L 1 KR 228/18

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 KR 296/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 228/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die Berufung des beigeladenen Leistungserbringers gegen ein Urteil, das die Klage des Versicherten auf Gewährung von Leistungen abweist, ist unzulässig.

2. Ein Anspruch auf Kostenerstattung oder Kostenfreistellung setzt eine schuldrechtliche Verpflichtung des Versicherten gegenüber dem Leistungserbringer (sog. Sekundärhaftung) voraus.

3. Eine stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, die nach ihrem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet ist, bei der ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich werden, war nach dem bis zum 31.12.2016 geltenden Recht kein geeigneter Ort im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

4. Ein in erster Instanz kostenfreies Verfahren kann im Rechtsmittelverfahren kostenpflichtig sein.

Bemerkung

Zulässigkeit der Berufung eines beigeladenen Leistungserbringers

   
   
 

 

      1. Die Berufung der Beigeladenen zu 2 gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 28. März 2018 wird verworfen.
      2. Die Beigeladene zu 2 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1, die dieser selbst trägt.
      3. Die Revision wird nicht zugelassen.
      4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 47.637,60 € festgesetzt.

 

 

 

T a t b e s t a n d

 

Im Streit stehen Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form der 24-h-Krankenbeobachtung im Zeitraum vom 16.05.2013 bis 31.12.2013.

 

Die 1993 geborene Klägerin ist von Geburt an als Folge einer Alkoholembryopathie schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100, Merkzeichen "G", "aG" und "H"). Neben einer geistigen Retardierung und autoaggressivem Verhalten leidet sie u.a. an einer zerebralen Bewegungsstörung, einer Hüftluxation und einer Blasenentleerungsstörung; zudem besteht eine Schluckstörung und eine PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie) ist angelegt. Die Klägerin war seit ihrer Geburt ununterbrochen in stationären Wohnformen untergebracht. Seit Juli 2012 lebt sie in einer stationären Einrichtung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (Wohnstätte Y.... in A...., Städtischer Eigenbetrieb Behindertenhilfe [SEB]), deren Trägerin die Beigeladene zu 2 ist. Die Kosten hierfür trägt der Beigeladene zu 1 als Leistung der Eingliederungshilfe. Ausweislich der Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung (a.F.) handelt es sich bei der Wohnstätte Y.... um eine Einrichtung für erwachsene Menschen mit geistiger / Mehrfachbehinderung i.S.v. § 53 SGB XII a.F. und der Eingliederungshilfeverordnung mit unterschiedlichem Hilfebedarf. Ursprünglich erbrachte die Beigeladene zu 2 dort – neben allgemeinen Maßnahmen der Hilfe und Betreuung – soweit notwendig auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Im Laufe des Jahres 2012 erfolgte nach den Angaben der Beigeladenen zu 2 eine "Umstellung" auf ein "neues System", wonach die medizinische Behandlungspflege auf "den ambulanten Pflegedienst des SEB übertragen" wurde. Während die Leistungsvereinbarung hinsichtlich Leistungstyp und Zielgruppe unverändert blieb, wurde die Vergütungsvereinbarung dahingehend geändert, dass Leistungen der Behandlungspflege nicht mehr Bestandteil der Vergütung seien (Vereinbarung vom 01.04.2012). Derartige Leistungen seien gegenüber dem zuständigen Kostenträger gesondert geltend zu machen. Mit Wirkung vom 01.01.2013 wurde der mit der Klägerin geschlossene Wohn- und Betreuungsvertrag geändert. § 8 des Vertrags bestimmt nunmehr: "Vorbehaltlich der Regelung mit dem Sozialhilfeträger (die Behandlungspflege ist nicht Bestandteil der Leistungsvergütungen mit dem KSV Sachsen – da diese Leistungen gemäß § 37 SGB V in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkasse fällt), werden die Leistungen der Behandlungspflege durch die Einrichtung organisiert und sichergestellt, sofern die Krankenkasse hier eine Kostenübernahmeerklärung erteilt hat (ggf. über Pflegedienst). Die reine Absicherung einer oralen Medikation (Arzneimittelgabe als Behandlungspflege) nach Verordnungsvorlagen durch den behandelnden Arzt, werden im Rahmen der Grundleistung durch die Einrichtung erbracht."

 

Am 28.05.2013 verordnete die behandelnde Ärztin der Klägerin für die Zeit vom 16.05.2013 bis 31.12.2013 häusliche Krankenpflege, die (u.a.) als sonstige Maßnahme der Behandlungspflege die "24 h Überwachung der Vitalfunktion" umfassen sollte.

 

Den am 18.06.2013 beim Beigeladenen zu 1 gestellten Antrag auf Genehmigung häuslicher Krankenpflege in Form von Krankenbeobachtung im Umfang von 24 Stunden täglich leitete dieser am 20.06.2013 an die beklagte Krankenkasse als seiner Ansicht nach zuständige Leistungsträgerin weiter.

 

Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 15.07.2013). Die Wohnstätte, in der die Klägerin lebe, sei keine "geeigneter Ort" im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

 

Hiergegen wandte sich die Klägerin im Wege des Widerspruchs und beantragte zudem die Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes. Mit Beschluss vom 10.10.2013 verpflichtete das Sozialgericht (SG) Leipzig die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, der Klägerin für die Zeit vom 23.08.2013 bis 31.12.2013 vorläufig Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form der speziellen Krankenbeobachtung im Umfang von 24 Stunden täglich zu gewähren. Die gegen den Beschluss des SG gerichtete Beschwerde blieb erfolglos (Senatsbeschluss vom 22.01.2014).

