L 9 R 5243/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 4580/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5243/14
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. November 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist der Beginn und die Dauer einer dem Kläger von der Beklagten gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie dessen Anspruch auf Auszahlung einer Nachzahlung in Höhe von 16.202,77 € streitig.

Der am 1950 geborene Kläger bezog gemeinsam mit seiner Ehefrau in einer Bedarfsgemeinschaft von 2007 bis zum 31.03.2010 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beigeladenen bzw. dessen Rechtsvorgänger (im Folgenden einheitlich: Beigeladener).

Mit Bescheid vom 20.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2009 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ab, da er die ihm übersandten Antragsformulare und Vordrucke nicht eingereicht hatte. Die hiergegen zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 9 R 936/09) wurde mit Gerichtsbescheid vom 13.01.2010 abgewiesen.

Auf dessen Antrag vom 26.10.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24.02.2010 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.04.2010. Ab April 2010 schied der Kläger aus dem Alg II- Leistungsbezug aus, seine Ehefrau bezog ab diesem Zeitpunkt Alg II unter Anrechnung der Rente des Klägers als Einkommen; der Kläger bezog Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Nachdem der Kläger den Bescheid des Landratsamts Rastatt - Versorgungsamt - vom 11.10.2010, mit dem ab dem 01.07.2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt wurde, vorgelegt hatte, gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2011 ab dem 01.04.2010 statt der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Ab dem 01.05.2011 wurden laufend monatlich 929,00 € gezahlt. Die für die Zeit vom 01.04.2010 bis 30.04.2011 errechnete Nachzahlung in Höhe von 999,44 € wurde mit Verfügung vom 25.03.2011 ausgezahlt, da pfändbare Beträge nicht vorhanden seien.

Am 24.11.2011 schlossen die Beteiligten in dem Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 13 R 611/10) wegen der Versagung der Rente wegen Erwerbsminderung einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte verpflichtete, die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 02.06.2008 zu prüfen und bei Vorliegen sämtlicher sonstiger rentenrechtlicher Voraussetzungen diese nachträglich zu erbringen.

In der Folgezeit legte der Kläger medizinische Unterlagen insbesondere über eine Unterschenkelfraktur durch einen Unfall im März 2008 vor. Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten Dr. A.-B. kam in einer Stellungnahme vom 29.06.2012 zu der Einschätzung, auf Grund der vorgelegten medizinischen Befunde könne rückblickend ein aufgehobenes Leistungsvermögen ab dem Unfall im März 2008 bis etwa März 2010 unterstellt werden. Danach sei eine deutliche Besserung im Hinblick auf die Unfallverletzung des Beines eingetreten.

Mit Bescheid vom 12.07.2012 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.10.2008 bis zum 31.03.2010. Die Anspruchsvoraussetzungen seien ab dem 13.03.2008 erfüllt, der Rentenanspruch zeitlich begrenzt, weil der Kläger nicht mehr voll erwerbsgemindert sei. Weiter führte sie aus, die Nachzahlung betrage 17.534,10 €, werde aber vorläufig nicht ausgezahlt.

Mit weiterem Bescheid vom 19.07.2012 stellte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung neu fest, da rückwirkend ab Rentenbeginn 01.10.2008 der ermäßigte Beitragssatz zur Pflegeversicherung berücksichtigt wurde. Der Nachzahlungsbetrag von 40,62 € wurde vorläufig nicht ausgezahlt.

Gegen die Bescheide vom 12.07.2012 und 19.07.2012 erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, er begehre die Rente wegen Erwerbsminderung als Dauerrente und den Beginn bereits ab Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen am 13.03.2008. Ferner widerspreche er der Auszahlung an den Beigeladenen oder an andere Stellen bereits jetzt. Der Beigeladene „erzwinge“ schon seit langem eine Bedarfsgemeinschaft, die in dieser Form schon lange nicht mehr bestehe, nur um auch die Leistungen der Ehefrau auf seine Rente anrechnen zu können. Die Übernahme der Aufwendungen des Beigeladenen für seine Frau lehne er ab, da er die Altersrente aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen erhalte und nicht für seine Frau. Die Nachzahlung sehe er als Vermögen und nicht als Einkommen an, weshalb auch keine Stelle einen Anspruch auf diese Rentennachzahlung habe.

