L 5 KA 3043/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 6924/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3043/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die Betreuung von älteren Patienten in einem Pflegeheim könnte eine Praxisbesonderheit darstellen; dies aber nur dann, wenn nachweisbar ein erhöhter Behandlungsbedarf besteht.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.06.2021 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 5.000,00 € festgesetzt.



Tatbestand

Im Streit steht die Festsetzung einer individuellen Beratung wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2013.

Die Kläger waren bis 2022 als Fachärzte für Allgemeinmedizin (hausärztliche Internisten) in einer Berufsausübungsgemeinschaft zur vertragsärztlichen Versorgung in B1 (O1) zugelassen.


Im Jahr 2013 hatten die Kläger insgesamt 12.377 Behandlungsfälle (Mitglied/Familienangehörige <M/F> 8.641, Rentner <R> 3.736) und verordneten Arznei- und Verbandmittel in Höhe von 1.431.339,61 € (brutto). Die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen (Beigeladene zu 2 bis 7) und der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (<KVBW>, Beigeladene zu 1) für 2013 vereinbarten Richtgrößen lagen in der Richtgrößengruppe für FA Allgemeinmedizin, hausärztliche Internisten (RIG 192) für M/F bei 46,55 € je Fall und für R bei 161,99 € je Fall, was einem Richtgrößenvolumen für die Kläger in Höhe von 1.007.433,19 € entspricht.

Mit Schreiben vom 13.11.2015 teilte die Prüfungsstelle der Gemeinsamen Prüfungseinrichtungen Baden-Württemberg den Klägern mit, im Rahmen einer Vorabprüfung sei festgestellt worden, dass das Arzneimittelverordnungsvolumen im Kalenderjahr 2013 das individuelle Richtgrößenvolumen der Kläger um mehr als 15 % (nämlich um 28,06 %) überstiegen habe. Die Prüfungsstelle führe daher eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arznei- und Verbandmitteln (Richtgrößenprüfung) bei den Klägern durch. Aufgrund der vorliegenden Daten werde davon ausgegangen, dass die Überschreitung nicht in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten erklärt werden könne. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dem Anhörungsschreiben waren zur näheren Erläuterung Anlagen beigefügt (u.a. eine Verordnungsstatistik für Arzneimittel nach Richtgrößen sowie Anlagen zur Anwendung der Filter des von den Prüfgremien zur Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten angewandten Filterverfahrens).

Mit Schreiben vom 24.11.2015 führten die Kläger daraufhin aus, eine detaillierte Stellungnahme sei in der Kürze der Zeit nicht möglich. Ein Schwerpunkt der Praxis liege im Bereich Palliativmedizin, Geriatrie und Gerontopsychiatrie, speziell Demenz. Insoweit sei ergänzend zur medikamentösen Therapie ein integratives Therapieangebot aufgebaut worden. In diesen Bereichen fielen vermehrt teure Medikamente (Antidementiva, moderne Psychopharmaka, moderne Antikonvulsiva, Analgetika und Antikoagulantien) an. Ein Vergleich der in diesem Bereich verordneten Medikamente mit der Vergleichsgruppe würde sicher ergeben, dass die Praxis deutlich über dem Durchschnitt liege. Man halte es aber aufgrund der demografischen Entwicklung der Bevölkerung für essentiell notwendig, speziell in diesem Bereich als Hausarzt auf dem Lande für die Kläger eine gute Versorgung anzubieten. Inwieweit darüber hinaus eine indikationsbezogene Praxisbesonderheit analog zu Parkinson, Diabetes etc. für die Prüfgremien plausibel erscheine, sei nicht hinreichend sicher beurteilbar.

Mit Bescheid vom 18.12.2015
setzte die Prüfungsstelle nach einer Auffälligkeitsprüfung, die den Zeitraum 2013 erfasst, eine individuelle Beratung nach § 106 Abs. 5e S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wegen erstmaliger Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % fest. Von dem Verordnungsvolumen der Kläger in Höhe von 1.431,339,61 € setzte die Prüfungsstelle für Mehrkosten nach Filter 5 (Vergleichsgruppenspezifische wirkstoffbezogene Praxisbesonderheiten) einen Betrag in Höhe von 56.443,46 €, nach Filter 6a1 (Therapie des M. Parkinson) einen Betrag in Höhe von 11.618,37 €, nach Filter 6a2 (Therapie des Asthmas/COPD) einen Betrag in Höhe von 17.644,35 €, nach Filter 6a3 (Wundversorgung) einen Betrag in Höhe von 14.646,45 €, nach Filter 6a5 (Versorgung von insulinpflichtigen Diabetespatienten des Diabetes Typ 2 – mit OAD und Insulin behandelt) einen Betrag in Höhe von 14.660,40 €, nach Filter 6c1 (Behandlung der Multiplen Sklerose) einen Betrag von 25.872,62 € sowie Kosten nach Sonder-ATC in Höhe von 372,69 € ab. Damit verblieben Verordnungskosten in Höhe von 1.290.081,27 €. Bei einem Richtgrößenvolumen von 1.007.433,19 €, das sich anhand der Fallwerte der Vergleichsgruppe der FA Allgemeinmedizin, hausärztliche Internisten, errechne, entspreche dieser Betrag einer Abweichung von 28,06 %. Abzüglich der Zuzahlungen und Apotheken- und Herstellerrabatte ergebe sich eine Nettoregresssumme von 27.849,36 €. Ein Regress erfolge jedoch nicht, weil erstmalig nach Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten eine Überschreitung des Richtgrößenvolumens von mehr als 25 % vorliege. Als Maßnahme werde deshalb eine individuelle Beratung festgesetzt. Diese erfolge in Form eines gesonderten individuellen Beratungsschreibens.

Die individuelle Beratung wurde mit Schreiben vom 18.12.2015 durchgeführt.

