S 44 KR 2075/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 44 KR 2075/17
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

 

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


T a t b e s t a n d :

Die Klägerin begehrt die Versorgung mit dem Rezeptur-Arzneimittel g-Strophanthin-8-Hydrat als Sachleistung.
Die 1951 geborene Klägerin leidet u.a. an einer Herzinsuffizienz NYHA III und Vorhofflimmern. Sie ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 27.03.2017 wandte sie sich an die Beklagte und beantragte die Kostenübernahme des Wirkstoffs g-Strophanthin-8-Hydrat (im Folgenden: Strophanthin) als Rezepturarzneimittel. Ihre behandelnde Ärztin verschreibe ihr dieses Arzneimittel nur noch auf Privatrezept, weil sie von der Kassenärztlichen Vereinigung den Hinweis erhalten habe, dass eine Verordnung zu Lasten der Gesetzliche Krankenkasse nicht erfolgen könne. Bei dem beantragten Arzneimittel handelt es sich um ein verschreibungspflichtiges Rezeptur-Arzneimittel, welches in Kapseln von der von der Klägerin als Bezugsquelle angegebenen Schloss-Apotheke in A. hergestellt wird. Die Art des Wirkstoffs (Quabain-8-Wasser, auch g-Strophanthin-8-Hydrat genannt) und die Wirkstoffmenge (3 mg/Kapsel) sind nach den von der Apotheke veröffentlichten Arzneimittelinformationen (http://www.strophantus.de/mediapool/59/596780/data/Stadler_Arzneimittelinformation.pdf) mit dem Fertigarzneimittel Strodival (r) mr, einem verschreibungspflichtigen Herzglykosid, vergleichbar, welches von dem Hersteller Meda Pharma GmbH seit dem Jahr 2012 nicht mehr hergestellt wird.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29.03.2017 die Übernahme der Kosten ab, weil Strophanthin-Fertigarzneimittel auf der sog. Negativliste für unwirtschaftliche Arzneimittel stünden und die Erstattung einer Individualrezeptur zudem eine Umgehung der Zulassungspflicht darstelle.
Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 07.04.2017 Widerspruch. Zur Begründung führte sie unter Vorlage weiterer Unterlagen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen aus, bei ihr habe sich im Verlauf einer schweren Basedow-Krise eine schwere Herzinsuffizienz entwickelt. Zudem leide sie seit vielen Jahren schwer unter dem Fibromyalgie-Syndrom, welches bekanntermaßen oft mit Medikamentenunverträglichkeiten einherginge. Sämtliche Medikamente, die sie zur Behandlung der Herzmuskelschwäche erprobt habe, hätten leider nicht auch angeschlagen oder enorme Nebenwirkungen verursacht. Nur unter Einnahme von g-Strophanthin-8-Hydrat habe sich ihre Befindlichkeit bezüglich der Herzinsuffizienz auf ein erträgliches Maß verbessert. Es bestehe kein Zweifel, dass sie auf das begehrte Arzneimittel zwingend angewiesen sei. Die Versorgung auf Kassenrezept erfolge durch die Beklagte seit Anfang 2013. g-Strophanthin-8-Hydrat stehe entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht auf der Negativliste. Dort finde sich nur Strophanthin D 3 und D 6.
Die Beklagte hat den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern mit der Prüfung beauftragt. In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 29.11.2017 hat der MDK eine Kostenübernahme nicht empfohlen. Bei dem beantragten Arzneimittel handele es sich um ein Rezepturarzneimittel, für welches das vom Bundessozialgericht geforderte positive Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses im Sinne des § 135 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht vorliege. Verwiesen werde auf fachärztliche kardiologische Mitbehandlung und Einleitung einer zugelassenen medikamentösen Therapie nach erfolgter Re-Evaluation.
Mit Schreiben vom 01.12.2017 hat die Beklagte der Klägerin unter Übersendung des MDK-Gutachtens nochmals mitgeteilt, dass die Kosten für die beantragte Arzneimittelversorgung nicht übernommen werden könnten.
Gegen dieses Schreiben hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 27.12.2017 Klage am Sozialgericht München erhoben.
