L 11 KR 540/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KR 284/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 540/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 82/21 B
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 2. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu ¼ zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Wege der Untätigkeitsklage die Bescheidung diverser Anträge und zudem zweier Widersprüche durch die Beklagte.

Der 1971 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert.

Mit Schreiben vom 22. August 2017 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass er an diesem Tag „bezüglich der Unterlagen aufgrund einer mikrobiologischen Untersuchung bezüglich des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse aufgrund des Medikaments Leukonorm zu einer Immunbehandlung bei der Beklagten vorstellig war“ und die gewünschten Unterlagen zugesendet erhalte.

Mit Schreiben vom 7. November 2017 beantragte der Kläger die Übernahme von Kosten für eine Untersuchung bei Dr. N. Mit Schreiben vom 13. November 2017 bestätigte die Beklagte dem Kläger, am 7. November 2017 einen Antrag auf Kostenübernahme bzgl. eines Umweltgutachtens vom 29. August 2017 gestellt zu haben und bat um Übersendung desselben und Darlegung bzgl. der Kosten.

Mit Schreiben vom 10. November 2017 bat der Kläger die Beklagte u.a. um Zahlung der Rechnung des Labor Dr. F über 82,44 € und „weiter Medikaments Leukonom zu eine Immunbehandlung“.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2018 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass dieser an diesem Tag wegen einer Sachstandsanfrage in der Geschäftsstelle T bei ihr vorgesprochen habe.

Am 5. März 2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat ausgeführt, dass er eine Vielzahl von Anträgen bei der Beklagten gestellt habe, die diese nicht innerhalb der Frist von „drei“ Monaten des § 88 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschieden habe. Er habe zudem am 18. Februar 2019 bei der Beklagten einen Antrag für sich und seine Tochter A eingereicht; dieser betreffe die Kostenübernahme zur Klärung der Erkrankungsursachen „Stoffwechsel, Erberkrankung, Gendefekt, Vergiftungen“.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, alle Anträge aus 2002 usw. bis heute, zuletzt ab 22. Februar 2018, 22. August 2017, 7. November 2017 u.a. umgehend zu bescheiden.

Die Beklagte hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass sie das Begehren des Klägers teils nicht nachvollziehen könne. Im Hinblick auf die begehrte Untersuchung bei Dr. N sei am 14. März 2018 ein ablehnender Bescheid ergangen (Verweis auf Senat, L 11 KR 541/19, zwischenzeitlich Urteil vom 16. September 2020).

Mit Schreiben vom 12. April 2018 hat das SG den Kläger aufgefordert, sein Klagevorbringen zu konkretisieren, woraufhin der Kläger eine Vielzahl von Unterlagen übersandt hat. Sein damaliger Prozessbevollmächtigter hat zudem darauf verwiesen, dass auch nach Akteneinsicht nicht erkennbar sei, welche Anträge ab Beginn 2002 gestellt worden seien, so dass eine weitere Konkretisierung nicht möglich sei.

Aus diesen wie aus weiteren Unterlagen, die der Kläger im laufenden Klageverfahren zu den Akten gereicht hat, hat sich im Wesentlichen Folgendes ergeben: Am 23. April 2018 hat der Kläger u.a. an die Beklagte zwei Schreiben mit den jeweiligen Überschriften „Betr: Weiter Antrag für Verletzungen Geld Bewilligung u.a.“ sowie „Betr: weiter Gutachtenkosten Übernahmen u.a. Therapie u.a.“ eingereicht.

Am 26. April 2018 hat der Kläger bei der Beklagten ein Schreiben mit der Überschrift „Kostenübernahme der ärztlichen Behandlung zur Feststellung der Ursache der Erkrankungen und des Zeitpunkts wann die Erkrankung durch toxische Viren, Bakterien, Schimmelpilz und Schwermetalle entstanden ist“ gestellt.

Am 8. Mai 2018 hat der Kläger die Kostenübernahme für ein chirurgisches Gutachten zur Abklärung von Arbeitsunfällen in den Jahren 2000 und 2001 begehrt.

Mit Schreiben vom 25. Juni 2018 hat der Kläger die Übernahme von Kosten für eine Mikroimmuntherapie gewünscht; einen früheren Antrag habe die Beklagte nie bescheiden.

