L 14 R 472/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 17 R 274/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 472/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 12/22 B
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 01.04.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger mit Bescheid vom 04.09.2001 festge­stellte Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen ab dem 01.01.2015 fortbesteht.

Der Kläger ist am 00.00.1969 geboren und Volljurist.

Bereits am 19.07.2001 stellte der Kläger einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt/Steuerassistent bei der R Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft (C). Die Tätigkeit nahm der Kläger dann zum 01.08.2001 auf.

Die Beklagte erteilte antragsgemäß mit Datum vom 04.09.2001 einen Bescheid über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Der Beginn der Befreiung wurde auf den 01.08.2001 festgesetzt. Unter Hinweise – im Bescheid auf Seite 2 – war unter anderem ausdrücklich aufgeführt:

„Die Befreiung ist nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen.

 Die Befreiung erstreckt sich nicht auf berufsfremde Beschäftigungen/Tätigkeiten, selbst wenn die Mitgliedschaft in der Berufskammer und in der Versorgungseinrichtung fortbesteht. Insoweit sind Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen.

…“

Mit weiterem Befreiungsbescheid vom 03.12.2001 befreite die Beklagte den Kläger dann antragsgemäß ebenfalls von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für seine zeitlich befristete Beschäftigung vom 01.02.2001 bis zum 31.07.2001 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Teilzeitbeschäftigung beim Institut für Mittelstandsforschung P GmbH. In einer Anlage zu dem Bescheid wies die Beklagte darauf hin, dass es sich bei der Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht um eine berufsspezifische Beschäftigung als Rechtsanwalt handle, die Befreiung aber aufgrund der im Voraus zeitlichen Befristung möglich sei.

Der Kläger nahm bereits am 15.05.2002 eine Beschäftigung als Syndikusanwalt bei dem Beigela­denen – G Steuerberater PartG mbH – auf. 

Am 18.02.2015 stellte der Kläger dann unter anderem einen Antrag auf Feststellung des Fortbestehens seiner mit Be­scheid vom 04.09.2001 festgestellten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversiche­rungspflicht auch über den 31.12.2014 hinaus. Hilfsweise stellte er einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die nichtselb­ständig ausgeübte berufsspezifische Beschäftigung bzw. Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Beigeladenen ab dem 01.01.2015 und einen Antrag auf Erstattung der Leistung von Rentenversicherungsbeiträgen aus den Einkünften aus der nichtselbständigen berufsspe­zifischen Beschäftigung bzw. Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der Beigeladenen an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen ab dem 01.01.2015, solange nicht bestandskräftig über die vorgenannten Anträge entschieden sei. 

Mit Bescheid vom 24.03.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Ver­sicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Beschäftigung als Syndikusanwalt bei dem Beigeladenen im Wesentlichen mit der Begründung ab, es bestehe zunächst kein originärer Anspruch auf Befreiung. Auch wirke der Bescheid vom 04.09.2001 nicht auf die neue Beschäftigung. Eine Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sei auf die jeweils ausgeübte kon­krete Beschäftigung oder Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränkt. Ein Bestandsschutz für eine weitere Beschäftigung nach Beendigung der be­freiten Beschäftigung könne aus dem Befreiungsbescheid nicht hergeleitet werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 20.04.2015 Widerspruch. An keiner Stelle im Befreiungsbescheid vom 04.09.2001 sei erwähnt worden, dass eine Beschränkung der Befreiung auf den aktuellen Arbeitgeber bestehe.

Am 15.03.2016 stellte der Kläger infolge der seit dem 01.01.2016 durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte geltenden neuen Bestimmungen folgende Anträge:

  • Antrag auf rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Ren­tenversicherung,
  • Antrag auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Pflichtbeiträge an die berufsständische Ver­sorgungseinrichtung für Syndikusrechtsanwälte,
  • Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversiche­rung für Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte.

Mit Bescheid vom 16.09.2016 befreite die Beklagte den Kläger zunächst für die hier in Rede stehende Tätigkeit bei dem Beigeladenen von der Versicherungspflicht für die Zeit ab 07.07.2016 nach § 231 Abs. 4 b SGB VI. Mit weiterem Bescheid vom 30.11.2016 erklärte nie dann auch die Befreiung von der Rentenversi­cherungspflicht für die vom Kläger ausgeübte Beschäfti­gung bei dem Beigeladenen rückwirkend für die Zeit vom 15.05.2002 bis zum 06.07.2016 nach § 231 Abs. 4 b SGB VI.

Mit Bescheid vom 10.01.2017 teilte die Beklagte dem Kläger noch mit, dass die zu Unrecht ge­zahlten Beiträge für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 06.07.2016 nach § 286 f SGB VI an das zuständige Versorgungswerk erstattet würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klä­gers zurück und vertiefte die Argumentation aus dem Ausgangsbescheid.