Die Kläger legten am 14.06.2016 Widerspruch ein. Sie verwiesen auf ihre vorgehende Stellungnahme und führten desweiteren aus, der Schwerpunkt der hausärztlichen Praxis in den Gebieten Palliativmedizin, Geriatrie, Gerontopsychiatrie und Demenz stelle im Vergleich zur Fachgruppe angesichts der Einbettung in ein integratives Gesamtkonzept mit umfassender psychosozialer Betreuung von Patienten und Angehörigen eine Praxisbesonderheit dar. Sie betreuten auch Patienten anderer Hausarztkollegen mit entsprechender Diagnose und verordneten auch für diese Medikamente (z. B. Antidementiva und Antidepressiva). In der individuellen Beratung seien neben Analgetika genau diese beiden Substanzgruppen als Einsparpotential erwähnt. Die Prüfungsstelle habe diesen Schwerpunkt nicht ausreichend berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 15.01.2016 legte auch die Beigeladene zu 1) Widerspruch ein. Ein Schwerpunkt der Gemeinschaftspraxis liege in der Behandlung von Demenzpatienten. Insoweit verordne die Praxis Antidementiva in Höhe von insgesamt 27.879,85 € (Wirkstoffe Galantamin und Memantin). Zusätzlich betreue die Praxis circa 35 bis 40 Patienten in einem Pflegeheim für Demenzerkrankungen, wofür eine entsprechende Anzahl von Antidementiva benötigt werde. Die Vielzahl der Besuche im Pflegeheim zeige sich an der Gebührennummernübersicht. Es sei aufgefallen, dass die Ziffer 01413 häufiger abgerechnet werde, als im Vergleich zur jeweiligen Prüfgruppe. Im Durchschnitt der Quartale 1 bis 4/2013 habe die Praxis diese Ziffer um 289,69% mehr abgerechnet als die Prüfgruppe. Dies belege den hohen Anteil an Patienten in Pflegeheimen. Diese hätten einen erhöhten Bedarf an notwendigen Arzneimittel-Verordnungen, insbesondere an Antidementiva. Darüber hinaus zeige sich auch, dass die Praxis im Bereich der Wundversorgung deutlich mehr Patienten betreue, als die Vergleichsgruppe. Dieser Schwerpunktbereich sei bisher nicht ausreichend berücksichtigt worden. Außerdem habe die Praxis Januvia (Wirkstoff: Sitagliptin) in Höhe von 10.581,72 €, Janumet (Wirkstoffkombination: Sitagliptin und Metformin) in Höhe von 4.758,86 €, Xelevia (Sitagliptin) in Höhe von 4.138,00 € und Velmetia (Metformin und Sitagliptin) in Höhe von 3.818,44 € verordnet. Die Monotherapie mit Sitagliptin und Saxacliptin sowie die Zweifachkombination Metformin mit Sitagliptin stelle einen Zusatznutzen dar, der als Praxisbesonderheit anzuerkennen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2017 wies der Beklagte die Widersprüche der Kläger und der Beigeladenen zu 1) zurück. Wegen der Überschreitung des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2013 habe eine individuelle schriftliche Beratung zu erfolgen, die bereits durch Übersendung des Schreibens vom 18.12.2015 ausreichend erfolgt sei. Über die bereits festgestellten Praxisbesonderheiten hinaus seien keine weiteren Praxisbesonderheiten anzuerkennen. Praxisbesonderheiten im Bereich der Patientenversorgung mit Arznei- und Verbandmitteln kämen nur dann in Betracht, wenn die einschlägige Versorgung verhältnismäßig teuer sei, sodass davon ausgegangen werden könne, dass die von den Vertragspartnern für die Vergleichsgruppe vereinbarten Richtgrößen unter Berücksichtigung der Gegebenheiten einer Praxis nicht, oder nur zum Teil angemessen berücksichtigt werden könnten. Dies gelte etwa bei einer überdurchschnittlichen Verordnungshäufigkeit. Eine Praxisbesonderheit sei zu verneinen, wenn die Versorgung in der Weise fachgruppentypisch sei, dass die Versorgung sich im Ausgleich unterschiedlicher Verordnungshäufigkeiten und Fallkosten vieler unterschiedlicher Präparate in das vom Richtgrößenbetrag repräsentierte Verordnungs- und Fallkostenspektrum einfüge. Zu den Feststellungen von Praxisbesonderheiten nutze die Kammer überwiegend das technische Instrument des Filterverfahrens. Als Praxisbesonderheit erkenne die Kammer in quantitativer Hinsicht grundsätzlich die überdurchschnittliche Anzahl von einschlägigen Rezeptfällen bzw. Rezeptpatientenfällen vervielfacht maximal mit den Durchschnittskosten der Vergleichsgruppe an. Ausnahmsweise werde bei besonders hohen Verordnungskosten auf alle Patienten mit der betreffenden Indikation abgestellt. Die Begrenzung auf die Durchschnittskosten beruhe auf dem Gedanken, dass dem Durchschnittswert der Anschein der Wirtschaftlichkeit zukomme. Nach diesen Maßstäben könnten für die Praxis der Kläger Verordnungskosten in Höhe von insgesamt 140.911,63 € als Praxisbesonderheit anerkannt werden. Hinsichtlich der so zu errechnenden Mehrkosten stimme sie der Entscheidung der Prüfungsstelle zu. Praxisbesonderheiten nachzuweisen sei Sache der behandelnden Ärzte. Dieser Anforderung seien die Kläger nicht nachgekommen. Ein höherer Verordnungsanteil von Antidementiva und Antidepressiva wegen eines Schwerpunktes Geriatrie und Gerontopsychiatrie sei nicht als Besonderheit anzuerkennen. Die Verordnungsanteile im Bereich der Psychoanaleptika, zu denen die Antidementiva und Antidepressiva gehörten, sei in der Praxis mit 3,11% gegenüber der Vergleichsgruppe mit 2,64% nur geringfügig erhöht. Insoweit könne nicht von einem Schwerpunkt ausgegangen werden. Die Kosten seien über die Richtgröße ausreichend berücksichtigt. Innerhalb des Bereichs der Psychoanaleptika sei der Verordnungsanteil für Antidepressiva in der Praxis mit 82,71% sogar etwas geringer als in der Vergleichsgruppe mit 91,07%. Für Antidementiva liege ein erhöhter Versorgungsanteil (16,51%) gegenüber der Vergleichsgruppe (5,51%) vor. Insoweit könne eine Praxisbesonderheit aber nicht angenommen werden, weil die Kläger nicht darlegen würden, welche atypischen Umstände es rechtfertigen, bestimmte Verordnungskosten als Praxisbesonderheiten zu werten. Verordnungskosten seien nicht allein deshalb als Praxisbesonderheit anzuerkennen, weil sie einen bestehenden Betrag überstiegen. Die Kammer habe feststellen können, dass bei der Auswahl der Präparate ein Wirtschaftlichkeitspotential bestehe, das die Kläger bisher nicht ausreichend berücksichtigt hätten. Insoweit werde auf den Inhalt des Beratungsschreibens verwiesen. Allein die Verordnung entsprechender Wirkstoffe stelle per se keine Praxisbesonderheit dar. Soweit sich die Tätigkeit auf das Hausarztgebiet beschränke, würden für Pflegeheimpatienten keine anderen Richtgrößen, als für Patienten, die in die Praxis kämen, bestehen. Denkbar sei, dass die Anamneseerhebung und/oder die Diagnosefindung bei Heimpatienten schwieriger, als bei anderen Patienten sei. Diese Schwierigkeiten würden sich jedoch nicht auf die Arzneimittel-Verordnungen auswirken. Auch in Bezug auf die geltend gemachte Palliativmedikation werde lediglich pauschal vorgetragen, ohne dies im Einzelnen näher zu begründen. Soweit die Beigeladene zu 1) im Hinblick auf die durchgeführte Wundversorgung eine Praxisbesonderheit erkenne, könne dem nicht gefolgt werden. Der geringfügig höhere Anteil der Rezeptfälle an der Gesamtbehandlungsfallzahl mit dieser Indikation sei bereits durch den Filter 6a3 berücksichtigt worden. Die Rezeptfallkosten lägen mit 168,35 € sogar unter denen der Vergleichsgruppe mit 176,19 €. Bezüglich des Einwands der Beigeladenen zu 1), die Monotherapie mit Sitagliptin und Saxacliptin sowie die Zweifachkombination Metformin mit Sitagliptin als Praxisbesonderheit anzuerkennen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) einen Zusatznutzen festgestellt habe, sei dem nicht zu folgen. Die Verordnung von Arzneimitteln, denen im Zuge einer Zusatznutzenbewertung nach § 35a SGB V ein Zusatznutzen zugesprochen werde, sei nur dann wirtschaftlich, wenn der Einsatz indikationsgerecht erfolgt sei. Auch wenn sie indikationsgerecht und wirtschaftlich verordnet worden seien, stellten sie nicht per se eine Praxisbesonderheit dar. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Einsatz der entsprechenden Präparate als fachgruppentypisch und damit als von der Richtgröße abgedeckt anzusehen sei. Die genannten Wirkstoffe seien darüber hinaus im Filter 6a5 (Diabetes Typ II) enthalten, sodass die Kosten anteilig bereits als Praxisbesonderheit berücksichtigt seien. Anstatt des eigentlich festzusetzenden Regresses in Höhe von 27.849,36 € sei wegen der erstmaligen Überschreitung eine Beratung festzusetzen.