Mit Beschluss vom 28.03.2018 hat das Gericht den Rechtstreit bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2018 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Wirkstoff Strophanthin um einen verschreibungspflichtigen Wirkstoff handele, welcher in der nach § 93 SGB V erstellten Negativliste genannt werde und welcher daher von der Versorgung zu Lasten der Gesetzliche Krankenkassen ausgeschlossen sei. Somit sei auch eine Kostentragung des verschreibungspflichtigen Rezepturarzneimittels g-Strophanthin-8-Hydrat ausgeschlossen.
Auf den mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10.07.2018 gestellten Antrag der Klägerin wurde der Rechtsstreit fortgesetzt. Ergänzend wurde vorgetragen, es sei bereits nicht erkennbar, dass das Präparat in der Anlage 2 Nummer 2-6 der aufgehobenen Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgeführt sei. Das Gleiche gelte für den Wirkstoff Strophanthin, jedenfalls soweit er im Rahmen einer phytotherapeutischen oder sonst allopathischen Therapie eingesetzt werde. Zudem könne eine vertragsärztliche Verordnung in medizinisch begründeten Einzelfällen selbst für Arzneimittel erfolgen, die nach der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) von der Versorgung zu Lasten der Krankenkasse ausgeschlossen seien.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte F. (Hausarzt und Facharzt für Innere Medizin) vom 16.08.2018, E. (Praktische Ärztin) vom 22.08.2018 und G. (kardiologisch-angiologische Schwerpunktpraxis) vom 15.03.2019, auf deren Inhalt einschließlich der jeweiligen Anlagen ausdrücklich Bezug genommen wird. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.10.2018 eine "Ärztliche Bescheinigung zur Notwendigkeit der Einnahme von G-Strophanthin", ausgestellt von der privatärztlichen Praxis für naturgemäße Medizin  W. vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 07.11.2018 ausgeführt, die vorliegenden ärztlichen Unterlagen zeigten nunmehr, dass bei der Klägerin eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliege und eine Medikation mit neueren Herzpräparaten nicht möglich sei, so dass ein Anspruch auf Kostenübernahme mit der begehrten Arzneimitteltherapie bereits aus der grundrechtsorientierten Erweiterung des GKV-Leistungskatalogs bestehe.
Auf die richterlichen Hinweise vom 19.12.2018 und 30.01.2019, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, sowie auf die Anfrage des Gerichts vom 21.03.2019 in Bezug auf den Befundbericht des G. vom 15.03.2019 hat die Klagepartei nochmals dargelegt, dass es vorliegend nicht um die Therapie des bei der Klägerin bereits im Jahre 2001 diagnostizierten Vorhofflimmerns gehe, sondern das streitgegenständliche Präparat allein zur Behandlung der bei ihr infolge einer zu spät behandelten Basedow-Erkrankung neu hinzugetretenen Herzinsuffizienz eingesetzt werde. Soweit es um die alternative Medikation mit Betablockern und anderen ACE-Hemmern gehe, betreffe diese nur das Vorhofflimmern. Diese Präparate habe die Klägerin ausweislich des Arztberichts des G. nicht vertragen. Die blutdrucksenkenden Mittel hätten bei ihr zu einer hypotonen Dysregulation geführt. Auch soweit ärztlicherseits die Anwendung von Koagulationshemmern vorgeschlagen worden sei, handele es sich um die Behandlung des Vorhofflimmerns. Nach Auftreten der Herzinsuffizienz habe die Klägerin zunächst über den Zeitraum von einem Jahr als Herzglykosid das Arzneimittel Digitalis eingenommen. Dieses Medikament habe bei der Klägerin, die ja auch an Fibromyalgie leide, aber unerträgliche Schmerzen verursacht, weshalb es habe abgesetzt werden müssen. Nicht nachvollziehbar sei im Übrigen, dass eine (im Arztbrief der kardiologischen Praxis I. vom 21.07.2016 vorgeschlagene) Pulmonalvenenisolation die eigentliche Herzinsuffizienz bessern solle, ganz abgesehen davon, dass ein derartiger operativer Eingriff bei der multimorbiden schwerkranken Klägerin kontraindiziert sei. Soweit im Befundbericht des G. mit dem Arzneimittel "Enestro" als neuartiges Medikament eine weitere mögliche Medikation angesprochen werde, bestehe eine Kontraindikation, weil bei der Klägerin bereits einmal ein Angio-Ödem aufgetreten sei.
Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst-,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 29.03.2017 und 01.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2018 zu verpflichten, die Klägerin mit dem Rezeptur-Arzneimittel g-Strophanthin-8-Hydrat als Sachleistung zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
      die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid sowie auf die Befundberichte der behandelnden Ärzte, welche aus ihrer Sicht bestätigten, dass ein Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Rezepturarzneimittel nicht bestehe.
Auf Anforderung des Gerichts hat sie zudem eine Leistungsübersicht über die der Klägerin zu ihren Lasten im Zeitraum vom 02.05.2012 bis 01.02.2019 verordneten Arzneimittel vorgelegt, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Mit Schreiben des Gerichts vom 24.09.2019 wurden die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung gehört.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Inhalte der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, welche dem Gericht zum Zeitpunkt der Entscheidung vollständig vorgelegen hat, Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Das Gericht konnte - auch ohne die Zustimmung der Beteiligten - gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG). Streitgegenstand sind die Bescheide der Beklagten vom 29.03.2017 und vom 01.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2018. Da es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 01.12.2017 - auch nach dem insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont der rechtskundig vertretenen Klägerin - nicht um einen Widerspruchsbescheid, sondern unter Berücksichtigung der auf die Möglichkeit der Erhebung eines Widerspruchs hinweisenden Rechtsbehelfsbelehrung allenfalls um einen wiederholenden Zweitbescheid handelte, war die am 27.12.2017 erhobene Klage wegen Fehlens des gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens zunächst unzulässig und analog § 114 SGG auszusetzen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 78 Rn. 3a mit Rspr.-Nachw.). Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2018 ist die Klage zulässig geworden und das Klageverfahren war von Amts wegen fortzusetzen. Der Widerspruchsbescheid ist Gegenstand des Klageverfahrens (§ 95 SGG).
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die beantragte Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel mit dem Wirkstoff g-Strophanthin-8-Hydrat. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
Für die Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit hält die Rechtsordnung zwei Verfahren bereit, zum einen für Arzneimittel die Überprüfung im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro-dukte nach §§ 21 ff AMG oder durch die Europäische Arzneimittel-Agentur nach Europäischem Verordnungs- und Richtlinienrecht und zum anderen für Behandlungs- und Untersuchungsmethoden die Überprüfung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) gemäß § 135 Abs. 1 SGB V. Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit müssen grundsätzlich anhand zuverlässiger, wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen aufgrund der Beurteilung einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt sein; dafür ist in beiden vorgenannten Verfahren die Überprüfung durch Auswertung sogenannter randomisierter, doppelblind durchgeführter und placebokontrollierter Studien vorgesehen. Soweit diese Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, wie es bei Arzneimitteln die Regel ist, bereits im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgt, wird eine etwaige zusätzliche Prüfung nach § 135 Abs. 1 SGB V als entbehrlich angesehen (vgl. zusammenfassend BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 6 KA 3/08 R -, Juris und BSG MedR 2010, 276, jeweils Rn. 19 m.w.N.). Bei Arzneimitteln folgt somit im Regelfall aus der Verkehrsfähigkeit zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV (vgl. zu diesem Zusammenhang BSG, Urteil vom 06.05.2009, aaO und MedR, a.a.O, jeweils Rn.19)
Bezüglich der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln ist zu differenzieren zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln. Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden (§ 4 Abs. 1 Arzneimittelgesetz -AMG-). Sie bedürfen nach § 21 AMG grundsätzlich der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung bzw. alternativ über die europarechtliche Genehmigung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V. Das nicht zugelassene Fertigarzneimittel gehört von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG, Urteil vom 03.07.2012, Az. B 1 KR 25/11 R; Urteil vom 27.03.2007, Az. B 1 KR 30/06 R, Urteil vom 02.09.2014, Az. B 1 KR 11/13 R, alle in Juris). Eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland ändert daran nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG) und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt diese nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und (privat)ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (vgl. hierzu Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30.08.2006, Az. L 5 KR 281/06, Juris, m.w.N.; nachgehend BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az. B 1 KR 30/06 R, Juris).
