L 10 R 586/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 967/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 586/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Streitgegenstand bei der rentenschädlichen Anrechnung von Einkommen nach § 97 Abs. 1 SGB VI ist die Festsetzung des Anrechnungsbetrags. Die Rücknahmeentscheidung ist hinreichend bestimmt, wenn sich nach dem Gesamtzusammenhang der Anrechnungsbetrag, der betroffene Zeitraum und damit auch die zurückzunehmenden Bescheide erkennen lassen. Grob fahrlässige Falschangaben liegen auch dann vor, wenn der Versicherte trotz Bestehen einer gesetzlichen Mitteilungspflicht relevante Umstände bewusst verschweigt.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.12.2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Sache darüber, ob die Beklagte die monatlich an den Kläger zur Auszahlung gelangten Beträge seiner Witwerrente ab 01.03.2001 wegen der Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit herabsetzen und für die Zeit vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 einen überzahlten Betrag i.H.v. 15.416,50 € zurückfordern darf.

Der 1939 geborene Kläger ist Witwer seiner 1944 geborenen und1991 verstorbenen Ehefrau I1, geborene R1 (im Folgenden nur: Versicherte). Auf seinen Antrag vom 27.04.1991 bewilligte ihm die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA - (im Folgenden einheitlich: Beklagte), mit Bescheid vom 25.07.1991 (Bl. 31 ff. Falz I VerwA) Witwerrente beginnend ab dem 03.04.1991 unter Anrechnung von Erwerbseinkommen des Klägers. Im Rentenbescheid belehrte ihn die Beklagte u.a. dahingehend, dass die gesetzliche Verpflichtung bestehe, ihr eine Erhöhung oder das Hinzutreten von Einkommen unverzüglich mitzuteilen, wobei sich diese Mitteilungspflicht bei einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung erübrige. Auch wies sie auf das Ruhen einer Hinterbliebenenrente bei Hinzutreten von Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen hin.

In der Folge berechnete die Beklagte die große Witwerrente des Klägers unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Rentenwerts bzw. wegen Änderungen des anzurechnenden Einkommens aus Beschäftigung respektive einer Änderung des zu berücksichtigenden Anteils an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten mehrmals neu, wobei sie namentlich in den Bescheiden vom 13.05.1996, 02.06.1997 und vom 12.05.1998 jeweils auf die im früheren Rentenbescheid erteilten Hinweise zu Mitteilungspflichten sowie auf die dort genannten Umstände mit möglicher Auswirkung auf die Höhe der bewilligten Leistung aufmerksam machte.

Mit Rentenbescheid vom 27.03.2001 (S. 29 ff. SG-Akte) berechnete die Beklagte die Witwerrente abermals neu, dieses Mal für die Zeit ab dem 01.03.2001, weil der Kläger ab diesem Datum Altersrente aus seiner eigenen Versicherung von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg bezog, sodass nunmehr (allein) dieses Erwerbsersatzeinkommen auf die große Witwenrente angerechnet wurde.

Mit Datum vom 06.08.2001 erließ die Beklagte sodann einen weiteren Rentenbescheid (S. 38 ff. SG-Akte), mit dem sie die große Witwerrente wiederum für die Zeit ab dem 01.03.2001 neu berechnete; hierbei setzte sie für die Zeit ab 01.03.2001 ein höheres anzurechnendes Altersrenteneinkommen als zuvor fest.

Es folgten weitere Neuberechnungsbescheide: vom 08.03.2004 (für die Zeit ab dem 01.04.2004, S. 48 f. SG-Akte), vom 08.11.2004 (für die Zeit ab dem 01.01.2005, S. 50 ff. SG-Akte) und vom 04.02.2005 (für die Zeit ab dem 01.04.2005, S. 53 ff. SG-Akte) jeweils wegen Beitragssatzänderungen sowie vom 18.05.2006 (für die Zeit ab dem 01.07.2006, S. 56 ff. SG-Akte) wegen einer Beitragssatzänderung und einer Änderung des anzurechnenden Einkommens und vom 24.09.2014 (für die Zeit ab dem 01.07.2014, S. 60 ff. SG-Akte) wegen des Zuschlags für Kindererziehung („Mütterrente“) sowie wiederum wegen einer Änderung des Anrechnungsbetrags aus dem Altersrenteneinkommen.

