S 20 R 84/20

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Nordhausen (FST)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 20 R 84/20
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Der  Bescheid der Beklagten vom 28.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2019 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung im gesetzlichen Umfang ab 01.04.2017 zu gewähren.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand

Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1990 geborene Klägerin beantragte am 13.03.2017 bei der Beklagten eine Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog diverse medizinische Unterlagen bei und lehnte mit Bescheid vom 28.05.2018 den Antrag der Klägerin ab. Dagegen legte die Klägerin am 07.06.2018 Widerspruch ein. Nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2019 der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen, da nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen   bei der Klägerin noch ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen für mindestens 6 Stunden täglich vorliege.

Hiergegen hat die Klägerin am 17.01.2020 Klage erhoben. Sie führt an, dass aufgrund der Gesamtheit der diagnostizierten Erkrankungen eine Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben sei.

Die  Klägerin  beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung im gesetzlichen Umfang ab Antragstellung zu gewähren.

 Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf ihre Bescheide.

Das Gericht hat Befundberichte von F und S beigezogen. Ferner wurde ein psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten bei B eingeholt. Nach dem Gutachten von B vom 08.06.2020 bestehen folgende Gesundheitsstörungen:

Auf psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet:

Symptomdiagnosen:

  • rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradig; (ICD 10: F 33.0)
  • höhere kognitive Störung (Konzentration, Verlangsamung) bei normaler Intelligenz mit depressiven und sozialen Verhaltensauffälligkeiten sowie Einschränkungen in den exekutiven Funktionen; (ICD 10: F 07.8), bei V.a. perinatale Schädigung
  • keine wesentlichen Fähigkeitseinschränkungen im Rechnen, Schreiben und Lesen;    (ICD   10:       F 91.2) und durchschnittliche Intelligenz (IQ 92)
  • Nikotinabhängigkeit (10 Zigaretten/Tag); (ICD 10: F 17.24)

Strukturdiagnose:

  • selbstunsichere Bildung der Persönlichkeit bei kognitiver Teilleistungsstörung körperliche Diagnosen im Übrigen (übernommen):
  • Schiel- und Leistenbruch-Operation in der Kindheit
  • Zustand nach Sterilisation in 2013
  • Adipositas (100 kg bei 160 cm Körpergröße)

Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten unter 3  Stunden  täglich ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkord- und Nachtarbeit, mit unterdurchschnittlicher nervlicher Belastung ,mit unterdurchschnittlichem Konzentrationsvermögen und mit unterdurchschnittlichem Arbeits- und Zeitdruck verrichten. Dem Gericht liegen ferner vor die ergänzenden Stellungnahmen von B vom 10.08.2020. Dieses Leistungsvermögen bestehe ab dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung.  Eine Integration auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sei prognostisch mit hoher Wahrscheinlichkeit  nicht möglich. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozess- und die Beklagtenakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Sie ist auch  begründet, denn die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 gültigen Fassung (n. F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.         erwerbsgemindert sind,

2.         in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für  eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben und

3.         vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs.1 S 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die  Klägerin leidet unter Erkrankungen vor allem auf psychiatrisch- psychosomatischem Fachgebiet, die länger als 6 Monate bestehen und einen leistungsmindernden Dauereinfluss auf die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben haben. Auf die in den Gutachten angeführten Diagnosen und beschriebenen Leistungseinschränkungen wird verwiesen.

Die Klägerin ist voll erwerbsgemindert, denn sie ist nur noch in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter 3 Stunden täglich zu verrichten.

