L 8 SB 2936/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 2751/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2936/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.07.2021 wird zurückgewiesen.
     
  2. Ziffer 1. des Tenors des Urteils des Sozialgerichts Reutlingen wird klarstellend wie folgt gefasst: Der Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.10.2018 wird insoweit abgeändert, als der Bescheid vom 23.06.2010 über die Feststellung eines GdB von 30 hinaus aufgehoben worden ist.
     
  3. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Herabstufung des ihr ursprünglich zuerkannten Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 20.

Bei der 1960 geborenen Klägerin wurde mit Bescheid vom 23.06.2010 ein GdB mit 50 festgestellt. Der Feststellung lag die Diagnose eines Mammakarzinoms rechts im Tumorstadium mit anschließender Segmentresektion [operativer Entfernung] und Defektdeckung mittels Verschiebeplastik [optischer Brusterhalt durch plastisch-chirurgischem Eingriff] (Entlassbericht vom 29.04.2010, Kreiskliniken R) sowie die hierzu ergangene versorgungsärztliche Bewertung vom Mai 2010 (Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung: GdB 50) zugrunde.

Im Rahmen des im April 2015 eingeleiteten Verfahrens zur Überprüfung der gesundheitlichen Verhältnisse von Amts wegen holte der Beklagte einen Befundbericht der behandelnden M ein. Diese berichtete mit Schreiben vom 27.10.2016 unter Beifügung weiterer ärztlicher Unterlagen, dass bei der Klägerin ihrer Meinung nach seit längerer Zeit eine Fibromyalgie mit Gelenkschmerzen in beiden Schultern, rechtem Ellenbogen, beiden Händen, Knien und Brustkorb, Müdigkeit und Kurzatmigkeit bestehe. Die pneumologische Untersuchung sei unauffällig gewesen. Die Klägerin sei in Vollzeit tätig und pflege ihre Eltern häuslich. Hierdurch sei sie psychisch und körperlich überfordert. Eine psychiatrisch-psychologische Behandlung habe die Klägerin abgelehnt. Ausweislich des von M vorgelegten onkologischen Berichts von G vom 10.12.2015, Uklinikum T, ist ein Rezidiv des Mammakarzinoms in der Folgezeit nicht aufgetreten.

A führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.03.2017 daraufhin aus, Heilungsbewährung sei eingetreten. Es gebe keinen Anhalt für ein Rezidiv. Ein Grad der Behinderung sei nicht mehr festzustellen.

Im Zuge der Anhörung zur beabsichtigten Herabsetzung des GdB aufgrund der eingetretenen Heilungsbewährung der Tumorerkrankung machte die Klägerin weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen geltend. Sie habe starke Schlafstörungen. Diese resultierten durch ihren Beruf als Röntgenassistentin im Krankenhaus und die hierbei bestehenden unregelmäßigen Arbeitszeiten. Wenn sie nach Hause komme, müsse sie sich erst öfters hinlegen, bevor sie sich um ihren Haushalt und den Einkauf kümmern könne. An der rechten Brustnarbe bestehe eine Verhärtung. Nachts würden ihr die Arme versagen, so dass sie meist die Finger an der rechten Hand nicht bewegen könne. Im Übrigen habe bei ihr ein Schilddrüsenkarzinom bestanden.

In der hierzu eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.05.2017 bewertete B die seelische Störung und das Fibromyalgiesyndrom zusammen mit einem GdB von 20. Das geltend gemachte Schilddrüsenkarzinom bedürfe noch weiterer Sachaufklärung.

Die Klägerin schilderte ihre Beschwerden mit Schreiben vom 03.10.2017 erneut und wies unter anderem darauf hin, seit längerem große Schwierigkeiten zu haben, aufzustehen und loszugehen. Zudem legte sie weitere medizinische Unterlagen, unter anderem einen Arztbrief des K vom 27.06.2017 vor. Hiernach liege nach durchgeführter Schilddrüsen-Sonographie beidseits kein pathologisch vergrößerter Lymphknoten und auch kein vorhandenes Restvolumen vor. Es bestehe ein stabiler Befund einer Struma multinodosa [knotige Vergrößerung der Schilddrüse].

F schätzte daraufhin in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 14.11.2017 die seelische Störung und das Fibromyalgiesyndrom zusammen mit einem Teil-GdB von 20 und den Verlust der Gebärmutter, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation mit einem Teil-GdB von 10 ein. Insgesamt sei der GdB mit 20 zu bewerten. Für den Verlust der Schilddrüse und die Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform sei jeweils kein Teil-GdB von mindestens 10 zu veranschlagen.

