S 38 KA 531/22

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 531/22
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Sinn und Zweck der Abrechnungsbestimmungen, insbesondere der von der KVB festgesetzten Abrechnungsfristen (§ 3 Abs. 1 S. 1) und des Abrechnungsausschlusses (§ 3 Abs. 4) besteht darin, die Vertragsärztinnen/Vertragsärzte anzuhalten, zügig und zeitnah die Abrechnungen vorzunehmen, damit die Honorierung der in einem Quartal erbrachten Leistungen möglichst aus dem für dieses Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumen der Krankenkassen möglich ist. Eine späte Abrechnung bedingt einen höheren Verwaltungsaufwand und damit einhergehende zusätzliche Kosten, die letztendlich zulasten aller Vertragsärzte gehen. Würde es zugelassen, dass Abrechnungen im Belieben der Vertragsärzte ohne Fristen und Ausschluss eingereicht werden könnten, hätte dies nicht zu vertretende Auswirkungen auf das Abrechnungssystem insgesamt, aber auch auf die von den Krankenkassen zu leistende Gesamtvergütung (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2005, Az: B 6 KA 19/04 R; BSG, Urteil vom 29.08.2007, Az B 6 KA 29/06 R; Bayerische Landessozialgericht, Urteil vom 08.07.2018, Az L 12 KA 24/16).

2. Die Regelung in § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen ist verfassungsgemäß (Art. 12 GG; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) und führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Bestimmung.

3. Bei Fehlen der Abrechnungssammelerklärung besteht kein Honoraranspruch.

4. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X ist unzulässig, da sie dem Zweck der Frist in § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen zuwiderlaufen würde (Schütze, Kommentar zum SGB X, 9. Aufl., Rn. 10 zu § 27).


I. Die Klage wird abgewiesen.


II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.


T a t b e s t a n d :