Die Kläger haben am 13.12.2017 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung haben sie ausgeführt, der Beklagte habe Praxisbesonderheiten nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Dies betreffe die Praxisschwerpunkte Palliativmedizin, Gerontopsychiatrie und Pflegeheimbetreuung, auf die sie bereits im Rahmen der Anhörung hingewiesen hätten. Insoweit ergäben sich deutliche Überschreitungen der Verordnungen der Praxis im Vergleich zu den Verordnungen der Prüfgruppe. Der Kläger zu 2) sei nämlich erster Vorsitzender des Arbeitskreises Gerontopsychiatrie und SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativmedizinische Versorgung) NOK (N1) e.V. Im Zusammenhang damit sei die Unternehmensgesellschaft „P1“ gegründet worden. „Treibende Kraft“ sei der Kläger zu 2). Dies habe massive Auswirkungen auf die Tätigkeit der Kläger, da sowohl Patienten als auch Angehörige deren Praxis bereits im Vorfeld aufsuchten, bevor die eigentliche Palliativversorgung beginne. Wegen der Einzelheiten wird insoweit für den Bereich der Palliativmedizin auf die Tabelle der Kläger (Bl. 65 SG-Akte) verwiesen. Hieraus ergebe sich beispielsweise bezüglich der Medikamentengruppe ATC-Gruppe NO2 (Analgetika ohne NSAR), dass 3.197 Verordnungen ausgestellt worden seien, was einem Prozentsatz von 7,79 entspreche. Die Prüfungsgruppe komme auf ein Verordnungsvolumen von lediglich 5,97 %, womit eine Überschreitung von 23,363 % vorliege. Die Verordnungskosten der Medikamentengruppe lägen mit 146.512,80 € ebenfalls deutlich über den Verordnungskosten der Prüfgruppe. Die Überschreitung von 34.229,78 € beruhe auf dem Praxisschwerpunkt „Palliativmedizin“. Gleiches gelte für den Bereich der Gerontopsychiatrie/Demenz (vgl. hierzu die Tabelle Bl. 67 SG-Akte). Darüber hinaus betreuten sie ca. 60 Patienten in Pflegeheimen. Dies entspreche einem ca. dreimal höheren Anteil als dem statistischen Durchschnitt. 3/4 dieses Patientenguts befinde sich im Pflegeheim H1, das speziell auf Demenzkranke ausgerichtet sei. Darüber hinaus seien noch verschiedene Einzelverordnungen gesondert zu berücksichtigen, die nicht durch die Filter der Beklagten erfasst würden. Dies betreffe die Verordnung von Parasympathmimetika (Medikament zur Behandlung der Myasthenia gravis) und Frampridin (Medikament zur Behandlung von Gehstörungen). Die Mehrkosten in Höhe von 2.827,01 € bzw. 1.725,32 € seien abzuziehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten (hierzu unten) seien sie im Hinblick auf ihren Vortrag zu Einzelverordnungen nicht präkludiert. Auch gehe die Beklagte fehl, wenn sie sie (die Kläger) auf die Möglichkeit der Verordnung, frei erhältlicher Präparate mit den Wirkstoffen Ibuprofen, Naproxen oder Diclofenac verweise, denn diese Präparate seien lediglich für die Eigenvorsorge bei leichten Schmerzen vorgesehen. Dass Morphin bei starken Opioiden - wie die Beklagte meine - Mittel der ersten Wahl sein solle, treffe für den Fall der Palliativmedizin nicht zu. Zudem sei die Berechnung der Beklagten, dass der Verordnungsanteil bei Antiepileptika nur geringfügig erhöht sei (1,06% zu 1,78%), schon mathematisch unzutreffend, da eine Überschreitung von fast 70% vorliege. Bezüglich der Medikamente Escitalopram und Citalopram gäbe es Untersuchungen, die einen Vorteil von Escitalopram im Vergleich zu Citalopram ergeben würden. Hinsichtlich der Antidementiva würden Medikamente selbstverständlich im Sinne einer patientenbezogenen Nutzen-Risiko-Abwägung verordnet. Das Medikament Frampridin sei von der MS-Ambulanz des Universitätsklinikums W1 eingesetzt worden und weiterverordnet worden (Anführungszeichen im Orginal).

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend ausgeführt, den von den Klägern als Besonderheit geltend gemachten Umständen sei er hinreichend nachgegangen. Mit Hilfe eines Verordnungsvergleichs mit der Fachgruppe sei gezeigt worden, dass die vorgetragenen Bereiche keine signifikanten Abweichungen bzw. Besonderheiten begründen könnten. Eine besondere Klientel, die einen Mehraufwand im Verordnungsbereich erforderlich machen würde, sei nicht belegt. Dies gelte auch und gerade für die Betreuung von Patienten in Pflegeheimen. Insoweit hätten die Kläger nicht substantiiert dargelegt, welche atypischen Umstände es rechtfertigten, den Behandlungsaufwand als Praxisbesonderheit zu werten. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 2) Vorsitzender des Arbeitskreises Gerontopsychiatrie und der S1sei, ändere an der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes nichts. Die Tätigkeit für diesen Arbeitskreis sei von der Tätigkeit in der eigenen Praxis zu trennen, die im Rahmen dieser Tätigkeit verordneten Medikamente ohnehin nicht im Ausgabevolumen der Kläger enthalten, da diese der Betriebsstättennummer (BSNR) des Palliativ-Care-Teams P1 zugeordnet würden. Unklar bleibe weiter, wie viele Patienten konkret von den Klägern als Palliativpatienten angesehen würden und über welchen Zeitraum sich die palliative Situation im Verordnungsjahr erstrecke. Soweit die Kläger ca. 60 Patienten in Pflegeheimen betreuten, mache dies gerade 1,6 % ihrer gesamten Patientenanzahl aus. Ein solcher Anteil sei für eine hausärztliche Praxis nicht übermäßig hoch. Hieraus könne damit eine Praxisbesonderheit weder in der Betreuung von Pflegeheim- noch von Palliativpatienten abgelesen werden. Die in der Klagebegründung zudem geltend gemachten geringfügig höheren Anteile der Verordnung bestimmter Medikamente stellten per se noch keine Praxisbesonderheit dar. Darüber hinaus seien die Kläger mit ihrem Vortrag zu Einzelverordnungen im sozialgerichtlichen Verfahren präkludiert. Unabhängig davon seien die Vergleiche der Verordnungskosten einzelner Medikamente mit den jeweiligen Verordnungskosten der Vergleichsgruppe nicht aussagekräftig. Die Palliativmedizin sei die aktive, ganzheitliche Versorgung von Patienten mit einer progredienten, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung. Dabei sei der Beherrschung von Schmerzen und anderen Krankheitsbeschwerden höchste Priorität zuzubilligen. Ein palliativer Schwerpunkt gehe vor allem im Bereich der Opioide stets mit weit überdurchschnittlichen Verordnungen im Vergleich zur Fachgruppe einher. Das sei bei der klägerischen Praxis für das Verordnungsjahr 2013 nicht der Fall (37,28% im Vergleich zu 39,05% der Fachgruppe). Richtig sei, dass im Bereich der palliativen Medizin leichte Schmerzen eher selten seien. Deshalb seien Schmerzmittel der WHO-Stufe 1 im Rahmen einer palliativen Versorgung nur untergeordnet bedeutsam. NSAR könnten aber eine gute Ergänzung zur WHO-Stufe 3-Opioid darstellen, um die Analgesie zu verbessern oder um die Opioid-Dosis zu verringern. Entgegen der Darstellung der Kläger sei auch nicht nur bei Morphin, sondern allgemein bei einer bestehenden Niereninsuffizienz und einer Therapie mit Opioiden erhöhte Wachsamkeit gefordert. Es sei zwar richtig, dass die Kläger einen erhöhten Verordnungsanteil an Antiepileptika aufwiesen. Die Hälfte der von den Klägern hier entstandenen Kosten entfalle jedoch auf den Wirkstoff Pregabalin. Dieser stelle weder zur Behandlung der Epilepsie noch zur Behandlung der neuropathischen Schmerzen das Mittel der Wahl dar.

Mit Beschluss vom 16.03.2018 hat das SG die Beigeladenen zu 1) bis 7) zum Verfahren beigeladen.