 

Ein im Widerspruchsverfahren erstelltes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) kam zu dem Ergebnis, dass die beantragte 24-h-Krankenbeobachtung medizinisch nicht notwendig sei (MDK-Gutachten vom 25.10.2013). Zwar bestehe – bei schwerst geistiger Behinderung und teilweise autoaggressivem Verhalten – ein hoher allgemeiner Betreuungsaufwand und auch ein Bedarf an regelmäßigen behandlungspflegerischen Maßnahmen (z.B. Verbandswechsel, Wundversorgung, PEG-Versorgung). Die Voraussetzungen für eine spezielle Krankenbeobachtung nach Nr. 24 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Häusliche Krankenpflege-Richtlinie – HKP-RL) seien jedoch nicht erfüllt. Der beigezogenen Pflegedokumentation seien lebensbedrohliche Situationen oder die Notwendigkeit von Notarzteinsätzen nicht zu entnehmen. Ein weiteres Gutachten des MDK bestätigte – unter Berücksichtigung einer nachgereichten Stellungnahme der behandelnden Ärztin und Auswertung einer Verlaufsdokumentation der Wohnstätte für den Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.12.2013 – die getroffene Einschätzung (MDK-Gutachten vom 06.02.2014). Insbesondere sei der vorgelegten Verlaufsdokumentation nicht zu entnehmen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische bzw. ärztliche Interventionen bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich seien. Sicherlich bestehe die Notwendigkeit allgemeiner Krankenbeobachtung, nicht jedoch einer speziellen Krankenbeobachtung im Sinne von Nr. 24 HKP-RL. Zu Notarzteinsätzen sei es nicht gekommen; auch sei die nach der HKP-RL erforderliche laufende Information der behandelnden Ärztin über Veränderungen der Vitalzeichen nicht dokumentiert. Gleiches gelte im Hinblick auf die Frage einer adäquaten medikamentösen Behandlung der die klinische Symptomatik mit Erbrechen und Verschlucken auslösenden psychomotorischen Erregungszustände.

 

Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 07.08.2014).

 

Die Klägerin hat am 05.09.2014 Klage zum SG Leipzig erhoben. Sie habe Anspruch auf die beantragte Leistung. Wohnstätten der Eingliederungshilfe seien geeignete Orte zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Die verordnete Leistung sei zudem medizinisch erforderlich und notwendig. Dies werde sowohl durch die behandelnde Ärztin als auch durch das Personal der Wohnstätte bestätigt. Aufgrund des autoaggressiven Verhaltens bestehe stets die Gefahr des Herausreißens der PEG-Sonde, was die Notwendigkeit einer sofortigen Intervention nach sich ziehe. Denn infolge dieses Vorgangs könnten jederzeit lebensbedrohliche Zustände (größere Blutungen in den Bauchraum, Eindringen von multiresistenten Keimen) eintreten. Zudem bestehe aufgrund der Schluckstörung und der Neigung zum regelmäßigen Erbrechen eine hohe Aspirationsgefahr. Sie begehre die Freistellung von den Kosten der Krankenbeobachtung im Zeitraum vom 16.05.2013 bis 31.12.2013 in Höhe von 47.637,60 € gemäß (Gesamt-)Rechnung vom 29.10.2016, hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten, ihr für den vorbenannten Zeitraum Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form der Krankenbeobachtung zu bewilligen.

 

Mit Urteil vom 28.03.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage für das Begehren sei § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V, welcher nicht nur Erstattungs-, sondern auch Freistellungsbegehren umfasse. Ein Sachleistungsanspruch scheide dagegen – im Hinblick darauf, dass der Leistungszeitraum in der Vergangenheit liege – aus. Dem Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V stehe allerdings entgegen, dass die Klägerin keiner wirksamen Kostenforderung des Pflegedienstes ausgesetzt sei. Erforderlich sei insoweit zumindest eine sog. Sekundärhaftung, an welcher es fehle, wenn die Kostenvereinbarung mit dem Leistungserbringer so ausgestaltet sei, dass der Versicherte auf keinen Fall in Anspruch genommen werden könne (Verweis auf Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2017 – L 11 KR 2703/16 – juris Rn. 32 f.). Die bloße Inanspruchnahme des Leistungserbringers genüge zur Begründung einer Honorarforderung nicht. Eine Zahlungspflicht des Versicherten gegenüber dem Leistungserbringer folge auch nicht schon aus dem Umstand, dass die Krankenkasse die Bezahlung der Rechnung verweigere (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17.03.2005 – B 3 KR 35/04 R – juris). Erforderlich sei vielmehr stets eine wirksame (bürgerlich-rechtliche) Verpflichtung, die in Anspruch genommenen Leistungen zu bezahlen (Verweis auf BSG, Beschluss vom 01.12.2011 – B 3 KR 17/11 B – juris Rn. 6). Daran fehle es hier. Eine Vereinbarung zur Kostenübernahme durch die Versicherte für den Fall der Leistungsablehnung durch die Krankenkasse liege nicht vor. Insbesondere folge eine solche auch nicht aus dem bloßen Umstand, dass ein Versicherter Leistungen in Anspruch genommen habe und die Krankenkasse sich weigere, diese zu bezahlen. Der Versicherte sei nicht gleichsam Ausfallbürge für die Verpflichtung der Krankenkasse. Er habe einen Erstattungs-/Befreiungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nur, wenn er sich im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrags verpflichtet habe, im Falle der Leistungsverweigerung durch die Krankenkasse die in Anspruch genommenen Leistungen zu begleichen. Auch ein Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V scheitere daran, dass nur die Erstattung "entstandener Kosten" beansprucht werden könne. Entsprechendes gelte für Ansprüche nach §§ 53, 54 SGB XII a.F. Auch hier sei Voraussetzung, dass der Hilfebedürftige auf der Grundlage eines im zivilrechtlichen Erfüllungsverhältnis geschlossenen Vertrages vom Leistungserbringer tatsächlich in Anspruch genommen werde. Ansprüche unmittelbar aus der HKP-RL (§ 6 Abs. 6) scheiterten daran, dass die dort genannten Fristen nicht eingehalten seien.

