L 3 AS 2391/23 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
L 3 AS 2391/23 ER-B
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2391/23 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Die Gerichte müssen in den Fällen, in denen es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums geht, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen (BVerfG, Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvR 2289/19, juris Rn. 9).
2. Andererseits ist es nach Sinn und Zweck des Eilverfahrens regelmäßig nicht Aufgabe der Gerichte, schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache vorzunehmen, da damit die Effektivität dieses Verfahrens geschwächt würde (BVerfG, Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvR 2289/19, juris Rn. 9).
3. Einer abschließenden Prüfung der Hauptsache bedarf es nicht, wenn es nach umfassender Würdigung des gesamten Sachverhalts an einem Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung fehlt, weil im konkreten Einzelfall das Existenzminimum aller Betroffenen durch tatsächlich verfügbare bereite Mittel gedeckt ist.
4. Bei der Prüfung des Anordnungsgrundes und damit der besonderen Eilbedürftigkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren können auch solche Mittel Berücksichtigung finden, deren Inanspruchnahme im Rahmen der materiellen Prüfung des Anspruchs nicht eingefordert werden kann, die den Betroffenen aber tatsächlich zur Beseitigung der Notlage zur Verfügung stehen; hier ist vielmehr entscheidend, dass auch der vom Freibetrag geschützte Betrag den Betroffenen tatsächlich zur Verfügung steht und ihnen daher ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens zumutbar ist (BVerfG, Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvR 2289/19, juris Rn. 7).

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.07.2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.


Gründe


I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Rahmen eines Eilverfahrens streitig.

Die Antragsteller zu 1 und 2 sind Gesellschafter der O1 in P1 und handeln mit Teppichen. Sie bewohnen zusammen mit ihrer 2003 geborenen Tochter, der Antragstellerin zu 3, und ihrem
2001 geborenen Sohn, dem Antragsteller zu 4, eine Wohnung in P1.

Die Antragsteller beantragten beim Antragsgegner mit dem unter dem 26.04.2023 unterschriebenen Antragsformular die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 01.04.2023. Nachdem die Antragsteller auf die Mitwirkungsaufforderung des Antragsgegners vom 15.05.2023 nicht innerhalb der zum 29.05.2023 gesetzten Frist reagiert hatten, versagte der Antragsgegner mit Bescheid vom 31.05.2023 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Die Antragsteller haben am 05.06.2023 beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe um Eilrechtsschutz nachgesucht und die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für April bis September 2023 geltend gemacht sowie am 09.06.2023 gegen den Versagungsbescheid vom 31.05.2023 Widerspruch eingelegt.

Sie haben ferner mit ihren E-Mails vom 03.06.2023, 04.06.2023, 05.06.2023 und 13.06.2023 mehrere Konten betreffende Kontoauszüge der S1kasse C1 für Januar bis Mai 2023, von Paypal für Januar bis April 2023 sowie der V2 P2 für Januar bis April 2023, Finanzübersichten der C2 zum 24.05.2022 sowie der V2 P2 zum 03.06.2023, Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen „Paypal“ für April bis Mai 2023 sowie „Bank“ für April bis Mai 2023, eine unter der Erheblichkeitsgrenze liegendes Vermögen bestätigende Erklärung, eine Mietbescheinigung, die Gewährung von Kindergeld für die Antragsteller zu 3 und 4 bewilligende Bescheide der Kindergeldkasse, eine Erklärung über eine von April bis Juli 2023 befristete Beschäftigung der Antragstellerin zu 3, eine zwischen dem Antragsteller zu 4 und dem A1 Baden-Württemberg e. V. für September 2022 bis August 2023 geschlossene F1-Beschäftigungsvereinbarung samt diesbezüglicher Bestätigungsbescheinigung, eine Verdienstabrechnung für den Antragsteller zu 4 für Februar 2023, eine Verdienstabrechnung für die Antragstellerin zu 3 für April 2023, einen Einkommenssteuerbescheid für die Antragsteller zu 1 und 2 für das Jahr 2020 und eine Anlage EKS für Mai bis September 2023 vorgelegt.

