S 12 KA 166/20 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 166/20 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss


1.    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 02.04.2020 wird abgelehnt.

2.    Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 8) zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3.    Der Streitwert wird auf 114.000,00 € festgesetzt. 


Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners, mit dem dieser die Antragstellerin zur vertragsärztlichen Tätigkeit für einen hälftigen Versorgungsauftrag im Planungsbereich Main-Kinzig-Kreis aufgrund Sonderbedarfs zugelassen hat, wogegen die Beigeladene zu 8) Klage erhoben hat (Az.: S 12 KA 411/19). 

Die 1971 geb. und jetzt 48-jährige Antragstellerin ist Fachärztin für Chirurgie und hat die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie. Sie war seit 01.01.2009 als Nachfolgerin des Herrn Professor Dr. F. bis zum 31.12.2017 mit einem vollen Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft mit Praxissitz in A-Stadt tätig. Seit dem 01.01.2018 ist sie dort in Einzelpraxis mit einem hälftigen Versorgungsauftrag niedergelassen. Im Rahmen des Trennungsverfahrens mit der Berufsausübungsgemeinschaft hat sie einen hälftigen Versorgungsauftrag an die verbleibenden Kollegen abgegeben. Sie führt die Zusatzbezeichnung spezielle Unfallchirurgie und ist als D-Ärztin tätig.

Die Antragstellerin beantragte am 21.08.2018 beim Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen eine Sonderbedarfszulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag mit Vertragsarztsitz in A-Stadt zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Sie trug vor, es bestehe ein Versorgungsmangel im Fach Chirurgie und Unfallchirurgie. Die ehemalige Berufsausübungsgemeinschaft sei an das St. Vinzenz-Krankenhaus verkauft worden. Die nunmehr angestellten Ärzte hätten die Versorgung von chirurgischen Notfallpatienten deutlich reduziert. Man generiere weitgehend planbare ambulante Operationen. Auch das Fachärztenetzwerk R. versorge keine chirurgisch-unfallchirurgische Notfälle, da nur ein ausgewiesener Spezialist für ein chirurgisches Teilgebiet bzw. Operationsgebiet vor Ort verfügbar sei. Auch die Praxis von Dr. G. sei an das Fachärztenetzwerk abgegeben worden, so dass auch dadurch die Versorgung orthopädisch-unfallchirurgischer Notfälle eingeschränkt sei. Nachdem es wenig aufnahmebereite Praxen gebe, sei in ihrer Praxis ein dramatischer Anstieg von Notfallpatienten zu verzeichnen. Die auffällige Häufung der chirurgischen Notfallpatienten sei im Zusammenhang mit den in A-Stadt ansässigen großen Firmen zu sehen. Die Notfallversorgung erfolge daher nur durch drei Ärzte, Dr. H., Dr. J. und durch sie selbst. Dies sei jedoch für eine Stadt mit 100.000 Einwohnern nicht ausreichend. Zudem praktiziere sie als einzige niedergelassene Chirurgin den Schwerpunkt der Venenchirurgie. Die GOP 31202 werde hessenweit nur von 19 Praxen, die GOP 31208 sogar von nur 17 Praxen erbracht. Eine gehäufte Abrechnung der Ziffern 31202, 31208 und 33072 EBM würden den venenchirurgischen Schwerpunkt belegen. 

Die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) empfahl unter Datum vom 10.10.2018, den Antrag abzulehnen. Sie führte aus, für den Bereich der Chirurgie betrage der Versorgungsgrad 145,23 % im Planungsbereich Main-Kinzig-Kreis mit 349.982 Einwohnern. Es seien fünf Chirurgen ohne Schwerpunkt, sieben Chirurgen mit Schwerpunkt Unfallchirurgie, ein Chirurg mit Schwerpunkt Visceralchirurgie sowie ein Chirurg mit dem Schwerpunkt Plastische und Ästhetische Chirurgie niedergelassen. In A-Stadt selbst seien inklusive der Antragstellerin sechs Chirurgen mit fünf Versorgungsaufträgen tätig. Hiervon verfügten fünf über die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie und einer über die Schwerpunktbezeichnung Visceralchirurgie. Die weiteren Chirurgen befänden sich mit angegebener Entfernung zu A-Stadt in C-Stadt (25 km), E-Stadt (40 km), F-Stadt (35 km) und G-Stadt (55 km). Es befänden sich jedoch außerhalb des Planungsbereiches Main-Kinzig-Kreis noch gut erreichbare Chirurgen in H-Stadt (13 km), J-Stadt (20 km), K-Stadt (12 km) und L-Stadt (13 km). 
Im Rahmen einer Bedarfsanalyse seien alle niedergelassenen Chirurgen im Planungsbereich um eine Stellungnahme zur Bedarfssituation gebeten worden. 11 Ärzte hätten eine entsprechende Stellungnahme abgegeben. Alle Ärzte hätten angegeben, chirurgisch-unfallchirurgische Notfälle zu behandeln. Sechs Ärzte könnten ihre Kapazitäten ausweiten, wogegen fünf Ärzte keine Möglichkeit gesehen hätten, die Kapazitäten auszuweiten. Sie legte die Fallzahlen der niedergelassenen chirurgischen Praxen des Planungsbereiches dar. Die Fallzahlen der Antragstellerin seien während ihrer vollen Zulassung als auch im Rahmen der hälftigen Zulassung unterdurchschnittlich. Fünf Chirurgen hätten den Fachgruppendurchschnitt unterschritten. Da auch alle befragten Chirurgen angegeben hätten, chirurgische und unfallchirurgische Notfälle zu behandeln, könne eine Versorgungslücke nicht gesehen werden. Auch hinsichtlich der Venenchirurgie bestehe kein Sonderbedarf, da die Ziffern 31208 und 33072 EBM auch von einem weiteren Chirurgen im Planungsbereich erbracht würden. Alle vorgetragenen Ziffern (31202, 31208 und 33072 EBM) würden zudem von vier weiteren Ärzten in angrenzenden Bereichen abgerechnet werden, zusätzlich einige der genannten Ziffern von weiteren vier Ärzten. 

Der Zulassungsausschuss lehnte mit Beschluss vom 30.10.2018 den Antrag der Antragstellerin im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beigeladenen zu 1) ab. 

Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28.11.2018 Widerspruch ein. Sie trug mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.03.2019 unter teilweiser Wiederholung ihrer Antragsbegründung ergänzend vor, die Häufung der Notfallpatienten im Bereich der Stadt A-Stadt beruhe auf der Ansiedlung mehrerer großer Firmen an diesem Standort. Die chirurgisch-unfallchirurgische Versorgung in A-Stadt hänge somit nur noch an Herrn Dr. H., Dr. J. und ihr. Dr. H. betreibe eine vom Volumen her kleine Praxis, da er zusätzlich weltweit als renommierter Ringarzt der unterschiedlichen Boxverbände an den Wochenenden tätig sei. Dr. J. fange sehr viele Notfallpatienten auf, seine Ressourcen seien völlig erschöpft. Insgesamt reiche diese Kapazität nicht aus. Formal lägen keine Notfälle vor, sodass auch keine außerhalb des RLV liegende Vergütung und keine außerhalb der Plausibilitätszeiten liegende Bewertung möglich seien. Aufgrund ihrer D-Arzttätigkeit sei sie gezwungen, die Praxis bis um 18:00 Uhr offenzuhalten und könne in dieser Zeit vorsprechende Patienten nicht abweisen. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass sie türkisch spreche, sodass viele dieser Mitbürger primär zu ihr kämen. Es könne kein Beleg für die Ausübung von Venenchirurgie sein, wenn elementare Ziffern fehlten bzw. drei Ziffern nicht einmal durch einen einzigen Behandler außer ihr abgerechnet würden. 

