S 11 KA 591/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 591/16
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die mehrfache Abrechnung der GOP 35110 EBM an einem Tag setzt voraus, dass mehrere zeitlich voneinander getrennte Sitzungen jeweils mit der Mindestdauer von 15 Minuten durchgeführt worden sind. Eine Sitzung mit einer Dauer von 45 Minuten berechtigt nicht zur dreifachen Abrechnung.


Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine sachlich-rechnerische Richtigstellung im Quartal III/2015.

Der Kläger ist als psychotherapeutisch tätiger Arzt mit Vertragsarztsitz in A-Stadt tätig.

Mit Bescheid vom 06.07.2016 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für die vom Kläger für das Quartal III/2015 eingereichte Abrechnung vor (Bl. 17 d. Verwaltungsakte). Sie nahm in 15 Behandlungsfällen insgesamt 52 Absetzungen betreffend die Ziffer 35110 (verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) vor. Die resultierende Belastung wurde mit 797,63 Euro angegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Sitzung nach den Ziffern 35100/35110 EBM mindestens 15 Minuten aufweisen müsse. Der EBM gebe damit eine Mindestzeitgrenze pro Sitzung vor. Ein mehrmaliger Ansatz pro Patient und Tag setze voraus, dass mehrere Sitzungen zeitlich getrennt voneinander mit einer Zeitdauer von mindestens 15 Minuten stattgefunden haben müssten. In der Abrechnung des Klägers sei die Ziffer mehrfach pro Behandlungstag und Patient angesetzt worden, ohne dass eine zeitliche Unterbrechung gegeben sei. In diesen Fällen sei eine Absetzung erfolgt.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 11.07.2016 Widerspruch ein (Bl. 18 d. Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 28.07.2016 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Übersicht der abgesetzten Leistungen (Bl. 21 d. Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 01.08.2016 begründete der Kläger seinen Widerspruch (Bl. 24 d. Verwaltungsakte). Für die Ziffern 35110 und 23220 EBM sei eine Uhrzeitangabe nicht erforderlich und von der Beklagten im streitgegenständlichen Quartal auch nicht verlangt worden. Die Forderung einer Uhrzeitangabe erfolge nun ohne Vorankündigung. Dies stelle eine nicht gerechtfertigte Mengenbegrenzung dar. Es sei bei den meisten Therapien gängige Praxis, am Ende einer Therapie oder zwischen zwei Therapieabschnitten Patienten begrenzt weiter zu behandeln und dafür dreimal die Ziffer 35110 EBM abzurechnen. Der Kläger bat um eine Streichung des dreifachen Ansatzes der Ziffer 35110 EBM und eine Ersetzung durch einen fünffachen Ansatz der Ziffer 23220 EBM (psychotherapeutisches Gespräch als Einzelbehandlung) an den entsprechenden Tagen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Bl. 29 d. Verwaltungsakte). Die Gebührenordnungsposition 35110 EBM sei bis zu dreimal am Tag berechnungsfähig. Dies sei je Sitzung zu verstehen. Um die Ziffer dreimal am Tag berechnen zu können, müssten die Gespräche in zeitlich voneinander getrennten Sitzungen von mindestens 15 Minuten Dauer durchgeführt werden. Es empfehle sich, bei der Abrechnung jeweils die Uhrzeit der Leistungserbringung anzugeben. Je Sitzung sei die Ziffer nur einmal berechnungsfähig, was sich aus dem obligaten Leistungsinhalt ergebe, wonach eine Sitzung mindestens 15 Minuten dauern müsse. Eine Sitzung umfasse den gesamten Zeitraum, in dem sich der Patient in der Praxis eines Arztes zur Untersuchung und/oder Behandlung befinde (wozu auch eine Beratung zähle). Der Kläger habe in den von der Absetzung betroffenen Behandlungsfällen die Leistung nach Ziffer 35110 EBM jeweils dreimal am gleichen Behandlungstag ohne Uhrzeitangaben zum Ansatz gebracht, sodass nicht ersichtlich sei, dass es sich um zeitlich voneinander getrennte Sitzungen handele. Allein eine längere Gesprächsdauer berechtige nicht zum mehrmaligen Ansatz der Ziffer. Dem Antrag des Klägers, statt der Ziffer 35110 EBM die Leistungen nach der Ziffer 23220 EBM vergütet zu bekommen, könne nicht entsprochen werden, da eine nachträgliche Korrektur der Abrechnungsunterlagen nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Ende des Abrechnungsquartals oder in begründeten Einzelfällen über diesen Zeitraum hinaus möglich sei. Solche Gründe seien vorliegend nicht ersichtlich.