Daraufhin hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 16.06.2023 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abgelehnt. Auf Grund der nachgewiesenen Einkommensverhältnisse sei ein den Bedarf übersteigendes Einkommen festgestellt worden. Hilfebedürftigkeit liege damit nicht vor. Dem Bescheid sind Berechnungsbögen für April bis September 2023 beigefügt worden.

Hiergegen haben die Antragsteller am 03.07.2023 Widerspruch eingelegt.

Die Antragsteller haben sodann ihren Eilantrag ergänzend begründet und eine Rechnung von P3, eine Beitragsrechnung der V1, ein Schreiben eines Gerichtsvollziehers, Abrechnungen der S1kasse C1 für ein Kreditkartenkonto für April bis Mai 2023 und Zahlungsaufstellungen von A2 vorgelegt.

Der Antragsgegner ist dem Eilantrag entgegengetreten.

Das SG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 17.07.2023 den Eilantrag abgelehnt. Die Antragsteller seien nicht hilfebedürftig.

Gegen den ihnen am 20.07.2023 zugestellten Beschluss des SG Karlsruhe haben die Antragsteller am 19.08.2023 Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Die Antragsteller haben sodann einen zwischen der Antragstellerin zu 3 und dem E1 Diakonissenverein S1 befristet für April bis Juli 2023 geschlossenen Dienstvertrag samt diesbezüglicher Sozialversicherungsanmeldung, einen zwischen dem Antragsteller zu 4 und der P4 AG für die Zeit ab dem 10.06.2022 geschlossenen Arbeitsvertrag samt Anlagen sowie diesbezüglicher Bescheinigung der Minijobzentrale, Kontoauszüge der S1kasse C1 für April bis Juni 2023 und Einnahmen-Überschuss-Rechnungen für April bis Juli 2023 vorgelegt.

Der Antragsgegner hat mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2023 den Widerspruch zurückgewiesen. Darin hat er unter anderem deutlich gemacht, dass sich die getroffene Ablehnungsentscheidung auf April bis September 2023 beschränke.

Daraufhin haben die Antragsteller einen zwischen dem Antragsteller zu 4 und dem A1 Baden-Württemberg e. V. für September 2023 bis August 2024 geschlossenen Arbeitsvertrag, eine Bescheinigung über die Teilnahme der Antragstellerin zu 2 an einer Fortbildung ab dem 11.09.2023, ein Formblatt Aufstiegs-BAföG, mehrere Konten betreffende Kontoauszüge der S1kasse C1 für Juli bis September 2023 sowie der P3 vom 21.08.2023, 31.08.2023 und 29.09.2023, eine Übersicht über den Kontostand der P3 vom 02.10.2023, Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen „S1kasse“ für August 2023, „P3“ für August bis September 2023 sowie „Paypal“ für August bis September 2023, Abrechnungen der S1kasse C1 für ein Kreditkartenkonto für August bis September 2023 und einen die Gewährung von Kindergeld für den Antragsteller zu 4 ab September 2023 aufhebenden Bescheid der Kindergeldkasse vorgelegt.

Die Antragsteller haben vorgetragen, gegen den Widerspruchsbescheid am 07.10.2023 Klage zum SG Karlsruhe erhoben zu haben.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.

II.

Der nach § 172 Abs. 1 SGG statthaften sowie nach § 173 SGG form- und fristgerecht gegen den Beschluss des SG Karlsruhe vom 17.07.2023 eingelegten Beschwerde der Antragsteller ist der Erfolg zu versagen.

Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Erlass einer Regelungsanordnung.

1. Rechtsgrundlage für die von den Antragstellern begehrte gerichtliche Eilentscheidung ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, wonach einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Der Anordnungsanspruch betrifft die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, also ob der materielle Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, besteht. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Eilbedürftigkeit, also ob es bei Abwägung aller betroffenen Interessen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss also für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein, das heißt es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert. Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen (Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage, § 86b SGG, Stand: 22.02.2021, Rn. 412; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 27).

Nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen sind. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage, § 86b SGG, Stand: 22.02.2021, Rn. 383; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 42). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, das heißt der guten Möglichkeit, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 07.04.2011 – B 9 VG 15/10 B, juris Rn. 6; BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5).

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit beziehungsweise Schwere des drohenden Nachteils, also dem Anordnungsgrund, zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Auch dann kann aber nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage, § 86b SGG, Stand: 22.02.2021, Rn. 475-478; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 27).

Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden (Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage, § 86b SGG, Stand: 22.02.2021, Rn. 506-507; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 31).

Wegen des Gebots nach Art. 19 Abs. 4 GG, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, ist von diesem Grundsatz eine Abweichung nur dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht mehr gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines Verfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst, wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvR 2289/19, juris Rn. 9; BVerfG, Beschluss vom 22.11.2002 – 1 BvR 1586/02, juris Rn. 7; BVerfG, Beschluss vom 29.07.2003 – 2 BvR 311/03, juris Rn. 12; BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, juris Rn. 24-25; vergleiche dazu Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage, § 86b SGG, Stand: 22.02.2021, Rn. 513-514; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 2a). Kann vom Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden, so ist anhand einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 – 1 BvR 1335/13, juris Rn. 20).

Andererseits ist es nach Sinn und Zweck des Eilverfahrens regelmäßig nicht Aufgabe der Gerichte, schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache vorzunehmen. Denn damit würde die Effektivität dieses Verfahrens geschwächt. Der grundsätzlich summarische Charakter des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens folgt aus dem Wesen vorläufiger Rechtsschutzgewährung und steht mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht in Widerspruch (BVerfG, Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvR 2289/19, juris Rn. 9; BVerfG, Beschluss vom 27.05.1998 – 2 BvR 378/98, juris Rn. 17).

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache nicht vorgenommen werden müssen. Denn nach Würdigung des aktenkundigen Sachverhalts ist vorliegend bereits ein Anordnungsgrund für die Antragsteller zu verneinen, so dass eine Regelungsanordnung nicht zu treffen ist.

2.1 Für die von den Antragstellern für die Zeit vom 01.04.2023 bis zum 30.09.2023 begehrten Leistungen scheitert ein Anspruch auf eine Regelungsanordnung für die Zeit bis zum 04.06.2023 schon daran, dass sie erst am 05.06.2023 um Eilrechtsschutz nachgesucht haben.

Denn der Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes besteht darin, eine nur vorläufige Regelung bis zur endgültigen Hauptsacheentscheidung zu treffen. Ziel ist daher grundsätzlich der Schutz vor noch nicht verwirklichten Rechtsbeeinträchtigungen. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen, ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes. Fehlt es an einem solchen Gegenwartsbezug, kann dies nicht unbeachtet bleiben. Eine in der Vergangenheit gegebenenfalls tatsächlich eingetretene Rechtsbeeinträchtigung durch die Nichtgewährung von Leistungen kann auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht rückwirkend verhindert werden. Eine Ausnahme ist nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht. Es muss ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht werden (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt im Beschluss vom 20.01.2023 – L 3 AS 2947/22 ER-B; vergleiche Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage, § 86b SGG, Stand: 22.02.2021, Rn. 368-370.2; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 29a, 35a; Schnitzer in Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 1. Auflage, §§ 86a, 86b SGG, Stand: 01.11.2020, Rn. 74; Jüttner/Wehrhahn in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 86b Rn. 75-79). Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG kann zwar in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume gebieten, wenn andernfalls bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil der rechtsschutzsuchenden Person geschaffen worden sind, die sich durch eine – stattgebende – Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt im Beschluss vom 20.01.2023 – L 3 AS 2947/22 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.11.2011 – L 9 KR 284/11 B ER, juris Rn. 2; so im Ergebnis ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2019 – L 7 SO 2356/19 ER-B, juris Rn. 11; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2017 – L 13 AS 26/17 B ER, juris Rn. 4; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.10.2016 – L 11 KR 259/16 B ER, juris Rn. 29; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.01.2011 – L 9 KR 283/10 B ER, juris Rn. 5).

