L 10 R 2292/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 275/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2292/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.06.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Gründe

I.


Die Beteiligten streiten über die (Weiter-)Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.06.2017 hinaus.

Der 1978 geborene Kläger begann nach eigenen Angaben im Jahr 1995 zunächst eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, die er abbrach. Von Anfang September 1996 bis Ende März 2000 erlernte er den Beruf eines Maschinenbaumechanikers und war anschließend in diesem Beruf bzw. als CNC-Fräser und zuletzt bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit Anfang November 2013 als Lagerarbeiter/Kommissionierer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos und bezieht zwischenzeitlich Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Vom 01.11.2015 befristet bis zum 30.06.2017 gewährte ihm die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt.

Anfang April 2017 beantragte der Kläger die Weitergewährung seiner Erwerbsminderungsrente über den 30.06.2017 hinaus. Die Beklagte zog ärztliche Befundunterlagen bei und holte das Gutachten des P vom 19.07.2017 ein, der den Kläger Mitte Juli 2017 untersuchte. P diagnostizierte ein chronisches Schmerzsyndrom - auch als „Fibromyalgie“ bezeichnet - unbekannter Genese und vermochte ein primär psychiatrisches Krankheitsbild nicht zu erkennen, insbesondere keine Depression oder Psychose. Man könne auf Grund der Angaben des Klägers allenfalls von einer sozialen Phobie (namentlich im Fahrstuhl bzw. in Menschenmengen) ohne Angst- und Panikattacken und ohne typische vegetative Symptome ausgehen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger noch vollschichtig verrichten.

Mit Bescheid vom 01.08.2017 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag mit der Begründung ab, dass der Kläger (wieder) mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein könne, sodass keine Erwerbsminderung (mehr) vorliege. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte sodann das Gutachten des M vom 18.10.2017 ein, der nach Untersuchung Mitte Oktober 2017 ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L5/S1 mit degenerativen Veränderungen (aktuell ohne wesentliche Funktionseinschränkung und ohne Hinweis für ein Wurzelkompressionssyndrom), eine beginnende beidseitige Coxarthrose (aktuell ohne nennenswerte Funktionseinschränkung), Polyarthralgien unklarer Genese bei zurzeit fehlender Entzündungsaktivität sowie eine Adipositas diagnostizierte. Aus orthopädischer Sicht sei die Leistungsfähigkeit des Klägers nur leicht herabgesetzt. Er könne mittelschwere Arbeiten (ohne lang andauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft) noch vollschichtig verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 17.01.2018 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit der er sein Begehren auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.06.2017 hinaus weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen angeführt, dass er weiterhin unter erheblichen orthopädischen und psychiatrischen Beschwerden mit Schmerzzuständen leide und daher nicht mehr arbeiten könne.

Das SG hat zunächst schriftlich die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Der F hat im Wesentlichen über fibromyalgie-charakteristische Schmerzpunkte am ganzen Körper, bevorzugt im Schulter-Nackenbereich und im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS), berichtet. Eine eigene Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit hat er nicht abzugeben vermocht. Der D hat u.a. mitgeteilt, der Kläger habe bei ihm über Ganzkörperschmerzen mit Funktionseinschränkung geklagt. Seine Arbeitsfähigkeit sei derzeit mit drei bis sechs Stunden täglich einzuschätzen. Der H hat den Kläger nicht mehr für in der Lage gesehen, über drei Stunden täglich zu arbeiten. Er hat zur Begründung namentlich auf eine ausgeprägte emotionale Instabilität, eine erhöhte Reizbarkeit, chronifizierte maladaptive Verarbeitungsmuster, eine ausgeprägte Haltung der Selbstüberforderung sowie eine mangelnde Selbstfürsorge verwiesen.

Nach beratungsärztlicher Stellungnahme der Beklagten u.a. durch den N (Bl. 52 SG-Akte) hat das SG von Amts wegen ein Sachverständigengutachten bei dem S eingeholt. Dieser hat beim Kläger nach Untersuchung (Mitte Dezember 2018) eine Osteochondrose in den Segmenten L3 bis S1, eine leichte Osteochondrose in den Segmenten C5 bis C7, ein femoroazetabuläres Impingement beider Hüften sowie eine Fibromyalgie ohne Nachweis einer rheumatischen Erkrankung diagnostiziert. Leichte bis mittelschwere Arbeiten (ohne höhere Belastung der Wirbelsäule bzw. Zwangshaltungen, ohne längeres Gehen und Stehen auf unebenem Boden, ohne Nässe- und Kälteexposition) seien dem Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich möglich (Gutachten vom 21.12.2018).