Mit Schreiben vom 26.07.2012 machte der Beigeladene gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt 19.547,38 € für die Zeit vom 01.10.2008 bis zum 31.03.2010 geltend, der sich aus Erstattungsansprüchen für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 16.202,77 € sowie Beiträgen zur Krankenversicherung in Höhe von 2.963,91 € und zur Pflegeversicherung in Höhe von 380,70 € zusammensetzte. Der Erstattungsanspruch, der auch für die nicht getrenntlebende Ehefrau des Klägers geltend gemacht wurde, wurde im Einzelnen für die jeweiligen Monate aufgeschlüsselt.

Mit Verfügung vom 14.08.2012 zahlte die Beklagte von dem Nachzahlungsbetrag aus dem Bescheid vom 12.07.2012 einen Betrag in Höhe von 16.202,77 € an den Beigeladenen und die Differenz in Höhe von 1331,33 € an den Kläger aus. Den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 40,42 € aus dem Bescheid vom 19.07.2012 zahlte die Beklagte am 24.08.2012 an den Kläger aus.

Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12.07.2012 und 19.07.2012 sowie gegen die „Nichtauszahlung der abgerechneten Erstattungsansprüche“ wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2012 zurück. Der Rentenanspruch sei aus medizinischer Sicht befristet. Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit würden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats geleistet. Der Widerspruch hinsichtlich der Auszahlung der Rentennachzahlung sei unzulässig, weil mit den angegriffenen Bescheiden nicht über die Auszahlung entschieden worden sei.

Hiergegen hat der Kläger am 13.12.2012 Klage beim SG erhoben und im Wesentlichen die Begründung aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.