Das SG hat die Beklagte unter dem 5. Februar 2019 zur Stellungnahme aufgefordert, ob folgende Anträge bereits beschieden seien: Antrag vom 22. August 2017 betreffend das Medikament Leukonorm zu einer Immunbehandlung, Antrag vom 23. April 2018 betreffend Gutachtenkosten und Therapiekosten, Antrag vom 10. November 2017 betreffend 82,44 € Rechnung Dr. F, Antrag vom 26. April 2018 betreffend „Kostenübernahme der ärztlichen Behandlung zur Feststellung der Ursache der Erkrankung und des Zeitpunkts, wann die Erkrankungen durch toxische Viren, Bakterien, Schimmelpilz und Schwermetalle entstanden ist“, Antrag vom 8. Mai 2018 Kostenübernahme für ein chirurgisches Gutachten und Antrag vom 25. Juni 2018 auf Kostenübernahme einer Mikroimmuntherapie.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass aus den Schreiben des Klägers in der Regel nicht hervorgehe, was er tatsächlich begehre. Er reiche immer wieder Unterlagen ein, deren Zuordnung zum jeweiligen Sachverhalt kaum bis nicht möglich sei. Nach ihrer Recherche sei am 22. August 2017 kein Antrag auf Kostenübernahme des Arzneimittels Leukonorm gestellt worden. Der Kläger sei an diesem Tag persönlich in der zuständigen Geschäftsstelle gewesen und habe um Übersendung einer Kopie einer nach seinen Angaben am 13. Februar 2006 erfolgten Genehmigung einer Arzneimittelversorgung mit Leukonorm gebeten. Ebenso habe er um Übersendung einer Kopie eines diesbezüglichen Gutachtens des MDK aus dem Jahr 2005 gebeten. Mit Schreiben vom 12./16. September 2017 habe der Kläger erneut um Unterlagenübersendung gebeten. Die gewünschten Unterlagen hätten bei der Beklagten nicht mehr vorgelegen, worüber der Kläger mit Schreiben vom 28. September 2017 informiert worden sei.

Hinsichtlich des Antrags vom 10. November 2017 betreffend die privatärztliche Laborrechnung des Dr. F sei davon auszugehen, dass der Kläger nicht mehr beschwert sei. Die Beklagte habe der Praxis den dort fehlenden Überweisungsschein übersandt. Die Praxis habe mitgeteilt, dass nach Vorlage des Überweisungsscheins die Privatrechnung storniert und anschließend eine Abrechnung als Sachleistung vorgenommen werde.

Das Schreiben vom 23. April 2018 sei kein hinreichend definierter Antrag. Lediglich im Betreff sei die Rede von „Gutachtenkosten Übernahmen u.a. Therapie u.a.“, im Text werde jedoch in keiner Weise auf die Thematik eingegangen.

Der Antrag vom 26. April 2018 sei zuständigkeitshalber an die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft in der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau weitergeleitet worden. Darüber sei der Kläger am 14. Mai 2018 informiert worden.

Der Antrag vom 8. Mai 2018 betreffe ein chirurgisches Gutachten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall. Auch dieser Antrag sei zuständigkeitshalber an die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft unter Information des Klägers am 17. Mai 2018 weitergeleitet worden.

Das Schreiben vom 25. Juni 2018 beziehe sich auf einen in der Vergangenheit gestellten Antrag auf Kostenübernahme einer Mikroimmuntherapie. Es werde nicht angegeben, wann dieser Antrag gestellt worden sei. Gemäß einem beigefügten Schreiben des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages handle es sich um einen Vorgang älteren Datums vor dem 20. Juni 2005, für den bei der Beklagten keine Unterlagen mehr vorliegen würden. Das Schreiben vom 25. Juni 2018 enthalte keinen hinreichend definierten Neuantrag. Es sei zudem am 27. Juni 2018 schriftlich beantwortet und auf die Therapie-, Abrechnungs- und Verordnungshoheit des behandelnden Arztes hingewiesen worden.