Das SG hat sodann auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bei dem B ein Gutachten eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung (Mitte Mai und Anfang Juni 2019) auf seinem Fachgebiet ausweislich des Gutachtens vom 17.06.2019 eine Dysthymia, rezidivierende Depressionen - mittelschwer bis schwer -, eine ängstlich abhängige Persönlichkeitsstörung, Zwangsgedanken und -handlungen gemischt - Wasch- und Zählzwang -, einen somatoformen Symptomkomplex mit Schwerpunkt polytope somatoforme Schmerzstörung, ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Stadium III polytop mit somatoformer Überlagerung, Traumafolgestörungs-Symptome ohne Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie eine soziale Phobie diagnostiziert. Der Kläger könne unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch drei bis vier Stunden täglich arbeiten.

Der Beratungsarzt N hat sodann Einwände gegen die Einschätzung des Sachverständigen erhoben (s. sozialmedizinische Stellungnahme von Juli 2019, Bl. 117 f. SG-Akte) und namentlich darauf hingewiesen, dass schon die Diagnostik des B über die vordiagnostizierte Schmerzstörung hinaus nicht nachvollziehbar sei. Auch deckten die von ihm mitgeteilten Befunde diese nicht, sodass nicht klar sei, auf welcher klinischen Grundlage die Einschätzung des Sachverständigen basiere. Außerdem habe er die subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers zu Grunde gelegt, ohne diese kritisch zu hinterfragen und zu validieren, zumal sich erhebliche Diskrepanzen und Inkonsistenzen im Beschwerdevorbringen, auch in Ansehung der testpsychologischen Befunde, ergäben.

Das SG hat von Amts wegen das Sachverständigengutachten des L vom 28.10.2019 eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung (Mitte Oktober 2019) als Diagnosen eine somatoforme Schmerzstörung, eine mittelgradige depressive Reaktion, Zwangsgedanken und -handlungen gemischt sowie eine soziale Phobie genannt. Eine Traumafolgenstörung liege indes ebenso wenig vor wie eine ängstlich-abhängige Persönlichkeitsstörung. Seiner Auffassung nach sei der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich für leichte bis kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung (ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen, ohne Kurz-, Schicht- und Nachtarbeit, ohne Kälte- und Nässe-Exposition, ohne größere Hitze- und Staubexposition, ohne starke Beanspruchung von Gehör oder Sehvermögen, ohne erhöhten Publikumsverkehr und ohne erhöhte nervliche Beanspruchung) leistungsfähig.

N hat in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme von November 2019 (Bl. 145 f. SG-Akte) u.a. darauf hingewiesen, dass der L überhaupt keinen vollständigen psychopathologischen Befund mitgeteilt habe, sodass seine Leistungsbeurteilung allein deswegen nicht nachvollziehbar sei. Außerdem habe er auch keine wesentliche Schmerzthematik beschrieben und auf eine körperliche Untersuchung gar vollständig verzichtet. Soweit er einen klinischen Befund mitgeteilt habe, passe dieser nicht zu den angegebenen Diagnosen. Auch L habe sich im Übrigen maßgeblich auf die subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers bezogen und auch er habe - wie schon B - keine Konsistenzprüfung vorgenommen, obgleich sowohl die vom Kläger angegebenen Alltagsaktivitäten als auch die psychiatrische Anamnese („nahezu leer und blande“) lediglich für leichtgradige subjektive Beschwerden ohne wesentliche Funktionalität sprächen. Davon sei bereits P zu Recht ausgegangen.

Mit Urteil vom 17.06.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, sodass keine Erwerbsminderung vorliege. Dabei hat es sich namentlich auf das Gutachten des P sowie auf das Sachverständigengutachten des S gestützt und dargelegt, dass und warum der abweichenden Einschätzung der Sachverständigen L und B nicht gefolgt werden könne.