Der Antragsgegner befragte alle niedergelassenen Chirurgen in einem Umkreis von 25 km um A-Stadt und die Orthopäden in und im direkten Umfeld um A-Stadt sowie in H-Stadt und C-Stadt, insgesamt 113 Ärzte, von denen 61 Ärzte eine Rückmeldung abgaben. 

Die Beigeladene zu 8) trug mit Schriftsatz vom 19.07.2019 vor, dass im Bereich der Unfallchirurgie keine Sonderbedarfssituation bestehe. Notfallpatienten würden unverzüglich versorgt. 

Die Beigeladene zu 1) empfahl unter Datum vom 07.08.2019, den Widerspruch zurückzuweisen. Sie führte weiter aus, sie habe nunmehr eine Bedarfsanalyse für die Fachgruppe der Chirurgen und Orthopäden durchgeführt. Aktuell bestehe eine chirurgische/orthopädische Überversorgung von 119,04 %. So seien im Planungsbereich Main-Kinzig-Kreis mit seinen 418.208 Einwohnern aktuell 36 Chirurgen und Orthopäden mit insgesamt 31 Versorgungsaufträgen niedergelassen. Hiervon seien 14 mit zwölf Versorgungsaufträgen als Chirurgen, elf mit zehn Versorgungsaufträgen als Orthopäden, neun mit sieben Versorgungsaufträgen als Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie, einer mit einem Versorgungsauftrag in Doppelzulassung als Facharzt für Orthopädie und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie einer in Doppelzulassung mit einem vollen Versorgungsauftrag als Facharzt für Chirurgie und Facharzt für Plastische Chirurgie tätig. Hiervon seien insgesamt elf Ärzte mit acht Versorgungsaufträgen in A-Stadt tätig. Im Detail seien fünf Chirurgen mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie mit 4,25 Versorgungsaufträgen, ein Chirurg mit einem 0,75 Versorgungsauftrag, zwei Orthopäden mit 1,5 Versorgungsaufträgen sowie drei Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie mit 1,5 Versorgungsaufträgen in A-Stadt tätig. Bei der Unfallchirurgie handele es sich zwar um eine Subspezialisierung des chirurgisch-orthopädischen Bereiches, dieser werde jedoch von vielen Chirurgen bzw. Orthopäden geführt. Obwohl für eine Subspezialisierung normalerweise längere Wege zumutbar seien, seien in diesem Fall die Wegstrecken für die allgemeine fachärztliche Versorgung mit bis zu 25 km als zumutbar anzusehen. Bereits in A-Stadt direkt seien acht Chirurgen und Orthopäden, die über die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie verfügen, mit 5,75 Versorgungsaufträgen niedergelassen. Im näheren Umkreis nehme die Dichte mit diesem Schwerpunkt aufgrund der Städte C-Stadt, H-Stadt und M-Stadt stark zu. In einem Umkreis von 25 km (Luftlinie) um A-Stadt verfügten 93 Ärzte mit 74 Versorgungsaufträgen über die Zusatzbezeichnung Unfallchirurgie bzw. den Facharzttitel Orthopädie und Unfallchirurgie. Bereits aufgrund dieser hohen Dichte an möglichen Leistungserbringern sei eine Versorgungslücke im unfallchirurgischen Bereich nicht anzunehmen. Viele Ärzte in A-Stadt hätten in den Umfragen angegeben, noch über freie Kapazitäten zu verfügen. Anhand des durchschnittlichen Abrechnungsvolumens von 112,56% in A-Stadt sei dies nachvollziehbar, da kein stark überdurchschnittliches Abrechnungsvolumen vorliege. So sei auch bei einer Prüfung im Detail festzustellen, dass keine Versorgungslücke im Bereich der unfallchirurgischen Leistungen vorliege. Es gebe noch weitere Leistungserbringer, die Patienten aufnehmen wollten. Das Abrechnungsverhalten der Antragstellerin habe sich deutlich gesteigert, gerade im Vergleich zur Prüfung vor dem Zulassungsausschuss betreffend der Quartale II/17 bis I/18. Die Zahlen des hessischen Durchschnittes hätten sich ebenfalls verändert durch die Hinzuziehung der Orthopäden. Die Ziffer 31202 EBM sei in den Quartalen II/18 bis I/19 insgesamt dreimal und die Ziffer 31208 EBM insgesamt elfmal von der Antragstellerin erbracht worden. Die sonographische Untersuchung nach der Ziffer 33072 sei 319-mal erbracht worden. Ob diese Abrechnungshäufigkeit einen Sonderbedarf begründe, erscheine fraglich. Darüber hinaus seien die Ziffern 31208 und 33072 EBM von einem weiteren niedergelassenen Chirurgen im Planungsbereich erbracht worden. Die Ziffer 31202 EBM sei dagegen lediglich von der Beigeladenen zu 8) im Planungsbereich erbracht worden. Für den Bereich der Venenchirurgie als einer speziellen Subspezialisierung im Bereich der Chirurgie seien auch weitere Strecken zumutbar. In den angrenzenden Planungsbereichen seien Behandler ausreichend vorhanden. 

