L 18 AS 279/23

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18.
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 40 AS 35/23
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 279/23
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AS 95/23 B
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Februar 2023 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

 

 

 

 

Tatbestand

 

 

Streitig ist die Gewährung höherer Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch –Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für September und Oktober 2022.

 

Der Beklagte hatte der Klägerin und ihren im gemeinsamen Haushalt lebenden minderjährigen Kindern (Kläger zu 2. bis 4. des erstinstanzlichen Verfahrens) für die Zeit vom 1. Mai 2022 bis 31. Oktober 2022 vorläufig SGB II-Leistungen bewilligt (Bescheide vom 21. April 2022, 27. April 2022, 8. Juni 2022, 21. Juni 2022). Mit Änderungsbescheiden vom 23. August 2022 und 20. Oktober 2022 gewährte der Beklagte der Klägerin zuletzt vorläufige Leistungen für September 2022 iHv insgesamt 793,28 € und für Oktober 2022 iHv insgesamt 953,50 € unter Aufhebung der bisher insoweit ergangenen Bescheide wegen Einkommenserzielung aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit im September 2022 und vollständiger Übernahme der im Oktober 2022 fälligen Nachforderung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2021 iHv 338,56 € (September 2022: Regelbedarf  = 401,64 € <449,- € abzgl anrechenbares Einkommen iHv 47,36 € aus dem den Bedarf übersteigendem Einkommen des Kindes Emily>, Mehrbedarf für Alleinerziehende = 161,64 €, anteilige und insoweit ungekürzte Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung <KdUH> = 230,- €>; Oktober 2022: Regelbedarf  = 449,- €, Mehrbedarf für Alleinerziehende = 161,64 €, anteilige und insoweit ungekürzte Leistungen für KdUH einschließlich anteiliger Betriebskostennachzahlung = 342,86 €). Den gegen den Änderungsbescheid vom 23. August 2022 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2022).

 

Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die zunächst auch namens der minderjährigen Kinder erhobene, unter Bezugnahme auf die im Laufe des Jahres 2022 erfolgten erheblichen Preissteigerungen auf die Gewährung höherer Regelleistungen für September und Oktober 2022 gerichtete Klage unter Zulassung der Berufung abgewiesen (Urteil vom 16. Februar 2023).

 

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin nach Rücknahme der Berufung im Übrigen ihr Begehren auf Gewährung einer um mtl 53,- € erhöhten Regelleistung weiter. Der Gesetzgeber sei aus verfassungsrechtlichen Gründen gehalten gewesen, zeitnah auf die inflationsbedingten Preissteigerungen des Jahres 2022 zu reagieren. Auf die Berufungsschrift vom 28. März 2023 wird insoweit Bezug genommen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Februar 2023 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 23. August 2022 und 20. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2022 zu verurteilen, ihr für September und Oktober 2022 jeweils um 53,- € erhöhte Regelleistungen zu gewähren.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

 

Die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung des Senats gewesen.

 

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

 

Die Bescheide der Beklagten vom 23. August 2022 und 20. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2022 sind in dem nach der Berufungsrücknahme der Kläger zu 2) bis 4) des erstinstanzlichen Verfahrens (noch) zur Prüfung stehenden Umfang rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Streitig ist nur die Gewährung höherer Regelleistungen (vgl zur Abtrennbarkeit des Streitgegenstands bzgl KdUH zB Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 119 – Rn 13 mwN). Der – nicht abtrennbare – Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 SGB II wurde der Klägerin im Streitzeitraum ungekürzt gewährt (mtl 161,64 €).

 

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem angefochtenen SG-Urteil die als abschließende Festsetzung geltende Bewilligung aus dem Bescheid des Beklagten vom 23. August 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2022, soweit der Monat September 2022 betroffen ist. Die Vorläufigkeit dieser Bewilligung hat sich insoweit durch Zeitablauf erledigt; die Leistungen für September 2022 gelten insoweit gemäß § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II zwischenzeitlich als abschließend festgesetzt. Diese abschließende Festsetzung ist Gegenstand des Klageverfahrens, in dem die Klägerin ursprünglich den vorläufigen Bewilligungsbescheid des Beklagten angefochten hat. Weil die Klägerin ihr Klagebegehren nicht beschränkt hat, ist über den abschließend bestimmten Leistungsanspruch für September 2022 insgesamt zu entscheiden. Durch die Erhebung der Klage gegen den vorläufigen Bescheid wird der Eintritt der Fiktionswirkung des § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht gehindert (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 18. Mai 2022 – B 7/14 AS 1/21 R = SozR 4-4200 § 41a Nr 4). Auch hinsichtlich der weiter streitgegenständlichen Regelleistungen der Klägerin für Oktober 2022, die der Beklagte zuletzt mit dem gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 23. August 2022 gewordenen Bescheid vom 20. Oktober 2022 vorläufig festgesetzt hatte, ist indes kein Grund mehr für eine gerichtliche Entscheidung (nur) über vorläufige Leistungen ersichtlich. Denn eine Einkommensanrechnung erfolgte bei der Klägerin zuletzt für Oktober 2022 nicht mehr; ihr wurden die vollen gesetzlichen Regelleistungen, der ungekürzte Mehrbedarf für Alleinerziehende und die vollen anteiligen KdUH einschließlich der im Oktober 2022 fälligen Nachzahlung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für 2021 bewilligt (vgl Bescheid vom 20. Oktober 2022). In diesem Fall liegt kein Grund (mehr) vor, weshalb das Gericht den Streit nicht endgültig klären sollte. Denn jedenfalls in Bezug auf die Klägerin lagen die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht (mehr) vor (vgl insoweit BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 13/14 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 86 – Rn 15,16 mwN).