Gegen das - seinen Prozessbevollmächtigen am 01.07.2020 zugestellte - Urteil hat der Kläger am selben Tag Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen angeführt, dass die gerichtlichen Sachverständigen L und B eine Erwerbsminderung bestätigt hätten. Auch befinde er sich weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung und habe eine stationäre Schmerztherapie durchgeführt. Psychopharmaka vertrage er nur schlecht. Der Kläger hat Arztbriefe des S von Anfang November 2019 (Bl. 45 Senats-Akte), Mitte Januar 2020 (Bl. 47 Senats-Akte) und Anfang April 2020 (Bl. 48 Senats-Akte), den Entlassungsbericht der Ärzte der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie des Klinikums M1 über den dortigen stationären Aufenthalt im April 2019 (Bl. 49 ff. Senats-Akte), Berichte des H von Mitte November 2019 (Bl. 123 Senats-Akte) und von Anfang März 2019 (Bl. 128 Senats-Akte) sowie den Arztbrief des P1 der S2klinik Orthopädie K) über den dortigen stationären Aufenthalt im Dezember 2019 nach Arbeitsunfall des Klägers als Mithelfer in der Landwirtschaft (Zustand nach osteosynthetischer Stabilisierung einer Flexionsdistraktionsverletzung TH12/L1, Bl. 124 ff. Senats-Akte) vorgelegt. Wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf die entsprechenden Aktenstücke Bezug genommen.

Der Kläger beantragt (teilweise sachdienlich gefasst, vgl. Bl. 16 Senats-Akte),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.06.2020 sowie den Bescheid vom 01.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.06.2017 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Der Senat hat von Amts wegen das Sachverständigengutachten des B1 eingeholt. B1, der den Kläger am 03.02.2021 untersucht hat, hat in seinem Gutachten vom 11.03.2021 als psychiatrische Gesundheitsstörungen von jeher vorbestehende, vielschichtige Persönlichkeitsakzentuierungen bei gleichzeitig niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau und mit nur begrenzter Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz und selbstunsicheren, aber auch nachhaltigen Zügen, eine somatoforme Schmerzstörung („Fibromyalgie“) mit konversionsneurotischer Färbung bei durchaus lebendig erhaltener Auslenkbarkeit und Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie ungestörter Antriebslage, eine fraglich bzw. ganz blande anklingende agoraphobische Problematik ohne weiterreichendes Vermeidungsverhalten und anklingende funktionelle Schlafstörungen bei insgesamt sehr deutlichen Hinweisen für nicht authentische Beschwerdeanteile bzw. simulative Tendenzen beschrieben (vgl. S. 40 f. des Gutachtens). Neurologisch lägen keine wesentlichen Auffälligkeiten vor. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Maschinen, ohne besondere Anforderungen an die Konfliktfähigkeit bzw. soziale Interaktion, keine Arbeiten unter regelmäßigem Zeitdruck und mit direktem Publikumsverkehr, keine Arbeiten mit Stressfaktoren wie Nacht- und Wechselschicht) seien dem Kläger noch vollschichtig möglich (S. 43 des Gutachtens). Der abweichenden Leistungsbeurteilung des L könne schon deshalb nicht gefolgt werden, weil dieser bereits keinen nachvollziehbaren klinischen Befund erhoben respektive keine körperliche Untersuchung und auch keine Beschwerdevalidierung durchgeführt habe. Auch B habe keine Beschwerdevalidierung vorgenommen und seiner Beurteilung eine nicht vorliegende Zwangsstörung zu Grunde gelegt. Eine Zwangssymptomatik habe ihm - B1 - der Kläger selbst nicht einmal geschildert. Ohnehin sei die Leistungsbeurteilung des B nicht nachvollziehbar.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.


II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das SG hat die Klage - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2017 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen über den 30.06.2017 hinaus
weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher für die Zeit ab dem 01.07.2017 keine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung zu.

Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung (vgl. § 43 Abs. 2 und Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI -) nimmt der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Darstellung des SG im angefochtenen Urteil Bezug. Ergänzend merkt der Senat an, dass es bei einem Antrag, eine befristet bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung weiterzuzahlen, keines Nachweises (durch die Beklagte) bedarf, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen i.S.d. § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber denen, die der (seinerzeitigen) Bewilligung zu Grunde lagen, eingetreten ist. Denn die Entscheidung, ob dem Versicherten nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (weiterhin) eine Rente wegen Erwerbsminderung zusteht, ist nicht bloß die Verlängerung einer früher bereits dem Grunde nach anerkannten Sozialleistung - insbesondere auch nicht die bloße Fortschreibung einer einmal anerkannten Erwerbsminderung -, sondern stellt eine eigenständige und inhaltlich vollständige erneute Bewilligung der beantragten Rente dar (s. nur Senatsurteil vom 14.11.2019, L 10 R 3973/16, m.w.N., auch zur Rspr. des Bundessozialgerichts - BSG -).

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen (voller) Erwerbsminderung über den 30.06.2017 hinaus erfüllt der Kläger nicht, weil er zur Überzeugung des Senats trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, jedenfalls leichte berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung der insbesondere von den gerichtlichen Sachverständigen B1 und S angeführten qualitativen Einschränkungen (s.o. im Tatbestand) mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Der Kläger ist in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit im Wesentlichen durch Gesundheitsstörungen von Seiten des psychiatrischen und des orthopädischen Fachgebiets eingeschränkt.

In psychiatrischer Hinsicht leidet er an den vom Sachverständigen B1 beschriebenen Gesundheitsstörungen - insoweit wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die obige Darstellung im Tatbestand Bezug genommen -, die indes lediglich zu den vom Sachverständigen im Einzelnen aufgeführten qualitativen Einschränkungen (s. auch dazu oben im Tatbestand), nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungsminderung führen. Dies hat B1 in seinem Gutachten für den Senat auf der Grundlage des von ihm erhobenen klinischen Befunds, der ihm vom Kläger beschriebenen Alltagsaktivitäten sowie des auffälligen testpsychologischen Untersuchungsergebnisses in jeder Hinsicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.

Bei der Untersuchung durch B1, zu der der (äußerlich gepflegte, S. 34 des Gutachtens) Kläger überpünktlich erschienen (Aufsuchen der Praxis über die Treppe statt über den Aufzug, s. S. 26 des Gutachtens) und zu der er allein mit dem Auto angereist ist (s. S. 3, 26 des Gutachtens: reine Fahrzeit über anderthalb Stunden, Anreise mit „Google“ geplant), haben sich keinerlei Anzeichen von Erschöpfung oder Ermüdung und auch keinerlei Nachlassen der „zweifelslos“ - so der Sachverständige - ungestörten Konzentration gezeigt (S. 26, 34 des Gutachtens). Der Kläger ist kooperativ und sofort direkt im Kontakt sowie im Gespräch gewesen („unbekümmert plaudernd, z.T. in salopper Diktion“, s. S. 5 des Gutachtens). Seine Auffassung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und seine Gedächtnisleistung haben keinerlei Anomalien gezeigt. Er ist in allen Qualitäten sicher orientiert, im formalen Denken geordnet und ohne überwertige Ideen oder Zwänge gewesen. Allenfalls haben seine Angaben - so B1 - eine ganz blande agoraphobische Problematik anklingen lassen, aus der sich indes keinerlei weiterreichendes Vermeidungsverhalten ableiten lässt (s. S. 35 des Gutachtens und noch sogleich). Anhaltspunkte für eine hirnorganische Leistungsstörung haben ebenso wenig vorgelegen wie Anzeichen von kognitiven Störungen, intellektuellen Defiziten oder für eine Suchtproblematik. Wahrnehmungsstörungen, Ich-Störungen, paranoide Inhalte oder psychotische Anzeichen haben bei regelrechter Antriebslage ebenfalls nicht vorgelegen (zum Vorstehenden s. S. 34 ff. des Gutachtens). Der Kläger ist affektiv und inhaltlich sehr lebendig auslenkbar - themenabhängig auch humorvoll und lachend bei lebendigen inhaltlichen Darlegungen (s. S. 36 des Gutachtens) - und keineswegs (so B1) weitreichend oder gar überdauernd depressiv eingeengt gewesen; es hat lediglich eine inhaltsabhängige Unzufriedenheit bei nur begrenzter Konfliktfähigkeit und etwas unreifer Persönlichkeit imponiert (S. 36 des Gutachtens).