Hierauf gestützt hob der Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2017 den Bescheid vom 23.06.2010 nach § 48 SGB X auf und stellte fest, dass ab 26.11.2017 ein GdB von 20 nicht mehr vorliege. Der Zeitraum der Heilungsbewährung sei zwischenzeitlich abgelaufen. Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen Verlust der Gebärmutter, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation würden keinen GdB von wenigstens 20 bedingen. Die Gesundheitsstörungen Verlust der Schilddrüse und Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens zehn und stellten deshalb keine Behinderung im Sinne des SGB IX dar.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte der Beklagte einen Befundbericht der M vom 17.07.2018 ein, wonach die Klägerin an einer ausgeprägten anhaltenden Somatisierungsstörung und an einem chronischen und unbeeinflussbaren Schmerzsyndrom leide. Eine psychiatrische Behandlung habe die Klägerin abgelehnt.

F nahm daraufhin am 21.09.2018 dahingehend versorgungsmedizinisch Stellung, dass bei der Klägerin eine seelische Störung, ein Fibromyalgiesyndrom mit einem Teil-GdB von 20, der Verlust der Gebärmutter, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation mit einem Teil-GdB von 10 und eine koronare Herzkrankheit ebenfalls mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten seien. Der von der Klägerin geltend gemachte Verlust der Schilddrüse, die Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform, die Funktionsbehinderungen des Kniegelenks und die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule bedingten jeweils keinen Teil-GdB von mindestens 10. Zusammenfassend sei der Gesamt-GdB mit 20 seit 09.11.2015 einzuschätzen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Mit dem Bescheid vom 21.11.2017 sei der GdB von bisher 50 auf 20 herabgesetzt worden. In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 23.06.2010 zugrunde gelegen seien, sei eine wesentliche Änderung insoweit eingetreten, als die Heilungsbewährung von fünf Jahren abgelaufen sei. Ein Rezidiv der malignen Grunderkrankung sei nicht aufgetreten. Unter Berücksichtigung der seelischen Störung und des Fibromyalgiesyndroms ergäbe sich ein Gesamt-GdB von 20.

Hiergegen hat die Klägerin am 09.11.2018 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, sie sei schnell erschöpft und habe Konzentrationsstörungen. Sie leide zudem an Schlafstörungen und einem chronischen Müdigkeitssyndrom mit Atemnot bei Belastung. Zudem habe sie orthopädische, gynäkologische und kardiologische Beschwerden. Sie sei mit der Herabstufung daher nicht einverstanden und der Meinung, dass weiterhin ein GdB von 50 gewährt werden müsse.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen vernommen.

Der M1 hat in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 21.08.2019 mitgeteilt, dass eine relevante koronare Herzkrankheit bei Koronarsklerose ausgeschlossen werden könne. Er stimme der Einschätzung des Beklagten zu.

Die J hat in ihrer am 19.09.2019 bei Gericht eingegangenen undatierten schriftlichen Zeugenaussage angegeben, dass bei der Klägerin rezidivierende Unterbauchschmerzen (differentialdiagnostisch Verwachsungsbeschwerden) sowie ein Zustand nach Mammakarzinom und Zustand nach Hystektomie [Entfernung der Gebärmutter] bestehe. Sie stimme der Einschätzung des Beklagten hinsichtlich der GdB-Bewertung zu.

Die Hausärztin der Klägerin M hat in ihrem am 11.11.2019 bei Gericht eingegangenen Schreiben von einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, einem Fibromyalgiesyndrom, einer mittelgradigen depressiven Störung, einem HWS-Syndrom, Chondrosen der HWS sowie einem Bandscheibenvorfall median rechts, Schmerzen im rechten Handgelenk, Knick-Hohlfüßen, einem Zustand nach subtotaler Hystektomie, einem Zustand nach Mammakarzinom, einer Struma Multinodosa, einer Struma Ektomie [Entfernung der Schilddrüse] sowie einem chronischen Müdigkeitssyndrom berichtet. Sie schätze den GdB auf 50. Im beigefügten Arztbrief der K1/F1/N/K2/F vom 28.03.2019 werden nicht aktivierte Chondrosen [Verschleißerscheinungen] der HWS sowie ein Bandscheibenvorfall im Bereich HWK 5/6 bei primär eng angelegtem Spinalkanal und relativer Stenose diagnostiziert. Im ebenfalls beigefügten Arztbrief vom 24.05.2019 des Neurozentrums R (Bl. 61 SG) werden degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule ohne Wurzelkompression und Myogelosen [Muskelverhärtungen] beschrieben.