Der Kläger hat am 24.03.2017 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben und die Auffassung vertreten, der Bescheid vom 04.09.2001 sei nicht auf eine Befreiung bezüglich eines kon­kreten Arbeitgebers beschränkt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2017 zu verurteilen, festzustellen, dass die mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellte Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen über den 31.12.2014 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat hierzu zunächst auf die Urteile des BSG vom 03.04.2014 (B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 3/14 R) verwiesen und vorgetragen, für abhängig beschäftigte Rechtsanwälte bei nicht anwaltlichen Arbeitgebern (sog. Syndikusanwälte) sei ein Recht auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verneint worden. Im Übrigen gelte jede Entscheidung über die Befreiung nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber. Werde diese Beschäftigung aufgegeben, ende auch die Wirkung der Befreiung. Der Befreiungsbescheid aus dem Jahr 2001 sei demnach bereits mit der Aufgabe der Beschäftigung unwirksam geworden.

Das Sozialgericht Detmold hat mit Beschluss vom 26.02.2018 den Steuerberater G zum Verfahren beigeladen und anschließend nach entsprechender Anhörung der Beteiligten im Erörterungstermin vom 18.09.2019 die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.04.2020 abgewiesen; hierzu hat das Sozialgericht Detmold zunächst auf die drei Entscheidungen des BSG vom 03.04.2014 Bezug genommen und weiter ausgeführt, das BSG habe in seinem weiteren Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R – entschieden, dass sich die Befreiung stets auf eine ganz konkret ausgeübte Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränke. Mit dem Wechsel des Arbeitgebers oder der Tätigkeit ende daher die Befreiung. Vertrauensschutz könne nur für die Beschäftigung hergeleitet werden, für die der Befreiungsbescheid ursprünglich er­teilt worden sei.

Gegen den am 11.05.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.06.2020 Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 01.04.2020 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2017 zu verurteilen, festzustellen, dass die mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellte Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auch für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen über den 31.12.2014 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Gerichtsbescheid sei nicht zu beanstanden.

Der Senat hat zunächst mit Schreiben vom 11.08.2020 auf die Entscheidungen des BSG vom 13.12.2018 (B 5 RE 1/18 R und B 5 RE 3/18 R) verwiesen und ausgeführt, dass die Wirkung von sogenannten Formularbescheiden damit abschließend entschieden sei und kein Raum mehr für eine positive Entscheidung bestehe.

Nach einer Betreibensaufforderung vom 20.11.2020 hat der der Kläger vertiefend vorgetragen, er habe aufgrund des Bescheides vom 04.09.2001 ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidung. Diese gelte auch ununterbrochen bis heute fort. Daran änderten auch die Entscheidungen des BSG vom 03.04.2014 nichts. Seine Beschäftigung habe sich nicht im Sinne der Rechtsprechung des BSG geändert. Die den Entscheidungen des BSG vom 13.12.2018 zugrunde liegende Formulierung der dort zu beurteilenden Befreiungsbescheide sei auch abweichend von den Formulierungen in seinem Bescheid. In seinem Bescheid sei ausdrücklich aufgeführt: „Die Befreiung gilt …“. Dies sei die unmissverständliche Anordnung einer Rechtsfolge für den Empfängerhorizont. Auch die Erklärungen im Hinweisteil seien rechtlich nicht relevant. Die Reichweite des ihm auferlegten Tuns, Duldens oder Unterlassens – also bei einem Arbeitgeberwechsel, der keine Änderung seiner berufsspezifischen Beschäftigung mit sich brächte, einen neuen Befreiungsbescheid zu beantragen – hätte gerichtlich geklärt werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Streitakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist mit ihrem Feststellungsbegehren zulässig, hinsichtlich ihres Anfechtungsteils jedoch bereits unzulässig (hierzu unter I.); mit dem Feststellungsbegehren ist sie unbegründet (hierzu unter II.).

Die Berufung ist zunächst fristgerecht eingelegt worden. Gegen den am 11.05.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.06.2020 Berufung eingelegt; die Berufung ist daher innerhalb eines Monats eingelegt worden und daher im Sinne des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht.

Die Berufung ist auch als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthaft; § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 56 SGG. Der Kläger macht mit seinem Berufungsantrag – so wie im Verhandlungstermin am 28.01.2022 zu Protokoll genommen – ein Begehren im Sinne einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage geltend.