 

Gegen das ihr am 18.04.2018 zugestellte Urteil des SG richtet sich die Berufung der Beigeladenen zu 2 vom 09.05.2018.

 

Sie verweist darauf, dass sie nur im Falle einer Genehmigung der ärztlichen Verordnung durch die Krankenkasse zur direkten Abrechnung mit der Krankenkasse berechtigt sei (§ 6 Abs. 1 HKP-RL, § 1 der Vereinbarung über die Vergütung häuslicher Krankenpflege, Häuslicher Pflege und Haushaltshilfe nach §§ 132, 132a SGB V). Durch die Bewilligung der Verordnung würde diese Rückwirkung erhalten und die im Verhältnis zwischen Versicherter und Krankenkasse rechtsgrundlos erbrachte Leistung rückwirkend mit einem Rechtsgrund versehen. Entgegen der Auffassung des SG bedürfe es einer Sekundärhaftung des Versicherten nicht. Im Dreiecksverhältnis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei lediglich ein Auftragsverhältnis zwischen Leistungserbringer und Versicherten erforderlich (Verweis auf BSG, Urteil vom 03.08.2006 – B 3 KR 35/04 R – juris Rn. 30). Selbst wenn man aber einen zivilrechtlichen Vertrag zwischen Versichertem und Leistungserbringer fordern wolle, werde dieser konkludent geschlossen; eine Schriftform sei hierfür nicht erforderlich.

 

Die Beigeladene zu 2 beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 28. März 2018 und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 15. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. August 2014 zu verurteilen, die beantragte Leistung gemäß der ärztlichen Verordnung über 24 Stunden täglich Krankenbeobachtung für den Zeitraum 16. Mai 2013 bis 31. Dezember 2013 zu bewilligen und 47.637,60 € zuzüglich 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung an die Beigeladene zu 2 zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und nimmt zur Begründung Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie auf die im Widerspruchsverfahren erstellten MDK-Gutachten. Darüber hinaus weist sei darauf hin, dass sie nach § 264 Abs. 2 SGB V vom Sozialhilfeträger – dem Beigeladenen zu 1 – mit der Durchführung der Krankenversicherung der Klägerin beauftragt sei. Infolge der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen einstweiligen Anordnung seien bereits Zahlungen an die Beigeladene zu 2 geleistet worden (47.637,60 €). In dieser Höhe habe sie einen Erstattungsanspruch beim Beigeladenen zu 1 angemeldet, den dieser auch bereits beglichen habe.

 

Die Klägerin stellt, ebenso wie der Beigeladene zu 1, keinen eigenen Antrag.

 

Beigezogen waren die Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Auf diese und auf die Gerichtsakte wird ergänzend Bezug genommen.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Die Berufung der Beigeladenen zu 2 hat keinen Erfolg.

 

1. Die Berufung ist unzulässig.

 

Zwar können Beigeladene grundsätzlich unabhängig von den Hauptbeteiligten des Rechtsstreits Rechtsmittel gegen Urteile einlegen. Denn die Rechtskraft des Urteils erstreckt sich auf sämtliche Beteiligte des Verfahrens (§ 141 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Ein Beigeladener ist indes nur dann zur Rechtsmitteleinlegung befugt, wenn er durch die angefochtene Entscheidung materiell beschwert ist (BSG, Urteil vom 24.03.2016 – B 12 KR 6/14 R – juris Rn. 17; Urteil vom 11.05.1999 – B 11 AL 69/98 R – juris Rn. 17; Urteil vom 20.03.1996 – 6 RKa 51/95 – juris Rn. 13; Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 143 Rn. 13; Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 143 Rn. 18). Dies setzt voraus, dass der Beigeladene geltend machen kann, aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils (§ 141 Abs. 1 SGG) unmittelbar in eigenen (subjektiven) Rechtspositionen im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG beeinträchtigt zu sein (BSG, Urteil vom 24.03.2016 – B 12 KR 6/14 R – juris Rn. 18; Beschluss vom 29.03.2007 – B 9a V 7/06 B – juris Rn. 9; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, Vor § 143 Rn. 4a). Die Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen ohne Eingriff in bestehende Rechtspositionen reicht nicht aus (BSG, Urteil vom 11.05.1999 – B 11 AL 69/98 R – juris Rn. 17; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 75 Rn. 19). Dies selbst dann nicht, wenn diese Nachteile angesichts der tatsächlichen oder rechtlichen Feststellungen im Urteil wahrscheinlich sind (Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 143 Rn. 13). Eine Beeinträchtigung in subjektiven Rechten erfordert vielmehr eine rechtlich zwingende Konsequenz eines Urteils (BSG, Urteil vom 11.11.2004 – B 9 VG 2/04 R – juris Rn. 14), wobei aus bloßen Begründungselementen des Urteils keine materielle Beschwer folgt; nur soweit die Entscheidungsgründe von der Urteilsformel erfasst werden oder sonst nach allgemeinen Grundsätzen ausnahmsweise in materielle Rechtskraft erwachsen können, ist eine Beschwer möglich (Schreiber in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 143 Rn. 15).

 

Hiervon ausgehend ist die Beigeladene zu 2 durch das von ihr angefochtene Urteil nicht materiell beschwert.

