1 BvR 1998/02, Rn. 11; Beschluss vom 12. Januar 1993, 2 BvR 1584/92, Rn. 10). Eine Beweisantizipation ist im Prozesskostenhilfeverfahren nur in eng begrenztem Rahmen zulässig, wenn kon­krete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme über die streitigen Tatsachen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechts­schutzsuchenden ausgehen würde (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Mai 1997, 1 BvR 296/94, Rn. 23).

 

Für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der Entschei­dungsreife des Antrages auf Prozesskostenhilfe maßgeblich (Bundesverfassungsge­richt, Beschluss vom 5. Dezember 2018, 2 BvR 1122/18, Rn. 16; Beschluss vom 29. November 2018, 2 BvR 2513/17, Rn. 16; Beschluss vom 23. Oktober 2018, 2 BvR 2374/17, Rn. 15). Änderungen in der Beurteilung der Erfolgsaussicht, die nach der Entscheidungsreife eintreten, dürfen grundsätzlich nicht mehr zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden berücksichtigt werden (Bundesverfassungsgericht, Be­schluss vom 22. März 2021, 2 BvR 353/21, Rn. 6; Beschluss vom 4. Oktober 2017, 2 BvR 496/17, Rn. 14; Beschluss vom 8. Juli 2016, 2 BvR 2231/13, Rn. 14).

 

Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig erst nach Vorlage der vollständigen Prozess­kostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemes­sener Frist zur Stellungnahme ein (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12. September 2007, 10 C 39.07, Rn. 1; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. März 2012, XII ZB 391/10, Rn. 19; Beschluss vom 18. November 2009, XII ZB 152/09, Rn. 10; vgl. aber auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. November 2021, L 14 AS 530/21 B PKH, Rn. 7 ff.). Sie setzt gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO zudem auch die Darstellung des Streitverhältnisses unter An­gabe der Beweismittel voraus (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. Ap­ril 2010, 1 BvR 362/10, Rn. 15; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, a. a. O.). Schließlich ist grundsätzlich auch der Eingang der Verwaltungsvorgänge erforderlich, da ansonsten die Erfolgsaussicht nicht geprüft werden kann (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Januar 2017, 3 M 122.16, Rn. 2; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Februar 2018, 13 E 1065/17, Rn. 10; Beschluss vom 9. Mai 2018, 13 E 811/17, Rn. 8; vgl. auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Juli 2014, L 25 AS 2260/12 B PKH, Rn. 3; Beschluss vom 3. Mai 2011, L 11 SB 287/09 B PKH, Rn. 4; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. August 2018, L 7 SO 2248/18 ER-B, Rn. 19; Bayerisches Landessozialgericht, Be­schluss vom 28. Oktober 2013, L 11 AS 648/13 B PKH, Rn. 8; Bayerischer Verwal­tungsgerichtshof, Beschluss vom 4. März 2014, 10 C 13.2009, Rn. 5).

 

Hier ist zu dem Zeitpunkt der Entscheidungsreife, der mit dem Eingang der Kla­geerwiderung nebst Verwaltungsvorgängen am 17. Juni 2019 eingetreten ist, eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht gekommen, ohne dass konkrete Anhalts­punkte dafür vorgelegen haben, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nach­teil des Klägers ausgehen würde. Zwar ist bereits zu diesem Zeitpunkt sicher abseh­bar gewesen, dass sich der angefochtene Bescheid mit dem Ende der Zuweisung am 31. Juli 2019 durch Zeitablauf erledigen würde. Dass aber anschließend eine Fort­setzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG unter dem Gesichts­punkt der Wiederholungsgefahr zu­lässig sein würde, hat sich daraus ergeben, dass dem Kläger mit Bescheid vom 22. Mai 2019 eine nahezu identische Arbeits­gelegenheit als Datenerfasser bei demselben Maßnahmeträger für die Zeit vom 3. Juni 2019 bis zum 2. Dezember 2019 zugewiesen worden ist.

