S 18 AL 344/22

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Nordhausen (FST)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18.
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 18 AL 344/22
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Mit der Ausbildungsprämie nach dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ können Ausbilder auch dann gefördert werden, wenn Auszubildende den fachtheoretischen Teil einer im Übrigen die Merkmale einer betrieblichen Berufsbildung erfüllenden Berufsausbildung in einer sonstigen Bildungseinrichtung absolvieren und die Gleichwertigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 BBiG festgestellt ist.

Der Bescheid vom 9. März 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2022 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 6.000 € als Ausbildungsprämie plus zu zahlen.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH, nachfolgend nur: Klägerin) Anspruch auf eine Ausbildungsprämie (plus) nach dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ hat.

Die Klägerin betreibt an ihrem aus dem Rubrum ersichtlichen Sitz sowie in S jeweils ein Fitnessstudio. Nach dem 19. März 2020 erhielt sie Beihilfen der T bank in Höhe von (i.H.v.) 444.314,06 €. Im Mai und Juli 2021 erhielten Arbeitnehmer der Klägerin Kurzarbeitergeld (Kug).

Bei der Klägerin begannen je Ausbildungsjahr zuletzt in folgendem Umfang Personen eine Berufsausbildung:

am Sitz:                      2018/19: 0      2019/20: 1      2020/21: 1       2021/22: 0

in S:                             2018/19: 0      2019/20: 1      2020/21: 0       2021/22: 2

Hierzu zählt seit dem 1. August 2021 V, den die Klägerin auf Grundlage eines bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) E in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragenen Ausbildungsverhältnisses zum Sport- und Fitnesskaufmann ausbildet. Zudem begann zum 1. Oktober 2021 Z mit einer Ausbildung zum „Sport- und Fitnesskaufmann (IHK) und Professional Fitnesscoach (Deutsche Sportakademie)“, die auf Kosten der Klägerin in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für berufliche Bildung mbH/Deutsche Sportakademie (DGBB) erfolgt. Die DGBB versteht sich als sonstige Berufsbildungseinrichtung gemäß § 2 Absatz (Abs. 1) Nummer (Nr.) 3 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und führt die theoretische Ausbildung in der Regel an drei bis fünf Werktagen im Monat im Block durch, während die berufspraktische Ausbildung in der übrigen Zeit bei der Klägerin stattfindet (Lernortkooperation). Letztere verpflichtete sich zur Zahlung einer Ausbildungsvergütung zwischen 550 € (erstes Ausbildungsjahr) und 743 € (drittes Ausbildungsjahr), was mit Rundungsdifferenzen der Vergütung des V entspricht. Eine Probezeit war bis zum 31. Januar 2022 vereinbart, das voraussichtliche Ende wird für den 30. September 2024 avisiert. Eine Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse verweigerte die IHK E. Wegen weiterer Details der derzeit noch laufenden Ausbildung wird auf den „Berufsausbildungsvertrag“ vom 29. September 2021 im insoweit nicht paginierten Ausdruck der elektronischen Akte der Beklagten (E-Akte) verwiesen.

