L 11 KR 3272/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3039/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3272/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Der Rückkaufswert einer privaten Lebensversicherung ist keine beitragspflichtige Einnahme iSd § 240 SGB V. (Der Senat hat die Revision zugelassen)

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.03.2022 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 18.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2020 sowie der Bescheid vom 18.01.2021 insoweit abgeändert, als Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit ab 01.10.2020 bis zum 31.05.2021 unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens in Höhe von 346,81 € festgesetzt wurden.

Die Beklagten tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen
.



Tatbestand

Streitig ist, ob der Rückkaufswert einer privaten Rentenversicherung zu verbeitragen ist.

Der 1959 geborene Kläger ist hauptberuflich selbständig und seit dem 01.08.2019 bei der Beklagten zu 1 freiwillig krankenversichert sowie bei der Beklagten zu 2 pflegeversichert. Nachdem er aus einer Erbschaft 45.000 € erhalten hatte, schloss er im März 2018 bei der A-AG einen Vertrag über eine Privatsofortrente ab, zahlte den Betrag von 45.000 € einmalig zum 01.04.2018 ein und bezog im Gegenzug ab dem 01.05.2018 eine Sofortrente in Höhe von monatlich 148,02 €. 

Mit Bescheid vom 24.06.2020 setzte die Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 die zu entrichtenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vorläufig unter Heranziehung der privaten Rente für die Zeit ab dem 01.08.2019 neu fest (zusätzlich zu den Beiträgen aus dem sonstigen Einkommen nunmehr noch 21,61 € KV-Beitrag, 4,51 € PV-Beitrag aus der Privatrente iHv 148,02 €).

Um diese Verbeitragung zu vermeiden, kündigte der Kläger den Vertrag mit der A zum 31.08.2020 und ließ sich die Leistung einschließlich Überschussbeteiligung iHv 41.618,16 € am 01.09.2020 auszahlen. Die Beklagte zu 1 setzte daraufhin mit Bescheid vom 18.09.2020 (Bl 35 V-Akte) auch im Namen der Beklagten zu 2 die zu entrichtenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Aufhebung des bisherigen Beitragsbescheides ab dem 01.09.2020 vorläufig neu fest. Für den Monat September 2020 erfolgte die Beitragsfestsetzung noch ohne Berücksichtigung der Privatrente. Dagegen zog die Beklagte ab dem 01.10.2020 neben dem Arbeitseinkommen (monatlich 1.876,33 €) und sonstigen Kapitaleinkünften (monatlich 9,33 €) auch 1/120 des Zahlbetrages der dem Kläger von der A ausgezahlten Leistung für 120 Monate (monatlich 346,81 €) zur Beitragsbemessung heran. Hieraus ergab sich monatlich ein zusätzlicher Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 50,63 € und zur Pflegeversicherung in Höhe von 10,58 €. Außerdem wurde der Zusatzbeitrag (1,0 %) aus dem Gesamtbetrag von 2.232,47 € (1.876,33 € + 9,33 € + 346,81 €) erhoben. Zur Begründung führte die Beklagte zu 1 ua aus, laut Schreiben der A vom 13.08.2020 habe der Kläger seine Sofortrente zum 31.08.2020 gekündigt und erhalte daraus eine einmalige Kapitalleistung zum 01.09.2020 von 41.618,16 €. Für die Zuordnung von einmaligen Kapitalauszahlungen sei § 5 Abs 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) maßgeblich. Folglich sei die Kapitalleistung vom Zeitpunkt des auf die Auszahlung (hier:01.09.2020) folgenden Monats (ab 01.10.2020) dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem 1/120 des Zahlbetrags der Leistung für 120 Monate (10 Jahre) zuzuordnen.

