L 5 KR 581/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 36 KR 603/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 581/21
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 25/22 BH
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 24.02.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Streitig ist die Festsetzung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung in der Zeit vom 01.09.2016 bis zum 31.12.2019 nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage sowie die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Säumniszuschlägen.

 

Der 1951 geborene Kläger war seit April 2013 aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung Mitglied der Beklagten. Er bezieht seit dem 01.09.2016 eine Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Die Rente betrug zunächst 359,57 €. Der Kläger gab im Rahmen einer Einkommensanfrage an, sein übriger Lebensunterhalt werde durch „den Weihnachtsmann“ sichergestellt. Mit Bescheid vom 08.12.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass dieser seit dem 01.09.2016 als Rentner freiwillig versichert sei. Ab diesem Zeitpunkt setzte sie die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge - zugleich im Namen der Pflegekasse - auf Grundlage der seinerzeit geltenden monatlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 968,33 € auf monatlich 170,16 € fest (147,40 € Krankenversicherungsbeitrag inkl. Zusatzbeitrag von 1%, angewandt auf den gesamten Betrag der Mindestbemessungsgrundlage zzgl. 22,76 € Pflegeversicherungsbeitrag). Anlässlich der Anhebung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage auf 991,67 € setzte die Beklagte den monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.01.2017 auf insgesamt 176,20 € fest (Beitragsmitteilung aus Januar 2017).

 

Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die Beitragshöhe bzw. die Bemessungsgrenze sei grob unsozial und verstoße gegen Grundrechte wie Benachteiligung/Diskriminierung, Vermögensschutz und andere. Er sei kein Einwohner der ehemaligen DDR.

 

Die Widersprüche wies die Beklagte - auch im Namen der Pflegekasse – zurück. Der Kläger habe die Vorversicherungszeit für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auch unter Berücksichtigung seiner im Ausland zurückgelegten Versicherungszeiten nicht erfüllt. Rentner, die die Voraussetzungen der KVdR nicht erfüllten, seien nach § 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der freiwilligen Krankenversicherung zu versichern. Der Kläger sei daher nunmehr ab Beginn des Rentenbezugs am 01.09.2016 freiwilliges Mitglied der Beklagten. § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V lege als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag mindestens den 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße fest. Hierbei handele es sich um die Mindestberechnungsgrundlage für freiwillig Versicherte. Der Gesetzgeber habe eine solche Mindestgrenze eingeführt, um zu vermeiden, dass sich Versicherte zu unangemessen niedrigen Beiträgen versichern können. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in mehreren Urteilen entschieden, dass dieser Mindestbeitrag nicht unterschritten werden dürfe und die Regelung mit Verfassungsrecht vereinbar sei (Widerspruchsbescheid vom 23.05.2017).

 

Mit seiner hiergegen am 29.05.2017 bei dem SG Köln erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht: Die der Beitragsberechnung zugrunde gelegte Mindestbemessungsgrundlage sei im Verhältnis zu seinem Einkommen grob unsozial und benachteiligend. Sie sei lebensfremd viel zu hoch angesetzt und verstoße gegen die gebotene Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit. Auch die Unterscheidung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten verstoße gegen das Solidarprinzip und widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz. Der Beitragsfestsetzung auf Basis der „Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler“ fehle die verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage.

 

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

1.    die Aufhebung der „Mitteilungen zur Beitragshöhe“ (Beitragsbescheide) für 2016 vom 08.12.2016 und 2017 vom Januar 2017,

2.    die angemessene Neufestsetzung der Mindestberechnungsgrundlage und damit verbunden die Neufestsetzung seiner Beiträge,

3.    die Erstattung zu viel gezahlter Beiträge.

 

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden gestützt.

 

Nach Übermittlung des Einkommenssteuerbescheides für 2016 hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27.09.2017 mitgeteilt, dass aufgrund seiner Angaben die aktuelle Beitragshöhe unverändert bleibe. Mit einer Beitragsmitteilung aus Januar 2018 hat die Beklagte den ab 01.01.2018 monatlich zu zahlenden Beitrag für die Kranken- Pflegeversicherung auf insgesamt 179,32 € festgesetzt.