 

Der Klägerin stehen höhere Regelleistungen als die gesetzlich geregelten (mtl 449,- €) im Streitzeitraum nicht zu.

 

Die Klägerin erfüllte die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte sowie erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II war. Sie war auch hilfebedürftig iSv § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 9 Abs. 1 SGB II, da sie über kein bedarfsdeckendes Einkommen iSv § 11 SGB II verfügte. Nach § 67 Abs. 1, Abs. 2 SGB II ist für den hier streitigen Bewilligungszeitraum zu vermuten, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist. Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, Abs. 4a und 5 SGB II greifen nicht zu Ungunsten der Klägerin ein.

 

Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Höhe des der Klägerin zustehenden Regelbedarfs richtet sich nach § 20 Abs. 1a Satz 1 SGB II. Danach wird der Regelbedarf in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe (§ 20 Abs. 2 bis 4 SGB II) entsprechend § 28 Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) iVm dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) und den §§ 28a und 40 SGB XII iVm der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Die Klägerin ist alleinerziehend und der Beklagte hat entsprechend der Regelbedarfsstufe 1 eine Regelleistung iHv mtl 449,- € in Ansatz gebracht. Dass der Beklagte ihr mit den angefochtenen Bescheiden weniger als die gesetzlich vorgesehenen Leistungen gewährt hätte, behauptet die Klägerin auch nicht.

 

Die Höhe des Regelbedarfs genügt im streitigen Zeitraum nach Überzeugung des Senats auch weiterhin den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Staat hat im Rahmen seines Auftrags zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins erfüllt werden, wenn einem Menschen die hierfür erforderlichen notwendigen materiellen Mittel weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus seinem Vermögen oder durch Zuwendungen Dritter zur Verfügung stehen. Dem Gesetzgeber steht hinsichtlich der Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum zu (vgl Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 – juris – Rn 133, 134; Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16 – juris – Rn 118, 119). Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (vgl BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 - juris – Rn 81). Hiervon kann in den hier streitigen Monaten September und Oktober 2022 nicht ausgegangen werden.

 

Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des BVerfG (vgl ua Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 371/11 - juris; Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 -) ist der Senat überzeugt, dass die Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf durch den Gesetzgeber im Rahmen des SGB II grundsätzlich den Anforderungen an eine hinreichend transparente, jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigende Bemessung der Leistungshöhe genügt. Der Gesetzgeber hat die relevanten Bedarfsarten berücksichtigt, die für einzelne Bedarfspositionen aufzuwendenden Kosten mit einer von ihm gewählten, im Grundsatz tauglichen und im Einzelfall mit hinreichender sachlicher Begründung angepassten Methode sachgerecht, also im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und auf dieser Grundlage die Höhe des Gesamtbedarfs bestimmt. Es ist nicht erkennbar, dass er für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert hat (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 – Rn 89; Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 371/11 – Rn 52).

 

Vorliegend macht die Klägerin geltend, dass es eine wesentliche Verteuerung der Lebensmittel und die höchste Inflation seit 30 Jahren gebe. Zutreffend ist, dass die Erhöhung der Regelbedarfsstufen hinter der aktuellen Inflation zurückgeblieben ist. So sind die Regelbedarfsstufen nach § 8 des RBEG zum 1. Januar 2022 nur um 0,76 % erhöht und die Ergebnisse nach § 28 Abs. 5 SGB XII auf volle Euro gerundet worden (vgl § 1 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022 vom 13. Oktober 2021), während laut dem Statistischen Bundesamt der Verbraucherpreisindex im Vergleich zum Vorjahresmonat wie folgt gestiegen ist: Oktober 2021 +4,4 %, November 2021 +4,8 %, Dezember 2021 +4,9 %, Januar 2022 +4,2 %, Februar 2022 +4,3 %, März 2022 +5,9 %, April 2022 +6,3 %, Mai 2022 +7 %, Juni 2022 +6,7 %, Juli 2022 +6,7 %. August 2022 +7,0 %, September 2022 +8,6 %, Oktober 2022 +8,8% (Quelle:

https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Tabell-en/Verbraucherpreise/-12Kategorien.html#236118).

