L 11 BA 3870/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1463/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 BA 3870/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.02.2018 aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.


Tatbestand

Die Klägerin macht geltend, dass sie bei den Beigeladenen zu 1 bis 4 nicht im Rahmen eines abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist.

Die 1965 in Georgien geborene Klägerin war von 2004 bis 2012 in einem Pflegeheim abhängig beschäftigt. Ihren Angaben zufolge musste sie dort viele Überstunden machen und erhielt aus ihrer Sicht ein zu geringes Gehalt. Sie wollte sich daher selbständig machen und bot ab dem 01.10.2012 über Vermittlungen an, Aufträge als ausgebildete Pflegefachkraft in Pflegeheimen auf freiberuflicher Basis anzunehmen. In den von den Beigeladenen betriebenen Pflegeheimen führte sie ab Oktober 2012 Tätigkeiten als ausgebildete Pflegefachkraft gegen Zahlung eines bestimmten Honorars durch. In allen Fällen arbeitete sie mit festangestellten Mitarbeitern der Pflegeheime zusammen. Der zeitliche Umfang der von der Klägerin zu verrichtenden Tätigkeiten wurden vorab zwischen ihr und den Beigeladenen teils mündlich, teils schriftlich vereinbart. Die Beigeladenen waren nicht berechtigt, die mit der Klägerin vereinbarten Arbeitszeiten einseitig zu ändern. Die Klägerin konnte - nach Absprache mit den Beigeladenen - Hilfspersonen hinzuziehen und Vertreter einsetzen. Sie hatte bei ihren Tätigkeiten immer eine Tasche mit Arbeitsmitteln (Blutdruckmessgerät, Stethoskop, Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Fieberthermometer, Mundschutz, Pulsometer) dabei. Für das von ihr beanspruchte Honorar stellte sie den Beigeladenen eine Rechnung. Die Klägerin und die Beigeladenen gingen davon, dass die Klägerin ihre Arbeit auf freiberuflicher Basis ausübt und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorliegt.

Für die von der Klägerin in den Pflegeheimen der Beigeladenen durchgeführten Tätigkeiten wurden in den Jahren 2012 und 2014 Anträge auf Durchführung von Statusfeststellungsverfahren beim beklagten Rentenversicherungsträger (Clearingstelle) gestellt. Nach der Ermittlung des Sachverhalts und Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen erließ die Beklagte die streitgegenständlichen Bescheide.

Mit Bescheid vom 05.08.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als Pflegefachkraft im Pflegezentrum der LGmbH (Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 4) vom 31.10.2012 bis 07.11.2012 und vom 15.11.2012 bis 21.11.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Mit Bescheid vom 11.09.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als Pflegefachkraft im Seniorendomizil C der Beigeladenen zu 3 vom 26.11.2012 bis 06.01.2013, vom 07.01.2013 bis 31.01.2013, vom 01.02.2013 bis 28.02.2013, vom 06.05.2013 bis 30.06.2013 und vom 01.08.2013 bis 01.09.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Mit Bescheid vom 11.09.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als Pflegefachkraft bei der Beigeladenen zu 2 vom 02.07.2013 bis 31.07.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Mit Bescheid vom 11.09.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als Pflegefachkraft bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1 vom 18.10.2013 bis 29.10.2013 und vom 05.11.2013 bis 08.11.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Gegen sämtliche Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein, die von der Widerspruchstelle der Beklagten mit gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 31.03.2015 als unbegründet zurückgewiesen wurden.

Am 04.05.2015 (Montag) hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und geltend gemacht, sie sei in allen Fällen als Selbständige tätig gewesen. Das SG hat am 08.05.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Klägerin persönlich angehört. Außerdem hat es eine Altenpflegerin sowie eine Betriebswirtin als Zeuginnen angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das hierüber vom SG angefertigte Protokoll (Bl 83/92 der SG-Akte) verwiesen. Mit Urteil vom 27.02.2018 hat das SG die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Klägerin in den Betrieben der Beigeladenen selbständig ausgeübt wurde und damit nicht der Versicherungspflicht in der Kranken, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. In den Entscheidungsgründen hat das SG dargelegt, dass eine feste organisatorische Eingliederung der Klägerin in die von den Beigeladenen betriebenen Einrichtungen nicht vorgelegen habe und die Klägerin auch keinem Weisungsrecht unterlegen habe. Das Urteil ist der Beklagten am 10.04.2018 zugestellt worden.

