L 5 KR 350/23 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 24 SV 5/23 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 350/23 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.03.2023 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe:

I.

Streitig ist der Rechtsweg für einen Antrag, mit dem der bei der KK. M. (im Folgenden: KK) krankenversicherte Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtschutzes die Herausgabe eines durch den Antragsgegner auf Kosten der KK für ihn angefertigten C-Leg-Kniegelenks begehrt.

Am 10.02.2023 wandte sich der Antragsteller mit dem vorgenannten Begehren an das Sozialgericht Düsseldorf Nach Hinweis des Sozialgerichts auf dessen Unzuständigkeit (Hinweis vom 14.02.2023) hielt der Antragsteller an seinem Begehren fest. Der Antragsgegner bezifferte auf Anfrage (Schreiben vom 15.03.2023) den Wert der Prothese mit 43.392,35 Euro, wovon allein 32.000 Euro auf das C-Leg-Kniegelenk entfielen (Schriftsatz vom 17.03.2023) und nahm im Übrigen u.a. Bezug auf den Vertrag der KK über die Versorgung mit Prothesen (PG 24).

Mit Beschluss vom 28.03.2023 hat das Sozialgericht den bestrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtstreit an das zuständige Landgericht Düsseldorf verwiesen. Es werde ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch geltend gemacht; insoweit sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit eröffnet. In Anbetracht der 5.000 Euro übersteigenden Höhe des Wertes des begehrten Gegenstandes sei die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gegeben.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 31.03.2023 eingelegten Beschwerde, mit der er u.a. geltend macht, das (einzig) begehrte C-Leg-Kniegelenk – die Herausgabe des Prothesenschaftes werde nicht begehrt – stehe im Eigentum der K. M.. Er selbst sei nur Nutznießer. Überdies sei der Beschluss vom 28.03.2023 mangels Unterschrift des Vorsitzenden unwirksam.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.03.2023 aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG gegeben. Dabei tritt an die Stelle der in § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG genannten – dem SGG fremden – sofortigen Beschwerde die Beschwerde nach § 172 SGG (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2018 – L 11 KA 15/18 B Rn. 12 m.w.N.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 51 Rn. 55), die der Antragsteller form- und fristgerecht eingelegt hat.

2. Die Beschwerde ist unbegründet; zu Recht hat das Sozialgericht den Rechtstreit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen.

Die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für den von dem Antragsteller geltend gemachten Herausgabeanspruch ergibt sich weder aus § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG noch aus § 51 Abs. 2 SGG. Er ist vielmehr den Zivilgerichten und dort dem Landgericht Düsseldorf zugeordnet.

a) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden sowohl über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten u.a. in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) als auch über privatrechtliche Streitigkeiten u.a. in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden (§ 51 Abs. 2 Satz 1 SGG). Eine solche Streitigkeit liegt nicht vor.

Zunächst liegt bereits keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor; der geltend gemachte Herausgabeanspruch bemisst sich nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Es liegt auch keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Wegen der Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Lediglich ergänzend ist auszuführen: Der Antragsteller behauptet kein Fehlverhalten seiner gesetzlichen Krankenversicherung und macht auch keine Ansprüche gegen diese geltend. Streitbefangen ist allein das Verhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner, im Rahmen dessen der Antragsteller die Herausgabe des C-Leg-Kniegelenks, dessen Nutznießer – zu Lasten der KK – er sei, begehrt. Mögliche Anspruchsgrundlagen des streitbefangenen Anspruchs sind zivilrechtlicher Natur – resultieren insbesondere aus § 985 BGB – und sind von Zivilgerichten zu beurteilen. Insoweit ist zu beachten, dass bei Hilfsmitteln, die dem Versicherten individuell angepasst werden und ausschließlich zur Benutzung durch den jeweiligen Betroffenen bestimmt sind, der Sachleistungsanspruch durch die Übertragung des Eigentums an dem Hilfsmittel erfüllt wird (vgl. Gerlach in: Hauck/Noftz SGB V, § 33, Rn. 37 m.w.N.). Allgemein ist die rechtliche Konstruktion im Dreiecksverhältnis Leistungserbringer – Versicherter – Krankenkasse i.d.R. folgende: Leistungserbringer und Versicherte stehen in privat-, meist kauf-, dienst-, miet- oder werkvertragsrechtlichen Beziehungen zueinander, während die Krankenkasse dem Versicherten hoheitlich gegenübertritt (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 24.03.2022 – L 16 KR 814/19 Rn. 24). Zwar folgen Rechtsnatur und Struktur des Vergütungsanspruchs der Hilfsmittelerbringer (gegenüber der KK) deren Einbindung in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag der KKen (die mit der Versorgung Versicherter mit vertragsärztlich verordneten Hilfsmitteln ihre im Verhältnis zum Versicherten bestehende Pflicht zur Krankenbehandlung aus §§ 27, 33 SGB V erfüllen), mit der Folge, dass ein zugelassener Hilfsmittelerbringer einen gesetzlichen Vergütungsanspruch gegen die KK erlangt (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen a.a.Düsseldorf Rn. 24); auf das Verhältnis des Hilfsmittelerbringers zum Versicherten schlägt dies indes nicht durch.

Allein der Umstand, dass der Antragsteller gesetzlich krankenversichert ist und es sich beim Antragsgegner um einen Vertragspartner der KK handelt, macht den Rechtstreit ohne ausdrückliche Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten nicht kraft Sachzusammenhangs zu einer Angelegenheit der Krankenversicherung im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 oder § 51 Abs. 2 SGG (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2018 – L 11 KA 15/18 B Rn. 17 m.w.N.).

b) Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten und die sachliche sowie örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ergeben sich aus §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG i.V.m. §§ 12 ff. ZPDüsseldorf

Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG war die Unzulässigkeit des beschrittenen Sozialrechtsweges von Amts wegen festzustellen und die Klage an das zuständige Landgericht Düsseldorf zu verweisen. Dies hat das Sozialgericht zutreffend getan (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2018 a.a.Düsseldorf Rn. 19 m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 SGG. In Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen. Die Regelung des § 17b Abs. 2 GVG, nach der im Falle der Verweisung des Rechtstreits an ein anderes Gericht die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht entstandenen Kosten als Teil der Kosten im Verfahren vor dem aufnehmenden Gericht behandelt werden und deshalb in dem Verweisungsbeschluss keine eigenständige Kostenentscheidung zu treffen ist, beschränkt sich auf die Kosten des ersten Rechtszugs. Sie findet – unabhängig vom Inhalt der Entscheidung – keine Anwendung auf das Beschwerdeverfahren bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs (BSG vom 01.04.2009 – B 14 SF 1/08 R Rn. 19).

Der Antragsteller gehört (grundsätzlich) zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen. Zwar handelt er objektiv betrachtet nicht als Versicherter oder Leistungsempfänger, für den ein Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei wäre. Er macht keinen Anspruch aus einem Sozialversicherungsverhältnis geltend. Auf die Privilegierung des § 183 Satz 1 SGG kann sich der Antragsteller jedoch selbst dann berufen, wenn der Streit – wie hier – gerade auch um den Versichertenstatus als solchen und die daraus resultierenden Ansprüche geht (BSG vom 05.10.2006 - B 10 LW 5/05 R).

4. Der Beschluss ist nicht mit der weiteren Beschwerde anfechtbar (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG). Die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde an das BSG liegen nicht vor. Die Angelegenheit hat keine grundsätzliche Bedeutung und der Senat weicht weder von einer Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes noch des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab.

Rechtskraft
Aus
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