Die durchschnittliche Preissteigerung im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat betrug damit im September und Oktober 2022 8,7 %. In Bezug auf die Regelsatzhöhe haben sich die Kosten damit durchschnittlich um 35,80 €/Monat für den Zeitraum September/Oktober 2022 erhöht (446 x 0,087 = 38,80 € abzgl. Regelsatzerhöhung von 3,- €).

 

Diese durchschnittliche Preissteigerung führt nach Überzeugung des Senats in dem hier streitigen Zeitraum für die Klägerin noch nicht zu einer evident unzureichenden Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der erhebliche Anstieg der Inflation spätestens seit März 2022 bedingt durch die kumulierten Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und des Ukraine-Krieges bereits im September/Oktober 2022 zu einer offensichtlichen und erheblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter geführt hat, da eine vom BVerfG geforderte zeitnahe Reaktion des Gesetzgebers (vgl BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 – Rn 144) erfolgt ist, indem nach § 73 SGB II für den Monat Juli 2022 von Amts wegen eine Einmalzahlung in Höhe von 200,- € gewährt wurde, die auch die Klägerin erhalten hat (vgl Bescheid vom 23. Juli 2022).

 

Die Einmalzahlung erfolgte zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen (Wortlaut der Norm), die beispielsweise für den Kauf spezieller Hygieneprodukte und Gesundheitsartikel (insbesondere FFP2-Masken), aber auch in Folge der pandemiebedingten Inflation entstanden sind (BR-Drucksache 125/22, S 14). Die ursprünglich iHv 100,- € vorgesehene Leistung ist vor dem Hintergrund des Beschlusses in der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 7. April 2022 über die Einbeziehung der aus der Ukraine geflüchteten Menschen in den Anwendungsbereich des SGB II auf 200,- € verdoppelt worden und soll dem unmittelbaren pauschalen Ausgleich für etwaige aktuell bestehende finanzielle Mehrbelastungen in Anbetracht aktueller Preissteigerungen dienen (BT-Drucksache 20/1768, S 27). Mit der Einmalzahlung iHv 200,- € hat der Gesetzgeber nicht die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen abgewartet (vgl BVerfG aaO), sondern die durch die Pandemie und die Inflation entstandenen zusätzlichen Kosten bei den SGB II-Leistungen berücksichtigt. Ein Anspruch der Klägerin auf weitere Leistungen besteht nicht (vgl zum Ganzen Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2022 – L 3 AS 1169/22 – juris; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11. Oktober 2022 – L 6 AS 87/22 B ER – juris).

 

Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Gesetzgeber gerade vor dem Hintergrund der andauenden inflationsgetriebenen Preisentwicklung bei der Einführung des Bürgergeldes und der damit verbundenen Dynamisierung der Regelleistungen zum 1. Januar 2023 einen neuen Anpassungsmechanismus geregelt hat, der die Lohn- und Preisentwicklung deutlich zeitnäher widerspiegelt. Er trägt damit dem vom BVerfG geforderten Prüfstandard uneingeschränkt Rechnung. Seit 1. Januar 2023 sehen § 28a Abs. 3 und Abs. 4 SGB XII eine zweistufige Fortschreibung vor, die neben der bisherigen Fortschreibung anhand eines Mischindexes („Basisfortschreibung“), die zum 1. Januar 2023 (nur) zu einer Erhöhung um 4,54 % (auf 469,38 €) geführt hätte, eine „ergänzende Fortschreibung“ auf der Grundlage der aktuellen regelbedarfsrelevanten Preisentwicklung im Vergleichszeitraum, dem jeweils 2. Quartal des Kalenderjahres, umfasst. Dies hatte zum 1. Januar 2023 eine weitere Erhöhung der Basisfortschreibung um 6,9 % zur Folge (auf gerundet 502,- €), was insgesamt zu einer Erhöhung des Regelsatzes um 11,8 % geführt hat. Zum 1. Januar 2024 ergibt diese Berechnung eine weitere Erhöhung um 12,2 % auf mtl 563,- €. Letztlich hat der Gesetzgeber damit in einem zumutbaren Zeitraum ein inflationsgeschütztes Grundsicherungsniveau geschaffen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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