Am 19.10.2016 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten hiergegen beim Sozialgericht Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass eine detaillierte Dokumentationspflicht nicht bestehe. Aus der allgemeinen Bestimmung Nr. 2.1 EBM folge, dass nur die Erbringung der Leistung als solche zu dokumentieren sei. Die Dokumentation von Einzelheiten der Leistungserbringung, insbesondere der Uhrzeit, sei nicht vorgeschrieben. Die Anforderungen an die Dokumentation der Leistungen als solche habe der Kläger erfüllt. Der Kläger sei hinsichtlich des Erfordernisses einer Uhrzeitangabe durch die Beklagte auch nicht beraten oder informiert worden. Seitens des Klägers liege jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit vor (Bl. 17 ff. d. Gerichtsakte).

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 06.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass eine entsprechende Dokumentationspflicht bestehe. Vorliegend sei davon auszugehen, dass es sich in den streitgegenständlichen Fällen jeweils nur um eine Sitzung gehandelt habe, die der Kläger aufgrund der längeren Dauer mehrfach abgerechnet habe. Die Ziffer 35110 EBM könne in solchen Fällen aber nur einmal abgerechnet werden. Im streitgegenständlichen Quartal sei es versehentlich nicht zu einer Absetzung gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.


Entscheidungsgründe

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt, § 12 Absatz 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 06.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Richtigstellung. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung für das Quartal III/2015 ist § 106a Absatz 2 Satz 1 HS 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der ab 01.01.2013 geltenden Fassung. Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts – mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots –, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urt. v. 15.07.2020, Az. B 6 KA 13/19 R, Juris Rn. 11). Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist insbesondere dann angezeigt, wenn die abgerechneten Leistungen nicht die Vorgaben des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) erfüllen (BSG, Urt. v. 16.05.2018, Az. B 6 KA 16/17 R, Juris Rn. 18). Nach § 87 Absatz 2 Satz 1 SGB V bestimmt der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen.

Die streitige GOP 35110 EBM hat folgenden Wortlaut:

„35110 Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen

Obligater Leistungsinhalt
- Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen,
- Systematische Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion,
- Dauer mindestens 15 Minuten
Fakultativer Leistungsinhalt
- Systematische Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion, bei
Säuglingen und Kleinkindern auch unter Einschaltung der
Bezugsperson(en)

Die Gebührenordnungsposition 35110 ist nur von Vertragsärzten berechnungsfähig, die über die Qualifikation zur Erbringung psychosomatischer Leistungen gemäß § 5 Abs. 6 der Psychotherapie-Vereinbarungen verfügen.
Die Gebührenordnungsposition 35110 ist bis zu dreimal am Tag berechnungsfähig.
Bei der Nebeneinanderberechnung diagnostischer bzw. therapeutischer Gebührenordnungspositionen und der Gebührenordnungsposition 35110 ist eine mindestens 15 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontaktzeit als in den entsprechenden Gebührenordnungspositionen angegeben Voraussetzung für die Berechnung der Gebührenordnungsposition 35110.
Die Gebührenordnungsposition 35110 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 01210, 01212, 01214, 01216, 01218, 03230, 04230, 04355, 04356, 14220 bis 14222, 14310, 14311, 16220, 21220, 21221, 22220 bis 22222, 23220, 30702, 35100, 35111 bis 35113, 35120, 35130, 35131, 35140 bis 35142 und 35150 und nicht neben den Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 35.2 berechnungsfähig.
Die Gebührenordnungsposition 35110 ist im Behandlungsfall nicht neben der Gebührenordnungsposition 08521 berechnungsfähig.“

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungs- und Abrechnungsbestimmungen ist in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (BSG, Urt. v. 25.11.2020, Az. B 6 KA 14/19 R, Juris Rn. 18; Urt. v. 16.05.2018, Az. B 6 KA 16/17 R, Juris Rn. 19). Dies beruht zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM, des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V, ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf (BSG, Urt. v. 25.11.2020, Az. B 6 KA 28/19 R, Juris Rn. 20 m. w. N.). Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG, Urt. v. 25.11.2020, Az. B 6 KA 28/19 R, Juris Rn. 20 m. w. N.). Soweit der Wortlaut einer Leistungslegende des EBM für die ärztlichen Leistungen nicht eindeutig ist, können auch die der Leistung zugeordneten Kalkulations- und Prüfzeiten zur Auslegung herangezogen werden (BSG, Urt. v. 15.07.2020, Az. B 6 KA 15/19 R, Juris Rn. 22 f.). Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (BSG, Urt. v. 13.02.2019, Az. B 6 KA 56/17 R, Juris Rn. 27).