Am 17.04.2018 hat die Beklagte gegen das Urteil Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt (L 10 BA 1403/18). Im Hinblick auf mehrere beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionen zur Thematik der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Pflegefachkräften hat der damals zuständige 10. Senat des LSG auf Antrag der Klägerin und der Beklagten mit Beschluss vom 01.08.2018 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Schriftsatz vom 07.11.2019 hat die Beklagte das ruhende Verfahren wieder angerufen (L 10 BA 3870/19). Mit dem Geschäftsverteilungsplan des LSG für das Jahr 2022 ist das Verfahren auf den 11. Senat übergegangen (L 11 BA 3870/19).

Die Beklagte trägt vor, das BSG habe in seinen Entscheidungen vom 07.06.2019 (B 12 R 6/18 R, B 12 KR 7/18 R und B 12 KR 8/18 R) zu Tätigkeiten von Honorarpflegekräften entschieden, dass diese regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt würden. Auch im hier zu beurteilenden Fall wiesen die Indizien nach dem Gesamtbild auf abhängige Beschäftigungen hin.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.02.2018 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie ist weiterhin der Ansicht, dass sie als selbständige Honorarkraft in den Pflegeheimen der Beigeladenen tätig war.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Klägerin mit Fax vom 13.03.2021, Bl 97 der LSG-Akte; Beklagte mit Schreiben vom 17.03.2021, Bl 100 der LSG-Akte; Beigeladene zu 1 mit Schriftsatz vom 17.03.2021, Bl 99 der LSG-Akte; Beigeladene zu 2 und 4 mit Schriftsatz vom 08.03.2021, Bl 95 der LSG-Akte und Beigeladene zu 3 mit Schriftsatz vom 08.03.2021, Bl 98 der LSG-Akte).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.


Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung. Die Beteiligten haben sich mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden erklärt.

Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG, denn die Klagen betreffen weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 05.08.2014 und 11.09.2014 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31.03.2015 (§ 95 SGG), mit denen die Beklagte gegenüber der Kläger und den Beigeladenen festgestellt hat, dass die Tätigkeiten der Klägerin als Pflegefachkraft in den von den Beigeladenen betriebenen Pflegeheimen als abhängige Beschäftigungsverhältnisse zu werten sind und in diesen Beschäftigungsverhältnissen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Klagen sind zwar als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen zulässig (§§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 Nr 1, 56 SGG), aber unbegründet.

Die Berufung der Beklagten ist deshalb begründet. Das SG hat den Klagen zu Unrecht stattgegeben. Die mit den Klagen angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin unterlag in ihren Tätigkeiten für die Beigeladenen in dem von der Beklagten jeweils festgestellten Umfang der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich (seit dem 05.04.2017: oder elektronisch) eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten (Clearingstelle) beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Inhaltlich entscheidet die Clearingstelle gemäß § 7a Abs 2 SGB IV aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. Die Bekanntgabe der Statusfeststellung gegenüber den Beteiligten erfolgt seitens der Beklagten durch einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung.

Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI, § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III). Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr vgl zB BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257; BSG 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 21; BSG 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, USK 2014-117; BSG 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R, USK 2015-21; BSG 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, BSGE 123, 50; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (stRspr vgl zB BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7; BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257; BSG 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, USK 2013-171, jeweils mwN).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7; BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257).

Für die Statuszuordnung einer Tätigkeit als sogenannte Honorarpflegefachkraft in einer stationären Pflegeeinrichtung gelten keine abweichenden Maßstäbe. Es spielt keine Rolle, ob nach der Verkehrsanschauung anerkannt ist, dass Honorarkräfte im Gesundheitswesen selbständig tätig sind oder sein können. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit erfolgt nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Allerdings ist bei der Gewichtung der Indizien zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit von Pflegefachkräften in stationären Pflegeeinrichtungen Besonderheiten aufweist. Deshalb können einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbständig kennzeichnen, von vornherein nicht als ausschlaggebende Abgrenzungsmerkmale herangezogen werden. Dagegen ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit einer Pflegefachkraft in einer stationären Pflegeeinrichtung regulatorischen Vorgaben unterliegt, die zwar nicht zwingend die Wertung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung erfordern, aber im Regelfall die Eingliederung von Pflegefachkräften in die Organisations- und Weisungsstruktur der stationären Pflegeeinrichtung zur Folge haben, sodass für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gewichtige Indizien bestehen müssen. Eine Pflegefachkraft, die eine von der stationären Pflegeeinrichtung geschuldete (Teil-)Leistung innerhalb der vorgegebenen Organisationsabläufe erbringt, die Betriebsmittel des Pflegeheimes nutzt und arbeitsteilig mit dem übrigen Personal in den vorgegebenen Strukturen zusammenarbeitet, ist sie in der Regel in einer ihre Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt in den Betrieb des Pflegeheimes eingegliedert (zum Ganzen BSG 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, BSGE 128, 205-219, SozR 4-2400 § 7 Nr 44).

