L 10 R 2880/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 R 2018/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2880/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit.

Der 1956 geborene Kläger zog im Sommer 1972 aus der T kommend in das Bundesgebiet zu. Eine Ausbildung zum Lackierer begann er nach eigener Angabe Anfang des Jahres 1973, brach diese aber ab. Zuletzt war er vom 01.09.1992 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 14.05.2014 als angelernter Lackierer - bzw. in geringerem Umfang als Monteur - bei der Fa. H GmbH & Co. KG - Zerkleinerungstechnik - sozialversicherungspflichtig tätig (s. Arbeitgeberauskunft vom 05.02.2018). Eine Beschäftigung nahm er seither nicht mehr auf und war arbeitsunfähig bzw. arbeitsuchend. Er bezieht von der Beklagten seit dem 01.01.2019 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Antrag vom 08.11.2018, Bescheid vom 23.01.2019).

Von Mitte Dezember 2016 bis Mitte Januar 2017 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der M-Klinik in K teil, aus der er ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts vom 27.01.2017 (Bl. 59 ff. SG-Akte; Diagnosen: rezidivierende depressive Störung - gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome -, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Zustand nach Katarakt-OP 2015, Nikotinkonsum, benigne essentielle Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise, Tinnitus aurium, Spannungskopfschmerz, Prostatahyperplasie, Schulter-Arm-Syndrom bei Zustand nach Fraktur und operativer Versorgung)  zwar arbeitsunfähig, aber mit einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich entlassen wurde (ohne Akkordarbeiten bzw. starrer Maschinenarbeitstakt, ohne Wechselschichtdienst in Tagesschicht, ohne ständige Kälte-, Nässe-, Zugluftexposition, ohne überdurchschnittliche Anforderung an Aufmerksamkeit und Konzentration, ohne schwere Belastung des linken Arms). Die zuletzt ausgeübte Lackierertätigkeit sei nicht mehr leidensgerecht. Es bestünden Hinweise auf Verdeutlichungstendenzen.

Am 17.07.2017 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei (u.a. die sachverständige Zeugenauskunft der W und der S - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums N - vom 30.03.2017 aus dem Schwerbehindertenklageverfahren des Klägers), ließ diese sozialmedizinisch auswerten und lehnte den Rentenantrag - namentlich gestützt auf den Reha-Entlassungsbericht - mit Bescheid vom 06.09.2017 ab.

Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten des B vom 18.01.2018 ein, der nach Untersuchung unter Hinzuziehung der S1 (Untersuchung jeweils am 13.12.2017) beim Kläger eine überdauernde leichte depressiv-dysthyme Verstimmung bei rezidivierender Depression, eine vorbeschriebene Persönlichkeitsakzentuierung sowie einen Zustand nach zweimaliger - bei geplanter dritter - Operation im Bereich der linken Schulter diagnostizierte. Unter Berücksichtigung der von S1 genannten (lediglich) qualitativen Einschränkungen (kein andauerndes Heben und Bewegen von Lasten über 10 kg, keine ständigen Armvorhaltetätigkeiten, keine andauernden Überkopfarbeiten) könne der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten (keine Tätigkeiten in Nachtschicht, keine Tätigkeiten mit vermehrter Beanspruchung des Konzentrations- und Reaktionsvermögens, keine Tätigkeiten im Akkord). Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei hingegen nicht mehr leidensgerecht. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers (u.a. gestützt auf das Gutachten) als unbegründet zurück. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege nicht vor, sodass keine Erwerbsminderung bestehe. Als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs genieße der Kläger auch keinen besonderen Berufsschutz, weswegen auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.

Hiergegen hat der Kläger am 18.04.2018 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen auf die Einschätzung seiner behandelnden Ärzte verwiesen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der P hat über Husten beim Kläger bei fortgesetztem inhalativen Rauchen ohne Einschränkung der Lungenfunktion berichtet. Seitens seines Fachgebiets bestehe keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Die R (Nervenärztliche Gemeinschaftspraxis M1 Gesundheitszentrum F) hat u.a. mitgeteilt, dass sich der Kläger quartalsweise in ihrer Praxis vorstelle. Die bei ihm bestehenden (psychiatrischen) Symptome stimmten im Wesentlichen mit denen überein, die der B in seinem Gutachten beschrieben habe. Sie selbst habe die Diagnose einer rezidivierend depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome gestellt. Im Hinblick auf ihre „Kurzkontakte“ mit dem Kläger könne sie die berufliche Leistungsfähigkeit nicht adäquat einschätzen. Ihrer Meinung nach sei das unfallchirurgische-orthopädische Fachgebiet vorliegend maßgeblich. Der V hat über einen schweren degenerativen Rotatorenmanschettenschaden links mit dreimaliger operativer Versorgung berichtet. Seiner Einschätzung nach könne der Kläger leichte Arbeiten nur im Umfang von drei bis unter sechs Stunden verrichten, wobei entsprechende leidensgerechte Tätigkeiten im Hinblick auf den Ausbildungsstand des Klägers auf dem „freien Arbeitsmarkt in keiner Weise verfügbar“ sein dürften. Der I hat im Wesentlichen auf die fachärztlichen Befunde und die schwere psychiatrische Erkrankung sowie das Schulterleiden mit chronifizierten Schmerzzuständen verwiesen. Die berufliche Leistungsfähigkeit hat er mit unter drei Stunden täglich eingeschätzt.

