L 4 SO 62/23 B

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 SO 16/23
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 62/23 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Bei der Überprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen und Ermessenserwägungen des § 114 SGG im Rahmen einer Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss ist das Beschwerdegericht grundsätzlich nicht zu einer Prüfung der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Sozialgerichts befugt, die der Aussetzungsentscheidung zugrunde liegt. 

2. Zum Verfahrensermessen bei der Verweisung in das Güterichterverfahren nach § 278 Abs. 5 SGG i.V.m. § 202 SGG.
 

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. April 2023 wird, soweit sie sich gegen die Nichtabgabe in das Güterichterverfahren wendet, als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.

 
Gründe
Die am 10 Mai 2023 bei dem Sozialgericht eingegangene Beschwerde, mit der der Kläger beantragt,

den Aussetzungsbeschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. April 2023 aufzuheben und das Verfahren „als Mediation in der Verfahrensordnung ohne zusätzliche Kostenverursachung“ abzugeben,

ist hinsichtlich der Aussetzung zulässig, aber unbegründet.

Auf die Beschwerde nach §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) prüft das Beschwerdegericht bei der Entscheidung über einen Aussetzungsbeschluss sowohl Tatbestand als auch Rechtsfolge des § 114 SGG (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 114 Rn. 10). Hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen und Ermessenserwägungen ist der Senat aber nicht zu einer Prüfung der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Sozialgerichts befugt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Juni 2021 – L 1 KR 275/21 B –, juris Rn. 15; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Mai 2014 – L 4 KR 553/14 B –, Rn. 17 und Beschluss vom 15. November 2012 – L 1 KR 421/12 B); allenfalls kommt eine Aufhebung in Betracht, wenn offensichtlich ist, dass eine Entscheidungserheblichkeit des vermeintlich vorgreiflichen Verfahrens unter allen denkbaren Gesichtspunkten fehlt (vgl. Keller a.a.O.). Denn der Aussetzungsbeschluss ist Teil der Verfahrensführung durch das Gericht erster Instanz, die auch sonst vor Abschluss der ersten Instanz nicht der Kontrolle durch das Beschwerdegericht unterliegt.

Gemessen an diesem Maßstab unterliegt der Beschluss des Sozialgerichts keinen rechtlichen Bedenken. Die Auffassung, dass über den Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Leistungsbescheid vom 30. November 2022 noch nicht entschieden wurde, unterliegt für den Senat nach Würdigung der Aktenlage keinen Zweifeln und ist daher keinesfalls offensichtlich fehlerhaft. Dem tritt der Kläger mit seinem teils schwer verständlichen Vortrag nicht entgegen, sondern beanstandet im Schwerpunkt die dadurch eintretende Verzögerung und sinngemäß, dass durch ein neues Schreiben vom 3. Januar 2023 sich die Sachlage geändert habe, ohne dass für den Senat erkennbar wäre, dass die Nachholung des Widerspruchsverfahrens unnötig geworden ist. Insbesondere erweckt das Schreiben vom 3. Januar 2023 nicht den Eindruck eines Widerspruchsbescheides, wovon offenbar auch der Beklagte ausgeht (Schreiben vom 15. März 2023 an das Sozialgericht, Bl. 219 der dortigen Akte). 

Auch eine unterlassene Abgabe in das Güterichterverfahren nach § 278 Abs. 5 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202 SGG stellt keinen Ermessensfehler bei der Aussetzung dar. Zwar hat nach Einführung des Güterichterverfahrens als einem integralen Bestandteil des Erkenntnisverfahrens das Gericht die Aufgabe, auch von Amts wegen sein Verfahrensermessen dahingehend zu betätigen, ob eine Verweisung vor den Güterichter oder die Güterichterin im Sinne einer angemessenen oder vorrangig gütlichen Streitbeilegung geboten ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 278 Rn. 1 und Rn. 26-28; Thole, ZZP 127 (2014), 339 (348); Schreiber, in: ders. (Hrsg). Praxishandbuch Güterichterverfahren, 2022, S. 22 f.). Dieses Verfahrensermessen ist aber denkbar weit und seine Grenzen werden durch die Überlegung, aus Gründen der Verfahrensökonomie das Verfahren zur Nachholung des Widerspruchsverfahren auszusetzen, nicht tangiert.

Im Übrigen ist die Beschwerde unzulässig. Da über die (Nicht)-Verweisung an den Güterichter keine Zwischenentscheidung ergeht und die Verweisung vor den Güterichter als prozessleitende Verfügung gemäß § 172 Abs. 2 SGG nicht beschwerdefähig ist (Bayer. LSG, Beschl. vom 27. September 2013 – L 2 P 45/13 B), ist auch die Beschwerde gegen eine unterlassene Verweisung unstatthaft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
 

Rechtskraft
Aus
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