Auf Antrag der Klägerin bewilligte die Beklagten mit Zuwendungsbescheid vom 9. März 2022 eine nicht rückzahlbare Zuwendung i.H.v. 6.000 € als Ausbildungsprämie plus für einen Auszubildenden. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag lehnte sie den „Antrag auf Förderung einer Ausbildungsprämie“ für Z ab. Zur Begründung führte sie aus: Es handele sich um keine gemäß Ziffer 2.5 der Ersten Förderrichtlinie für das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ vom 29. Juli 2020 (BAnz AT 31.07.2020 B1) in der Fassung der Zweiten Änderung vom 23. März 2021 (BAnz AT 26.03.2021 B5) und Dritten Änderung vom 22. Dezember 2021 (1. BPAusbPlsi-FöRiL) förderfähige Berufsausbildung, da es sich um eine außerbetriebliche handele. Bei der DGBB handele es sich nicht um eine klassische Berufsschule vor Ort. Sie sei als andere Schulform nach § 43 Abs. 2 BBiG einzugruppieren. Die Ausbildungsverträge würden zwischen dem Auszubildenden und der DGBB sowie zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb geschlossen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 16. März 2022 Widerspruch und begehrte eine Ausbildungsprämie plus. Zur Begründung führte sie aus: Die Zentralstelle für Fernunterricht K habe der DGBB bescheinigt, dass die Ausbildung ordnungsgemäß auf die Abschlussprüfung zum Sport- und Fitnesskaufmann vorbereite. Sinn und Zweck der Ausbildungsprämie sprächen für die Einbeziehung. Benannt würden in der 1. BPAusbPlsi-FöRiL Ausbildungen in einem nach dem BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, die betrieblich durchgeführt würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2022 wies die Beklagte den Widerspruch bezüglich der Ablehnung des Antrags auf Ausbildungsprämie und Ausbildungsprämie plus als unbegründet zurück, wobei sie im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Ablehnungsbescheid wiederholte.

Hiergegen hat die Klägerin am 5. April 2022 Klage erhoben. Begründend wiederholt und vertieft sie ihren bisherigen Vortrag und trägt ergänzend insbesondere vor: Andere IHK hätten vergleichbare Berufsausbildungsverhältnisse in die Ausbildungsrolle eingetragen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 9. März 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 6.000 € als Ausbildungsprämie plus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

            die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die E-Akte sowie die Gerichtsakte (GA) ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage (dazu B.) ist begründet (dazu C.).

A. Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (Schreiben der Beteiligten vom 21. beziehungsweise <bzw.> 28. Februar 2023, Blatt <Bl.> 79 bzw. 83 GA).

Der Rechtsweg ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG zu den Sozialgerichten gegeben. Bei der streitigen Förderung handelt es sich um eine Angelegenheit, die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit betrifft (Verwaltungsgericht <VG> München, Beschluss vom 10. Mai 2021, M 31 K 21.1883, juris; VG Bremen, Beschluss vom 1. Juni 2021, 5 K 581/21, juris).

B. Die Klägerin macht den Anspruch mit der statthaften kombinierten Anfechtungs‑ und Leistungsklage geltend und war nicht auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage beschränkt. Die Klägerin hat Anspruch auf die mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 9. März 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2022 abgelehnte Förderung und ist nicht auf die Aufhebung und Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschränkt (hierzu noch unter C.).

C. Die Klage ist begründet. Der Bescheid vom 9. März 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten. Sie hat Anspruch auf Ausbildungsprämie plus i.H.v. 6.000 €.

I. Eine Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der Ausbildungsprämie plus begründet, existiert nicht. Die von der Klägerin begehrte Hilfe folgt vielmehr aus der 1. BPAusbPlsi-FöRiL auf der Grundlage der §§ 23 und 44 Bundeshaushaltsordnung.

Regelungen wie die 1. BPAusbPlsi-FöRiL des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung begründen dabei nach der ständigen Rechtsprechung (vergleiche <vgl.> Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Urteil vom 14. März 2018, 10 C 1.17, juris Randnummer <Rn.> 15) anders als Gesetze und Rechtsverordnungen nicht schon durch ihr Vorhandensein subjektive Rechte und damit verbundene Ansprüche des Nachfragers auf Gewährung der Zuwendung. Die zunächst bloß ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften unterliegen auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015, 10 C 15.14, juris Rn. 24; für die sozialgerichtliche Rechtsprechung aus neuerer Zeit Sozialgericht <SG> für das Saarland, Urteil vom 28. Juni 2021, S 19 P 109/20, juris). Die Gerichte haben solche Verwaltungsvorschriften vielmehr als Willenserklärung unter Berücksichtigung des wirklichen Willens und der durch den Erklärenden gebilligten tatsächlichen Handhabung auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1995, 2 C 19.94, juris Rn. 18). Eine über die den Verwaltungsvorschriften zunächst nur innewohnende verwaltungsinterne Bindung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird sodann durch den Gleichheitssatz (Artikel <Art.> 3 Abs. 1 Grundgesetz <GG>) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) vermittelt (BVerwG, Urteil vom 14. März 2018, 10 C 1.17, juris Rn. 15). Dabei ist die Ausprägung maßgebend, die die Förderrichtlinien durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1996, 11 C 5.95, juris Rn. 21).