Gemessen an dem vom BSG entwickelten Beurteilungsmaßstab, dem sich der Senat anschließt, war die Klägerin in allen hier zu beurteilenden Fällen in die betriebliche Organisation der von den Beigeladenen betriebenen stationären Pflegeeinrichtungen eingegliedert und daher abhängig beschäftigt. Die Dauer der von der Klägerin jeweils ausgeübten Tätigkeit ist in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen zu keinem Zeitpunkt Einwände erhoben, deshalb waren hierzu keine weiteren Ermittlungen erforderlich. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die von der Klägerin geschuldete Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeheime im Rahmen der von den Einrichtungen vorgegebenen Betriebsabläufe erbracht wurde. Insoweit unterschied sich ihre Tätigkeit in keiner Weise von derjenigen, wie sie die festangestellten Pflegekräfte verrichteten. Dabei geht der Senat davon aus, dass die vertraglichen Bedingungen im Wesentlichen bei allen Vereinbarungen mit den Beigeladenen übereinstimmten. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin gegenüber der Beklagten im Verwaltungsverfahren gemachten Ausführungen.

Ihre Angabe im Verwaltungsverfahren, dass keine Kontrolle durch die Auftraggeber (Beigeladene) erfolgt sei, „lediglich die Dokumentation in der Patientenakte“ (vgl Angaben der Klägerin Bl 115, 144 der Verwaltungsakte der Beklagten), widerlegt eine organisatorische Eingliederung der Klägerin in die Betriebsabläufe der Pflegeheime nicht, sondern bestätigt eine solche. Die vorgeschriebene Dokumentation der Pflege in der Patientenakte dient (auch) dazu, es der Einrichtung zu ermöglichen, die Arbeit der Pflegefachkräfte zu überwachen. Durch Einsichtnahme in die Pflegedokumentation kann die verantwortliche Pflegefachkraft der stationären Pflegeeinrichtung (§ 71 SGB XI) die ihr obliegende Steuerung, Anleitung, Koordination und Kontrolle der Pflegeleistungen (vgl BSG 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, BSGE 128, 205-219, SozR 4-2400 § 7 Nr 44) wahrnehmen. Zudem ergibt sich eine Eingliederung in die Betriebsstruktur der Beigeladenen auch aus dem Umstand, dass sich die Klägerin mit den festangestellten Mitarbeitern der Pflegeheime absprechen musste. Im Verwaltungsverfahren hat sie hierzu angegeben: „Natürlich findet eine Eintaktung in die Dienstpläne der durch mich erfolgten Vorgaben im Rahmen des geschlossenen Vertrages statt. Insoweit muss man sich auch mit den festen Mitarbeitern der Auftraggeber absprechen.“ (Bl 109, 117, 143 und 148 der Verwaltungsakte der Beklagten). Vor diesem Hintergrund kommen der Art und Weise, wie der Kontakt mit den Beigeladenen zustande gekommen ist, der Höhe des vereinbarten Honorars, der Tatsache, dass die Klägerin nur zu den vorab mit den Beigeladenen vereinbarten Zeiten zu Pflegetätigkeiten herangezogen werden konnte und dem Umstand, dass die Klägerin teilweise auch eigene Arbeitsmittel (zB Blutdruckgerät ua) eingesetzt hat, keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da die Klägerin zu dem von § 183 SGG erfassten Personenkreis gehört. Der Senat hält es für sachgerecht, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) nicht vorliegt.

Rechtskraft
Aus
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