Mit Urteil vom 12.11.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Die Bescheide vom 12.07.2012 und 19.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2012 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 13.03.2008. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente seien über den durch die Beklagte bewilligten Zeitraum hinaus nicht erfüllt. Die Rente des Klägers sei zu Recht befristet gewährt worden. Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das Leistungsvermögen des Klägers im März 2010, also zwei Jahre nach dem Unfall mit Unterbeinfraktur, den die Beklagte im Wesentlichen als Leistungsfall angesehen habe, noch rentenrelevant eingeschränkt gewesen sei. So habe der Facharzt für Chirurgie Dr. C. bereits im Juni 2008 einen reizlosen Lokalbefund im Bereich des Unterschenkels und des oberen Sprunggelenkes sowie des Fußes erhoben und von einer erlaubten Teilbelastung mit 20 kg am operierten Bein berichtet. Eine Vollbelastung sei nach dessen Angaben im September 2008 möglich gewesen, im Oktober sei das obere Sprunggelenk achsgerecht verheilt gewesen. Eventuell noch vorhandene leichte Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen würden einer sitzenden Tätigkeit nicht entgegenstehen. Dass sonstige internistische Gesundheitsstörungen einer Erwerbstätigkeit entgegenstünden, sei nicht ersichtlich und auch durch den Kläger nicht geltend gemacht worden. Da die Rentengewährung demnach zu Recht befristet erfolgt sei, sei auch der Rentenbeginn rechtmäßig. Ausgehend von einem Leistungsfall im März 2008 beginne die Rentengewährung erst ab dem 01.10.2008. Aus dem vor dem LSG Baden-Württemberg geschlossenen Vergleich folge entgegen der Ansicht des Klägers nichts anderes. Denn darin habe sich die Beklagte lediglich verpflichtet, die Bewilligung einer Rente ab dem 02.06.2008 zu prüfen, nicht auch, sie zu bewilligen. Der Antrag auf Auszahlung der Rentennachzahlung sei als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe keinen weitergehenden Anspruch auf Auszahlung der im Bescheid vom 12.07.2012 festgestellten Nachzahlung als durch die Beklagte bereits erfolgt. Der restliche Anspruch auf Auszahlung sei gemäß § 107 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erloschen. Das Eintreten der Erfüllungsfiktion setze das Bestehen eines Erstattungsanspruches voraus. Ein solcher habe dem Beigeladenen zur Überzeugung der Kammer in Höhe von 16.202,77 € zugestanden. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. § 104 SGB X sei, wie sich nunmehr auch aus § 44a SGB II ergebe, auch im Falle einer nachträglichen Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente auf den Erstattungsanspruch des Jobcenters anwendbar. Hinsichtlich der Höhe der vom Beigeladenen im Zeitraum der nachträglichen Rentengewährung vom 01.10.2008 bis zum 31.10.2010 gewährten Alg II-Leistungen bestünden keine durchgreifenden Bedenken. Der Beigeladene habe mit Schreiben vom 26.07.2012 detailliert Monat für Monat die einzelnen der Bedarfsgemeinschaft bewilligten Leistungen aufgeführt. Hiergegen seien keine überzeugenden Gesichtspunkte vorgetragen und auch sonst keine Fehler ersichtlich. Nicht zu folgen vermöge die Kammer dem Einwand des Klägers, es habe zwischen ihm und seiner Ehefrau keine Bedarfsgemeinschaft bestanden, diese habe der Beigeladene nur fingiert. Diese Frage sei – wie aus den beigezogenen Akten ersichtlich – bereits Gegenstand mehrerer sozialgerichtlicher Verfahren zwischen der Ehefrau des Klägers und dem Jobcenter gewesen und sei wiederholt im Sinne einer nach wie vor bestehenden Bedarfsgemeinschaft entschieden worden. Auch, inwieweit die angebliche Weigerung des Jobcenters, dem Kläger gesundheitliche Hilfen zu gewähren, sich auf die Höhe der zu erstattenden Leistungen auswirken sollte, sei für die Kammer nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig könne sich der vom Kläger in Ansatz gebrachte Arbeitsaufwand für die Erlangung der Rente auf die Höhe des Erstattungsanspruchs auswirken. Schließlich verfange auch der Einwand des Klägers, Leistungen des Jobcenters seien nicht nur an ihn, sondern zum erheblichen Teil auch an seine Ehefrau gewährt worden, nicht. § 34b SGB II erweitere die zu erstattenden Leistungen dahingehend, dass der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende auch hinsichtlich der an die in § 34 b SGB II genannten Angehörigen erbrachten Leistungen einen Erstattungsanspruch gegen den Träger dieser Leistungen habe. Schließlich könne auch der Hinweis des Klägers auf eine Abtretung seiner Ansprüche gegen die Beklagte an seine Ehefrau schon deshalb nicht verfangen, weil gemäß § 53 Abs. 3 SGB I Ansprüche auf laufende Geldleistungen - und nur auf solche beziehe sich die vom Kläger erwähnte Abtretungserklärung - nur in dem Umfang abgetreten werden könnten, wie Arbeitseinkommen nach § 850 c ff Zivilprozessordung (ZPO) pfändbar sei. Auch Rentennachzahlungen gehörten zu den laufenden Geldleistungen. Sämtliche monatliche Einzelansprüche lägen unter Berücksichtigung einer unterhaltspflichtigen Person unterhalb der Pfändungsgrenzen. Im Übrigen verhalte sich der Kläger widersprüchlich, wenn er zum einen Auszahlungen an sich verlange, zum anderen sich auf eine Abtretung an seine Frau berufe.

