S 42 AS 1098/19

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
42
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 42 AS 1098/19
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1.   Der Nachweis einer überwiegend betrieblichen Nutzung eines privaten Kfz iSv § 3 Abs. 7 Alg II-V kann in Anlehnung an die steuerrechtliche Praxis durch ein Fahrtenbuch oder in anderer geeigneter Form erfolgen. Im Einzelfall sind die Art der konkret ausgeübten selbständigen Tätigkeit und die behördliche Verwaltungspraxis der Nachweiserhebung und -verwertung in die Bewertung einzubeziehen. 

2.   Bei der Beurteilung der Vermeidbarkeit von Betriebsausgaben im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V ist zu berücksichtigen, dass ein nicht im Leistungsbezug nach dem SGB II stehendes Mitglied einer gemischten Bedarfsgemeinschaft nicht verpflichtet ist, seine Betriebsausgaben streng am Maßstab des § 3 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V zu orientieren. In Kenntnis des SGB II-Leistungsbezuges seines Ehepartners kann von ihm lediglich erwartet werden, dass er sein Ausgabeverhalten an den üblicherweise geltenden Wirtschaftlichkeitskriterien orientiert und keine offensichtlich unnötigen oder überhöhten Betriebsausgaben tätigt.

In Abänderung des Überprüfungsbescheides vom 16. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2019 wird der Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 18. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 teilweise zurückzunehmen und der Klägerin endgültig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren für Juli 2016 in Höhe von 0 Euro, für August 2016 in Höhe von 714,62 Euro, für September 2016 in Höhe von 702,10 Euro, für Oktober 2016 in Höhe von 655,52 Euro, für November 2016 in Höhe von 714,62 Euro und für Dezember 2016 in Höhe von 655,52 Euro sowie den Erstattungsbescheid vom 19. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 vollständig zurückzunehmen.

Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 Tatbestand

In Streit steht – im sog. Zugunstenverfahren – die Höhe der abschließend festzustellenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 und die Rechtmäßigkeit einer zur Erstattung festgesetzten Überzahlung von in Höhe von 1.401,70 Euro.

Die 1951 geborene Klägerin bewohnt seit Mai 2013 gemeinsam mit ihrem 1944 geborenen Ehemann ein gemietetes Einfamilienhaus in R. Der Mietvertrag sieht eine monatliche Mietzahlung von 520 Euro (300 Euro Kaltmiete, 206 Euro Heizstrom, 14 Euro Grundsteuer) vor. Ferner ist im Mietvertrag handschriftlich formuliert: „Hausstrom (115,- €) + Wasser (53,- €/monatl.) + Gebäudeversicherung (236,40 €/jährlich) + Müllgebühren (9,30 €/monatl.) werden vom Mieter direkt an den Erbringer gezahlt.“

Die Klägerin steht seit Oktober 2013 im ergänzenden Bezug von Grundsicherungsleistungen beim Beklagten. Bis einschließlich Juli 2016 erzielte sie Einkommen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Seit Juni 2013 ist sie im Rahmen einer Nebentätigkeit als Versicherungsvermittlerin tätig. Ihr 1944 geborener Ehemann bezieht seit 2009 eine Altersrente, die sich im streitigen Zeitraum auf 794,27 Euro monatlich belief. Daneben übte er eine selbständige Tätigkeit als Kurierfahrer (Auslieferung von Essen) aus. Die Betriebsstätte des einzigen Auftraggebers, an der die Essenmenüs zur Verteilung abzuholen waren, befindet sich in J, An der L, lt. Angaben der Klägerin 6 km von der Wohnung der Eheleute entfernt. Die Klägerin war ab August 2016 in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung versichert, für die monatlich 295,86 Euro aufzuwenden waren. Der Ehemann der Klägerin war zu einem Betrag von 328,95 Euro im Monat ebenfalls in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung versichert.

Im Jahr 2015 erwarb der Ehemann der Klägerin einen PKW als Jahreswagen mit Tageszulassung (Anmeldung am 21. Mai 2015 mit dem Kennzeichen) zu einem Kaufpreis von 15.400 Euro. Nach Inzahlungnahme des Altfahrzeuges, eines … (Erstzulassung 6. Juli 2006) zu einem Preis von 2.000 Euro, wurde der Restkaufpreis von 13.400 Euro über ein Darlehen der S Bank finanziert. Lt. Darlehensvertrag waren beginnend ab Juni 2015 monatliche Raten in Höhe von 388 Euro und, nach einer Sonderzahlung, ab 15. Februar 2016 in Höhe von 311 Euro zu zahlen. Das Fahrzeug wurde von Beginn an für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer genutzt.

Auf ihren Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum zunächst vorläufig Leistungen für Juli 2016 in Höhe von 12,36 Euro, für August 2016 in Höhe von 669,96 Euro und für September 2016 bis Dezember 2016 in Höhe von 625,34 Euro monatlich (Bescheid vom 28. Juni 2016, Änderungsbescheid vom 11. August 2016).

Im Januar 2017 reichte die Klägerin Angaben und Nachweise zu dem tatsächlich im Bewilligungszeitraum erzielten Einkommen ein. Danach hatte sie im Juli 2016 Einkommen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in Höhe von 1.079,50 Euro brutto bzw. 1.028,53 Euro netto. Aus ihrer Tätigkeit als Vermittlerin von Versicherungen gab sie Einnahmen in Höhe von 2.062,07 Euro und Ausgaben in Höhe von 424,62 Euro an (Gewinn 1.37,45 Euro im Bewilligungszeitraum bzw. 272,91 Euro im Monat).

