L 10 AS 311/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 129 AS 15278/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 311/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

 

 

 

 

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

 

Streitig sind existenzsichernde Leistungen für einen Unionsbürger (Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch <SGB II> bzw Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch <SGB XII>), und zwar im Berufungsverfahren zuletzt nur noch für den Zeitraum November 2017 bis April 2018; insbesondere ist streitig, ob der Kläger einem Leistungsausschluss unterliegt.

 

Der Kläger (Geburtsname K) ist am 20. Februar 1967 in O auf dem Gebiet des damaligen Bundesstaates Jugoslawien und der heutigen Republik Kroatien geboren, deren Staatsangehörigkeit er jedenfalls seit dem 28. November 2013 (allein) besitzt. Seine Eltern, der Vater ein Serbe, der in den 1980er Jahren verstorben sei, seine Mutter eine bosnische Kroatin, die am 28. Februar 2017 verstorben ist, sind bereits vor seiner Geburt nach Gin Baden-Württemberg gezogen. Nach Angaben des Klägers verfügte er wegen seines Vaters lange Zeit über einen serbischen (jugoslawischen) Pass. In G besuchte er bis Juli 1981 die dortige Hauptschule (Abgangszeugnis der 7. Klasse vom 03. Juli 1981), bevor er mit seiner Familie nach B-N zog, wo er weiterhin die Schule besuchte. Die Eltern trennten sich in den 1980er Jahren. Nach Angaben des Klägers sind seine Eltern ebenso wie seine 1971 und 1973 geborenen Brüder eingebürgert worden. Nach seinem Umzug nach B ist der Kläger seinen Angaben zufolge in ein von (Jugend-)Kriminalität und Drogenkonsum geprägtes Umfeld geraten und zwischen 1981 und 1994 überwiegend in den Justizvollzugsanstalten P und T inhaftiert gewesen.

 

Der Kläger, der in der Bundesrepublik Deutschland – jedenfalls bis zum Ende des hier streitigen Zeitraums – zu keinem Zeitpunkt einer Arbeit nachgegangen ist und dessen Ausländerakte inzwischen vernichtet ist, ist – ausweislich der aufenthaltsrechtlichen Historie des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Ausländerbehörde – der Beigeladenen vom 13. August 2018 – erstmals am 14. Juni 1974 aus Jugoslawien kommend in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und 1985 ausgewiesen worden. Im Anschluss ist er mehrfach abgeschoben worden (1988 und 1990), wobei er jedoch jeweils umgehend wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehrte und inhaftiert wurde. Nachdem er 1994 mit der Auflage entlassen wurde auszureisen, reiste er am 19. November 1994 nach Budapest aus und kehrte zunächst nicht nach Deutschland zurück. 2001 wurde ihm ein 30-tägiges Visum (22. August 2001 bis zum 21. September 2001) erteilt, aufgrund dessen er am 25. August 2001 aus Jugoslawien kommend wieder in die Bundesrepublik Deutschland einreiste. 2002 wurde ihm erneut ein 30-tägiges Visum (01. September 2002 bis zum 30. September 2002) ausgestellt, woraufhin er am 01. September 2002 wieder aus Jugoslawien kommend in die Bundesrepublik Deutschland einreiste. Ende 2002 reiste er – eigenen Angabe zufolge - mit einem kroatischen Pass wieder ein, wobei er in der Folge bis 2005 alle sechs Monate wieder aus- und eingereist sein will und ihm im Jahr 2005 der Pass entzogen worden sein soll, weil bei einer Kontrolle festgestellt worden sei, dass er sich bereits seit einem dreiviertel Jahr in Deutschland aufgehalten habe.

 

Vom 05. Oktober 2004 bis zum 27. Mai 2008 war der Kläger in B unter der im Rubrum genannten, damaligen Adresse seiner Mutter gemeldet. Zwischen 2006 und 2008 bezog er Arbeitslosengeld II. Am 29. April 2008 lehnte die Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und drohte dem Kläger die Abschiebung an. Am 25. Mai 2008 reiste er freiwillig nach Kroatien aus. Damit endete der Leistungsbezug.

 

In Kroatien (in seinem Geburtsort) heiratete der Kläger am 23. August 2008 die 1973 geborene deutsche Staatsangehörige S K (im Folgenden SK genannt), deren Geburtsname zum Ehenamen wurde und den er seither trägt. Im September 2008 kehrte er gemeinsam mit SK nach B zurück. Im Anschluss lebte SK im Betreuten Einzelwohnen in der R St und bezog Arbeitslosengeld II, während er obdachlos war. Bereits im August/September 2009 trennte sich SK vom Kläger und zog nach Düsseldorf. Beim dortigen Einwohnermeldeamt erwirkte sie eine Auskunftssperre, die über zwei Jahre Bestand hatte. Während dieser Zeit bestand keinerlei Kontakt zum Kläger. Die Ehe wurde mit rechtskräftig gewordenem Beschluss des AG T-K – Abteilung Familiensachen – vom 09. Juni 2016 geschieden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 09. Juni 2016 hatten der Kläger und SK übereinstimmend erklärt, spätestens seit Anfang 2010 endgültig voneinander getrennt gelebt zu haben.

 

Zwischen dem 28. Mai 2008 und dem 23. September 2013 war der Kläger in B polizeilich nicht gemeldet. Allerdings existieren eine Erklärung eines examinierten Gesundheits- und Krankenpflegers vom gemeinnützigen Verein für suchtbegleitende Hilfen Fixpunkt vom 12. Mai 2014, ausweislich derer der Kläger seit Dezember 2005 regelmäßiger Besucher des Gesundheits- und Beratungsangebots dieses Vereins in B-K gewesen sei, wobei er dessen Angebot in den Jahren 2009 bis 2012 elfmal genutzt habe, sowie eine unterschriebene und mit dem Stempel des „wohnprojekt m, W36,  B, “ versehene Erklärung vom 15. Mai 2014, wobei lediglich der Vorname (Lutz) nicht aber der Nachname des Ausstellers erkennbar ist, wonach der Kläger von Januar 2009 bis März 2014 wöchentlich bei diesem Projekt die Obdachlosenzeitung „Die Motz“ gekauft habe, sowie eine Ratenzahlungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der V-N für Gesundheit GmbH vom 11. November 2013, deren Gegenstand Forderungen gemäß einer Rechnung vom 10. Juli 2012 und vom 18. Juli 2012 sind.