Mit Schriftsatz vom 03.03.2020 hat der Beklagte ein Vergleichsangebot unterbreitet, mit dem er der Klägerin angeboten hat, den Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.10.2018 insoweit aufzuheben, als ein GdB von weniger als 30 festgestellt worden sei. Er hat auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von K3 vom 24.02.2020 verwiesen, wonach bei der ganzheitlichen Betrachtung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsstörungen vorgeschlagen werde, den Gesamt-GdB auf 30 zu erhöhen. Für die seelische Störung/das Fibromyalgiesyndrom sei ein Teil-GdB von 20 sowie für den Bandscheibenschaden, muskuläre Verspannungen und die Nervenwurzelreizerscheinungen sei zusammen ein Teil-GdB von 20 zu veranschlagen. Der Verlust der Gebärmutter und die Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation seien ebenso wie die koronare Herzkrankheit mit einem Teil-GdB von 10 einzuschätzen. Bei dem theoretisch möglichen GdB von 20 für die Verwachsungsbeschwerden nach der Bauchoperation, der allerdings aufgerundet wäre, ändere sich der Gesamt-GdB nicht wesentlich.

Mit Schriftsatz vom 16.04.2020 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Vergleichsangebot nicht angenommen und geltend gemacht, dass die Klägerin unter einer Gesichtsfeldstörung sowie Dreh- und Lagerungsschwindel leide. Es werde die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens angeregt.

Sodann hat das SG den M1 mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 06.07.2020 hat M1 die seelische Störung mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet. Hinzu komme ein weiterer GdB von 10 für eine Schlafstörung, die durch den Schichtdienst der Klägerin und die Rufbereitschaft an 10 Tagen pro Monat entstehe, so dass er für die Psyche einen Teil-GdB von 40 annehme. Bei der Klägerin bestehe zudem ein Bandscheibenschaden mit Nervenwurzelreiz, der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Der Verlust der Gebärmutter und Brustkrebs sei ebenso wie die koronare Herzkrankheit mit einem Einzel-GdB von 10 zu veranschlagen. Zusammengefasst ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50. 

Der Beklagte hat am Vergleichsangebot vom 03.03.2020 festgehalten und eine versorgungsärztliche Stellungnahme von H vom 21.08.2020 vorgelegt, wonach bei der Klägerin eine stärker behindernde psychische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit dokumentiert sei. Diese sei zutreffend weiterhin mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten. Eine Erhöhung der seelischen Störung durch die attestierte berufsbedingte Schlafstörung um einen GdB von 10 auf einen GdB 40 sei nicht nachzuvollziehen.

Mit Urteil vom 27.07.2021 hat das SG den Bescheid vom „21.12.2017“ in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.10.2018 insoweit abgeändert, als ein GdB von weniger als 30 seit 26.11.2017 festgestellt wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der bei der Klägerin bestehenden koronaren Herzkrankheit ließen sich den vorliegenden Befunden keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der vom Beklagten hierfür zugrunde gelegte Einzel-GdB von 10 zu niedrig wäre. Dies zeige sich bereits daran, dass der behandelnde M1 sich der Einschätzung des Beklagten ausdrücklich anschließe. Dasselbe gelte für die bei der Klägerin bestehenden gynäkologischen Beeinträchtigungen in Form des Zustandes nach Mammakarzinom, des Zustandes nach Hystektomie sowie der rezidivierenden Unterbauchschmerzen. Auch hier schließe sich die behandelnde J ausdrücklich der Einschätzung des Beklagten an; in den vorliegenden medizinischen Unterlagen fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beklagten diesbezüglich vorgenommene Bewertung mit einem Einzel-GdB von 10 zu niedrig wäre.

Hinsichtlich der bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule sehe der Gutachter M1 hierfür zutreffend einen Einzel-GdB von 20 als angemessen. Nach den VG, Teil B 18.9 sei ein GdB von 20 für funktionelle Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule anzunehmen, wenn mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vorliegen. Bei der Klägerin bestünden degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule ohne Wurzelkompression und Myogelosen (gestützt auf den Arztbrief vom 24.05.2019 des Neurozentrums R) und nicht aktivierte Chondrosen der HWS sowie ein Bandscheibenvorfall im Bereich HWK5/6 bei primär eng angelegtem Spinalkanal und relativer Stenose (gestützt auf den Arztbrief der K1/F1/N/K2/F vom 28.03.2019). Mithin seien bei der Klägerin mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (im Bereich der Halswirbelsäule), vorhanden, so dass ein Einzel-GdB von 20 hierfür angemessen sei.

