L 9 AS 2274/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 1259/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 2274/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die Hundehaltung gehört nicht zu dem vom SGB II zu gewährleistenden Existenzminimum.
2. Das SGB II sieht auch keine Rechtsgrundlage für einen Mehrbedarf wegen Tierhaltung vor. Allein der Umstand, dass die Haltung eines Hundes eine Art sozialer Unterstützung bzw. Familienersatz bieten und für die Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur hilfreich sein kann, begründet keinen unabweisbaren, besonderen Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Juli 2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Übernahme von Kosten in Höhe von 2.000,00 € für die Anschaffung eines Therapie-/Begleithundes sowie die Übernahme monatlicher Kosten von 200,00 € für Futter, medizinische Grundversorgung, Versicherung und Steuer.

Der 1962 geborene Kläger, der im EDV-Bereich als Programmierer und Elektroniker bis 2008 selbstständig tätig war, bezieht seit 2005 vom Beklagten Arbeitslosengeld II als laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung. Für den Bewilligungszeitraum Oktober 2021 bis September 2022 bewilligte der Beklagte dem Kläger ausweislich des Bewilligungsbescheides vom 17.09.2021 Leistungen in Höhe von monatlich 940 € (Regelbedarf 446 €, Kosten der Unterkunft und Heizung 494 €).

Mit Schreiben vom 21.03.2022 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme von Kosten für ein Therapie-Haustier (spezieller Begleithund). Der Staat habe ihn in der Pandemie durch ständige Lockdowns, Ausgangssperren und fehlende soziokulturelle Angebote so isoliert, dass er einen seelischen Schaden davongetragen habe. Er wolle in einer selbstbestimmten Tier-Therapie diese Schäden kompensieren und heilen. Die positive und heilende Wirkung von Tieren sei wissenschaftlich bewiesen und bedürfe keines weiteren Beweises. Die Kosten lägen bei ca. 200,00 € pro Monat für Futter, medizinische Grundversorgung, Versicherung und Steuer. Hinzu kämen einmalige Anschaffungskosten von ca. 2.000,00 € für einen geeigneten Therapiehund. Es sei von einer medizinischen Therapiedauer auf Lebenszeit auszugehen, die er gemäß dem Grundgesetz selbst wählen/gestalten/bestimmen dürfe.

Mit Bescheid vom 24.03.2022 lehnte der Beklagte den Antrag unter Verweis auf § 24 SGB II ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 31.03.2022 Widerspruch. Der Textbaustein-Ablehnungsbescheid des Beklagten sei soziologisch/medizinisch unbegründet und verfassungswidrig. Zur weiteren Begründung führte er aus, die Fürsorgebehörde sei dafür zuständig, die Teilhabe und soziale Integration insbesondere während der Corona-Pandemie individuell so zu erbringen, dass die Folgen (Isolation/Ausgangssperre) und noch zu erwartende Folgen (weiterer Corona-Mutationen) langfristig kompensiert werden könnten. Gleiches gelte auch für die derzeitige Kriegsgefahr/Krisensituation mit allen damit verbundenen Gefahren und Kostenexplosionen. Die Wirksamkeit von Tier-Therapien und Begleithunden sei wissenschaftlich und medizinisch bekannt und belegt. Für solche Sonderleistungen sei weder der Regelsatz ausreichend, noch könne der Beklagte die Fürsorgepflicht auf Dritte abwälzen. Da er schon früher einen Begleithund gehabt habe, könne er die Wirksamkeit für diesen unabweisbaren Sonderbedarf belegen. Im Übrigen könne er nicht erkennen, was die Covid-Pandemie und die damit verbundenen o.g. Sonderleistungen mit § 24 SGB II zu tun haben sollten und welche soziologischen und psychologischen Fachgründe zur Ablehnung seines Antrags geführt hätten.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2022 als unbegründet zurück. Der Beklagte sei nicht für eine Heilbehandlung des Klägers zuständig. Ein Leistungsanspruch bestehe weder aus § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II noch aus § 21 Abs. 6 SGB II. Die Sonderbedarfe nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II würden nur übernommen, soweit keine vorrangige Leistungsverpflichtung der Krankenkasse in Betracht komme. Bei Leistungen, bei denen Streit darüber bestehe, ob sie von den Krankenkassen erbracht werden müssten, gelte, dass Kosten für neue Behandlungsmethoden, die der Gemeinsame Bundesausschuss von der Verordnung zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen habe oder für die es an einer positiven Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses fehle, auch nicht über § 21 Abs. 6 SGB II oder § 24 SGB II beansprucht werden könnten. Daher ergebe sich auch aus § 21 Abs. 6 SGB II kein Anspruch, da der Mehrbedarf nur unabweisbar sei, wenn er nicht durch die Zuwendungen Dritter gedeckt werde. Es sei dem SGB II-Bezieher in einem solchen Fall zumutbar, zunächst bei der Krankenkasse einen Antrag auf die gewünschte Leistung zu stellen.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19.04.2022 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 15 AS 1258/22 ER) gestellt. Den Eilantrag hat das SG mit Beschluss vom 02.05.2022 abgelehnt. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 09.06.2022 zurückgewiesen (L 9 AS 1480/22 ER-B). Die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) erhobene Beschwerde hat das BSG mit Beschluss vom 14.07.2022 als unzulässig verworfen (B 4 AS 128/22 AR).