Vorliegend ist nicht ersichtlich und von den Antragstellern auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass sie dringend auf einen finanziellen Ausgleich in Form von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Vergangenheit angewiesen sind, um der Bedrohung ihrer menschenwürdigen Existenz zu begegnen. Ob der Antragsgegner verpflichtet ist, die beantragten Leistungen für die Vergangenheit nachzuzahlen, muss deshalb der Klärung in dem bereits anhängig gemachten Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

2.2 In Bezug auf die von den Antragstellern für die Zeit vom 01.04.2023 bis zum 30.09.2023 geltend gemachten Leistungen fehlt es für die Zeit ab dem am 05.06.2023 gestellten Antrag auf Eilrechtsschutz vorliegend ebenfalls an der für den Erlass einer Regelungsanordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.

Ein Anordnungsgrund besteht nicht, wenn der Antragsteller jedenfalls gegenwärtig auf eigene Mittel oder zumutbare Hilfe Dritter zurückgreifen kann (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2019 – L 7 AS 634/19 ER-B, juris Rn. 7; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 86b, Stand: 06.10.2023, Rn. 417)

Dies ist vorliegend der Fall. Es ist nicht ersichtlich, dass den Antragstellern durch die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden können. Denn die Antragsteller haben ausreichende, unmittelbar zur Verfügung stehende finanzielle Mittel, um sicherzustellen, dass sie – jedenfalls vorübergehend – ihren Lebensunterhalt sichern können. Der mit der vorübergehenden Verauslagung dieser Mittel verbundene Nachteil kann damit durch eine spätere Leistungsgewährung für den entsprechenden Zeitraum ausgeglichen werden. Die Antragsteller darauf zu verweisen, gegenwärtig auf eigene Mittel zurückzugreifen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvR 2289/19, juris Rn. 7; BVerfG, Beschluss vom 21.09.2016 – 1 BvR 1825/16, juris Rn. 4; BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 – 1 BvR 1241/16, juris Rn. 7).

2.2.1 Für die Antragsteller ist ein Gesamtbedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für April bis September 2023 – selbst wenn man die Kosten für Garage/Stellplatz (wie die Antragsteller meinen und entgegen der Auffassung des Antragsgegners, der darauf hingewiesen hat, dass die geltend gemachten Kosten für Garage/Stellplatz von den Antragstellern in den Monaten April und Mai 2023 als Ausgaben im Gewerbebetrieb verbucht worden sind, ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge eine Überweisung der hierfür angefallenen Beträge vom Geschäftskonto erfolgt ist und dies in der Vergangenheit auch so gehandhabt worden sei; diese Frage muss letztlich der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben) als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigt (siehe dazu Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 22, Stand: 06.02.2023, Rn. 64.1) – in Höhe von monatlich 2.661,00 € (Regelbedarf für die Antragsteller zu 1 und 2 jeweils 451,00 € und für die Antragsteller zu 3 und 4 jeweils 402,00 €; Kosten der Unterkunft und Heizung ausweislich der Mietbescheinigung 955,00 € [Kaltmiete 656,00 € + Kosten für Zentralheizung und Warmwasseraufbereitung 102,00 € + Betriebskosten 146,00 € + Garage/Stellplatz 51,00 €]) und mithin kopfteilig für die Antragsteller zu 1, 2, 3 und 4 jeweils 238,75 €; mithin 2 x 451,00 € + 2 x 402,00 € + 4 x 238,75 € = 2.661,00 €) zu Grunde zu legen.

Dabei ist zu beachten, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung kopfanteilig – wie oben dargelegt – auf alle vier Antragsteller umzulegen und damit – entgegen der Auffassung der Antragsteller – auch von den Antragstellern zu 3 und 4 zu decken sind, auch wenn die Miete von den Antragstellern zu 1 und zu 2 faktisch allein bezahlt wird, da sie mit den Antragstellern zu 3 und 4 in einer Haushaltsgemeinschaft leben. Dabei ist auch unerheblich, welches Haushaltsmitglied im Mietvertrag als Vertragspartner aufgeführt ist. Insoweit ist auch nicht entscheidend, dass nur die Antragsteller zu 1 und 2 Vertragspartner des Mietvertrages sind (Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 22, Stand: 06.02.2023, Rn. 88.1).