 

Das angefochtene Urteil betrifft ausschließlich subjektive Rechte der Klägerin gegenüber der Beklagten. Es besagt allein, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 16.05.2013 bis 31.12.2013 keine Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form von 24-h-Krankenbeobachtung von der Beklagten beanspruchen kann (vgl. zur Rechtskraft klageabweisender Urteile Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 141 Rn. 7a). Bindende Aussagen über subjektive Rechte der Beigeladenen zu 2 gegenüber der Beklagten, insbesondere über Vergütungsansprüche der Beigeladenen zu 2 für erbrachte Leistungen der Behandlungspflege, trifft das Urteil nicht. Im Ergebnis macht die Beigeladene zu 2, wie sich klar aus ihrem im Berufungsverfahren gestellten Antrag ergibt, ein fremdes Recht – nämlich das der Klägerin – im eigenen Namen geltend. Dies ist unzulässig, da ein Fall einer gesetzlichen oder gewillkürten Prozessstandschaft nicht vorliegt. Denn auch zur Begründung einer gewillkürten Prozessstandschaft würde ein bloßes wirtschaftliches Interesse nicht genügen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rn. 11a).

 

Ein eigenes Recht der Beigeladenen zu 2 – in Gestalt eines Vergütungsanspruchs – könnte sich nur auf vertraglicher Grundlage aus § 132a SGB V ergeben. Ein solcher Anspruch ist indes vorliegend nicht streitgegenständlich. Streitgegenständlich ist allein der Leistungsanspruch der Klägerin nach § 37 SGB V. Auch wenn diese beiden Ansprüche eng miteinander verbunden sind, so handelt es sich doch um unterschiedliche Streitgegenstände (BSG, Urteil vom 20.04.2016 – B 3 KR 17/15 R – juris Rn. 11). Insoweit verweist die Beigeladene zu 2 selbst darauf, dass sie einen eigenen (vertraglichen) Anspruch nach § 132a SGB V nicht geltend machen kann und will, da es offensichtlich an der hierfür erforderlichen Vor­aussetzung – nämlich der Genehmigung der häuslichen Krankenpflege durch die beklagte Krankenkasse – fehlt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 24.03.2021 – L 1 KR 259/18 – juris Rn. 26). Die Beigeladene zu 2 macht auch keinen Anspruch aus abgetretenem Recht geltend. Voraussetzung hierfür wäre das Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin für eine – durch einen zivilrechtlichen Vertrag – selbstbeschaffte Leistung, der rechtsgeschäftlich auf die Beigeladene zu 2 übergeleitet worden wäre. Dies ist weder dargetan noch ersichtlich. Die Beigeladene zu 2 macht vielmehr geltend, in Erfüllung eines vermeintlichen Sachleistungsanspruchs der Klägerin nach § 37 SGB V tätig geworden zu sein (vgl. zu einer derartigen Konstellation BSG, Urteil vom 20.04.2016 – B 3 KR 17/15 R – juris Rn. 11).

 

Aus dem Verweis der Beigeladenen zu 2 auf das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis, das bei der Erbringung von Sach- und Dienstleistungen der GKV und damit auch von Leistungen der häuslichen Krankenpflege entsteht, folgt nichts anderes. Im Naturalleistungssystem der GKV ist ein Leistungserbringer nicht berechtigt, Leistungsansprüche der Versicherten gegen die Krankenkasse gerichtlich durchzusetzen. Denn dem Leistungserbringer steht für von ihm zulässigerweise erbrachte Leistungen (zu einem Fall unzulässiger Leistungserbringung nach bestandskräftiger Ablehnung des Leistungsanspruchs des Versicherten siehe Senatsurteil vom 24.03.2021 – L 1 KR 259/18 – juris) ein eigenständiger, im sozialrechtlichen Vertragsrecht wurzelnder Anspruch auf Vergütung zu. Dieser Vergütungsanspruch setzt zwar das Bestehen eines Leistungsanspruchs des Versicherten gegen die Krankenkasse voraus. Dennoch erwächst dem Leistungserbringer hieraus keine Befugnis, diesen Leistungsanspruch einzuklagen. Vielmehr verbleibt es bei dem Grundsatz, dass Leistungen der häuslichen Krankenpflege der vorherigen Beantragung durch den Versicherten und der vorherigen Bewilligung gegenüber dem Versicherten durch die zuständige Krankenkasse bedürfen. Unterbleibt dies, wie hier, hat ein Leistungserbringer selbst bei rechtswidriger Ablehnung kein eigenes Recht, dies im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren geltend zu machen (BSG, Urteil vom 24.09.2002 – B 3 KR 2/02 R – juris Rn. 10).

 

Zur vergleichbaren Situation im Recht der sozialen Pflegeversicherung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) hat das BSG entschieden, dass ein Pflegeheimträger von der Pflegekasse zwar die Zahlung des Pflegesatzes einer höheren Pflegestufe verlangen kann, wenn der Hilfebedarf die Zuordnung des Versicherten zu dieser höheren Pflegestufe rechtfertigt. Doch kann der Pflegeheimträger nicht anstelle des Versicherten dessen Zuordnung zu einer höheren Pflegstufe beantragen und gerichtlich verfolgen (BSG, Urteil vom 01.09.2005 – B 3 P 4/04 R – juris Rn. 27 f.). Vielmehr kann er nur den Versicherten auffordern, dass dieser einen entsprechenden Antrag bei der Pflegekasse stellt (§ 87a Abs. 2 SGB XI – dazu BSG, Urteil vom 16.05.2013 – B 3 P 1/12 R – juris Rn. 10 ff.).