Hiergegen legte der Kläger am 23.09.2020 Widerspruch ein mit der Begründung, er habe die Zahlung als Rückkaufswert erhalten. Dieser bestehe zu 98 % aus den in den Vertrag eingebrachten Erbschaftsgeldern. Hierbei handele es sich nicht um eine Leistung des Versicherers. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2020 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1 den Widerspruch auch im Namen der Beklagten zu 2 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 09.12.2020 Klage beim Sozialgericht Ulm (S 5 KR 3039/20) erhoben unter Verweis auf die bisherige Begründung. Die Beklagte hat erwidert, es spiele keine Rolle, woher der vom Kläger eingezahlte Einmalbetrag in die private Rentenversicherung gekommen sei. Tatsache sei, dass er eine private Rentenversicherung bei der A abgeschlossen habe. Es sei auch unerheblich, dass der Vertrag gekündigt worden sei. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in verschiedenen Urteilen ausdrücklich bestätigt, dass Leistungen aus einer privaten Rentenversicherung mit ihrem Zahlbetrag zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehörten. Mit Urteil vom 25.04.2012 (B 12 KR 26/10 R) habe das BSG auch bestätigt, dass der Rückkaufswert bei einer Leistung aus betrieblicher Altersvorsorge eines Arbeitnehmers der Beitragspflicht unterliege.

Mit Urteil vom 25.03.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagten hätten die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.10.2020 in rechtmäßiger Höhe vorgenommen. Auch die zur Auszahlung gelangte Sofortrente sei bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der GKV einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt; dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige und bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds herangezogen würden, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen seien. Diesem Regelungsauftrag sei der Spitzenverband durch Erlass der BeitrVerfGrsSz nachgekommen. Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BeitrVerfGrsSz würden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, wobei die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen habe. Als beitragspflichtige Einnahmen seien das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz). Vorliegend sei bis September 2020 der Zahlbetrag der Sofortrente der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Denn die Sofortrente habe zum Verbrauch für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden und habe daher wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iSv § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V geprägt. Soweit der Kläger nun nach Auszahlung meine, die Kapitalzahlung aus seiner privaten Rentenversicherung dürfe nicht als beitragspflichtige Einnahme berücksichtigt werden, weil sie weder den Einkünften aus Renten noch aus Versorgungsbezügen oder befreienden Lebensversicherungen (§ 5 Abs. 4 BeitrVerfGrsSz) vergleichbar sei, verkenne er, dass nach §§ 240, 3 Abs 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz auch sonstige, diesen Einnahmearten nicht vergleichbare Einnahmen für die Beitragsbemessung berücksichtigt werden könnten. Entgegen seiner Auffassung schlössen weder die Auszahlung der Versicherung als Kapitalbetrag anstatt der ursprünglich vereinbarten Rente noch die vom Versicherten vorgetragene Herkunft dieses Kapitalbetrags (Erbschaft) dessen Berücksichtigung als beitragspflichtige Einnahme aus. Allein durch eine Entscheidung des Klägers, sich eine der Verbeitragung unterliegende Rentenzahlung in einem Betrag auszahlen zu lassen, werde dieser nicht der Kranken- und Pflegeversicherung entzogen. Zutreffend hätten die Beklagten den Betrag der ausgezahlten Kapitalleistung aus der privaten Rentenversicherung auf 120 Monate verteilt und für die Zeit nach der Auszahlung ab dem 01.10.2020 monatlich 346,81 € der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Als nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, die keinem abgegrenzten Zeitraum zuzuordnen sei, sei der ausgezahlte Betrag aus der privaten Rentenversicherung gemäß § 5 Abs 4 BeitrVerfGrsSz mit monatlich 1/120 zu berücksichtigen. An der Rechtmäßigkeit einer solchen Regelung bestünden - ebenso wie im Hinblick auf die entsprechende Vorschrift des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB - keine Zweifel.

Am 18.01.2021 erging ein weiterer Beitragsbescheid für die Zeit ab 01.01.2021, worin wie zuvor auch Beiträge aus einem Einkommen iHv 346,81 € erhoben wurden (zur Krankenversicherung iHv 50,63 €, zur PV iHv 10,58 €).

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 23.06.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.06.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt (L 11 KR 1850/22). Nachdem sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 08.11.2022 herausgestellt hatte, dass das Versicherungsverhältnis bei den Beklagten bereits zum 31.05.2021 geendet hatte und wegen somit nur in Höhe von 522,64 € streitiger Beiträge die Berufungssumme nicht erreicht war, hat der Kläger die Berufung zurückgenommen. Gleichzeitig hat er Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht (L 11 KR 3242/22 NZB), der vom Senat stattgegeben worden ist (Beschluss vom 24.11.2022). Das Berufungsverfahren ist nun unter dem Aktenzeichen L 11 KR 3272/22 fortgeführt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.03.2022 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 18.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2020 sowie den Bescheid vom 18.01.2022 insoweit aufzuheben, als Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit ab 01.10.2020 unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens in Höhe von 346,81 € festgesetzt worden sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie haben sich der Auffassung des SG angeschlossen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg.

Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, ist zulässig, insbesondere gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden, sowie - nachdem der Senat diese wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat - statthaft (§§ 143, 144 Abs 2, 145 Abs 5 SGG). Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 18.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2020, worin die Beklagte mit Wirkung zum 01.10.2020 monatliche Einnahmen in Höhe von zusätzlichen 346,81 € zur Beitragsbemessung herangezogen hat. Gemäß § 96 SGG ist auch der Bescheid vom 18.01.2021 Gegenstand des Verfahrens geworden. Hiergegen wendet sich der Kläger zutreffend mit der Anfechtungsklage. Nicht Gegenstand ist die Verbeitragung der Asofortrente bis zum Zeitpunkt der Kündigung, diese Verbeitragung hat der Kläger ausweislich seines ausdrücklichen Antrags bereits vor dem SG nicht mehr angegriffen.

Die Berufung ist auch begründet. Die Verbeitragung des Rückkaufswertes der Lebensversicherung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Das SG hat im angefochtenen Urteil die gesetzlichen Grundlagen für die Heranziehung von Einnahmen bei der Beitragsbemessung von freiwilligen Mitgliedern im Einzelnen zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt hierauf Bezug und sieht von einer wiederholenden Darstellung ab. Allerdings wird der Rückkaufswert einer gekündigten privaten Lebensversicherung nicht von § 240 Abs 1 SGB V iVm §§ 2 Abs 1, 3 Abs 1 BeitrVerfGrsSz erfasst. Nach § 2 Abs 1 BeitrVerfGrsSz werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen. Die Beitragsbemessung hat dabei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen. § 3 Abs 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz bestimmt als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, den Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, den Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Hiernach besteht kein Zweifel daran, dass ein monatlicher Zahlbetrag einer durch eine Einmalleistung erworbenen Sofortrente zu den beitragspflichtigen Einnahmen iS des § 3 Abs 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz gehört (hierzu ausführlich BSG 10.10.2017, B 12 KR 1/16 R und B 12 KR 16/16 R, beide in juris), denn eine solche steht dem Versicherten zum Verbrauch für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung und prägt daher wesentlich seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iSd § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V. Sie befriedigt den allgemeinen laufenden Lebensbedarf über einen längeren Zeitraum (BSG aaO). Demgegenüber besteht keine Beitragspflicht, wenn ein Versicherter sein Vermögen nicht in eine Versicherung einzahlt, sondern sukzessive verbraucht, denn Vermögen als solches wird von der Beitragspflicht nicht erfasst.

Um Vermögen und nicht um eine Einnahme handelt es sich auch bei dem Rückkaufswert einer privaten Rentenversicherung. Es muss sich bei der Zahlung aus einer privaten Rentenversicherung, die der Beitragspflicht unterworfen werden soll, um eine Rentenleistung handeln, sei es in Form einer regelmäßig wiederkehrenden Leistung oder als Einmalzahlung (vgl hierzu BSG 10.10.2017, B 12 KR 16/16 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 32, SozR 4-1100 Art 3 Nr 86). Der Rückkaufswert einer privaten Versicherung ist keine solche Rentenleistung. Kommt es - wie hier - zur Auflösung des Versicherungsverhältnisses nach § 169 Abs 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), so hat der Versicherungsnehmer (hier: der Kläger) keinen Anspruch mehr auf Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme oder Rente, ihm wird stattdessen das individuelle Deckungskapital seiner Versicherung ausgezahlt, modifiziert nach § 169 Abs 3, 5 bis 7 VVG. Das (vertraglich vereinbarte oder gesetzliche) Recht auf das Deckungskapital schließt den Anspruch auf die Versicherungssumme aus (vgl Winter in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2013, § 169 Rückkaufswert, Rn 34). Leistungen aus einer privaten Rentenversicherung sind auch keine sonstigen Einkünfte iSd § 20 Nr 5 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Rückkaufswert aus einer privaten Rentenversicherung ist nur in Höhe des Ertragsanteils als Einkommen aus Kapitalvermögen zu versteuern (§ 20 Abs 1 Nr 6 EStG). Ob und in welchem Umfang ggf ein zu versteuernder Ertragsanteil zu verbeitragen ist, bedarf im vorliegenden Verfahren jedoch keiner Entscheidung, da die Beklagte insoweit eine Verbeitragung als Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht vorgenommen hat (vgl § 3 Abs 1b, § 5 Abs 2 BeitrVerfGrsSz), sondern als Rentenabfindung (vgl § 4 Nr 2, § 5 Abs 4 BeitrVerfGrsSz). Eine Rentenabfindung iSd § 5 Abs 4 BeitrVerfGrsSz, die wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gezahlt wird, liegt hier - wie dargelegt - nicht vor.