 

Unter dem 18.06.2018 hat die Beklagte dem Kläger einen Fragebogen zur Einkommensermittlung übersandt und gebeten, diesen ausgefüllt nebst einem aktuellen Einkommensteuerbescheid zu übersenden. Der Kläger hat daraufhin der Beklagten einen Bescheid der DRV Bund vom 19.05.2018 übermittelt, der einen Zahlbetrag der Altersrente von 378,31 € zzgl. eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von 27,62 € ausgewiesen hat. Zudem hat der Kläger mitgeteilt, dass weitere Einnahmen für 2017 nicht vorhanden seien. Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 26.07.2018, 17.08.2018 und 18.10.2018 unter Fristsetzung bis zum 08.11.2018 nochmals aufgefordert, den übersandten Fragebogen zur Einkommensermittlung ausgefüllt zurückzusenden. Nachdem der Kläger auch auf die Erinnerungen der Beklagten nicht geantwortet hatte, hat die Beklagte - auch im Namen der Pflegekasse – die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 01.06.2018 auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze auf 774,37 € und ab dem 01.07.2018 auf 774,44 Euro monatlich festgesetzt (Bescheid vom 13.11.2018). Aufgrund der Anpassung der Mindest- und Höchstgrenzen zur Beitragsberechnung hat die Beklagte sodann den monatlichen Beitrag zum 01.01.2019 auf 816,75 € festgesetzt (Bescheid vom 27.12.2018). Gegen diesen Bescheid hat der Kläger im Januar 2019 Widerspruch erhoben.

 

Unter dem 13.02.2019 hat der Kläger gegenüber der Beklagten erklärt, er sei nicht bereit, den übersandten Fragebogen auszufüllen, da dieser in persönlichkeitsrechts- und datenschutzrechtsverletzender Weise über das hinausgehe, was in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler geregelt werde. Mit Schreiben vom 25.02.2019 hat der Kläger gebeten, den Beitragsbescheid vom 27.12.2018 und denjenigen aus Januar 2018 „in die Klage mit aufzunehmen“.

 

In Bezug auf die weitere Entwicklung hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger sei seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten im Rahmen der jährlichen Einkommensanfrage nicht nachgekommen. Der Einkommensfragebogen sei Bestandteil der jährlichen Einkommensüberprüfung. Die in § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler aufgeführten Beweismittel seien als ergänzende Nachweise der auf dem Fragebogen angegebenen Werte zu verstehen und sollten diesen nicht ersetzen. Die dem Mitglied auferlegte Auskunfts-, Vorlage- und Mitteilungspflicht entspreche der Regelung in § 206 SGB V. Hierzu hat der Kläger eingewandt, er habe mehrfach erklärt, dass neben den Renteneinkünften keine weiteren Einnahmen vorhanden seien. Die Frage nach der Sicherstellung seines Lebensunterhalts sei eine persönliche Angabe. Die Beantwortung der Fragen habe er abgelehnt, da er diese für einen sachfremden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, eine unzulässige Datensammlung und einen Verstoß gegen die Datenschutzrechte Dritter halte.

 

Mit Bescheid vom 07.05.2019 hat die Beklagte nach Mahnungen an den Kläger vom 29.03.2019 und 03.05.2019 die Leistungsansprüche des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a S. 2 SGB V ruhend gestellt und die Rückgabe der Versichertenkarte gefordert.

 

Im Juni 2019 hat die Beklagte nochmals um Übersendung des Fragebogens zur Einkommensermittlung und eines aktuellen Steuerbescheides gebeten. Der Kläger hat mitgeteilt, dass er neben seiner Rente über kein weiteres Einkommen verfüge. Einen Steuerbescheid gebe es nicht, da er nicht mehr erklärungspflichtig sei. Die Beklagte hat daraufhin - zugleich im Namen der Pflegekasse - die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 01.07.2019 auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze auf 816,32 € monatlich festgesetzt (Bescheid vom 28.06.2019).

 

Am 29.07.2019 hat der Kläger bei dem SG Köln um einstweiligen Rechtschutz nachgesucht und die Aufhebung des Ruhens der Leistungsansprüche, die Aufhebung der zwischenzeitlich erfolgten Pfändung seines Bankkontos, die Aufhebung der Beschränkung seines Leistungsanspruchs sowie eine Neufestsetzung seiner Beiträge beantragt. Den Antrag hat das SG abgelehnt (Beschluss vom 12.09.2019). Die hiergegen erhobene Beschwerde, mit der sich der Kläger ergänzend gegen die in der Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamts Aachen ausgewiesenen Mahnkosten und Säumniszuschläge gewandt hat, hat der erkennende Senat zurückgewiesen (Beschluss vom 27.01.2020).