 

Entsprechendes gilt für das sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis nach dem bis zum 31.12.2019 geltenden Recht (anders ab 01.01.2020: § 75 Abs. 6 SGB XII, § 123 Abs. 6 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]). Hierin erwirbt zwar der Leistungserbringer infolge des in dem gegenüber dem Hilfebedürftigen erlassenen Bewilligungsbescheid erklärten Schuldbeitritts einen eigenen Vergütungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger (BSG, Urteil vom 28.10.2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rn. 25; Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 20/08 R – juris Rn. 12). Dies vermag allerdings eine Rechtsmittelbefugnis des beigeladenen Leistungserbringers gegen ein im Rechtsstreit zwischen Hilfebedürftigen und Sozialhilfeträger ergangenes klageabweisendes Urteil nicht zu begründen (Senatsurteil vom 06.12.2017 – L 8 SO 130/15 – juris Rn. 21; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.01.2016 – L 8 SO 385/12 – juris Rn. 22 f.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2015 – L 7 SO 1447/11 – juris Rn. 61; bestätigt durch BSG, Urteil vom 06.12.2018 – B 8 SO 9/18 R – juris Rn. 52 ff.). Denn die eigenständige Verfolgung eines Rechtsanspruchs des Leistungserbringers auf Bewilligung von (höheren) Leistungen scheidet aus, weil die (rechtswidrige) Ablehnungsentscheidung des Leistungsträgers lediglich subjektive Rechte des Hilfebedürftigen, nicht aber solche des Leistungserbringers verletzt, so dass es an der erforderlichen eigenen materiellen Beschwer des Leistungserbringers fehlt (BSG, Urteil vom 06.12.2018 – B 8 SO 9/18 R – juris Rn. 54 m.w.N.).

 

Die Berufung der Beigeladenen zu 2 war folglich als unzulässig zu verwerfen.

 

2. Die Berufung wäre darüber hinaus auch unbegründet.

 

Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, welche sich der Senat zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

 

a) Zutreffend verweist das SG auf die im Rahmen von Ansprüchen auf Kostenerstattung oder Kostenfreistellung grundsätzlich erforderliche sog. Sekundärhaftung des Versicherten (siehe hierzu Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, Stand: 30.05.2022, § 13 Rn. 70 ff.). Soweit das BSG einen Kostenerstattungsanspruch auch in einem solchen Fall für möglich gehalten hat, in dem der zivilrechtliche Selbstbeschaffungsvertrag zwischen Versichertem und Leistungserbringer möglicherweise – etwa wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot – unwirksam sein sollte (so BSG, Urteil vom 03.08.2006 – B 3 KR 24/05 R – juris Rn. 20), folgt hieraus nichts anderes. Denn entscheidend ist nicht die (in der vorgenannten Entscheidung des BSG offen gelassene) Wirksamkeit des zivilrechtlichen Vertrags, sondern der Umstand, dass Versicherter und Leistungserbringer eine schuldrechtliche Verpflichtung eingehen wollten. Wird der Leistungserbringer nicht in Erfüllung eines – sei es tatsächlich oder auch nur vermeintlich bestehenden – zivilrechtlichen Vertrags tätig, sondern ausschließlich zur Erfüllung eines vermeintlich bestehenden Sachleistungsanspruchs des Versicherten nach § 37 SGB V, scheiden Ansprüche auf Kostenerstattung oder Kostenfreistellung aus (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: BSG, Urteil vom 20.04.2016 – B 3 KR 17/15 R – juris Rn. 11; Senatsurteil vom 24.03.2021 – L 1 KR 259/18 – juris Rn. 27). So liegt die Sache hier. Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass es vorliegend zu einem – ggf. konkludent geschlossenen – privatrechtlichen Vertrag des Inhalts gekommen ist, dass die häusliche Krankenpflege im Umfang von 24 Stunden täglich ungeachtet einer Leistungsverpflichtung der beklagten Krankenkasse erbracht und von der Klägerin vergütet werden sollte (zu diesem Erfordernis siehe BSG, Urteil vom 20.04.2016 – B 3 KR 17/15 R – juris Rn. 11). Zwar beruft sich die Beigeladene zu 2 insoweit auf eine "Auftragserteilung" durch die Betreuerin der Klägerin. Auch wurden – zumindest im Nachhinein – für die erbrachten Leistungen monatliche Rechnungen gestellt (Einzel-Rechnungen für die Monate Mai 2013 bis Oktober 2014 jeweils vom 23.03.2017). In Anbetracht der Höhe der Aufwendungen von über 6.000,00 € monatlich und der weitgehenden Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Klägerin liegt jedoch auf der Hand, dass eine Vergütung der erbrachten Leistungen durch die Klägerin selbst – oder ihre Berufsbetreuerin – von Beginn an ausgeschlossen war und von den Beteiligten auch nicht ernsthaft in Betracht gezogen wurde. Die Leistungserbringung erfolgte vor diesem Hintergrund ausschließlich in der Erwartung, dass die beklagte Krankenkasse die Leistungen vergüten werde. In derartigen Fällen handelt ein Leistungserbringer, der seine Leistungen ohne die vertraglich vorgesehene Genehmigung der Krankenkasse erbringt, auf eigenes Risiko und bleibt ggf. – in den Fällen einer ablehnenden Entscheidung der Krankenkasse gegenüber dem Versicherten – ohne Vergütung (Senatsurteil vom 24.03.2021 – L 1 KR 259/18 – juris Leitsatz [zu Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung nach § 37b SGB V]).

 

b) Darüber hinaus fehlt es auch an den weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen eines Kostenerstattungs-/Kostenfreistellungsanspruchs und zwar sowohl im Hinblick auf die Anspruchsnorm des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V als auch auf die des § 37 Abs. 4 SGB V, wobei diese Vorschriften, da sie unterschiedliche Konstellationen betreffen, nebeneinander zur Anwendung kommen können (BSG, Urteil vom 30.11.2017 – B 3 KR 11/16 R – juris Rn. 14; Urteil vom 07.05.2020 – B 3 KR 4/19 R – juris Rn. 12). Von vornherein ausgeschlossen ist dagegen, worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat, ein Anspruch nach § 6 Abs. 6 HKP-RL, da die dort normierte Vorlagefrist für die ärztliche Verordnung nicht eingehalten wurde.