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage richtet sich gegen den Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2022. Dem Kläger, der Facharzt für Allgemeinmedizin ist, wurde die Abrechnung aus dem Quartal 2/21 nicht vergütet. Die Beklagte berief sich dabei auf § 3 Abs. 4 S. 1 der Abrechnungsbestimmungen der KVB. Danach sei eine Einreichung der Abrechnung nur bis zum Ablauf von neun Monaten, vom Ende des Quartals an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden sind, möglich. Spätere Abrechnungen seien ausgeschlossen. Für das Quartal 2/21 sei damit der späteste Zeitpunkt der Abrechnung der 31.03.2022. Zwar sei das Datum 31.03.2022, 17:27 Uhr im Abrechnungsportal eingetragen. Dieses Datum gehe aber auf die Dateibezeichnung in der Kopfzeile "Hauptabrechnung" zurück, bilde jedoch nicht den Einreichungstermin ab. Vielmehr sei die Abrechnung am 01.04.2022 um 19:32 Uhr über das KVB-Mitgliederportal "Meine KVB" eingereicht worden. Der Kläger habe hierüber eine Empfangsbestätigung erhalten. Eine solche mit dem Datum 31.03.2022 existiere dagegen nicht. Der Abrechnungsausschluss sei nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte (vgl LSG Bayern, Urteil vom 08.07.2018, Az L 12 KA 24/16) rechtens.
Dagegen ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht München einlegen. Diese führte aus, der Kläger habe alles Notwendige getan. Im Übrigen sei die Ehefrau des Klägers bei der Versendung am 31.03.2022 anwesend gewesen. Es könne sich allenfalls um ein technisches Problem handeln, das der Kläger aber nicht zu vertreten habe. Insofern sei der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides als rechtswidrig anzusehen. Die Abrechnungsbestimmungen in § 3 sprächen eindeutig von "Einreichung". Die Einreichung sei digital über das Internet am 31.03.2022 erfolgt. Es komme somit nicht darauf an, ob seitens der Beklagten der Eingang erst zu einem späteren Zeitpunkt bestätigt werde, da der Abrechnungsbestimmungen auf das Einreichen abstellten. Warum es zu der zeitlichen Diskrepanz 31.03.2022 und 01.04.2022 gekommen sei, sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei auch eine Fristverlängerung auf Antrag möglich. Abgesehen davon handle es sich um einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechtsposition des Arztes. Indem der Kläger für seine im Quartal 2/21 erbrachten Leistungen kein Honorar erhalte, liege ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz vor.
In ihrer Klageerwiderung wies die Beklagte darauf hin, nach erfolgter Einreichung werde umgehend eine elektronische Empfangsbestätigung versendet. Sollte die Datei nicht erfolgreich hochgeladen werden können, gebe es eine Fehlernachricht über das System. Die Auswertung der Datei habe zum Ergebnis geführt, dass ausschließlich für den 01.04.2022 um 19:32 Uhr ein Abrechnungseingang zu bestätigen sei. Andere Abrechnungsvorgänge lägen nicht vor. Das Datum vom 31.03.2022 17:27 Uhr beziehe sich auf das Erstellungsdatum. Die Beklagte berief sich nochmals auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (aaO) und zitierte daraus unter anderem wie folgt:
"Im Beschluss vom 29.08.2007 (Anmerkung: Datum bezieht sich auf eine Entscheidung des BSG unter dem Aktenzeichen B 6 KA 48/06 B) wurde darauf hingewiesen, dass ein endgültiger Honorarausschluss nicht nur bei geringen wirtschaftlichen Auswirkungen, sondern bei ausreichend langen Fristen trotz im Einzelfall möglicherweise gravierender Folgen als noch verhältnismäßig zu bewerten ist. Die von der Klägerseite vertretene Auffassung, dass ein Verlust von mehr als 50 % des Honorars aufgrund von Abrechnungsregelungen stets unverhältnismäßig sei, ist der Rechtsprechung des BSG nicht zu entnehmen. Die im Honorarvertrag 2011 und in Abrechnungsbestimmungen vorgesehene Frist von neun Monaten, vom Ende des Quartals an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden sind, stellt auch in Anbetracht des damit verbundenen vollständigen Honorarverlusts keine unverhältnismäßig kurze Frist dar..." Außerdem wies die Beklagte darauf hin, dass für den streitigen Zeitraum auch keine Abrechnungssammelerklärung vorliege. Deshalb bestehe auch aus diesem Grund kein Honoraranspruch, selbst wenn man von einem Abrechnungseingang mit Datum 31.03.2022 ausgehen würde. Es wäre die Sammelerklärung für das Quartal 1/22 notwendig gewesen.
Hierzu führte die Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, der Kläger habe die Originalsammelerklärung um ca. 9:00 Uhr am 01.04.2022 versendet, eine weitere um 16:00 Uhr.
In der mündlichen Verhandlung am 08.11.2023 erläuterte die anwesende Produktmanagerin des Portals die Abrechnungsvorgänge. Danach werde nach erfolgreicher Abrechnung umgehend eine elektronische Empfangsbestätigung an die/den einreichende/n Vertragsärztin/Vertragsarzt versendet. Sollte die Abrechnungsdatei nicht erfolgreich hochgeladen werden können, erfolge eine Fehlernachricht über das System an die Vertragsärztin/den Vertragsarzt. In dem Zusammenhang übergab die Vertreterin der Beklagten dem Gericht eine Admin-Einreichungsübersicht für BSNR (= Betriebsstättennummer des Klägers). Die Einreichungsübersicht enthält eine Uhrzeitangabe. Eine entsprechende Übersicht ohne Uhrzeitangabe erhalte auch die Vertragsärztin/der Vertragsarzt. Ferner wurde dem Gericht eine Kurzzusammenfassung über die notwendigen Einreichungsschritte zu "Meine KVB" übergeben.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte in der mündlichen Verhandlung, die Ehefrau des Klägers als Zeugin zur Frage einzuvernehmen, wann die Abrechnung für das Quartal 2/21 bei der Beklagten eingereicht wurde. Hilfsweise wurden die Anträge aus dem Schriftsatz vom 14.11.2022 gestellt.