Anfang April 2019 erfuhr die Beklagte über einen Betriebsprüfungsdatensatz von geringfügigen, nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungen des Klägers im Zeitraum von Anfang 2008 bis Anfang 2010 und von Mitte 2010 bis Mitte 2016. Das daraufhin von der Beklagten befragte Unternehmen P1 GmbH teilte mit Schreiben vom 09.05.2019 und 18.09.2019 (Bl. 21 ff. und 53 ff. Falz II VerwA) mit, dass der Kläger bei ihr vom 01.06.2010 bis 30.06.2016 (geringfügig) beschäftigt gewesen sei (zu den Bruttoarbeitsentgelten s. im Einzelnen Bl. 23 und Bl. 55 Rs. Falz II VerwA). Die ebenfalls befragte Fa. P2 GmbH gab an (Schreiben vom 04.06.2019, Bl. 24 Falz II VerwA), über die angefragten Beschäftigungszeiten keine Angaben mehr machen zu können. Die Beklagte wandte sich daraufhin u.a. an die DRV Baden-Württemberg, die Ausdrucke aus ihrer Betriebsprüferdatei und einen aktuellen Kontospiegel übersandte (Bl. 28 ff. Falz II VerwA, dort u.a. Jahresmeldungen für die Jahre 2008 und 2009 über eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit Arbeitgeberbeiträgen und einem Jahresarbeitsentgelt von 4.800,00 € bzw. 4.469,00 €), und im Anschluss an die DRV Knappschaft-Bahn-See. Die dortige Minijob-Zentrale bescheinigte sodann mit Schreiben vom 26.08.2019 (Bl. 49 Falz II VerwA) folgende Zeiten geringfügiger Beschäftigung des Klägers (jeweils mit Arbeitgeberbeitragsabführung zur gesetzlichen Rentenversicherung): 01.04.2003 bis 31.12.2007 bei der Fa.  P2 GmbH und 01.02. bis 30.06.2005 bei der Fa. P1 GmbH, jeweils mit Angabe der Jahresarbeitsentgelte. Die Tochter des Klägers übersandte ferner DEÜV-Meldebescheinigungen der Fa. P2 GmbH betreffend die Jahre 2001 bis 2006 (s. im Einzelnen Bl. 42 Rs. ff. Falz II VerwA), beginnend ab dem 01.01.2001 (jeweils geringfügige Beschäftigung mit Abführung von Arbeitgeberbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung).

Mit Anhörungsschreiben vom 26.09.2019 (Bl. 75 f. Falz II VerwA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Anspruch auf Witwerrente kraft Gesetzes zu kürzen sei, weil er neben seinem Renteneinkommen seit dem 01.03.2001 Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielt habe. Es sei daher beabsichtigt, „den Bescheid vom 27.03.2001“ mit Wirkung ab dem 01.03.2001 zurückzunehmen (Hinweis auf § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) und eine wegen des höheren Anrechnungsbetrags eingetretene Überzahlung i.H.v. 15.416,50 € in der Zeit vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 (Hinweis auf die angeschlossene Berechnungsübersicht, s. dazu Bl. 56 ff. Falz II VerwA) gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern. Der Kläger habe die Fehlerhaftigkeit des Bescheids erkannt bzw. erkennen können, weil er über die Auswirkungen von (weiterem) Einkommen auf die (reduzierte) Höhe bzw. den Wegfall der Witwenrente belehrt worden sei. Eine unbillige Härte der Rückforderung sei nach Aktenlage nicht erkennbar.

Mit Schreiben vom 26.11.2019 (Bl. 80 f. Falz II VerwA) machte der Prozessbevollmächtigte des - zwischenzeitlich an Demenz erkrankten - Klägers geltend, dass dieser zwar eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt habe, es allerdings „fraglich erscheine“, ob er über seine Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten „hinreichend“ aufgeklärt worden sei. Die Beschäftigung sei nie „verschwiegen“, sondern es seien „entsprechende Pflichtbeiträge“ an „die DRV als Einzugsstelle“ abgeführt worden. Dementsprechend habe der Kläger davon ausgehen können, dass die Witwerrentenleistungen korrekt berechnet worden seien. Deshalb sei die Fehlerhaftigkeit „des Bescheides“ nicht erkennbar gewesen. Außerdem habe die Beklagte ihre Prüfung deutlich früher einleiten müssen (Hinweis auf § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X).