Der Antragsgegner gab mit Beschluss vom 14.08.2019, ausgefertigt am 18.09.2019, dem Widerspruch statt und ebenso dem Antrag der Antragstellerin auf hälftige Zulassung zur Vertragspraxis gemäß § 36 der Bedarfsplanungs-Richtlinie zum 01.10.2019. Zur Begründung führte er aus, Gegenstand des Begehrens der Antragstellerin sei zum einen, einen Sonderbedarf im Bereich der allgemeinen Chirurgie ausfüllen zu wollen sowie einen weiteren Bedarf im Rahmen der venenchirurgischen Versorgung abzudecken. Damit stütze die Widerspruchsführerin ihr Begehren einerseits auf einen quantitativen wie auch auf einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf. Aufgrund des persönlichen Einblicks in die konkrete Situation von seinen Mitgliedern sowie durch Schilderungen der Patientenvertreter sei deutlich geworden, dass es vorliegend vor allem um die Frage gehe, ob und inwieweit in A-Stadt eine ausreichende chirurgische Basisversorgung gewährleistet sei. Es gehe mithin gerade nicht um die Akquisition größerer ambulanter Operationen oder der stationären Versorgung, sondern um die klassische ambulante chirurgische Versorgung der Versicherten, die „kleine" Chirurgie. Auch stünden nicht die Versorgung von Arbeitsunfällen im Vordergrund, sondern allgemeine chirurgische Problemstellungen. Es sei davon auszugehen, dass im Bereich der „kleinen" Chirurgie eine Bedarfssituation im Bereich der Stadt A-Stadt bestehe, welche durch die vorhandenen Kapazitäten der weiteren niedergelassenen (Allgemein-) Chirurgen nicht hinreichend gedeckt sei. Hierfür sprächen nicht nur die Äußerungen der Antragstellerin, sondern auch eine entsprechende Analyse der Antworten im Rahmen der von ihm durchgeführten Umfrage. Im Rahmen dieser Umfrage hätten die befragten Ärzte zwar die Bereitschaft bekundet, ggf. ihre Tätigkeit auszuweiten, aber nur gegen entsprechende Bezahlung. Herr H., in A-Stadt niedergelassener Chirurg, bekunde bspw. (Blatt 241 der Verwaltungsakte), er überschreite regelmäßig das ihm gegebene Regelleistungsvolumen. Die von Herrn Dr. J. (Blatt 240 der Verwaltungsakte) als Versorgungsmöglichkeit benannte Frau K. stehe nur zeitweise an einem Nachmittag in der Woche zur Verfügung. Soweit das chirurgisch-orthopädische Zentrum A-Stadt (Blatt 249 der Verwaltungsakte) vortrage, es bestehe kein ungedeckter Versorgungsbedarf im Bereich der Unfallchirurgie und es seien keine planbaren ambulanten Operationen am St. Vinzenz-Krankenhaus durchgeführt worden, sondern lediglich in den eigenen Praxisräumen, deute auch diese Bekundung darauf hin, dass der Schwerpunkt dieses Leistungserbringers im Bereich planbarer ambulanter Operationen liege. Die Frage, ob auch die „kleine" Chirurgie im Rahmen der akuten Basisversorgung hinreichend abgedeckt sei, werde durch diese Stellungnahme nicht beantwortet. Auch die weiteren Bekundungen des Herrn Dr. J. auf Blatt 239 der Verwaltungsakte deuteten darauf hin, dass bei diesem Leistungserbringer keine wesentliche Leistungsausweitung im Raum stehe, da er diese von einer Erweiterung seines Regelleistungsvolumens abhängig mache. Insgesamt sei aber bei der Bewertung der Versorgungssituation nicht auf potentielle Leistungsangebote abzustellen, sondern auf konkrete Versorgungsmöglichkeiten. Aus der geschilderten Analyse der Antworten der angefragten Ärzte sei daher gerade nicht zu entnehmen, dass im Bereich der „kleinen" Chirurgie ausreichende Leistungsangebote in A-Stadt vorhanden seien. Vielmehr sei festzustellen, dass eine Ausweitung entsprechender Tätigkeiten bei den anderen Leistungserbringern jedenfalls von zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten bzw. Erweiterungen des Budgets abhängig gemacht werde. Damit stünden diese Angebote real nicht zur Verfügung. Allein dieser Umstand begründe hinreichend den Antrag auf Erteilung einer hälftigen Sonderbedarfszulassung. Zusätzlich zu dieser ohnehin zu gewährenden hälftigen Sonderbedarfszulassung bestehe auch ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf im Bereich der Venenchirurgie. Die EBM-Ziffern 31202 und 31208 würden in Hessen nur von 27 bzw. 25 Ärzten, also nur von wenigen Ärzten erbracht werden. Die im Bereich der Venenchirurgie einschlägigen Leistungsziffern 31202, 31208 und 33072 würden im Planungsbereich Main-Kinzig-Kreis zusammen nur von der Antragstellerin erbracht werden, es handle sich bei ihr damit im Bereich der Venenchirurgie um die einzige Leistungserbringerin im Planungsbereich, die ein vollständiges Leistungsspektrum anbieten könne. Zwar handle es sich um ein Spezialgebiet, bei welchem auch größere Entfernungen für die Patienten zumutbar seien. Andererseits sei allerdings zu beachten, dass es sich beim Planungsbereich Main-Kinzig-Kreis um einen großen Planungsbereich handle und dass im Bereich der Venenchirurgie auch Leistungsangebote für multimorbide Patienten vorgehalten werden müssten, denen längere Anfahrtswege nicht zugemutet werden könnten. Zudem umfasse der Bereich der Venenchirurgie auch Behandlungen, für welche eine wohnortnahe Versorgung anzustreben sei. Dem könne nicht gegengehalten werden, dass die Antragstellerin im Rahmen der Auflösung der Berufsausübungsgemeinschaft dieser, welcher sie zuvor angehört habe, einen hälftigen Versorgungsauftrag gegeben habe. Für die Entscheidung über die Erteilung einer hälftigen Sonderbedarfszulassung sei alleine die aktuelle Versorgungslage maßgeblich. 

Hiergegen hat die Beigeladene zu 8) am 13.12.2019 zum Az.: S 12 KA 411/19 die Klage erhoben, die sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2019, auf den verwiesen wird, begründet hat. 

Die Antragstellerin hat am 02.04.2020 den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt. Sie trägt vor, das Abwarten des rechtskräftigen Abschlusses der Hauptsache würde erhebliche Nachteile mit sich bringen. Insb. im Bereich der Notfallversorgung bestehe in A-Stadt - nicht zuletzt in der aktuelle Corona-Situation - erheblicher Versorgungsbedarf, da die stationäre Versorgung noch weitergehend eingeschränkt sei. Es gebe nur wenige Praxen im Main-Kinzig-Kreis, die bereit seien, unfallchirurgische Notfälle aufzunehmen. Mit Notfall sei ein Notfall im Sinne eines ambulanten Eilfalls gemeint, dessen Versorgung noch an diesem Tag erfolgen müsse. Wegen der Versorgungslücke habe sie sich auf die „kleine Chirurgie“ gestützt. In A-Stadt erfolge die ambulante chirurgische Leistungserbringung quasi durch drei Ärzte, einschließlich ihr selbst, was bei einer Stadt mit fast 100.000 Einwohnern und vielen ansässigen großen Unternehmen unzureichend sei. Aufgrund ihrer D-Arzttätigkeit müsse sie die Praxis täglich bis um 18 Uhr offenhalten, so dass sie nicht verhindern könne, dass in dieser Zeit auch Notfallpatienten (Akutfälle) trotz ihres begrenzen Versorgungsauftrags vorsprächen. Dabei handle es sich hierbei um etwa 20% der praxiseigenen Fallzahl, mithin rund 120 Fälle pro Quartal. Zudem praktiziere sie als einzige niedergelassene Chirurgin den Schwerpunkt der Venenchirurgie, in welchem es ebenfalls Notfallpatienten (z.B. Thromboseverdacht) gebe. Die Entscheidung des Berufungsausschusses vom 14.08.2019 sei rechtmäßig. Es sei davon auszugehen, dass die Klage des Beigeladenen zu 8) in der Hauptsache keinen Erfolg haben werde. Die Umfrage des Antragsgegners habe ergeben, dass Angebote der befragten Ärzte real nicht zur Verfügung stünden, so dass eine Bedarfssituation gegeben sei. Der Beigeladene zu 8) werde von der Entscheidung nur mittelbar bzw. nur sehr geringfügig durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung betroffen. Eine solche geringfügige Betroffenheit genüge im Regelfall allerdings nicht für eine rechtliche Betroffenheit und damit auch nicht für das Vorliegen einer Anfechtungsbefugnis. Für die Stattgabe ihres Antrags spreche die seitens der Zulassungsgremien gesehene Bedarfssituation hinsichtlich der Patientenversorgung, die Gefahr einer unausweichlichen Budget- bzw. Plausibilitätsüberschreitung für sie in kassenärztlicher Hinsicht, die Gefahr eines zivilrechtlichen Arzthaftungsfalls wegen unterlassener notwendiger Behandlungsleistung bei geöffneter D-Arztpraxis und nicht zuletzt ein Umsatzverlust auf ihrer Seite. Dem stehe entgegen der Wunsch ihrer ehemaligen Kollegen und Praxispartner (als angestellte Ärzte der Hauptsacheklägerin), keine Zulassungserweiterung zugesprochen zu erhalten und ein real nicht abzuschätzend geringer theoretischer Minderbetrag über die Verteilung der Gesamtvergütung. Im Übrigen mache sie sich die Stellungnahme des Antragsgegners zu eigen. Sie hat eine eidesstattliche Versicherung zur Gerichtsakte gereicht. 

Die Antragstellerin beantragt, 

die sofortige Vollziehung der Ziffer 3 des Beschlusses des Antragsgegners vom 14.08.2019 anzuordnen, bis eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen wurde. 

Der Antragsgegner stellt keinen Antrag. 

Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen im angefochtenen Beschluss vor, die Einlassung der Beigeladenen zu 8) im Hauptsacheverfahren, es bestehe kein ungedeckter Versorgungsbedarf im Bereich der Unfallchirurgie und es seien keine planbaren ambulanten Operationen am St Vinzenz-Krankenhaus durchgeführt worden, sondern lediglich in den eigenen Praxisräumen, deute darauf hin, dass der Schwerpunkt dieser Leistungserbringer im Bereich planbarer ambulanter Operationen liege. Es fehle auch an einem Vortrag zur Bedarfsdeckung im Bereich der Chirurgie in der Stadt A-Stadt, aus welchem zu schließen sei, dass die der Antragstellerin erteilte Sonderbedarfszulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag nicht erforderlich sei. Angesichts der klaren Rechtmäßigkeit seines Beschlusses sei vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs der Antragstellerin auszugehen. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben. Es bestehe wegen der Versorgungslücke ein öffentliches Interesse daran, dass die Antragstellerin die ihr erteilte hälftige Sonderbedarfszulassung auch ausüben könne. Ein schützenswertes privates Interesse der Antragstellerin sei gegeben. Eine Folgenabwägung ergebe, dass die negativen Folgen des Unterlassens der begehrten Anordnung des Sofortvollzugs weitaus schwerwiegender wären als eine solche Anordnung. Bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage im Hauptsacheverfahren entstünde eine Versorgungslücke im Bereich der Unfallchirurgie im Raum A-Stadt, der nicht zu vertreten wäre. Die Vorteile, die sich für die Beigeladene zu 8) infolge des eingetretenen Suspensiveffekts ergäbe, seien demgegenüber vernachlässigenswert. Er verweise auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Antragsschrift. 

Die Beigeladenen zu 1) weist darauf hin, dass die zuletzt noch beschlossene Verlängerung des Verbots von medizinisch nicht notwendigen Eingriffen (u. a. ambulantes Operieren) ab 04.05.2020 aufgehoben worden sei. 

Die Beigeladenen zu 2) bis 7) haben sich zum Verfahren nicht geäußert.

Die Beigeladenen zu 1) bis 7) haben keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 8) verweist auf das Verbot der Erbringung elektiver Leistungen bis einschließlich 10.05.2020 aufgrund der Fünften Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus bis dorthin. Insoweit bestehe derzeit offensichtlich keine Eilbedürftigkeit. Die Behauptung des Antragsgegners, eine Befragung der chirurgischen Leistungserbringer im Planungsbereich habe einen ungedeckten Bedarf im Bereich der „kleinen Chirurgie“ ergeben, werde durch die in der Verwaltungsakte im Hauptsacheverfahren enthaltenen Umfrageergebnisse nicht belegt. Leistungen der „kleinen (Notfall-)Chirurgie“ beträfen nicht die gesamte Bandbreite der Chirurgie. Ein ungedeckter Bedarf für Teilbereiche der Chirurgie allein reiche nicht für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung aus. Leistungen der „kleinen Chirurgie“ seien auch nicht stets Notfallleistungen. Zum Bestehen eines venenchirurgischen Bedarfs trage der Antragsgegner nicht vor. Insoweit sei keine Eilbedürftigkeit gegeben. Über die Fachärzte für Chirurgie hinaus müssten auch die Phlebologen und Angiologen betrachtet werden, weil auch diese Fachgebiete entsprechende Leistungen zur Behandlung von Venenerkrankungen anböten. Zur Frage eines Bedarfes der „kleinen Chirurgie“ in A-Stadt belegten die Ergebnisse der Umfrage, dass nicht nur sie über weitere unfallchirurgische Kapazitäten im Bereich der „kleinen Chirurgie“ verfüge, sondern auch die Mehrzahl der anderen chirurgischen Leistungserbringer eine reale Versorgungskapazität vorhalte, und zwar - überwiegend - ohne Budgetvorbehalt. Sie habe bereits vor der Erteilung der Sonderbedarfszulassung weitere Kapazitäten zur Versorgung von chirurgischen (Not-)Fällen im Umfang von 300 Patienten je Quartal angegeben. Dies umfasse auch die Leistungen der „kleinen Chirurgie“. Die Zulassungsentscheidung erscheine nach summarischer Prüfung rechtswidrig. Die Antragstellerin habe bis Ende 2017 mit den bei ihr angestellten Chirurgen eine Berufsausübungsgemeinschaft betrieben. Sie habe damals über einen vollen chirurgischen Versorgungsauftrag verfügt. Im Zuge der Auflösung der Berufsausübungsgemeinschaft habe sie einen hälftigen chirurgischen Versorgungsauftrag bzw. den damit verbundenen Praxisanteil in der Berufsausübungsgemeinschaft belassen. Im Vertrag zur Auflösung der GbR und Ermittlung des Abfindungsguthabens per 31.12.2017 sei der halbe chirurgische Vertragsarztsitz bzw. der hierdurch repräsentierte Anteil an der GbR nach ihrem Kenntnisstand mit einem sechsstelligen Betrag (etwa 200.000 €) bewertet worden. Einige Monate nach der Verwertung des halben chirurgischen Vertragsarztsitzes habe sie erstmals die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung in gleichem Umfang begehrt. Der Antragsgegner habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt. Es fehle an einer Fallzahlauswertung. Sie hat eine eidesstattliche Versicherung der Frau M., Referentin der Geschäftsführung, zur Gerichtsakte gereicht.

Die Beigeladene zu 8) beantragt, 

den Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs zurückzuweisen. 

Die Kammer hat mit Beschluss vom 02.04.2020 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Akte zum Az.: S 12 KA 411/19 und Verwaltungsakte Bezug genommen.


II.

Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses des Antragsgegners vom 14.08.2019 ist zulässig, aber unbegründet. 

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 und 4, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG). 

Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (§ 86a Abs. 1 SGG). In Angelegenheiten des Antragsgegners entfällt die aufschiebende Wirkung nicht (vgl. § 86a Abs. 2 und 4 SGG). Eine sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 14.08.2019 ist nicht angeordnet worden. Die Beigeladene zu 8) ist Trägerin eines chirurgisch-orthopädischen MVZ im Planungsbereich der Antragstellerin und von daher grundsätzlich klagebefugt (vgl. BSG, Urt. v. 11.02.2015 - B 6 KA 7/14 R - SozR 4-5540 Anl. 9.1 Nr. 5, juris Rdnr. 24 m.w.N.; zu Orthopäden BSG, Urt. v. 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R - BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 3, juris Rdnr. 23; zur Sonderbedarfszulassung BSG, Urt. v. 17.06.2009 - B 6 KA 25/08 R - BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr. 16, juris Rdnr. 21 ff.; BSG, Urt. v. 17.06.2009 - B 6 KA 38/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 19 ff.). Ob tatsächlich eine rechtliche Betroffenheit und damit auch eine Anfechtungsbefugnis besteht, wird im Hauptsacheverfahren zu überprüfen sein. 

Bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage zu bewerten sind, umso schwerwiegender muss das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts an der aufschiebenden Wirkung sein, um eine Aussetzung rechtfertigen zu können. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. LSG Bayern, Beschl. v. 30.07.2009 - L 12 B 1074/08 KA ER - juris Rdnr. 16). Zu berücksichtigen sind außerdem sondergesetzlich geregelte Prüfungsmaßstäbe, wie z. B. das Erfordernis ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bei der Anforderung von Beiträgen und sonstigen öffentlichen Abgaben (§ 86a Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 SGG) oder gesetzliche Wertungen, die dem öffentlichen Vollziehungsinteresse im Einzelfall generell den Vorrang einräumen. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage (schon) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben, der Aufschub der Vollziehung also entgegen § 86a Abs. 1 SGG nicht den Regel-, sondern den Ausnahmefall darstellt. Schließlich muss das Gericht immer bedenken, welche nachteiligen Folgen dem Antragsteller aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, vor allem für seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen erwachsen und ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 2 GG) im Besonderen sind vor Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren als Präventivmaßnahme nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig; die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus. Außerdem darf der Rechtsschutzanspruch (Art. 19 Abs. 4 GG) gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug einer Maßnahme umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.01.2011 - L 5 KA 3990/10 ER-B - juris Rdnr. 58; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.01.2011 - L 5 AS 452/10 B ER - juris Rdnr. 38; BVerfG, Kammerbeschl. v. 15.04.2010 - 1 BvR 722/10 - juris Rdnr. 20).