 

Im Sommer 2013 lernte der Kläger die 1977 geborene J S (im Folgenden JS) kennen. Sie ermöglichte ihm, sich am 24. September 2013 unter ihrer Wohnadresse in der M in B-S zu melden, der Kläger blieb aber zunächst weiterhin obdachlos und lebte auf der Straße. Aus der anfänglichen Freundschaft zwischen dem Kläger und JS entwickelte sich im März 2014 eine Beziehung, sodass er am 15. März 2014 bei ihr einzog. Nachdem sie für sich und den Kläger als ihren Partner für die Zeit ab Mai 2014 jeweils Arbeitslosengeld II beantragt hatte, bewilligte das Jobcenter B-S allein ihr Arbeitslosengeld II für Mai 2014 bis Juli 2014 (ua nur kopfteilige Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung); Leistungsansprüche für den Kläger lehnte es für diesen Zeitraum ab, weil dieser von Leistungen ausgeschlossen sei (Bescheid vom 02. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2014). Später verurteilte das Sozialgericht (SG) Berlin auf die allein vom Kläger erhobene Klage (S 154 AS25143/14) den hiesigen Beigeladenen, vertreten durch das Bezirksamt S von B, dem Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für Mai 2014 bis Juli 2014 dem Grunde nach zu gewähren; im Übrigen wies es die Klage ab (rechtskräftig gewordenes Urteil vom 07. Juli 2017). Der Kläger habe in dem bezeichneten Zeitraum keinen Anspruch gegen den dortigen Beklagten, weil er von Leistungen nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II ausgeschlossen gewesen sei, weil er sich in diesem Zeitraum ausschließlich zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe, es stehe ihm insbesondere auch kein Aufenthaltsrecht als faktischer Inländer nach Art 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu, weil das dafür erforderliche hohe Maß an Integration beim Kläger nicht als gegeben erachtet werde (Bezugnahme auf den zwischen dem Kläger und dem dortigen Beklagten ergangenen Beschluss des 31. Senats des Landessozialgerichts <LSG> Berlin-Brandenburg vom 05. Januar 2017 - L 31 AS 2800/16 B ER). Die Verurteilung des Beigeladenen stützte das SG auf die 2014 noch anwendbare Fassung des § 23 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB XII und die hierzu ergangene ständige Rechtsprechung der für das Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG).

 

Nachdem JS wegen Mietrückstandes die Wohnung gekündigt worden war, kam es zwischen ihr und dem Kläger deshalb und wegen seiner fehlenden finanziellen Mittel zum Streit, in dessen Folge der Kläger die Wohnung mehr oder minder freiwillig verließ und JS ihn am 03. März 2015 von ihrer Meldeadresse abmeldete. Der Kläger lebte dann zeitweise bei seiner Mutter, sporadisch wieder bei JS und ansonsten wieder auf der Straße.

 

Erst am 15. Februar 2016 meldete er sich wieder bei der Meldebehörde unter der damaligen, im Rubrum genannten Adresse seiner Mutter in B-N an, die ihm ab Mai 2016 in ihrer ca 61,46 qm großen Mietwohnung einen Raum untervermietete („Untermietvertragsbestätigung“ vom 19. Mai 2016).

 

Auf seinen im Mai 2016 gestellten Leistungsantrag bewilligte der Beklagte dem Kläger zunächst vorläufig Arbeitslosengeld II für Mai 2016 bis Oktober 2016 (Bescheid vom 10. Juni 2016). Den im September 2016 für die Zeit ab November 2016 gestellten Fortzahlungsantrag des Klägers lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, er sei von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, weil er nur über ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche verfüge (Bescheid vom 06. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2016). In Umsetzung einer einstweiligen Anordnung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. Januar 2017 – L 31 AS 2800/16B ER) zahlte der Beklagte dem Kläger für November 2016 bis April 2017 vorläufig als Arbeitslosengeld II lediglich Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs (Umsetzungsmitteilung vom 09. Januar 2017). Die vor dem SG Berlin gegen den Bescheid vom 06. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2016 erhobene Klage (zuletzt S 168 AS 15350/16) endete im Mai 2021 durch fiktive Klagerücknahme.

 

Nach dem Tod seiner Mutter (am 28. Februar 2017) ist der Kläger auf Mieterseite in ihr bisheriges Mietverhältnis eingetreten (§ 563 Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Für diese Wohnung, die über eine Zentralheizung beheizt wurde und wird, über die auch die Warmwasseraufbereitung erfolgt, war ab Februar 2017, eine Bruttowarmmiete in Höhe von monatlich 459,36 EUR (Grundmiete 285,36 EUR, kalte Betriebskostenvorauszahlung 122,00 EUR, Heizkostenvorauszahlung 52,00 EUR; Mieterhöhungsverlangen vom 07. November 2016) zu zahlen.

 

Den vom Kläger am 15. März 2017 für die Zeit ab Mai 2017 gestellten Fortzahlungsantrag lehnte der Beklagte „ab Mai 2017“ nicht nur mit derselben Begründung wie zuvor ab, sondern verneinte zudem die Voraussetzungen der Rückausnahme zum Leistungsausschluss, weil der Kläger erst (wieder) seit dem 15. Februar 2016 in Deutschland gemeldet sei, so dass die Fünf-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen sei (Bescheid vom 31. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2017). In Umsetzung einer weiteren einstweiligen Anordnung (SG Berlin, Beschluss vom 02. Juni 2017 - S 156 AS 45885/17 ER) zahlte der Beklagte dem Kläger für Mai 2017 bis Oktober 2017 vorläufig Arbeitslosengeld II (Umsetzungsmitteilung vom 16. Juni 2017). Die gegen die ablehnende Entscheidung der vor dem SG Berlin erhobenen und auf die Gewährung von Arbeitslosengeld II für die Zeit von Mai 2017 bis Oktober 2017 gerichteten Klage, die unter dem Aktenzeichen S 78 AS 10143/17 registriert wurde, blieb auch nach Beiladung der hiesigen Beigeladenen ebenso erfolglos (Urteil vom 09. April 2019) wie seine Berufung (noch nicht rechtskräftig gewordenes Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 22. Juni 2023 - L 20 AS 875/19).

 

Auch den vom Kläger am 08. September 2017 unter Hinweis auf den mit Ablauf des „31.10.17“ endenden laufenden Bewilligungsabschnitt gestellten Fortzahlungsantrag lehnte der Beklagte mit derselben Begründung wie zuvor ab (hier streitiger Bescheid vom 04. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. November 2017).

 

In Umsetzung einer einstweiligen Anordnung (SG Berlin, Beschluss vom 14. Dezember 2017 – S 129 AS 15277/17 ER), mit der der Beklagte verpflichtet worden war, dem Kläger vorläufig ab November 2017 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis April 2018, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II dem Grunde zu gewähren, zahlte der Beklagte dem Kläger vorläufig „Regelleistungen“ für November 2017 bis Dezember 2017 in Höhe von monatlich 409,00 EUR und für Januar 2018 bis April 2018 in Höhe von monatlich 416,00 EUR und für November 2017 bis April 2018 „Kosten der Unterkunft“ in Höhe von monatlich 459,36 EUR. Er wurde darauf hingewiesen, dass er die vorläufig erbrachten Leistungen erstatten müsse, wenn er im Hauptsacheverfahren rechtskräftig unterliege oder den Widerspruch bzw die Klage zurücknehme (Umsetzungsmitteilung vom 04. Januar 2018).

 

Den am 23. Februar 2018 gestellten Fortzahlungsantrag des Klägers (unterschrieben am 21. Februar 2018), auf dem als Ende des laufenden Bewilligungsabschnitts der „30.04.18“ vermerkt ist, lehnte der Beklagte erneut ab, weil der Kläger von Leistungen ausgeschlossen sei (Bescheid vom 27. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Mai 2018). Über die hiergegen vor dem SG Berlin erhobene Klage (nunmehr S 101 AS 15300/18) ist noch nicht entschieden.

 

Seit dem 24. September 2018 steht der Kläger im Leistungsbezug des Beklagten, weil der Beklagte zwischenzeitlich die Überzeugung gewonnen hat, dass der Kläger bereits wieder ab dem 24. September 2013 in Deutschland gemeldet war.

 

In dem der vorliegenden Berufung zugrunde liegenden Klageverfahren vor dem SG Berlin hat der Kläger die Kontoauszüge seines bei der Commerzbank unterhaltenen Kontos für Februar 2018 bis März 2018 eingereicht und noch einmal bekräftigt, seit 2008 durchgehend in B zu leben, wenn auch überwiegend als Obdachloser, weshalb ihm ein materielles Aufenthaltsrecht als faktischer Inländer nach Art 8 EMRK zustehe.