Mit Bescheid vom 11.12.2019 (Bl. 125 ff. Falz II VerwA) berechnete die Beklagte die große Witwenrente des Klägers unter Anrechnung des Altersrenteneinkommens und des Erwerbseinkommens aus geringfügiger Beschäftigung - sowie unter Berücksichtigung einer Rentenanpassung und Beitragssatzanpassungen - für die Zeit ab dem 01.01.2001 neu, setzte höhere monatliche Anrechnungsbeträge fest, verfügte die „Rücknahme früherer Bescheide“ (Bl. 125 Rs. unten Falz II VerwA) und ordnete unter Hinweis auf die Berechnungsübersicht (Anlage zum Bescheid, Bl. 142 Rs. ff. Falz II VerwA) die Erstattung einer eingetretenen Überzahlung in der Zeit vom 01.03.2001 bis 31.12.2019 (wobei sich ausweislich der Berechnungsübersicht für die Zeit ab dem 01.10.2015 kein Erstattungsbetrag [mehr] ergibt, monatlicher Überzahlungsbetrag vielmehr 0,00 €, s. Bl. 144 Rs. f. Falz II VerwA) i.H.v. insgesamt 15.416,50 € an. Der Bescheid vom 27.03.2001 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 01.03.2001 nach § 45 SGB X zurückgenommen. Der Kläger habe die Fehlerhaftigkeit der Rentenhöhe wegen der Nichtanrechnung (auch) des Einkommens auf seiner geringfügigen Beschäftigung erkennen können und müssen, da zu keinem Zeitpunkt dieses Erwerbseinkommen angerechnet worden sei. Die Anmeldung seiner Beschäftigung unter seiner Versicherungsnummer habe ihn auch nicht davon entbunden, der Beklagten über sein Erwerbseinkommen entsprechende Mitteilung zu machen, worauf er schon im Rentenbewilligungsbescheid ausdrücklich hingewiesen worden sei. Im Rahmen des auszuübenden Ermessens bestünden auch keine Gründe, von der Bescheidrücknahme ganz oder teilweise abzusehen.

Mit Bescheid vom 12.12.2019 (Bl. 176 ff. Falz II VerwA) berechnete die Beklagte sodann die große Witwenrente des Klägers für die Zeit ab dem 01.01.2020 neu unter Berücksichtigung eines höheren Zuschlags für Kindererziehung („Mütterrente“).

Mit seinem Widerspruch vom 13.01.2020 (Bl. 120 ff. Falz II VerwA) gegen den Bescheid vom 11.12.2019, mit dem sich der Kläger gegen die „verfügte Aufhebung und Erstattung für den Zeitraum ab dem 01.03.2001 (Überzahlung 15.416,50 €)“ wandte, machte er unter Wiederholung seines Vorbringens im Anhörungsverfahren geltend, dass er „immer das Einkommen mitgeteilt“ habe; die „entsprechenden Meldungen“ seien „der Widerspruchsgegnerin übermittelt“ worden. „Die Bescheide“ seien zudem „sehr umfangreich und schwer verständlich“ gewesen, sodass „einem Laien“ nicht vorgeworfen werden könne, wenn er die Berechnung der Leistungen nicht erfasse. Bezüglich der „hinreichenden Aufklärung“ seien in dem angefochtenen Bescheid zudem überhaupt keine Ausführungen gemacht worden. Hinzukomme, dass die Beklagte bereits „vor dem Ende der Jahresfrist“ durch die „Meldungen über das Beschäftigungsverhältnis“ Kenntnisse über das Einkommen gehabt habe. Auch habe die Beklagte ihr Ermessen nur formelhaft ausgeübt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2020 (S. 12 ff. SG-Akte) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bescheid vom 27.03.2001 und die Folgebescheide enthielten rechtswidrige begünstigende Regelungen zur Einkommensanrechnung gemäß § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil das Einkommen des Klägers aus geringfügiger Beschäftigung nicht angerechnet worden sei. Diese Regelungen habe die Beklagte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen dürfen, da der Kläger grob fahrlässig sein Einkommen aus Beschäftigung verschwiegen habe, obgleich er im Bewilligungsbescheid vom 25.07.1991 und in den Folgebescheiden auf die Erheblichkeit von Einkommen für die Rentenhöhe sowie auf eine Mitteilungspflicht bei Hinzutritt oder Änderung von Einkommen hingewiesen worden sei. Ein Mitverschulden daran treffe die Beklagte nicht, nachdem ihr insbesondere ein Datenaustausch gar nicht möglich gewesen sei, eben weil der Kläger seine geringfügigen Beschäftigen verschwiegen habe; unabhängig davon bestünde für die Beklagte als Hinterbliebenenkontoführerin auch keine Pflicht, irgendwelche Verknüpfungen mit dem eigenen Versicherungskonto des Begünstigten herzustellen (Hinweis auf obergerichtliche Rechtsprechung). Die Jahresfrist sei ausgehend von den im April 2019 erstmals erhaltenen Hinweisen auf bisher nicht angerechnetes Einkommen aus Beschäftigung gewahrt. Im Rahmen der Ermessenausübung (mit weiteren Ausführungen und mit Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -) überwögen die Gründe für eine Bescheidrücknahme. Die Erstattungspflicht des überzahlten Betrags i.H.v. insgesamt 15.416,50 € beruhe auf § 50 Abs. 1 SGB X.