 

Aufgrund der Anpassung der Mindest- und Höchstgrenzen zur Beitragsberechnung hat die Beklagte den zu zahlenden monatlichen Beitrag ab dem 01.01.2020 auf 843,75 € festgesetzt (Bescheid vom 06.12.2019). Eine weitere Beitragserhöhung auf 857,81 € ist anlässlich der Erhöhung des kassenindividuellen Zusatzbeitrags erfolgt (Bescheid vom 06.03.2020).

Die Beteiligten haben sich im Rahmen eines Unterwerfungsvergleichs bezüglich der Festsetzung der Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung der rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren hinsichtlich der Festsetzung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in dem vorliegenden Ausgangsverfahren S 36 KR 603/17 unterworfen und den Rechtsstreit im Hinblick auf die Festsetzung der Pflegeversicherungsbeiträge für erledigt erklärt.

 

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2021 abgewiesen und u.a. ausgeführt:

 

„(…) 1. Die Beklagte hat die Beitragszahlungspflicht nach § 240 SGB V zutreffend festgesetzt. Nach § 240 Absatz 4 Satz 1 SGB V ist als (allgemeiner) Mindestbetrag beitragspflichtiger Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) zu berücksichtigen (für den Monat, der nach § 223 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu 30 Tagen anzusetzen ist, demnach ein Drittel der monatlichen Bezugsgröße). Dementsprechend ist von der Beklagten auch ein monatlicher Betrag von 986,33 Euro im Jahr 2016 und in Höhe von 991,67 Euro im Jahr 2017 berücksichtigt worden.

 

Dies ist auch nicht zu beanstanden. Als Ausnahmeregelung zu § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der zur Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds verpflichtet, legt der Gesetzgeber in § 240 Absatz 4 Satz 1 SGB V eine (absolute) Untergrenze beitragspflichtiger Einnahmen fest (vgl. BSG v. 15.09.1992 - 12 RK 51/91 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 9 S. 33; BSG v. 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4- 2500 § 224 Nr. 2 Rn. 15.). Sie ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (st. Rspr.: BSG v. 07.11.1991 - 12 RK 37/90 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 6 S. 13 ff.; BSG v. 07.11.1991 - 12 RK 18/91 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 7 S. 20 ff.; BSG v. 23.06.1994 - 12 RK 82/92 - SozR 3-1300 § 40 Nr. 2 S. 21; BSG v. 18.02.1997 - 1 RR 1/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 29 S. 124 f.; BSG v. 06.11.1997 - 12 RK 61/96 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 30 S. 131 ff.; BSG v. 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr. 2 Rn. 26; vgl. auch BVerfG v. 19.12.1994- 1 BvR 1688/94 - SozR 3-1300 § 40 Nr. 30.).

 

Mit dem Mindestbetrag, der bis zum In-Kraft-Treten des § 240 SGB V in § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO geregelt war, wollte der Gesetzgeber verhindern, dass freiwillig Versicherte, die ihren Lebensunterhalt nicht aus einem festen Geldbetrag bestreiten, sondern ihn in Natur erhalten, sich zu unangemessen niedrigen Beiträgen versichern können (BT-Drs. 8/338, S. 60.). Letztlich soll bei freiwilligen Mitgliedern ein vertretbarer Ausgleich zwischen „Leistung“ und „Gegenleistung“ erreicht werden. Der Gesetzgeber hat hier dem Versicherungsprinzip gegenüber dem Solidaritätsprinzip im Interesse einer stabilen Finanzierung der GKV den Vorrang eingeräumt. Die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V darf auch in Härtefällen nicht unterschritten werden, etwa dann, wenn die beitragsrelevanten tatsächlichen Einnahmen des Versicherten wesentlich unter dieser Grenze liegen oder Einkommen überhaupt nicht vorhanden ist (vgl. BSG v. 07.11.1991 - 12 RK 37/90 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 6 S. 13; BSG v. 07.11.1991 - 12 RK 18/91 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 7 S. 19 f.; BSG v. 18.02.1997 - 1 RR 1/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 29 S. 120 f.). Fehlen dem freiwillig versicherten Mitglied die finanziellen Möglichkeiten, den Mindestbeitrag zu entrichten, können Ansprüche auf Beitragszuschüsse nach § 26 SGB II und § 32 SGB XII gegen die Grundsicherungsträger bestehen.