 

Das SG hat diese Klage abgewiesen (Urteil vom 08. Februar 2019), mit der der Kläger zuletzt beantragt hatte, „den Beklagten zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides“ vom 04. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. November 2017 für September 2017 bis April 2018 Leistungen nach dem SGB II dem Grunde nach zu bewilligen, hilfsweise den Beigeladenen „zu verpflichten“, ihm für September 2017 bis April 2018 Leistungen nach dem SGB XII zu bewilligen. Die Klage sei hinsichtlich des Antrags auf Leistungen für September 2017 bis Oktober 2017 bereits wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, weil dieser Zeitraum bereits Streitgegenstand des vor dem SG Berlin unter dem Aktenzeichen S 78 AS 10143/17 geführten Verfahrens sei. Soweit die Klage zulässig sei, sei sie unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, da er von diesen Leistungen ausgeschlossen sei. Es liege auch kein Fall der Rückausnahme nach § 7 Abs 1 Satz 4 SGB II vor, wonach Ausländer abweichend von § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II Leistungen nach diesem Buch erhalten, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Die Frist beginne mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde (§ 7 Abs 1 Satz 5 SGB II). Dabei genüge für das Vorliegen der tatbestandlich enggehaltenen Rückausnahme nicht nur eine einmal erfolgte Anmeldung bei der zuständigen Behörde, sondern es sei hierfür eine fortwährende Anmeldung bei der zuständigen Behörde während der gesamten Dauer der fünfjährigen Frist erforderlich (Bezugnahme auf LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04. Mai 2018 - L 6 AS 59/18 B ER). Der Kläger sei vom 28. Mai 2008 bis zum 23. September 2013 nicht in Deutschland gemeldet gewesen. Erst zum 24. September 2013 sei er wieder in Deutschland gemeldet gewesen. Die fünfjährige Frist sei daher im streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht erreicht. Es stehe ihm auch kein Aufenthaltsrecht als faktischer Inländer nach Art 8 EMRK zu. Danach könne sich ein Aufenthaltsrecht ergeben, wenn Personen in Deutschland verwurzelt seien. Folgende Aspekte spielten bei der Frage der Verwurzelung eine entscheidende Rolle: Dauer des Aufenthalts, soziale und gesellschaftliche Einbindung, wirtschaftliche Integration, Straffreiheit, Bindung an das Herkunftsland, Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthalts und eigene Kinder und deren Entwicklung (Hinweis auf Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte <EGMR>, Üner gg Niederlande, Urteil vom 18. Oktober 2006 – 46410/99). Der Kläger habe sich zwar lange Jahre in Deutschland aufgehalten, darunter auch die meiste Zeit seiner Kindheit und Jugend. Jedoch weise er im Bereich der anderen Kriterien keine besondere Verwurzelung in Deutschland auf. So sei er bereits mit 15 Jahren in der Jugendarrestanstalt untergebracht gewesen und habe weite Teile seiner Jugend im Justizvollzug verbracht. Verursacht durch Drogen- und Alkoholkonsum sei er längere Zeit obdachlos gewesen und zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich oder sozial integriert. Eigene Kinder des Klägers seien nicht bekannt. Der Leistungsausschluss sei auch mit unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar, verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Es sei auch nicht der Beigeladene zu verurteilen, weil der Kläger gemäß § 23 Abs 1 Satz 3 SGB XII unter den gleichen Bedingungen wie schon im SGB II von Leistungen ausgeschlossen sei. Der Leistungsausschluss erfasse nach der durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 zum 29. Dezember 2016 erfolgten Klarstellung auch die in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB XII geregelte Sozialhilfe als Ermessensleistung. Die Kammer habe weder europarechtliche noch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ausschlussnorm (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2017 – L 23 SO 30/17 B ER; LSG Bayern, Beschluss vom 24. April 2017 - L 8 SO 77/17 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. August 2017 - L 6 AS 783/17 B ER). Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs 3 Satz 3 SGB XII, da ein Ausreisewille in keiner Weise ersichtlich sei. Bei dem Anspruch handele es sich zudem um einen eigenständigen Streitgegenstand (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Februar 2017 – L 23 SO 30/17 B ER) und sei vom Kläger auch nicht beantragt worden.

 

Nachdem der Kläger mit seiner Berufung zunächst sein zuletzt zur Entscheidung des SG gestelltes Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt hatte, hat er nach einem entsprechenden Hinweis des Berichterstatters des Senats vom 21. April 2022 die Berufung (am 19. Mai 2022) zurückgenommen, soweit existenzsichernde Leistungen für September 2017 bis Oktober 2017 begehrt wurden.

 

Er ist weiterhin der Auffassung, dass ihm für den noch streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II zustehe, weil er in diesem Zeitraum als faktischer Inländer iS des Art 8 EMRK anzusehen sei. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage er Leistungen im streitigen Zeitraum beanspruchen könne, sei ihm egal. Einen Ausreisewillen bzw eine Ausreisebereitschaft habe er diesem Zeitraum nicht gehabt und habe ihn auch jetzt nicht.

 

Der Kläger beantragt,

           

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Februar 2019 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2017 zu verurteilen, ihm dem Grunde nach Arbeitslosengeld II für November 2017 bis April 2018 zu gewähren.

 

hilfsweise,

 

den Beigeladenen zu verurteilen, ihm dem Grunde nach Hilfe zum Lebensunterhalt für November 2017 bis April 2018 zu gewähren.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen, soweit sich die Klage gegen ihn richtet.

 

Er verteidigt das Urteil des SG, soweit mit diesem der Hauptantrag in dem jetzt streitgegenständlichen Umfang abgewiesen wurde.

 

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

 

Er verteidigt das Urteil des SG, soweit mit diesem der Hilfsantrag in dem jetzt noch streitgegenständlichen Umfang abgewiesen wurde.

 

Der Senat hat von der Commerzbank die Kontoübersichten für das dortige Konto des Klägers für November 2017 bis Januar 2018 und für April 2018 beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

 

Auf entsprechende Nachfrage des Berichterstatters des Senats hat der Kläger angegeben, er könne sich nicht mehr erinnern, wer die Erklärung von 15. Mai 2014 unterschrieben habe. Er sei damals regelmäßig bei dem Wohnwagen des Motz eV gewesen, der am Nollendorfplatz gestanden habe. Dort habe er Kontakt zu einem polnischstämmigen Mitarbeiter mit dem Vornamen Mischa gehabt. Dieser habe stets und ausschließlich nachts dort gearbeitet. Unterschrieben habe aber ein „offizieller“ Vertreter des Vereins.

 

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakte des SG Berlin S 154 AS 25143/14 und die den Kläger betreffende Behelfsakte des Beklagten Bezug genommen.