Nach sozialmedizinischer Stellungnahme der Beklagten durch die H1 (von Oktober 2018, Bl. 120 f. SG-Akte) hat das SG von Amts wegen das Sachverständigengutachten des D vom 12.05.2019 eingeholt, der den Kläger am 08.05.2019 - nachdem bei ihm am 10.12.2018 eine arthroskopische Sehnenrekonstruktion rechts mit subacromialer Dekompression, arthroskopischer ACG-Resektion und Bizepssehnen-Tenotomie durchgeführt worden war (s. Operationsbericht des M vom 10.12.2018, Bl. 133 SG-Akte) - untersucht hat. D hat als Gesundheitsstörungen eine mittelgradig eingeschränkte Armvorwärts- und Armseitwärtsanhebung in beiden Schultergelenken auf Grund einer Rotatorenmanschettendegeneration beschrieben. Eine Tätigkeit als Lackierer sei nicht mehr möglich. Leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger indes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten, wobei in qualitativer Hinsicht das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg sowie Arbeiten in Armvor- und -seitanhebung von mehr als 70° zu vermeiden seien. Die Leistungseinschätzung des V könne - da auch schon nicht begründet - nicht nachvollzogen werden.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.07.2019 abgewiesen. Es hat den Kläger für in der Lage gesehen, jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung der vom Sachverständigen D und dem B1 aufgeführten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es hat sich dabei in orthopädischer Hinsicht dem Gutachten des D und in psychiatrischer Hinsicht dem Gutachten des B angeschlossen und dies im Einzelnen begründet. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit könne der Kläger nicht mit Erfolg beanspruchen, weil er jedenfalls namentlich auf die Tätigkeit eines Registrators (Hinweis auf das Urteil des 13. Senats des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 25.09.2012, L 13 R 6087/09, in juris) verwiesen werden könne.

Gegen den - seinen Prozessbevollmächtigten am 01.08.2019 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26.08.2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass D nicht berücksichtigt habe, dass die Operationsnaht bei ihm immer wieder reiße, worauf V hingewiesen habe und was Ursache seiner Erwerbsminderung sei. Außerdem habe D sich nicht mit der abweichenden Leistungseinschätzung des V auseinandergesetzt. Darüber hinaus seien seine schweren psychiatrischen Beeinträchtigungen nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß, vgl. Bl. 23 Senats-Akte),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2019 sowie den Bescheid vom 06.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab dem 01.07.2017 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Der Senat hat M sowie die Ärzte der BG Uklinik T1 schriftlich befragt. M, der den Kläger ausweislich seiner Auskunft zuletzt am 08.01.2019 behandelte, hat im Wesentlichen auf den Zustand nach dreimaliger Operation der linken Schulter sowie die von ihm am 10.12.2018 durchgeführte Rekonstruktion der Rotatorenmanschette rechts verwiesen und die Einschätzung geäußert, dass der Kläger in Ansehung beider Schulterleiden und der langen Behandlungsdauer nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten könne. K1 (BG Uklinik T1) hat berichtet, dass der Kläger im Zeitraum vom 21.11.2017 bis zuletzt am 05.06.2018 in der Uklinik wegen einer Re-Ruptur der Rotatorenmanschette links behandelt worden sei. Seiner Meinung nach seien ihm leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen möglich gewesen. Die S2 von der Nervenärztlichen Gemeinschaftspraxis M1 Gesundheitszentrum F hat mitgeteilt, dass R als ehemalige Behandlerin des Klägers nicht mehr in der Praxis tätig sei. Als „letzten Befund“ hat sie die Auskunft der R gegenüber dem SG genannt (s. Bl. 62 Senats-Akte).

Zu den eingeholten Auskünften hat die Beklagte durch die Beratungsärztin H1 Stellung genommen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die sozialmedizinische Stellungnahme von April 2020 (Bl. 49 Senats-Akte) Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 06.09.2017 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2018, mit dem es die Beklagte ablehnte, dem Kläger auf dessen Antrag vom 17.07.2017 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Das SG hat die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.

Rechtsgrundlage für die hier in erster Linie begehrte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ist § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - u.a. - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarkts auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.