 

aa) Zunächst gilt, dass sowohl der Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V als auch derjenige nach § 37 Abs. 4 SGB V einen Sachleistungsanspruch auf Gewährung häuslicher Krankenpflege nach § 37 SGB V voraussetzen (BSG, Urteil vom 30.11.2017 – B 3 KR 11/16 R – juris Rn. 14; Urteil vom 07.05.2020 – B 3 KR 4/19 R – juris Rn. 12). Hieran fehlt es vorliegend. Ein Sachleistungsanspruch nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der hier anzuwendenden Fassung vom 14.06.2007) bestand im Streitzeitraum nicht. Die medizinische Erforderlichkeit der begehrten Leistung war nicht gegeben. Zur Begründung wird auf die Ausführungen in den MDK-Gutachten vom 25.10.2013 und 06.02.2014 Bezug genommen. Ein – sei es auch umfangreicher – Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf begründet noch nicht die medizinische Erforderlichkeit einer 24-h-Krankenbeobachtung. Weder der beigezogenen Pflegedokumentation noch der Stellungnahme der behandelnden Ärztin noch der Verlaufsdokumentation der Beigeladenen zu 2 war zu entnehmen, dass im Streitzeitraum täglich lebensbedrohliche Situationen aufgetreten oder Notarzteinsätze erforderlich gewesen wären. Dass ein Versicherter selbst – sei es aus eigenem Antrieb heraus oder aufgrund der Einschätzung des Leistungserbringers – subjektiv davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für eine rund um die Uhr Behandlungspflege vorliegen, reicht nicht aus. Deren medizinische Notwendigkeit muss vielmehr objektiv feststehen, das heißt, durch nachvollziehbar und vollständig dokumentierte Befunde belegt sein. Um dies sicherzustellen, sieht § 6 Abs. 1 HKP-RL vor, dass die ärztlich verordnete häusliche Krankenpflege durch die Krankenkasse zu genehmigen ist. Vorliegend kann anhand der beigezogenen ärztlichen Befunde und der pflegerischen Dokumentation nicht nachvollzogen werden, dass die Voraussetzungen für die begehrte Rund-um-die-Uhr-Krankenbeobachtung im Streitzeitraum vorlagen. Dies wirkt sich im Ergebnis zu Lasten der Klägerin aus, da sie die Darlegungs- und Feststellunglast für den klageweise geltend gemachten Anspruch trifft.

 

bb) Ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V scheitert zudem an dem hierfür erforderlichen Kausalzusammenhang. Auch im Bereich der häuslichen Krankenpflege gilt: War der Versicherte von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt und fest entschlossen, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse die Leistung ablehnen sollte, scheidet ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V – und auch nach § 13 Abs. 3a SGB V – aus (BSG, Urteil vom 30.11.2017 – B 3 KR 11/16 R – juris Rn. 18; Urteil vom 07.05.2020 – B 3 KR 4/19 R – juris Rn. 16). Vorliegend wurden Leistungen der häuslichen Krankenpflege ab dem 16.05.2013 erbracht, angeblich auf die mündliche Beauftragung der Betreuerin der Klägerin hin. Die häusliche Krankenpflege wurde allerdings überhaupt erst am 28.05.2013 ärztlich verordnet; die Antragstellung erfolgte erst über drei Wochen später. Hierin kommt zum Ausdruck, dass die Klägerin – bzw. ihre Betreuerin – sowohl hinsichtlich des "Ob" der Leistungserbringung als auch hinsichtlich des Leistungserbringers vorfestgelegt war. Dies wirkt sich anspruchshindernd auf den Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V aus, denn die Krankenkasse muss zunächst die rein faktische Möglichkeit haben, sich mit dem Leistungsbegehren zu befassen, es zu prüfen und ggf. Behandlungsalternativen aufzuzeigen, bevor eine Selbstbeschaffung mit Kostenerstattungsanspruch in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 30.11.2017 – B 3 KR 11/16 R – juris, Rn. 18; Urteil vom 07.05.2020 – B 3 KR 4/19 R – juris Rn. 16).

 

cc) Auch ein Anspruch nach § 37 Abs. 4 SGB V scheidet aus. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist eröffnet, wenn bei der Krankenkasse ein Antrag auf Bewilligung häuslicher Krankenpflege eingegangen ist und die Krankenkasse dem Antrag jedenfalls dem Grunde nach entspricht (BSG, Urteil vom 30.11.2017 – B 3 KR 11/16 R – juris Rn. 15; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, Stand: 09.11.2021, § 37 Rn. 94). Dem Versicherten sind in derartigen Fällen die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen kann (§ 37 Abs. 4 1. Alt. SGB V) oder Grund besteht, davon abzusehen (§ 37 Abs. 4 2. Alt. SGB V). Die Norm setzt voraus, dass der Versicherte zunächst einen Antrag auf Gewährung der Sachleistung an die Krankenkasse gerichtet hat. Ist eine der vorgenannten Alternativen erfüllt, wandelt sich der die häusliche Krankenpflege betreffende Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch um. Die Norm erfasst mithin Fälle, in denen die Krankenkasse die Sachleistung nicht erbringen kann, weil sie z.B. nach der ersten Alternative über keine ausreichende Anzahl von geeigneten Pflegekräften verfügt, oder wenn nach der zweiten Alternative der Versicherte z.B. in seiner Person liegende Gründe aufweist, aufgrund derer nur eine spezielle Pflegekraft in Betracht kommt, die auch nicht vertraglich gegenüber der Krankenkasse gebunden sein muss (BSG, a.a.O., Rn. 15). Dies zugrunde legend scheidet ein Anspruch nach § 37 Abs. 4 SGB V bereits deshalb aus, weil zwischen den Beteiligten im Streit stand, ob die Voraussetzungen für die Gewährung häuslicher Krankenpflege bei der Klägerin überhaupt erfüllt waren. Im Übrigen ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass und ggf. aus welchen Gründen die von der Klägerin beanspruchten Leistungen ausschließlich durch den Pflegedienst der Beigeladenen zu 2 erbracht werden konnten.