Zur Begründung seines Begehrens hat der Kläger vorgetragen, er habe in seinem Antrag vom 21.03.2022 ausdrücklich keine „medizinische“ Leistung in Form eines „Psychotherapie-Assistenzhunds“ beantragt, sondern nur einen Begleithund als Sozialkontakt-Hilfe. Sein Antrag sei daher auch nicht an die Krankenversicherung zu richten. Er habe die Kostenübernahme für einen Begleithund als soziale Unterstützung während und insbesondere nach der Corona-Pandemie beantragt, um die schweren Folgen sozialer und finanzieller Isolation zu kompensieren, Tagesstrukturen zu entwickeln und soziale Kontakte/Teilhabe zu erlangen, die rund um die Uhr im Wohn- und Außenbereich bestünden. Eine solche Alternative zur Medizin stehe ihm nach dem Grundgesetz (GG) zu. Das Grundrecht auf freie Wahl der sozialen Kontakte und freie Entfaltung ergebe sich aus Art. 2, 3 und 4 GG, wonach jeder frei bestimmen könne, welche sozialen Kontakte und Teilhabe er sich wünsche. In seinem Bedarfsfall sei dies der dauerhafte Sozialkontakt zu einem Begleithund auf Lebenszeit, der ihm als Familienersatz zu gewähren sei. Was er unter Familie/Teilhabe verstehe und leben wolle, sei seine Entscheidung, die vom GG geschützt sei. Die Krankenkasse sei weder für soziologische Hilfen noch für die Corona-Isolation der Bundesregierung verantwortlich/zuständig. Dies sei Aufgabe der Fürsorgebehörde, die in dem Härte- und Isolationsfall des Klägers gemäß dem Sozialgesetzbuch, Strafgesetzbuch und Grundgesetz zur beantragten Sozialkontakt-Hilfe verpflichtet sei. Die Regelleistung ermögliche ihm keine soziale Teilhabe. Man solle ihm vorrechnen, wie er bei den Freizeitaktivitäten seiner Bekannten (E-Bike, Segway-PT, Segelsport, Motorsport, Reisen, Konzerte, Restaurants) regelmäßig teilhaben könne und wie er zusätzlich aus der Regelleistung seine Sozialkontakt-Präferenz Begleithund realisiert bekomme. Seine langjährige Begleithund-Haltung sei auch durch das Gewohnheitsrecht geschützt. Vor Corona sei es ihm möglich gewesen, einen Pflegehund über Futterspenden/Medizinspenden/Patenschaften zu versorgen. In der Pandemie habe sich dies drastisch verändert. Er sei durch Lockdowns weggesperrt worden. Direkte Kontakte und Besuche zu Bekannten und Züchtern seien gesetzlich verboten gewesen. In seiner Klage sei auch eine Feststellungs- und Verpflichtungsklage enthalten. Es solle klar festgestellt werden, ob sein individuelles Sozialkontaktbedürfnis Begleithund vom Sozialamt oder von der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) zu erfüllen/tragen seien. Diese Feststellung könnten Richter auch ohne ein Verfahren gegen die GKV treffen, weil jeder Sozialrichter die Leistungskataloge der Krankenversicherungen kenne und wisse, ob solche Kontaktbedürfnisse ein Bestandteil der KV-Leistungen seien oder nicht.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig gehalten und sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid berufen.

Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 04.07.2022 abgewiesen. Soweit der Kläger die Feststellung begehre, dass der Beklagte oder die gesetzlichen Krankenkassen das Sozialkontaktbedürfnis Begleithund zu erfüllen hätten, sei die Klage bereits unzulässig, weil die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, die der Kläger auch erhoben habe, einen effektiveren Rechtsschutz biete. Sofern er die Feststellung hinsichtlich der gesetzlichen Krankenkassen begehre, könne er einen solchen Antrag bei seiner gesetzlichen Krankenkasse stellen und im Falle einer abschlägigen Entscheidung eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen diese erheben. Im Übrigen habe der Kläger mitgeteilt, er begehre keine medizinische Leistung in Form eines Psychotherapie-Assistenzhunds, weshalb er seinen Antrag auch nicht an die Krankenkasse gerichtet habe. Eine Beiladung der Krankenkasse sei daher nicht erforderlich.
Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Unabhängig davon, ob der Kläger einen Mehrbedarf im streitigen Zeitraum durch eine Leistung nach § 21 Abs. 6 SGB II isoliert von den sonstigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen könne (mit Hinweis auf die dies ablehnenden Urteile des BSG vom 18.02.2010 - B 4 AS 29/09 R -, juris Rn. 11 und vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R -, juris Rn. 14), scheitere die Finanzierung seiner Aufwendungen bereits daran, dass es sich nicht um solche für einen unabweisbaren Bedarf im Sinne dieser Vorschrift handele. Sofern der Kläger Kosten in Höhe von 2.000,00 € für die Anschaffung eines Therapiehundes begehre, sei festzustellen, dass es sich hierbei schon nicht um einen laufenden Bedarf handele, weil die Kosten nur einmal im Zeitpunkt des Kaufs entstünden. Doch auch hinsichtlich der laufenden Kosten in Höhe von 200,00 € monatlich für Futter, medizinische Grundversorgung, Versicherung und Steuer könne ein unabweisbarer besonderer Bedarf im Sinne eines Bedarfs aufgrund atypischer Bedarfslagen, die über den Durchschnittsbedarf hinausgingen oder aufgrund ihrer Atypik vom Regelbedarf nicht erfasst seien, nicht gesehen werden. Der mit der Haltung eines Tieres verbundene Aufwand sei grundsätzlich aus der Regelleistung der Leistungsempfänger zu tragen. Soweit der Kläger argumentiere, die Regelleistung ermögliche ihm keine soziale Teilhabe, insbesondere nicht die Realisierung seiner Sozialkontaktpräferenz Begleithund, welche gewohnheitsrechtlich geschützt sei, sei darauf hinzuweisen, dass Hundehaltung in materieller Sicht nicht zu dem vom SGB II zu gewährleistenden Existenzminimum gehöre (mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 08.02.2017 - B 14 AS 10/16 R -, juris Rn. 21 im Zusammenhang mit der Frage nach der Absetzbarkeit von Beiträgen zu einer Hundehaftpflichtversicherung vom zu berücksichtigenden Einkommen). Das Gericht könne auch keine atypische Bedarfslage erkennen. Der Kläger trage zwar vor, er benötige einen Begleithund als soziale Unterstützung für die Folgen des Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie. Für das Gericht sei jedoch nicht ersichtlich, dass der Kläger von den Folgen der Corona-Pandemie in besonderem Maße betroffen sei. Es handele sich im Übrigen nicht um einen im Einzelfall unabweisbaren Bedarf, weil hiervon nicht nur der Kläger, sondern die Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland betroffen sei.
Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II, da Kosten für die Anschaffung eines Therapiehundes und die damit verbundenen laufenden Kosten nicht solche für die Reparatur sowie die Miete von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen seien.