 

     Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

 

Gegenstand (iS von § 95 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 04. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. November 2017, mit dem der Beklagte den zeitlich unbegrenzt gestellten Antrag des Klägers vom 08. September 2017 abgelehnt hat. Zulässigerweise streitbefangen ist allein der Leistungsanspruch des Klägers für November 2017 bis April 2018, auch wenn sich dem bezeichneten Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides keine entsprechende (ausdrückliche) zeitliche Beschränkung entnehmen lässt. Der Beginn der Leistungsablehnung und damit ein entsprechender Verfügungssatz (iS des § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X) ergibt sich aber nach Auslegung anhand des objektiven Empfängerhorizonts (zu diesem Maßstab bei der Auslegung von Verwaltungsakten vgl zB BSG, Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 2/09 R, juris RdNr 14). Der Beginn des streitigen Zeitraums ergibt sich daraus, dass der am 08. September 2017 gestellte Leistungsantrag (§ 37 Abs 1 Satz 1 SGB II) erst ab November 2017 Wirkung entfaltet hat. Zwar bestimmt § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II, dass der Leistungsantrag mangels anderer Bestimmung auf den Ersten des Kalendermonats zurückwirkt. Bei einem Leistungsantrag nach dem SGB II handelt es sich aber um eine einseitige empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - sofern das Sozialrecht keine speziellen Regelungen trifft - die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), insbesondere § 133 BGB, Anwendung finden. Maßgebend für die Auslegung eines Antrags ist daher - unter Berücksichtigung aller Umstände - der erkennbare wirkliche Wille des Antragstellers (BSG, Urteil vom 24. April 2015B 4 AS 22/14 R, juris RdNr 19 mwN). Da auf dem am 08. September 2021 beim Beklagten eingegangenen Leistungsantrag als Ende des laufenden Bewilligungsabschnitt der „31.10.17“ vermerkt ist, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass mit diesem Antrag Leistungen erst ab November 2017 geltend gemacht worden sind. Das Ende des streitigen Zeitraums ergibt sich aus der Zäsurwirkung des am 23. Februar 2018 gestellten weiteren Leistungsantrags des Klägers. Zwar ist wegen des zeitlich unbegrenzt gestellten Leistungsantrags und der vollständigen Leistungsablehnung über den geltend gemachten Anspruch grds bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz zu entscheiden (stRspr des BSG, vgl nur Urteil vom 13. Juli 2017 - B 4 AS 17/16 R, juris RdNr 13 mwN). Dies gilt aber dann nicht, wenn – so wie hier – nachfolgend ein weiterer Leistungsantrag, hier der vom 23. Februar 2018, gestellt wird. Dann begrenzt der nachfolgende Antrag, und zwar nach der jüngsten Rechtsprechung des BSG unabhängig davon, ob dieser beschieden wird (vgl Terminbericht  Nr 19/23 vom 07. Juni 2023 zu B 4 AS 4/22 R; aber zum Erfordernis der Bescheidung: vgl nur BSG, aaO, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 01. Juni 2010 - B 4 AS 67/09 R, juris RdNr 13; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 – B 8/9b SO 12/06 R, juris RdNr 8), ab dem Beginn des Zeitraums, für den er gestellt ist, den im sozialgerichtlichen Verfahren (zulässigerweise) streitigen Zeitraum. Der am 23. Februar 2018 gestellte Leistungsantrag hat erst ab Mai 2018 Wirkung entfaltet. Da auf dem am 23. Februar 2018 beim Beklagten eingegangen Leistungsantrag als Ende des laufenden Bewilligungsabschnitts der „30.4.18“ vermerkt ist, kann es keinem Zweifel unterliegen, das mit diesem Antrag nach dem erkennbaren Willen des Klägers Leistungen erst ab Mai 2018 geltend gemacht worden sind. Dies gilt umso mehr als der Kläger durch die aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG vom 14. Dezember 2017 ergangene Umsetzungsmitteilung des Beklagten vom 04. Januar 2018 damit rechnen durfte, dass ihm vorläufig Leistungen für die Zeit von November 2017 bis April 2018 gewährt werden würden. Daher ist es unschädlich, dass dem Bescheid vom 28. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Mai 2018, mit dem der Beklagte den Leistungsantrag des Klägers vom 23. Februar 2018 abgelehnt hat, nicht ausdrücklich entnommen werden kann, ab wann die Leistung abgelehnt wird.

 

Zur Durchsetzung seines prozessualen Anspruchs gegen den Beklagten hat der Kläger in statthafter und auch im Übrigen zulässiger Weise eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG)erhoben, gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG), weil er keinen bezifferten Antrag gestellt hat. Zwar hat der Kläger die begehrten Leistungen von der Beklagten aufgrund der einstweiligen Anordnung bereits erhalten, sodass insofern an sich die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, § 56 SGG) ausreichen würde, und zwar in Form eines Grundurteils (vgl BSG, Urteil vom 09. März 2022 – B 7/14 AS 79/20 R, juris RdNr 11). Mit Rücksicht auf die hilfsweise begehrte Verurteilung des Beigeladenen musste dem Kläger aber auch insofern die Möglichkeit der unechten Leistungsklage eröffnet bleiben (vgl BSG, Urteil vom 12. März 2013 – B 1 KR 7/12 R, juris RdNr 12). Die Klage ist hinsichtlich des jetzt noch streitigen Zeitraums (November 2017 bis April 2018) zulässig. Dem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für diesen Zeitraum steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte ihm aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG vom 14. Dezember 2017 Leistungen für diesen Zeitraum erbracht hat. Denn diese Wirkung würde spätestens mit dem Eintritt der Bestandskraft (iS des § 77 SGG) des die Leistungsgewährung ablehnenden Bescheides entfallen (vgl nur BSG, Urteil vom 09. März 2022 – B 7/14 AS 79/20 R, juris RdNr 11). In diesem Fall verliert die einstweilige Entscheidung ihre Rechtswirkungen und kann damit nicht mehr den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen bilden (vgl BSG, Urteil vom 09. Dezember 2016 B 8 SO 8/15 R juris RdNr 17). Ob dies auch gelten würde, wenn und soweit ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen bestünde (vgl § 107 SGB X), kann offenbleiben. Denn allein die Möglichkeit, sich einer Rückzahlungsverpflichtung ausgesetzt zu sehen, reicht für die Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses aus (vgl BSG, Urteil vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R, juris RdNr 11).

 

1. Die Klage ist, soweit sie gegen den Beklagten gerichtet ist, nicht begründet.

 

Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch auf Arbeitslosengeld II sind die §§ 7 ff, 19 ff SGB II in der hier anzuwendenden vom 29. Dezember 2016 bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe nach SGB XII vom 22. Dezember 2016 (BGBl I 3155; nachfolgend ohne Zusatz)

 

Der Kläger hat zwar in dem hier noch streitigen Zeitraum von November 2017 bis April 2018 die Grundvoraussetzungen (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II) erfüllt, um Arbeitslosengeld II (§ 19 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu erhalten, das in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II erbracht wird, soweit diese nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen gedeckt sind (§ 19 Abs 3 Satz 1 SGB II).

 

Denn er ist 1967 geboren und bewegte sich daher während dieses Zeitraums innerhalb der Altersgrenzen des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II. Er hatte auch während dieses Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II; vgl zum Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts": BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 - B 4 AS 54/12 R, juris RdNr 17 ff) und er war auch erwerbsfähig (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II), weil für ihn als Staatsangehörigen der Republik Kroatien, die zum 01. Juli 2013 der Europäischen Union (EU) beigetreten ist, nur für die Zeit vom 01. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2015 eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bestand (vgl nur BSG, Urteil vom 27. März 2020 – B 10 EG 5/18 R, juris RdNr 19) und ihm damit der deutsche Arbeitsmarkt im streitigen Zeitraum uneingeschränkt zugänglich war (§ 8 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGB II) und von seiner Erwerbsfähigkeit im gesundheitlichen Sinne (§ 8 Abs 1 SGB II), soweit – wie hier – kein Feststellungsverfahren eingeleitet worden ist, wegen der in § 44a Abs 1 Satz 7 SGB II statuierten ʺNahtlosigkeitsregelung“ bereits aus rechtlichen Gründen auszugehen war (stRspr BSG, vgl zuletzt Urteil vom 05. August 2015 - B 4 AS 9/15 R, juris RdNr 14 mwN). Schließlich war er während des streitigen Zeitraums auch hilfebedürftig (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 SGB II), weil er nicht über seinen Bedarf deckendes zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen verfügte.