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Nach Nr. 1 dieser Vorschrift dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1 SGB V, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Die (privatärztliche) Verordnung als Rezepturarzneimittel ist - wie der Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG - unter Beachtung des BtMG zwar arzneimittelrechtlich zulässig. Für seine arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit reicht eine Herstellungserlaubnis aus (vgl. §§ 13 bis 15 AMG). Nach höchstrichterlicher ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az. B 1 KR 30/06 R - a.a.O.) dürfen die Krankenkassen ihren Versicherten eine Therapie mit einem neuartigen Rezeptur-Arzneimittel, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss bisher nicht empfohlen ist, jedoch grundsätzlich nicht gewähren, weil auch der Bereich der Pharmakotherapien in den Regelungsbereich des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V einbezogen ist. Dies bedeutet, dass in den Fällen, in denen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nicht in einem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren überprüft worden, z.B. weil das Mittel keiner Zulassung bedarf, § 135 Abs. 1 SGB V uneingeschränkt Anwendung findet (BSG, Urteil vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R -, Juris-Rn. 18). Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes ist nur unter bestimmten - wenn auch engen - Voraussetzungen zulässig, so bei einem sogenannten "Seltenheitsfall" (BSGE 93, 236), beim sogenannten "Systemversagen" (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B1 KR 24/06 R, Juris) und im Wege der sogenannten grundrechtsorientierten Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, Az. 1 BvR 347/98, Juris; durch den Gesetzgeber in § 2 Abs. 1a SGB V umgesetzt).
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Rezeptur-Arzneimittel g-Strophanthin-8-Hydrat durch die Beklagte und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihr eventuell in der Vergangenheit für die Anschaffung von g-Strophanthin-8-Hydrat bereits entstanden sind.
g-Strophanthin ist eines der Strophanthine, die im Samen diverser afrikanischer Schlingpflanzen der Gattung Strophanthus aus der Familie der Hundsgiftgewächse vorkommen. g-Strophanthin zählt zusammen mit dem in Strophanthus kombe vorkommenden k-Strophanthin zu den herzwirksamen Glykosiden (https://de.wikipedia.org/wiki/G-Strophanthin, Recherche vom 21.11.2019). Herzglykoside Digitoxin und Beta-Acetyldigoxin sind zur Frequenzkontrolle bei tachyarrhythmischem Vorhofflimmern indiziert (Hoppe et. al, Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz, Zeitschrift für Kardiologie, Bd. 94, S. 501; DOI 10.1007/s00392-005-0268-4). Wegen unzuverlässiger und geringer oraler Resorption und auch bei intravenöser Gabe unvorhersehbarer, variabler Abklingquote hat der Wirkstoff g-Strophanthin schulmedizinisch keine klinische Bedeutung (U.C. Hoppe und E. Erdmann, Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz, Zeitschrift für Kardiologie, Bd. 90, Heft 3, S. 226). Strophanthinhaltige Arzneimittel sind nach der Anlage 1 zu § 1 Nr. 1 und § 5 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) verschreibungspflichtig.
(a) g-Strophanthin-8-Hydrat als Fertigarzneimittel kann die Klägerin nicht beanspruchen. Es existiert kein nach dem deutschen oder europäischen Arzneimittelrecht zugelassenes strophanthinhaltiges Fertigarzneimittel, welches - wie ausgeführt - zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören würde. Das bis zum Jahr 2012 auf dem deutschen Markt erhältliche Fertigarzneimittel Strodival (r) mr des Herstellers Meda Pharma GmbH wird nicht mehr hergestellt, nachdem das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die fiktive Zulassung von Strodival am 15. Juli 2011 zurückgezogen hat, weil der Hersteller keine für die Nachzulassung notwendigen Studien durchgeführt hatte.
(b) Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, der Klägerin g-Strophanthin-8-Hydrat in Form eines von der Schloss-Apotheke in A. hergestellten Rezepturarzneimittels als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Ein Versorgungsausschluss ergibt sich zwar insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unmittelbar aus § 34 Abs. 3 SGB V, da der Wirkstoff g-Strophanthin-8-Hydrat weder in der bisher in der Anlage 2 Nr. 2 bis 6 der "Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung" (vom 21.02.1990, BGBl. I, 301 i. d. F. vom 09.12.2002, BGBl. I, 4554) geregelten sog. Negativliste, welche durch die Vorschrift mit Wirkung vom 01.01.2011 in den Verordnungsausschluss nach den AM-RL überführt wurde, noch in der Anlage III zur AM-RL (Übersicht über Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse) enthalten ist. In der überführten Anlage 2 Nr. 6 (Arzneimittel der besonderen Therapierichtung Homöopathie) der o.g. aufgehobenen Verordnung findet sich lediglich der Wirkstoff "Strophanthus kombe". Vorliegend soll das Arzneimittel nach dem Vortrag der Klägerin jedoch nicht im Rahmen der besonderen Therapierichtung Homöopathie, sondern allopathisch eingesetzt werden.