Gegen den ihm am 11.07.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.08.2022 „alle Rechtsmittel der BRD/EU“ zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Das Verfahren sei (wie das ER-Verfahren) nicht antragsgemäß erledigt und gegen seinen Willen im Hinterzimmer durch mutwillige Falschauslegung, Amts- und Machtmissbrauch abgewürgt worden. Die von ihm gestellten Beweisfragen und die Befassung ärztlicher Gutachter (für Soziologie/Psychologie/Tiertherapie) seien gezielt unterdrückt und verweigert worden, damit die Unterversorgung, Isolation, Aussetzung, Ausgrenzung und Diskriminierung nicht festgestellt werde. Das Gericht behaupte ohne medizinische und psychologische Fachkompetenz fälschlicherweise, er sei nicht von soziokultureller Ausgrenzung und sozialer Isolation betroffen. In seinen Schreiben, insbesondere vom 17.05.2022 seien genügend Fakten und Beweise genannt, aus denen vom Gericht bestellte Fachgutachter klar hätten erkennen können, welche soziologischen und anderweitigen Hilfen ihm zustünden. Er sei von regelmäßiger Teilhabe ausgegrenzt. Es sei wissenschaftlich belegt, dass Hunde soziale Barrieren auflösten, soziale Zuwendung und Tagesstruktur böten und vielfältige Heilwirkungen hätten. Wenn das Gericht dies bestreite, möge es das Gegenteil beweisen. Das Gericht möge belegen, wie die wöchentlichen Kostenexplosionen aufgrund der Folgen von Corona, Lockdown-Isolation und EU-Krieg in der Grundsicherung abgedeckt seien. In der ARD-TV-Sendung Monitor am 15.09.2022 sei dem Gesetzgeber bezüglich Arbeitslosengeld II und auch dem Nachfolger Bürgergeld ein „Etikettenschwindel zu Lasten der Ärmsten“ nachgewiesen worden. Die dort anwesenden Diskussionsteilnehmer Jürgen Borchert (ehemals Vorsitzender Richter am LSG Hessen), Prof. Marcel Fratzscher (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) und Ulrich Schneider (Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband) hätten bestätigt, dass auch das kommende Bürgergeld nicht für ein würdevolles Leben ausreiche. Rechnerisch habe die Gruppe der Armen ausweislich der genannten TV-Sendung einen Leistungsanspruch von 678 €, somit bestehe materielle Unterversorgung hinsichtlich der EVS-Referenzgruppe. Der Regelsatz sei nicht bedarfsdeckend. Das Gericht solle, wenn es dies bestreite, inflationsaktuelle Gegenbeweise/Berechnungen vorlegen. Darüber hinaus sei das „Amt für soziales und Teilhabe“ R1 verpflichtet, ihm bei Katastrophenschutz, sozialer und soziokultureller Ausgrenzung, Sonderbedarfen, Versorgungsproblemen und Notbedarf zu helfen. Langzeit-Blackouts (durch Sprengung von Hauptversorgungs- und Tiefseeleitungen sowie Cyberangriffe und (Atom-)Raketenangriffe) seien jederzeit möglich. Dies werde täglich in TV-Sendern berichtet. SG/LSG hätten ihm seit Pandemiebeginn jeglichen Corona-Infektionsschutz und FFP 2-Masken, deren hohe Kosten nicht in der Regelleistung enthalten seien, verweigert. Es sei wissenschaftlich belegt, dass Hunde Barrieren auflösten, soziale Zuwendung und Tagesstruktur böten und vielfältige Heilwirkungen hätten. Nachdem er beantragt gehabt habe, vor einer Entscheidung alle Antworten auf seine Beweisfragen zu erhalten, sei er gezielt um sein rechtliches Gehör und schriftliche Vorverhandlung betrogen worden. Die Beraubung seiner (Sozialkontakt-)Selbstbestimmung sei verfassungswidrig und strafbar; diese Tatsachen/Fakten könnten qualifizierte Kriminal- und Sozialpsychologen anhand seiner schriftlichen Darlegungen erkennen und feststellen (beantragte Fachgutachter). Alle eingeforderten Versorgungs- und Teilhabeansprüche, insbesondere das Grundrecht auf selbstbestimmte Sozialkontakte (hier Begleithund als Sozialkontakt) und sein Grundrecht auf Langzeit-Selbstversorgung (hier körperliche Unversehrtheit bei Langzeit-Blackouts) seien unverwirkbare Verfassungsrechte, die nicht entzogen/ausgehebelt werden könnten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Juli 2022 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 24. März 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2022 und unter Abänderung des Bescheides vom 17. September 2021 zu verurteilen, ihm die Kosten für Anschaffung eines Therapie-/Begleithundes in Höhe von 2.000,00 € sowie monatlich 200,00 € für Futter, medizinische Grundversorgung, Versicherung und Steuer zu gewähren.