Für die Tätigkeit des Ehemannes als Kurierfahrer wurden die tatsächlichen Einnahmen im Bewilligungszeitraum mit 5.495,79 Euro und die Ausgaben mit 3.744,21 Euro beziffert an (Gewinn 1.751,58 Euro im Bewilligungszeitraum bzw. 291,93 Euro im Monat). Als Betriebsausgaben wurden folgende Positionen angegeben: 60 Euro für Computernutzung und Büromaterial, 833 Euro für den Bau einer Garage, 831,14 Euro Aufwendungen für Kraftfahrzeugkosten, 140,16 Euro Telefon- und Internetkosten, 1.866 Euro Finanzierungskosten für das Kraftfahrzeug, 13,91 Euro Verkehrsrechtsschutz. Unter Nutzung eines vom Beklagten zur Verfügung gestellten Formulars „Nachweis der Fahrzeugkosten zur Abrechnung der Einkünfte aus selbständiger/freiberuflicher Tätigkeit (Position 6 der Abrechnung)“, in dem neben Kfz-Kennzeichen und Fahrzeugtyp der Kilometerstand am Anfang und am Ende des Bewilligungszeitraums, die gefahrenen Kilometer insgesamt, die davon betrieblich und privat veranlassten Fahrten sowie die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit / Betriebsstätte erfragt wurden, gaben die Klägerin und ihr Ehemann an, mit dem Kfz im Bewilligungszeitraum insgesamt 10.307 km gefahren zu sein, davon 6.683 km betrieblich und 3.624 km privat. Handschriftlich vermerkten sie, Fahrten zur Betriebsstätte gäbe es nicht, weil unmittelbar vom letzten Ausgabeort die Heimfahrt angetreten und am Morgen des Folgetages die Aufbewahrungsboxen mit zur Ausgabestelle genommen würden. Das Formular schließt mit einer vorformulierten Bestätigung der Richtigkeit der Angaben.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2017 setzte der Beklagte die der Klägerin endgültig zu gewährenden Leistungen für Juli 2016 auf 0 Euro und für August 2016 bis Dezember 2016 auf 267,89 Euro monatlich fest. Gleichzeitig ermittelte der Beklagte einen überzahlten Betrag in Höhe von 1.844,23 Euro, den er mit Erstattungsbescheid vom 19. Dezember 2017 zur Erstattung festsetzte.

Am 30. Januar 2018 beantragte die Klägerin die Überprüfung der bestandskräftig gewordenen Bescheide vom 18./19. Dezember 2017. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien nicht nachvollziehbar.

Im Rahmen der Überprüfung erlies der Beklagte am 16. November 2018 einen teilweise abhelfenden Überprüfungsbescheid. Gleichzeitig setzte er die abschließend zu gewährenden Leistungen mit einem Änderungsbescheid vom gleichen Tage wie folgt neu fest: Juli 2016 auf 0 Euro, August 2016 auf 338,54 Euro, September 2016 auf 326,02 Euro, Oktober 2016 auf 279,44 Euro, November 2016 auf 338,54 Euro und Dezember 2016 auf 279,44 Euro. Die Erstattungsforderung wurde mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 16. November 2018 auf 1.621,70 Euro reduziert.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, im maßgeblichen Zeitraum seien keine Kosten für Wasser/Abwasser und die Heizungswartung berücksichtigt worden. Zudem sei bei der Einkommensberechnung des Ehemannes die Einkommensbereinigung unterblieben.

Am 3. Mai 2019 erließ der Beklagte zwei weitere Änderungsbescheide, mit denen er die abschließend zu gewährenden Leistungen für Juli 2016 auf 0 Euro, August 2016 auf 382,54 Euro, September 2016 auf 370,02 Euro, Oktober 2016 auf 323,44 Euro, November 2016 auf 382,54 Euro und Dezember 2016 auf 323,44 Euro festsetzte und die Erstattungsforderung auf insgesamt 1.401,70 Euro reduzierte. Im Rahmen der Leistungsberechnung berücksichtigte er nunmehr einen monatlichen Regelbedarf von 364 Euro, Aufwendungen für Grundmiete und Heizkosten in Höhe von 250 Euro monatlich sowie sonstige Nebenkosten der Unterkunft in monatlich wechselnder Höhe (22 Euro im Juli 2019, 51,55 Euro im August 2016, 45,29 im September 2016, 22 Euro im Oktober 2016, 51,55 Euro im November 2016, 22 Euro im Dezember 2016). Als Einkommen der Klägerin wurde im Juli 2016 das Erwerbseinkommen aus ihrer versicherungspflichtigen Tätigkeit (1,079,50 brutto / 1.021,42 Euro netto) berücksichtigt, sowie ein monatliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 307,11 Euro. Abzüglich der Erwerbstätigenfreibeträge ermittelte der Beklagte ein anrechenbares eigenes Einkommen in Höhe von 1.028,53 Euro im Juli 2016 und 165,69 Euro in den Monaten August 2016 bis Dezember 2016. Als Einkommen des Ehemannes berücksichtigte der Beklagte die monatliche Altersrente von 794,27 Euro und Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 741,76 Euro im Monat. Dabei legte er Einnahmen im Bewilligungszeitraum vom 5.495,79 Euro zugrunde, erkannte aber lediglich Betriebsausgaben in Höhe von 1.045,23 Euro an. Unberücksichtigt blieben die mitgeteilten Aufwendungen für den Garagenbau und die Kosten der Finanzierung des Kfz. Unter Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 328,95 Euro und eines Erwerbstätigenfreibetrages von 128,35 Euro ermittelte der Beklagte ein anrechenbares Gesamteinkommen des Ehemannes in Höhe von 1.078,73 Euro im Monat. Nach Absetzung des individuellen Bedarfs des Ehemannes, übertrug der Beklagte das den Bedarf übersteigende Einkommen des Ehemannes mit 442,73 Euro in den Monaten Juli 2016, Oktober 2016 und Dezember 2016, 413,18 Euro in den Monaten August 2016 und November 2016 sowie 419,44 Euro im Oktober 2016 bedarfsmindernd auf die Klägerin.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2019 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Überprüfungsbescheid vom 16. November 2018 im Übrigen zurück.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Klage vom 7. Juni 2019.