Die Vertreterin der Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschrift vom 08.11.2023 verwiesen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zum Sozialgericht München eingelegte kombinierte Anfechtungs-und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind als rechtmäßig anzusehen.
Die Beklagte hat zu Recht für das Quartal 2/21 kein Honorar an den Kläger ausgekehrt. Denn der Kläger hat die Abrechnung verspätet vorgenommen. Maßgeblich sind die Abrechnungsbestimmungen der KVB, gültig ab 01.04.2005 in der Fassung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 10.03.2018. Nach § 3 Abs. 1 der Abrechnungsbestimmungen sind die Abrechnungen innerhalb der von der KVB festgesetzten Fristen einzureichen. Der Kläger hat diese Frist nicht eingehalten. Ein Antrag auf Fristverlängerung wurde nicht gestellt. Dieser wäre auch nach § 3 Abs. 1 S. 2 vor Fristablauf zu stellen gewesen und hätte begründet werden müssen. Die Abrechnungsbestimmungen sehen in § 3 Abs. 4 darüber hinaus vor, dass die Abrechnung von Behandlungsfällen nach Ablauf von neun Monaten, vom Ende des Quartals an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden sind, ausgeschlossen ist. Es handelt sich hierbei um eine Ausschlussfrist. Wie das Bundessozialgericht (BSG, Urteile vom 22.06.2005 (Az: B 6 KA 19/04 R) und 29.08.2007 (Az B 6 KA 29/06 R)) und das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG, Urteil vom 08.07.2018, Az L 12 KA 24/16) unter Hinweis auf die vorgenannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausgeführt haben, besteht der Sinn und Zweck der Abrechnungsbestimmungen, insbesondere der von der KVB festgesetzten Abrechnungsfristen (§ 3 Abs. 1 S. 1) und des Abrechnungsausschlusses (§ 3 Abs. 4) darin, die Vertragsärztinnen/Vertragsärzte anzuhalten, zügig und zeitnah die Abrechnungen vorzunehmen, damit die Honorierung der in einem Quartal erbrachten Leistungen möglichst aus dem für dieses Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumen der Krankenkassen möglich ist. Eine späte Abrechnung bedingt außerdem einen höheren Verwaltungsaufwand und damit einhergehende zusätzliche Kosten, die letztendlich zulasten aller Vertragsärzte gehen. Würde es zugelassen, dass Abrechnungen im Belieben der Vertragsärzte ohne Fristen und Ausschluss eingereicht werden könnten, hätte dies nicht zu vertretende Auswirkungen auf das Abrechnungssystem insgesamt, aber auch auf die von den Krankenkassen zu leistende Gesamtvergütung. Deshalb muss eine späte Abrechnung nach der von der KVB gesetzten Frist einen Ausnahmefall darstellen. Die Abrechnungsbestimmungen gehören als autonomes Recht zum Aufgabengebiet der Beklagten (§ 87b SGB V), woraus auch eine Rechtsetzungsbefugnis abzuleiten ist (vgl Hessisches LSG, Urteil vom 16.02.2022, Az L 4 KA 59/19; SG München, Urteil vom 04.10.2023, Az S 43 KA 412/22).
Folglich sind die Abrechnungsbestimmungen als solche rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für den Abrechnungsausschluss nach § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen.
Wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt hat, wäre die Abrechnung für das Quartal 2/21 unter Beachtung der Ausschussbestimmung nach § 3 Abs. 4 spätestens am 31.03.2022 23.59 Uhr einzureichen gewesen. Für das Gericht steht fest, dass hier die Einreichung der Abrechnung verspätet, nämlich erst am 01.04.2022 um 19:32 Uhr über das KVB-Mitgliederportal "Meine KVB" für die BSNR 648028000, wenn auch lediglich wenige Stunden zu spät, erfolgte.
Der Abrechnungsvorgang besteht aus mehreren Schritten. Vom Vertragsarzt wird praxisintern eine Datei erstellt, die dann auf dem Praxisrechner gespeichert und anschließend auf dem Portal "Meine KVB" (KV-interner Bereich) hochgeladen wird. Eine erfolgreiche Einreichung bei der Beklagten wird umgehend (allenfalls wenige Minuten) durch eine E-Mail bestätigt mit Namensangabe, Abrechnungsquartal und Einreichungsdatum (Übersicht über die Einreichung). Treten Probleme beim "Hochladen" auf, erfolgt eine Fehlernachricht über das System an den Vertragsarzt. Diesen Abrechnungsvorgang hat die Beklagte im Rahmen des streitgegenständlichen Verfahrens schriftsätzlich dargestellt, nochmals präzisiert durch die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung am 08.11.2023 anwesenden Produktmanagerin. Außerdem ergeben sich die einzelnen Abrechnungsschritte auch anschaulich aus der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Kurzzusammenfassung zu "Meine KVB".