Unter Zugrundelegung dessen hätte ein entsprechender Versicherungsfall der Erwerbsminderung vorliegend spätestens Anfang Januar 2019 eingetreten sein müssen, weil der Kläger seither Altersrente bezieht und ein zeitlich späterer Versicherungsfall respektive ein zeitlich späterer Rentenbeginn auf Grund eines solchen Versicherungsfalls der Erwerbsminderung nicht zu einer entsprechenden Rentengewährung führen würde. Dem stünde die Regelung des § 34 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI als negative Anspruchsvoraussetzung (s. dazu nur Urteil des 7. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 21.05.2015, L 7 R 5354/14, in juris, m.w.N.) entgegen (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 14.07.2010, L 19 R 13/08, in juris; U. Freudenberg in jurisPK-SGB VI, § 34 Rdnr. 132 f., Stand 01.04.2014). Der Wechsel von einer Altersrente in eine andere Rente ist danach ausgeschlossen, wenn bereits eine Altersrente bezogen wird und zu einem späteren Zeitpunkt die Voraussetzungen (u.a.) für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (vgl. § 33 Abs. 3 und 5 SGB VI) erfüllt werden (Gürtner in KassKomm, § 34 SGB VI Rdnr. 40, Stand Juli 2020).

In Ansehung dieser Maßstäbe hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend im Wesentlichen gestützt auf das Sachverständigengutachten des D und das (im Wege des Urkundenbeweises verwertbare) Gutachten des B dargelegt und begründet, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen D und dem B1 beschriebenen (insoweit wird auf die obige Darstellung im Tatbestand Bezug genommen) qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich beträgt. Weiter hat es zutreffend dargelegt, warum die Leistungseinschätzung des V von orthopädischer Seite nicht überzeugt und dass sich auch aus der Auskunft der R psychiatrischerseits nichts Abweichendes ergibt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

In orthopädisch-chirurgischer Hinsicht leidet der Kläger an den von D in seinem Gutachten dargestellten Gesundheitsstörungen im Bereich der Schultern. Nichts Abweichendes ergibt sich aus der Auskunft (gegenüber dem SG) des V und der Auskunft (gegenüber dem Senat) des M. Über Schulterleiden - seinerzeit nur links - haben auch K1 (Auskunft gegenüber dem Senat), S1 (Befund im Gutachten des B, s. S. 10 des Gutachtens) und die Ärzte der M-Klinik (in ihrem ebenfalls urkundbeweislich verwertbaren Entlassungsbericht) berichtet.

Diese (beidseitigen) Schulterleiden führen indes nicht zu einer zeitlichen Leistungslimitierung, sondern bedingen lediglich die von D aufgeführten qualitativen Einschränkungen. Dies ist für den Senat auf Grundlage des vom Sachverständigen erhobenen klinischen Befunds (s. namentlich Bl. 149 ff., 155 SG-Akte: keine erkennbare Seitendifferenz in der - wenn auch verschmächtigten - Schultergürtelmuskulatur; lediglich links diskreter Schulterblatthochstand; Muskulatur im Bereich beider Ober- und Unterarme seitengleich regelrecht kräftig ausgeprägt; Beweglichkeit in beiden Schultergelenken lediglich mittelgradig in Abduktion und Elevation eingeschränkt: Arm seitwärts/körperwärts: beidseits 70-0-20°, Arm rückwärts/vorwärts: beidseits 30-0-80°; Stabilität in beiden Schultergelenken regelgerecht; beidseits seitengleich mittelkräftiger Händedruck; beidseits vollständiger Faustschluss, Spitz-, Schlüssel-, Pinzetten- und Hakengriff; alle übrigen Gelenke der oberen Extremitäten bei regelrecht entwickelter Muskelbemantelung der Ober-/Unterarme frei beweglich; auch sämtliche Wirbelsäulenabschnitte altersentsprechend frei beweglich, ebenso die unteren Extremitäten) und der ihm vom Kläger geschilderten noch möglichen Alltagsaktivitäten (spazieren gehen, wenn auch nur „ab und zu“; keine Probleme beim Gehen, fahren mit Auto und Bus noch möglich, s. Bl. 147 SG-Akte) in jeder Hinsicht schlüssig und nachvollziehbar. Von lediglich qualitativen Einschränkungen von Seiten des orthopädisch-chirurgischen Fachgebiets sind auf der Grundlage ihrer jeweiligen Untersuchung auch die Ärzte der M-Klinik, S1 und K1 ausgegangen (s.o.).