Hiergegen hat der Kläger Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Rentenantrag sei zwar erst am 02.06.2008 bei der Beklagten eingegangen, aus den medizinischen Unterlagen gehe jedoch hervor, dass zu diesem Zeitpunkt der Verlauf seiner Erkrankung noch nicht absehbar gewesen sei. Die Prognose seines Operateurs sei alles andere als positiv gewesen, auch was das Arbeiten anbelangt habe. Zum damaligen Zeitpunkt hätte die Rente bereits ab März bewilligt werden müssen. Der Beigeladene beanspruche den größten Teil seiner Rente und „verdiene“ damit letztlich an seiner dauerhaften Gesundheitseinschränkung des rechten Beines. Er habe ab Ende März 2008 für sieben Monate fast durchgehend im Rollstuhl gesessen. Nach den Angaben der Praxis Dr. D. vom 07.07.2011 habe die komplette knöcherne Durchbaung des Knochens erst Mitte September 2008 stattgefunden. Er beanspruche weiterhin die Rentenzahlung auch für die Monate März bis September 2008 und nicht erst ab Oktober 2008. Aus einem – zu den Akten gereichten – Schreiben der Notfallambulanz des Kreiskrankenhauses Rastatt vom 23.11.2011 gehe hervor, dass sein rechtes Bein weiterhin stark geschwollen sei und des Weiteren nun auch im rechten Bein Knieschmerzen auftreten. Der Kläger hat außerdem eine Behandlungsübersicht über die Behandlung durch Dr. E. vom 15.08.2014 bis 28.12.2016 vorgelegt. Mit Bescheid vom 18.01.2017 habe außerdem das Landratsamt Rastatt – Versorgungsamt – einen Grad der Behinderung von 60 und das Merkzeichen G ab dem 20.09.2016 festgestellt. Der Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten sei vom Beigeladenen unter dem Vorwand geltend gemacht worden, er habe (auch nach dem 01.04.2010) noch Leistungen beansprucht. Dies sei nicht zutreffend, der Beigeladene habe teilweise bei der Berechnung von Leistungen die erhaltenen Rentenzahlungen als Einkommen in Ansatz gebracht und dadurch Leistungen gekürzt. Zu einem späteren Zeitpunkt habe er diese Beträge noch einmal von der Beklagten erhalten und kassiere damit doppelt. Er gehe davon aus, dass die geltend gemachten Erstattungsforderungen zu hoch seien. Seitens des Beigeladenen hätten er und seine Frau in keiner Weise eine Hilfestellung erhalten, um nicht in die Obdachlosenunterkunft abzugleiten. Es sei vielmehr alles getan worden, um sie zu schädigen. Nachdem der Beigeladene aber durch die Beklagte über die anstehende größere Rentennachzahlung informiert worden sei, sei durch den Beigeladenen fast die komplette Rente wegen voller Erwerbsminderung und auch die Beträge, die ihm aufgrund der Schwerbehinderung zuerkannt worden seien, kassiert worden, obwohl der Beigeladene nie Leistungen hierfür erbracht und vielmehr alle Ansprüche in diese Richtung abgelehnt habe. Durch den Beigeladenen sei nie ein Mehrbedarf, sondern es seien immer nur die üblichen Leistungen des SGB II gewährt worden. Weitere Leistungen, die ihm ab dem Zeitpunkt des Unfalls eigentlich zugestanden hätten, wie Kompressionsstrümpfe, Zuschüsse zu orthopädischen Schuhen etc. seien regelmäßig verweigert worden. Bei Rentenbezug ab dem Unfallzeitpunkt wären ihm die Leistungen durch das Sozialamt anstandslos gewährt worden. Darüber hinaus liege der Beklagten bereits seit 1993 eine Abtretungserklärung zu Gunsten seiner Frau vor, die auch künftige Rentenansprüche zum Inhalt hatte, weshalb diese vorab hätten befriedigt werden müssen. Soweit in diesem Zusammenhang bei der Verteilung der Rentennachzahlung auf die Pfändbarkeit von Arbeitseinkommen abgestellt werde, halte er dies für nicht richtig, da seine Frau damit eindeutig benachteiligt werde. Er habe außerdem Zweifel, ob auf die aktuelle Gesetzeslage Bezug genommen werden dürfe oder ob nicht die damalige Gesetzeslage entscheidend wäre. Zu berücksichtigen sei auch das Thema des Einzelbezugs, d.h. des aufgelaufenen Betrags zu einer Summe. Wenn jetzt die Rechtsprechung der Jahre 2014 und 2021 angewandt werde, gerieten er und seine Frau komplett in Nachteil. Der Kläger hat zunächst eine Aufstellung (Bl. 22 der Senatsakten) vorgelegt, in der er selbst eine – berechtigte – Erstattungsforderung von 15.924,04 € errechnet und angegeben hat, es seien 278,73 € zu viel an die Beigeladene erstattet worden. Mit Schriftsatz vom 03.01.2017 hat er eine weitere alternative Berechnung vorgelegt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß)

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 12. Juli 2012 und 19. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2012 zu verurteilen, ihm ab dem 13. März 2008, hilfsweise ab dem 2. Juni 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren und die Beklagte zu verurteilen, ihm die restliche Nachzahlung aus dem Bescheid vom 12. Juli 2012 in Höhe von 16.202,77 € auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene hat keine Anträge gestellt.