 

Der Kläger ist im streitigen Zeitraum nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 a und b SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Hiernach sind "ausgenommen" - erhalten also keine Leistungen nach dem SGB II – Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Die Voraussetzungen der Ausschlussnorm des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 a und b SGB II liegen beim Kläger vor, denn er hat im streitigen Zeitraum allenfalls ein materielles Aufenthaltsrecht, das sich aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (§ 2 Abs 1 iVm Abs 2 Nr 1a des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern <Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU>). Auf eine anderes materielles Aufenthaltsrecht als ein solches zum Zweck der Arbeitsuche, das den Leistungsausschluss entfallen lässt, konnte sich der Kläger im streitigen Zeitraum nicht berufen.

 

Von den materiellen Freizügigkeitsberechtigungen zu unterscheiden ist die generelle Freizügigkeitsvermutung für Unionsbürger, für deren rechtmäßige Einreise nach Deutschland ein gültiger Pass genügt (§ 2 Abs 5 FreizügG/EU. Aufgrund der generellen Freizügigkeitsvermutung muss der Aufenthalt eines Unionsbürgers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige Ausländerbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 Abs 4 FreizügG/EU bzw der Missbrauchstatbestände in § 2 Abs 7 FreizügG/EU festgestellt und damit nach § 7 Abs 1 FreizügG/EU die sofortige Ausreisepflicht begründet hat (BSG, Urteile vom 03. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R, juris RdNr 34 und vom 16. Dezember 2015 - B 14 AS 15/14 R, juris RdNr 21). Diese generelle Freizügigkeitsvermutung allein eröffnet indes weder einen Zugang zu Leistungen nach dem SGB II noch steht sie dem Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II entgegen (vgl nur BSG, Urteil vom 21. März 2019 – B 14 AS 31/18 R, juris RdNr 17 mwN).

 

Der Kläger war im streitigen Zeitraum mangels dahingehender Aktivitäten weder als Arbeitnehmer (§ 2 Abs 1 iVm Abs 2 Nr 1 Alt 1 FreizügG/EU) noch als niedergelassener selbständiger Erwerbstätiger (§ 2 Abs 1 iVm 2 Nr 2 FreizügG/EU) materiell freizügigkeitsberechtigt. Da er auch vor dem streitigen Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland keine entsprechenden Aktivitäten entfaltete hatte, kann er sich auch nicht auf eine entsprechende nachwirkende Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer oder Selbständiger (§ 2 Abs 3 FreizügG/EU) berufen.

 

Aufgrund seiner Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II scheidet im streitigen Zeitraum auch eine Freizügigkeitsberechtigung als nicht Erwerbstätiger nach § 2 Abs 2 Nr 5, § 4 FreizügG/EU aus.

 

Ebenso wenig lagen im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen für eine Freizügigkeitsberechtigung als Familienangehöriger nach § 2 Abs 2 Nr 6, § 3 FreizügG/EU vor.

 

Er verfügte im streitigen Zeitraum auch nicht über ein Daueraufenthaltsrecht (§ 2 Abs 2 Nr 7, § 4a FreizügG/EU). Danach sind materiell freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger und ihre Familienangehörige, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben. Dies erfordert, dass sich der Betroffene fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes iS des § 4a Abs Satz 1 FreizügG/EU ist dabei allein ein Aufenthalt, der auf einem gemeinschaftsrechtlich begründeten Freizügigkeitsrecht beruht. Insoweit genügt es, dass sich ein Unionsbürger irgendwann über fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Nach Ablauf der fünf Jahre entsteht das Daueraufenthaltsrecht kraft Gesetzes und erlischt lediglich in den gesetzlich geregelten Fällen nach §§ 4a Abs 7, 6 Abs 1 FreizügG/EU (vgl Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Urteil vom 16. Juli 2015 – 1 C 22/14, juris RdNr 16f mwN).

Aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen kann sich der Kläger an sich vor dem Beitritt Kroatiens zur EU zum 01. Juli 2013 überhaupt noch nicht rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten haben. Zwar sind nach der Rechtsprechung des EuGH mangels anderslautender Regelungen in den Beitrittsankommen auch sogenannte Voraufenthaltszeiten berücksichtigungsfähig, sofern der Betroffene bereits vor dem jeweiligen EU-Beitritt seines Heimatlandes die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art 7 der Richtlinie 2004/38/EG  erfüllt (sogenannte "Unionsbürgerrichtlinie"), dessen Transformation in nationales Recht § 2 Abs 1 und 2 FreizügG/EU dient (vgl hierzu Tewocht in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01. Oktober 2021, RdNr 11 zu § 4a FreizügG/EU mwN). Anhaltspunkte dafür, dass dieser Sonderfall deshalb gegeben sein könnte, weil der Kläger von seinen Eltern ein derartiges Recht ableiten kann, sind nicht ersichtlich. Denn berücksichtigungsfähig sind nur Aufenthaltszeiten von Drittstaatsangehörigen, deren Herkunftsstaat später der EU beigetreten ist. Da der Vater des Klägers nach seinen Angaben Serbe war und Serbien bisher nicht der EU beigetreten ist, können Aufenthaltszeiten des nach Angaben des Klägers bereits in den 1980er Jahren verstorbenen Vaters keinen Sonderfall begründen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger über seine am 28. Februar 2017 verstorbene Mutter, seinen Angaben zufolge einer bosnischen Kroatin, einen rechtmäßigen Aufenthalt iS des § 4a FreizügG/EU ableiten kann. Denn es ist schon nicht ersichtlich, dass sie fünf Jahre als Arbeitnehmerin oder Selbständige in der Bundesrepublik Deutschland tätig war.

Der Leistungsausschluss iS des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 a und b SGB II wird auch nicht durch das Gleichbehandlungsgebot des Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) verdrängt, das in der Bundesrepublik Deutschland durch Zustimmungsgesetz vom 15. Mai 1956 (BGBl II 563) in innerstaatlich anwendbares Recht transformiert worden ist (vgl BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 23/10 R, juris). Dies gilt schon deshalb, weil die Republik Kroatien kein Unterzeichnerstaat dieses Abkommens ist, sodass der Kläger schon nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des EFA erfasst wird. Unabhängig davon, hat die Bundesrepublik Deutschland am 19. Dezember 2011 bezogen auf SGB II-Leistungen einen Vorbehalt zum EFA erklärt (Bekanntmachung vom 31. Januar 2012, BGBl II 144 idF der Bekanntmachung vom 03. April 2012, BGBl II 470, der wirksam ist, so dass dieser eine wirksame Einschränkung der Inländergleichbehandlung bewirkte (vgl BSG, Urteil vom 21. März 2019 – B 14 AS 31/18 R, juris RdNr 22).