Der Kläger verfolgt zunächst unter Änderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Detmold vom 01.04.2020 die Aufhebung des Bescheides vom 24.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2017. Mit dem hier streitig gestellten Ausgangsbescheid vom 24.03.2015 hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom 18.02.2015 abgelehnt, ihn von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Beschäftigung als Syndikusanwalt bei dem Beigeladenen zu befreien. Hinsichtlich dieses reinen Anfechtungsteils ist das Begehren des Klägers jedoch bereits unzulässig, da er für seine Tätigkeit beim Beigeladenen bereits vollständig befreit ist; und zwar mit Bescheid vom 16.09.2016 für die hier in Rede stehende Tätigkeit beim Beigeladenen ab 07.07.2016 und dann mit weiterem Bescheid vom 30.11.2016 auch rückwirkend für die Zeit vom 15.05.2002 bis zum 06.07.2016. Auch erfolgte mit dem Bescheid vom 01.10.2017 eine entsprechende Beitragserstattung an das Versorgungswerk für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 06.07.2016.

Soweit der Kläger mit der Antragstellung aber auch ein Feststellungsbegehren formuliert hat, ist dieser Feststellungsantrag zulässig. Mit dem Feststellungsantrag begehrt der Kläger festzustellen, dass die mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellte Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auch für seine Tätigkeit bei dem Beigeladenen über den 31.12.2014 hinaus fortbesteht.

Dieses Begehren ist zunächst im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft: Der Kläger begehrt damit die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses i.S.e. nicht bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Diesem Feststellungsbegehren steht zunächst nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis entgegen. Der Senat konnte den Kläger insoweit nicht darauf verweisen, sein Recht außerprozessual durchzusetzen. Der Kläger hatte bereits mit seinem Antrag vom 16.02.2015 ausdrücklich auch ein Feststellungsbegehren dergestalt geltend gemacht, dass er die Feststellung des Fortbestehens seiner mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auch für seine bei dem Beigeladenen ausgeübte Tätigkeit über den 31.12.2014 hinaus begehrt. Letztlich hat die Beklagte mit dem hier in Streit stehenden Ablehnungsbescheid vom 24.03.2015 auch verbindlich über dieses Feststellungsbegehren entschieden, sodass der Kläger nicht auf einen einfacheren Weg zur Geltendmachung dieses Begehrens verwiesen werden kann.

Der Kläger hat auch das notwendige Feststellungsinteresse. Ein Feststellungsinteresse kann auch bei Wiederholungsgefahr angenommen werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, § 55 Rz. 15b); ein Feststellungsinteresse in dieser Form liegt hier vor. Zwar ist der im Verhandlungstermin protokollierte Antrag mit dem Feststellungsbegehren auf die konkrete Tätigkeit des Klägers bei dem Beigeladenen beschränkt. Der Kläger hat sich im Verhandlungstermin am 28.01.2022 aber weitergehend ausdrücklich auch dahingehend eingelassen, dass er mit diesem (Feststellungs-)Begehren Klarheit darüber erstrebt, ob er sich auch bei möglichen Änderungen, sei es durch Rückgabe der Zulassung als Syndikusanwalt, sei es bei einem eventuellen Arbeitgeberwechsel, auf die Wirkungen des Bescheides der Beklagten vom 04.09.2001 berufen kann. Diese Erklärung ist im Verhandlungstermin am 28.01.2022 zu Protokoll genommen worden. Dies stellt ein hinreichendes berechtigtes (künftiges) rechtliches Interesse im Sinne des § 55 SGG dar.

II. Die Berufung ist jedoch auch mit diesem Feststellungsbegehren unbegründet; der Kläger hat insoweit keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung der Fortwirkung des Bescheides vom 04.09.2001 für seine Tätigkeit beim Beigeladenen über den 31.12.2014 hinaus; § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Der Kläger kann aus diesem Bescheid vom 04.09.2001 gerade keine Rechte am seinem Beschäftigungsverhältnis beim Beigeladenen im Sinne einer Befreiung auch für diese Tätigkeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI herleiten.

Die in einem derartigen Formularbescheid erteilte Befreiung bezieht sich nicht auf den Beruf als solchen, sondern auf die konkret ausgeübte Beschäftigung (hierzu unter A.). Ein solcher Bescheid begründet auch in keinerlei Hinsicht ein schutzwürdiges Vertrauen des Bescheidempfängers (hierzu unter B.).

A. Die in einem derartigen Formularbescheid erteilte Befreiung, wie sie dem Kläger im Bescheid vom 04.09.2001 für seine Tätigkeit bei der R ab 01.08.2001 erteilt wurde, bezieht sich nicht auf den Beruf als solchen, sondern auf die konkret ausgeübte Beschäftigung. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung zur Wirkung der Formularbescheide in diesem Sinne abschließend entschieden (BSG, Urteil vom 13.12.2018 – B 5 RE 3/18 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 19, Rn. 4; BSG, Urteil vom 13.12.2018 – B 5 RE 1/18 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 18, Rn. 4; bestätigt auch in für BSG, Urteil vom 16.06.2021 – B 5 RE 4/20 R).