2.2.2 Dieser Gesamtbedarf in Höhe von monatlich 2.661,00 € kann durch das von den Antragstellern zu 1 und 2 erzielte Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, das von der Antragstellerin zu 3 erzielte Arbeitsentgelt beim E1 Diakonissenverein S1, den vom Antragsteller zu 4 erzielten Einkünften aus dem geleisteten Freiwilligen Sozialen Jahr sowie aus der Beschäftigung beim A1 Baden-Württemberg e. V. und dem erzielten Arbeitsentgelt bei der P4 AG und das für die Antragsteller zu 3 und 4 gewährte Kindergeld vorübergehend gedeckt werden.

a. Unter Zugrundelegung der Aktenlage haben die Antragsteller zu 1 und 2 – nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigendes – Einkommen aus ihrer selbständigen Tätigkeit in Höhe von monatlich 1.057,41 € erzielt.

Bei der Berechnung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit – bei der zu berücksichtigen ist, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Bürgergeld-V zunächst von den Betriebseinnahmen auszugehen ist, nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Bürgergeld-V Betriebseinnahmen alle erzielten Einnahmen sind, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen, und nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Bürgergeld-V von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen sind – können nicht alle von den Antragstellern in den aktenkundigen Einnahmen-Überschuss-Rechnungen für April bis Juli 2023 und Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen für August bis September 2023 gemachten Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Dies gilt nach den gut nachvollziehbaren Ausführungen des Antragsgegners nach derzeitiger Sachlage zunächst für die geltend gemachten Fahrzeugkosten. Zwar sind nach § 3 Abs. 7 Satz 1 Bürgergeld-V, wenn ein Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt wird, die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für dieses Kraftfahrzeug als betriebliche Ausgabe abzusetzen. Allerdings haben die Antragsteller bislang nicht glaubhaft gemacht, dass ihr Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt wird. Sie haben auch nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihnen geltend gemachten Kosten überhaupt betrieblich bedingt sind. Hierzu hätte es der Vorlage eines Fahrtenbuches bedurft. Ein solches ist aber nach den unbestrittenen Angaben des Antragsgegners in der Vergangenheit nicht vorgelegt worden, so dass eine Prüfung der Plausibilität der für den hier streitigen Bewilligungszeitraum geltend gemachten Fahrzeugkosten auch im Rahmen einer vorläufigen Leistungsbewilligung nicht hat erfolgen können. Mangels Fahrtenbuch ist schlicht nicht überprüfbar, ob und bejahendenfalls für welche Fahrten betriebliche Gründe ursächlich gewesen sind und sein werden. Nach derzeitiger Aktenlage können mangels Glaubhaftmachung auch die geltend gemachten Werbe- und Marketingkosten sowie Repräsentationskosten nicht berücksichtigt werden. Dasselbe gilt für die geltend gemachten Bewirtungskosten und für die geltend gemachten Gebühren und Kreditkartenabrechnungen bei der S1kasse C1, deren betriebsbedingte Notwendigkeit im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Bürgergeld-V nicht plausibel gemacht worden ist. Auch die geltend gemachte Nebenkostennachzahlung für das Familienheim hat keine Berücksichtigung finden können, da diese nach derzeitigem Sachstand in keinem inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen dürfte.