Hinsichtlich des im Vordergrund stehenden psychischen Funktionsbereiches nehme M1 unzutreffend einen GdB von 40 aufgrund einer mit einem Teil-GdB von 10 zu bewertenden Schlafstörung an, die durch Schichtdienst und Rufbereitschaft verursacht werde. Hierbei handele es sich vielmehr um rein berufsbezogene Ursachen, die nicht behinderungsbedingt seien und daher nicht bei der Bemessung des GdB berücksichtigt werden könnten. Entgegen der Einschätzung von M1 sei der Teil-GdB für den Bereich Psyche lediglich mit 20 zu bewerten. Nach den VG, Teil B 3.7 sei ein Einzel-GdB von 30 bis 40 erst bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit anzunehmen. M1 habe in seinem Gutachten im psychischen Befund lediglich eine psychopathologisch gedämpfte Psychomotorik bei voller Orientierung und Bewusstseinsklarheit ohne Beeinträchtigung, unauffälligem Antrieb bei schwungloser Initiative, nivellierter Affektivität sowie freudloser, erschöpfter dysphorischer und missbefindlicher Stimmung diagnostiziert. Das inhaltliche Denken sei ohne Auffälligkeiten und ohne Zwangsgedanken gewesen. Eine Wahrnehmungsstörung habe nicht befundet werden können. Da sich der von M1 erhobene Tagesablauf zudem unauffällig darstelle, die Klägerin in Vollzeit tätig sei und insbesondere keinerlei fachärztliche Behandlung der psychischen Beeinträchtigung stattfinde, bestehe keine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, und demgemäß sei ein Einzel-GdB von 20 für diese Funktionseinschränkungen angemessen.

Unter Berücksichtigung der Einzel-GdB-Werte (20 für die Psyche, 20 für die Wirbelsäule sowie jeweils 10 für koronare Herzkrankheit und die gynäkologischen Erkrankungen) sei der GdB zum Zeitpunkt der Herabsetzungsentscheidung des Beklagten mit 30 festzustellen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12.08.2021 zugestellte Urteil hat dieser am Montag, den 13.09.2021, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und vorgetragen (Bl. 22 LSG), M1 habe überzeugend und umfassend begründet, weshalb bei der Klägerin für die psychischen Beeinträchtigungen ein GdB von 40 gerechtfertigt ist. Die Klägerin leide unter einer mittelschweren Störung der Persönlichkeit, einer Angststörung mit Panikattacken sowie einer Zwangsstörung mit Zwangsgedanken. Es bestehe eine teils mittelschwere soziale Anpassungsschwierigkeit bei erheblicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit.

Der Prozessbevollmächtigte hat einen Bericht des Uniklinikums T vom 16.12.2021 nach einer durchgeführten Skelettszintigraphie [nuklearmedizinische Untersuchung des Skeletts] zur Fragestellung „Skelettmetastasen?“ eingereicht. Hiernach liege bei unspezifischen diffusen Knochenschmerzen und Fibromyalgie kein Nachweis einer ossären Metastasierung [Knochenmetastasen] und kein Nachweis einer floriden Arthritis [hoch aktive Entzündung] oder höhergradiger degenerativer Veränderungen als Korrelat für die Beschwerden vor.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.07.2021 sowie den Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte hat zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Ergänzend führt er aus, dass das SG die Feststellung eines GdB von 50 nach Ablauf der Heilungsbewährungszeit hinsichtlich der Brusterkrankung im Hinblick auf die erhobenen Befunde und auch unter Berücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Herrn M1 vom 06.07.2020 zutreffend nicht für begründet erachtet habe. Das SG habe detailliert dargelegt, weshalb dem gutachterlichen Vorschlag nicht gefolgt und kein höherer Teil-GdB als 20 für die seelischen Beeinträchtigungen festgestellt werden könne.

Die Beteiligten haben sich in der nicht-öffentlichen Sitzung vom 06.12.2021 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin, über welche der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nach § 143 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber nicht begründet.

Nachdem lediglich die Klägerin, nicht aber der Beklagte Berufung gegen das angefochtene Urteil des SG eingelegt hat, ist Streitgegenstand nur noch, ob der Klägerin für den Zeitraum seit dem 26.11.2017 nicht lediglich ein (von einem GdB von 50 nach Heilungsbewährung herabgesetzter) GdB von 30, sondern von weiterhin 50 zusteht.