Soweit die Klägerseite weiterhin auf die Leistungseinschätzung des V (Auskunft gegenüber dem SG) verwiesen hat, kann dieser - darauf haben bereits das SG und auch H1 (sozialmedizinische Stellungnahme von Oktober 2018, als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar) hingewiesen - schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er keinen entsprechenden objektiv-klinischen Befund mitgeteilt und seine Einschätzung auch nicht weiter begründet hat. Seine Behauptung, der Kläger würde auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keinen leidensgerechten Arbeitsplatz finden, trägt seine Leistungsbeurteilung schon deshalb nicht, weil rechtlich unerheblich ist, ob dem Kläger ein für ihn geeigneter, freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn das Risiko, ob ein Versicherter auch tatsächlich einen für ihn geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz erhält, fällt in den Bereich der Arbeitslosenversicherung und ist deshalb nicht von der Rentenversicherung zu tragen, die ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94). Ebenso erschließt sich nicht, warum der Zustand nach dreimaliger operativer Versorgung der Schulter links für sich gesehen eine Erwerbsminderung begründen sollte. Auf die Ursache dieser operativen Versorgung (Riss der Rotatorenmanschettennaht) kommt es entgegen V und dem Rechtsmittelvorbringen schon nicht entscheidend an, denn im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung ist nicht eine bestimmte Diagnosestellung oder die Bezeichnung von Befunden maßgeblich, sondern allein die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH), also die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen, und nicht die Ursachen der Gesundheitsstörung (BSG, a.a.O.). Ebenfalls spielt es keine entscheidende Rolle, ob wegen Krankheit oder Behinderung (akute) Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B). Maßstab für eine rentenrelevante Leistungseinschränkung ist - wie soeben dargelegt - die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen, also die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Derartige Funktionsstörungen, die ein Ausmaß erreichen, dass zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Einschränkungen des Klägers nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich möglich sind, haben weder D noch die S1 und K1 und auch die Ärzte der M-Klinik übereinstimmend und befundgestützt - gerade auch in Ansehung der mehrmaligen Operationen - nicht zu objektivieren vermocht. Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen.

Auch die Leistungseinschätzung des I (Auskunft gegenüber dem SG) ist widerlegt, weil die somatischen, namentlich die orthopädisch-chirurgischen Beschwerden des Klägers, auf die I seine Einschätzung (auch) gestützt hat, eine zeitliche Leistungsminderung gerade nicht begründen (s.o.). Unabhängig davon ist bei ihm schon eine besondere fachärztliche Kompetenz auf orthopädisch-chirurgischem Gebiet nicht erkennbar.

Widerlegt durch das Sachverständigengutachten des D - dem auch der Operationsbericht des M vorgelegen hat - ist auch die Leistungsbeurteilung des M (Auskunft gegenüber dem Senat), nachdem dieser den Kläger zuletzt am 08.01.2019, also zeitlich vor der Untersuchung durch den Sachverständigen, behandelte; darauf hat H1 (sozialmedizinische Stellungnahme von April 2020, Bl. 49 Senats-Akte) zutreffend hingewiesen. Dass und warum die Schulterleiden keine zeitliche Leistungslimitierung bedingen - und zwar weder vor noch nach der Operation im Dezember 2018 -, ist bereits oben dargelegt worden. Einen objektiv-klinischen Befund, der Abweichendes rechtfertigen könnte, hat im Übrigen auch M nicht mitgeteilt - auch darauf hat H1 (a.a.O.) zutreffend hingewiesen -, und der bloße Umstand, dass der Kläger wegen seiner Schulterprobleme über einen längeren Zeitraum (akut-)ärztlich behandelt wurde, lässt ebenfalls - auch dies ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen - nicht die Annahme höhergradiger und überdauernder Funktionsstörungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen zu.

In psychiatrischer Hinsicht leidet der Kläger an den vom B in seinem Gutachten genannten Gesundheitsstörungen (s. dazu oben im Tatbestand). Darüber hinausgehende mittel- oder gar höhergradige seelische Funktionsbeeinträchtigungen hat er nicht zu objektivieren vermocht, was im Hinblick auf den von ihm erhobenen klinischen Befund und den ihm vom Kläger (teilweise erst auf weitere Nachfrage eingeräumt, vgl. S. 7 des Gutachtens) geschilderten noch möglichen Alltagsaktivitäten (s. S. 6 ff. des Gutachtens: gutes Verhältnis und Kontakt innerhalb der Familie; Autofahren; einerseits: „gehe gar nicht raus“, andererseits: keine Tätigkeit mehr im Fußballverein, „gehe nur daran vorbei spazieren“; einkaufen; hilft der Frau im Haushalt; schaut fern; zweimal im Jahr Besuch der Moschee) in jeglicher Hinsicht schlüssig und nachvollziehbar.