Das SG hat den Kläger mit Schreiben vom 15. März 2019 nochmals aufgefordert darzulegen, welche Anträge im Verfahren konkret beschieden werden sollten, worauf der Kläger wiederum diverse Unterlagen vorgelegt hat; darunter auch einen am 24. Mai 2019 erneut gestellten Antrag auf Kostenübernahme der Arzneimittelversorgung mit Leukonorm und auf Erstellung eines „Generalgutachtens“ zur Beurteilung der Ursache seiner Erkrankung unter Bezugnahme auf ein gerichtliches Verfahren und eine Begutachtung aus 2006.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 2. Juli 2019 verurteilt, die klägerischen Anträge vom 10. November 2017, vom 26. April 2018, vom 8. Mai 2018 sowie vom 25. Juni 2018 zu bescheiden. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den ihm am 4. Juli 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat sich der Kläger am selben Tag mit der Berufung gewandt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zudem hat er auf einen Antrag auf Fahrtkostenübernahme aus dem Jahr 2017 verwiesen. Durch seinen Prozessbevollmächtigten macht der Kläger nun Folgendes geltend: Dem Schreiben der Beklagten vom 22. August 2017 sei nicht zu entnehmen, dass der Kläger dort wegen der genannten Unterlagen vorstellig geworden sei, sondern offensichtlich einen neuen Antrag gestellt habe, dessen zeitnahe Bescheidung ihm mit Schreiben vom 22. August 2017 zugesagt worden sei. Dass dies geschehen sei, sei nicht erkennbar.

Die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, dass eine Sachstandsanfrage vom 22. Februar 2018 kein eigenständiger Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes sei, sei nicht zu beanstanden. Dies gelte vorausgesetzt, dass ein eigenständiger Antrag formuliert worden sei. In der Bestätigung vom 22. Februar 2018 sei jedoch ein Schreiben vom 18. November 2017 angesprochen worden, welches nicht aktenkundig sei.

Die Antragstellung vom 23. April 2018 sei über die Betreffzeile erfolgt. Im erstgenannten Fall gehe es offensichtlich um einen Anspruch auf Verletztengeld; im zweiten um Gutachten- und Therapiekosten. Beides sei im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall und den Leistungen der Unfallkasse NRW zu sehen. Sollte die Beklagte darin keinen sachdienlichen Antrag gesehen haben, wäre sie nach § 16 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) gehalten gewesen, auf eine Konkretisierung hinzuwirken oder den Antrag im Falle der Unzuständigkeit unverzüglich an den zuständigen Träger weiterzuleiten, § 16 Abs. 2 SGB I.

Hinsichtlich der Anträge vom 20., 23., und 24. Mai 2019 und Widersprüche vom 23. Mai und 16. September 2019 sei Folgendes festzustellen: Mit Schreiben vom 20. Mai 2019 habe der Kläger die Vorlage von Unterlagen und Informationen zum Medikament Leukonorm begehrt. Zwar sei die begehrte Herausgabe kein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes, die Ablehnung hingegen schon. Gegen diese Ablehnung mit Schreiben vom 21. Mai 2019 habe der Kläger mit Schreiben vom 23. Mai 2019 Widerspruch eingelegt. Dieser sei noch nicht beschieden. Die Klage werde hilfsweise darauf erweitert. Überdies sei in dem Schreiben ein neuer Antrag auf Bewilligung des Medikamentes Leukonorm zu sehen; den Antrag habe der Kläger am 24. Mai 2019 wiederholt. Zutreffend sei wohl die Ansicht der Beklagten, dass sie über die Anträge vom 23. und 24. Mai 2019 mit Schreiben vom 6. August 2019 abschlägig entschieden habe. Hiergegen habe der Kläger aber am 16. September 2019 Widerspruch eingelegt, der bei der Beklagten an diesem Tag eingegangen sei. Der Widerspruch sei nicht beschieden. Auch darauf werde die Klage erweitert.

Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Rahmen eines Teilanerkenntnisses hinsichtlich der Widersprüche des Klägers vom 23. Mai 2019 gegen den Bescheid vom 21. Mai 2019 und vom 16. September 2019 gegen den Bescheid vom 6. August 2019 deren Bescheidung bis zum 31. Oktober 2021 zugesagt hat, beantragt der Kläger,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 2. Juli 2019 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, über die Anträge des Klägers vom 22. August 2017, 7. November 2017, 22. Februar 2017 und 23. April 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zunächst auf die erstinstanzliche Entscheidung und führt zur Berufungsbegründung des Klägers aus: Der Kläger sei wegen der genannten Unterlagen am 22. August 2017 vorstellig geworden. Er habe nicht den Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt. Weitere Unterlagen könnten nicht vorgelegt werden.

Bei dem Schreiben vom 22. Februar 2017 habe es sich nur um eine Sachstandsanfrage gehandelt. Das dort benannte Schreiben vom 18. November 2017 werde vorgelegt. Ein neuer Antrag sei auch daraus nicht erkennbar.

Inhalt des Begehrens vom 20. Mai 2019 sei nicht die Kostenübernahme des Arzneimittels Leukonorm, sondern die Herausgabe von Unterlagen. Hierbei handele es sich nicht um ein Begehren, welches der Entscheidung durch Verwaltungsakt gemäß § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zugänglich sei. Sie habe auf diese Anfrage bereits mit Schreiben vom 21. Mai 2019 geantwortet. Es habe sich darüber hinaus um einen wiederholten Antrag gehandelt, denn der Kläger habe bereits am 22. August 2017 eine identische Anfrage gestellt.

Das Schreiben vom 24. Mai 2019 beziehe sich auf die Kostenübernahme für Leukonorm und ein Generalgutachten. Im erstgenannten Fall stelle das Schreiben des Klägers vom 23. Mai 2019 lediglich eine Reaktion auf ihr Schreiben vom 21. Mai 2019 dar, mit welchem sie mitgeteilt habe, dass keine weiteren Unterlagen aus 2006 und kein Kostenübernahmeantrag vorlägen. Ärztliche Unterlagen oder sonstige leistungsbegründende Unterlagen für eine Kostenübernahme seien nicht vorgelegt worden. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass eine auf den 12. Juli 2019 datierende ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Innere Medizin Dr. G, L, eingereicht worden sei, wonach das Medikament seit 2009 nicht mehr verfügbar und im Fall des Klägers auch nicht zielführend sei. Darüber sei der Kläger am 8. September 2019 informiert worden, der daraufhin mitgeteilt habe, er habe einen Anspruch auf Benennung alternativer Behandlungen durch die Beklagte (Schreiben vom 16. September 2019). Sie habe darauf verwiesen, dass dies nicht möglich sei. Ein Widerspruch dagegen, dass das Arzneimittel Leukonorm bereits mangels Verfügbarkeit nicht übernahmefähig sei, liege nicht vor. Der entsprechende Vorgang werde beigefügt. Im zweitgenannten Fall liege ein schriftlicher Antrag vom 24. Mai 2019 nicht vor. Der Kläger verlange allerdings seit Jahren immer wieder die Kostenübernahme eines Gutachtens über seinen Gesundheitszustand und wiederhole dies sowohl mündlich als auch schriftlich mehrfach und fortlaufend. Nach ihrer Ansicht handele es sich lediglich um eine mündliche erneute Nachfrage im Hinblick auf frühere Anträge und nicht um einen Neuantrag. Zudem sei bereits ein Klageverfahren für ein „Kompetenzgutachten für genetische Erkrankungen“ rechtshängig (Verweis auf SG Köln S 17 KR 3537/18; Senat L 11 KR 544/19). Auch der Antrag vom 26. April 2018 (Verweis auf Senat, L 11 KR 96/20) habe die Kostenübernahme einer ärztlichen Behandlung zur Feststellung der Ursache der Erkrankungen des Klägers und des Zeitpunktes ihres Entstehens zum Gegenstand.