Mit Schreiben vom 02.06.2021 und 18.06.2021 sind die Beteiligten auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Kläger hat mit Schriftsätzen vom 08.06.2021, 11.06.2021, 21.06.2021, 22.06.2021 und 24.05.2021 nochmals Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.


II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG nach - hier erfolgter - vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Soweit der Kläger auf die Anhörung die Gewährung von Akteneinsicht in die Verfahrensakten beantragt hat, wurde dem durch die – ebenfalls beantragte – Übersendung des angefochtenen Urteils des SG sowie seiner Berufungsbegründung entsprochen. Im Berufungsverfahren sind über die dem Kläger bekannten eigenen Schriftsätze hinaus keine Unterlagen aktenkundig geworden, die dem Kläger nicht bekannt wären. Die Frist zur Stellungnahme war auch nicht auf zwei Monate zu verlängern. Dem Kläger sind die wesentlichen Entscheidungstatsachen, wie sich auch seinen umfangreichen und detaillierten Schriftsätzen im gesamten Verfahren und zuletzt mit Schriftsätzen vom 08.06.2021, 11.06.2021, 21.06.2021, 22.06.2021 und 24.06.2021 ergibt, ausreichend bekannt; er hat im Klage- und im Berufungsverfahren umfangreich vorgetragen. Aus dem Senatsbeschluss vom 07.06.2021, mit dem die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, ergeben sich auch für den Kläger keine neuen Tatsachen, die eine umfangreiche Auseinandersetzung und damit die beantragte Verlängerung der Anhörungsfrist um zwei Monate erforderlich machen würde. Darüber hinaus ist auch im Hinblick auf die bisherige Verfahrensdauer eine Verlängerung der Anhörungsfrist für einen Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG nicht geboten. Der Senat hält, nachdem ein Erörterungstermin durchgeführt worden war und die Beteiligten umfangreich schriftlich vorgetragen haben, auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 13.03.2008, hilfsweise ab dem 02.06.2008 auf Dauer (dazu 1.), auf Auszahlung der Nachzahlung aus dem Bescheid vom 12.07.2012 in Höhe von 16.202,77 € (dazu 2.) und auf die hilfsweise geltend gemachte Auszahlung der Rentennachzahlung aufgrund einer Abtretung der Rentenansprüche vom 09.12.1993 (dazu 3.).

1. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die Rechtsgrundlagen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zutreffend dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den mit Bescheid vom 12.07.2012 bewilligten Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.03.2010 hinaus nicht besteht. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist ergänzend auszuführen, dass auch der Senat sich nicht davon überzeugen konnte, dass der Kläger einen Anspruch auf unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab März 2008 auf Dauer hatte, was – ausgehend von einem Leistungsfall am 13.03.2008 – nur dann der Fall wäre, wenn ein Anspruch auf unbefristete Rentengewährung bestanden hätte. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 101 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vor Beginn des siebten Monats mach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Renten wegen Erwerbsminderung werden grundsätzlich befristet geleistet. Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Abweichend von den genannten Grundsätzen werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI unbefristet geleistet, wenn der Rentenanspruch ausschließlich auf dem Gesundheitszustand und nicht (auch) darauf beruht, dass der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist, sofern unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann, wovon nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen ist. Maßgebend ist insoweit, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann, nicht ob sie behoben werden wird. Weder ist erforderlich, dass eine solche Behebung der Erwerbsminderung „überwiegend wahrscheinlich“ ist, noch, dass diese in „absehbarer Zeit“ wahrscheinlich sein muss. Der Ausdruck „unwahrscheinlich“ im Sinne des Satz 5 ist dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine rechtlich relevante Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Davon kann erst ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch danach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Eingeschlossen werden alle Therapiemöglichkeiten nach allgemein anerkannten medizinischen Erfahrungen, also auch Operationen, unabhängig davon, ob diese duldungspflichtig sind oder nicht. Es kommt also nicht darauf an, dass eine „begründete Aussicht“ auf Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit besteht. Entscheidend ist vielmehr die Möglichkeit, das Leistungsvermögen eines Versicherten auf der Grundlage anerkannter Behandlungsmethoden wiederherzustellen. Solange diese Möglichkeit besteht und im Einzelfall keine gesundheitsspezifischen Kontraindikationen entgegenstehen, ist von einer Unwahrscheinlichkeit der Behebung der Erwerbsminderung nicht auszugehen. Dabei ist ausreichend, dass die mit einer Behandlung angestrebte Besserung sich nicht von vornherein in einem Bereich bewegt, der sich als rentenrechtlich irrelevant darstellt, sondern die quantitative Leistungsfähigkeit des Versicherten über die für die volle Erwerbsminderung erhebliche Schwelle anheben kann. Die Frage, ob die Behebung unwahrscheinlich ist, ist zum Zeitpunkt der Bewilligung prognostisch zu beurteilen und unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der umfassenden gerichtlichen Nachprüfung (vgl. Schmitt/Kodor in Schlegel/Voelzke, jurisPK SGB VI, 2. Aufl. 2013, Stand 03.08.2020, § 102 Rdnr. 7 ff. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 31/05 R -, Juris).