Die Kammer hat keine Zweifel, dass der Sachverständige die medizinischen Befunde zutreffend erhoben und aus ihnen die richtigen sozial-medizinischen Schlussfolgerungen gezogen hat. Die von dem Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen entsprechen den allgemein anerkannten Begutachtungsmaßstäben. Der Begutachtung lagen eine ausführliche Anamnese der Klägerin, eine Fremdanamnese ihrer Betreuerin, eine psychopathologische Befunderhebung und eine umfangreiche Testdiagnostik zugrunde. Ferner wurden die Vorbefunde und vorherige gutachterliche Untersuchungen der Klägerin ausgewertet Aus dieser Testdiagnostik ergaben sich unter anderem eine hirnorganische Beeinträchtigung bei verlangsamter kognitiver Leistungsgeschwindigkeit Zeit (ZVT-Zahlenverbindungstest), sowie ein unterdurchschnittliches Konzentrationsvermögen bei einer reduzierten grundlegenden Informationsverarbeitungskapazität und unterdurchschnittlichem Arbeitstempo (d 2 Aufmerksamkeits- und Belastungstest.) Diese Befunde stehen in Übereinstimmung mit dem Abschlussbericht des Internationalen Bildungs- und Sozialwerks e.V. vom 03.05.2016, dem eine Arbeits- und Belastungserprobung zugrunde lag. Auch hierbei wurde eine Auffassungserschwerung, vor allem Verlangsamung von Handlungen und Reaktionen, ebenso deutliche Defizite in den exekutiven Funktionen, im Bereich des komplexen Planens, Problemlösens und in der Fähigkeit der Konzeptbildung sowie der kognitiven Umstellungsfähigkeit festgestellt. Dies korrespondiert auch mit dem Betreuungsgutachten des Psychiaters Eemons-Freemont aus dem Jahre 2010, der ebenfalls eine Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten feststellte und deshalb eine rechtliche Betreuung befürwortete in den Bereichen Vermögensangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten, Geltungmachung und Abwehr von Ansprüchen Dritter, Vertretung bei Ämtern und Behörden, Entgegennahme und Öffnen von Post und Einwilligungsvorbehalt für den Abschluss von Verträgen. Die Betreuung wird weiterhin vom zuständigen Amtsgericht für notwendig gehalten und besteht fort. Die Leistungseinschätzung steht ferner in Übereinstimmung mit dem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 04.10.2018 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet durch den Facharzt für Nervenheilkunde Pfeffer, der ebenfalls zusammenfassend feststellte, dass die Klägerin unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht in der Lage sei, einer geregelten Erwerbstätigkeit über 3 Stunden täglich nachzugehen und dies dabei unter anderem damit begründete, dass Auffassung, Merkfähigkeit und Gedächtnis reduziert seien und die Klägerin im Denken verlangsamt sei, wobei komplexe Fragestellungen nur schwer erfasst würden.

Vor dem Hintergrund der Befunderhebung durch den Gerichtsgutachter und der ausgewerteten Vorbefunde und Gutachten ist nicht nachvollziehbar, wie der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in dem Gerichtsverfahren zu einer abweichenden Leistungseinschätzung kommt. Soweit dies argumentativ darauf gestützt wird, dass die Klägerin nicht verwahrlost oder ungepflegt zur Begutachtung erschienen sei, ist aus diesem Umstand nicht abzuleiten, dass ein Leistungsvermögen von 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt besteht. Unterschlagen wird dabei auch, worauf der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.08.2020 hinweist, dass die Betreuerin berichtete, dass es große Probleme in Bezug auf Körperpflege und Hygiene gebe, die Wohnung verwahrlost, das Bad zum Beispiel nicht nutzbar sei, weil die Klägerin aufgrund ihrer Antriebsstörung nicht in der Lage sei, aufzuräumen, weshalb die Klägerin durch Maßnahmen des betreuten Wohnens unterstützt werden müsse. Ebenso weist der Gutachter in dieser Stellungnahme vom 10.08.2020   zutreffend darauf hin, dass die vom ihm durchgeführte Testdiagnostik nur selektiv gewertet und wichtige Befunde ausgeblendet beziehungsweise unterschlagen wurden. Dies legt den Verdacht einer ergebnisorientierten Betrachtung zu Lasten der Klägerin nahe. Soweit seitens der Beklagten weiterhin bemängelt wird, dass den Vorbefunden und Gutachten keine bei einem Erwerbsminderungsrentenverfahren übliche Testdiagnostik zugrunde gelegt wurde, ist dieser Hinweis zwar grundsätzlich richtig, dennoch sind die Vorbefunde und Gutachten bei der Leistungsbewertung und auch im Hinblick auf die Feststellung des Leistungszeitpunkts so auszuwerten, wie dies vom Gerichtsgutachter durchgeführt wurde. Von der Beklagten werden hier vollkommen überzogene Anforderungen an die Validität von Vorbefunden in Form von Arztberichten, Befundberichten oder zu anderen Zwecken eingeholten Gutachten aufgestellt. Üblicherweise liegen zum Beispiel Befundberichte behandelnder Ärzte auch auf psychiatrischem Fachgebiet keine Testungen (zum Beispiel Beschwerdevalidierungstests) zugrunde, wie sie in einem Erwerbsminderungsrentenverfahren erhoben werden. Es entspricht auch der eigenen langjährigen Verwaltungspraxis der Beklagten, solche Befundberichte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens abzufordern und bei der gutachterlichen beziehungsweise sozialmedizinischen Leistungseinschätzung zu berücksichtigen. Auch wenn keine Testdiagnostik dokumentiert ist, können Befunde wie der Abschlussbericht des Internationalen Bildungs- und Sozialwerks, dem eine betriebliche Erprobung und fachpsychologisch validierte Verhaltensbeobachtung über 3 Monate zugrunde lag, gerade im Hinblick auf die berufliche Leistungsfähigkeit aussagekräftig sein. In diesem Rahmen wurde im Jahr 2016 festgestellt, dass die Klägerin zwar Arbeitsfähigkeiten besitze, diese jedoch nur mit viel Anleitung und Unterstützung zeigen könne und nicht in der Lage sei, dem notwendigen Arbeitstempo standzuhalten. Darüber hinaus wurden Schwierigkeiten im sozialen Bereich sowie Einschränkungen bezüglich der Kommunikationsfähigkeit festgestellt. Aus diesem Grund wurde keine Integrationschance auf dem ersten Arbeitsmarkt gesehen und die Empfehlung für eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen ausgesprochen. Der Umstand, dass die Klägerin gegenwärtig in einer solchen Einrichtung beschäftigt ist, spricht entgegen der Auffassung der Beklagten (Schriftsatz vom 16.06.2020) gerade nicht für die Fähigkeit, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig werden zu können. In ihrer Stellungnahme hatte die Beklagte auch den Umstand, dass die Klägerin in der Lage sei, morgens selbstständig und rechtzeitig aufzustehen, pünktlich in der Werkstatt für behinderte Menschen zu erscheinen und dort eine Tätigkeit in der Näherei und der Wäscherei auszuüben, als Beleg für eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeführt.  Das Argument der Beklagten macht insoweit deutlich, dass diese Funktionen und Aufgaben der Werkstätten für behinderte Menschen verkennt. Als nicht erwerbsfähig sind jedenfalls behinderte Menschen anzusehen, die in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten, wenn der Hilfebedürftige wegen Art und Schwere seiner Behinderung tatsächlich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einsatzfähig ist (Klein in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 8 (Stand: 27.06.2022), Rn. 43). Dies legt nahe, dass die Beklagte einen rechtlich unzutreffenden, im Wesentlichen auf die körperliche Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten verengten Begriff der Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zugrunde legt. Die Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts müssen nicht nur im Hinblick auf das bloße körperliche Funktionsvermögen erfüllt werden können, sondern unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes.