Auch bei dem Schreiben vom 23. April 2019 handele es sich nicht um einen definierten Antrag. Bereits der Betreff „Gutachterkosten Übernahmen u.a. Therapie u.a.“ sei unklar und konkretisiert. Gleiches gelte für den weiteren Antrag „für Verletzungen – Geldbewilligungen u.a.“. Es sei nicht erkennbar, was konkret beschieden werden solle.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe:

I. 1. Gegenstand der Berufung sind die Begehren des Klägers vom 22. August 2017 (betreffend das Medikament Leukonorm zur Immunbehandlung), vom 7. November 2017 (Übernahme von Kosten für eine Untersuchung bei Dr. N), vom 22. Februar 2018 (Sachstandsanfrage in der Geschäftsstelle T der Beklagten), vom 23. April 2018 (zwei Schreiben mit den jeweiligen Überschriften „Betr: Weiter Antrag für Verletzungen Geld Bewilligung u.a.“ sowie „Betr: weiter Gutachtenkosten Übernahmen u.a. Therapie u.a.“), vom 20. Mai 2019 (Begehren bzgl. aller Information über Behandlung mit Medikamenten „Leukonom“ Immunsystem“) und vom 23./24. Mai 2019 (Kostenübernahme der Arzneimittelversorgung mit Leukonom und Generalgutachten zur Beurteilung der Ursache seiner Erkrankung). Soweit der Kläger nach Klageeingang die Untätigkeitsklage diesbezüglich erweitert hat, ist dies aufgrund der rügelosen Einlassung der Beklagten nach § 99 SGG zulässig.

2. a) Das gilt indes nicht für einen durch den Kläger erstinstanzlich erwähnten Antrag vom 18. Februar 2019 für sich und seine Tochter Leonida (Kostenübernahme zur Klärung der Erkrankungsursachen „Stoffwechsel, Erberkrankung, Gendefekt, Vergiftungen“). Seinem diesbezüglichen Vortrag kann bereits nicht der prozessual deutlich zu erkennen zu gebende Wille einer Klageerweiterung i.S.d. § 99 SGG entnommen werden. Auch die den Kläger erst- wie zweitinstanzlich vertretenden Rechtsanwälte haben diesen Aspekt zu keiner Zeit aufgegriffen und auch nicht mehr zum Gegenstand des klägerischen Berufungsantrags gemacht. Gleiches gilt für die im Berufungsverfahren durch den Kläger erwähnte Untätigkeit der Beklagten bzgl. einer im Jahr 2017 beantragten Fahrtkostenübernahme in Höhe von 200,00 €; auch diese wurde jedenfalls danach nicht mehr aufgegriffen und insbesondere in der mündlichen Verhandlung nicht weiterverfolgt.

b) Nicht streitgegenständlich sind zudem die Anträge des Klägers vom 10. November 2017 (Kosten Dr. F 82,44 €), vom 26. April 2018 (Kostenübernahme der ärztlichen Behandlung zur Feststellung der Ursache der Erkrankungen und des Zeitpunkts, wann die Erkrankung durch toxische Viren, Bakterien, Schimmelpilz und Schwermetalle entstanden ist), vom 8. Mai 2018 (Kostenübernahme für ein chirurgisches Gutachten zur Abklärung von Arbeitsunfällen in den Jahren 2000 und 2001) und vom 25. Juni 2018 (Übernahme von Kosten für eine in der Vergangenheit erfolgte Mikroimmuntherapie), denn diesbezüglich hat das SG die Beklagte zur Bescheidung verurteilt, ohne dass diese sich dagegen mit der Berufung gewandt hätte.

c) Nach dem durch den klägerischen Prozessbevollmächtigten angenommenen Teilanerkenntnis der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung sind die – im Wege der zulässigen Erweiterung des Streitgegenstandes nach §§ 153, 99 SGG ursprünglich – streitbefangenen Widersprüche des Klägers vom 23. Mai 2019 gegen den Bescheid vom 21. Mai 2019 und vom 16. September 2019 gegen den Bescheid vom 6. August 2019 nicht mehr rechtshängig.

II. Die am 4. Juli 2019 schriftlich eingelegte Berufung des Klägers gegen dem ihm am selben Tag zugestellten Gerichtsbescheid des SG Köln vom 2. Juli 2019 ist zulässig, insbesondere aufgrund gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).

III. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet, denn das SG hat die Untätigkeitsklagen – soweit sie noch streitbefangen sind – zu Recht abgewiesen.

Die Untätigkeitsklage ist unzulässig. Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, kann nach Maßgabe des § 88 Abs. 1 SGG nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes Untätigkeitsklage erhoben werden (§ 88 Abs. 1 Satz 1 SGG).