Hiergegen hat der Kläger am 26.03.2020 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.

Nach Hinweisen des SG (s. im Einzelnen Verfügung vom 05.06.2020, S. 26 SG-Akte, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 80 ff. SG-Akte, an der für den Kläger nach ordnungsgemäßer Ladung und nach erklärtem Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, S. 79 SG-Akte, niemand teilgenommen hat) - zu denen sich die Klägerseite nicht geäußert hat - hat es den Bescheid vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 mit Urteil vom 07.12.2020 aufgehoben und angeordnet, dass die Beklagte die außergerichtliche Kosten des Klägers dem Grunde nach zu erstatten hat. Zur Begründung hat das SG zusammengefasst ausgeführt, dass die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids keine Rücknahme „auch“ der Bescheide ab dem 06.08.2001 verfügt habe, sondern allein des Bescheids vom 27.03.2001, der indes durch den Bescheid vom 06.08.2001 ersetzt und damit wirkungslos geworden sei. Eine Auslegung des Bescheids vom 11.12.2019 dahingehend, dass die nicht näher bezeichneten diversen Bescheide ab dem 06.08.2001 Gegenstand der Rücknahme gewesen sein sollten, scheide vorliegend aus. Die Grenze einer derartigen Auslegung liege dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibe, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet sei, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekanntzugeben (Hinweis auf BSG 25.10.2017, B 14 AS 9/17 R). Die hier streitige Entscheidung nach § 45 SGB X betreffe die Rücknahme von Verwaltungsakten. Diese würde wiederum in Bescheiden verlautbart (BSG 07.04.2016, B 5 R 26/15 R) und derartige Bescheide würden zwischen Beteiligten in der Regel mit ihrem Datum hinreichend bestimmbar bezeichnet. Der erkennbare Wille, „die Witwerrente rückwirkend geringer zu bewilligen“, könne damit die Rücknahmeentscheidung nicht in dem Sinne heilen, dass nunmehr der in dem Bescheid vom 06.08.2001 verlautbarte andere Verwaltungsakt und die danach ergangenen verschiedenen Regelungen der Höhe der Witwerrente Gegenstand der Rücknahme sein sollten. Es liege zwar eine nach § 33 SGB X hinreichend bestimmte Entscheidung über die Rücknahme vor, die Bezeichnung der aufzuhebenden Bescheide sei aber keine Frage der Bestimmtheit der Aufhebung, sondern betreffe deren Regelungsgehalt (Hinweis auf BSG 29.11.2012, B 14 AS 196/11 R, in juris, Rn. 19). Vorliegend sei der zurückzunehmende Bescheid genau mit dem Datum 27.03.2001 bezeichnet worden. Die übrigen Bescheide ab dem 06.08.2001 könnten auch nicht klar identifiziert werden. Denn auch die von der Beklagten auf Aufforderung des Gerichts noch vorgelegten Bescheide seien „offensichtlich nicht vollständig“, da wegen der Neuberechnung der Altersrente mit jeder Rentenanpassung jeweils für den 01.07. jeden Jahres eine Neuberechnung der Witwerrente vorgenommen worden sei. Die Rücknahme des Bescheides vom 27.03.2001 gehe nach alledem ins Leere und sei damit unwirksam.