Für den Senat steht fest, dass der Kläger ab dem Zeitpunkt des Unfalls im März 2008, bei dem er sich eine komplizierte Unterschenkelfraktur zugezogen hat, in seinem Leistungsvermögen in rentenrechtlich relevantem Umfang eingeschränkt war. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass das Leistungsvermögen des Klägers im März 2010, also zwei Jahre nach dem Unfall, noch rentenrechtlich relevant eingeschränkt war. Der Facharzt für Chirurgie Dr. C. hat in seinem ärztlichen Attest zur Vorlage beim Gesundheitsamt vom 05.06.2008 über einen reizlosen Lokalbefund im Bereich des Unterschenkels mit noch bestehender Schwellung und Ödem im Bereich des Unterschenkels und des oberen Sprunggelenks sowie des Fußes rechts berichtet. Da noch keine knöcherne Durchbauung vorlag, war noch keine Vollbelastung, sondern lediglich eine Teilbelastung mit 20 kg zumutbar. In der Behandlungsübersicht des Facharztes für Chirurgie Dr. D. wird am 16.09.2008 zwar eine Vollbelastung als möglich angesehen, die Tibia war zu diesem Zeitpunkt auch durchbaut, die Fibula allerdings noch nicht komplett fest. Die Röntgenuntersuchung am 27.10.2008 ergab am oberen Sprunggelenk eine achsgerechte Verheilung, es zeigte sich allerdings noch eine Entlastungsdystrophie der Fußwurzel. Dr. D. ging, bei weiterhin erforderlicher Krankengymnastik, allerdings davon aus, dass eine Vollbelastung wieder möglich ist. Da sich auch im Dezember noch eine Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks zeigte, ist die Annahme einer Leistungseinschränkung durch die Beklagte nachvollziehbar. Die letzte Behandlung bei Dr. D. fand allerdings, wie sich aus dessen ärztlichen Befundbericht vom 12.04.2012 ergibt, im Oktober 2009 statt.

Ausgehend von diesem Befund ist eine Einschränkung auch für leichtere – sitzende – Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bereits im Oktober 2008 nicht nachgewiesen. Anschließend befand sich der Kläger in Behandlung bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. F., der in seinem ärztlichen Befundbericht vom 18.04.2012 über eine letzte Untersuchung im Jahr 2010 berichtet hat. Unter Berücksichtigung der dokumentierten Behandlung ist die Einschätzung der beratenden Ärztin der Beklagten Dr. G. vom 27.06.2012, wonach das Leistungsvermögen für zwei Jahre nach dem Unfall eingeschränkt war, danach aber zumindest leichte Tätigkeiten wieder möglich gewesen wären, nachvollziehbar.