Insbesondere dann, wenn die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren besonders schwierig oder ohne weitere Ermittlungen nicht möglich ist, weil sie von der Klärung komplizierter Rechtsprobleme, etwa von einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm abhängt, die Entscheidung nur auf der Grundlage einer weiteren Sachaufklärung möglich ist, insbesondere die Anhörung der Beteiligten, von Zeugen oder die Beiziehung von Akten oder weiterer Unterlagen erfordert oder der Erörterung des Falles in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der sachkundigen ehrenamtlichen ärztlichen Beisitzer bedarf, können die Sozialgerichte auf die summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes verzichten. In einem solchen Fall ist der Erfolg eines Widerspruchs oder einer Klage regelmäßig ebenso wahrscheinlich wie ihr Misserfolg, so dass es für ein Obsiegen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes darauf ankommt, ob Widerspruch und Klage nach der Entscheidung des Gesetzgebers kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommen soll oder nicht. Ist die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes ausgeschlossen, kann ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGB V nur dann Erfolg haben, wenn die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.03.2008 - L 7 B 10/08 KA ER - juris Rdnr. 2; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35).

Von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses des Antragsgegners vom 14.08.2019 kann nach Aktenlage nicht ausgegangen werden. 

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Sonderbedarfszulassung ist § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 36 BedarfsplRL. Nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien Bestimmungen über Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insb. innerhalb einer Arztgruppe zu decken. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG) v. 22.12.2011, BGBl. I 2011, 2983 hat der Gesetzgeber die Bindung der Planungsbereiche an die Stadt- und Landkreise aufgegeben. Die regionalen Planungsbereiche, auf die bei der Ermittlung des Versorgungsgrades abzustellen ist, sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss vorzugeben (§ 101 Abs. 1 Satz 6 SGB V und § 12 Abs. 3 Satz 2 Ärzte-ZV). Diesem Auftrag ist der Gemeinsame Bundesausschuss mit der Richtlinie über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 20. Dezember 2012, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT v. 31.12.2012, B7), in Kraft getreten am 1. Januar 2013, zuletzt geändert durch Beschl. v. 05.12.2019 (BAnz AT 20.12.2019 B9, in Kraft getreten am 21.12.2019), nachgekommen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat mit Beschluss vom 16.05.2013 (BAnz AT 03.07.2013 B5) die §§ 36 und 37 BedarfsplRL neu gefasst. Die durch Beschl. v. 16.05.2019 (BAnz AT 28.06.2019 B6), in Kraft getreten am 30.06.2019 (Teil III.) ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung. In § 36 Abs. 4 Satz 2 BedarfsplRL wurde für die „geografischen Informationen“ der Verweis „nach Anlage 7“ aufgenommen. Nach den Tragenden Gründen werden in Anlage 7 exemplarische Indikatoren für Raumanalysen beschrieben. U.a. seien auch Indikatoren aus einem Gravitationsmodell benannt, welches im Gutachten zur Quantifizierung von Mitversorgungsbeziehungen eingesetzt worden sei (vgl. GBA, Tragende Gründe zum Beschl. v. 16.05.2019, S. 16, www.g-ba.de). 

Die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den Gemeinsamen Bundesausschuss ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch hinsichtlich der Sonderbedarfszulassung verfassungsgemäß, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl. BSG, Urt. v. 08.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 9 m.w.N., juris Rdnr. 14; BSG, Urt. v. 17.08.2011 - B 6 KA 26/10 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 11, juris Rdnr. 35; BSG, Urt. v. 09.02.2011 - B 6 KA 1/10 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 10, juris Rdnr. 25; BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 31 m.w.N.; BSG, Urt. v. 28.06.2017 - B 6 KA 28/16 R - BSGE 123, 243 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 19, juris Rdnr. 16). Die Bildung von Raumordnungsregionen als Planungsbereiche ist nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urt. v. 04.05.2016 - B 6 KA 24/15 R - BSGE 121, 54 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 19, juris Rdnr. 43). 

Nach § 36 BedarfsplRL darf der Zulassungsausschuss unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss dem Zulassungsantrag eines Arztes der betreffenden Arztgruppe auf Sonderbedarf nach Prüfung entsprechen, wenn die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind und die ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes unerlässlich ist, um die vertragsärztliche Versorgung in einem Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf zu decken. Sonderbedarf ist als zusätzlicher Versorgungsbedarf für eine lokale Versorgungssituation oder als qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf festzustellen (§ 101 Absatz 1 Nr. 3 SGB V). Die Feststellung dieses Sonderbedarfs bedeutet die ausnahmsweise Zulassung eines zusätzlichen Vertragsarztes in einem Planungsbereich trotz Zulassungsbeschränkungen (§ 36 Abs. 1 BedarfsplRL). Bei der Feststellung von Sonderbedarf sind folgende Mindestbedingungen zu beachten:
1.     Abgrenzung einer Region, die vom beantragten Ort der Niederlassung aus versorgt werden soll und Bewertung der Versorgungslage (Feststellung einer unzureichenden Versorgungslage).
2.     Der Ort der Niederlassung muss für die beantragte Versorgung geeignet sein (Erreichbarkeit, Stabilität u.a.): Der Ort der Niederlassung muss strukturelle Mindestbedingungen erfüllen; der Einzugsbereich muss über eine ausreichende Anzahl an Patienten verfügen; dabei sind die Auswirkungen auf bestehende Versorgungsstrukturen zu berücksichtigen (§ 36 Abs. 3 BedarfsplRL).

Das Tatbestandsmerkmal „unerlässlich“ ist auf das in Deutschland vorhandene, an den Bedürfnissen der Patienten ausgerichtete Versorgungsniveau zu beziehen. Eine Auslegung in der Weise, dass nur reale Versorgungsnotstände behoben werden dürften, ist nicht geboten. Es handelt sich um keine reine Notstandsregelung. Vielmehr darf die Konkretisierung dieser Regelung auch an den Versorgungsbedürfnissen der Patienten unterhalb dieser Schwelle ausgerichtet sein. So darf der Gemeinsame Bundesausschuss den Interessen der Patienten an zumutbaren Wartezeiten auch auf nicht vital indizierte Untersuchungen und an einem flächendeckenden Angebot an Dialyseplätzen Rechnung tragen (vgl. BSG, Urt. v. 17.08.2011 - B 6 KA 26/10 R - juris Rn. 41 - SozR 4-2500 § 101 Nr. 11; Wenner, Fs. Eichenhofer, 2015, 707 f.).

Der Zulassungsausschuss hat bei der Ermittlung aller entscheidungsrelevanten Tatsachen eine umfassende Ermittlungspflicht. Die Feststellung soll der Zulassungsausschuss auch unter Zuhilfenahme von geografischen Informationen, die die räumlichen Interaktionen zwischen Ärzten und Patienten abbilden, treffen. Ein lokaler oder qualifikationsbezogener Sonderbedarf setzt voraus, dass aufgrund von durch den Zulassungsausschuss festzustellenden Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z. B. in Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geografische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen. Bei der Beurteilung ist den unterschiedlichen Anforderungen der Versorgungsebenen der §§ 11 bis 14 Rechnung zu tragen (§ 36 Abs. 4 BedarfsplRL). Die Sonderbedarfszulassung setzt ferner voraus, dass der Versorgungsbedarf dauerhaft erscheint. Bei vorübergehendem Bedarf ist von der Möglichkeit der Ermächtigung Gebrauch zu machen (§ 36 Abs. 5 BedarfsplRL). Die Zulassung wegen qualifikationsbezogenem Sonderbedarf hat mit der Maßgabe zu erfolgen, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, abrechnungsfähig sind (§ 36 Abs. 6 BedarfsplRL). Bei der Prüfung auf Sonderbedarf nach Absatz 3 bleibt eine mögliche stationäre Leistungserbringung in Krankenhäusern außer Betracht. Die Vorgaben des § 22 und des geltenden Bedarfsplans zur Anrechnung angestellter und ermächtigter Ärzte und Einrichtungen bleiben unberührt (§ 36 Abs. 9 BedarfsplRL), was hier allerdings dahingestellt bleiben kann, da Ermächtigungen nicht berücksichtigt wurden.