In diesem Rahmen erwächst dem Nachfrager ein Anspruch darauf, entsprechend dem aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt zu werden (BVerwG, Urteil vom 8. April 1997, 3 C 6.95, juris Rn. 20).

II. Gemessen daran ist die Anwendung der Förderrichtlinie im konkreten Fall rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie ist mit der Ausbildungsprämie plus zu fördern.

1. Abgesehen von der zwischen den Beteiligten streitigen Frage der Förderfähigkeit des konkreten Ausbildungsverhältnisses des Z liegen die Fördervoraussetzungen vor, wie auch die Förderung des Ausbildungsverhältnisses des V zeigt. Insbesondere war die Klägerin, die weniger als 499 Mitarbeiter hat (vgl. Ziffer 3.1 1. BPAusbPlsi-FöRiL), in erheblichem Umfang von der Corona-Krise betroffen, da ihre Arbeitnehmer zwischen Januar 2020 und dem Ausbildungsbeginn Kug erhielten (vgl. Ziffer 2.1.2.1 1. BPAusbPlsi-FöRiL). Ferner begann das Ausbildungsverhältnis des Z zwischen dem 24. Juni 2020 und dem 15. Februar 2022 (vgl. 2.1.2.2 1. BPAusbPlsi-FöRiL). Die Gesamtsumme der Kleinbeihilfen nach Ziffer 1.5 1. BPAusbPlsi-FöRiL wird nicht überschritten.

2. Einem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass Ausbildungsverhältnisse der vorliegenden Art nach der aktuellen Verwaltungspraxis der Beklagten nicht gefördert werden.

a. Allerdings folgt dies nicht schon daraus, dass vergleichbare Ausbildungsverhältnisse in einigen Agenturbezirken bis zu einer Prüfung durch die Zentrale der Beklagten gefördert wurden (vgl. die E-Mail des Geschäftsbereichs Arbeitsmarkt vom 24. Februar 2022, Bl. 53/2 folgende <f.> E-Akte). Denn die Zuwendungspraxis ist Änderungen zugänglich (vgl. zu den Anforderungen an eine Änderung der Zuwendungspraxis etwa BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006, 5 C 10/05, juris Rn. 71 fortfolgende).

b. Mit dem Ausschluss der Förderung der Ausbildung „Sport- und Fitnesskaufmann (IHK) und Professional Fitnesscoach (Deutsche Sportakademie)“ überschreitet die Beklagte allerdings die Willkürgrenze, sodass dieses Ausschlusskriterium unbeachtlich ist. Denn das Abstellen auf die Durchführung des theoretischen Teils der Ausbildung bei der DGBB als sonstige Berufsbildungseinrichtung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 BBiG ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar, sondern vielmehr offenkundig sachwidrig (vgl. zum Willkürverbot VG Aachen, Urteil vom 16. Januar 2023, 7 K 327/21, juris Rn. 68).