Unter den "üblichen Bedingungen" i.S .des § 43 SGB VI ist das tatsächliche Geschehen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben zu verstehen, d.h. unter welchen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt. Hierzu gehören sowohl rechtliche Bedingungen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche und tarifvertragliche Vorschriften, als auch tatsächliche Umstände, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz (vgl. z.B. Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung - SGB VI, a.a.O. RdNr 86 ff, Stand September 2009). Üblich sind Bedingungen, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Anzahl (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R –, BSGE 109, 189-199, SozR 4-2600 § 43 Nr 16, Rn. 29). So hat das BSG entschieden, dass das Risiko einer häufigen Arbeitsunfähigkeit dann zu einer Erwerbsminderung führen kann, wenn feststeht, dass die (vollständige) Arbeitsunfähigkeit so häufig auftritt, dass die während eines Arbeitsjahres zu erbringenden Arbeitsleistungen nicht mehr den Mindestanforderungen entsprechen, die ein „vernünftig und billig denkender Arbeitgeber“ zu stellen berechtigt ist, sodass eine Einstellung oder Weiterbeschäftigung eines solchen Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt praktisch ausgeschlossen ist und dies somit den „unüblichen Arbeitsbedingungen“ zugeordnet werden kann. (Klein in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 8 (Stand: 27.06.2022), Rn. 39 m.w.N.) Verallgemeinert bedeutet dies, dass jedenfalls dann, wenn ein  „vernünftig und billig denkender Arbeitgeber“ einen solchen Arbeitnehmer aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwartenden quantitativen und qualitativen Minderleistungen oder fehlender Integrationsfähigkeit in die üblichen betrieblichen Abläufe entweder gar nicht erst einstellen würde oder aber berechtigt wäre, ihn (weil die fehlende Leistungsfähigkeit oder das Verhalten nicht subjektiv vorwerfbar sondern behinderungsbedingt sind)  personenbedingt  sozial gerechtfertigt zu kündigen, eine Leistungsfähigkeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr vorliegt.

Der Umstand, dass die Klägerin unter den geschützten Bedingungen einer Werkstatt in der Lage ist, eine Tätigkeit in einer Wäscherei auszuüben, bedeutet eben noch lange nicht, dass sie eine solche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben kann. Die Auffassungserschwerung, die Verlangsamung von Handlungen und Reaktionen, die deutlichen Defizite in den exekutiven Funktionen, im Bereich des komplexen Planens, Problemlösens und in der Fähigkeit der Konzeptbildung und der kognitiven Umstellungsfähigkeit  bedingen dabei allerdings auch Leistungseinschränkungen, die nicht nur für eine bestimmte (Verweisungs-)Tätigkeit, sondern in jeglichem betrieblichen Umfeld universell relevant sind, da sie zwangsläufig quantitative und qualitative Minderleistungen und einen erhöhten Anleitungs- und Überwachungsaufwand in einem Umfang bedingen, der für einen normalen „vernünftig und billig denkenden Arbeitgeber“ nicht mehr zumutbar ist, aber im Rahmen der geschützten Bedingungen einer WfBM toleriert und kompensiert werden kann.

Die Kammer folgt dem Gerichtsgutachter aus den oben genannten Gründen auch in der Bewertung, dass die fehlende Leistungsfähigkeit der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung vorlag.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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