Die Klägerin trägt vor, zu Unrecht seien bei den Betriebsausgaben des Ehemannes Tilgungsaufwendungen in Höhe von 311 Euro monatlich für das Kfz unberücksichtigt geblieben. Die Neuanschaffung sei im Jahr 2015 notwendig geworden, weil sich der zuvor vorhandene T aufgrund seines langjährigen Einsatzes als Taxi bei einem Kilometerstand von 225.000 km nicht mehr für den Geschäftsbetrieb geeignet habe. Größere Reparaturen haben angestanden, zuletzt – lt. der mündlichen Aussage eines A-Mitarbeiters – ein Motorschaden mit geschätzten Reparaturkosten von ca. 10.000 Euro. Aus wirtschaftlichen Gründen und, weil sie auf ein funktionierendes Fahrzeug für die täglichen Fahrten zur Essenslieferung angewiesen gewesen seien, hätten sie sich für die Anschaffung eines anderen Fahrzeuges entschlossen. Auf die Anschaffung eines älteren Gebrauchtwagens könne sie der Beklagte nicht verweisen. Das Fahrzeug sei im Bewilligungszeitraum überwiegend zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit des Ehemannes genutzt worden. Zur Auslieferung der Essensmenüs sei der Ehemann am Morgan nach J zur Betriebsstätte seines Auftraggebers gefahren, dort habe er die leeren Boxen abgegeben und die befüllten mitgenommen. Im Verlauf des Tages sei die Auslieferung erfolgt, die Fahrten endeten regelmäßig an der Wohnung, um eine nochmalige Fahrt in die Betriebsstätte zu ersparen. Die Bereinigung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit des Ehemannes sei fehlerhaft. Der Grundfreibetrag von 100 Euro sei unberücksichtigt geblieben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß und sachdienlich gefasst, 

den Beklagten in Abänderung des Überprüfungsbescheides vom 16. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2019 zu verpflichten, die Bescheide vom 18. Dezember 2017 und 19. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 teilweise zurückzunehmen, und die ihr für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen nach dem SGB II sowie die Erstattungsforderung in gesetzlicher Höhe endgültig festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

            die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Verwaltungsverfahren getroffenen Entscheidung fest. Zur Begründung hat er zunächst auf seine Ausführungen in dem angegriffenen Ausgangs- und Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend trägt er vor, bei dem im Jahr 2015 angeschafften Kfz handele es sich um eine, zumindest der Höhe nach, vermeidbare Ausgabe. Die Anschaffung eines nahezu neuen Kfz zum Preis von 15.400 Euro zum Ausfahren von Essen sei nicht erforderlich gewesen. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass das Kfz überhaupt überwiegend betrieblich genutzt worden sei. Sofern die Klägerin erklärt habe, es gäbe keine Fahrten zur Betriebsstätte, weil die Aufbewahrungsboxen am Folgetrag mit zur Ausgabestätte genommen würden, sei dies unzutreffend. Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Ausgabestelle handele es sich um private Fahrten zur Betriebsstätte. Allein die Mitnahme der leeren Menüboxen am Morgen des Folgetages machten die Fahrten noch nicht zu betrieblich veranlassten Fahrten. Der Grundfreibetrag von 100 Euro könne nicht zusätzlich vom Einkommen des Ehemannes in Abzug gebracht werden, da bereits die vollen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt worden seien.

Auf Nachfrage teilte die Klägerin mit, ein detailliertes Fahrtenbuch liege ihr für den streitigen Zeitraum nicht (mehr) vor, lediglich eine Zusammenfassung der monatlich insgesamt gefahrenen Kilometer. Ergänzend trägt sie vor, das letzte Essen sei stets in K ausgeliefert worden. Von dort seien es bis zu ihrer Wohnung 5 km gewesen. Von der Wohnung bis zum Auftraggeber in J sei arbeitstäglich eine Strecke von 6 km zurückzulegen gewesen. Selbst wenn man von den angegebenen betrieblichen Fahrten 1.254 km (11 km x 19 Arbeitstage x 6 Monate) in Abzug bringe, verblieben 5.429 km betriebliche Fahrten und damit eine mit 52,67 % überwiegend betriebliche Nutzung.

Der Beklagte trägt ergänzend vor, die Angaben der Klägerin zu den betrieblichen Fahrten des Ehemannes seien zu ungenau. Weder werde ein detailliertes Fahrtenbuch vorgelegt, noch dargestellt, an welchen Tagen im streitigen Zeitraum welche Fahrten tatsächlich durchgeführt wurden. Aus der vorgelegten monatlichen Zusammenfassung des Fahrtenbuches ergäben sich keine nachprüfbaren Sachverhalte. Der Berechnung der Klägerseite folgend ergäbe sich ein Anteil von 52,67% betrieblicher Fahrten. Dieses Ergebnis beruhe jedoch auf einer Vielzahl nicht bewiesener Annahmen und könne, gerade weil das Verhältnis zwischen privaten und betrieblichen Fahrten nahezu ausgeglichen sei, nicht zur Anerkennung eines betrieblichen Kfz führen. Der Vortrag der beweisbelasteten Klägerin könne nicht einfach als wahr unterstellt werden. Für eine Schätzung der betrieblich veranlassten Aufwendungen fehle es an einer geeigneten Schätzgrundlage.

Auf Nachfrage übersandte die Klägerin ein Fahrtenbuch für das 1. Halbjahr 2016. Ferner teilte Sie mit, sie habe auch im 2. Halbjahr ein Fahrtenbuch geführt und dieses beim Beklagten vorgelegt. Es müsse sich noch bei den Unterlagen des Beklagten befinden. Andere detaillierte Fahrtenbücher lägen ihr für vorangegangene und nachfolgende Bewilligungszeiträume nicht vor.

Der Beklagte teilte mit, für den streitbefangenen Zeitraum liege ihm kein detailliertes Fahrtenbuch vor. Solche sein nach dem Stand der Akten auch für vorangegangene Zeiträume nicht vorgelegt worden.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2021 wurde der Ehemann der Klägerin zum Verfahren beigeladen. Eine Stellungnahme hat er nicht abgegeben und auch keinen Antrag im Verfahren gestellt.   

Mit Schriftsätzen vom 21. April 2022 und 28. April 2022 erklärten sich die Klägerin, der Beklagte und der Beigeladene mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2020, die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 16. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2019, mit dem der Beklagte die (weitere) Überprüfung der Bescheide zur endgültigen Leistungsfestsetzung und Erstattung vom 18./19. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 bezogen auf den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 abgelehnt hat.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin das Ziel einer Korrektur der Entscheidungen des Beklagten über die abschließend festzustellenden und die zu erstattenden vorläufigen Leistungen für den klagegegenständlichen Zeitraum. Zutreffende Klageart ist die im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 Sozialgerichtsgesetz - SGG) verfolgte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG), gerichtet auf die Aufhebung des die (weitere) Überprüfung ablehnenden Bescheids vom 16. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Mai 2019, die Verpflichtung des Beklagten, die Bescheide vom 18./19. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 für den streitgegenständlichen Zeitraum zu ändern und höhere Leistungen nach dem SGB II als bislang abschließend festgesetzt zu gewähren sowie die Erstattungsforderung entsprechend anzupassen bzw. aufzuheben (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2017 – B 14 AS 8/17 R).