 

Es ist auch nicht so, dass dem Kläger nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern (Aufenthaltsgesetz - AufenthG), das über die Günstigkeitsregelung des § 11 Abs 1 Satz 11 FreizügG/EU in der hier bis zum 23. November 2020 geltenden Fassung (heute § 11 Abs 14 Satz 1 FreizügG/EU) Anwendung findet und eine Ausnahme von dem in Rede stehenden Leistungsausschluss zu rechtfertigen vermag, im streitigen Zeitraum ein materielles Aufenthaltsrecht zur Seite steht. Dem Bestehen eines entsprechenden materiellen Aufenthaltsrechts steht nicht bereits entgegen, dass dem Kläger von der Ausländerbehörde kein Aufenthaltstitel erteilt worden ist. Zwar mag sein, dass im rein aufenthaltsrechtlichen Zusammenhang die Erteilung eines Aufenthaltstitels konstitutiv ist für ein Aufenthaltsrecht aufgrund der Günstigkeitsregelung iVm dem AufenthG (Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl 2020, RdNr 33 zu § 11 FreizügG/EU). Bei der Prüfung, ob ein Leistungsausschluss iS von § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II besteht, ist jedoch eine fiktive Prüfung des Aufenthaltsrechts durchzuführen. Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts aus einem anderen Grund als dem der Arbeitssuche hindert die positive Feststellung des Eingreifens des Leistungsausschlusses (BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R, juris RdNr 23; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 9/13 R, juris RdNr 15; BSG, Urteil vom 13. Juli 2017 – B 4 AS 17/16 R, juris RdNr 17; davon ausgehend auch BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 14 AS 15/14 R, juris RdNr 30f und BSG, Urteil vom 30. August 2017 – B 14 AS 31/16 R, juris RdNr 28). Entscheidend ist vielmehr, ob die Voraussetzungen für ein materielles Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG vorliegen, was indes nicht der Fall ist.

Aus dem Umstand, dass der Kläger am  23. August 2008 in seinem Geburtsort (Osijek/Kroatien) die 1973 geborene deutsche Staatsangehörige SK geheiratet hat,  kann er schon deshalb kein Recht auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27, 28 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AufenthG im streitigen Zeitraum und damit ein materielles Aufenthaltsrecht ableiten, weil diese Ehe bereits vor Beginn des streitigen Zeitraums, nämlich am 09. Juni 2016, geschieden wurde.

 

Ferner liegen für den streitigen Zeitraum nicht die Voraussetzungen für eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27, 31 AufenthG vor und damit ist auch insoweit ein materielles Aufenthaltsrecht nicht gegeben. Dies scheitert schon daran, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Nr 1 AufenthG nicht gegeben sind, mithin die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Denn die eheliche Lebensgemeinschaft hat nicht mindestens drei Jahre bestanden. Dabei kann offenbleiben, ob hierfür darauf abgestellt wird, dass ausweislich des Sitzungsprotokolls des AG Tempelhof-Kreuzberg –  Abteilung Familiensachen – vom 09. Juni 2016 der Kläger und SK übereinstimmend erklärt haben, spätestens seit Anfang 2010 endgültig voneinander getrennt gelebt zu haben, oder aber auf die Erklärung von SK vom 16. Februar 2017 im Klageverfahren S 154 AS 25143/14 vor dem SG Berlin, wonach sie schon im August/September 2009 nach Düsseldorf umgezogen sei und seither keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt habe.

 

Auch aus den in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Zeiten des Schulbesuchs – selbst wenn währenddessen ein Aufenthaltsrecht bestanden haben sollte – kann im streitigen Zeitraum ebenfalls kein materielles Aufenthaltsrecht mehr hergeleitet werden. Denn dieses wäre zumindest mit den nachfolgenden, länger als sechs Monate währenden Ausreisen bzw durch Ausweisung erloschen (vgl § 51 Abs 1 Halbs 1 Nr 7 AufenthG).

 

Schließlich stand dem Kläger im streitigen Zeitraum auch kein Recht auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG zu, die tatbestandlich voraussetzt, dass die Ausreise – also die zwangsweise Abschiebung und die freiwillige Ausreise (Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Urteil vom 10. November 2009 – 1 C 19/08, juris RdNr 12) – unverschuldet aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Dabei sind anders als bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 2 Satz 1 Alt 2 AufenthG oder § 25 Abs 3 AufenthG auch inlandsbezogene Ausreisehindernisse maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006 – 1 C 14/05, juris RdNr 17). Aus rechtlichen Gründen kann ein inlandsbezogenes Ausreisehindernis insbesondere gemäß Art 8 EMRK unter dem Aspekt des Schutzes des Privatlebens vorliegen, wenn dieses nur noch im Bundesgebiet gelebt werden kann (sogenannter faktischer Inländerstatus). Das Recht auf Schutz des Privatlebens iS des Art 8 EMRK umfasst den Schutz aller persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen – bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts eine wachsende Bedeutung zukommt (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2009 – 1 C 40/07, juris RdNr 18ff). Zur Feststellung, ob ein durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiertes Privatleben nur noch in der Bundesrepublik Deutschland geführt werden kann, bedarf es einer gewichtenden Gesamtbewertung sämtlicher Lebensumstände. Hierfür kommt es einerseits auf die Integration des Ausländers in Deutschland, andererseits die Möglichkeit zur (Re-)Integration im Staat der Staatsangehörigkeit an (vgl Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 29. Januar 2020 – 2 BvR 690/19, juris RdNr 20f). Diesem Prüfprogramm wurde das SG gerecht, das mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs 2 SGG), die Herleitung eines Aufenthaltsrechts aus Art 8 EMRK abgelehnt hat.  Aus den vom SG dargelegten Umständen ist es nämlich nicht so, dass beim Kläger im streitigen Zeitraum von einer „gelungen“ privaten, sozialen und wirtschaftlichen Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse auszugehen war, so dass ihm ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit (Kroatien), dessen Sprache er spricht, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden konnte.

 

Der Leistungsausschluss ist auch mit den grundrechtlichen Positionen des Klägers, insbesondere mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminiums aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 Grundgesetz (GG) vereinbar. Der Gesetzgeber hat mit dem Regelungsregime des § 7 Abs 2 Satz 2 Nr 2 a und b SGB II in der seit dem 29. Dezember 2016 geltenden Fassung – in Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG (vgl Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch SozialgesetzbuchBT-Drucks 18/10211, S 15) – verfassungskonform die Nachrangigkeit des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber desjenigen des Herkunftslandes ausgestaltet. Es ist daher mit dem GG vereinbar, Personen, denen die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland möglich und zumutbar ist, von existenzsichernden Leistungen auszuschließen (BSG, Urteil vom 29. März 2022 – B 4 AS 2/21 R, juris RdNr 34ff; anschließend etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07. April 2022 – L 18 AS 312/22 B ER, juris RdNr 12). So hat auch das BVerfG in seiner Entscheidung zu den Sonderbedarfsstufen im Asylbewerberleistungsgesetz ausgeführt, dass der Gesetzgeber den Bezug existenzsichernder Leistungen grundsätzlich an die Erfüllung der Obliegenheit knüpfen kann, tatsächlich eröffnete, hierfür geeignete, erforderliche und zumutbare Möglichkeiten zu ergreifen, die Bedürftigkeit unmittelbar zu vermeiden oder zu vermindern (BVerfG, Urteil vom 19. Oktober 2022 – 1 BvL 3/21 R, juris RdNr 75). Dementsprechend darf der Gesetzgeber Unionsbürger grds darauf verweisen, die Inanspruchnahme von Existenzsicherungsleistungen im Inland durch die Rückkehr ins Heimatland zu vermeiden (vgl hierzu BSG, Urteil vom 29. März 2022 – B 4 AS 2/21 R, juris RdNr 38ff).