Bei der Untersuchung durch den B1 ist der gepflegte Kläger im Kontakt adäquat, ausreichend kooperierend - bei fehl- und minderinnervierender sowie defizitär orientierter Beschwerdeschilderung (auch S1 hat Diskrepanzen zwischen den Beschwerdeangaben und dem Verhalten in unbeobachteten Momenten beschrieben, s. S. 10 des Gutachtens) -, wach, orientiert, bewusstseinsklar, psychomotorisch unauffällig und ohne Hinweise auf ein hirnorganisches Psychosyndrom oder eine leistungsrelevante Minderbegabung gewesen. Ein produktiv-psychotisches Erleben hat sich nicht eruieren lassen (S. 5 des Gutachtens). Konzentrations-, Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Wahrnehmungsstörungen haben nicht vorgelegen, ebenso wenig eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit oder ein Ich-Beeinflussungserleben. Das formale Denken des Klägers hat sich - bei Angabe von Grübeln - nicht auffällig und das inhaltliche Denken ohne Wahnideen gezeigt. Es hat lediglich ein Insuffizienzerleben mit Gekränktheit über die Beendigung des seinerzeitigen Arbeitsverhältnisses und den Umgang der Berufsgenossenschaft mit dem Unfall 2014 imponiert. Affektiv ist der Kläger - so der B1 - weit eher moros-dysthym denn mittelschwer oder gar schwer depressiv verstimmt bei nur leicht beeinträchtigter Modulationsfähigkeit gewesen (s. S. 11 des Gutachtens, auch zum Vorstehenden). Klinisch-neurologisch hat sich ebenfalls keine wegweisende Pathologika gezeigt, weswegen der B1 die diffusen und ausgestalteten (somatischen) Beschwerdeangaben des Klägers im Wesentlichen der - entsprechend dem klinischen Befund nur leichtgradigen - psychischen Störung zugeschrieben hat (s. S. 13 des Gutachtens). Namentlich auch höhergradige Schmerzzustände hat er nicht zu objektivieren vermocht, wie im Übrigen auch später D im Rahmen seiner körperlichen Untersuchung nicht.

Dass der B1 auf der Grundlage all dessen und der nur weitmaschigen („ca. einmal pro Quartal“, s. S. 4, 13 des Gutachtens) psychiatrischen Behandlung ohne Psychotherapie keine höhergradigen seelischen Funktionsstörungen hat objektivieren können und lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen ohne Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen gelangt ist, überzeugt den Senat uneingeschränkt.

Soweit die Ärzte der M-Klinik ausweislich ihres Entlassungsberichts noch eine höhergradige seelische Störung mit entsprechenden Schmerzzuständen diagnostiziert haben (s. oben im Tatbestand), ist dies für den Senat bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil der von ihnen mitgeteilte klinische Befund (s. Entlassungsbericht Bl. 2 S. 4: nur leichte Einschränkungen der Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit ohne pathologische Reflexe; Sensibilität, Koordination, Gang- und Standbild unauffällig; keine Nervendehnungszeichen; freie Gelenkbeweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten, ausgenommen linke Schulter; wach und zu allen Qualitäten voll orientiert; Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis nur leicht beeinträchtigt; im Affekt zwar niedergeschlagen, affektive Schwingungsfähigkeit aber erhalten bei Einengung sowie unspezifischen Hinweisen auf Ängste und Beeinträchtigungen von Antrieb und Psychomotorik; nur bei belastenden Themen erhöhte Reizbarkeit; formaler Gedankengang geordnet; keine Störungen des inhaltlichen Denkens, des Ich-Erlebens oder der Wahrnehmung; keine Auffälligkeiten des Intelligenzniveaus) Derartiges gar nicht hergibt und auch der seinerzeit durchgeführte Beschwerdevalidierungstest auffällig gewesen ist (s. Entlassungsbericht Bl. 2 S. 5), weswegen die Ärzte insoweit zu Recht - wie später auch der B1 und S1 (s.o.) - von Verdeutlichungstendenzen und einer Diskrepanz zwischen den Beschwerdeangaben und dem klinischen Befund (s.o.) ausgegangen sind. Einer weiteren Diskussion bedarf es indes nicht, denn wie bereits oben dargelegt, kommt es nicht entscheidend auf Diagnosen oder die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf (überdauernde) funktionelle Beeinträchtigungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen. Derartige, höhergradige seelische Funktionsdefizite haben indes auch die Ärzte der M-Klinik selbst unter der Annahme einer schwereren psychischen Erkrankung mit Schmerzzuständen gerade nicht gesehen und eine rentenrelevante zeitliche Leistungseinschränkung verneint. Dies hat der B1 bestätigt. Nur am Rande merkt der Senat noch an, dass der Kläger aus der Rehabilitationsmaßnahme auch in einem - wenn auch nur leicht - gebesserten und stabilisierten psychischen Gesundheitszustand entlassen worden ist (s. Bl. 2 S. 6 f. des Entlassungsberichts).