Mithin ergibt sich nach Auswertung der aktenkundigen Einnahmen-Überschuss-Rechnungen für April bis Juli 2023 und Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen für August bis September 2023 ein zu Grunde zu legendes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nach derzeitigem Sachstand für April 2023 in Höhe des erklärten Gewinns von 192,19 € zuzüglich Fahrzeugkosten von 240,60 €, Bewirtungskosten von 32,72 € und Werbe- und Marketingkosten von 266,73 € = 732,24 €, für Mai 2023 in Höhe des erklärten Gewinns von 2.206,45 € zuzüglich Fahrzeugkosten von 195,64 € + 403,64 € = 599,28 €, Repräsentationskosten von 36,13 € und Werbe- und Marketingkosten von 760,30 € = 3.602,16 €, für Juni 2023 in Höhe des erklärten Gewinns von 1.084,94 € zuzüglich Fahrzeugkosten von 351,94 € und Werbe- und Marketingkosten von 542,96 € = 1.979,84 €, für Juli 2023 in Höhe des erklärten Verlusts von = - 346,82 € zuzüglich Fahrzeugkosten von 237,44 € + 7,97 € = 245,41 € und Werbe- und Marketingkosten von 114,54 € = 13,13 €, für August 2023 in Höhe des erklärten Verlusts von - 2.219,11 € + 1.251,75 € = - 967,36 € zuzüglich Fahrzeugkosten von 10,02 € + 74,50 € + 195,64 € + 20,01 € + 12,08 € + 20,12 € + 20,01 € = 352,38 € und Kosten für Gebühren, Kreditkarten- und S1kassenabrechnungen von 4 x 4,17 € + 31,14 € = 47,82 € (nicht wie der Antragsgegner meint: 70,62 €, da er zu Unrecht auch 22,80 € für Betriebshaftpflicht nicht berücksichtigt hat) = - 567,16 € sowie für September 2023 in Höhe des erklärten Gewinns von 3.214,46 € + 2.044,07 € + 493,29 € = 5.751,82 € zuzüglich Fahrzeugkosten von 11,02 € + 30,01 € + 30,00 € + 26,90 € + 119,99 € + 35,08 € + 29,95 € + 55,14 € + 99,00 € + 30,05 € + 25,06 € + 50,08 € + 20,00 € + 30,09 € + 25,19 € = 617,56 €, Nebenkostennachzahlung für Familienheim von 224,13 € und Kosten für Gebühren, Kreditkarten- und S1kassenabrechnungen von 3 x 4,17 + 136,13 € + 162,60 € + 23,98 € = 335,22 € (nicht wie der Antragsgegner meint: 390,96 €, da er zu Unrecht auch 55,74 € für Anschlusskosten Telekom nicht berücksichtigt hat) = 6.928,73 €. Hieraus ergibt sich ein Gesamtgewinn in Höhe von 732,30 € + 3.602,16 € + 1.979,84 € + 13,13 € - 567,16 € + 6.928,73 € = 12.689,00 € und mithin – da nach § 3 Abs. 4 Satz 1 Bürgergeld-V für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen ist, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt – ein durchschnittlicher monatlicher Gewinn in Höhe von 12.689,00 € : 6 Monate = 2.114,83 €.

Zwar würde sich unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Freibeträge für April bis Juni 2023 in Höhe von 300,00 € (§ 11b Abs. 2 SGB II, § 11b Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1, 2 SGB II in der Fassung bis zum 30.06.2023) und für Juli bis September 2023 in Höhe von 348,00 € (§ 11b Abs. 2 SGB II, § 11b Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1, 2, 3 SGB II in der Fassung ab dem 01.07.2023) ein geringerer anrechenbarer monatlicher Gewinn errechnen. Allerdings gelten diese Freibeträge nicht in gleichem Maße für die Frage, ob einstweiliger Rechtsschutz beansprucht werden kann. Denn bei der Prüfung des Anordnungsgrundes und damit der besonderen Eilbedürftigkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren können auch solche Mittel Berücksichtigung finden, deren Inanspruchnahme im Rahmen der materiellen Prüfung des Anspruchs nicht eingefordert werden kann, die den Antragstellern aber tatsächlich zur Beseitigung der Notlage zur Verfügung stehen. Hier ist vielmehr entscheidend, dass auch der vom Freibetrag geschützte Betrag den Betroffenen tatsächlich zur Verfügung steht und ihnen daher ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens zumutbar ist (BVerfG, Beschluss vom 20.05.2020 – 1 BvR 2289/19 - juris Rn. 7; LSG Baden-Württemberg, zwischen den Beteiligten ergangener Beschluss vom 22.08.2020 – L 9 AS 1591/22 ER-B, nicht veröffentlicht; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2019 – L 7 AS 634/19 ER-B, juris Rn. 8; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.03.2017 – L 7 SO 420/17 ER-B, juris Rn. 9; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.10.2019 – L 7 AS 1326/19 B ER, juris Rn. 22; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.04.2019 – L 6 AS 118/19 B ER, juris Rn. 18; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.12.2017 – L 19 AS 2138/17 B ER, juris Rn. 7; LSG Sachsen, Beschluss vom 04.02.2010 – L 3 SO 51/09 B ER, juris Rn. 42; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 86b, Stand: 06.10.2023, Rn. 420; Wahrendorf in beck-online.GROSSKOMMENTAR, Roos/Wahrendorf/Müller, Stand: 01.08.2023, § 86b Rn. 231; anderer Ansicht Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 35).