 

2.

Soweit der Kläger seine Klage mit Schriftsatz vom 25.02.2019 auch auf die Beitragsbescheide vom 27.12.2018 und den Beitragsbescheid aus Januar 2018 erweitert hat, ist die Klageänderung zwar zulässig, da die Beklagte sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in den nachfolgenden Schriftsätzen auf die abgeänderte Klage eingelassen hat (vgl. § 99 Abs. 1 und 2 SGG).

 

Der Bescheid aus Januar 2018 ist jedoch bestandskräftig. Ein Rechtsbehelf konnte nicht mehr eingelegt werden (vgl. § 77 SGG). Der Bescheid ist auch nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da der Kläger seine Klage ausweislich der Klageschrift auf die Beitragsfestsetzung in den Jahren 2016 und 2017 beschränkt hat.

 

Gegen den Bescheid vom 27.12.2018, mit welchem die Beklagte die zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit ab 01.01.2019 festsetzte, hatte der Kläger zwar mit Schreiben vom 20.01.2019 Widerspruch eingelegt. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beitragsfestsetzung ist nicht zu beanstanden. Der Kläger ist durch die Regelungen im Bescheid vom 27.12.2018 nicht beschwert.

 

Nach § 240 Abs. 1 SGB V in der ab dem 01.08.2014 maßgebenden Fassung wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt; sofern und solange Mitglieder Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegen, gilt als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223).

 

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass § 6 Abs. 2 S. 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung bei einem nicht selbstständig erwerbstätige Versicherten - wie dem Kläger - darstellen. Zwar stehen - wie das BSG bereits mit Urteil vom 19.12.2012 entschieden hat - die BeitrVerfGrsSz als solche in Einklang mit höherrangigem Recht (BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 17 Leitsatz 1 und RdNr 13 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die konkrete Festsetzung der Beitragsbemessungsgrundlage in § 6 Abs. 5 BeitrVerfGrsSz ist inhaltlich jedoch mit dem höherrangigen Gesetzesrecht nicht vereinbar. Der SpVBdKK überschritt vielmehr die Grenzen der ihm durch § 240 Abs. 1 S 1 SGB V eingeräumten Regelungsbefugnis dadurch, dass er in der genannten Bestimmung der BeitrVerfGrsSz die beitragspflichtigen Einnahmen auch für nicht selbstständig erwerbstätige Versicherte - wie hier der Klägerin - für den Kalendertag in Höhe von 1/30 der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze festlegte (siehe hierzu BSG, Urteil vom 18.12.2013, B 12 KR 15/11 R).

 

Im Hinblick auf den hier streitigen Zeitraum ab dem 01.01.2019 hat der Gesetzgeber jedoch ab dem 01.08.2014 eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für die erfolgte Beitragsfestsetzung durch die Beklagte in § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V geschaffen. (…)

 

Nach diesen Maßstäben bestanden keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers die Mindestbemessungsgrundlage im Zeitraum ab 01.09.2019 nicht überschritten haben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger verpflichtet war, den von der Beklagten mehrfach übersandten Einkommensfragebogen vollständig ausgefüllt zu übersenden. Er war jedoch verpflichtet, der Beklagten mitzuteilen, wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Auch danach wurde er in dem übersandten Fragebogen gefragt. Der Kläger hat kein Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen. Soweit der Kläger wiederholt angibt, außer dem Renteneinkommen in Höhe von ca. 420 Euro über keinerlei Einnahmen zu verfügen, hält das Gericht dies bei gleichzeitig dokumentierten zahlreichen Auslandsaufenthalten für nicht glaubhaft. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG Köln im Beschluss vom 12.09.2019 (Az. S 36 KR 1143/19 ER) und die des LSG Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 27.01.2020 (Az. L 5 KR 779/19 B ER) wird vollumfänglich verwiesen.

 

Da der Kläger damit seinen Mitwirkungspflichten nicht annähernd nachgekommen ist, waren der Beitragsberechnung mit dem Bescheid vom 27.12.2018 der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V: hier: 4.537,50 Euro) zugrunde zu legen (…).“

 

Gegen den ihn am 26.02.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.03.2021 Berufung erhoben.

