L 2 AS 1368/23 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 608/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 1368/23 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. April 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


Gründe


Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. April 2023 ist zulässig (§145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), sie ist jedoch nicht begründet.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert ist vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor.

Die Kläger begehrten im Klageverfahren S 4 AS 608/19 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und deshalb die Aufhebung des Bescheids vom 19. September 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2019 sowie die entsprechende Abänderung des Bescheids vom 9. Januar 2018,  geändert durch Bescheide vom 13. März 2018, 10. April 2018, 12. April 2018 und 15. Januar 2019, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2019. Ausgehend von dem Vergleich zwischen den Beteiligten vom 29. April 2019 begehrten die Kläger (noch) für den Monat Oktober 2018 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Dabei verlangten die Kläger die Berücksichtigung einer „doppelten Haushaltsführung“ seitens des Ehegatten der Klägerin Ziff. 1, was zu höheren Leistungen monatlich von 92,78 € führen würde. Dem liegt die (zutreffende) Berechnung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Kläger durch den Beklagten vom 17. September 2019 (Bl. 51 bis 56 der Gerichtsakte des SG) zugrunde; danach belief sich der Anteil des Ehegatten der Klägerin Ziff. 1 an den Kosten der Unterkunft und Heizung auf 119,39 € bei einem sich ergebenden „Einkommensüberhang“ des Einkommens des Ehegatten der Klägerin Ziff. 1 von 26,61 €. Die Beschwerdesumme ist bei der in diesem Umfang begehrten höheren monatlichen Leistung für den Oktober 2018 nicht erreicht. Dies ist auch dann nicht der Fall, wenn die von der Klägerin Ziff. 1 in ihrer Beschwerdebegründung vom 5. Mai 2023 als zu berücksichtigende Ausgaben angegebenen Ausgaben für das Studium in Höhe von 120,00 € monatlich und Fahrtkosten in Höhe von 200,00 € monatlich hinzurechnet werden.

Da das SG die Berufung im Urteil vom 19. April 2023 nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichtes unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor.

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine oder mehrere Rechtsfragen aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse einer Klärung durch das Berufungsgericht bedürftig und fähig sind. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung, gegebenenfalls sogar des Schrifttums, angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist, und dass das angestrebte Berufungsverfahren eine Klärung erwarten lässt (s. hierzu Keller bzw. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 144 Rn. 28 u. § 160 Rn. 6; s. u.a. BSG, SozR 1500 § 160a Nr. 60 und SozR 3-1500 § 160 a Nr. 16). Geht es um bereits geklärte Rechtsfragen, so ist darzulegen, aus welchen erheblichen Gründen sich die Notwendigkeit einer Überprüfung der bereits vorliegenden Rechtsprechung ergibt; dies ist etwa dann der Fall, wenn dieser Rechtsprechung in nicht nur geringfügigen Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (BSG, SozR 1500 § 160a Nr. 13). Der Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung).


Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinne wirft die Streitsache jedoch nicht auf und wird auch von den Klägern nicht benannt. Die Kläger begründen ihre Beschwerde damit, dass das SG nicht alle das Einkommen mindernde Ausgaben sowie die „doppelte Haushaltsführung“ des Ehegatten der Klägerin Ziff. 1 berücksichtigt habe. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache lässt sich hieraus gerade nicht ableiten. Letztlich machen die Kläger eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend, was aber im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlich ist.
 
Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG muss geltend gemacht werden und die Entscheidung muss auf ihm beruhen können. Vorliegend wird aber auch kein Verfahrensmangel geltend gemacht, sodass eine weitere Prüfung seitens des Senats hier nicht vorzunehmen ist.

Darüber hinaus liegt auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Erforderlich ist, dass das SG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. BSG, Beschluss vom 27.1.1999 - B 4 RA 131/98 B -, juris). Das SG hat hier in seinem Urteil vom 19. April 2023 einen solchen Rechtssatz nicht aufgestellt, was letztlich auch nicht von den Klägern vorgetragen wird.

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen daher nicht vor.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG vom 19. April 2023 wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).



 

Rechtskraft
Aus
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