Für das beantragte Rezepturarzneimittel fehlt es jedoch an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA für g-Strophanthin-8-Hydrat, ohne welche - wie dargelegt - neuartige Pharmakotherapien mit verschreibungspflichtigen Rezepturarzneimitteln von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können.
(aa) Die Behandlung der Klägerin mit dem Rezepturarzneimittel g-Strophanthin-8-Hydrat ist als neue Behandlungsmethode i.S. von § 135 SGB V zu werten. In Abgrenzung zu einzelnen ärztlichen Maßnahmen oder Verrichtungen ist unter einer Behandlungsmethode die auf einem bestimmten theoretisch-wissenschaftlichen Konzept fußende Vorgehensweise bei der Behandlung einer Krankheit zu verstehen (BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 S 19; BSGE 84, 247, 250). Dieser Definition unterfällt die in Rede stehende Pharmakotherapie. Sie beruht auf der Annahme, dass Herzglykoside die in der Zellmembran lokalisierte Natrium-Kalium-Pumpe hemmen. Diese Hemmung wird als die klassische Wirkung der Herzglykoside angesehen, welche über den erhöhten zellulären Gehalt an Natrium und somit auch Calcium (via Natrium-Calcium-Austauscher) zu einer Steigerung der Kontraktionskraft der Herzmuskelzelle führt (positiv inotroper Effekt). Die Therapie ist auch als "neu" im Sinne der gesetzlichen Regelung einzustufen (zu diesem Kriterium für die Anerkennung einer Arzneimitteltherapie: BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, Juris-Rn. 22). Ihre Verfechter - wie z.B. der Verfasser des von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Aufsatzes von Y. (ZKM 2011; 2: 48-51) - grenzen sie bewusst von den in der vertragsärztlichen Versorgung leitliniengerecht angewandten, anerkannten pharmakologischen Therapien bei Herzinsuffizienz ab und berufen sich dabei insbesondere auf ältere wissenschaftliche Erkenntnisse und Studien, die jedoch den heutigen Qualitätskriterien nicht entsprechen (Wipplinger: Strophanthin: Das verschwundene Herzmedikament, medizin-transparent.at, 6. Februar 2015. https://www.medizin-transparent.at/strophanthin-das-verschwundene-herzmedikament) und die deshalb sowohl nach Ansicht ihrer eigenen Befürworter (z.B. Fürstenwerth H., https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25259953, Why Whip the Starving Horse When There Are Oats for the Starving Myocardium?: "......Therefore, a clinical re-evaluation of ouabain is warranted. Randomized double-blind prospective clinical studies with ouabain, which meet today's standards, are worthwhile and necessary.") als auch nach der gesetzgeberischen Intention einer wissenschaftlichen Neubewertung und der Qualitätsprüfung nach § 135 Abs. 1 SGB V unterzogen werden müssen. Obgleich Strophanthin also seit den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts vor allem in Deutschland häufig bei Herzstörungen eingesetzt wurde, handelt es sich heute jedenfalls nicht um eine Methode, deren Bewährung in der vertragsärztlichen Versorgung - beispielsweise wegen der Verwandtschaft zu anerkannten Methoden - so außer Zweifel stünde, dass sie vom Sinn und Zweck des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht erfasst würde (vgl. zu diesem Abgrenzungskriterium BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, Juris-Rn. 22). Vielmehr ist der Einsatz von Strophanthin wegen seiner nach älteren Erkenntnissen umstrittenen Wirkung bei oraler Einnahme heute schulmedizinisch bedeutungslos (Wipplinger, a.a.O.), so dass § 135 Absatz 1 Satz 1 SGB V auf die begehrte Arzneimitteltherapie Anwendung findet. Die gegenteilige Ansicht würde im Übrigen im Hinblick auf den im Jahr 2011 erfolgten Widerruf der fiktiven Zulassung für das wirkstoffgleiche Fertigarzneimittel Strodival (r) mr zu einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse führen (vgl. insoweit auch SG Aachen, Urteil vom 17.05.2018, S 15 KR 65/17, http://www.strophantus.de/mediapool/59/596780/data/Sozialgericht_Lehmann.pdf).