 

Der Ausschluss existenzsichernder Leistungen ist auch mit dem Recht der EU vereinbar ist, wenn der betroffenen Person die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland möglich und zumutbar ist (BSG, aaO, RdNr 45f). Insbesondere folgen aus der Europäischen Grundrechtscharta keine weitergehenden Ansprüche als aus Art 1 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG (BSG, aaO, RdNr 46).

 

Im streitigen Zeitraum greift auch nicht zu Gunsten des Klägers die Rückausnahme des § 7 Abs 1 Satz 4 Halbsatz 1 SGB II ein. Nach dieser Norm erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen abweichend von § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben und der Verlust des Rechts auf Aufenthalt nach § 2 Abs 1 FreizügG/EU nicht festgestellt wurde. Dies setzt einen ununterbrochenen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet voraus. Lediglich unwesentliche Unterbrechungen des Aufenthaltes - zum Beispiel ein kurzer Heimatbesuch - sind unschädlich (Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, BT-Drucks 18/10211, S 14; Becker in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl 2021, RdNr 54 zu § 7; Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand der Einzelbearbeitung: 19. November 2021, RdNr 163 zu § 7). Die Frist beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde (§ 7 Abs 1 Satz 5 SGB II). Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet (§ 7 Abs 1 Satz 6 SGB II).

 

Nicht entscheidungserheblich ist, ob der durchgehende fünfjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit Rücksicht auf den Regelungszweck des § 7 Abs 1 Satz 5 SGB II, der darin gesehen wird, dass der Betroffene mit der Meldung seine Verbindung zu Deutschland dokumentiere, die Voraussetzung für eine Aufenthaltsverfestigung sei (BT-Drucks 18/10211, S 14 zu Art 2 Nr 2 <§ 7 SGB II>), nur durch entsprechende Meldezeiten bei der Meldebehörde nachgewiesen werden kann, oder ob die Rückausnahme  dahingehend teleologisch zu reduzieren ist, dass auf die Meldung bei der Meldebehörde verzichtet werden kann, wenn der durchgehende fünfjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland anderweitig nachgewiesen wird (ausführlich dazu: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Mai 2020 – L 18 AS 1812/19, juris RdNr 20; vgl zum Meinungsstand: Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand der Einzelbearbeitung: 19. November 2021, RdNr 165f zu § 7). In dem einen wie in dem anderen Fall liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung bis zum Ende des hier streitigen Zeitraums (April 2018) nicht vor.

 

In dem zuerst genannten Fall ist der Nachweis nicht erbracht, weil der Kläger in der Zeit vom 28. Mai 2008 (unbeschadet seiner bereits am 25. Mai 2008 erfolgten Ausreise nach Kroatien) bis zum 23. September 2013 in der Bundesrepublik Deutschland nicht gemeldet war; die Fünf-Jahres-Frist begann erst ab Meldung bei der Meldebehörde am 24. September 2013 erneut zu laufen (BT-Drucks 18/10211, S 14 zu Art 2 Nr 2 <§ 7 SGB II>).

 

In dem zuletzt genannten Fall ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) nicht (iS des erforderlichen Vollbeweises) davon überzeugt, dass sich der Kläger innerhalb des Zeitraums von September 2008 (Monat der Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland) bis April 2018 (Ende des hier streitigen Zeitraums) mindestens fünf Jahre durchgehend gewöhnlich in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, was letztlich nach den allgemeinen Regeln zur Beweislastverteilung, wonach die Nichterweislichkeit einer Tatsache im Zweifel denjenigen Beteiligten belastet, der aus ihr eine günstige Rechtsfolge herleiten will, zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Klägers geht.

 

Der Nachweis iS eines Vollbeweises ist dabei nur erbracht, wenn die behauptete Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn für das Vorliegen der rentenerheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben (vgl hierzu schon BSG, Urteil vom 28. November 1957 – 4 RJ 186/56, juris RdNr 11).

 

Hieran gemessen kann es zur Überzeugung des Senats nicht als erwiesen angesehen werden, dass sich der Kläger innerhalb des Zeitraums von September 2008 bis April 2018 mindestens fünf Jahre durchgehend gewöhnlich in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, insbesondere auch nicht in der Zeit von Januar 2009 bis März 2014. Letzteres kann nicht allein durch die Erklärung des Motz eV vom 15. Mai 2014 als erwiesen erachtet werden. Zwar kann dann, wenn der Klägers im Zeitraum von Januar 2009 bis März 2014 tatsächlich einmal wöchentlich die Obdachlosenzeitung „Die Motz“ gekauft hat, geschlussfolgert werden, dass er in diesem bezeichneten Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Aber es kann schon nicht als erwiesen angesehen werden, dass der Kläger in dem bezeichneten Zeitraum die bezeichnete Zeitung einmal wöchentlich gekauft hat. Unabhängig davon, ob es dem Senat trotz der Unkenntnis seines Nachnamens überhaupt möglich gewesen wäre, den Aussteller dieser Erklärung als Zeugen über deren Inhalt zu vernehmen, sah er sich hierzu jedenfalls nicht gedrängt. Da der Aussteller dieser Erklärung bloßer Zeuge vom Hörensagen sein kann, weil er deren Inhalt nicht aufgrund eigener Wahrnehmung festgestellt hat, sondern, wenn überhaupt, aufgrund der Angaben des nicht näher bekannten „Mischa“, könnte es der Senat selbst dann nicht bei der Vernehmung des Ausstellers der Erklärung bewenden lassen, wenn er den Inhalt seiner Erklärung vom 15. Mai 2014 bestätigt und der Senat diese Angaben für glaubhaft und den Zeugen für glaubwürdig erachten würde. Vielmehr bedürfte es jedenfalls auch einer Vernehmung von „Mischa“ als direkten Zeugen, um es iS des erforderlichen Vollbeweises als nachgewiesen anzusehen, dass der Kläger in dem bezeichneten Zeitraum die bezeichnete Zeitung einmal wöchentlich gekauft hat. Denn der Beweiswert einer Zeugenaussage vom Hörensagen ist geringer als der eines Zeugen, der aus eigener Kenntnis zu der Beweisfrage aussagen kann. Da der Senat aber weder den Nachnamen von „Mischa“ noch seine ladungsfähige Anschrift kannte und er auch keine Möglichkeit gesehen hat, diese zu ermitteln, schied die Vernehmung von „Mischa“ als Zeugen aus.

 

2. Auch dem Hilfsantrag des Klägers gegen den Beigeladenen war für den jetzt noch streitigen Zeitraum nicht stattzugeben.

 

Ein Anspruch auf Sozialhilfe iS des § 23 Abs 1 SGB XII in der hier anzuwendenden, in der vom 29. Dezember 2016 bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe nach SGB XII vom 22. Dezember 2016  (BGBl I 3155; nachfolgend ohne Zusatz)scheidet für den gesamten streitigen Zeitraum aus, weil dem § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB XII entgegen steht, wonach Ausländer keine Leistungen nach Abs 1 oder nach dem Vierten Kapitel erhalten, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dieser Leistungsausschluss erfasst auch die in § 23 Abs 1 Satz 3 SGB XII geregelte Sozialhilfe als Ermessensleistung (zur alten Rechtslage vgl nur BSG, Urteil vom 21. März 2019 – B 14 AS 31/18 R, juris). Dieser Ausschluss ist aus denselben Gründen wie der Ausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II weder aus verfassungsrechtlichen noch aus europarechtlichen Gründen zu beanstanden. Auch die Rückausnahme nach § 23 Abs 3 Satz 7 SGB XII greift aus denselben Gründen nicht zu Gunsten des Klägers ein wie die Ausnahmeregelung nach § 7 Abs 1 Satz 4 Halbsatz 1 SGB II.