Die Kammer könne sich auch nicht von einer groben Fahrlässigkeit des Klägers i.S.d. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X überzeugen. Bezugspunkt sei dabei „nicht unmittelbar die Verletzung der nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bestehenden Obliegenheit (des Klägers) zur Mitteilung der geringfügigen Beschäftigung, sondern die jedenfalls nach Parallelwertung in der Laiensphäre zu erkennende teilweise Rechtswidrigkeit der Bewilligung der Witwerrente der Höhe nach. Es bestünden gewichtige Zweifel daran, dass dem Kläger, dessen geringfügige Beschäftigung zumindest ab dem 01.04.2003 der DRV Knappschaft-Bahn-See als Minijob-Zentrale gemeldet worden war, ohne Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße hätte bekannt sein müssen, dass dieses Einkommen entgegen § 97 SGB VI i.V.m. § 18a ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) neben dem angerechneten Einkommen aus der Altersrente rechtswidrig keine Berücksichtigung bei der Witwerrente gefunden hatte. Die Rechtswidrigkeit (auch) der Erstattungsverfügung nach § 50 Abs. 1 SGB X ergebe sich aus der ins Leere gehenden Rücknahmeentscheidung.

Gegen das ihr am 26.01.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.02.2021 Berufung eingelegt. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass alle maßgeblichen Bescheide - und gerade nicht allein der Bescheid vom 27.03.2001 - wirksam zurückgenommen worden seien, auch ohne Nennung ihres jeweiligen Datums. Vorliegend gehe es, auch von Anfang an, beginnend mit der Anhörung des Klägers, um die Nichtanrechnung von weiterem, von ihm verschwiegenem Erwerbseinkommen auf seine Witwerrente für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 und um die deswegen in diesem Zeitraum stattgehabten Überzahlung, derentwegen eine entsprechende Erstattung vom Kläger gefordert werde, gegen die er sich - ebenfalls von Anfang an - gewandt habe. Für den Kläger erkennbar habe somit dem Bescheid vom 11.12.2019 ein den gesamten Rücknahmezeitraum erfassender einheitlicher Rücknahmesachverhalt zugrunde gelegen, der schlichtweg alle für diesen Zeitraum ergangenen Bescheide umfasse. Demgemäß habe der anwaltlich vertretene Kläger auch zu keinem Zeitpunkt im Verfahren irgendwelche Zweifel an einer wirksamen Rücknahme aller Bescheide, die für den Überzahlungszeitraum eine Regelung hinsichtlich der Rentenhöhe getroffen hätten, artikuliert, sondern vielmehr den angefochtenen Ausgangsbescheid genauso verstanden, wie dieser gemeint gewesen sei. In der Rechtsprechung sei auch anerkannt, dass es für eine wirksame Bescheidaufhebung nicht erforderlich sei, alle aufzuhebenden Bescheide mit ihrem Datum zu benennen, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügungssätze des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, dem Inhalt der Begründung des Bescheids und den bekannten Umständen unzweideutig ergebe, dass auch die anderen, nicht ausdrücklich bezeichneten Bescheide vom Aufhebungsverwaltungsakt ebenso wie vom Erstattungsverwaltungsakt erfasst sein sollen (Hinweis u.a. auf BSG 25.10.2017, B 14 AS 9/17 R). Dabei sei auch unschädlich, dass vorliegend im Bescheid vom 11.12.2019 statt des Bescheids vom 06.08.2001 der Bescheid vom 27.03.2001 genannt worden sei (Hinweis auf BSG 07.07.2005, B 3 P 8/04 R).

Entgegen dem SG lägen auch die Voraussetzungen für eine rückwirkende Bescheidrücknahme nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X vor. Der Kläger habe trotz entsprechender Belehrung im Rentenbewilligungsbescheid vom 25.07.1991 und in den nachfolgenden Bescheiden den Hinzutritt von Erwerbseinkommen aus geringfügiger Beschäftigung seit dem 01.03.2001 verschwiegen. Seine entsprechende Mitteilungspflicht habe der Kläger mindestens grob fahrlässig verletzt, zumal es bei der Verpflichtung, Einkommen mitzuteilen, keine Differenzierung zwischen Einkommen, das zur Beitragszahlung beim Rentenversicherungsträger führe und sonstigen Einkommen gebe. Auch habe es dem Kläger oblegen, die ihm erteilten Bescheide vollständig zu lesen. Dabei hätte er erkennen könne und müssen, dass ausschließlich seine Versichertenrente, nicht aber das Arbeitsentgelt angerechnet worden sei und dass die fehlende Berücksichtigung des Arbeitsentgelts zu einer (weiteren) Rentenminderung hätte führen müssen. Dazu seien neben dem Lesen der Bescheide nur einfachste Überlegungen anzustellen gewesen, nicht jedoch irgendwelche komplexen oder schwer verständlichen Berechnungen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.12.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat das Urteil des SG verteidigt. „Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung“ seien zu unbestimmt, weswegen die angefochtenen Bescheide allein deshalb rechtswidrig sein „dürften“. Außerdem lasse sich eine „zumindest“ grobe Fahrlässigkeit des Klägers nicht herleiten, da er seine geringfügige Beschäftigung „gegenüber der DRV Knappschaft-Bahn-See angemeldet“ habe, sodass die Beklagte hinreichende Kenntnis von „diesem Mini-Job“ gehabt habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (s. S. 31 f. Senats-Akte).


Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig und auch begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist (allein) der Bescheid der Beklagten vom 11.12.2019 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom
25.02.2020, dies indes nur insoweit, wie die Beklagte damit die dem Kläger mit Bescheid vom 25.07.1991 bewilligte Witwerrente aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 unter Zugrundelegung des (weiteren) Hinzuverdienstes des Klägers aus geringfügiger Beschäftigung (genauer: unter Festsetzung eines höheren, rentenschädlichen Anrechnungsbetrags aus weiterem Einkommen, s. dazu noch sogleich) in diesem Zeitraum „neu berechnet“, „den Bescheid vom 27.03.2001“ sowie „Folgebescheide“ (auch dazu noch sogleich) insoweit hinsichtlich der Rentenhöhe zurückgenommen und die Erstattung eines rentenüberzahlten Betrags i.H.v. 15.416,50 € im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 (s.u.) wegen der nicht erfolgten Anrechnung angeordnet hat.

Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 (i.V.m. § 114) SGB VI ist der Rentenversicherungsträger ermächtigt, Erwerbseinkommen von Berechtigten, das mit einer Witwerrente „zusammentrifft“, hierauf (d.h. auf die monatlichen Rentenzahlungsansprüche) durch (Dauer-)Verwaltungsakt anspruchsvernichtend „anzurechnen“. Ein derartiges Zusammentreffen von Einkommen und Witwerrente liegt im Rechtssinne vor, wenn der Rentenberechtigte für denselben Zahlungszeitraum (d.h. bei Renten: für einen bestimmten Kalendermonat; vgl. § 118 Abs. 1 SGB VI) gegen den Träger der Rentenversicherung aus einem Renten(stamm)recht einen Zahlungsanspruch auf Rente hat und ihm zeitgleich außerdem ein Recht auf Einkommen u.a. aus eigener Erwerbstätigkeit zusteht (statt vieler nur BSG 25.01.2001, B 4 RA 110/00 R, in juris, Rn. 21 m.w.N., auch zum Vorstehenden).

Bei dieser Anrechnung und damit der Sache nach (vgl. dazu die mehrmaligen Beanstandungen des BSG hinsichtlich der missverständlichen Formulierungen der Rentenversicherungsträger in der Praxis, etwa BSG 27.05.2014, B 5 R 6/13 R, in juris, Rn. 12 m.w.N. zur st. Rspr.) auch bei der vorliegend in Rede stehenden „Neuberechnung“ der Witwerrente des Klägers mit Wirkung für die Vergangenheit wegen hinzugetretenem Erwerbseinkommen aus geringfügiger Beschäftigung mit dem Bescheid vom
11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 handelt es sich rechts- und verfügungstechnisch um die Festsetzung eines monatlichen Anrechnungsbetrags (hier wegen weiterem rentenschädlichen Einkommen), also um eine eigenständige, isolierte Regelung (s. statt vieler nur BSG 27.05.2014, B 5 R 6/13 R, a.a.O. Rn. 12, 15 m.w.N. unter Hinweis auf die Unterscheidung zwischen dem Anspruch auf Rente dem Grunde nach und dem Einzelanspruch auf Zahlung; zur dogmatischen Figur der Anrechnung und zur Verfassungsmäßigkeit eingehend z.B. BSG 31.03.1998, B 4 RA 49/96 R, in juris, Rn. 12 ff.; zu Letzterem auch Bundesverfassungsgericht - BVerfG - 28.02.1998, 1 BvR 1318/86, in juris, Rn. 57 ff.). Denn § 97 SGB VI lässt das (Stamm-)Recht des Klägers auf große Witwerrente mit dem durch „Neuberechnungsbescheid“ vom 11.12.2019 nunmehr (rückwirkend ab dem 01.03.2001) festgestellten Wert unberührt und mindert diesen nicht; die Vorschrift nimmt auf die wertbestimmenden Faktoren der Rente keinen Einfluss. Weder die Zahl der Entgeltpunkte noch der Rentenartfaktor noch der aktuelle Rentenwert sind von der Regelung des § 97 SGB VI im Sinne einer Einschränkung (Verminderung) betroffen. Vielmehr setzt § 97 SGB VI gerade voraus, dass der Wert des Rechts der Witwerrente als solcher unverändert bleibt. Die (Anrechnungs-) Regelung beschränkt sich darauf, dass - bei gleichbleibendem Wert des Rechts auf Witwerrente - derjenige Betrag reduziert wird, dessen monatliche Auszahlung der Rentner verlangen kann, d.h. sie schmälert bzw. beseitigt dessen Recht, die Auszahlung des monatlichen Betrags zu verlangen (§ 194 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), mit dem der Wert der Rente (ursprünglich) festgestellt wurde (s. zu allem nur BSG 27.05.2014, B 5 R 6/13 R, a.a.O. Rn. 13).