Nach Ziffer 2.5 1. BPAusbPlsi-FöRiL sind unter anderem und hier allein in Betracht kommend Ausbildungen förderfähig, die in einem nach dem BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberuf (hierzu aa.) betrieblich durchgeführt werden. Nach den fachlichen Weisungen der Beklagten werden damit betriebliche Berufsausbildungen im dualen System gefördert, nicht aber außerbetriebliche Berufsausbildungen. Die hier benannte Ausbildung weist jedoch alle wesentlichen Merkmale einer betrieblichen Berufsausbildung im dualen System auf und ist von einer klassischen außerbetrieblichen Berufsausbildung zu unterscheiden (hierzu bb.).

aa. Die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht hat als zuständige Behörde gemäß § 19 Abs. 2 Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht - Fernunterrichtsschutzgesetz - im Benehmen mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung der DGBB am 4. Oktober 2021 bescheinigt, dass der Fernlehrgang „Sport- und Fitnesskaufmann (IHK) inklusive Professional Fitnesscoach“ die Anforderungen des § 43 Abs. 2 BBiG erfüllt (vgl. die Bescheinigung, Bl. 10 f. GA), sodass nach der zuletzt genannten Vorschrift ein Anspruch auf Zulassung zur Abschlussprüfung besteht. Mithin ist die Ausbildung als gleichwertig anzusehen und das Merkmal eines nach dem BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberufs - als Alternative zur Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse - erfüllt.

bb. Nachdem wesentliches Merkmal für das Vorliegen einer betrieblichen im Gegensatz zur außer- oder früher überbetrieblichen Ausbildung ist, ob der Auszubildende wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert ist und ob die Ausbildung überwiegend durch praktische Unterweisung im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs sowie anhand der jeweils anfallenden praktischen Arbeitsaufgabe stattfindet (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 1994, 7 RAr 38/93, BSGE 74, 77; BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 KR 7/00 R, SozR 3-2600 § 1 Nr. 7), ist bei der hier zu beurteilenden Gestaltung von einer betrieblichen Ausbildung auszugehen. Denn nach den Schilderungen des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2022, an denen das Gericht keinen Zweifel hegt, bestehen auch hinsichtlich der praktischen Ausbildung keinerlei Unterschiede zwischen ihren übrigen Lehrlingen wie dem V, die die Berufsschule SBBS in W besuchen und Z, der bei der DGBB lernt. Insbesondere hat die Klägerin mit beiden Auszubildenden mit Ausnahme der zu besuchenden Schule und des um den Professional Fitnesscoach erweiterten Abschlusses des Z Berufsausbildungsverträge mit im Wesentlichen gleichen Bedingungen geschlossen. Zudem überwiegen die praktischen Zeiten bei der Klägerin bei weitem, wie der Besuch der DGBB einmal monatlich an drei bis fünf Tagen zeigt. Mithin ist das entscheidende Merkmal des Bestehens einer persönlichen Abhängigkeit, die sich einerseits in der faktischen Verfügungsmöglichkeit des Arbeitgebers und andererseits der tatsächlichen Dienstbereitschaft des Auszubildenden äußert (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 1994, 7 RAr 38/93, BSGE 74, 77; BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 KR 7/00 R, SozR 3-2600 § 1 Nr. 7), im Verhältnis des Z zur Klägerin gegeben.

Demgegenüber ist die außerbetriebliche Ausbildung dadurch gekennzeichnet, dass sie im Wesentlichen durch einen Träger, dessen Betriebszweck die Ausbildung ist, geregelt und gelenkt wird, wobei ein betrieblicher Ausbildungsabschnitt nach seiner rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung organisatorisch und inhaltlich sowie nach seiner Dauer als unselbständiger Teil der Ausbildung bei der Bildungseinrichtung anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 1994, 7 RAr 38/93, BSGE 74, 77; BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 KR 7/00 R, SozR 3‑2600 § 1 Nr. 7). Die Förderung solcher Ausbildungen unternimmt die Beklagte im Rahmen des § 76 SGB III mit dem steten Ziel der Vermittlung in eine betriebliche Ausbildung (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 1 SGB III, hierzu Jüttner, in Heinz/Schmidt-de Caluwe/Scholz, SGB III, 7. Auflage 2021, § 76 Rn. 9 f.). Dass derartige außerbetriebliche Ausbildungsverhältnisse nicht durch eine Ausbildungsprämie gefördert werden sollen, ist nachvollziehbar. Doch handelt es sich - wie gezeigt - hier gerade nicht um ein solches. Die Beklagte ist vielmehr allein der Bezeichnung der DGBB als sonstige Berufsbildungseinrichtung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 BBiG verhaftet, ohne die Definition der außerbetrieblichen Berufsausbildung in der Vorschrift zu Ende zu lesen. Denn die außerbetriebliche Berufsausbildung in diesem Sinne ist zusätzlich dadurch gekennzeichnet, dass die Kenntnisvermittlung außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsbildung erfolgt. Hier liegt aber gerade eine durch die betriebliche Ausbildung bei der Klägerin geprägte Berufsausbildung vor.