Eine Beeinträchtigung durch die vom Kläger geklagten Schmerzen (zum Zeitpunkt der Untersuchung angegebene Stärke 6 von 10 auf der numerischen Analog-Skala - NAS -, s. S. 19 des Gutachtens) hat der Sachverständige bei „munter-lebendigen“ Schilderungen, spontanen und ungestörten Bewegungsabläufen (s. S. 27 des Gutachtens: erforderliche „Zwangshaltungen“ im Rahmen der Neuromyographieuntersuchung - die keinen pathologischen Befund ergeben hat, s. S. 30 f. des Gutachtens - sind problemlos ohne erkennbare Schmerzbeeinträchtigung toleriert worden; beim Ankleiden flotter, ungestörter Bewegungsablauf; „spontan flott bückend“ nach etwas Heruntergefallenem) sowie bei Abwesenheit von Anspannungsanzeichen (namentlich kein Umsetzen oder Aufstehen während der über anderthalbstündigen Anamneseerhebung, kein Wunsch nach einer Pause, sofort ungestörtes Gangbild auch nach langem Sitzen, s. S. 26 des Gutachtens) nicht zu erkennen vermocht, obgleich der Kläger angegeben hat, seine (Bedarfs-) Schmerzmedikation zuletzt vor vier Tagen eingenommen zu haben (S. 19, 35 des Gutachtens). Auch hat die körperliche Untersuchung keine wesentlichen Auffälligkeiten ergeben (namentlich: Muskeltonus unauffällig, grobe Kraft allseits gut, Vorhalteversuche der Arme und Beine ungestört, Feinmotorik der Hände ungestört, Muskeleigenreflexe normal auslösbar, keine pathologischen Reflexe, keine Kloni, Sensibilität in allen Qualitäten allseits unauffällig, keine Parästhesien, kein Tremor, Knie-Hacken-/Finger-/Nase-Versuch beidseits zielsicher, keine Rumpf-/Stand-/Gangataxie, Gangbild unauffällig mit seitengleicher Mitbewegung, Zehen-/Hackenstand beidseits sicher, Seiltänzergang ungestört, keine polyneuropathischen Veränderungen, s. S. 29 f. des Gutachtens).

Gegenüber dem Sachverständigen hat der Kläger (u.a.) angegeben (s. S. 4 ff. des Gutachtens, auch zum Nachfolgenden), eine gute Beziehung zu seinem im selben Haus lebenden Bruder zu haben, mit dem er gerne „was zusammen unternimmt“, z.B. auch „gerne bastelt“ (z.B. Elektrodenschweißen und Löten) in der häuslichen „riesengroßen Werkstatt“ (mit zwei Kfz-Hebebühnen) - zuletzt hat der Kläger dort seinen Hundefahrradanhänger umgebaut -, gemeinsam den Garten „auf Vordermann“ bringt - u.a. den Pool für den Sommer herrichten, Hecken zurückschneiden, für das Rasenmähen sei aber er und nicht der Bruder „zuständig“ -, oder grillt, ggf. auch allein. Dass er keine feste Beziehung hat, sei für ihn „wirklich kein Problem“, Langeweile habe er nicht. Seine Hobbies sind - so der Kläger - Radfahren (Pedelec), auch im Winter (im Jahr 2020 1.900 km zurückgelegt; zum Orthopäden fährt er die 20 km ebenfalls mit dem Rad), spazieren gehen, der eigene Schäferhund („Minimum“ zweimal am Tag „raus“, auch mit dem Fahrrad, 40-50 km-Touren, Hund läuft mit oder wird im Fahrradanhänger gefahren), Gartenarbeit (s.o.), Handwerken, „Landwirtschaft“ (Holzholzen, auch selbst spalten mit elektrischem Holzspalter, gleichwohl mit schwerem Heben, s. S. 18, 27 des Gutachtens; Treckerfahren) und Fotografieren (Landschaften, verfallene Gebäude, Technik, alte Bunker und Panzersperreinrichtungen, am Rheingraben entlang, wo er ja mit dem Fahrrad und dem Hund unterwegs sei, „über Stunden“; teilweise Einstellen der Bilder bei „Facebook“). Auch seine Einkäufe erledigt er mit dem Rad. Außerdem sieht er fern („Hauptinteresse“ Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg), liest oder bastelt an seiner Werkbank im „Büro“. Außerdem „doktert“ er an seinem Auto herum („Auto-Fan“) und macht am Wagen „eigentlich alles selbst“ (einschließlich Bestellen von Ersatzteilen). Nachrichten verfolgt er auf seinem Handy, am Computer ist er nur „wenig dran“, vielleicht eine Stunde pro Woche. Reisen würde er gerne mal nach Hamburg und Berlin, aber das gehe im Moment „wegen Corona“ nicht. Viel Kontakt, v.a. über das Handy/„Facebook“, hat er - so der Kläger weiter - mit einem „Kollegen“, der dieselben Interessen hat wie er („Kriegsgeschichten“). Darüber hinaus hat er noch „5 Leute“, auf die er sich „wirklich richtig“ verlassen könne und mit denen er auch was unternimmt. Eine sehr gute, „beste“ Freundin lebt eine Ortschaft weiter, die habe auch einen Hund und man gehe fast täglich zusammen spazieren. Auch geht er mit ihr zusammen einkaufen, macht den Garten bei ihr und ihrer Mutter und kümmert sich um ihr Auto. Er telefoniert jeden Tag mit ihr und besucht sie regelmäßig, sie habe z.B. draußen eine schöne Sitzecke, wo man die Sommerabende miteinander verbringt. Im Winter sei sie eher bei ihm und dann kucke man auch mal einen Film zusammen. In beruflicher Hinsicht kann sich der Kläger ausdrücklich „kleine handwerkliche Sachen“ vorstellen, am liebsten im Bereich Metallbau, oder als Kurierfahrer bzw. eine Tätigkeit mit Hunden, z.B. als Hundetrainer („Traum“: Betreiben einer Hundepension oder Hundeschule).