Dieser anrechenbare monatliche Gewinn ist bei den Antragstellern zu 1 und 2, da beide Gesellschafter der O1 oHG in P1 sind, zu gleichen Teilen und mithin in Höhe von jeweils 2.114,83 € : 2 = abgerundet 1.057,41 € zu berücksichtigen.

b. Für die Antragstellerin zu 3 ist an Einkünften das ausweislich der aktenkundigen Verdienstabrechnung erzielte – nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigende – monatliche Netto-Arbeitsentgelt beim E1 Diakonissenverein S1 von April bis Juli 2023 in Höhe von 1.014,84 € zu berücksichtigen. Auch insoweit erfolgt nach den obigen Darlegungen kein Abzug des Freibetrags für April bis Juni 2023 in Höhe von 300,00 € (§ 11b Abs. 2 SGB II, § 11b Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1, 2 SGB II in der Fassung bis zum 30.06.2023) und für Juli 2023 von 348,00 € (§ 11b Abs. 2 SGB II, § 11b Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1, 2, 3 SGB II in der Fassung ab dem 01.07.2023). Ferner ist für sie ausweislich der aktenkundigen Bescheide monatliches Kindergeld von April bis September 2023 in Höhe von monatlich 250,00 € gewährt worden, das für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II, benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Auch hier gilt nach den obigen Darlegungen, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes entscheidend ist, dass dieser Betrag den Betroffenen – hier also der Bedarfsgemeinschaft – tatsächlich zur Verfügung steht.

c. Für den Antragsteller zu 4 sind an Einkünften die ausweislich der aktenkundigen Kontoauszüge und der aktenkundigen Verdienstabrechnung erzielten – nach § 11 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB II als Einkommen zu berücksichtigenden – monatlichen Einkünfte beim A1 Baden-Württemberg e. V. aus dem von April bis August 2023 geleisteten Freiwilligen Sozialen Jahr in Höhe von 582,92 € und sodann aus dem im September 2023 erzielten – nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigenden – monatlichen Netto-Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens 750,00 € (laut Anlage B [Entgelttabelle] zum TV-L – Entgeltgruppe 1 Stufe 4 [wie im vorgelegten Arbeitsvertrag vereinbart] brutto 2.161,78 €, abzüglich circa 30 % = netto circa 1.500,00 €, wegen Teilzeitbeschäftigung zu 50 % [wie im vorgelegten Arbeitsvertrag vereinbart] = circa 750,00 €) und das – nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigende – erzielte monatliche Netto-Arbeitsentgelt bei der P4 AG im April 2023 in Höhe von 361,55 €, im Mai 2023 in Höhe von 79,21 € und im Juni 2023 in Höhe von 174,64 € zu berücksichtigen. Auch insoweit erfolgt nach den obigen Darlegungen kein Abzug der Freibeträge in Bezug auf die Einkünfte aus dem Freiwilligen Sozialen Jahr beim A1 Baden-Württemberg e. V. und der Beschäftigung bei der P4 AG von April bis Juni 2023 in Höhe von 250,00 € (§ 11b Abs. 2 Satz 6 SGB II in der Fassung bis zum 30.06.2023) sowie von Juli bis August 2023 in Höhe von 520,00 € (§ 11b Abs. 2b Satz 1 Nr. 3 SGB II in der Fassung ab dem 01.07.2023 in Verbindung mit § 8 Abs. 1a SGB IV) und der Beschäftigung beim A1 Baden-Württemberg e. V. im September 2023 in Höhe von 130,00 € (§ 11b Abs. 2 SGB II, § 11b Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1, 2, 3 SGB II in der Fassung ab dem 01.07.2023). Ferner ist für ihn ausweislich der aktenkundigen Bescheide monatliches Kindergeld von April bis August 2023 in Höhe von monatlich 250,00 € gewährt worden, das für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II, benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Auch hier gilt nach den obigen Darlegungen, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes entscheidend ist, dass dieser Betrag den Betroffenen – hier also der Bedarfsgemeinschaft – tatsächlich zur Verfügung steht.