           
Der Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die nicht schon im Gerichtsbescheid des SG Berücksichtigung gefunden hätten.

Mit Schriftsatz vom 19.06.2023 hat der Kläger Vortrag nochmals wiederholt und vertieft. Aus allen seinen Schriftsätzen seit 2020 ergebe sich, dass seine Feststellungspunkte zur Vollversorgung bis heute nicht geklärt seien bzw. durch SG und LSG gezielt verwässert, umgedeutet oder unterdrückt worden seien. Das SG/LSG habe bis heute keine nachvollziehbare Berechnung vorgelegt und verbreite weiter Regelsatzlügen. Die Berechnung der EVS-Referenzgruppe erfolge nur alle fünf Jahre, sei also völlig veraltet. Er beantrage, dass ihm vor einem Gerichtstermin alle beantragten Daten, Ausweis, Nachweis und Beweisantworten übersandt würden. Darüber hinaus hat der Kläger „Dienstaufsichtsbeschwerde an die Justizministerin BW über den LSG-Dienstweg“ erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) eingelegte, sachdienlich also solche auszulegende Berufung des Klägers ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.


Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, da er mit der ordnungsgemäßen, ausweislich der Postzustellungsurkunde am 27.05.2023 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Mit dem einen Tag vor der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 19.06.2021 hat der Kläger weder einen Verlegungsantrag gestellt noch Gründe mitgeteilt, aus denen er an einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert (gewesen) sein könnte. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, ihm seien vor dem Termin alle „Daten, Ausweise, Nachweise und Beweisantworten“ zu übersenden und Zeugen/Gutachter zu hören, macht er sinngemäß geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör gebiete eine Vorabmitteilung, wie und aufgrund welcher Tatsachen der Senat die Sach- und Rechtslage zu würdigen und wie er zu entscheiden gedenke. Ein derartiger Anspruch besteht nicht: Vielmehr dient gerade die mündliche Verhandlung als Kernstück des gerichtlichen Verfahrens der Gewährleistung rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 1, § 62 SGG; vgl. nur BSG, Urteil vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B -, juris Rn. 11 m.w.N.). Mit der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Senat dem Kläger die Möglichkeit gegeben zu erscheinen und dort mit seinen Ausführungen gehört zu werden. Ob der Kläger hiervon Gebrauch macht (oder sich wie vorliegend auf schriftlichen Vortrag beschränkt), bleibt ihm selbst überlassen.

Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) des Klägers mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 04.07.2022 zu Recht abgewiesen, denn diese ist zwar zulässig, aber unbegründet. In verfahrensrechtlicher Hinsicht durfte das SG durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) entscheiden. Anders als der Kläger meint, liegt hierin keine verfahrensfehlerhafte Entscheidung durch die Vorsitzende allein und Verlegung der Entscheidung „ins Hinterzimmer“: Selbst wenn man – wovon der Senat vorliegend ausdrücklich nicht ausgeht – mit dem Kläger der Meinung wäre, dass das SG (etwa wegen des Vorliegens besonders schwieriger rechtlicher Fragen) nicht mit Gerichtsbescheid nach § 105 SGG hätte entscheiden dürfen und hierdurch den Kläger entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 SGG seinem gesetzlichen Richter, nämlich der Kammer in voller Besetzung, entzogen hätte, bestünde für den Senat lediglich die Möglichkeit, nicht aber eine Pflicht, die Sache gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das SG zurückzuverweisen (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R -, juris Rn. 10). Der Senat dürfte dennoch in der Sache entscheiden, denn die Garantie mindestens einer öffentlichen Anhörung im Laufe eines mehrinstanzlichen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention) ist durch die Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem LSG gewahrt.

In der Sache hat das SG unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen und Heranziehung einschlägiger Rechtsprechung ausführlich und zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Klage abzuweisen ist.
Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Lediglich ergänzend ist unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers auf Folgendes hinzuweisen: Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid des Beklagten vom 24.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 07.04.2022, mit dem dieser den Antrag des Klägers auf Gewährung der Kosten für die Anschaffung eines Therapiehundes/Begleithundes in Höhe von 2.000,00 € sowie monatlich 200,00 € für Futter, medizinische Grundversorgung, Versicherung und Steuer zu gewähren, abgelehnt hat. Hinsichtlich der genannten Kosten für den begehrten Hund macht der Kläger höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form eines Mehrbedarfs geltend. In der Sache hat der Beklagte damit die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung mit Wirkung ab Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung (im Hinblick auf Kosten für die Hundehaltung) überprüft, auch wenn eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Bewilligungsbescheid vom 17.09.2021 für den Bewilligungszeitraum Oktober 2021 bis September 2022 nicht erfolgt ist (vgl. nur BSG, Urteile vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R -, juris Rn. 11, vom 22.03.2010 - B 4 AS 59/09 R -, juris Rn. 14, vom 06.04.2011 - B 4 AS 3/10 -, juris Rn. 13f. und vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R -, juris Rn. 14: Die Gewährung eines Mehrbedarfs kann nicht zulässigerweise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt werden, denn die Regelungen über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft lassen sich in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten). Der so verstandene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Änderung der Verhältnisse dahingehend, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 17.09.2021 wegen wesentlicher Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben und dem Kläger höhere Leistungen zu gewähren sind (§ 48 Abs. 1 SGB X), ist nicht eingetreten. Der Kläger hat weder Anspruch auf (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form eines Mehrbedarfs für Futter und Unterhaltungskosten noch auf Gewährung der Anschaffungskosten für einen Hund.

Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für einen Mehrbedarf wegen Tierhaltung sieht das SGB II nicht vor. Soweit der Kläger geltend macht, das SG hätte Sachverständigengutachten zur Beantwortung der Frage einholen müssen, ob in seinem Fall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II bestehe, insbesondere hätte ein soziologisch-psychologisches Gutachten belegen können, dass durch die Haltung eines Begleithundes die von ihm behauptete Unterversorgung, soziokulturelle Ausgrenzung und soziale Isolation behoben werden könne, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Der Senat stellt nicht in Frage, dass die Haltung eines Hundes dem Kläger eine Art sozialer Zuwendung/Familienersatz bieten und für die Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur hilfreich sein kann. Hierzu ist keine weitere Sachaufklärung erforderlich. Die Beantwortung der Frage, ob die Anschaffung und Unterhaltung eines Hundes als Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II geltend gemacht werden kann, ist indes keine Frage der (gutachterlichen) Sachverhaltsaufklärung, sondern eine Frage der Auslegung dieser Norm, die durch den Senat vorzunehmen ist. Danach bleibt es dabei, dass – darauf hat der Senat schon in seinem Beschluss vom 09.06.2022 (L 9 AS 1480/22 ER-B) hingewiesen –, Hundehaltung nicht zu dem vom SGB II zu gewährleistenden Existenzminimum gehört (vgl. im Zusammenhang mit der Frage nach der Absetzbarkeit von Beiträgen zu einer Hundehaftpflichtversicherung vom zu berücksichtigenden Einkommen BSG, Urteil vom 08.02.2017 - B 14 AS 10/16 R -, juris Rn. 21). Einen besonderen Bedarf im Sinne einer atypischen Bedarfslage vermag der Senat schon deshalb nicht zu erkennen, weil es in der Hand des Klägers selbst liegt, diesen Bedarf zu steuern: Anders als beispielsweise bei bestimmten Erkrankungen mit dauerhaft erhöhtem Hygienebedarf, die bei einem Leistungsberechtigten ggf. zwingend anfallen, denen er nicht ausweichen kann und für die eine Übernahme der Kosten über § 21 Abs. 6 SGB II als möglich angesehen wird (vgl. nur S. Knickrehm in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 21 Rn. 76), kann der Kläger die Kosten einer Hundehaltung (oder überhaupt einer Tierhaltung) dadurch vermeiden, dass er sich eben keinen Hund anschafft. Die Pflege sozialer Kontakte sowohl zu Hunde- als auch zu Nichthundebesitzern in seinem Wohnumfeld ist ihm unabhängig davon, ob er selbst einen Hund besitzt, uneingeschränkt möglich. Der Kläger befindet bzw. befand sich – auch unter Berücksichtigung der coronabedingten Isolationsvorschriften – nicht in einer außergewöhnlichen Lebenssituation, in der ohne die Bedarfsdeckung (Hundehaltung) verfassungsrechtlich geschützte Güter außerhalb der Existenzminimumsicherung gefährdet werden. Anders als beispielsweise Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts von Kindern bei getrenntlebenden Eltern, die einen Mehrbedarf unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG begründen können, ist die Haltung von Tieren nicht grundgesetzlich geschützt. Eine konkrete und unmittelbare Gefährdung der Gesundheit des Klägers vermag der Senat nicht zu erkennen. Sie wird auch vom Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht, denn er hat sich bewusst nicht an seine Krankenkasse gewandt, weil er nach seinem eigenen Vortrag keine „medizinische“ Leistung in Form eines „Psychotherapie-Assistenzhunds“ braucht, sondern einen „Begleithund“ als „Sozialkontakt-Hilfe“.

Mangels rechtlicher Grundlage für die Gewährung eines Mehrbedarfs für die Anschaffung und Haltung eines Hundes (wie allgemein für Tierhaltung) hat der Kläger die Aufwendungen hierfür aus der Regelleistung zu tragen. Soweit er allgemein unter Hinweis auf geführte politische Diskussionen (auch im Zusammenhang mit der Einführung des Bürgergeldes) rügt, insgesamt seien die Folgen von Corona, Krieg und Katastrophen nicht durch den Regelsatz abgedeckt, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis: Denn die Härteklausel des § 21 Abs. 6 SGB II dient nicht dazu, einen generell für unzureichend erachteten Regelbedarf aufzustocken (
BSG, Urteil vom 12.05.2021 - B 4 AS 88/20 R -, juris Rn. 17; vgl. umfassend auch Urteil vom 26.01.2022 - B 4 AS 3/21 R -, juris Rn. 16 ff.; S. Knickrehm in Eicher/Luik/Harich, a.a.O., § 21 Rn. 67).