Auch der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitseinschränkungen über März 2010 hinaus – oder auf Dauer – das Leistungsvermögen auch in zeitlicher Hinsicht derart eingeschränkt hätten, dass ihm auch leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen nicht mindestens sechs Stunden täglich zumutbar gewesen wären.
Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers. Denn für das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (BSG, Urteil vom 23.10.1996 - 4 RA 1/96 -, juris). Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass im Befundbericht der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Rastatt vom 22.12.2011 über eine starke Schwellung des oberen Sprunggelenkes mit reizfreien Narbenverhältnissen, eine leichte Minderung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk und neu aufgetretene Knieschmerzen mit Druckschmerz berichtet wird. Dieser Befundbericht war aber Dr. G. bei ihrer Stellungnahme bekannt und hat – für den Senat nachvollziehbar – zu keiner anderen Beurteilung des Leistungsvermögens geführt. Soweit der Kläger zuletzt mit seinem Schriftsatz vom 24.06.2021 unter Vorlage eines Befundberichts des Klinikums Mittelbaden vom 13.12.2007 auf sonstige internistische Beschwerden, insbesondere eine Angina-Pectoris-Erkrankung verweist, liegen auch hierzu Befundberichte vor (u.a. des Klinikums Mittelbaden vom 15.01.2008 und 17.03.2008), die durch die Beratungsärztin der Beklagten gewürdigt und in ihrer Leistungsbeurteilung berücksichtigt worden sind. Eine Änderung der Leistungseinschätzung folgt hieraus auch für den Senat nicht.

Auch der vom Kläger angeführte Umstand, dass bei ihm die Schwerbehinderteneigenschaft und das Merkzeichen G anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Unabhängig davon, dass das Merkzeichen G erst ab dem 20.09.2016 zuerkannt wurde und damit deutlich nach dem hier streitigen Zeitraum, besitzt die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987 - 5b BJ 156/87 -, juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten). Gleiches gilt für das Merkzeichen G (Grenze: übliche Wegstrecke von 2 km, vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R -, juris, und damit geringere Anforderungen als bei der Wegefähigkeit).

Der Kläger weist daher zwar zutreffend darauf hin, dass im Zeitraum März 2008 bis Ende September 2008 auch nach der Einschätzung der Beklagten sein Leistungsvermögen in rentenberechtigender Weise eingeschränkt war, da aber eine Besserung bei laufender Therapie nicht unwahrscheinlich war, war die Rente befristet und damit erst ab dem siebten Kalendermonat nach dem Eintritt des Leistungsfalls im März 2008 zu gewähren. Der Kläger hat daher vor dem 01.10.2008 und über den 31.03.2010 hinaus keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Auszahlung von 16.2020,77 € aus dem Rentenbescheid vom 12.07.2012. Dem Begehren steht die Mitteilung der Rentennachzahlung vom 14.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2012 entgegen.

Unabhängig davon, ob es sich bei dem Schreiben vom 23.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2012 um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handelt (die Verwaltungsaktqualität der Mitteilung über die endgültige Abrechnung einer zunächst einbehaltenen Rentennachzahlung bejahend u.a. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.07.2020 - L 12 R 142/19 -, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.07.2016 – L 10 R 2514/15, Bayerisches LSG, Urteil vom 27.06.2017 – L 13 R 171/17 -, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.07.2018 - L 13 R 729/16 -, verneinend u.a. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2018 – L 8 R 1823/17 -, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.12.2017 – L 4 R 448/15 -, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.11.2018 - L 3 R 387/17 -, Sächsisches LSG, Urteil vom 15.03.2016 - L 5 R 463/13 -, offen gelassen BSG, Beschluss vom 07.12.2017 - B 5 R 176/17 B -, Juris), ist die Klage unbegründet; da der Kläger, wie das SG zutreffend festgestellt hat, keinen Anspruch auf Auszahlung des vollständigen Nachzahlungsbetrages hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 12.11.2013 ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Nachzahlungsanspruch in Höhe von 16.202,77 € gemäß § 107 Abs. 1 SGB X erloschen ist, da der Anspruch des Klägers aufgrund der berechtigten Erstattungsansprüche des Beigeladenen als erfüllt gilt. Es hat ebenso zutreffend ausgeführt, dass auch die an die nicht getrenntlebende Ehegattin des Klägers erbrachten Leistungen als Aufwendungen erstattet verlangt werden können. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführliche Begründung und Herleitung des Erstattungsanspruchs des Beigeladenen, der für den Zeitraum 01.10.2008 bis 31.12.2008 aus § 104 SGB X und für die Zeit ab dem 01.01.2009 aus § 40a Satz 1 bis 3 SGB II (in der ab dem 01.01.2009 gültigen Fassung vom 28.07.2014) folgt, Bezug genommen.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist lediglich ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch der Senat keine durchgreifenden Bedenken an der Höhe der durch den Beigeladenen geltend gemachten Erstattungsforderung hat. Der Beigeladene hat den Erstattungsanspruch bei Geltendmachung der Erstattungsforderung mit Schreiben vom 26.07.2012 beziffert und im Einzelnen aufgeschlüsselt. Der Kläger hat diesen Betrag im Berufungsverfahren (Bl. 22 ff.) selbst seiner Berechnung zugrunde gelegt.