Aus der Auskunft (gegenüber dem SG) der R folgt nichts, was eine abweichende Leistungsbeurteilung rechtfertigen könnte, weil sie sich wegen der „Kurzkontakte“ mit dem Kläger schon nicht zu einer weitergehenden (Leistungs-)Beurteilung in der Lage gesehen hat. Diese Beurteilung hat der B1 geleistet und das Vorliegen einer schwereren seelischen Erkrankung überzeugend widerlegt (s.o.). Unabhängig davon hat sich R dem Gutachten des B im Wesentlichen ausdrücklich „hinsichtlich der Symptome“ angeschlossen, und auch ansonsten ergibt sich aus ihrer Auskunft nichts, was die gutachterliche Leistungseinschätzung in Frage stellen würde, worauf auch H1 hingewiesen hat, ebenso wie auf die von R bestätigte nur quartalsweise Behandlung, die - so überzeugend H1 - gegen einen hohen Leidensdruck und eine intensive Behandlungsnotwendigkeit spricht, zumal der Kläger jedenfalls von Juni 2018 bis Anfang 2022 überhaupt nicht mehr in psychiatrischer Facharztbehandlung gestanden hat, was der Senat der Mitteilung der S2 vom 22.01.2021 (Bl. 62 Senats-Akte) und den Schriftsätzen der Klägerseite vom 01.03.2021 bzw. 26.01.2022 (Bl. 69, 72 Senats-Akte) entnimmt. Dass sich der psychische Gesundheitszustand des Klägers nach der Untersuchung durch den B wesentlich verschlimmert hat, hat der Kläger nicht konkret dargetan und Derartiges ergibt sich auch nicht aus der Auskunft der R; vor dem Hintergrund der niederfrequenten psychiatrischen fachärztlichen Behandlung des Klägers (s.o.) wäre dies auch nicht plausibel. Auf den gegenwärtigen Gesundheitszustand kommt es - wie eingangs dargelegt - vorliegend nicht an.

Dass und warum der Leistungseinschätzung des I nicht gefolgt werden kann, ist bereits oben dargelegt worden und das Nämliche gilt, soweit er seiner Beurteilung höhergradige seelische Funktionsbeeinträchtigungen zu Grunde gelegt hat. Ungeachtet dessen beruht seine Einschätzung auch ganz wesentlich auf den subjektiven Angaben des Klägers, die aber in Ansehung der entgegenstehenden dokumentierten klinischen Befunde (s.o.) und der beschriebenen diskrepanten Beschwerdeangaben mit Verdeutlichungstendenzen nicht Grundlage der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung sein können. Soweit I auf die Auskunft der W und der S vom 30.03.2017 gegenüber dem SG im Schwerbehindertenklageverfahren des Klägers (S 25 SB 52/16) betreffend die Behandlung des Klägers bis Anfang Dezember 2016 (s. Bl. 108 SG-Akte) Bezug genommen hat, erschließt sich schon nicht, welcher (zusätzliche) Erkenntnisgewinn für den vorliegend allein relevanten Zeitraum von Anfang Juli 2017 bis Anfang Januar 2019 daraus auch in Ansehung der zeitlich späteren Rehabilitationsmaßnahme und des Gutachtens des B erwachsen sollte; dadurch werden die von den Ärzten der M-Klinik und vom B erhobenen Befunde (s.o.) nicht in Frage gestellt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) von Anfang April 2017 (Bl. 113 f. SG-Akte). Unabhängig davon kommt dem Grad der Behinderung (GdB) eines Versicherten ohnehin hinsichtlich der zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit keinerlei Aussagekraft zu (BSG, Beschluss vom 19.09.2015, B 13 R 290/15 B) und der krankenversicherungsrechtliche Begriff der Arbeitsunfähigkeit unterscheidet sich grundlegend von dem der Erwerbsminderung. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Deshalb kommt es für die Frage der Erwerbsminderung nicht darauf an, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B). Dass der MDK seinerzeit eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit annahm, besagt nichts über den tatsächlichen Eintritt von Erwerbsminderung, was der vorliegende Fall gerade anschaulich belegt.

Sonstige Gesundheitsstörungen - namentlich internistische - mit Funktionsbeeinträchtigungen, die Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers haben könnten, liegen nicht vor. Dies stützt der Senat auf den Entlassungsbericht der Ärzte der M-Klinik und auf die Auskunft (gegenüber dem SG) des P. Auch I hat das orthopädisch-chirurgische bzw. psychiatrische Fachgebiet für maßgeblich erachtet (s. Bl. 86 SG-Akte) und aus den internistischen Erkrankungen keine weitergehenden (qualitativen) Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit abgeleitet.