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen und Reduzierung der Erstattungsforderung unter (teilweiser) Rücknahme der zur Überprüfung gestellten abschließenden Leistungs- und Erstattungsbescheide vom 18./19. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X (jeweils in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung, Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 53/15 R). Hiernach ist auch nach Unanfechtbarkeit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Leistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 40 Abs. 1 SGB II iVm § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGB X).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, denn der Beklagte hat bei der endgültigen Festsetzung der Höhe der der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 zu gewährenden Leistungen (Bescheid vom 18. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019) seiner Leistungsberechnung ein zu hohes, auf die Klägerin übertragbares, Einkommen des Ehemannes aus selbständiger Erwerbstätigkeit zugrunde gelegt. Bei korrekter Leistungsberechnung ergibt sich ein höherer Leistungsanspruch nach dem SGB II, der zum Entfallen einer Überzahlung und damit der Erstattungsforderung führt.

Ausgangspunkt für die vom Beklagten mit Bescheid vom 18. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 vorgenommene endgültige Leistungsfestsetzung ist § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II (in der zum 1. August 2016 in Kraft getretenen Fassung). Nach dieser Vorschrift entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung - wie hier - nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Obgleich die vorläufige Leistungsbewilligung mit Ausgangsbescheid vom 28. Juni 2016 noch unter Geltung der Vorgängervorschrift erfolgte (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III), findet die zum 1. August 2016 in Kraft getretene Regelung des § 41a Abs. 3 SGB II hier für die abschließende Leistungsfestsetzung Anwendung. Die Neuregelung gilt nach der Übergangsregelung in § 80 Abs. 2 SGB II für alle Bewilligungszeiträume, die am 1. August 2016 noch nicht beendet waren (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2022 – B 7/14 AS 1/21 R, BSG, Urteil vom 12. September 2018 – B 4 AS 39/17 R).

Rechtsgrundlage der für den hier streitbefangenen Bewilligungszeitraum zu treffenden abschließenden Entscheidung in materiell-​rechtlicher Hinsicht ist § 19 iVm §§ 7 ff und §§ 20 ff SGB II (in der jeweiligen geltenden Fassung).

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II und § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte - hier die Klägerin - Arbeitslosengeld II, wenn sie - neben weiteren, hier nicht im Streit stehenden Voraussetzungen - hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II u. a., wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann.

Zutreffend ist der Beklagte im Rahmen der abschließenden Leistungsfestsetzung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin im streitigen Bewilligungszeitraum ihren Bedarf nicht vollständig aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken konnte.

Den jeweiligen monatlichen Gesamtbedarf der Klägerin (Regelbedarf gemäß § 20 SGB II, Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II) hat der Beklagte zutreffend mit 636 Euro für Juli 2016, 665,55 Euro für August 2016, 659,29 Euro für September 2016, 636 Euro für Oktober 2016, 665,55 Euro für November 2016 und 636 Euro für Dezember 2016 ermittelt. Darüber hinaus waren die monatlichen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 26 SGB II für die Zeit ab August 2016 in Höhe von 295,86 Euro zu berücksichtigen. Hinsichtlich der einzelnen Positionen wird nach eigener Prüfung auf die zutreffende detaillierte Darstellung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2019 verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG).

Auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen ist das zur Verfügung stehende Einkommen im Sinne von § 11 SGB II. Als solches zunächst das von der Klägerin selbst erzielte Erwerbseinkommen.

Im Juli 2016 verfügte die Klägerin über Erwerbseinkommen aus einer hiernach beendeten versicherungspflichtigen Beschäftigung in Höhe von 1.079,50 Euro brutto bzw. 1.021,42 Euro netto.

Hinzu kommt das Einkommen, welches die Klägerin aus ihrer selbständigen Tätigkeit als Versicherungsvermittlerin im Bewilligungszeitraum erzielt hat.

Zur Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Arbeit sieht § 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (im Folgenden Alg II-V; hier anzuwenden in der ab 1. August 2016 gültigen Fassung) verschiedene Regelungen vor. Danach ist von den Betriebseinnahmen, d. h. allen aus selbständiger Arbeit erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen, auszugehen (§ 3 Abs. 1 Alg II-V). Von diesen sind die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen (§ 3 Abs. 2 Alg II-V).

Schließlich ist für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Von dem Einkommen sind die Beträge nach § 11b des SGB II abzusetzen (§ 3 Abs. 4 Satz 1, 3 Alg II-V).

Zutreffend hat der Beklagte – entsprechend den abschließenden Angaben der Klägerin – der Berechnung des tatsächlichen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit als Versicherungsvermittlerin Einnahmen in Höhe von 2.062,07 Euro zugrunde gelegt und Ausgaben in Höhe von insgesamt 219,42 Euro anerkannt. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Somit errechnet sich ein Gewinn in Höhe von 1.842,65 Euro im Bewilligungszeitraum. Auf den sechsmonatigen Bewilligungszeitraum bezogen ergibt sich hieraus ein monatlicher Gewinn von 307,11 Euro (1.842,65 Euro : 6 Monate).

Zusammenfassend verfügte die Klägerin im streitigen Zeitraum über eigenes Erwerbseinkommen im Monat Juli 2016 in Höhe von 1.386,61 brutto bzw. 1.328,53 netto sowie in den Monaten August 2016 bis Dezember 2016 in Höhe von 307,11 Euro brutto/netto. Nach Abzug der in § 11b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB II vorgesehenen Erwerbstätigenfreibeträge ergibt sich ein anrechenbares monatliches eigenes Einkommen der Klägerin im Juli 2016 von 1.028,53 Euro und in den Monaten August 2016 bis Dezember 2016 in Höhe von jeweils 165,69 Euro. Das Ergebnis entspricht den abschließenden Feststellungen des Beklagten.

Im Ausgangspunkt zutreffend hat der Beklagte neben dem eigenen Einkommen der Klägerin auch Einkommen des nicht im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Ehemannes berücksichtigt. Die vorliegende Konstellation bildet den Fall einer sogn. gemischten Bedarfsgemeinschaft ab.