 

c) Letztlich erscheint auch zweifelhaft, ob es sich bei der von der Beigeladenen zu 2 betriebenen Wohnstätte um einen "geeigneten Ort" im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V handelt. Zwar können Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach der Rechtsprechung des BSG geeignete Orte im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V sein (BSG, Urteil vom 25.02.2015 – B 3 KR 11/14 R – juris Rn. 31). Jedoch war – jedenfalls nach dem bis zum 31.12.2016 geltenden Recht – im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Einrichtung die konkrete behandlungspflegerische Maßnahme nach ihrem Aufgabenprofil, der Ausrichtung auf ein bestimmtes Bewohnerklientel und ihrer sächlichen und personellen Ausstattung selbst zu erbringen hat (BSG, Urteil vom 22.04.2015 – B 3 KR 16/14 R – juris Rn. 32). Entscheidend für die Leistungspflichten von Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen sind demnach die Ausrichtung der Einrichtung und ihr Eingliederungszweck, wie sie in den Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII a.F. festgelegt waren. Dies bedeutet: Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe (so die Fallkonstellation in BSG, Urteil vom 25.02.2015 – B 3 KR 11/14 R – juris) oder Wohngruppen für Senioren (so die Fallkonstellation in BSG, Urteil vom 22.04.2015 – B 3 KR 16/14 R – juris) müssen nicht dasselbe medizinische Personal vorhalten, wie z.B. eine Einrichtung zur Betreuung von Koma- oder Beatmungspatienten (Padé in: jurisPR-SozR 20/2015 Anm. 3). Ursprünglich erbrachte die Beigeladene zu 2 den Heimbewohnern der Wohnstätte Y.... neben allgemeinen Maßnahmen der Hilfe und Betreuung auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Erst im Laufe des Jahres 2012 erfolgte die "Umstellung auf ein neues System", wonach – eigenen Angaben der Beigeladenen zu 2 zufolge – die medizinische Behandlungspflege "ausgegliedert" und "auf den ambulanten Pflegedienst des SEB übertragen" wurde. Der mit der Klägerin abgeschlossen Wohn- und Betreuungsvertrag wurde daraufhin mit Wirkung vom 01.01.2013 dahingehend abgeändert, dass "die Leistungen der Behandlungspflege durch die Einrichtung organisiert und sichergestellt werden, sofern die Krankenkasse hier eine Kostenübernahmeerklärung erteilt hat" (§ 8 des Vertrags). Für die Klägerin lag indes eine solche Kostenübernahmeerklärung nicht vor. Sie wurde erstmals im Juni 2013 überhaupt beantragt, nachdem erst im Mai 2013 eine entsprechende ärztliche Verordnung eingeholt wurde. Schon nach den eigenen Maßstäben der Beigeladenen zu 2 hätte somit spätestens ab dem Jahr 2013 keine Betreuung der Klägerin in der Wohnstätte mehr erfolgen dürfen, weil diese Einrichtung nunmehr für die Klägerin ungeeignet war. Denn die Klägerin verfügte über die vertraglich geforderte Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse nicht und ob eine solche erteilt werden würde, war, wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt, völlig ungewiss. Soweit die Beigeladene zu 2 – entgegen den neuen vertraglichen Vereinbarungen – den Bewohnern der Einrichtung Leistungen der medizinischen Behandlungspflege tatsächlich weiterhin erbracht hat (bzw. die Leistungserbringung veranlasst hat), muss sie sich die Rechtsprechung des BSG entgegenhalten lassen, wonach eine Einrichtung, die nach ihrem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet ist, bei der ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich werden, entsprechend sächlich und personell auszustatten ist, um diese behandlungspflegerischen Maßnahmen auch zu erbringen, weil ohne sie die Eingliederungsaufgabe im Hinblick auf die Zielgruppe der Einrichtung nicht erreicht werden kann (BSG, Urteil vom 25.02.2015 – B 3 KR 11/14 R – juris Rn. 28; Urteil vom 22.04.2015 – B 3 KR 16/14 R – juris Rn. 32).

 

d) Schließlich folgt der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus dem Recht der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII a.F.

 

aa) Eine Zuständigkeit der Beklagten für die Entscheidung über die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) bestand nicht. § 14 SGB IX gilt nur für Leistungen zur Teilhabe. Leistungen der GKV können zwar rehabilitativen Charakter haben (vgl. § 5 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), ein Großteil der Leistungen nach dem SGB V dient jedoch der kurativen Behandlung von Krankheiten. Im Bereich der kurativen Leistungen der GKV findet § 14 SGB IX indes keine Anwendung (BSG, Urteil vom 08.03.2016 – B 1 KR 25/15 R – juris Rn. 12 ff.; Senatsurteil vom 21.04.2021 – L 1 KR 539/17 – juris Rn. 43). Dies bedeutet, dass die Krankenkasse, wenn sie zur Entscheidung über einen Antrag auf Gewährung kurativer Leistungen berufen ist, nicht für daneben in Betracht kommende Teilhabeleistungen zuständig wird. Bei den Leistungen der häuslichen Krankenpflege – hier in Gestalt der Behandlungssicherungspflege – handelt es sich um kurative Leistungen (Senatsurteil vom 21.04.2021 – L 1 KR 537/17 – juris Rn. 44). Dies folgt daraus, dass die Leistungen der Behandlungspflege gewährt werden, wenn diese "zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich" sind (§ 37 Abs. 2 SGB V). Die häusliche Krankenpflege sichert damit die Erreichung des Ziels ambulanter ärztlicher Behandlung (Luthe in: Hauck/Noftz SGB V, Stand: 06/2018 § 37 Rn. 6) und teilt deren Rechtscharakter.