(c) Auf das positive Votum des GBA kann vorliegend auch nicht etwa deshalb verzichtet werden, weil hier zwei der die Klägerin behandelnden Ärzte (E. und W.) die Behandlung befürworten. Dies allein vermag die Empfehlung des GBA nicht zu ersetzen.
(d) Die Klägerin hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf Kostenübernahme des Rezepturarzneimittels g-Strophanthin-8-Hydrat als Naturalleistung, weil - wie sie vortragen lässt - ein anerkannter Ausnahmefall eines Seltenheitsfalls (dazu aa) bzw. eines Systemversagens (dazu bb) vorliegt.
(aa) Der Seltenheitsfall ist gegeben bei einer Krankheit, die weltweit nur extrem selten auftritt und die deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 08.09.2009, Az. B 1 KR 1/09 R und vom 19.10.2004, Az. B 1 KR 27/02 R - beide in Juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend zur Überzeugung des Gerichts nicht erfüllt. Die bei der Klägerin ausweislich der vorgelegten ärztlichen Unterlagen sowie nach den vom Gericht eingeholten Befundberichten diagnostizierten Erkrankungen (insbesondere Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern, Fibromyalgie, Hashimoto-Thyreoiditis mit Basedow-Krise) sind weltweit nicht so selten, dass sie weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden könnten.
(bb) Von einem Systemversagen ist ebenfalls nicht auszugehen. Ein Systemversagen ist anzunehmen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. In solchen Fällen ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben. Deshalb muss dann die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 07.05.2013, Az. B 1 KR 44/12 R - in Juris und Urteil vom 27.03.2007, Az. B 1 KR 30/06 R, a.a.O.). Die Voraussetzungen eines Systemversagens liegen hier erkennbar nicht vor. Denn es wurde weder ein Antrag an den GBA gestellt noch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass dies aus sachfremden und willkürlichen Erwägungen heraus nicht geschehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az. B1 KR 30/06 R, a.a.O., Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26.11.2015, Az. L 4 KR 419/15 B ER, Juris).
(e) Ein Leistungsanspruch der Klägerin lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung (Beschluss vom 06.12.2005, Az. 1 BvR 347/98, Juris) bzw. der in Umsetzung dieser Rechtsprechung und weiterer konkretisierender Urteile des BSG (z.B. Urteile vom 04.04.2006, Az. B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R ; Urteil vom 16.12.2008, Az. B 1 KR 11/08 R; alle in Juris) zum 01.01.2012 mit Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (BGBl I, S. 2983) eingefügten Regelung des § 2 Abs. 1a SGB V begründen. Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von  § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die grundrechtsorientierte Auslegung derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Arzneimittelversorgung entgegenstehen, hat zur Folge, dass die generelle Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 1 SGB V ) des Mittels ausnahmsweise bejaht werden muss, obwohl das begehrte Arzneimittel - als Fertigarzneimittel - bloß gemäß § 73 Abs. 3 AMG im Wege des Einzelimports über eine Apotheke aus dem Ausland beschafft werden kann oder obwohl der GBA zu dem Rezepturarzneimittel noch keine Empfehlung ausgesprochen hat und deshalb an sich das Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 27.03. 2007 - B 1 KR 30/06 R, Juris-Rn. 15). Die verfassungskonforme Auslegung setzt aber wie dargelegt - an erster Stelle voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (vgl. BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 Rn. 21 und 30 m.w.N. - Tomudex) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt (vgl. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 7 Nr. 31 - D-Ribose ). Daran fehlt es.
Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs auf eine neue Behandlungsmethode unter diesem Aspekt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17.12.2013, Az. B 1 KR 70/12 R -; BVerfG, Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom 26.03.2014, Az. 1 BvR 2415/13 -, beide in Juris), welcher sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, nur vor, wenn eine in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommende Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ohne die streitige Behandlung der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für den gegebenenfalls gleichzustellenden, akut drohenden und nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az. B 1 KR 17/06 R, a.a.O.). Das BSG hat insoweit weiter ausgeführt, dass mit den genannten Krankheits-Kriterien des BVerfG eine strengere Voraussetzung umschrieben wird, als sie mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des "Off-Label-Use" formuliert ist, weil hieran weitergehende Folgen knüpften und sich ohne einschränkende Auslegung fast beliebig vom Gesetzgeber bewusst gezogene Grenzen überschreiten liessen. Entscheidend ist, dass das vom BVerfG herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als maßgebenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.2006, Az. B 1 KR 3/06 R; vgl. a. BSG, Urteil vom 08.11.2011, Az. B 1 KR 19/10 R; beide in Juris). Verneint hat das BSG die qualifizierten Erfordernisse einer lebensbedrohlichen Krankheit im Sinne des Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005 (a.a.O.) z. B. bei einem Prostata-Karzinom im Anfangsstadium (Urteil vom 04.04.2006, Az. B 1 KR 12/05 R, Juris), sowie bei einer langsam progredient verlaufenden Friedreichschen Ataxie mit über Jahre hinweg möglichen stabilen Symptomen (Urteil vom 14.12.2006, Az. B 1 KR 12/06 R, a.a.O.).