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Der nicht dauernd getrenntlebende Ehegatte der Klägerin gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst a SGB II als Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zur Bedarfsgemeinschaft. Dass der Ehemann der Klägerin als Bezieher einer Rente wegen Alters nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II und der Erreichung der Altersgrenze nach § 7a SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II selbst keine Leistungen nach dem SGB II erhalten konnte, steht seiner Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 58/06 R).

Für den Regelfall der weiteren Leistungsberechnung sieht § 9 Abs. 2 Satz 3 vor, das dann, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt werden kann, jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt. Das Einkommen und Vermögen ist in diesen Fällen, soweit es die nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen, § 9 Abs. 2 Satz 4 SGB II. Davon abweichend ist in den Fällen der sogn. gemischten Bedarfsgemeinschaft, die sich dadurch auszeichnet, dass ein Mitglied zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II berechtigt ist, ein anderes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft jedoch nicht, bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit von dem Einkommen des nicht leistungsberechtigten Mitglieds (hier des Beigeladenen als Altersrentner) dessen eigener Bedarf nach dem SGB II abzuziehen. Der ungedeckte Gesamtbedarf wächst entgegen der Verteilungsregel in § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II allein dem leistungsberechtigten Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 58/06 R).

Dem hat der Beklagte entsprochen, als er zunächst den monatlichen Bedarf des Beigeladenen (Regelbedarf gemäß § 20 SGB II, Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II) zutreffend mit 636 Euro für Juli 2016, 665,55 Euro für August 2016, 659,29 Euro für September 2016, 636 Euro für Oktober 2016, 665,55 Euro für November 2016 und 636 Euro für Dezember 2016 ermittelt hat. Hinsichtlich der einzelnen Positionen wird nach eigener Prüfung auf die zutreffende detaillierte Darstellung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2019 verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG). Darüber hinaus waren als Bedarf nach § 26 SGB II die monatlichen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 328,95 Euro zu berücksichtigen.

Als Einkommen i. S. von § 11 Abs. 1 SGB II stand dem Beigeladenen seine Altersrente in Höhe von 794,27 Euro pro Monat zur Verfügung und das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit als Kurierfahrer. Zur Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit ist wiederum – vgl. den bereits zitierten § 3 Abs. 1, Abs. 2 Alg II-V – eine Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben im Bewilligungszeitraum erforderlich.

Der Beigeladene erzielte im streitigen Zeitraum Einnahmen in Höhe von 5.495,79 Euro. Die geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von 3.744,21 Euro können nicht vollumfänglich, jedoch mit insgesamt 2.785,81 Euro mit einem höheren Betrag als vom Beklagten angenommen berücksichtigt werden.

Nicht berücksichtigungsfähig sind die Aufwendungen von 833 Euro für den Bau einer Garage. Es handelt sich insofern nicht um Betriebsausgaben. Ein Zusammenhang mit der Ausübung der selbständigen Tätigkeit ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Unstreitig berücksichtigungsfähig sind dagegen die Aufwendungen für Computernutzung und Bürobedarf in Höhe von 60 Euro sowie für Telefon- und Internetanschluss in Höhe von 140,16 Euro.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sind darüber hinaus die im Zusammenhang mit dem Fahrzeug des Beigeladenen (SHK-TA 64) entstandenen Aufwendungen vollständig als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Nach § 3 Abs. 7 Alg II-V (in der Fassung vom 26. Juli 2016) sind die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für ein Kraftfahrzeug als betriebliche Ausgabe abzusetzen, wenn dieses Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt wird. Für private Fahrten sind die Ausgaben um 0,10 Euro für jeden gefahrenen Kilometer zu vermindern. Ein Kraftfahrzeug gilt als überwiegend betrieblich genutzt, wenn es zu mindestens 50 Prozent betrieblich genutzt wird. Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend privat genutzt, sind die tatsächlichen Ausgaben keine Betriebsausgaben. Für betriebliche Fahrten können 0,10 Euro für jeden mit dem privaten Kraftfahrzeug gefahrenen Kilometer abgesetzt werden, soweit der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht höhere notwendige Ausgaben für Kraftstoff nachweist.

Nach Überzeugung der Kammer handelte es sich bei dem vom Beigeladenen unterhaltenen Kfz im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum um ein überwiegend betrieblich genutztes Fahrzeug iSv § 3 Abs. 7 Alg II-V.

Nach den Angaben der Klägerin und des Beigeladenen wurde mit dem Fahrzeug im streitigen Zeitraum eine Gesamtstrecke von 10.307 km zurückgelegt, davon 6.683 betrieblich veranlasst und 3.624 private Fahrten. Fahrten zur sogn. Betriebsstätte haben die Eheleute vollumfänglich den betrieblichen Fahrten zugeordnet, weil sie der Ansicht sind, dass der Umstand, dass sie auf der arbeitstäglichen „Tour“ der Kurierfahrt immer Essensboxen im Fahrzeug haben und ihre Wohnung „auf dem Weg der Tour“ liegt, dazu führt, dass solche nicht anfallen. Dem kann sich die Kammer nicht anschließen. Regelmäßige Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind bei selbständig Erwerbstätigen dem Arbeitsweg gleichzusetzen und deshalb als private Fahrten zur Arbeit und zurück zu qualifizieren (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 2014 – B 4 AS 31/13 R). Dies trifft hier auf den vormittäglichen Weg von der Wohnung zur Betriebsstätte des einzigen Auftraggebers in J sowie die Rückfahrt zur Wohnung vom letzten Ausgabeort in K zu. Auf die Rückfahrt von K zur Betriebsstätte des Auftraggebers in J zur Rückgabe der leeren Essensboxen wurde aus rein praktischen, nicht aber betrieblichen Gründen verzichtet. Die Fahrten von der Wohnung zur Betriebsstätte des Auftraggebers und die Fahrten nach dem Ende der Tagestour von K bis zur Wohnung sind folglich als privat gefahrene Fahrten von den betrieblichen Fahrten in Abzug zu bringen und den privaten Fahrten hinzu zu rechnen. Ausgehend von den Angaben der Klägerin, die Entfernung zwischen der Wohnung und der Betriebsstätte in J betrage 6 km und die Entfernung zwischen dem Tourende in K und der Wohnung 5 km, lassen sich 11 km private Fahrten pro Arbeitstag, unter Zugrundelegung von 19 Arbeitstagen 209 km pro Monat und bezogen auf den Bewilligungszeitraum 1.254 km errechnen. Bei einer Gesamtfahrleistung von 10.307 km entfallen sodann 5.429 km (6.683 km abzüglich 1.254 km) auf betriebliche Fahrten und 4.878 km (3.624 km zuzüglich 1.254 km) auf private Fahrten. Dies entspricht einem Anteil von 52,7% betrieblichen Fahrten zu 47,3% privaten Fahrten, folglich einer überwiegenden betrieblichen Nutzung.  