Wesentliche Voraussetzung ist danach ein zusätzlicher lokaler oder qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf, der dauerhaft erscheint. 

Bei der Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfes steht den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2017 - B 6 KA 28/16 R - BSGE 123, 243 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 19, juris Rdnr 21 f.). Zur Ermittlung der Bedarfssituation ist es sachgerecht und statthaft, die bereits niedergelassenen Ärzte nach ihrem Leistungsangebot und der Aufnahmekapazität ihrer Praxen zu befragen. Diese Befragung hat sich grundsätzlich auf die gesamte Breite eines medizinischen Versorgungsbereichs und nicht nur auf einzelne spezielle Leistungen zu beziehen. Die Angaben der Ärzte sind aber als potentielle künftige Konkurrenten des Bewerbers um einen zusätzlichen Praxissitz nicht ohne weiteres als Entscheidungsgrundlage geeignet, sondern müssen sorgfältig ausgewertet, soweit möglich durch weitere Ermittlungen ergänzt und so objektiviert werden. Hierfür ist es erforderlich, etwa die Anzahlstatistiken der in Frage kommenden Vertragsärzte beizuziehen, um festzustellen, inwieweit im Bereich des streitigen Sonderbedarfs von diesen Ärzten Leistungen erbracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 05.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 3, juris Rdnr. 18; BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 36 u. 38 -; LSG Nordrhein-Westfalen v. 14.07.2004 - L 11 KA 21/04 - GesR 2004, 526, juris Rdnr. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.02.2007 - L 11 KA 82/06 - juris Rdnr. 21). Die Ermittlungen dürfen sich ferner auch auf die gesamte jeweilige Gruppe der Gebietsärzte beziehen, die nach dem einschlägigen Weiterbildungsrecht befugt sind, die Leistungen eines streitigen Teilgebiets zu erbringen. Es kommt in erster Linie auf die tatsächliche Versorgungssituation in dem betreffenden Planungsbereich an, was nicht ausschließt, dass die sachkundigen Zulassungsgremien diesen Planungsbereich (analog § 12 Abs. 3 Satz 2 Ärzte-ZV) im Falle von Subspezialisierungen einzelner Fachgebiete überschreiten und auch die an den untersuchten räumlichen Bereich angrenzende Gebiete in ihre Überlegungen mit einbeziehen (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 36; LSG Sachsen, Beschl. v. 26.05.2005 - L 1 B 31/05 KA-ER - juris Rdnr. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.04.2007 - L 10 KA 48/06 - juris Rdnr. 46). 

Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, ob die durch Auslegung des Begriffs „besonderer Versorgungsbedarf“ zu ermittelnden Grenzen eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Ermächtigung halten (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 34 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urt. v. 09.02.2011 - B 6 KA 3/10 R - BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr. 2, juris Rdnr. 22). 

Der Antragsgegner bejaht einen Bedarf für einen weiteren hälftigen Versorgungsbedarf für die Fachgruppe der Chirurgen und Orthopäden, in der bedarfsplanerisch die Fachärzte für Chirurgie, die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie, die Fachärzte für Kinderchirurgie, die Fachärzte für Plastische Chirurgie, die Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie, die Fachärzte für Gefäßchirurgie, die Fachärzte für Visceralchirurgie, die Fachärzte für Orthopädie sowie die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie zusammengefasst sind. Nicht zu dieser Arztgruppe gehören die Fachärzte für Herzchirurgie und die Fachärzte für Thoraxchirurgie (§ 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 BedarfsplRL). Er sieht unabhängig voneinander einen allgemeinen quantitativen und einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf im Bereich der Venenchirurgie. 

Ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf ist aber bereits deshalb zweifelhaft, weil die Antragstellerin bereits zur vertragsärztlichen Versorgung mit einem hälftigen Versorgungsauftrag zugelassen ist und von daher bei Beurteilung der bestehenden Versorgungslage mit zu berücksichtigen ist. Aufgrund ihrer Zulassung kann die Antragstellerin Leistungen im Bereich der Venenchirurgie erbringen, was sie in der Vergangenheit auch getan hat. Soweit nach SG München ein Antragsteller, der bereits eine hälftige Zulassung besitzt, nicht darauf verwiesen werden kann, er könne bereits im Rahmen der erteilten Zulassung spezielle Leistungen erbringen, wenn die Auslastung mit allgemeinen ärztlichen Leistungen überdurchschnittlich ist (vgl. SG München, Urt. v. 11.10.2017 - S 38 KA 721/16 - juris Rdnr. 15), kann dies dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Leistungen der Venenchirurgie nur in einem geringen Umfang erbracht werden.

Die bisher von der Antragstellerin abgerechneten Leistungen im Bereich der Venenchirurgie reichen bei weitem nicht aus zur Begründung eines auch nur hälftigen Versorgungsauftrags. 

Die Sonderbedarfszulassung setzt voraus, dass der Versorgungsbedarf dauerhaft erscheint. Bei vorübergehendem Bedarf ist von der Möglichkeit der Ermächtigung Gebrauch zu machen (§ 36 Abs. 5 BedarfsplRL). Dies ist der Fall, wenn der von den bereits zugelassenen Vertragsärzten nicht abgedeckte Versorgungsbedarf unterhalb des Umfangs einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis liegt (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 39; BSG, Urt. v. 19.03.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr. 1, juris Rdnr. 18; BSG, Urt. v. 02.09.2009 - B 6 KA 35/08 R - BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 15, juris Rdnr. 36; Lauber/Frehse, MedR 2014, 862, 864 sehen das Merkmal „wirtschaftliche Tragfähigkeit“ nicht in der BedarfsplRL verankert und sehen dieses Merkmal überhaupt kritisch; ebenso Kleinke/Lauber, ZMGR 2013, 8, 16). Gegen die Auffassung der Vorinstanz hat das BSG daran festgehalten, dass der Bedarf für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreichen muss (vgl. BSG, Urt. v. 02.09.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 7 juris Rdnr. 19 ff.; BSG, Urt. v. 02.09.2009 - B 6 KA 21/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 6, juris Rdnr. 20). 

Die Beigeladene zu 1) gibt in ihrer Stellungnahme vom 07.08.2019 an, in den Quartalen II/18 bis I/19 habe die Antragstellerin insgesamt dreimal die Ziffer 31202 EBM, die Ziffer 31208 EBM elfmal und die sonographische Untersuchung nach der Ziffer 33072 319-mal erbracht. Dies ergibt folgendes Leistungsvolumen: 
 

Ziffer EBM/Punkte/€ Anzahl Wert in Punkten Wert in €
31202/1.788/190,50     3   5.364    571,50
31208/488/51,99   11   5.368    571,89
33072/260/27,70 319 82.940 8.836,30
Summe   93.672 9.979,69
Quartalsdurchschnitt   23.418 2.494,92


Im Quartalsdurchschnitt rechnet die Antragstellerin im Bereich der Venenchirurgie nur ein Vergütungsvolumen von ca. 2.500,00 € ab, was nicht annähernd dem Umfang für eine tragfähige Praxis entspricht. 