 

bb) Ob der Klägerin für den streitigen Zeitraum (weitergehende) Ansprüche gegenüber dem zu 1 beigeladenen Träger der Eingliederungshilfe (damals noch: Sozialhilfe) zustehen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da streitgegenständlich, wie bereits dargelegt, allein kurative Leistungen der GKV in Gestalt von Leistungen der Behandlungspflege sind. Der Verurteilung eines Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 SGG darf indes ein inhaltlich anderer Anspruch als der gegen den Beklagten erhobene nur dann zugrunde gelegt werden, wenn (soweit) sich die Ansprüche gegen den Beklagten und den Beigeladenen gegenseitig ausschließen, wenn es sich also um zwei Ansprüche handelt, die nicht nebeneinander bestehen können (BSG, Urteil vom 15.11.1979 – 11 RA 9/79 – juris Leitsatz 3 und Rn. 12; Urteil vom 08.05.2007 – B 2 U 3/06 R – juris Rn. 26; Urteil vom 13.07. 2010 – B 8 SO 14/09 R – juris Rn. 12; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 75 Rn. 18). Vorliegend besteht eine solche Wechselwirkung nicht. Vielmehr können Ansprüche auf kurative Leistungen der GKV und Ansprüche auf Teilhabeleistungen der Eingliederungshilfe nebeneinander bestehen. Gerade auf eine solche parallele Leistungsgewährung richtet sich ja das vorliegende Klagebegehren, denn Leistungen der Eingliederungshilfe hat die Klägerin, gewährt durch den Beigeladenen zu 1, im Streitzeitraum tatsächlich bezogen. Diese Leistungen dienen der Abdeckung des – unstreitig ganz erheblichen – allgemeinen Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarfs der Klägerin in der Einrichtung. Dass die Beigeladene zu 2 die hierfür vom Sozialhilfeträger gewährte Vergütung der Höhe nach als unzureichend erachtet, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, in welchem ausschließlich die Ansprüche der Versicherten im Streit stehen, sondern im Rahmen der Vertragsbeziehungen zum Sozialhilfeträger zu klären. Soweit nicht die Beigeladene zu 2, sondern die Klägerin selbst – über die ihr bereits vom zuständigen Sozialhilfeträger gewährten Leistungen hinaus – weitergehende Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen sollte, scheitern derartige Ansprüche im Übrigen aus den gleichen Gründen wie die beantragten kurativen Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Denn Voraussetzung für eine solche Leistungsgewährung wäre, da diese im Wege eines Schuldbeitritts erfolgt, dass die Klägerin als Leistungsempfängerin der Beigeladenen zu 2 als Leistungserbringerin in einem – privatrechtlichen – Erfüllungsverhältnis überhaupt ein Entgelt schuldet (vgl. zum sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis grundlegend BSG, Urteil vom 28.10.2008 – B 8 SO 22/07 R – juris). Daran fehlt es hier aus den bereits oben dargelegten Gründen. Denn die Leistungserbringerin ist vorliegend nicht in Erfüllung eines – sei es tatsächlich oder nur vermeintlich – bestehenden zivilrechtlichen Vertrags mit der Klägerin tätig geworden, sondern ausschließlich zur Erfüllung eines – vermeintlichen aber tatsächlich nicht bestehenden – Sachleistungsanspruchs der Klägerin aus § 37 SGB V.

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 entspricht nicht der Billigkeit, da er hat keine Anträge gestellt hat.

 

Bei dem Berufungsverfahren handelt es sich – anders als bei dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem SG – um ein nach § 197a SGG kostenpflichtiges Verfahren. Ob in einem sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) und der VwGO zur Anwendung kommen, ist, wie bereits aus dem Wortlaut des § 197a SGG folgt, für jeden Rechtszug gesondert zu bestimmen (BSG, Urteil vom 24.09.2008 – B 12 R 10/07 R – juris Rn. 26; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 197a Rn. 3). Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben; die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der VwGO sind entsprechend anzuwenden (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG). Hinsichtlich der Parteirolle als "Kläger" oder "Beklagter" ist auf den jeweiligen Rechtszug abzustellen (BSG, Beschluss vom 13.04.2006 – B 12 KR 21/05 B – juris Rn. 9; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 183 Rn. 10). Dies führt dazu, dass sowohl ein in erster Instanz kostenpflichtiges Verfahren in zweiter Instanz kostenfrei werden kann (z.B. wenn ein kostenprivilegierter Beigeladener ein Rechtsmittel einlegt), als auch – umgekehrt – dazu, dass ein in erster Instanz kostenfreies Verfahren in zweiter Instanz kostenpflichtig werden kann (zu einer solchen Fallkonstellation siehe LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.11.2013 – L 13 R 1662/12 – juris Rn. 80). Vorliegend gehören im Berufungsverfahren weder die Berufungsklägerin noch die Berufungsbeklagte zum privilegierten Personenkreis nach § 183 Satz 1 SGG. Berufungsklägerin ist die Beigeladene zu 2 in ihrer Eigenschaft als Leistungserbringerin. Berufungsbeklagte ist die ebenfalls nicht kostenprivilegierte Krankenkasse. Damit ist das Verfahren in der Berufungsinstanz kostenpflichtig nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Kosten waren der Beigeladenen zu 2 aufzuerlegen, weil das ausschließlich von ihr eingelegte Rechtsmittel erfolglos geblieben ist.

 

4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

5. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.

 

Rechtskraft
Aus
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