Dass der Sachverständige unter Zugrundelegung all dessen und dem auffälligen Ergebnis des Beschwerdevalidierungstests (namentlich Strukturierter Fragebogen Simulierter Symptome - SFSS -: Gesamtscore von 28 bei einem Cut-off-Wert von 16 als „sehr deutlicher“ Hinweis für nicht authentische Beschwerden bzw. Simulation, s. S. 33 f., 39 des Gutachtens) keine höhergradigen funktionellen Einschränkungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen zu objektivieren vermocht und lediglich die o.a. qualitativen Einschränkungen angenommen hat, ist für den Senat in jeder Hinsicht überzeugend.

B1 hat damit die Leistungsbeurteilung des P in dessen (urkundbeweislich verwertbaren) Gutachten vom 19.07.2017 bestätigt (s. dazu auch S. 44 des Gutachtens). Dass er (B1) die Leiden des Klägers von psychiatrischer Seite teilweise abweichend bezeichnet hat als P (namentlich somatoforme Schmerzstörung und agoraphobische Problematik einerseits, chronisches Schmerzsyndrom/„Fibromyalgie“ und soziale Phobie ohne Angst- und Panikattacken andererseits), bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung - auch darauf hat B1 zu Recht hingewiesen (s. S. 44 des Gutachtens) -, denn im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung kommt es nicht entscheidend auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH, in juris), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen, sodass auch die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht maßgeblich sind (BSG, a.a.O.). Derartige Funktionsstörungen anhand objektiv-klinischer Befunde, die geeignet wären, eine rentenrechtlich relevante zeitliche Leistungseinschränkung zu begründen, hat aber weder der Sachverständige B1 noch der Gutachter P zu erheben vermocht.

Das Sachverständigengutachten des B rechtfertigt keine andere Beurteilung. Seiner Leistungseinschätzung kann bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil er ihr Gesundheitsstörungen zu Grunde gelegt hat, die beim Kläger gar nicht vorliegen. B1 hat in seinem Gutachten im Einzelnen dargelegt und begründet, dass beim Kläger namentlich keine irgendwie geartete Zwangsstörung vorliegt (vgl. S. 46, 48 des Gutachtens). Auch hat B1 überzeugend darauf hingewiesen, dass die Befundangaben des B in Ansehung des von ihm (B1) erhobenen klinischen Befunds und der ihm vom Kläger geschilderten vielfältigen Alltagsaktivitäten - insoweit wird auf die obige Darstellung verwiesen - nicht nachvollziehbar sind. Ohnehin hat bereits N in seiner (als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbaren) sozialmedizinischen Stellungnahme von Juli 2019 (Bl. 117 f. SG-Akte) zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass B seiner Beurteilung im Wesentlichen die Beschwerdeangaben des Klägers zu Grunde gelegt hat, ohne diese kritisch zu hinterfragen und zu validieren. Dass und warum das Beschwerdevorbringen des Klägers indes nicht Grundlage der Beurteilung sein kann, hat B1 anschaulich dargelegt, denn es ist nicht mit den objektiv-klinischen Befunden in Übereinstimmung zu bringen und in Ansehung der klägerischen Alltagsaktivitäten auch nicht ansatzweise plausibel, was auch dem Ergebnis der von B1 durchgeführten Validierungstestung (s.o.) entspricht.