Der Antragsgegner geht für den Bereich der Venenchirurgie davon aus, dass größere Entfernungen für die Patienten zumutbar seien, strebt aber kürzere Wegezeiten im Hinblick auf multimorbide Patienten an. Dies reicht für eine Begründung nicht aus, da grundsätzlich im gesamten Bundesgebiet multimorbide Patienten vorhanden sind. Es bedarf daher wenigsten der Darlegung einer besonderen Häufung von multimorbiden Patienten im Einzugsbereich der Praxis bzw. der Darlegung einer besonderen Bewegungseinschränkung der Patienten, die insb. die strittigen Leistungen nachfragen. 

Ferner ist nicht ersichtlich, inwieweit die Vermehrung des Leistungsangebots zu einer Verbesserung der Versorgung im Planungsbereich dient. Der Planungsbereich Main-Kinzig-Kreis erstreckt sich von A-Stadt im Südwesten nach Nordosten über N-Stadt, C-Stadt entlang am Vogelberg mit F-Stadt bis nach E-Stadt und G-Stadt im Spessart. G-Stadt liegt in einer Entfernung zu A-Stadt von 56 Straßenkilometern bzw. einer Fahrzeit von 38 Minuten. Es hätte daher einer Begründung bedurft, inwiefern durch eine Vermehrung des Angebots in A-Stadt eine Verbesserung in den übrigen Teilen des Planungsbereichs erreicht werden kann.

Ein allgemein-quantitativer Sonderbedarf im Bereich der Chirurgie und Orthopädie ist aber bereits deshalb zweifelhaft, weil es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der bisherigen Versorgung fehlt. Zutreffend geht der Antragsgegner davon aus, dass es maßgeblich auf die Bedarfssituation am Standort der Praxis der Antragstellerin ankommt. Für die Berücksichtigung der Versorgungssituation kommt es nicht auf die Situation einer einzelnen Praxis, sondern auf die Situation der Versicherten im Planungsbereich an. Selbst für den Begriff der „Versorgungsverbesserung“ im Sinne einer Zweigpraxisgenehmigung (§ 24 Abs. 3 Ärzte-ZV) hat das Bundessozialgericht klargestellt, dass ein Versorgungsbedarf nicht mit der Situation der eigenen Praxis begründet werden kann. Die Frage der Versorgungsverbesserung ist nicht für die spezielle Patientenschaft einer Praxis zu beurteilen, sondern abstrakt bezogen auf die im Einzugsbereich lebenden Versicherten als solche (vgl. BSG, Urt. v. 05.06.2013 - B 6 KA 29/12 R - BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr. 9, juris Rdnr. 30). Zutreffend geht der Antragsgegner ferner davon aus, allein maßgeblich sei lediglich das tatsächliche Versorgungsangebot (vgl. BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 8, juris Rdnr. 32 -; BSG, Urt. v. 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr. 2, juris Rdnr. 38). 

Der Antragsgegner stellt bei der Beurteilung wesentlich auf das Vorbringen der Antragstellerin und den persönlichen Einblick seiner Mitglieder in die konkrete Situation sowie auf die Schilderungen der Patientenvertreter ab. Das ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Eine besondere Sachkunde bzgl. der Versorgungssituation kann von den Mitgliedern der Zulassungsgremien eingebracht werden (vgl. SG Marburg, Beschl. v. 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - juris Rdnr. 38). Wesentlich kommt es aber auf eine Überprüfung der persönlichen Eindrücke durch die Versorgungsdaten an. Auf einzelne Fallschilderungen, die ggf. im Einzelfall auf eine unzureichende Versorgung schließen lassen, können Zulassungsentscheidungen nicht gestützt werden. Sie können allenfalls im Rahmen einer umfassenden Bedarfsanalyse herangezogen werden. Die Notwendigkeit zur Überprüfung gilt im Übrigen ebenso für die Auskünfte der befragten Ärzte. Auch setzt sich der Antragsgegner nicht hinreichend mit den Auskünften der befragten Ärzte auseinander, was insbesondere für die in A-Stadt selbst ansässigen Ärzte gilt. 

Herr H. wird im angefochtenen Beschluss nur mit der Aussage zitiert, er überschreite regelmäßig das ihm gegebene Regelleistungsvolumen. Diese Aussage im Schreiben vom 24.06.2019 steht aber im Zusammenhang mit der Aussage, er sei als Boxarzt tätig und betreibe nur eine kleine Praxis. Eine Aussage, er wolle wegen Überschreitens des Regelleistungsvolumens keine neuen Patienten behandeln, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. Er gibt vielmehr auf dem Fragebogen mit Datum vom 06.05.2019 an, wenngleich es mangels Nachfrage nicht notwendig sei, könne er theoretisch fünf Fälle pro Tag ohne logistische Probleme annehmen. Unfälle und echte Notfälle würden selbstverständlich sofort in seiner Praxis behandelt. Die Wartezeiten bei sonstigen Erkrankungen betrügen üblicherweise nicht mehr als sieben bis zehn Tage. 

Die Aussage des chirurgisch-orthopädischen Zentrums A-Stadt in seinem Schreiben vom 19.07.2019 wird nur unvollständig aufgenommen. Das Centrum betont, auf den verbliebenen Arztsitzen stünden für chirurgische Notfallpatienten unveränderte Versorgungskapazitäten zur Verfügung. Neben der unverzüglichen Versorgung der Notfallpatienten erhielten auch Patienten der Regelversorgung zeitnah entsprechend der medizinischen Dringlichkeit in ihrem MVZ einen Termin. Die Aussage, ambulante Operationen erfolgten unverändert in den Praxisräumlichkeiten, ist eindeutig allein auf den im Schreiben wiedergegeben Vorwurf zu beziehen, es ginge darum, planbare ambulante Operationen zu generieren, welche dann im St. Vinzenz-Krankenhaus durchgeführt würden. Ferner geben Dr. S. und Dr. L. in den Antworten auf den Fragebogen mit Datum vom 16.05.2019 an, in dringenden medizinischen Fällen erhielten die Patienten sofort einen Termin in der Praxis, in allen anderen Fällen binnen vier bis sechs Wochen. 

Die Überörtliche chirurgische Gemeinschaftspraxis GbR, Fachärzte R., Netzwerk der Q. Klinik, wird überhaupt nicht erwähnt. Sie weist in ihrem Schreiben vom 15.07.2019 auf ihren Standort A-Stadt mit zwei Vertragsarztsitzen hin. Sie weise den Vorwurf zurück, dass auf Grund der Spezialisierung Notfälle nicht adäquat versorgt werden könnten. Notfälle würden nicht abgewiesen, da das Sprechstundenangebot am Standort A-Stadt zurzeit nur zu 75 % durch Patienten in Anspruch genommen werde, bestehe kein Sonderbedarf im Bereich/Chirurgie. Nicht berücksichtigt werden auch die Einzelaussagen der Ärzte der GbR in A-Stadt. 

Der Antragsgegner hat auch nicht die Aussagen der Ärzte in A-Stadt mit den Abrechnungsstatistiken überprüft. 

Nicht gewürdigt wird der Zuschnitt des Planungsbereichs und hierbei die Lage der Stadt A-Stadt am äußersten südwestlichen Rand des Planungsbereichs mit einer Entfernung nach L-Stadt (Planungsbereich Landkreis H-Stadt) von 13 bis 19 Straßenkilometern bzw. einer Fahrzeit von 18 bis 21 Minuten und H-Stadt (Planungsbereich Stadt H-Stadt) von 13 bis 18 Straßenkilometern bzw. einer Fahrzeit von 18 bis 23 Minuten. 