 

Das Erfordernis einer Beweisaufnahme folgt hier daraus, dass eine abschließende Beurteilung des angefochtenen Bescheides zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrages auf Prozesskostenhilfe noch nicht möglich gewesen ist. Als Rechtsgrundlage des streitigen Bescheides kommt nur § 16d Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht. Danach können erwerbsfähige Leistungs­berech­tigte zur Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist, in Arbeitsgelegenheiten zuge­wiesen werden, wenn die darin verrichteten Arbeiten zusätzlich sind, im öffentli­chen Inte­resse liegen und wettbewerbsneutral sind.

 

Hier hat es insbesondere weiterer Ermittlungen zu der Frage bedurft, ob es sich bei der zugewiesenen Tätigkeit um zusätzliche Arbeit handelte, was der Kläger mit der Klageschrift in Abrede gestellt hat. Gemäß § 16d Abs. 2 Satz 1 SGB II sind Arbeiten zusätzlich, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden. Dass sich ein Leis­tungsberechtigter auf das Fehlen der Zusätzlichkeit berufen kann, ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nach anfänglichen Zweifeln (Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 30/09 R, Rn. 21; Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 60/07 R, Rn. 28) inzwischen geklärt worden (Urteil vom 22. August 2013, B 14 AS 75/12 R, Rn. 15; Urteil vom 27. August 2011, B 4 AS 1/10 R, Rn. 27; Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 101/10 R, Rn. 21).

 

Ausweislich der Gesetzesbegründung übernimmt § 16d Abs. 2 SGB II wortgleich die Definition der Zusätzlichkeit aus § 261 Abs. 2 des Dritten Buches des Sozialgesetzbu­ches in der bisherigen Fassung. Mit dem Kriterium der Zusätzlichkeit werde erreicht, dass nur Tätigkeiten gefördert würden, die bestehende Arbeitsplätze nicht ver­drängten. Arbeiten, die auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung durchzuführen seien oder die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt würden, seien nur förderungsfähig, wenn sie ohne die Förderung voraussichtlich erst nach zwei Jahren durchgeführt würden. Entscheidend für die Zusätzlichkeit sei damit der Zeitpunkt der Durchführung (BT-Drucksache 17/6277, S. 115). Nach dem Bundessozialgericht muss die Frage, welche Arbeiten nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt wür­den, anhand der konkreten Aufgabenplanung und bisherigen Aufgabenerledigung des jeweiligen Trägers beurteilt werden (Urteil vom 30. September 1992, 11 RAr 3/92, Rn. 22). Entscheidend ist ein die konkrete Tätigkeit und die Gesamtum­stände berücksichtigender Maßstab. Insofern ist zu prüfen, ob der Leistungsbe­rechtigte Aufgaben zu verrichten hat, die aufgrund rechtlicher Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung gehören und für die marktgängige Preise gezahlt werden müssen (Bundessozialgericht, Urteil vom 27. August 2011, B 4 AS 1/10 R, Rn. 27).

 

Demnach kann sich der Beklagte nicht allein auf die von der Handwerkskammer Berlin, der Industrie- und Handelskammer Berlin, der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Frauen, der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg sowie dem Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin und Brandenburg erarbeiteten „Positivliste für Arbeitsgelegenheiten“ vom 1. Dezember 2015 und die dort unter Ziffer VI. (Wohnen, Kultur, Stadtentwicklung und Verkehr) verzeichneten Tätigkeitsfelder berufen. Zwar entsprechen diese Tätigkeitsfelder der Tätigkeitsbeschreibung, die der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist. Eine solche lediglich abstrakte Einordnung würde jedoch die Um­stände der konkreten Tätigkeit außer Acht lassen. Zudem hat der Kläger einge­wandt, dass die Tätigkeit eines Datenerfassers auch auf dem allgemeinen Arbeits­markt ausgeübt werde und dass es sich bei dem Maßnahmeträger um ein auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Unternehmen handele, so dass davon ausgegan­gen werden könne, dass die ausgeführten Arbeiten dementsprechend vergütet wür­den. Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife hat hier demnach Anlass bestanden, durch eine Nachfrage bei dem Maßnahmeträger zu ermitteln, ob tatsächlich die Voraussetzungen zu­sätzlicher Arbeit erfüllt waren.

 

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bun­dessozialgericht angefochten werden.

Rechtskraft
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