Das SG hat zu Recht den Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.10.2018 insoweit abgeändert, als der Bescheid vom 23.06.2010 bezüglich eines Grades der Behinderung von mehr als 30 seit 26.11.2017 aufgehoben wurde, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Unter Berücksichtigung des vom SG versehentlich angenommenen Datums des angefochtenen Bescheids („21.12.2017“ statt 21.11.2017) war der Tenor entsprechend zu berichtigen und klarstellend der Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.10.2018 insoweit abzuändern, als der Bescheid vom 23.06.2010 über die Feststellung eines GdB von 30 hinaus aufgehoben worden ist.

Ermächtigungsgrundlage für die Herabsetzung des Gesamt-GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist, soweit in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt vor, wenn sich durch das Hinzutreten neuer Gesundheitsstörungen oder eine Verschlimmerung der anerkannten Gesundheitsstörungen der Gesundheitszustand des behinderten Menschen verschlechtert oder er sich durch den Wegfall oder einer Besserung bereits anerkannter Gesundheitsstörungen gebessert hat. Von einer wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand ist auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt. Ob dies der Fall ist, ist durch einen Vergleich der für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebenden Befunde mit den jetzt vorliegenden Befunden zu ermitteln.

Für die Ermittlung des GdB gilt folgendes: Rechtsgrundlage ist § 2 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung in Verbindung mit § 69 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung.

Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung stellen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung hierbei nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt.

Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung gilt diese Ermächtigung für die allgemeine – also nicht nur für die medizinische – Bewertung des GdB und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen sowie auch für die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit. Zwar ist von dieser Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden. Indes bestimmt § 159 Abs. 7 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung, dass – soweit eine solche Verordnung nicht erlassen ist – die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und die auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG in der bis zum 30.06.2011 geltenden Fassung beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der ab dem 01.07.2011 geltenden Fassung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten. Mithin ist für die konkrete Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen die ab dem 01.01.2009 an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ (AHP) getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I S. 249), 14.07.2010 (BGBl. I S. 928), 17.12.2010 (BGBl. I S. 2124), 28.10.2011 (BGBl. I S. 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I S. 2122) sowie das Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) geändert worden ist, heranzuziehen. In den VG sind unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden. Diese sind nach den VG, Teil A, Nr. 2 auch für die Feststellung des GdB maßgebend. Die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die Bewertung des GdB auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R –, in juris).

Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in den bis zum 14.01.2015, 29.12.2016 und 31.12.2017 geltenden Fassungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem 2. Schritt sind diese dann den in den VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem 3. Schritt ist dann in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen (BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R –, in juris). Nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. c ist bei der Bildung des Gesamt-GdB in der Regel von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und sodann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. d, von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es danach vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Außerdem sind nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. b bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind.

Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen (BSG, Urteil vom 17.04.201 – B 9 SB 3/12 R –, in juris).

Nach dieser Maßgabe hat das SG zu Recht den Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.10.2018 insoweit abgeändert, als ein GdB von weniger als 30 seit dem 26.11.2017 festgestellt wurde, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 23.06.2010, mit dem der Klägerin ein Gesamt-GdB von 50 zuerkannt worden ist, war lediglich insoweit gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X teilweise aufzuheben, als hierin ein Gesamt-GdB von mehr als 30 seit dem 26.11.2017 festgestellt wurde. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids als letzter maßgeblicher Verwaltungsentscheidung (BSG, Urteile vom 13.08.1997 – 9 RVs 10/96 –; vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96 –; vom 11.08.2015 – B 9 SB 2/15 R –, alle in juris) lag eine wesentliche Änderung als materiell-rechtliche Voraussetzung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor, aufgrund derer der Klägerin ein Gesamt-GdB von 30 und nicht mehr von 50 zustand.

Der ursprünglich zuerkannte GdB von 50 beruhte maßgeblich auf dem im April 2010 entfernten Mammakarzinoms rechts im Tumorstadium (Entlassbericht vom 29.04.2010 der Kreiskliniken R) und der hierfür für 5 Jahre nach Entfernung zuzuerkennenden Heilungsbewährung gemäß den VG, Teil B, Nr. 14.1. Insoweit ist eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten, als die Heilungsbewährung von 5 Jahren für diese Erkrankung im April 2015 rezidivfrei abgelaufen ist. Ein Rezidiv ist, gestützt auf den Befundbericht von G vom 10.12.2015, Onkologie des Uklinikums T, auch in der Folgezeit nicht wieder aufgetreten.