Die nämlichen Einwände gelten hinsichtlich der Beurteilung des Sachverständigen L, der ebenfalls keine Beschwerdevalidierung vorgenommen und nicht einmal eine körperliche Untersuchung durchgeführt hat. Auch darauf haben die B1 (s. S. 47 des Gutachtens) und N (sozialmedizinische Stellungnahme von November 2019, Bl. 145 f. SG-Akte) zutreffend hingewiesen und dem ist aus Sicht des Senats nichts hinzuzufügen.

Aus der Auskunft (gegenüber dem SG) des F folgt ebenfalls nichts, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte, zumal er eine Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers schon nicht abzugeben vermocht hat. Ungeachtet dessen sind die von ihm behaupteten Ganzkörperschmerzen weder in ihrer Art noch in ihrem Ausmaß objektiviert; insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Nämliches gilt hinsichtlich des Entlassungsberichts der Ärzte des Klinikums M1 (Bl. 49 ff. Senats-Akte), der wiederum maßgeblich auf den Beschwerdeangaben des Klägers beruht. Die seelischen Beeinträchtigungen des Klägers mit Schmerzzuständen - soweit objektiviert - begründen indes auf der Grundlage der Gutachten der B1 und Platz gerade keine zeitliche Leistungseinschränkung, sondern führen lediglich zu qualitativen Einschränkungen (s.o.).

Die Leistungsbeurteilung des H (in seiner Auskunft gegenüber dem SG) ist durch das Sachverständigengutachten des B1 widerlegt. Sie ist auch bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil H schon keine entsprechenden klinischen Befunde mitgeteilt hat - darauf hat bereits N zutreffend hingewiesen (sozialmedizinische Stellungnahme von August 2018, Bl. 52 SG-Akte) - und weil auf der Grundlage der Angaben des Klägers gegenüber B1 (s.o.) namentlich schon nicht ansatzweise von einer „mangelnden Selbstfürsorge“ des Klägers gesprochen werden kann. Unabhängig davon hat auch H als Therapeut die Beschwerdeangaben des Klägers weder kritisch hinterfragt, noch validiert, anders als der Sachverständige B1. Soweit H in seinen Berichten vom 05.03.2019 und 19.11.2019 erneut (Verdachts-)Diagnosen genannt hat, die in Art und Schwere über die von B1 zuletzt diagnostizierten und objektivierbaren seelischen Leiden hinausgehen, ist auch deren Vorliegen auf der Grundlage des Gutachtens des B1 widerlegt; Nämliches gilt hinsichtlich der im Rechtsmittelverfahren vorgelegten Arztbriefe des S1 (vgl. auch S. 48 f. des Gutachtens des B1).

Von orthopädischer Seite leidet der Kläger an den vom Sachverständigen S in seinem Gutachten vom 21.12.2018 genannten Gesundheitsstörungen (s. dazu oben im Tatbestand), die - was der Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat - ebenfalls zu keiner zeitlichen Leistungsminderung führen, sondern denen mit den vom Sachverständigen angeführten qualitativen Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen wird. Zu dieser Einschätzung gelangte auch bereits der M in seinem (urkundbeweislich verwertbaren) Gutachten vom 18.10.2017 und auch D hat in seiner Auskunft gegenüber dem SG ein Leistungsvermögen von drei „bis sechs Stunden“ (also einschließlich sechs Stunden) angenommen, was Erwerbsminderung ausschließt (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI: „mindestens“).