Der Kläger kann höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch nicht unter dem Gesichtspunkt beanspruchen,
dass der Gesetzgeber die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1, § 20 Abs. 1 und 2 SGB II in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt hätte. Ihm wurden im streitigen Zeitraum ab Oktober 2021 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jeweils nach der Regelbedarfsstufe 1 (Alleinstehende / Alleinerziehende) in Höhe von 446,- € bewilligt. Vorliegend vermag der Senat auf der Basis des klägerischen Vortrags nicht zu erkennen, dass bei ihm eine derartige Unterdeckung aufgetreten ist, dass sie mit seinem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m Art. 20 Abs. 1 GG nicht vereinbar wäre. Die methodische Kalkulation und Bemessung der Regelbedarfe ist entgegen der Auffassung des Klägers (verfassungs-)rechtlich nicht zu beanstanden. Aufgrund des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers hat sich die materielle Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelungen darauf zu beschränken, ob die Leistungen evident unzureichend sind. Selbst wenn die Leistungshöhe für den Regelbedarf in der Summe einer politischen Zielvorstellung entsprochen hat (die naturgemäß nicht jeder teilt, so z.B. wohl auch nicht die Teilnehmer an der vom Kläger angeführten TV-Sendung Monitor), ist dies nicht verfassungsrechtlich zu beanstanden, wenn sie sich mit Hilfe verlässlicher Daten tragfähig begründen lässt. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die – gegenüber dem früheren Rechtszustand 2005 neuen – gesetzgeberischen Entscheidungen, sowohl die Referenzgruppe anders zuzuschneiden, als auch im Sinne eines „Methodenmix“ in Orientierung am Warenkorbmodell nachträglich einzelne Positionen aus dem durch die Auswertung der EVS gewonnenen Ergebnis herauszunehmen, als verfassungsgemäß akzeptiert. Die Regelbedarfe sind nicht evident unzureichend (BVerfG, Urteil vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 und 12/12, 1 BvR 1691/13 - juris). Diese Auffassung vertritt auch die fachgerichtliche Rechtsprechung einschließlich des BSG (BSG, Urteile vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R -, juris Rn. 19 ff. und vom 01.12.2016 - B 14 AS 21/15 R - m. w. N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2016 - L 13 AS 3424/15 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.2013 - L 2 AS 404/13 -, und Beschluss vom 16.07.2014 - L 2 AS 1866/13 -; LSG Hamburg, Urteil vom 19.03.2015 - L 4 AS 124/13 -; alle juris). Auch der erkennende Senat teilt die Auffassung, dass der Gesetzgeber den in §§ 19,20 SGB II geregelten Regelbedarf nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen hat (vgl. auch Urteile vom 19.10.2021 - L 9 AS 2098/21 - und vom 20.09.2022 - L 9 AS 135/19 -, n.v.).

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass er entgegen der Forderung des Klägers dessen Vortrag nicht vollständig und textgenau im Tatbestand des Urteils abdrucken muss. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass im Rahmen der Urteilsbegründung „gleich strukturiert“ und „ziffergenau gegliedert“ jeder der von ihm so genannten Feststellungsanträge (die der Sache nach jeweils Begründungselemente hinsichtlich der wie oben dargelegt statthaften und im Verhältnis zu einer Feststellungsklage vorrangigen Anfechtungs- und Leistungsklage darstellen) abgearbeitet bzw. verbeschieden wird. Vielmehr hat der Tatbestand eines Urteils nach den gesetzlichen Vorgaben in einer gedrängten Darstellung (§ 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG) des Sach- und Streitstandes zu bestehen, aus dem erkennbar ist, welchen Sachverhalt der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt. Eines textgenauen Abdrucks des gesamten Vortrags des Klägers bedarf es hierfür nicht. Ebenso wenig muss der Senat in den Entscheidungsgründen (§ 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG) Punkt für Punkt zu jedem Argument des Klägers Stellung nehmen. Aus den Entscheidungsgründen muss lediglich eine Zusammenfassung der Erwägungen hervorgehen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht; d. h. das Gericht muss sich mit dem zentralen Vorbringen der Beteiligten, also mit allen wesentlichen Streitpunkten auseinandersetzen. Bezugnahmen – wie vorliegend auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des SG vom 04.08.2021 – sind dabei gesetzlich vorgesehen und damit zulässig (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Senat hat den schriftlichen Vortrag des Klägers (auch den zuletzt am 19.06.2023 eingegangenen Schriftsatz) in vollem Umfang zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Er ist nicht dazu verpflichtet, sich mit jedem Einzelvorbringen auch in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 19/15 R -, juris Rn. 15 m. w. N. auch aus der Rechtsprechung des BVerfG).

Daher war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).




 

Rechtskraft
Aus
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