Unter Zugrundelegung all dessen steht mithin auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im vorliegend streitigen Zeitraum (s.o.) noch in der Lage gewesen ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass eine Erwerbsminderung nicht angenommen werden kann (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI). Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Zu Recht hat das SG unter zutreffender Darlegung der rechtlichen Grundlagen, insbesondere des sog. Mehrstufenschemas des BSG, - worauf hier verwiesen wird - auch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) verneint, weil der Kläger, der keinen Berufsabschluss hat, auch - zu seinen Gunsten unterstellt - als Angelernter des oberen Bereichs sozial und gesundheitlich zumutbar jedenfalls auf die Tätigkeit eines (angelernten) Registrators verwiesen werden kann. Dem hat die Berufung nichts entgegengesetzt.

Entsprechende Arbeitsplätze für Registratoren sind auf dem Arbeitsmarkt in nennenswerter Zahl vorhanden (Urteil des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012, L 13 R 6087/09, in juris, auf der Grundlage umfangreicher Auskünfte von Arbeitgebern im Bereich des Öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen, der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen und unter Hinweis auf die tarifliche Erfassung des Registrators unter Teil 3 Nr. 16 der Entgeltordnung der Länder; siehe auch z.B. Senatsurteile vom 23.09.2021, L 10 R 214/20, vom 25.02.2021, L 10 R 4714/17, und vom 17.10.2019, L 10 R 2778/17, alle m.w.N.; s. auch mit nämlicher Begründung Urteil des 5. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 22.07.2020, L 5 R 1115/18, in juris, m.w.N.).

Bei Tätigkeiten eines Registrators der Vergütungsgruppe VIII BAT handelt es sich - wie das BSG bereits mit Urteil vom 27.11.1991 (5 RJ 91/89) entschieden hat - um Tätigkeiten für Angelernte und damit um eine (auch) für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit. Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), des Bundes (TV-Bund) und für die Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber (TV-VKA) zunächst nichts geändert, weil eine die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT ersetzende Regelung zunächst nicht vereinbart worden ist.

Für die Beschäftigten der Länder ist am 01.01.2012 die Entgeltordnung der Länder (Anlage a zum TV-L) in Kraft getreten (und für die Kommunen entsprechend die Entgeltordnung VKA - Anlage 1 zum TVöD - zum 01.01.2017). Indessen ist hierdurch für die Frage der Zumutbarkeit einer Tätigkeit als Registrator keine Änderung eingetreten. Die Vergütungsgruppe VIII BAT (Tätigkeiten schwieriger Art) entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Entgeltgruppe (EG) 3 der neuen Entgeltordnung der Länder (bzw. der VKA), sodass die bisher nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnten Beschäftigten - und damit auch der Registrator - nach EG 3 entlohnt werden. Dies haben die Ermittlungen des 13. Senats im genannten Verfahren L 13 R 6087/09 bestätigt (vgl. Urteil vom 25.09.2012, a.a.O.).

Ebenso wie Tätigkeiten, die nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnt werden, sind Tätigkeiten nach EG 3 der Entgeltordnung der Länder (auch) einem Facharbeiter sozial zumutbar (Senatsurteile vom 23.09.2021, L 10 R 214/20, vom 25.02.2021, L 10 R 4714/17, vom 13.12.2012, L 10 R 1162/09; Urteile des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012, L 13 R 6087/09 und L 13 R 4924/09). Nach Teil 1 „allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst“ dieser Entgeltordnung erfasst die EG 3 Tätigkeiten, die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erfordern, die über eine Einarbeitung im Sinne der EG 2 (= einfache Tätigkeiten) hinausgeht (ebenso Teil A I. 2. der Entgeltordnung im Bereich der VKA). Wie bei der Vergütungsgruppe VIII BAT (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.1991, 5 RJ 34/90) ist damit eine längere Anlernzeit erforderlich. Dem gegenüber gilt die EG 4 für schwierige Tätigkeiten (Nr. 1) und erfasst (EG 4 Nr. 2) auch Tätigkeiten der EG 3, die mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordern; insoweit handelt es sich um früher im BAT VIII Nr. 1 B aufgeführte, einen Bewährungsaufstieg nach BAT VII ermöglichende Tätigkeiten. Dies zeigt, dass die Vergütungsgruppe BAT VIII im Wesentlichen der EG 3 entspricht. Entsprechend sehen die Tarifverträge zur Überleitung der Beschäftigten (TVÜ-Länder, TVÜ-Bund, TVÜ-VKA) eine Entlohnung der in Vergütungsgruppe VIII BAT eingruppierten Beschäftigten nach EG III bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung vor. Auch die EG 3 der neuen Entgeltordnung der Länder enthält, da sie inhaltlich, also hinsichtlich der qualitativen Anforderungen der Vergütungsgruppe BAT VIII entspricht, somit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeiten. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass in anderen Bereichen der Entgeltordnung für die Länder die Einstufung nach EG 4 einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfordert. So betrifft die EG 4 nach Teil III „Beschäftigte mit körperlich/handwerklich geprägten Tätigkeiten“ und dort Nr. 1 „allgemeine Tätigkeitsmerkmale“ Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als drei Jahren und damit gerade auch Facharbeiter im Sinne des oben dargestellten Mehrstufenschemas (mehr als zwei Jahre Ausbildungszeit). Nichts Anderes gilt für Beschäftigte im Bereich der VKA nach der dortigen Entgeltordnung (Teil A I. Nr. 2 der Entgeltordnung als Anlage 1 zum TVöD). Entsprechend sind von der nächst niedrigeren tariflichen Entgeltgruppe erfasste Tätigkeiten einem Facharbeiter zumutbar (BSG, Urteil vom 07.10.1987, 4a RJ 91/86), hier also jene der EG 3. Nämliches gilt auch hinsichtlich der Beschäftigten des Bundes nach der zum 01.01.2014 geltenden Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund), denn auch dort unterfallen „Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erforderlich ist, die über eine Einarbeitung im Sinne der Entgeltgruppe 2 hinausgeht“ der EG 3 (Teil I der Anlage 1 zum TV EntgO Bund).