Gründe für ein Abweichen von der Leistungsbeurteilung der S und M liegen nicht vor. Dem steht bereits der von B1 beschriebene (s.o.) im Wesentlichen unauffällige körperlich-neurologische Befund - unter Berücksichtigung der objektivierbaren Schmerzzustände - sowie die Angaben des Klägers zu seinen Alltagsaktivitäten (s. auch dazu bereits oben) entgegen, worauf B1 zu Recht hingewiesen hat (vgl. S. 45 f. des Gutachtens). In Ansehung dessen lassen sich auch aus dem Arztbrief des P von Dezember 2019 keine weitergehenden, über die von den Gutachtern S und M beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgehende Funktionsbeeinträchtigungen ableiten - auch darauf hat B1 unter ausdrücklicher Verneinung radikulärer Ausfälle und einer Wurzelläsion hingewiesen (vgl. S. 42 des Gutachtens) -, zumal der Kläger gegenüber B1 namentlich selbst angegeben hat, weiterhin Holz zu schlagen und sich den Traktor vom Landwirt zu borgen, um das Holz zu sich zu holen (s. S. 18 des Gutachtens). Zusätzliche, überdauernde Funktionsbeeinträchtigungen im Anschluss an die stattgehabte unfallbedingte Wirbelfraktur der unteren Brustwirbel- bzw. oberen Lendenwirbelsäule sind mithin nicht ersichtlich und auch nicht konkret dargetan worden.

Auch sonstige Gesundheitsstörungen, die Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers haben könnten, liegen nicht vor. Insbesondere ist der Diabetes mellitus des Klägers erfolgreich behandelt (vgl. S. 16 des Gutachtens des B1: „im Griff“) und polyneuropathische Veränderungen liegen nicht vor (s. S. 40, 42 des Gutachtens des B1). Ein Karpaltunnelsyndrom hat B1 ebenfalls ausgeschlossen und der Kläger hat ihm insoweit auch über eine Beschwerdefreiheit berichtet (s. Gutachten a.a.O.). 

Unter Zugrundelegung all dessen hat auch der Senat keine Zweifel daran, dass der Kläger im Zeitraum ab dem 01.07.2017 noch in der Lage gewesen und es auch weiterhin ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass keine Erwerbsminderung vorliegt (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI). Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Unerheblich ist auch, dass beim Kläger ein GdB festgestellt ist, denn dem kommt hinsichtlich der zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit eines Versicherten keinerlei Aussagekraft zu (BSG, Beschluss vom 19.09.2015, B 13 R 290/15 B, in juris).

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist vorliegend nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94, in juris, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, in juris). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Diese zur früheren Rechtslage entwickelten Grundsätze sind auch für Ansprüche auf Renten wegen Erwerbsminderung nach dem ab dem 01.01.2001 geltenden Recht weiter anzuwenden (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 11.12.2019, B 13 R 7/18 R, juris Rdnr. 22). Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Die Klägerseite hat ihren Antrag, den L1 nach § 109 SGG gutachtlich zu hören (Schriftsatz vom 23.04.2021), nach den Hinweisen des Senats (s. Verfügungen vom 14.06. und 21.06.2021) nicht mehr aufrechterhalten, sodass der Senat darüber nicht zu entscheiden hat. Der Senat hätte den Antrag auch abgelehnt, da bereits im erstinstanzlichen Verfahren das Gutachten nach § 109 SGG bei B eingeholt worden ist. Ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG muss nur dann eingeholt werden, wenn besondere Gründe vorliegen (BSG, Beschluss vom 06.05.1958, 10 RV 813/56, in juris; Senatsbeschluss vom 17.09.2019, L 10 U 4081/18; Senatsurteil vom 23.03.2017, L 10 U 228/14; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 109 Rdnr. 10b). Derartige Gründe sind vorliegend weder ersichtlich noch dargetan worden. Im Übrigen ist der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vom Sachverständigen S orthopädisch begutachtet worden, der namentlich auch keine Hinweise auf eine rheumatische Erkrankung hat finden können.

Es hat auch keine Veranlassung bestanden, von Amts wegen noch ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Der (medizinische) Sachverhalt ist vielmehr entsprechend den obigen Ausführungen geklärt und namentlich die Sachverständigengutachten der B1 und S bzw. die Gutachten der P und M haben dem Senat die erforderlichen Grundlagen für seine Überzeugungsbildung vermittelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
Saved