Mit Urteil vom 28.06.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig aber nicht begründet. Die Kläger hätten mit ihrer Praxis das für sie geltende Richtgrößenvolumen um 28,06 % überschritten. Diese Überschreitung lasse sich durch Praxisbesonderheiten nicht erklären. Der Beklagte habe deshalb zu Recht eine schriftliche Beratung festgesetzt. Hinsichtlich der Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten komme den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser unterliege nur eingeschränkter richterlicher Kontrolle. Die gerichtliche Überprüfung beschränke sich auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liege, ob die Verwaltung die Grenzen eingehalten habe, die sich bei Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Wirtschaftlichkeit" ergebe, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet habe, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe nachvollziehbar sei (unter Hinweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 R -, in juris). Das Verwaltungsverfahren begegne keinen rechtlichen Bedenken. Die Kläger seien über die eingeleitete Auffälligkeitsprüfung im Hinblick auf ihr Verordnungsverhalten frühzeitig und rechtzeitig informiert worden. Ihnen sei unter Zurverfügungstellung der maßgeblichen Daten die Möglichkeit eingeräumt worden, Stellung zu nehmen und insbesondere Überschreitungen der für sie geltenden Richtgrößen zu erklären und zu erläutern. Im Übrigen begegne auch die im Einzelnen dargestellte Berechnung des Beklagten keinen durchgreifenden Bedenken. Nicht zu beanstanden sei die Anwendung eines Filterverfahrens, mit dem der Beklagte zunächst standardmäßig Praxisbesonderheiten ermittele und berücksichtige. Weitere Mehrbedarfe seien nicht als Praxisbesonderheit anzuerkennen. Die Kläger hätten ihre Klage vor allem damit begründet, der Beklagte habe Praxisbesonderheiten nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Insbesondere hätten sie geltend gemacht, es lägen Praxisschwerpunkte im Bereich der Palliativmedizin, der Gerontopsychiatrie und der Betreuung von Patienten in Pflegeheimen vor. Insoweit würden sich deutliche Überschreitungen der Verordnungszahlen der Praxis im Vergleich zu den Verordnungen der Vergleichsgruppe ergeben. Dem vermochte sich das SG nicht anzuschließen. Diesem Vortrag sei der Beklagte im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums in ausreichendem Maße nachgegangen. Der Beklagte habe bei seinen Nachforschungen nachvollziehbar dargelegt, dass die von den Klägern genannten Praxisschwerpunkte keine signifikanten Abweichungen und Besonderheiten im Vergleich zu den Ärzten der Vergleichsgruppe begründeten. Dies gelte bereits deshalb, weil eine besondere Klientel, die einen Mehraufwand im Verordnungsbereich erforderlich mache, nicht belegt sei. Insoweit stellten die Kläger vor allem auf die Betreuung von Patienten in Pflegeheimen ab. Dies allein reiche allerdings nicht aus, um eine Praxisbesonderheit anzunehmen. Es fehle an der Darlegung von atypischen Umständen, die es rechtfertigten, den durch die Betreuung von Patienten im Pflegeheim entstehenden Pflegeaufwand als Praxisbesonderheit zu werten. Dass der Kläger zu 2) Vorsitzender des Arbeitskreises Gerontopsychiatrie und der S1sei, ändere daran nichts. Der Beklagte weise zu Recht darauf hin, dass seine Tätigkeit für diesen Arbeitskreis von der Tätigkeit in der eigenen Praxis streng zu unterscheiden sei. Auch soweit die Kläger auf einen Schwerpunkt der Praxis im Bereich der Palliativmedizin hinwiesen, habe der Beklagte ohne Überschreitung des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums die Anerkennung einer Praxisbesonderheit abgelehnt. Zu Recht weise der Beklagte darauf hin, dass ein palliativer Schwerpunkt, vor allem im Bereich der Verordnung von Opioiden, mit überdurchschnittlichen Verordnungen im Vergleich zur Fachgruppe verbunden sei. Im maßgeblichen Verordnungsjahr 2013 sei das für die Praxis der Kläger allerdings nicht der Fall. Hier verordneten die Kläger Opioide mit einem Anteil von 37,28%. Bei der Fachgruppe liege dieser bei 39,09%. Der Verordnungsanteil der Kläger an Antiepileptika weise ebenfalls keinen erhöhten Verordnungsanteil aus. Auch die Verordnungsanteile im Bereich der Psychoanaleptika, zu denen die Antidementiva und Antidepressiva gehörten, sei in der Praxis mit 3,11% gegenüber 2,64% der Vergleichsgruppe nur geringfügig erhöht. Dass insoweit kein Praxisschwerpunkt anzuerkennen sei, sei vom Beurteilungsspielraum des Beklagten umfasst. Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass die Kosten über die Richtgrößenbildung ausreichend berücksichtigt seien, sei dies nicht zu beanstanden. Dabei falle auf, dass im Bereich der Antidementiva der Versorgungsanteil in der Praxis sogar etwas geringer ausfalle, als in der Vergleichsgruppe. Lediglich für Antidementiva liege ein erhöhter Versorgungsanteil (16,51% zu 5,51%) vor. Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass eine Praxisbesonderheit deshalb nicht angenommen werden könne, weil nicht ausreichend dargelegt sei, welche atypischen Umstände diesen erhöhten Verordnungsanteil im Bereich der Antidementiva bedinge, sei dies nicht zu beanstanden. Auch das SG sehe hier keine ausreichende Darlegung. Auch die Betreuung von Patienten in Pflegeheimen stelle für sich genommen keine Praxisbesonderheit dar. Es werde auch daraus deutlich, dass für Tätigkeiten der Hausärzte, die Pfiegeheimpatienten beträfen, keine anderen Richtgrößen gälten, als für Patienten, die in die Praxis kommen könnten. Zwar sei möglicherweise die Anamneseerhebung und Diagnosefindung erschwert, warum sich solche Schwierigkeiten allerdings auf Arzneimittelverordnungen auswirken sollten, sei nicht nachvollziehbar. Das Argument der Beigeladenen 1), dass eine Wundversorgung eine Praxisbesonderheit darstelle, sei ebenfalls nicht überzeugend. Auch insoweit zeige sich lediglich ein geringfügig höherer Anteil der Rezeptfälle an der Gesamtbehandlungsfallzahl mit dieser Indikation. Dieser Umstand sei bereits durch die Praxisbesonderheit des Filters 6a3 berücksichtigt. Soweit die Beigeladene 1) darauf abstelle, die Monotherapie mit Sitagliptin und Essachsaldeptin (gemeint wohl: Saxacliptin) sowie die Zweifachkombination Metformin mit Sitagliptin sei als Praxisbesonderheit anzuerkennen, könne sich das SG auch diesem Argument nicht anschließen. Der Beklagte weise zu Recht daraufhin, dass allein die Feststellung eines Zusatznutzens nach § 35a SGB V noch nicht zwingend zur Anerkennung einer Praxisbesonderheit führe. Eine solche komme insbesondere dann nicht in Betracht, wenn der Einsatz der entsprechenden Präparate fachgruppentypisch sei. In diesem Fall sei er nämlich von der Richtgrößenbildung erfasst und abgedeckt. Die genannten Wirkstoffe seien, so der Beklagte zutreffend, darüber hinaus im Filter 6a5 enthalten, sodass anteilige Kosten bereits als Praxisbesonderheit berücksichtigt seien. Soweit die Kläger schließlich darauf hinwiesen, Pregabalin werde in der Intensivmedizin ausschließlich zur Therapie sogenannter neuropathischer Schmerzen oder im Sinne eines Out-Off-Lable bei therapiefraktärem Juckreiz eingesetzt und es sei insoweit Mittel der Wahl, führe auch dies nicht zur Anerkennung einer Praxisbesonderheit. Dasselbe gelte für den Einwand, es gäbe Unterschiede zwischen Escitalopram und Citalopram. Der Einwand, die Neurologische Uniklinik W1 verwende Frampridin auch in der MS-Spezialambulanz des Klinikums, führe ebenfalls nicht zur Anerkennung einer Praxisbesonderheit. Die Kläger hätten nämlich nicht dargelegt, inwieweit dies für die Verordnungspraxis von erheblicher Bedeutung sei und inwieweit der Einsatz dieser Medikamente auf atypischen Gegebenheiten in der Praxis beruhe. Ausgehend davon habe der Beklagte zutreffend eine Bruttoregresssumme von 30.789,78 € berechnet. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens zur Schätzung der Schadenssumme habe er nachvollziehbar eine Reduzierung dieser Bruttoregresssumme um 8,55% angenommen, woraus sich ein Nettoregress in Höhe von 27.849,36 € ergebe. Da es sich insoweit um die erstmalige Überschreitung des Richtgrößenvolumens handele, habe der Beklagte zutreffend statt des eigentlich festzusetzenden Regresses eine Beratung festgesetzt.