Es kann als unwahrscheinlich angesehen werden, dass beim Hochladen ein Fehler auftrat, da der Kläger in diesem Fall eine Fehlernachricht erhalten hätte. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kläger, sollte er trotzdem eine Fehlernachricht erhalten haben, diese ignoriert hat und es erst am Folgetag, nämlich am 01.04.2022 zu einer erneuten Einreichung bzw. es am 01.04.2022 zu einer erstmaligen Einreichung der Abrechnung kam. Dafür spricht auch die Admin- Einreichungsübersicht, in der als Datum der "Einreichung" der 01.04.2022, 19:32 Uhr eingetragen ist. Eine entsprechende Übersicht musste auch der Kläger erhalten haben. Die Datumsangabe 31.03.22, 17:27 Uhr bezieht sich lediglich auf den Zeitpunkt der Erstellung der Datei, welche sich vom Zeitpunkt der Einreichung - nur dieser ist für die rechtzeitige Einreichung im Sinne von § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen maßgeblich- unterscheiden kann. Erstellungsdatum und Einreichungsdatum können datumsmäßig (nicht uhrzeitmäßig) gleich sein, müssen dies aber nicht. Davon konnte sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung am 08.11.2023 überzeugen, wo ihm von der Beklagtenvertreterin als Beispiel eine Admin-Einreichungsübersicht, einen anderen Vertragsarzt betreffend, mit zeitlich weit auseinanderliegenden Daten überreicht wurde.
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass wegen Überschreitens der 9-Monatsfrist in § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen eine Abrechnung für das Quartal 2/21 ausgeschlossen ist.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X war nicht zu gewähren. Denn eine Wiedereinsetzung ist unzulässig, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist oder sich durch Auslegung nach dem Zweck der jeweiligen Fristbestimmung und der ihr zugrunde liegenden Interessenabwägung ergibt (Schütze, Kommentar zum SGB X, 9. Aufl., Rn. 10 zu § 27). Zwar ist dem Wortlaut von § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen nicht eindeutig zu entnehmen, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich wäre. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand würde aber jedenfalls dem Sinn und Zweck der Regelung des § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen als Ausschlussfrist, zuwiderlaufen (SG München, Urteil vom 04.10.2023, Az S 43 KA 412/22).
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte in der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Zeugeneinvernahme der Ehefrau des Klägers zur Frage, wann die Abrechnung für das Quartal 2/21 bei der Beklagten eingereicht wurde. Im Hinblick auf die Amtsermittlungspflicht des Gerichts ist dieser Antrag nach § 103 S. 2 SGG nur als Anregung zu verstehen. Der Kläger trägt die objektive Beweislast (materielle Beweislast, Feststellungslast), d. h., er muss die rechtzeitige Einreichung seiner Abrechnung für das Quartal 2/21 nachweisen. Eine Zeugenaussage seiner Ehefrau, ihren Erfolg unterstellt, vermag nach Überzeugung des Gerichts den Nachweis des genauen Einreichungsdatums, wie es sich in der Admin-Einreichungsliste wiederfindet, nicht erschüttern (Meyer-Ladewig /Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, Rn. 8 zu § 103).
Dass die Regelung in § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen beim Kläger einen vollständigen Honorarverlust für das Quartal 2/21 in Höhe von ca. 40.000-50.000 € mit sich bringt, ist auch verfassungsgemäß und führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Bestimmung. Allenfalls könnte es sich um eine Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG handeln. Diese muss verhältnismäßig, geeignet und erforderlich sein und darf den Betroffenen nicht übermäßig belasten (Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 16. Aufl., Rn. 45 zu Art. 12). In diesem Zusammenhang weist die Beklagte aber zu Recht darauf hin, das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG, Urteil vom 08.07.2018, Az L 12 KA 24/16) habe im Nachgang zu einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Beschluss vom 29.08.2007, Az B 6 KA 48/06 B) ausgeführt, dass ein endgültiger, auch vollständiger Honorarausschluss nicht nur bei geringen wirtschaftlichen Auswirkungen, sondern bei ausreichend langen Fristen trotz im Einzelfall möglicherweise gravierender Folgen als noch verhältnismäßig zu bewerten ist. Dadurch, dass den Vertragsärztinnen/Vertragsärzten ein Zeitraum von 9 Monaten nach dem Ende des Abrechnungsquartals eingeräumt wurde, die Abrechnung einzureichen, haben diese genügend Zeit, die Abrechnung ordnungsgemäß zu erstellen. Dabei sind etwa auftretende Probleme, die zu einer Verzögerung führen können (z.B. Probleme mit der Praxissoftware; Verzögerungen durch Abwesenheit/Krankheit) durch den langen Zeitraum ausreichend berücksichtigt. Insofern ist die Regelung als verhältnismäßig anzusehen.
Soweit die Beklagte ergänzend darauf aufmerksam macht, der Kläger habe keine Abrechnungssammelerklärung eingereicht - dies hätte für das Quartal 1/22 erfolgen müssen - trifft es zu, dass bei Fehlen der Abrechnungssammelerklärung ein Honoraranspruch nicht besteht. Andererseits ergibt sich aus den Abrechnungsbestimmungen nicht, dass auch die Abrechnungssammelerklärung auch in den Fristen der Abrechnungsbestimmungen einzureichen ist. Allerdings liegt es nahe, dass die Abrechnungssammelerklärung zeitnah mit der Abrechnung selbst bei der Beklagten eingereicht wird. Abgesehen davon wäre eventuell ein Hinweis der Beklagten auf das Fehlen der Abrechnungssammelerklärung angezeigt gewesen. Letztendlich kommt es aber im Hinblick auf die Versäumung der Frist in § 3 Abs. 4 der Abrechnungsbestimmungen nicht darauf an.
Aus den genannten Gründen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO.

 

 

Rechtskraft
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