Nach dieser Maßgabe hat die Beklagte die streitige sachlich-rechnerische Richtigstellung zu Recht vorgenommen, soweit der Kläger im hier streitigen Quartal die GOP 35110 EBM mehrfach pro Behandlungstag und Patient abgerechnet hat.

Die GOP 35110 EBM setzt eine Behandlungsdauer von mindestens 15 Minuten voraus. Verlangt wird eine mindestens 15minütige Arzt-Patienten-Interaktion bei psychosomatischen Krankheitszuständen (SG Marburg, Urt. v. 12.10.2022, Az. S 17 KA 12/18, Juris Rn. 68). Die Ziffer ist bis zu dreimal am Tag berechnungsfähig. Dies ist je Sitzung zu verstehen, d. h., dass die GOP 35110 EBM dann bis zu dreimal am Tag berechnet werden kann, wenn die Gespräche in zeitlich voneinander getrennten Sitzungen von mindestens 15 Minuten Dauer durchgeführt werden. Die Nr. 35110 ist je Sitzung nur einmal berechnungsfähig. Dauert die Sitzung beispielsweise 45 Minuten, dann ist das immer noch eine Sitzung und die Nr. 35110 kann nur einmal berechnet werden (Zalewski [Hrsg.], EBM-Kommentar, Stand: 8. Aufl., 74. Lief., April 2023, Teil 9, Seite 35-32 f.). Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer unzweifelhaft bereits aus dem Wortlaut des EBM. Das Ergebnis wird gestützt bei systematischer Betrachtung: Für die GOP 23220 (Psychotherapeutisches Gespräch als Einzelbehandlung) ist eine Behandlungsdauer von mindestens 10 Minuten vorausgesetzt, wobei der Wortlaut des EBM den Zusatz „je vollendete 10 Minuten“ enthält, was zur Überzeugung der Kammer belegt, dass im Falle der GOP 35110, die einen vergleichbaren Zusatz gerade nicht enthält, keine Mehrfachabrechnung bei einer längeren Sitzungsdauer erfolgen darf. Die GOP 35110 ist nur einmal pro Sitzung abrechenbar.

Vorliegend ist seitens des Klägers nicht vorgetragen worden, dass jeweils mehrere Sitzungen durchgeführt worden waren. Der Vortrag des Klägers, dass es gängige Praxis gewesen sei, am Ende einer Therapie oder zwischen zwei Therapieabschnitten, Patienten begrenzt weiter zu behandeln und dafür dreimal die Ziffer 35110 abzurechnen, ist zur Überzeugung der Kammer vielmehr so zu verstehen, dass bei einer entsprechend längeren Behandlungsdauer einer Sitzung eine mehrfache Abrechnung der GOP 35110 erfolgte. Auf die Frage nach der Notwendigkeit der Angabe genauer Uhrzeiten für die Leistungserbringung kommt es vorliegend schon aus diesem Grund überhaupt nicht an.

Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung des fehlerhaften Honorarbescheides war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.

Der Vertragsarzt kann auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen. Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie – aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen – die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden. Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (BSG, Urt. v. 28.08.2013, Az. B 6 KA 50/12 R, Juris Rn. 22 f.).

Die vom Bundessozialgericht entwickelten Fallgruppen sind vorliegend zur Überzeugung der Kammer nicht einschlägig, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass es die Beklagte unterlassen hat, bei der Erteilung des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. In der vorliegenden Konstellation ist es im streitgegenständlichen Quartal lediglich versehentlich nicht zu einer Absetzung gekommen. Die bloße fehlerhafte Zahlung/Duldung begründet indes keinen Vertrauensschutz.

Eine Veränderung der Abrechnungsunterlagen ist im gerichtlichen Verfahren nicht mehr möglich.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Absatz 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus §§ 143, 144 SGG.
 

Rechtskraft
Aus
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