Im Ergebnis ist die Kündigung einer privaten (Renten-)Versicherung mit anschließender Inanspruchnahme des Rückkaufswertes vergleichbar mit dem Verkauf anderer Vermögenswerte. Verkaufte zB ein freiwillig Versicherter ein Mietshaus, aus dessen Mieteinnahmen er zuvor Beiträge abführen musste, würde der Verkaufserlös des Hauses (ggf abgesehen vom Spekulationsgewinn innerhalb der 10-Jahres-Frist, § 22 Nr 2, § 23 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EstG) ebenfalls nicht verbeitragt. Es ist kein Grund ersichtlich, warum eine Kündigung einer Versicherung anders zu behandeln sein sollte.
Aus dem Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des BSG vom 25.04.2012 (B 12 KR 26/19 R, juris) ergibt sich nichts anderes. Darin hat das BSG im Zusammenhang mit § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V entschieden, dass im Falle einer Direktversicherung eine vorzeitige Auszahlung einer Ablösungsvergütung vor Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles einer Verbeitragung nicht entgegensteht. Hierzu hatte das BSG dargelegt, bei einer Ablösungsvergütung handele es sich betriebsrentenrechtlich um eine Abfindung einer im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden unverfallbaren Anwartschaft auf Direktversicherungsleistungen in einem Einmalbetrag (§ 3 BetrAVG). Sie stelle eine Entschädigung für die Aufgabe der Anwartschaft durch den Arbeitnehmer dar. Bei einer als Direktversicherung durchgeführten betrieblichen Altersversorgung entspreche der Abfindungsbetrag seiner Höhe nach dem Wert der unverfallbaren Anwartschaft bei deren Übertragung, der seinerseits durch das gebildete Kapital repräsentiert werde (§ 3 Abs 5, § 4 Abs 5 Satz 2 BetrAVG) und der wie bei der Ermittlung des Umfangs des Verfügungsverbots (§ 2 Abs 2 Satz 4 BetrAVG) berechnet werde (vgl BSG aaO). § 229 SGB V Abs 1 Satz 3 SGB V verfolge den Zweck, kapitalisierte Versorgungsleistungen für die Beitragspflicht möglichst lückenlos zu erfassen. Die Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft auf Leistungen aus einer Direktversicherung sei ihrem Wesen nach eine kapitalisierte betriebliche Versorgungsleistung. Sie habe ihren Ursprung in einer Zusage von Direktversicherungsleistungen, sei ebenso wie die eigentliche Versicherungsleistung vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden und erhöhe wie jene die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten. Abfindungsleistung und Versicherungsleistung unterschieden sich also lediglich dadurch, dass die Abfindungsleistung vor Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalles, die Versicherungsleistung nach dessen Eintritt ausbezahlt werde. Die Entscheidung des BSG betrifft zum einen die Zahlung einer Abfindung und nicht die Auszahlung des Rückkaufswerts und zum anderen eine zur betrieblichen Altersversorgung zählende Direktversicherung und keine private Rentenversicherung. Auch die Beklagte macht nicht geltend, dass der Rückkaufswert im vorliegenden Fall ein Versorgungsbezug iSd § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision zugelassen.


 

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