 

Am 30.04.2021 hat das SG Köln eine unter dem Aktenzeichen S 36 KR 331/20 erfasste weitere Klage des Klägers mit Gerichtsbescheid abgewiesen. Gegen den ihm am 05.05.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26.05.2021 ebenfalls Berufung eingelegt.

 

Zur Begründung der vorliegenden Berufung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen: Als „Almosenrentner“ werde er durch die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage gegenüber anderen privilegierten Gruppen wie Geringverdienern, Studenten und Auszubildenden diskriminiert. Aufstockungsansprüche gegen den Grundsicherungsträger könne er schon deshalb nicht geltend machen, weil er Großteils im Ausland lebe. Aus Letzterem resultiere auch, dass er mit seinem geringen Renteneinkommen auskomme. Er habe sein Einkommen zutreffend angegeben und verweigere deshalb die Angabe im Fragebogen, auf welche andere Weise er sein Einkommen sicherstelle. Zu beanstanden seien auch die von der Beklagten erhobenen „Wucherzinsen“. Überdies sei zu berücksichtigen, dass der kassenindividuelle Zusatzbeitrag nur aus dem tatsächlichen Einkommen bestimmt werden dürfe, nicht aber aus den von der Beklagten angewandten Bemessungsgrundlagen. Er gehe davon aus, dass die vom SG nicht geprüften Beitragsbescheide Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Seiner Ansicht nach handele es sich bei den Beitragsmitteilungen nicht um Bescheide. Schließlich sei er nicht verpflichtet, Säumniszuschläge oder andere Gebühren zu entrichten.

 

In einem Erörterungstermin am 07.04.2022 haben die Beteiligten u.a. vereinbart, dass die vom Kläger geschuldeten Beiträge seit dem 01.06.2018 jedenfalls nicht nach einem höheren Einkommensbetrag berechnet werden als dem der Mindestbemessungsgrundlage. Weiter hat die Beklagte erklärt, sie werde den Ruhensbescheid vom 07.05.2019 für die Zukunft aufheben. Die Beteiligten sind weiter übereingekommen, dass Säumniszuschläge aus den Beitragsschulden jedenfalls nicht für Beiträge erhoben werden, die auf einem angenommenen Einkommen beruhen, welches über der Mindestbemessungsgrundlage liegt. Weiter hat die Beklagte angekündigt, dem Kläger eine aktuelle Versichertenkarte ausstellen, die keine Eintragung über das Ruhen von Leistungsansprüchen enthalte. Zu dem verbleibenden Verfahrensgegenstand der Beitragsberechnung nach Maßgabe der Mindestbemessungsgrundlage haben die Beteiligten vereinbart, dass die Behandlung der Beitragsanpassungen ab dem Jahr 2020 dem rechtskräftigen Ausgang des vorliegenden Verfahrens folgen solle und dass etwaige überzahlte Beiträge zu erstatten sind. Abschließend haben die Beteiligten das Verfahren L 5 KR 582/21 übereinstimmend für erledigt erklärt.

 

Der Kläger beantragt nunmehr,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 24.02.2021 abzuändern und den Beitragsbescheid vom 08.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2017 in der Fassung der Beitragsmitteilungen aus Januar 2017, Januar 2018, des Beitragsbescheides vom 13.11.2018 sowie des Anpassungsbescheides vom 27.12.2018 aufzuheben, soweit darin Versicherungsbeiträge nach einem höheren beitragspflichtigen Einkommen des Klägers als seinem Renteneinkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung festgesetzt worden sind.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen, soweit das Verfahren noch streitig ist.

 

Sie hält die Berechnung der Beiträge nach der Mindestbemessungsgrundlage für zutreffend.

 

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 20.04.2022 und 21.04.2022).

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Streitakten SG Köln S 36 KR 1143/19 ER – LSG NRW L 5 KR 779/19 und SG Köln S 36 KR 331/20 – LSG NRW L 5 KR 582/21 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

 

1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Beitragsbescheid vom 08.12.2016 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.05.2017 in der Fassung der Beitragsmitteilungen aus Januar 2017, Januar 2018 und in der Fassung des Beitragsbescheides vom 13.11.2018 sowie des Anpassungsbescheides vom 27.12.2018.