Soweit der Kläger vorträgt, die Leistungen des Beigeladenen, die an seine Frau erbracht worden seien, seien nicht zu erstatten, trifft dies nicht zu. In § 34a SGB II in der ab dem 01.08.2006 bis zum 31.03.2011 gültigen Fassung vom 20.07.2006 und § 34b in der ab dem 01.04.2011 bis 31.07.2016 gültigen Fassung vom 13.05.2011 ist geregelt: Bestimmt sich das Recht des Trägers nach diesem Buch, Ersatz seiner Aufwendungen von einem anderen zu verlangen, gegen den die Leistungsberechtigten einen Anspruch haben, nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften, die dem § 33 vorgehen, gelten als Aufwendungen auch solche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die an die nicht getrenntlebende Ehegattin oder Lebenspartnerin oder den nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartner der leistungsberechtigten Person erbracht wurden sowie an deren oder dessen unverheiratete Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Hierbei handelt es sich um keine eigenständige Rechtsgrundlage, sondern eine Erweiterung des Umfangs eines gesetzlich normierten Ersatz- oder Erstattungsanspruchs, der neben § 104 Abs. 2 SGB X anwendbar ist. Der Beigeladene hat daher zu Recht auch die für die Ehefrau des Klägers erbrachten Leistungen erstattet verlangt.

Soweit der Kläger nun vorträgt, durch den Beigeladene seien Leistungen, die ihm aufgrund seiner Erkrankung zugestanden hätten, und ein etwaiger Mehrbedarf nicht bewilligt worden, hat dies keine Auswirkungen auf die Höhe der Erstattungsforderung, die sich anhand der tatsächlich erbrachten Leistungen bemisst.

3. Soweit sich der Kläger auf die Abtretungserklärung vom 09.12.1993 beruft, mit der er u.a. die Ansprüche auf Erwerbsunfähigkeits-, Berufsunfähigkeits-, Alters- und Hinterbliebenenrente „gegen den jeweiligen Leistungsträger an seine Frau abgetreten hat (vgl. Band II, Seite 47 der Verwaltungsakte), führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da der durch den Kläger mit seinem Klageantrag geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung der Rentennachzahlung an sich selbst auch im Falle einer wirksamen Abtretung keinen Erfolg hätte.

Darüber hinaus fehlt es an der für die Wirksamkeit der Abtretung gemäß § 53 SGB I erforderlichen Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit derjenigen Ansprüche, die vorliegend übertragen worden sein könnten. Bestimmtheit und Bestimmbarkeit betreffen die Person des Schuldners, Gegenstand und Umfang der Forderung sowie - bei Verwechslungsgefahr - auch ihren Rechtsgrund. Werden erst künftig entstehende Forderungen im Voraus übertragen, ist besonders bedeutsam, dass Gegenstand und Rechtsgrund der Übertragung bestimmt oder jedenfalls individuell bestimmbar sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die betreffende Forderung und ihr Rechtsgrund so genau bezeichnet sind, dass bei verständiger Auslegung unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Übertragung sein soll (BSG, Urteil vom 29.01.2014 - B 5 R 36/12 R -, Juris). Zwar sind die einzelnen denkbaren Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Abtretung im Einzelnen aufgelistet, es fehlen jedoch Angaben zur Höhe der Abtretung; allein die Begrenzung „auf den jeweiligen Kreditbetrag“ ist nicht ausreichend. Schließlich hat das SG zutreffend dargelegt, dass Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, in anderen Fällen - als denjenigen des § 53 Abs. 2 SGB I, die hier nicht vorliegen – gemäß § 53 Abs. 3 SGB I übertragen und verpfändet werden können, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Das SG hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass sämtliche monatliche Einzelansprüche ausgehend von einer unterhaltspflichtigen Person unterhalb der Pfändungsgrenzen liegen, so dass bereits aus diesem Grund eine wirksame Abtretung der Rentenansprüche nicht gegeben ist.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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