Nach Ablauf der Heilungsbewährung bestimmt sich der GdB nur noch nach den tatsächlich vorhandenen Funktionseinbußen. Gestützt auf die vom SG eingeholte Zeugenaussage der behandelnden J rechtfertigen die noch vorliegenden Gesundheitsstörungen im Bereich der weiblichen Geschlechtsorgane (Verlust der Gebärmutter, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation) aber keinen Einzel-GdB von mehr als 10. Dasselbe gilt für die bei der Klägerin bestehende koronare Herzkrankheit auf der Grundlage der Zeugenaussage des behandelnden M1 vom 21.08.2019 vor dem SG. Die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen Bandscheibenschaden, muskuläre Verspannungen, Wurzelreizerscheinungen sind unter Berücksichtigung insbesondere der im Arztbrief des Neurozentrums R vom 24.05.2019 beschriebenen Myogelosen und der bei der Klägerin bestehenden Veränderung der HWS mit Bandscheibenvorfall HWK 5/6 (Arztbrief der radiologischen Gemeinschaftspraxis M3-R vom 28.03.2019) zusammenfassend mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Auch die Bewertung der nach Eintritt der Heilungsbewährung nunmehr im Vordergrund stehenden seelischen Erkrankung mit einem Einzel-GdB von 20 begegnet keinen Bedenken, wie bereits das SG in der angefochtenen Entscheidung in Übereinstimmung mit der versorgungsmedizinischen Stellungnahme von K3 vom 24.02.2020 zutreffend dargelegt hat. Der Senat sieht daher zur Vermeidung von Wiederholungen von einer eigenen Darstellung ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin weist der Senat darauf hin, dass das SG die Beschwerden auf nervenärztlichem Gebiet zutreffend und entgegen der gutachterlichen Einschätzung von M1 mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet hat.

Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.

Danach ist die Bewertung mit einem Einzel-GdB von 20 nicht zu beanstanden. Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, welche einen Einzel-GdB von wenigstens 30 begründen könnte, liegt bei der Klägerin dagegen nicht vor. Für den hier relevanten Zeitraum ab 21.11.2017 existieren keine ärztlichen Stellungnahmen, die einen höheren Einzel-GdB als 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen der Klä
gerin im Bereich „Gehirn einschließlich Psyche“ rechtfertigen. Der von M1 angenommene Teil-GdB von 40 für die seelische Störung der Klägerin auf der Grundlage insbesondere einer Schlafstörung der Klägerin bei Schichtdienst und Rufbereitschaft entspricht bezugnehmend auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil nicht den Vorgaben der VG, insbesondere nicht des Teils B, Nr. 3.7. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in Vollzeit tätig ist und über einen, vom Gerichtssachverständigen M2 erhobenen geregelten Tagesablauf sowie über inner- und außerfamiliäre soziale Beziehungen verfügt. Eine fachärztliche Behandlung der psychischen Beeinträchtigung findet nicht statt. Mithin besteht keine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen), welche mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten wäre, sondern lediglich eine leichtere psychovegetative bzw. psychische Störung, welche nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 bereits mit dem Höchstwert von einem Teil-GdB 20 bewertet ist.

Eine höhere Bewertung des GdB ergibt sich auch nicht aus dem
im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht des Uniklinikums T vom 16.12.2021. Hiernach konnten sowohl eine ossäre Metastasierung als auch eine floride Arthritis oder höhergradige degenerative Veränderungen als Korrelat für die bei der Klägerin im Bereich „Gehirn einschließlich Psyche“ bzw. bezüglich des Bereichs „Haltungs- und Bewegungsorgane“ bereits berücksichtigten Funktionsbeeinträchtigungen (u.a. Fibromyalgie, VG Teil B 18.4), erfreulicherweise ausgeschlossen werden.

Letztlich steht auch die Bildung des Gesamt-GdB mit 30 im Einklang mit den Vorgaben der VG. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Darlegungen zur Bildung des Gesamt-GdB und ausgehend von den Funktionsbeeinträchtigungen auf seelischem und orthopädischem Gebiet mit einem Einzel-GdB von jeweils 20 erhöht sich der Gesamt-GdB auf dann 30. Die beiden weiteren Einzel-GdB von 10 für die koronare Herzkrankheit und den Verlust der Gebärmutter, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation führen zu keiner weiteren Erhöhung des Gesamt-GdB. Eine Bewertung mit einem Gesamt-GdB von 50 kommt nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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