 

a) Bei den Beitragsmitteilungen aus Januar 2017 und Januar 2018 handelt es sich um Beitragsbescheide, die ebenso wie der Beitragsbescheid vom 13.11.2018 sowie der Anpassungsbescheid vom 27.12.2018 nach § 86 SGG und § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens geworden sind (vgl. nur BSG Urteil vom 21.12.2011 – B 12 KR 22/09 R). Die Einbeziehung neuer Verwaltungsakte in ein laufendes Verfahren auf Grundlage der §§ 86, 96 SGG erfolgt mit deren Bekanntgabe (§§ 37, 39 SGB X) ohne Zutun und unabhängig vom Willen oder von der tatsächlichen Kenntnis der Beteiligten; sie ist insbesondere nicht in das Ermessen der Beteiligten (oder des Gerichts) gestellt. Das Gericht muss daher aufgrund des nunmehr erweiterten Klagegegenstandes auch über den neuen Verwaltungsakt entscheiden (zum Ganzen vgl. nur Klein, in: jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 96 Rn. 54 m.w.N. aus der Rspr. des BSG).

 

b) Soweit Bescheide über die Höhe der Pflegeversicherungsbeiträge ergangen sind, haben die Beteiligten das Verfahren nach Abschluss eines Unterwerfungsvergleichs bereits erstinstanzlich für erledigt erklärt. Für den Zeitraum ab 2020 ergangene Regelungen der Beklagten zur Beitragshöhe sind Gegenstand einer zweitinstanzlich am 07.04.2020 getroffenen Unterwerfungsvereinbarung und damit ebenfalls nicht mehr streitgegenständlich. Aufgrund des Vergleichs vom 07.04.2022 macht die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nur noch Krankenversicherungsbeiträge nach der Mindestbemessungsgrundlage nebst hierauf bezogenen Säumniszuschlägen und sonstigen Kosten geltend.

 

2. Mit Blick auf den vorbeschriebenen Streitgegenstand ist die Berufung zwar zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 24.02.2021 insoweit zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und der Kläger wird durch sie nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert.

 

a) Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides, die inhaltlich auch auf die vom SG als nicht nach § 96 Abs. 1 SGG erfasst angesehenen Bescheide aus Januar 2018 und 27.12.2018 zu erstrecken sind. Der Senat betont, dass auch zu seiner Überzeugung die angewandten Berechnungsgrundlagen nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Verfassungsrecht, verstoßen. Auf die bereits vom SG zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung wird verwiesen.

 

b) Zu ergänzen ist, dass die Beklagte zur Überzeugung des Senats auch die Beitragshöhe zutreffend festgestellt hat. Die rechnerische Richtigkeit stellt auch der Kläger nicht in Frage. Die Beklagte hat der Berechnung auch die zutreffenden Beitragssätze zugrunde gelegt. Das Renteneinkommen des Klägers unterliegt nach §§ 247, 241 SGB V dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 %, der restliche Betrag bis zur Mindestbemessungsgrundlage nach § 243 SGB V dem ermäßigten Beitragssatz von 14,0 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Die Bedenken des Klägers hinsichtlich der Heranziehung der Mindestbemessungsgrundlage auch für die Bestimmung der Höhe des kassenindividuellen Zusatzbeitrags teilt der Senat nicht. Die Beitragshöhe entspricht auch insoweit der gesetzlichen Regelung. Nach § 242 Abs. 1 SGB V hat eine Krankenkasse, soweit ihr Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt ist, in ihrer Satzung zu bestimmen, dass von ihren Mitgliedern ein einkommensabhängiger Zusatzbeitrag erhoben wird. Die Krankenkassen haben gemäß Satz 2 der Vorschrift den einkommensabhängigen Zusatzbeitrag als Prozentsatz der beitragspflichtigen Einnahmen jedes Mitglieds zu erheben (kassenindividueller Zusatzbeitragssatz). Als beitragspflichtige Einnahmen gilt nach § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V - auch insoweit - für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Es sind keine Anhaltpunkte dafür erkennbar, dass diese unbedingte und unmissverständliche Regelung gegen Verfassungsrecht verstößt.