Gegen das ihnen am 30.08.2021 zugestellte Urteil haben die Kläger am 23.09.2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Das SG habe die Klage unzutreffenderweise kostenpflichtig abgewiesen. Entgegen der Annahme des SG sei ihr Verordnungsverhalten nicht unwirtschaftlich gewesen. Vielmehr behandelten sie ein spezielles Patientenklientel, das spezieller Medikation bedürfe.
Eine veränderte Verordnungsweise wäre ohne Gefährdung der Therapieziele nicht möglich gewesen. Es sei insoweit nicht nachzuvollziehen, dass der Beklagte, und ihm folgend das erstinstanzliche Gericht, nach dem Richterwechsel nunmehr davon ausgehe, dass die insoweit streitigen Verordnungsanteile z.B. hinsichtlich der Schmerzmittel, der Psychoanaleptika und der Antidementiva und Antidepressiva nicht mehr relevant sein sollten, da hier, in Bezug auf die Vergleichsgruppe nur eine geringfügige Erhöhung der Verordnungsanteile vorliege. In der individuellen Beratung am 18.12.2015 seien als „konkrete Wirtschaftlichkeitspotenziale in der Verordnungsweise" die Schmerztherapie, insbesondere Oxycodon und Naloxon (Targin), Flupiertin, COXIEBE und NSAR sowie Pergabalin, und die Therapie mit Antidementiva genannt worden. Genau zu diesen Therapien, also den Schmerztherapien und der Therapie mit Antidementiva sowie zu den konkret genannten Präparaten hätten sie umfassend mit dem Hinweis Stellung genommen, dass insbesondere der Kläger zu 2) schwerpunktmäßig im Bereich Palliativmedizin und Gerontopsychiatrie/Demenz tätig sei. Dass die Präparate, die in diesen Bereichen zur Anwendung kämen, ganz erhebliche Verordnungskosten verursachten und damit auch eine „geringfügige Erhöhung" relevant sei, ergebe sich schon aus der individuellen Beratung vom 18.12.2015 in der die entsprechenden Verordnungskosten ausdrücklich benannt seien. Genau deshalb seien diese Beträge z.B. im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 18.05.2018 aufgenommen und die Mehrkosten aufgrund der Praxisbesonderheiten in den Tabellen berechnet worden. Hier keine Praxisschwerpunkte anzuerkennen, könne dann nicht vom Beurteilungsspielraum des Beklagten mitumfasst sein, wenn klägerseits dargelegt und gegebenenfalls unter Beweis gestellt werde, dass eine alternative Verordnungsweise hinsichtlich der Präparate gerade nicht mit den Therapiezielen vereinbar sei. Gerade in Bezug auf die Arzneimittelversorgung im Zusammenhang mit der Palliativmedizin könne das Therapieziel auch in einer Symptomlinderung bestehen. Dass die Tätigkeit des Klägers zu 2) im Arbeitskreis Gerontopsychiatrie und SAPV zudem strukturell von der hier streitgegenständlichen Praxistätigkeit zu trennen sei, sei unbestreitbar. Es zeige aber, dass in diesem Bereich ein besonderer Schwerpunkt liege und die Betreuung von Demenzkranken als ganzheitliche Behandlung angesehen werde, wozu auch die Verordnung entsprechender Medikamente gehöre und der „nationalen Versorgungsleitlinie" entspreche. Entgegen der vom SG und dem Beklagten vertretenen Auffassung, werde die Praxisbesonderheit nicht generell in der Betreuung von Patienten in Pflegeheimen gesehen, sondern in dem Umstand, dass sich 3/4 der Pflegeheim-Patienten, also ca. 45, als Demenzkranke im H1 befänden. Da es sich um Demenzpatienten im Pflegeheim handele, sei davon auszugehen, dass das jeweilige Krankheitsbild weiter fortgeschritten sei, was sich wiederum auf die Arzneimittelverordnungen auswirke, sowohl inhaltlich als auch vom Volumen her. Die Mehrkosten für Verordnungen aufgrund der Praxisbesonderheiten sowohl im Bereich der Palliativmedizin, als auch im Bereich Gerontopsychiatrie/Demenz, bezogen auf die jeweiligen Medikamentengruppe seien im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 18.05.2018 jeweils berechnet worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die dortigen Ausführungen nebst Berechnungen und Tabellen verwiesen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.06.2021 und den Bescheid des Beklagten vom 18.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend und nimmt hierauf Bezug. Die Beurteilung der Praxisbesonderheiten der Kläger sei rechtsfehlerfrei erfolgt. Das SG weise in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Struktur der Praxis sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenklientels als auch hinsichtlich des Behandlungsverhaltens und der
Behandlungsweise von der Typik des Durchschnitts der Fachgruppe der Fachärzte nicht signifikant abweiche. Auch die Tatsache der vermehrten Verschreibung von Antidementiva aufgrund der Betreuung des von den Klägern näher beschriebenen Pflegeheimes sei berücksichtigt worden, habe jedoch weiterhin nicht als Praxisbesonderheit anerkannt werden können. Es könne aus dem im sozialgerichtlichen Verfahren stattgefundenen Richterwechsel nicht geschlossen werden, dass das Urteil des SG unter der Federführung des zuerst zuständigen Richters anders ausgefallen wäre.

Die Beigeladenen haben sich nicht zur Sache geäußert und keine Anträge gestellt.

Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des SG, des Beklagten und des Senats Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

I. Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsbarkeit <SGG>).

II. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG vom 28.06.2021, über die der Senat nach Zustimmung sämtlicher Beteiligter ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).

III. Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.

1. Der Senat sieht von einer Berichtigung des Rubrums ab. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich die im befangenen Zeitraum bestehende Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Beklagten berechtigt und verpflichtet (§ 730 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>). Die Berufsausübungsgemeinschaft bleibt auch dann beteiligtenfähig, wenn sie - so wie hier - nicht mehr besteht. Da die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit nichts anderes als die Gesellschaft sind, wäre im Regelfall das Klagerubrum dahin zu berichtigen, dass Klägerin die aus den im Klagerubrum genannten Personen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist. Eine Umstellung des Rubrums kann aber unterbleiben, wenn die Gesellschaft erst im Laufe des Verfahrens in der Berufungsinstanz aufgelöst wurde und als Kläger alle der Berufsausübungsgemeinschaft im Zeitpunkt der Auflösung angehörenden Gesellschafter auftreten. In einem solchen Fall kann es trotz des fiktiven Fortbestands der Gemeinschaftspraxis ausnahmsweise dabei verbleiben, dass Kläger die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08.12.2010 - B 6 KA 33/09 R -, in juris zur Gemeinschaftspraxis).

2. Die Berufung richtet sich unzulässigerweise auch gegen den Bescheid der Prüfungsstelle. Eine Klage gegen den Bescheid der Prüfungsstelle ist von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen abgesehen unzulässig. Streitgegenstand ist allein der Bescheid des Beklagten vom 16.11.2017 betreffend das Verordnungsjahr 2013. Dieser Bescheid hat den Bescheid der Prüfungsstelle vom 18.12.2015 ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.2011 - B 6 KA 13/10 R -, in juris, Rn. 16).

3. Die als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthafte Klage ist zulässig. Die Kläger sind durch den angefochtenen Bescheid formell beschwert i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG und damit klagebefugt. Sie erstreben die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme, die sie als rechtswidrig beanstanden. Der von den vertragsärztlichen Prüfgremien erlassene Beratungsbescheid ist, nicht anders als der Regressbescheid, ein Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Ein nachteiliges Einwirken auf die Rechtssphäre der Kläger fehlt nicht etwa deshalb, weil der angefochtene Bescheid keine materielle Ausgleichspflicht festsetzt, sondern nur eine immaterielle Maßnahme der „Beratung“. Auch bei der hier festgesetzten schriftlichen Beratung nach § 106 Abs. 1a i.V.m. Abs. 5a Satz 1 und 2 SGB V [in der hier vom 01.01.2008 bis 31.12.2016 maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I 378); im Folgenden a.F.; zur Maßgeblichkeit des im Prüfzeitraums geltenden Rechts BSG, Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R -, in juris, Rn. 30] handelt es sich nach der gesetzlichen Konzeption um eine Sanktion im Falle der Überschreitung des Richtgrößenvolumens. Sie soll die künftige Änderung des Verordnungsverhaltens bewirken. Der damit verbundene Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Berufsfreiheit begründet eine Beschwer der Kläger (vgl. BSG, Urteil vom 05.06.2013 - B 6 KA 40/12 R -, in juris Rn. 10 f.).

4. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 16.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

a) Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids des Beklagten ist § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V a.F. Bei Überschreitung der Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs. 6 und 8 SGB V werden nach § 106 Abs. 5a SGB V a.F. Beratungen nach § 106 Abs. 1a Satz 1 SGB V a.F. durchgeführt, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 vom Hundert übersteigt und auf Grund der vorliegenden Daten die Prüfungsstelle nicht davon ausgeht, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung). Bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 vom Hundert hat der Vertragsarzt nach Feststellung durch die Prüfungsstelle den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist (§ 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V a.F.). Abweichend hiervon erfolgt nach § 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V a.F. (eingefügt mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz mit Wirkung zum 01.01.2012) bei einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 Prozent eine individuelle Beratung nach § 106 Abs. 5a Satz 1 SGB V a.F. Ein Erstattungsbetrag kann dann bei künftiger Überschreitung erstmals für den Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden.

b) Der Bescheid vom 16.11.2017 ist formell rechtmäßig. Der Beklagte hat als zuständige Behörde über den Widerspruch der Kläger gegen die von der Prüfungsstelle festgesetzte individuelle Beratung entschieden. Gemäß § 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V a.F. können die betroffenen Ärzte gegen die Entscheidungen der Prüfungsstelle die Beschwerdeausschüsse anrufen. Ein Fall, in dem ausnahmsweise die Anrufung des Beschwerdeausschusses nicht statthaft ist (vgl. § 106 Abs. 5 Satz 8 SGB V a.F.), lag nicht vor. Auch die Ausschlussfrist des § 106 Abs. 2 Satz 7 Hs. 2 SGB V a.F., wonach die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden Mehraufwandes nach § 106 Abs. 5a SGB V a.F. innerhalb von zwei Jahren nach Ende des geprüften Verordnungszeitraumes erfolgen muss, ist vorliegend durch den Erlass des Bescheids der Prüfungsstelle vom 18.12.2015 gewahrt (zur Fristwahrung durch den Bescheid der Prüfungsstelle s. BSG, Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 45/14 R -, in juris, Rn. 23; zur Anwendung auf die Festsetzung einer Beratung Urteil des Senats vom 28.04.2021 - L 5 KA 2670/18 -, in juris).

c) Der Bescheid des Beklagten vom 16.11.2017 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

(1) Der Beklagte hat – ohne dass dies zu beanstanden wäre – das Prüfverfahren anhand von Richtgrößen durchgeführt. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen sah § 106 Abs. 2 SGB V a.F. neben der Stichprobenprüfung (Satz 1 Nr. 2) und der Möglichkeit, in der Prüfvereinbarung Prüfungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten zu vereinbaren (z.B. Einzelfallprüfung), in Satz 1 Nr. 1 eine Prüfung auf der Grundlage von Richtgrößen (sog. Auffälligkeitsprüfung) vor. Die Auswahl unter den verschiedenen Prüfmethoden liegt dabei grundsätzlich im Ermessen der Prüfgremien.

(2) Der Beklagte hat auch das Richtgrößenvolumen der Kläger zutreffend errechnet.

Das (Arzneimittel-)Richtgrößenvolumen des Vertragsarztes wird auf der Grundlage von gesamtvertraglich festgelegten (Arzneimittel-)Richtgrößen berechnet. Gemäß § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V (in der im Prüfjahr 2013 geltenden Fassung des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl. I S. 2983; im Folgenden a.F.) vereinbaren die Vertragspartner nach § 84 Abs. 1 SGB V (Landesverbände der Krankenkassen, Ersatzkassen und Kassenärztliche Vereinigung) bis zum 15.11. für das jeweils folgende Kalenderjahr zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Leistungen nach § 31 SGB V (Richtgrößenvolumen) arztgruppenspezifisch fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte. Gemäß § 84 Abs. 6 Satz 3 SGB V a.F. leiten die Richtgrößen den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Leistungen nach § 31 SGB V nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Insoweit dienen die Richtgrößen der (vorausschauenden) Steuerung des Verordnungsverhaltens. Gemäß § 84 Abs. 6 Satz 4 SGB V löst die Überschreitung des Richtgrößenvolumens eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V (Richtgrößenprüfung) aus. Insoweit dienen die Richtgrößen der (rückschauenden) Prüfung des Verordnungsverhaltens; sie haben dabei die Funktion von normativ festgelegten (und nicht nur statistisch ermittelten) Vergleichswerten (vgl. Clemens in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, § 106 Rn. 249).

Die hier maßgebliche Richtgröße beruht auf § 84 Abs. 6 SGB V a.F. i.V.m. der für den Bezirk der Beigeladenen zu 1) rechtzeitig vor Jahresbeginn vereinbarten und bekanntgegebenen Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2013. Danach galt für die Kläger die Richtgrößengruppe 192 FA für Allgemeinmedizin, hausärztliche Internisten. Die Richtgröße dieser Fachgruppe lag im Jahr 2013 bei 46,55 € (M/F) bzw. 161,99 € (R) je Fall. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung dieser Richtgröße und der Anzahl der Behandlungsfälle von 8.641 (M/F) bzw. 3.736 (R) das Richtgrößenvolumen der Kläger in Höhe von
1.007.433,19 € zutreffend berechnet. Bezüglich der Berechnung besteht auch kein Streit.

(3) Der Beklagte hat darüber hinaus zutreffend festgestellt, dass die von den Klägern 2013 verursachten Verordnungskosten in Höhe von insgesamt 1.431.339,61 € (brutto) das Richtgrößenvorlumen um mehr als 25 % (nämlich um 28,06 %) überstiegen. Art und Umfang der vom Beklagten berücksichtigten Praxisbesonderheiten sind nicht zu beanstanden.

(a) Praxisbesonderheiten i.S.d. § 106 Abs. 5a S. 3 SGB V a.F. sind anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf des Patientenklientels und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden. Es obliegt dem geprüften Arzt, etwaige Besonderheiten seiner Praxis darzulegen (vgl. BSG, Beschluss vom 25.01.2017 - B 6 KA 22/16 B -, in juris, Rn. 13 m.w.N.). Die Abrechnung eines (bloßen) „Mehr“ an fachgruppentypischen Leistungen begründet keine Praxisbesonderheit (dazu näher etwa BSG, Urteil vom 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R -, in juris, Rn. 22). Für die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten haben die Prüfgremien (auch) bei der Richtgrößenprüfung einen Beurteilungsspielraum. Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich daher darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die Grenzen eingehalten hat, die sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Wirtschaftlichkeit“ ergeben, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zu treffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R -, in juris, Rn. 56). Die Anerkennung von Praxisbesonderheiten kann nicht Gegenstand einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten sein (vgl. BSG, Beschluss vom 27.06.2018 - B 6 KA 54/17 B -, in juris, Rn. 22 m.w.N.).

Für die richtige und vollständige Ermittlung des (Praxisbesonderheiten-)Sachverhalts gelten im Ausgangspunkt die allgemeinen Regelungen des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrensrechts. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB X ermitteln die Behörden, hier die Prüfgremien, den Sachverhalt von Amts wegen. Sind Praxisbesonderheiten erkennbar oder kommt das Vorliegen von Praxisbesonderheiten ernsthaft in Betracht, müssen die Prüfgremien von Amts wegen entsprechende Ermittlungen durchführen (vgl. dazu auch etwa Clemens in jurisPK-SGB V § 106 Rn. 194 zu offenkundigen Praxisbesonderheiten). Gemäß § 20 Abs. 1 S. 2 SGB X bestimmt die Behörde (u.a.) die Art der Ermittlungen; sie kann zur Durchführung der Amtsermittlung (ohne Weiteres) auch maschinelle Verfahren der Datenverarbeitung als Hilfsmittel der Amtsermittlung anwenden. Der Amtsermittlungspflicht der Behörden steht die Mitwirkungsobliegenheit der Beteiligten gegenüber. Diese sollen gemäß § 21 Abs. 2 SGB X bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken und insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Das Gesetz legt Näheres hierzu nicht fest. Art und Umfang der den Beteiligten obliegenden Mitwirkung hängen (u.a.) von der Eigenart des Verfahrensgegenstandes, der Sachkunde der Verfahrensbeteiligten und den Einzelfallumständen im Übrigen ab.