2.2.3 Damit stehen dem monatlichen Gesamtbedarf in Höhe von 2.661,00 € Einkünfte im April 2023 in Höhe von 2 x 1.057,41 € (Gewinn) + 1.014,84 € (S1) + 582,92 € (A1) + 361,55 € (P5) + 2 x + 250,00 € (Kindergeld) = 4.574,13 €, im Mai 2023 in Höhe von 2 x 1.057,41 € (Gewinn) + 1.014,84 € (S1) + 582,92 € (A1) + 79,21 € (P5) + 2 x 250,00 € (Kindergeld) = 4.291,79 €, im Juni 2023 in Höhe von 2 x 1.057,41 € (Gewinn) + 1.014,84 € (S1) + 582,92 € (A1) + 174,64 € (P5) + 2 x 250,00 € (Kindergeld) = 4.387,22 €, im Juli 2023 in Höhe von 2 x 1.057,41 € (Gewinn) + 1.014,84 € (S1) + 582,92 € (A1) + 0,00 € (P5) + 2 x 250,00 € (Kindergeld) = 4.212,58 €, im August 2023 in Höhe von 2 x 1.057,41 € (Gewinn) + 0,00 € (S1) + 582,92 € (A1) + 0,00 € (P5) + 2 x 250,00 € (Kindergeld) = 3.197,74 € und im September 2023 in Höhe von 2 x 1.057,41 € (Gewinn) + 0,00 € (S1) + 750,00 € (A1) + 0,00 € (P5) + 1 x 250,00 € (Kindergeld) = 3.114,82 € gegenüber.

2.3 Abgesehen davon spricht gegen das Vorliegen einer Eilbedürftigkeit, dass die Antragsteller die für die Zeit ab dem 01.04.2023 geltend gemachten Leistungen beim Antragsgegner erst am 26.04.2023 beantragt haben sowie trotz der Mitwirkungsaufforderung des Antragsgegners vom 15.05.2023 die geforderten und für die Berechnung vorläufiger Leistungen erforderlichen Unterlagen erst mit ihren E-Mails vom 03.06.2023, 04.06.2023, 05.06.2023 und 13.06.2023 und damit nach der für den 29.05.2023 gesetzten Frist vorgelegt haben und im Übrigen teilweise ungenaue, widersprüchliche oder zunächst gar keine Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen machen, was eine zeitnahe und sachgerechte Prüfung ihres Begehrens erschwert.

Nach alledem besteht unter Zugrundelegung der Aktenlage kein Anordnungsanspruch, weswegen die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Ob den Antragstellern in materiell-rechtlicher Hinsicht ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zusteht, muss damit einer Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, wobei unter anderem zu prüfen sein wird, ob und bejahendenfalls ab wann die Antragstellerin zu 2 aufgrund eines Anspruchs auf Leistungen nach BAföG dem Grunde nach nicht mehr leistungsberechtigt ist und/oder nun tatsächlich auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verzichtet hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.



 

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