3. Die mithin förderfähige Ausbildung löst die Ausbildungsprämie plus aus. Denn bei dem nach dem 1. Juni 2021 begonnenen und die Probezeit überdauernden Ausbildungsverhältnis kommt es darauf an, ob das Ausbildungsniveau erhöht wird, weil

  • die Anzahl an ab dem 1. Juni 2021 beginnenden Ausbildungsverträgen im Sinne von Ziffer 2.5 jeweils nach Abschluss der Probezeit in dem Ausbildungsbetrieb höher ist, als es die entsprechende Anzahl an begonnenen Ausbildungsverträgen im Durchschnitt der Jahre 2018/2019, 2019/2020 und 2020/2021 war, oder
  • weil die Summe aller ab dem 1. Juni 2021 beginnenden und in den Jahren 2019/2020 und 2020/2021 begonnenen Ausbildungsverträge im Sinne von Ziffer 2.5 jeweils nach Abschluss der Probezeit in dem Ausbildungsbetrieb höher ist als die Summe aller entsprechenden, in den Jahren 2018/2019, 2019/2020 und 2020/2021 begonnenen Ausbildungsverträge.

Hier ist unabhängig davon, ob auf die Klägerin als Unternehmen oder aber auf den Ausbildungsbetrieb in S (insoweit hat sich die Beklagte nicht zu ihrer Verwaltungspraxis geäußert) abzustellen ist, die zweite Alternative erfüllt. Im Unternehmen beträgt die Summe aller ab dem 1. Juni 2021 beginnenden und in den Jahren 2019/2020 und 2020/2021 begonnenen Ausbildungsverträge fünf und die Summe aller entsprechenden, in den Jahren 2018/2019, 2019/2020 und 2020/2021 begonnenen Ausbildungsverträge drei, sodass die beiden Ausbildungsverhältnisse der Auszubildenden Z und V das Ausbildungsniveau erhöhen. Dasselbe gilt bei Abstellen auf die Ausbildungsbetriebe, wo die zuerst genannte Summe drei und die zuletzt genannte Summe eins ergibt.

4. Nachdem die Klägerin die Förderung rechtzeitig im Sinne der Ziffer 2.2.3 1. BPAusbPlsi-FöRiL beantragt hat, hatte die Beklagte kein Ermessen mehr auszuüben. Nach ihrer aus der Weisungslage erwachsenden Selbstbindung hatte sie über die Anträge im Rahmen der für die Förderungen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nach Reihenfolge der Anträge zu entscheiden (vgl. die Fachlichen Weisungen der Beklagten zu Ziffer 1.6 der 1. BPAusbPlsi-FöRiL). Dem steht ein etwaiger Wegfall von vormals noch vorhandenen Haushaltmitteln nicht entgegen (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 5. September 2007, 3 L 193/04, juris Rn. 29).

C. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG, da die Klägerin als Leistungsberechtigte im Sinne des § 183 Satz 1 SGG anzusehen ist (vgl. Schmidt in Fichte/Jüttner, SGG, § 83 Rn. 4). Berücksichtigt wird das Unterliegen der Beklagten.

Die Berufung ist kraft Gesetzes zulässig, da die Beschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG nicht greifen.

Rechtskraft
Aus
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