In dem vorliegenden Einzelfall genügen der Kammer die von der Klägerin und dem Beigeladenen vorgelegten Angaben und Nachweise zum Beleg einer überwiegend betrieblichen Nutzung des Kfz. Der gegenteiligen Ansicht des Beklagten, folgt die Kammer nicht.

Die Beweislast dafür, dass es sich bei dem vom Beigeladenen genutzten Kfz um ein überwiegend betrieblich genutztes Fahrzeug handelt, liegt bei der Klägerin. Der Nachweis einer überwiegend betrieblichen Nutzung eines privaten Kfz iSv § 3 Abs. 7 Alg II-V kann in Anlehnung an die steuerrechtliche Praxis durch ein Fahrtenbuch oder in anderer geeigneter Form erfolgen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2022 – L 1 AS 401/18). Im Einzelfall sind die Art der konkret ausgeübten selbständigen Tätigkeit und die behördliche Verwaltungspraxis der Nacherhebung und -verwertung in die Bewertung einzubeziehen. 

Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum nur eine Zusammenfassung des Fahrtenbuches vorlegen können, der sich die betrieblich bzw. privat gefahrenen km für die einzelnen Monate Juli 2016 bis Dezember 2016 jeweils als Gesamtsumme entnehmen lassen. Danach schwankten die erfassten betrieblich veranlassten Fahrten zwischen 994 km und 1.284 km, die privat gefahrenen km zwischen 500 km und 937 km im Monat. Selbst unter Berücksichtigung der notwendigen Korrektur in Bezug auf die Zuordnung der arbeitstäglichen Fahrten von der Wohnung zur Betriebsstätte und zurück, und dem Umstand, dass die einzelnen Fahrten im Details nicht nachgewiesen werden können, hat die Kammer keine Zweifel daran, dass eine überwiegende Anzahl betrieblich veranlasster Fahrten angefallen ist. Hierfür spricht bereits die Art der vom Beigeladenen konkret ausgeübten selbständigen Tätigkeit. Eine Tätigkeit als Kurierfahrer, welche die Auslieferung einzelner Essensportionen an verschiedene Kunden zum Gegenstand hat, setzt denknotwendig arbeitstägliche Fahrten mit dem Auslieferungsfahrzeug voraus.

Der Beklagte kann sich hier nicht darauf zurückziehen, dass die Klägerin und der Beigeladene kein detailliertes Fahrtenbuch vorlegen können, welches jede einzelne Fahrt in geschlossener Form dokumentiert. Er selbst hat ihnen ein Formular „Nachweis der Fahrzeugkosten zur Abrechnung der Einkünfte aus selbständiger / freiberuflicher Tätigkeit (Position 6 der Abrechnung)“ zur Verfügung gestellt, in das neben dem Kennzeichen und Fahrzeugtyp lediglich der Kilometerstand am Anfang und am Ende des Bewilligungszeitraums, die gefahrenen Kilometer insgesamt, die davon insgesamt betrieblich und privat veranlassten Fahrten sowie die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit / Betriebsstätte einzutragen sind. Das Formular schließt mit einer Bestätigung der Richtigkeit der Angaben. Ein Hinweis darauf, dass darüber hinaus der Nachweis jeder Einzelfahrt mittels geordneten Fahrtenbuch erfolgen muss, findet sich in diesem Formular nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte die Klägerin in anderer Form über die Notwendigkeit der Vorlage eines Fahrtenbuches in Ergänzung des Formulars ggf. auf Anforderung hingewiesen hat. Die Zurverfügungstellung des Formulars und die darin erfragten (beschränkten) Angaben lassen darauf schließen, dass der Beklagte nach eigener Verwaltungspraxis im Regelfall diese beschränkten Angaben zur Bestimmung der überwiegend betrieblichen bzw. privaten Nutzung eines Kfz genügen lässt. Dies hat er vorliegend im Verwaltungsverfahren auch getan und – mit Ausnahme der Kfz-Finanzierungskosten – die nachgewiesenen Aufwendungen für das Kfz (Kraftstoff, Reparaturen, Versicherung) vollumfänglich als Betriebsausgaben berücksichtigt. Erstmals im Klageverfahren hat er Bedenken in Bezug auf die überwiegende betriebliche Nutzung des Kfz vorgetragen und eine weitergehende Nachweisführung durch Vorlage eines lückenlos geführten Fahrtenbuches für erforderlich gehalten.

Die Kammer kann dem Beklagten insofern folgen, als dass sich eine weitere Nachweisführung ggf. erforderlich machen kann, wenn die Angaben eines Leistungsberechtigten in dem zur Verfügung gestellten Formular unstimmig sind oder aufgrund des konkreten Sachverhaltes Anlass zu berechtigten Zweifeln an deren Richtigkeit aufkommen lassen. Berechtigte Zweifel kann die Kammer im Fall der Klägerin aber nur insofern erkennen, als die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte fehlerhaft den betrieblichen Fahrten zugeordnet wurden. Die fehlerhafte Bewertung der rechtsunkundigen Eheleute kann aufgrund der nachvollziehbaren Streckenangaben jedoch – wie bereits ausgeführt – korrigiert werden. Konkrete Anhaltspunkte, die auf eine fehlerhafte Erfassung veranlasster Fahrten hindeuten, liegen der Kammer dagegen nicht vor. Solche hat auch der Beklagte nicht vorgetragen. Allein der Umstand, dass das Verhältnis von 52,7% zu 47,3% knapp zugunsten der betrieblichen Fahrten ausfällt, ist nach Ansicht der Kammer nicht geeignet, berechtigte Zweifel zu begründen, zumal der Beigeladene regelmäßig und fortlaufend für einen Auftraggeber für eine bestimmte Route zwischen J und K Kundenbestellungen bedient hat. Ohne diese Fahrten hätte der Beigeladenen auch keine Betriebseinnahmen in Höhen von 5.495,79 Euro erzielen können. Im Ergebnis machen somit die Art der selbständigen Tätigkeit mit arbeitstäglichen Kurierfahrten und die geschilderten Gesamtumstände die Angaben der Klägerin und des Beigeladenen zu den betrieblichen und privaten Fahrten in dem vom Beklagten zur Verfügung gestellten Formular hinreichend plausibel.