 

c) Eine teilweise Aufhebung der Beitragsbescheide aus Januar 2017 und Januar 2018 für die Monate Januar 2017 und 2018 kommt ebenfalls nicht in Betracht. Mit diesen Bescheiden hat die Beklagte bei vordergründiger Betrachtung die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung für die Vergangenheit - und zwar bereits ab Januar 2017 und 2018 -erhöht. Da die Voraussetzungen des § 48 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB X nicht erfüllt sind und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und 4 SGB X im Beitragsrecht nicht anwendbar ist, ist eine Ermächtigung für eine rückwirkende Erhöhung nicht erkennbar. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nach § 10 Abs. 1 S. 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler die jeweiligen Beiträge erst zum 15. des dem Beitragsmonat folgenden Monats – hier also jeweils zum 15.02. – fällig werden. Angesichts dessen haben sich die jeweiligen Beitragserhöhungen für den Kläger in der hier gegebenen Konstellation erst nach Bekanntgabe der Beitragsmitteilungen aus Januar 2017 und 2018 ausgewirkt, so dass die aus der Beitragserhöhung resultierende Belastung erst im Februar der jeweiligen Jahre – und somit nicht rückwirkend - eingetreten ist.

 

d) Die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Säumniszuschlägen ergibt sich aus § 24 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV).

 

aa) Die Beklagte wird entsprechend dem Vergleich vom 07.04.2022 nach der veränderten Beitragsfestsetzung in Anwendung von § 240 Abs. 1 S. 5 SGB V Säumniszuschläge nur in diesem Umfang geltend machen und hierbei auch berücksichtigen, wann und in welchem Umfang der Kläger vorsorglich die geschuldeten Beiträge nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage bereits entrichtet hat. Insoweit ist der Kläger nicht (mehr) beschwert. Im Übrigen entsteht der Säumniszuschlag ohne weiteres kraft Gesetzes. Er muss nicht eigens angefordert oder durch Verwaltungsakt konstitutiv festgestellt werden (Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl, § 24 SGB, Rn. 33).

 

bb) Auch soweit der Kläger die gesetzlich vorgesehene Höhe des Säumniszuschlags beanstandet, bleibt sein Begehren erfolglos. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV hat der Beitragsschuldner für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Die Höhe der Säumniszuschläge ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das BSG hat in seinem Urteil vom 07.07.2020 – B 12 R 28/18 R ausgeführt, dass auch unter Berücksichtigung der vom BFH jüngst geäußerten schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe von Nachzahlungszinsen kein Anlass bestehe, die Verfassungsmäßigkeit des § 24 SGB IV in Frage zu stellen. Die Entscheidung des BFH habe nicht die Höhe von Säumniszuschlägen nach § 240 Abgabenordnung (AO), sondern die Höhe der Nachzahlungszinsen im Sinne von § 233a i.V.m. § 238 AO betroffen. Nach Zweck und Funktion der Säumniszuschläge im Sozialversicherungsrecht stünden jedenfalls die am Markt zu erzielenden Zinsen nicht im Vordergrund. Zudem sehe das Gesetz mit der Kleinstbetragsregelung nach § 24 Abs. 1 S. 2 SGB IV, der Berücksichtigung unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungspflicht nach 24 Abs. 2 SGB IV sowie mit den Regelungen zur Stundung, Niederschlagung und zum Erlass nach § 76 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB IV umfassende Regelungen zur Vermeidung einer möglichen Härte oder Unverhältnismäßigkeit im Einzelfall vor.

 

Diesen Erwägungen schließt sich der Senat an. Dass sich das BVerfG den vom BFH geäußerten Bedenken inzwischen angeschlossen hat (BVerfG, Beschluss v. 08.07.2021 – 1 BvR 2237/14), ist vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Fallgestaltungen unbeachtlich. Während die Nachzahlungszinsen im Sinne von § 233a i.V.m. § 238 AO im Wesentlichen Vorteile abschöpfen sollen, die durch eine - in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende - späte Steuerfestsetzung entstehen (vgl. Fischer, jurisPR-SteuerR 39/2021 Anm. 1), ist der Säumniszuschlag nach § 24 SGB IV neben seiner Funktion als standardisierter Mindestschadensausgleich auch darauf gerichtet, Druck auf die Beitragsschuldner auszuüben, damit die Beiträge rechtzeitig entrichtet werden (vgl. nur Segebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 24 SGB IV Rn. 9 m.w.N.).

 

e) Mahngebühren hat der Kläger nach § 19 Abs. 2 S. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) zu tragen.

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Soweit die Beklagte im Erörterungstermin vom 07.04.2022 die Beitragsforderungen reduziert und zudem den hier nicht streitgegenständlichen Ruhensbescheid zurückgenommen hat, handelt es sich um ein ganz erhebliches Entgegenkommen, das eine Beteiligung an den außergerichtlichen Kosten des Klägers nicht rechtfertigt.

 

4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
Saved