Die Rechtsprechung des BSG zu den Formularbescheiden ist auch auf den vom Senat zu beurteilenden Fall übertragbar. Der Kläger dringt daher mit seinem Vortrag aus dem Schriftsatz vom 20.02.2021 nicht durch, die Formulierungen aus den Bescheiden, die der BSG-Rechtsprechung zugrunde lagen und die Formulierungen in seinem Bescheid seien nicht miteinander vergleichbar. Die Formulierungen in den Formularbescheiden, in denen das BSG zu entscheiden hatte (BSG, Urteil vom 13.12.2018 – B 5 RE 3/18 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 19, Rn. 4; BSG, Urteil vom 13.12.2018 – B 5 RE 1/18 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 18, Rn. 4), entsprechen in wesentlichen Zügen der Formulierung aus dem Bescheid vom 04.09.2001. Der Bescheid vom 04.09.2001 ist mit seinen Hinweisen nach Auffassung des Senats sogar noch klarer gefasst als die vom BSG zu beurteilenden Formularbescheide. Der Senat bezieht sich insoweit auf die im Bescheid einschlägig gemachten Hinweise – im Bescheid auf Seite 2; hier ist unter anderem ausdrücklich aufgeführt:

„Die Befreiung ist nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen.

 Die Befreiung erstreckt sich nicht auf berufsfremder Beschäftigungen/Tätigkeiten, selbst wenn die Mitgliedschaft in der Berufskammer und in der Versorgungseinrichtung fortbesteht. Insoweit sind Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen.

…“

B. Ein solcher Formularbefreiungsbescheid begründet auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Bescheidempfängers. Das BSG hat in den erwähnten Entscheidungen festgestellt, dass Anhaltspunkte für ein schützenswertes Vertrauen in den uneingeschränkten Fortbestand der ursprünglich erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht nicht ersichtlich sind (BSG, Urteil vom 13.12.2018 – B 5 RE 1/18 R –, Rn. 68; BSG, Urteil vom 13.12.2018 – B 5 RE 3/18 R –, Rn. 48; jeweils in Fortführung zu BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 5/10 R –, SozR 4-2600 § 231 Nr 5). Während die zitierten Entscheidungen vom 13.12.2018 keine Volljuristen in einem Syndikusrechtsanwaltsverhältnis betrafen, sondern sich auf Bauingenieure bezogen, hat das BSG in seiner jüngsten Entscheidung vom 16.06.2021 (B 5 RE 4/20 R) seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2018 zur Wirkung von Formularbescheiden bestätigt und diesmal ausdrücklich auch ein schutzwürdiges Vertrauen bei einem Kläger, der von Beruf Volljurist ist, verneint.

Der Senat sieht im Übrigen gerade schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers, weil neben dem Befreiungsverfahren für die Tätigkeit bei der R, das in dem hier in Rede stehenden Befreiungsbescheid vom 04.09.2001 gemündet hat, auch der Befreiungsbescheid vom 03.12.2001 hinsichtlich der zeitlich befristeten Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit der entsprechenden Anlage zum Bescheid zu berücksichtigen ist. Auch aus diesem Bescheid geht hervor, dass eine Befreiungsregelung gerade nicht personenbezogen, sondern immer tätigkeitsbezogen ist und daher für jede neue Tätigkeit ein neuer Befreiungsantrag notwendig ist.

Soweit der Kläger nach der Betreibensaufforderung im Berufungsverfahren noch dergestalt weiter vorgetragen hat, die Reichweite des ihm auferlegten Tuns, Duldens oder Unterlassens – also bei einem Arbeitgeberwechsel, der keine Änderung seiner berufsspezifischen Beschäftigung mit sich bringt, einen neuen Befreiungsbescheid zu beantragen – hätte gerichtlich geklärt werden müssen, begründet diese Argumentation ebenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen. Es war gerade an dem Kläger, diese Frage gerichtlich klären zu lassen. Auch dieser (weitergehende) Vortrag im Berufungsverfahren zeigt, dass sich der Kläger gerade nicht auf Vertrauensschutz berufen kann.

Erst recht wird sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz bei einem künftigen - heute noch nicht bestimmten - Arbeitgeber berufen können. Dies begründet zwar im vorliegenden Fall das notwendige Feststellungsinteresse; angesichts des hier geführten Rechtsstreits und insbesondere angesichts der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG zur Fortwirkung der Formularbescheide kann sich der Kläger jedoch bei einem neu einzugehenden Arbeitsverhältnis gerade nicht mehr auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen. Dem Kläger ist die mangelnde Fortgeltungswirkung des Befreiungsbescheides vom 04.09.2001 auf künftige Arbeitsverhältnisse angesichts der klaren Rechtsprechung des BSG und angesichts des hier geführten Prozesses bewusst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

Rechtskraft
Aus
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