Eine derartige notstandsähnliche Situation im vorbeschrieben Sinn ist im Falle der bei der Klägerin bestehenden, mit dem streitgegenständlichen Arzneimittel zu behandelnden Erkrankung (Herzinsuffizienz) zur Überzeugung des Gerichts trotz der unbestreitbaren Schwere dieser Krankheit nicht anzunehmen. Wie die verordnende Ärztin E. in ihrem Befundbericht vom 22.08.2018 ausführte, wäre ein tödlicher Verlauf der Herzinsuffizienz bei der Klägerin ohne Behandlung innerhalb von 2 Jahren und mit Behandlung innerhalb von 5 bis 10 Jahren, d.h. also - unabhängig von der Art der Behandlung - jedenfalls nicht akut innerhalb eines kürzeren Zeitraums zu erwarten. Ausweislich des aktuell vorgelegten Befundberichtes des Kardiologen G. vom 15.06.2019 war die Klägerin zum Untersuchungszeitpunkt im Juni 2019 zudem erfreulicherweise beschwerdefrei. Vorausgegangen war nach dem Arztbrief des G. von 11.12.2018 und den damit übereinstimmenden klägerischen Angaben im Schriftsatz vom 26.02.2019 eine Therapieänderung mit Ferrinject i.v.-Gabe 1000mg/20ml (bei Ferritin 7ng/ml und Fe 22 ug/dl) sowie Torasemid 10 zusätzlich zu der - ausweislich der Leistungsübersicht der Beklagten durchgehend seit 2013 und seit 2017 unstreitig privatärztlich - verordneten Strophanthinrezeptur. Durch die mit der Therapieänderung u.a. erwartete Myoglobin-Verbesserung sollte ausweislich des Arztbriefs des G. vom 11.12.2018 die Herzkraft wieder gesteigert werden. Bei der Kontrolluntersuchung im Juni 2019 war die Pumpleistung des Herzens sodann soweit verbessert, dass sie von dem behandelnden Kardiologen im Befundbericht vom 15.06.2019 als nur noch "leicht eingeschränkt" beurteilt wurde. Auch die Klinik war verbessert. Insgesamt fand sich nach den fachärztlichen Feststellungen des G. im Juni 2019 eine "rekompensierte Herzinsuffizienz" ohne den Nachweis einer Ischämie. Da zwischenzeitliche gesundheitliche Veränderungen weder geltend gemacht noch sonst erkennbar sind und maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden kombinierten Anfechtungs-,Verpflichtungs- und Leistungsklage - anders als bei einer reinen, isolierten Anfechtungsklage - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung des Gerichts und nicht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.01.2015 - L 6 U 4997/13 -, Juris-Rn. 28; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 54 Rn. 34 m. w. N.), liegt damit zur Überzeugung des Gerichts sowohl nach der o.g. Einschätzung der behandelnden Ärztin E. als auch insbesondere nach den aktuellen fachärztlichen Feststellungen des G. bei der Klägerin keine akut lebensbedrohliche organische Erkrankung vor, d.h. die diagnostizierte(n) Herz-Erkrankung(en) sind - v.a. auch im Hinblick auf die wie vorbeschrieben eingetretene gesundheitliche Verbesserung - derzeit nicht innerhalb eines kürzeren Zeitraums unmittelbar lebensbedrohlich. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Notstandssituation im vorstehend beschriebenen Sinn liegen damit nicht vor, so dass dahin stehen mag, welche allgemein anerkannten, dem aktuellen medizinischen Standard entsprechenden Behandlungsmethoden hier ggf. zur Verfügung stehen und wie insoweit die von der Klägerin geltend gemachte Therapieresistenz ihrer Erkrankung bzw. die vorgetragene Unverträglichkeit alternativer, unstreitig jedenfalls allgemein bei Herzinsuffizienz zur Verfügung stehender vertragsärztlicher Behandlungsmethoden einzuschätzen ist. Auch auf die zusätzlichen Anforderungen an den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Arzneimittelversorgung (kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht, Überwiegen des