Die Tätigkeit eines Registrators umfasst das Sortieren der von den zuständigen Bürofachkräften zu bearbeitenden Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Merkmalen, das Erledigen von anfallenden Schreibarbeiten, wie das Führen von Statistiken, Terminüberwachungslisten und Karteien, das Ziehen und Abstellen von Ordnern/Akten, das Weiterleiten der zu bearbeitenden Vorgänge zu den sachbearbeitenden Stellen innerhalb des Betriebs bzw. der Behörde mit Registraturwagen, das Abhängen von Akten oder das Abstellen von Ordnern nach der jeweiligen Bearbeitung. Die schwierigere Tätigkeit im Sinne der (ehemaligen) Vergütungsgruppe BAT VIII umfasst die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, die Führung von Brieftagebüchern schwieriger Art, die Führung von Karteien, buchhalterische Übertragungsarbeiten und Kontenführung (vgl. Senatsurteile vom 25.02.2021, L 10 R 4714/17, vom 17.10.2019, L 10 R 2778/17, und vom 11.04.2016, L 10 R 5272/12, jeweils unter Hinweis auf das Urteil des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.09.2012, L 13 R 6087/09, in juris, auf der Grundlage umfangreicher Auskünfte von Arbeitgebern im Bereich des Öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen, der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen und unter Hinweis auf die tarifliche Erfassung des Registrators unter Teil 3 Nr. 16 der Entgeltordnung der Länder; s. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015, L 13 R 250/14 m.w.N., in juris).

Tätigkeiten als Registraturkraft in größeren Unternehmen und im öffentlichen Dienst sind als leichte Tätigkeiten zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werden. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert, da in den Registraturen die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden sind. In Einzelfällen kann das Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg, Arbeiten auf Stehleitern und Zwangshaltungen wie Überkopfarbeiten anfallen. Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsplatzorganisation ab; folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden (vgl. Senatsurteile vom 25.02.2021, L 10 R 4714/17, und vom 11.04.2016, L 10 R 5272/12; Bayerisches LSG, a.a.O.).

Das oben dargelegte Leistungsvermögen des Klägers entspricht diesem Anforderungsprofil. So ist die Tätigkeit des Registrators leichter Art und sie wird nicht ausschließlich im Gehen und Stehen, sondern im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt. Sie trägt auch den weiteren qualitativen Einschränkungen Rechnung. Der Senat bezweifelt auch nicht, dass der Kläger die Anforderungen an die Tätigkeit in einer Registratur innerhalb einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig erfüllen kann. Entgegenstehendes hat er nicht einmal behauptet. Unerheblich ist - wie bereits oben dargelegt -, ob dem Versicherten ein für ihn geeigneter, freier Arbeitsplatz angeboten werden kann (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).

Der Senat hat vor diesem Hintergrund keine Veranlassung gesehen, die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle als für den Kläger ebenfalls sozial und gesundheitlich zumutbaren Verweisungsberuf (s. dazu bzw. zu den gesundheitlichen Anforderungen im Einzelnen nur Senatsurteil vom 13.12.2018, L 10 R 411/15, in juris, Rdnrn. 46 ff. m.w.N.) förmlich in das Verfahren einzuführen.

Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt. Namentlich das Sachverständigengutachten des D, das Gutachten des B und der Entlassungsbericht der Ärzte der M-Klinik haben dem Senat die erforderlichen Grundlagen für seine Überzeugungsbildung vermittelt. Der Senat hat sich in Ansehung dessen und des Umstands, dass es vorliegend auf den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers ohnehin nicht entscheidend ankommt (s.o.), nicht gedrängt gesehen, noch ein weiteres (psychiatrisches) Gutachten einzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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