 

Ebenso wenig kann er für den streitigen Zeitraum Sozialhilfe in Form von Überbrückungsleistungen iS des § 23 Abs 3 Satz 3, 5 SGB XII bzw des § 23 Abs 3 Satz 6 Halbs 2 SGB XII beanspruchen.

 

Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei einem Anspruch auf Überbrückungsleistungen um ein Aliud gegenüber den allgemeinen Sozialhilfeleistungen oder nur um ein Minus handelt, was der Fall wäre, wenn es sich bei den Überbrückungsleistungen auch um Leistungen der Sozialhilfe handeln würde (vgl Terminbericht Nr 27/23 des BSG vom 14. Juli 2023 zu B 8 SO 11/22 R).

 

Gemäß § 23 Abs 3 Satz 3 Halbs 1 SGB XII werden hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 3 (§ 23 Abs 3 Satz 3 Halbs 2 SGB XII). Gemäß § 23 Abs 3 Satz 5 SGB XII umfassen die Überbrückungsleistungen (1.) Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, (2.) Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe, einschließlich der Bedarfe nach § 35 Abs 4 und § 30 Abs 7 SGB XII, (3.) die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und (4.) Leistungen nach § 50 Nr 1 bis 3 SGB XII (Hilfen bei Schwangerschaft und Mutterschaft).

 

Der Kläger war zwar in dem streitigen Zeitraum nach § 19 Abs 1, § 27 Abs 1 SGB XII hilfebedürftig, denn er konnte  in diesem Zeitraum seinen sozialhilferechtlichen Bedarf weder mit zu berücksichtigendem Einkommen (§§ 82ff SGB XII) noch über anrechenbares Vermögen (§§ 90ff SGB XII) beseitigen, weil er über beides während dieses Zeitraums nicht verfügte. Für die nach § 18 Abs 1 Satz 1 SGB XII (Kenntnisgrundsatz) erforderliche Kenntnis des Beigeladenen kommt es auf die ihm zuzurechnende Kenntnis des Beklagten an (stRspr, vgl nur BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr 39 und Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 14 AS 15/14 R, juris RdNr 37). Diese dem Beigeladenen zuzurechnende Kenntnis ist dem Beklagten durch den Antrag der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II vom 08. September 2017 vermittelt worden. Dass das SGB XII im Anwendungsbereich des Kenntnisgrundsatzes – anders als § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II und anders auch als § 44 Abs 2 Satz 1 SGB XII für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – eine Antragsrückwirkung auf den Monatsersten nicht kennt (BSG, Urteil vom 12. September 2018 - B 14 AS 18/17 R, juris RdNr 35), so dass nach dem SGB XII zu gewährende Leistungen frühestens am 08. September 2017 einsetzen könnten, ist im vorliegenden Fall ohne Relevanz. Denn streitig sind ohnehin nur Leistungen ab November 2017. Auch hat der Kläger noch keine Überbrückungsleistungen bezogen. Selbst wenn für den Anspruch auf Überbrückungsleistungen ein zusätzliches subjektives Moment iS eines Ausreisewillens oder einer Ausreisebereitschaft – beides lag beim Kläger im streitigen Zeitraum nicht vor - nicht erforderlich sein sollte (vgl Terminbericht Nr 27/23 des BSG vom 14. Juli 2023 zu B 8 SO 11/22 R; vgl auch Siefert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, Stand der Einzelbearbeitung: 05. Dezember 2022, RdNr 109 zu § 23, vgl auch BT-Drucks 19/26032 S 61 zu Nr 352 sowie Schreiben des Staatssekretärs im BMAS Dr Schmachtenberg vom 26. Juli 2018 an den eV Ärzte der Welt), scheitert ein Anspruch auf Überbrückungsleistungen iS des § 23 Abs 3 Satz 3, 5 SGB XII aber daran, dass der Zeitraum, für den der Kläger solche Leistungen hätte beanspruchen können, bereits weit vor dem Beginn des streitigen Zeitraums abgelaufen war. Wenn überhaupt, hätte er solche Leistungen nach Auffassung des Senats nämlich nur im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Einführung dieser Leistungen zum 29. Dezember 2016 beanspruchen können, mithin ab Ende Dezember 2016 bzw ab Januar 2017. Da seither bis zum Ende des hier streitigen Zeitraums (April 2018) jedenfalls noch keine zwei Jahre verstrichen sind, kann der Kläger diese Überbrückungsleistungen in dem hier streitigen Zeitraum auch keinesfalls für einen Monat beanspruchen.

 

Der Kläger hat im streitigen Zeitraum auch keinen Anspruch  auf Überbrückungsleistungen iS des § 23 Abs 3 Satz 6 Halbsatz 2 SGB XII. Danach sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist.

 

Der Begriff der "besonderen Härte" macht deutlich, dass nur ganz außergewöhnliche individuelle Situationen, etwa schwere, dauerhafte, eine Reiseunfähigkeit begründende Erkrankungen eine Leistungsgewährung rechtfertigen können (vgl BT-Drs 18/10211, S 17 zu Art 2 Nr 1 <§ 23 Abs 3 SGB XII>: "amtsärztlich festgestellte Reiseunfähigkeit"; in der Regel dürfte jedoch auch ein aussagekräftiges fachärztliches Attest ausreichen; vgl auch Siefert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, Stand der Einzelbearbeitung: 05. Dezember 2022, RdNr 106 zu § 23).

 

Einen solchen Härtefall sieht der Senat nicht als gegeben an, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine entsprechende, die Reiseunfähigkeit begründende Erkrankung beim Kläger im streitigen Zeitraum vorlag. Eine solche wurde auch von ihm nicht geltend gemacht.

 

Soweit vertreten wird, die Härtefallregelungen des § 23 Abs 3 Satz 6 Halbsatz 2 SGB XII müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen dahingehend ausgelegt werden, dass allein der Aufenthalt im Bundesgebiet einen Härtefall begründet bzw dass die Voraussetzungen der Härtefallregelungen bereits dann vorliegen, wenn der betroffene Unionsbürger die Vermutung eines Freizügigkeitsrechts für sich in Anspruch nehmen kann und die Ausländerbehörde aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht ergriffen hat, sein Aufenthalt also faktisch geduldet wird (so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juli 2019 – L 15 SO 181/18, juris RdNr 63; Siefert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, Stand der Einzelbearbeitung: 22. Dezember 2020, RdNr 108 zu § 23), folgt der Senat dem nicht. Denn Auslegungsgrenze ist der Wortlaut. Dies gilt auch dann, wenn die Norm ohne ein über den Wortlaut hinausgehende Auslegung verfassungswidrig sein sollte (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 1 BvR 2142/11, juris RdNr 86). Hiermit ist es grundsätzlich unvereinbar, ein dem Normtext nach zu beachtendes Tatbestandsmerkmal zu übergehen. Abweichendes gilt lediglich dann, wenn beispielsweise der gesetzgeberische Wille und der Gesetzeszweck im Wortlaut unzureichend Ausdruck gefunden haben (BVerfG, aaO, RdNr 93). Hierfür – oder für eine vergleichbare Konstellation – ist nichts ersichtlich. Vielmehr heißt es in der Gesetzesbegründung ausdrücklich, dass kein dauerhafter Leistungsbezug ermöglicht werden soll (BT-Drucks 18/10211 Seite 17 zu Art 2 Nr 1 <§ 23 Abs 3 SGB XII>).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)

Rechtskraft
Aus
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