Bei gebotener Korrektur der Zuordnung der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte, die darüber hinaus großzügig erfolgte, weil sie von durchgehend 19 Arbeitstagen im sechsmonatigen Bewilligungszeitraum ausgeht, verbleibt eine überwiegend betriebliche Nutzung des zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen genutzten privaten Kfz.

Ausgehend davon sind als Betriebsausgaben für das Kfz berücksichtigungsfähig die Aufwendungen in Höhe von 773,31 Euro für Kraftstoffe, in Höhe von 420,23 Euro für Werkstatt- und Reparaturkosten und in Höhe von 13,91 Euro für Versicherungen (Summe 1.207,45 Euro).

Ebenfalls in voller Höhe als Betriebsausgaben anzuerkennen sind die monatlich aufgewandten Raten für die Anschaffung des Betriebsfahrzeuges C als Jahreswagen mit Tageszulassung (Anmeldung am 21. Mai 2015 mit dem Kennzeichen) mit 311 Euro pro Monat bzw. 1.866 Euro im Bewilligungszeitraum.  

Der Beklagte hat die Anerkennung der Raten als Betriebsausgaben im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, bei dem im Jahr 2015 angeschafften PKW handele es sich um eine, zumindest der Höhe nach, vermeidbare Ausgabe, weil die Anschaffung eines nahezu neuen PKW zum Preis von 15.400 Euro zum Ausfahren von Essensportionen nicht erforderlich gewesen sei. Dem schließt sich die Kammer nicht an.

Nach § 3 Abs. 3 Alg II-V sollen tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen; Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Ausgaben sind ferner nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem SGB II erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden sind. Dies gilt auch für Ausgaben, soweit zu deren Finanzierung andere Darlehen verwandt werden.

Nach dem klägerseitigen Vortrag war im Jahr 2015 die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges notwendig geworden, weil das zuvor vorhandene Fahrzeug aufgrund seines Alters, der gefahrenen Gesamtlaufleistung und Reparaturanfälligkeit nicht mehr zuverlässig einsetzbar war. Als selbständiger Kurierfahrer war der Beigeladene auf ein Kfz angewiesen, so dass eine Ersatzbeschaffung erforderlich und die damit zusammenhängende Eingehung finanzieller Verbindlichkeiten nicht vermeidbar war.

In dem vorliegenden Fall kann die Berücksichtigung der mit der Anschaffung des Kfz verbundenen Betriebsausgaben in Form der monatlichen Raten von 311 Euro auch nicht aufgrund deren Höhe unter Verweis auf § 3 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V zurückgewiesen werden. Der Beigeladene hat im Jahr 2015 vornehmlich mit Blick auf die Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit mit dem C einen Jahreswagen mit Tageszulassung (Anmeldung am 21. Mai 2015 mit dem Kennzeichen) angeschafft. Der Kaufpreis belief sich auf 15.400 Euro, wobei sich nach Inzahlungnahme des Altfahrzeuges (des T) zu 2.000 Euro, ein zu bedienender Restkaufpreis von 13.400 Euro ergab. Ob bei der Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V die häufig im Zusammenhang mit der Vermögensbewertung eines Kfz nach § 12 SGB II herangezogene Angemessenheitsgrenze von 7.000 Euro zugrunde gelegt werden kann, wenn es um die Anschaffung eines Fahrzeuges zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit geht, ist fraglich. Es spricht einiges dafür, dass insofern ein abweichender Maßstab gemessen an den betrieblichen Erfordernissen und den wirtschaftlichen Verhältnissen angezeigt ist. In dem vorliegenden Fall kann diese Frage unbeantwortet bleiben, denn § 3 Abs. 3 Alg II-V nimmt tatsächliche Ausgaben von der Absetzung im Wesentlichen dann aus, wenn sie offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Der Beigeladene selbst stand im streitigen Zeitraum und auch in den Jahren davor, weder im Bezug von Leistungen nach dem SGB II noch anderer Sozialleistungen. Er war daher nicht verpflichtet, seine Betriebsausgaben streng am Maßstab des § 3 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V zu orientieren. In Kenntnis des Leistungsbezuges seiner Ehefrau konnte von ihm lediglich erwartet werden, dass er sein Ausgabeverhalten an den üblicherweise geltenden Wirtschaftlichkeitskriterien orientiert und keine offensichtlich unnötigen oder überhöhten Betriebsausgaben tätigt. In dem vorliegenden Einzelfall liegt eine solche Grenzüberschreitung fern. Obgleich es sich um ein nahezu neues Fahrzeug handelte, das der Beigeladene im Jahr 2015 erworben hat, ist der C für ein Fahrzeug, welches zum Zweck der Auslieferung von Essen angeschafft wird, noch dem unteren Preissegment zuzuordnen. Die wirtschaftlichen Überlegungen, ein neues bzw. junges Fahrzeug anzuschaffen, um den Ausfall von Einnahmen wegen zuverlässiger Fahrleistung zu vermeiden und wiederholten Reparaturkosten nicht ausgesetzt zu sein, ist in betriebswirtschaftlicher Hinsicht als legitim zu bewerten. Schließlich stehen die monatlichen Raten mit 311 Euro gemessen an den monatlichen Einnahmen von 915,96 Euro (5.495,79 Euro : 6 Monate) nicht in einem auffälligen Missverhältnis, berücksichtigt man, dass es dem seinerzeit 72-jährigen Beigeladenen mit der Ausübung der selbständigen Tätigkeit bei einer niedrigen Altersrente von 794,27 Euro im Monat und Belastungen durch eine private Kranken- und Pflegeversicherung von 328,95 Euro im Wesentlichen darum ging, einen seinen eigenen Bedarf deckenden Hinzuverdienst zu erwirtschaften, um selbst nicht auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen zu sein.