In der vertragsarztrechtlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände, wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen, dem Vertragsarzt; diese Darlegungslast geht über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs. 2 SGB X hinaus. Grundsätzlich ist es daher Angelegenheit des Vertragsarztes, die für ihn günstigen Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn sie allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können. Der Vertragsarzt ist gehalten, solche Umstände im Prüfungsverfahren, also spätestens gegenüber dem Beschwerdeausschuss und nicht erst im nachfolgenden Gerichtsverfahren, geltend zu machen, die sich aus der Atypik seiner Praxis ergeben, aus seiner Sicht auf der Hand liegen und den Prüfgremien nicht ohne Weiteres an Hand der Verordnungsdaten und der Honorarabrechnung bekannt sind oder sein müssen (vgl. BSG, Urteil vom 05.06.2013, - B 6 KA 40/12 R -, in juris Rn. 18). Die Darlegungen müssen substantiiert sein und spezielle Strukturen der Praxis, aus denen Praxisbesonderheiten folgen können, aufzeigen. Die bloße Auflistung von Behandlungsfällen mit Diagnosen und Verordnungsdaten genügt nicht. Notwendig ist grundsätzlich, dass der Arzt seine Patientenschaft und deren Erkrankungen systematisiert, etwa schwerpunktmäßig behandelte Erkrankungen aufzählt und mitteilt, welcher Prozentsatz der Patienten ihnen jeweils zuzuordnen ist und welcher Aufwand an Behandlung bzw. Arzneimitteln durchschnittlich für die Therapie einer solchen Erkrankung erforderlich ist (Clemens in jurisPK-SGB V § 106 Rn. 194 f. m.N. zur Rechtsprechung des BSG). Überspannte Anforderungen dürfen aber nicht gestellt werden. Die Prüfgremien müssen die Darlegungen des Arztes aufgreifen und, soweit veranlasst, zum Gegenstand weiterer Ermittlungen von Amts wegen machen und dabei - im Wechselspiel von Amtsermittlung und (gesteigerter) Mitwirkungsobliegenheit des Vertragsarztes - auf ggf. notwendige Konkretisierungen hinwirken.

Gemäß § 106 Abs. 5a S. 5 SGB V a.F. sind in der Prüfungsvereinbarung klarstellend-deklaratorisch Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten festzulegen. Nach § 8 Abs. 5 der Prüfvereinbarung nach § 106 Abs. 3 SGB V a.F. für Baden-Württemberg vom 16.04.2008 (gültig auch für das Prüfjahr 2013) ist das weitere Verfahren der Richtgrößenprüfung in Anlage 2 geregelt. Danach können die Vertragspartner vereinbaren, dass bestimmte Wirkstoffe- oder Indikationsgruppen bzw. Heilmittelarten vor der Einleitung von Beratungen und Prüfungen nach § 106 Abs. 5a SGB V Berücksichtigung finden. Weitere Praxisbesonderheiten ermittelt die Gemeinsame Prüfungsstelle auf Antrag des Arztes, auch durch Vergleich der Diagnosen und Verordnungen in einzelnen Anwendungsbereichen der entsprechenden Fachgruppe. Die für die Bildung der Richtgrößen herangezogenen Maßstäbe sind zu beachten. Ergänzt werden die Bestimmungen durch die nach § 1 Abs. 10 der Prüfvereinbarung erlassenen Prüfrichtlinien der Prüfgremien.

Die Prüfgremien wenden zur Beurteilung von Praxisbesonderheiten i.S.d. § 106 Abs. 5a S. 3 SGB V a.F. ein auf statistischen und medizinisch-pharmakologischen Grundsätzen beruhendes, so genanntes „Filterverfahren“ an. Hierzu sind sie befugt (vgl. Senatsurteil vom 23.11.2021 - L 5 KA 846/19 -, in juris; Senatsurteil vom 17.05.2023 - L 5 KA 1147/22 -, n.v.). Das folgt schon aus ihrer Befugnis, Art und Umfang der von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen zu bestimmen (§ 20 Abs. 1 S. 2 SGB X) und begründet für sich allein einen rechtlich beachtlichen Beurteilungsmangel nicht. Das Filterverfahren stellt als maschinelles Verfahren (letztendlich im Interesse der Vertragsärzte) ein Hilfsmittel der behördlichen Amtsermittlung dar (§ 20 Abs. 1 S. 2 SGB X). Es hat erkennbare und deshalb vom Vertragsarzt im Rahmen seiner (gesteigerten) Mitwirkungsobliegenheit (§ 21 Abs. 2 SGB X) nicht erst noch darzulegende Praxisbesonderheiten zum Gegenstand und macht sie sichtbar, indem es aus der (unübersehbaren) Fülle von Arzneimittelverordnungssachverhalten (Rezeptfällen) als Praxisbesonderheiten der Prüfpraxis feststell- und bewertbare Arzneimittelverordnungssachverhalte (Rezeptfälle) „herausfiltert“. Das Filterverfahren beruht auf tatsächlichen (wertenden) Grundannahmen zum (medizinisch richtigen und wirtschaftlichen) Verordnungsverhalten des Großteils der Ärzte und auf der elektronisch gestützten Auswertung der bei der Verordnung von Arzneimitteln angefallenen Daten nach statistischen und medizinisch-pharmakologischen Grundsätzen. Gegen die Anwendung des Filterverfahrens als Hilfsmittel der Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 S. 2 SGB X) ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Anderes gälte nur dann, wenn das Filterverfahren strukturelle Fehler aufwiese, die notwendig zur Feststellung eines unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalts führen müssten, der wiederum nicht Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beurteilungsentscheidung sein könnte. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Im Hinblick auf die tatsächlichen (wertenden) Grundannahmen des Filterverfahrens bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Dass die Grundannahme wirtschaftlichen Handelns (Abrechnens) eines Großteils der Ärzte unmittelbar auf die Durchschnittsprüfung (§ 106 Abs. 2 S. 4 SGB V) bezogen ist, steht ihrer Heranziehung zur Feststellung (und Bewertung) von Praxisbesonderheiten in der Richtgrößenprüfung nicht entgegen. Rechtlich unerheblich ist auch, dass der Fachgruppendurchschnittswert - anders als die (wie vorstehend dargelegt ebenfalls als Durchschnittswert) fungierende Richtgröße - (rein) statistisch ermittelt und nicht normativ festgelegt wird. Es gibt keinen Rechtssatz, der den Prüfgremien die Anwendung jeglicher, rein statistischer Methoden im Rahmen der Richtgrößenprüfung untersagen würde. Die Prüfgremien sind bei der Anwendung des als solchen rechtlich unbedenklichen Filterverfahrens von rechtlichen Maßgaben freilich nicht gänzlich freigestellt. Behördliche Verfahrenshandlungen, wie die Entscheidung zur Anwendung des Filterverfahrens im Einzelfall und ggf. auch die Auswahl des jeweiligen Filters, müssen sachgerecht und frei von Rechtsfehlern erfolgen, um etwaige (Folge-)Fehler in der Sachverhaltsfeststellung, die rechtlich beachtliche Beurteilungsfehler zur Folge haben könnten, zu vermeiden; (Verfahrens-)Entscheidungen der Prüfgremien hinsichtlich der Anwendung des Filterverfahrens wären aber gesondert nicht anfechtbar (vgl. etwa § 44a Verwaltungsgerichtsordnung <VwGO> und BSG, Urteil vom 10.12.1992 - 11 RAr 71/91 -; auch Senatsbeschluss vom 12.11.2010 - L 5 KA 4293/10 ER-B -, beide in juris).

Da das Filterverfahren (nur) ein Hilfsmittel der behördlichen Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 S. 2 SGB X) zur Sichtbarmachung der aus der Fülle der Verordnungsdaten erkennbaren Praxisbesonderheiten darstellt und als wesentlich auf statistischen Grundsätzen beruhendes maschinelles Verfahren die Umstände des jeweiligen Einzelfalls nicht vollständig erfassen kann, bedarf es notwendig der Ergänzung durch eine intellektuelle (Einzelfall-)Prüfung. Diese hat im Rahmen der das (Beurteilungs-)Verfahren abschließenden Beurteilungsentscheidung der Prüfgremien zu erfolgen. Die auf intellektueller Prüfung beruhende Beurteilungsentscheidung hat zum einen die Ergebnisse des Filterverfahrens zum Gegenstand, die nach intellektueller Prüfung als (Teil-)Beurteilungsergebnis übernommen oder ggf. verworfen oder korrigiert werden können. Die Beurteilungsentscheidung muss zum andern aber auch vom Vertragsarzt in Erfüllung seiner gesteigerten Mitwirkungsobliegenheit (§ 21 Abs. 2 SGB X) hinreichend substantiiert geltend gemachte - oder außerhalb des Filterverfahrens - sonst erkennbare Praxisbesonderheiten zum Gegenstand haben. Anderes wäre mit den Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als (wesentlicher) rechtlicher Grenze des behördlichen Beurteilungsspielraums nicht vereinbar. Die Pflicht der Prüfgremien zur abschließenden intellektuellen Prüfung und Beurteilung von Praxisbesonderheiten (i.S.d. § 106 Abs. 5a S. 3 SGB V a.F.) ist damit (auch) notwendige Folge und Ergänzung ihrer Befugnis, hierüber eine autonome und der gerichtlichen Rechtskontrolle in der Sache weitgehend entzogene Beurteilungsentscheidung zu treffen. Das (Ermittlungs-)Ergebnis des Filterverfahrens darf daher nicht unbesehen als Beurteilungsergebnis übernommen werden. Da eine rechtsfehlerfreie Beurteilungsentscheidung Rechtsfehler auch im Beurteilungsvorgang nicht aufweisen darf, kommt es auf das Beurteilungsergebnis und dessen - möglicherweise (erst) durch Nachberechnungen, ggf. im Gerichtsverfahren, bestätigte - Richtigkeit für sich allein nicht an (Senatsurteil vom 26.10.2016, - L 5 KA 3599/13 -, in juris, Rn. 53 ff.; Senatsurteil vom 23.11.2021 - L 5 KA 846/19 -, in juris, Rn. 58; Senatsurteil vom 17.05.2023 - L 5 KA 1147/22 -, n.v.).