Nach dem BSG kommt es in erster Linie auf die tatsächliche Versorgungssituation in dem betreffenden Planungsbereich an, was nicht ausschließt, dass die sachkundigen Zulassungsgremien diesen Planungsbereich im Falle von Subspezialisierungen einzelner Fachgebiete überschreiten und auch die an den untersuchten räumlichen Bereich angrenzenden Gebiete in ihre Überlegungen miteinbeziehen (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 36; LSG Sachsen, Beschl. v. 26.05.2005 - L 1 B 31/05 KA-ER - juris Rdnr. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.04.2007 - L 10 KA 48/06 - juris Rdnr. 46). Besonderen Bedarfssituationen, die sich aufgrund der regionalen Struktur eines Planungsbereiches ergeben, kann durch eine sachgemäße Ausübung des Beurteilungsspielraums bei der Prüfung der Bedarfslage Rechnung getragen werden (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 - B 6 KA 81/97 R - SozR 3-2500 § 97 Nr. 2, juris Rn. 27). Nach Auffassung der Kammer ist zudem bei ergänzenden Zulassungen oder Ermächtigungen die Versorgung in angrenzenden Bereichen einzubeziehen, da es unerheblich ist, ob die vermeintliche Versorgungslücke von Leistungserbringern anderer Planungsbereiche gedeckt wird. Die Versorgung in benachbarten Planungsbereichen sollte deshalb berücksichtigt werden, weil es auf die lokalen und insoweit nicht durch die Grenzen des Planungsbereiches beschränkten Gegebenheiten ankommt (vgl. LSG Sachsen, Beschl. v. 30.07.2009 - L 1 B 786/08 KA-ER - juris Rdnr. 62; SG Marburg, Urt. v. 15.01.2020 - S 12 KA 230/18 -, Sprungrevision anhängig: B 6 KA 2/20 R; SG Marburg, Urt. v. 10.09.2008 - S 12 KA 49/08 - juris Rdnr. 37; SG Köln, Urt. v. 07.11.2008 - S 26 KA 4/08 - juris Rdnr. 12). Soweit es zum Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien gehört, ob sie - zugunsten von mehr Sonderbedarfszulassungen - über das notwendige Minimum an Versorgung hinausgehen wollen und auch dann, wenn in einer anderen, ausreichend nah gelegenen Stadt ein an sich gerade noch ausreichendes Versorgungsangebot besteht und in zumutbarer Weise erreichbar ist, in jeder weiteren größeren Stadt die wichtigsten Fachgebiete eigenständig vertreten sehen wollen (vgl. BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 8 juris Rdnr. 27 f.; BSG, Urt. v. 17.06.2009 - B 6 KA 38/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 5, juris Rdnr. 26), bedarf es der Erörterung der Versorgungsalternativen. Grundsätzlich können im Rahmen der allgemeinen fachärztlichen Versorgung den Patienten Wege bis 25 km zugemutet werden. Für allgemeine Leistungen hat sich das Bundessozialgericht wiederholt auf eine Entfernung von bis zu 25 km festgelegt. Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Bei größeren Entfernungen kommt eine Sonderbedarfszulassung in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 22/09 R - juris Rdnr. 24 - SozR 4-2500 § 101 Nr. 8; BSG, Urt. v. 08.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - juris Rdnr. 20 - SozR 4-2500 § 101 Nr. 9; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 34/10 R - juris Rdnr. 17 - SozR 4-2500 § 119 Nr. 1).

Die Beigeladene zu 1) hat in ihrer Stellungnahme vom 07.08.2019 darauf hingewiesen, viele Ärzte in A-Stadt hätten in den Umfragen angegeben, noch über freie Kapazitäten zu verfügen. Anhand des durchschnittlichen Abrechnungsvolumens von 112,56 % in A-Stadt sei dies nachvollziehbar, da kein stark überdurchschnittliches Abrechnungsvolumen vorliege. So sei auch bei einer Prüfung im Detail festzustellen, dass keine Versorgungslücke im Bereich der unfallchirurgischen Leistungen vorliege. Es gebe noch weitere Leistungserbringer, die Patienten aufnehmen wollten. Dies hätte einer eingehenden Würdigung im Rahmen der Bescheidbegründung bedurft. 

In der Regel ist auch abzufragen, in welchem Umfang die Terminservicestellen um Vermittlung gebeten wird (§ 75 Abs. 1a SGB V) und in welchem Umfang freie Kapazitäten gemeldet werden (§ 75 Abs. 1a Satz 20 SGB V). Bei einem Widerspruch zwischen Angaben in einem Fragebogen und der Meldung bzw. dem Meldeverhalten bedarf es ggf. der weiteren Aufklärung durch den Antragsgegner. 

Nach allem spricht Vieles für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses. 

Eine Folgenabwägung zeigt keine schwerwiegende Beeinträchtigung der Interessen der Antragstellerin. Eine zwingende Versorgungslücke im Bereich der Unfallchirurgie im Raum A-Stadt ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu erkennen. Hinzu kommt, dass bei Notfällen in der von der Antragstellerin beschriebenen Art bereits berufsrechtlich in den meisten Fällen eine Behandlungspflicht besteht und nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ärzte in A-Stadt ihren Pflichten nicht nachkommen. Die aktuelle Covid 19-Epidemie lässt den Bedarf im Fachgebiet der Antragstellerin jedenfalls nicht ansteigen. Die Gefahr einer unausweichlichen Budget- bzw. Plausibilitätsüberschreitung und ein möglicher Umsatzverlust resultieren in erster Linie aus der Begrenzung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag. Die Antragstellerin ist insoweit verpflichtet, ihre Tätigkeit entsprechend zu begrenzen. Soweit dies ggf. in Widerspruch zu ihrer Verpflichtung als sog. D-Arztpraxis mit ganztägiger Sprechstundenverpflichtung steht, ist dies allein ihrer Risikosphäre zuzurechnen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass hieraus eine Kollision mit der Pflicht zur Behandlung von Notfällen entsteht.

Nach allem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung ergeht als Beschluss. Sie beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. 

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 197a SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO). Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 197a, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist, ob der Beigeladene sich während des Verfahrens geäußert und auch Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R - SozR 3-5795 § 10d Nr. 1, juris Rdnr. 44). 

Der Beigeladene zu 8) hat sich zur Sache geäußert und einen Antrag gestellt. Von daher besteht für sie ein Kostenerstattungsanspruch.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). 

In Zulassungsangelegenheiten ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Gegenstandswert in der Regel in Höhe der dreifachen Jahreseinnahmen abzüglich der durchschnittlichen Praxiskosten in der jeweiligen Behandlergruppe festzusetzen (vgl. BSG, Beschl. v. 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R - SozR 4-1920 § 52 Nr. 1 = www.sozialgerichtsbarkeit.de; BSG, Beschl. v. 26.09.2005 - B 6 KA 69/04 B - juris; BSG, Beschl. v. 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B - juris = MedR 2006, 236 = ZMGR 2005, 324). Im einstweiligen Anordnungsverfahren ist auf die durchschnittliche Dauer bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzustellen, hier von einem Jahr.

Die Antragstellerin erzielte folgende Honorarumsätze aufgrund ihrer bisherigen Zulassung mit einem halben Versorgungsauftrag: 

Quartal Bruttohonorar PK/EK in €
IV/18   67.567,61
I/19   72.179,59
II/19   67.410,38
III/19   65.546,74
Gesamt 272.704,32

Für drei Jahre ergibt dies einen Umsatz von 818.112,96 €. Abzüglich der von der Antragstellerin angegebenen Kostenquote von 58 % verbleiben 343.607,44 €. Für ein Jahr ist von einem Umsatz in Höhe von 114.535,81 € auszugehen. Dies ergab – gerundet - den festgesetzten Wert. 
 

Rechtskraft
Aus
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