1. Hinsichtlich der Begehren vom 22. August 2017, 22. Februar 2017 und 23. April 2018 fehlt es bereits an einem konkreten Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaltes.

Der Kläger muss einen solchen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes stellen. Es muss insofern der Erlass eines Verwaltungsakts, also nicht eine sonstige Amtshandlung begehrt werden. Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ist jede Erklärung, mit der die Gewährung einer bestimmten Sozialleistung in Form einer behördlichen, einzelfallbezogenen Regelung im Sinne des § 31 SGB X begehrt wird. Gegebenenfalls ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine bestimmte Erklärung einen Antrag beinhaltet; maßgeblich ist, wie eine verständige Behörde das Vorbringen des Klägers verstehen kann und muss. Vage Äußerungen reichen dabei nicht aus, erforderlich ist, dass ein „konkretes, unmissverständliches Leistungsverlangen“ zum Ausdruck gebracht wird (Claus in: jurisPK-SGG, 1. Auflage, § 88 Rn. 12).

a) Bezüglich des Begehrens vom 22. August 2017 liegt ein Schreiben des Klägers vom 22. August 2017 bei der Beklagten vor. Darin bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass er bezüglich der Herausgabe eines MDK-Gutachtens und Unterlagen hinsichtlich der Behandlung mit dem Medikament Leukonorm bei der Beklagten vorstellig geworden ist. Das Begehren des Klägers richtet sich damit nicht auf die Erteilung eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 SGB X, sondern auf die tatsächliche Herausgabe von Unterlagen aus den Jahren 2005 und 2006. Anderweitiges konnte der Prozessbevollmächtigte auf Befragen des Senats in der mündlichen Verhandlung das klägerische Begehren nicht konkretisieren.

b) Bei dem Begehren vom 22. Februar 2018 handelt es sich nicht um den Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern lediglich um eine Sachstandsanfrage. Auch nach Vorlage des in Bezug genommenen Schreiben vom 18. November 2017 kann der Senat diesem Schriftverkehr kein Antragsbegehren i.S.d. § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG entnehmen.

c) Das Schreiben vom 23. April 2018 stellt gleichfalls keinen hinreichend konkret gestellten Antrag im Sinne der o.g. Grundsätze dar. Zwar sprechen die Betreffzeilen (Betr: Weiter Antrag für Verletzungen Geld Bewilligung u.a.“ sowie „Betr: weiter Gutachtenkosten Übernahmen u.a. Therapie u.a.“) für ein grundsätzliches Antragsbegehren des Klägers. Allerdings kann auch diesen nicht der Gegenstand des begehrten Verwaltungsaktes entnommen werden. Das gilt auch eingedenk des Umstandes, dass die Beklagte grundsätzlich dazu gehalten ist, den Inhalt eines Antrages von Amts wegen zu ermitteln, so er sich als zu unkonkret ergibt. Vorliegend sind jedenfalls sowohl sämtliche Versuche des SG als auch des Senats noch in der mündlichen Verhandlung, eine Konkretisierung herbeizuführen, gescheitert.

2. Dem Antrag vom 7. November 2017 fehlt es demgegenüber an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage setzt – wie auch eine sonstige Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes – ein solches voraus (vgl. zum Erfordernis des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis für eine Inanspruchnahme des Gerichts Rennert in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, Vor §§ 40-52, Rn. 11 unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG], BVerfGE 61, 126, 135). Das Rechtsschutzbedürfnis ist u.a. nicht gegeben, wenn ein gerichtliches Verfahren für den Kläger wertlos ist, weil ein Erfolg des gerichtlichen Verfahrens die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern würde (Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 18. Juli 1989, 4 N 3.87; BVerwG, Beschluss vom 22. September 1995, 4 NB 18.95; BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2008, 4 BN 13.08, Senat, Urteil vom 22. Mai 2019, L 11 KR 649/18; Senat, Beschluss vom 18. Juli 2019, L 11 KR 106/17).

Das ist hier der Fall, denn den Antrag vom 7. November 2017 hat die Beklagte bereits beschieden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG. Die Quotelung berücksichtigt das Teilanerkenntnis der Beklagten.

Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

 

Rechtskraft
Aus
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