Nutzens bei unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs durchgeführter Abwägung von Chancen und Risiken, fachärztliche lege artis durchgeführte und dokumentierte Behandlung - dazu näher BSG, Urteil vom 04.04.2006, - B 1 KR 7/05 R, Juris-Rn. 27) kommt es nicht an. Obgleich dies daher hier nicht mehr von Entscheidungsrelevanz ist, soll lediglich ergänzend darauf hingewiesen werden, dass ein Anspruch der Klägerin nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V auch daran scheitert, dass zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass zur Behandlung der Herzkrankheit der Klägerin entgegen der von ihr geäußerten Ansicht allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmöglichkeiten - hier zumindest das unstreitig bei ihr bislang noch nicht zum Einsatz gekommene Arzneimittel Entresto (mit den Wirkstoffen Sacubitril und Valsartan)- zur Verfügung stehen. Dies geht aus dem Befundbericht des Kardiologen G. vom 15.03.2019 hervor. Soweit die Klägerin vortragen lässt, insoweit bestehe eine Kontraindikation, weil bei ihr bereits einmal ein Angio-Ödem aufgetreten sei, steht diese von ihr "in der Laien-Sphäre" gezogene medizinische Schlussfolgerung im Widerspruch zu der fachärztlichen Einschätzung des die Klägerin bereits seit dem Jahr 2002 behandelnden Kardiologen G. und kann daher nicht überzeugen. Entgegen dem Vortrag der Klägerin ist auch nicht plausibel, dass die Klägerin die von G. sowie von weiteren Ärzten in der Vergangenheit zur Therapie ihrer Herzerkrankung vertragsärztlich empfohlene Standard-Medikation (u.a. Beta-Blocker und ACE-Hemmer) tatsächlich über einen relevanten Zeitraum verordnet erhalten und nicht vertragen hat. Denn aus den bis in das Jahr 2012 zurückreichenden Leistungsübersichten der Beklagten ergibt sich insoweit lediglich eine einmalige Verordnung des Betablockers Bisoprolol sowie des Kalziumantagonisten Verapamil im Jahr 2013. Dass die Klägerin diese Präparate nicht vertragen hat, ist wiederum ausschließlich ihren eigenen - nachweislos vorgetragenen - Angaben zu entnehmen. Medizinische Unterlagen zu eingetretenen unerwünschten Nebenwirkungen der ärztlicherseits vorgeschlagenen Therapieoptionen bzw. zu einem ausgebliebenen Therapieerfolg hat sie nicht vorgelegt. Auch G. führt in seinem Befundbericht - insoweit im Widerspruch zu den klägerischen Behauptungen im Schriftsatz vom 06.08.2019 - aus, dass eine andere Medikation als die Strophanthinrezeptur nicht von ihm selbst, sondern "von auswärtigen nicht bekannten Ärzten versucht und wegen Nebenwirkungen abgesetzt" worden sei. Auch der behandelnde konnte eine Unverträglichkeit der Leitlinien-Präparate wegen nicht hinnehmbarer Nebenwirkungen bei der Klägerin also nur fremdanamnestisch nach Angaben der Klägerin feststellen. Zudem hat er auf die Frage des Gerichts, ob bei der Behandlung mit dem beantragten Rezeptur-Arzneimittel eine ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht, geantwortet, dass ihm als Schulmediziner g-Strophanthin-8-Hydrat ohne Effekt bekannt ist. Dies entspricht im Ergebnis auch der negativen Beurteilung des behandelnden Facharztes für F. in seinem Befundbericht vom 16.08.2018, wenn er auf die gleiche Frage des Gerichts antwortet, dies lasse sich nicht einfach sagen, da auch Plazebos eine Wirkung hätten, weil die Patientin sie positiv beurteile und eine Verweigerung des Rezepturarzneimittels "bei bestehender Fixierung auf die Wirksamkeit" natürlich auch ernste Konsequenzen haben könne.
Die Klage war nach alledem vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

 

 

 

 

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