(b) Hiervon ausgehend hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise unter Anwendung des Filterverfahrens als Praxisbesonderheiten im Bereich der Filter 5, 6a1, 6a2, 6a3, 6a5, 6c1 und des Ergänzungsfilters 1 (Sonder-ATC) Praxisbesonderheiten in Höhe von 141.258,34 € anerkannt und die Verordnungskosten auf 1.290.081,27 € bereinigt. Fehler bei der Anwendung der Filter sind dem Beklagten nicht unterlaufen.


Auch die das Filterverfahren notwendig ergänzende intellektuelle Prüfung hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Der Beklagte ist seiner Pflicht zur Beurteilung von Praxisbesonderheiten nachgekommen und hat dies auch hinreichend deutlich belegt. Er hat das Ergebnis des Filterverfahrens nicht ungeprüft als Beurteilungsergebnis übernommen. Dies ergibt sich für den Senat ebenso wie für das SG aus der Begründung des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 16.11.2017. Er hat sich mit allen von den Klägern im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgebrachten Argumenten (Schwerpunkt der Praxis liege im Bereich Palliativmedizin, Geriatrie und Gerontopsychiatrie, speziell Demenz, Pflegeheimbetreuung) umfangreich und ausführlich befasst, ist auf alle Argumente der Kläger eingegangen, hat das Filterverfahren erläutert und ausführlich erörtert, wie er zu seinem Ergebnis gelangt ist. Zur Anerkennung weiterer Praxiskosten war der Beklagte nicht verpflichtet. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt im Hinblick darauf, dass sich das klägerische Vorbringen im Klage- und im Berufungsverfahren im Wesentlichen auf die Wiederholung des Vorbringens im Widerspruchsverfahren erschöpft und sich der Beklagte bereits ausführlich mit den Argumenten der Kläger auseinandergesetzt hat, zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug (§§ 153 Abs. 1 und 2, 136 Abs. 3 SGG).

Im Ergebnis haben die Kläger damit im Prüfjahr 2013 ihr Richtgrößenvolumen mit 28,06 % um mehr als 25 % überschritten, weshalb der Beklagte, nachdem es sich um die erste Überschreitung handelte, in Anwendung des § 106 Abs. 5 e SGB V a.F. statt des eigentlich festzusetzenden Regresses eine Beratung festgesetzt hat.

(4) Die Einwände der Kläger greifen nicht durch.

Entgegen der Auffassung der Kläger lassen weder der angefochtene Widerspruchsbescheid des Beklagten noch das Urteil des SG die erforderliche inhaltliche und rechtliche Würdigung des von den Klägern in Bezug genommenen Schreibens vom 18.05.2018 vermissen. Rechtsfehlerfrei hat sich der Beklagte mit der Argumentation zu den
Praxisschwerpunkten Palliativmedizin, Gerontopsychiatrie und Pflegeheimbetreuung auseinandergesetzt. Hierbei hat der Beklagte auch den Vortrag der Kläger berücksichtigt, dass dies angesichts der Einbettung in ein integratives Gesamtkonzept mit umfassender psychosozialer Betreuung von Patienten und Angehörigen einen Schwerpunkt der Praxis darstellt. Zudem finden sich im Widerspruchsbescheid Darlegungen zur Verordnung von Medikamenten (z.B. Antidementiva und Antidepressiva) anderer Hausarztkollegen. Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat der Beklagte in seinem Bescheid dann ausgeführt, die Arzneiverordnungen der Praxis entsprechend der dargelegten Betrachtungs- und Prüfungsweise zur Feststellung und Quantifizierung von Praxisbesonderheiten überprüft und keine weiteren berücksichtigungsfähigen Besonderheiten gefunden zu haben. Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Beklagte sich mit den von den Klägern geltend gemachten Besonderheiten auseinandergesetzt hat. Weiteres war hier nicht erforderlich. Zwar folgt aus § 35 SGB X eine allgemeine Begründungspflicht behördlicher Entscheidungen. Aus der Begründung muss ersichtlich sein, welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung wesentlich sind. Zur Erfüllung der den Prüfgremien obliegenden Begründungspflicht ist aber nicht erforderlich, ausdrücklich auf vom Arzt geltend gemachte Praxisbesonderheiten einzugehen, für dessen Vorliegen sich im Prüfverfahren keine Anhaltspunkte ergeben haben und zu denen keine substantiierten Ausführungen erfolgt sind (BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 -, in juris). Diese substantiierten Einwendungen lassen der Vortrag der Kläger vermissen, so dass sich weder das SG noch der Senat davon überzeugen konnten, dass die Praxis im Prüfjahr 2013 spezielle Strukturen aufwies, aus denen weitere Praxisbesonderheiten folgen könnten. Insbesondere haben die Kläger eine besondere Patientenklientel, die einen Mehraufwand im Verordnungsbereich ausmachen, nicht belegt. Dies gilt gerade im Hinblick auf die im Pflegeheim befindlichen Patienten. Die Betreuung von älteren Patienten könnte zwar eine Praxisbesonderheit darstellen, dies aber nur dann, wenn nachweisbar ein erhöhter Behandlungsbedarf besteht. Hier ist nicht dargelegt, wie viele Patienten konkret von den Klägern als Palliativpatienten angesehen werden und über welchen Zeitraum sich die palliative Situation erstreckt. Im Übrigen macht die Anzahl der von den Klägern in Pflegeheimen betreuten Patienten mit 1,6 % einen lediglich geringen Anteil an der Gesamtanzahl der Patienten aus. Die in der Klagebegründung zudem geltend gemachten geringfügig höheren Anteile der Verordnung bestimmter Medikamente stellt für sich betrachtet noch keine Praxisbesonderheit dar. Hier sind insbesondere Vergleiche der Kosten für die Verordnung einzelner Medikamente mit den Verordnungskosten der Vergleichsgruppe nicht aussagekräftig. Ferner haben die Kläger auch das Vorliegen eines palliativen Schwerpunktes nicht substantiiert dargelegt. Insoweit haben sie darauf hingewiesen, das Therapieziel bestehe gerade bei Palliativpatienten in der Schmerzlinderung. Deswegen bedingten palliative Schwerpunkte vor allem im Bereich der Opioide regelmäßig weit überdurchschnittliche Verordnungen im Vergleich zur Fachgruppe. Dies war jedoch gerade in der klägerischen Praxis für das Verordnungsjahr 2013 (37,28%) im Vergleich zur Fachgruppe (39,05%) nicht der Fall. Zudem wurden in der Praxis der Kläger – wie die Beklagte herausgearbeitet und begründet hat – im Prüfjahr 2013 überwiegend unwirtschaftliche Wirkstoffe verordnet. Insbesondere auf die Ausführungen des Beklagten im Klageverfahren wird insoweit verwiesen.

Soweit die Kläger vermuten, dass die Entscheidung im Klageverfahren ohne Richterwechsel nicht zu ihren Lasten ausgefallen wäre, bleibt dies im Bereich der Spekulation und hat im Übrigen keine Auswirkung auf die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Senat.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

V. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

VI. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts – wie hier – keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 € (§ 52 Abs. 2 GKG) anzunehmen (dazu Urteil des Senats vom 28.04.2021 - L 5 KA 2670/18 -, in juris).


 

Rechtskraft
Aus
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