Unter Berücksichtigung der monatlichen Raten für den C ergeben sich Gesamtaufwendungen für das überwiegend betrieblich genutzte Fahrzeug in Höhe von 3.073,45 Euro im Bewilligungszeitraum. Davon sind in Anwendung von § 3 Abs. 7 Alg II-V 487,80 Euro (4.878 km x 0,10 Euro) für private Fahrten in Abzug zu bringen, so dass berücksichtigungsfähige Aufwendungen von 2.585,65 Euro verbleiben.

Zusammenfassend sind damit von den Betriebseinnahmen in Höhe von 5.495,79 Euro Betriebsausgaben in Höhe von 2.785,81 Euro (2.585,65 Aufwendungen Kfz, 200,16 Euro Büromaterial und Telefon) in Abzug zu bringen, so dass sich ein Gewinn und Erwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum von 2.709,98 Euro bzw. monatlich 451,66 Euro brutto/netto errechnet.

Dieses Einkommen ist gemäß § 11b Abs. 2 SGB II um den Grundfreibetrag von 100 Euro und nach § 11b Abs. 3 SGB II um den weiteren Erwerbstätigenfreibetrag von 70,33 Euro zu bereinigen, so dass sich ein berücksichtigungsfähiges Erwerbseinkommen von 281,33 Euro pro Monat ergibt. Sofern der Beklagte den Abzug des Grundfreibetrages nach § 11b Abs. 2 SGB II mit der Begründung abgelehnt hat, dieser sei durch die Berücksichtigung der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung aufgebraucht, trifft dies nicht zu. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt sich nach dem SGB II der Gesamtbedarf bei privater Kranken- und Pflegeversicherung zusammen aus Regelbedarf, Unterkunftskosten sowie dem Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 16.10.12 - B 14 AS 11/12 R). Sofern – wie hier – der Zuschuss nach § 26 SGB II in den Bedarf einzustellen ist, wirkt sich dies nicht mindernd auf den Grundfreibetrag von 100 Euro nach § 11b Abs. 2 SGB II aus, denn der Abzug vom Einkommen für derartige Versicherungsbeträge erfolgt nach § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II nur, soweit kein Zuschuss zu berücksichtigen ist.

Zuzüglich der nicht weiter zu bereinigendes Altersrente von 794,27 Euro verfügte der Beigeladene somit über ein monatliches bedarfsminderndes Einkommen von 1.075,60 Euro.

Hiernach errechnet sich folgendes den Bedarf des Beigeladenen übersteigendes Einkommen, welches auf die Klägerin zu übertragen ist:

 

Jul 2016

Aug 2016

Sept 2016

Okt 2016

Nov 2016

Dez 2016

Regelbedarf

364,00 €

364,00 €

364,00 €

364,00 €

364,00 €

364,00 €

KdU

272,00 €

301,55 €

295,29 €

272,00 €

301,05 €

272,00 €

KV/PV

328,95 €

328,95 €

328,95 €

328,95 €

328,95 €

328,95 €

Gesamtbedarf

964,95 €

994,50 €

988,24 €

964,95 €

994,50 €

964,95 €

Einkommen

-1.075,60 €

-1.075,60 €

-1.075,60 €

-1.075,60 €

-1.075,60 €

-1.075,60 €

übersteigendes Einkommen

110,65 €

81,10 €

87,36 €

110,65 €

81,10 €

110,65 €

Folglich errechnen sich die der Klägerin für den klagegegenständlichen Zeitraum abschließend zu gewährenden Leistungen wie folgt:

 

Jul 2016

Aug 2016

Sept 2016

Okt 2016

Nov 2016

Dez 2016

Regelbedarf

364,00 €

364,00 €

364,00 €

364,00 €

364,00 €

364,00 €

KdU

272,00 €

301,55 €

295,29 €

272,00 €

301,05 €

272,00 €

KV/PV

 

328,95 €

328,95 €

328,95 €

328,95 €

328,95 €

Gesamtbedarf

636,00 €

994,50 €

988,24 €

964,95 €

994,50 €

964,95 €

eigenes Einkommen

-1.028,53 €

-165,69 €

-165,69 €

-165,69 €

-165,69 €

-165,69 €

übertragenes Einkommen

-110,65 €

-81,10 €

-87,36 €

-110,65 €

-81,10 €

-110,65 €

Anspruch

0,00 €

714,62 €

702,10 €

655,52 €

714,62 €

655,52 €

Diesem Ergebnis folgend war der Beklagte zu verpflichten, in Abänderung des Überprüfungsbescheides vom 16. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2019 den Bescheid über die endgültige Leistungsfestsetzung vom 18. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019 zurückzunehmen und der Klägerin – wie beziffert – Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Als Folge der Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum höhere abschließende Leistungen zu gewähren, ergibt sich die notwendige Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 19. Dezember 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. November 2018 und 3. Mai 2019.

Rechtsgrundlage für die vom Beklagten ermittelte Überzahlung und die Festsetzung einer entsprechenden Erstattungsforderung ist § 41a Abs. 6 SGB II (in der zum 1. August 2016 in Kraft getretenen Fassung vom 26. Juli 2016). Danach sind die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten (§ 41a Abs. 6 Satz 1-3 SGB II).

Die nach § 41a Abs. 6 Satz 1 SGB II vorgesehene Anrechnung der endgültig zu gewährenden auf die vorläufig gewährten Leistungen ergibt für die einzelnen Monate folgendes Ergebnis:

 

Jul 2016

Aug 2016

Sept 2016

Okt 2016

Nov 2016

Dez 2016

vorläufig gewährte Leistungen

 

12,36 €

669,96 €

625,34 €

625,34 €

625,34 €

625,34 €

abschließend zu gewährende Leistungen

0,00 €

714,62 €

702,10 €

655,52 €

714,62 €

655,52 €

Saldo

-12,36 €

44,66 €

76,76 €

30,18 €

89,28 €

30,18 €

Nach Saldierung entsprechend § 41a Abs. 6 Satz 2 SGB II ergibt sich ein Saldo in Höhe von 258,70 Euro zugunsten der Klägerin. Eine Überzahlung ist nicht eingetreten, so dass der zu überprüfende klagegegenständliche Erstattungsbescheid aufzuheben ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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