Ausgehend davon richtet sich das Begehren des Klägers (§ 123 SGG) - auch von Anfang an - ausschließlich und allein der Sache nach dagegen, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom
11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 entgegen früherer Bescheide ab dem 01.03.2001 einen (zusätzlichen) Anrechnungsbetrag wegen des Arbeitseinkommens des Klägers aus geringfügiger Beschäftigung festgesetzt und deswegen die Erstattung eines in Ansehung entsprechend geringerer Zahlungsansprüche überzahlten Rentenbetrags i.H.v. 15.416,50 € im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 angeordnet hat. Die übrigen Regelungen im Ausgangsbescheid vom 11.12.2019, namentlich die (konkludente) Neufestsetzung von Beiträgen ab dem 01.01.2020 und die Durchführung einer „Rentenanpassung“ hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt angegriffen, ebenso wenig wie die Neufestsetzung des Hinzuverdienstanrechnungsbetrags für Zeiträume ab dem 01.10.2015 bzw. ab dem 01.01.2020. Der Kläger hat sich vielmehr stets und von Beginn des Verwaltungsverfahrens an nur dagegen gewandt, dass er wegen der (rückwirkenden) Neufestsetzung des Anrechnungsbetrags unter entsprechender Verlautbarung der Rücknahme früherer Festsetzungen im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 eine Erstattung i.H.v. 15.416,50 € leisten soll; für die Zeit ab dem 01.10.2015 hat die Beklagte ohnehin eine erstattungspflichtige Überzahlung überhaupt nicht geltend gemacht, was sie im Rechtsmittelverfahren klargestellt hat (vgl. S. 19, 22, 25 Senats-Akte) und was sich bereits aus der dem Kläger im Anhörungsverfahren übersandten Berechnungsübersicht (Bl. 56 ff., 75 Rs. Falz II VerwA) sowie der gleichlautenden „Abrechnungsübersicht“ in der Anlage zum Bescheid vom 11.12.2019 (dort S. 26 ff., Bl. 142 Rs. ff. Falz II VerwA) klar und deutlich ergibt.

Demgemäß hat der Senat vorliegend auch allein zu überprüfen (vgl. dazu
BSG 27.05.2014, B 5 R 6/13 R, a.a.O. Rn. 12, 15; s. auch BSG 20.01.2021, B 13 R 13/19 R, in juris, Rn. 13), ob die Beklagte die früheren Anrechnungsbetragsfestsetzungen für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 mit Bescheid vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 rechtmäßig zurückgenommen und neu festgesetzt hat sowie rechtmäßig vom Kläger für diesen Zeitraum eine Erstattung i.H.v. 15.416,50 € verlangt.

Nur am Rande merkt der Senat noch an, dass der (weitere) Bescheid der Beklagten vom 12.12.2019 schon deshalb nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (§ 86 SGG analog; vgl. dazu einerseits Becker in BeckOGK SGG, § 86 Rn. 9, Stand 01.08.2023; andererseits - verneinend - Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86 Rn. 2a m.w.N.) und in Folge auch nicht des Rechtsstreits geworden ist, weil mit diesem Bescheid keine Regelung über den Hinzuverdienstanrechnungsbetrag getroffen - sondern vielmehr (entsprechend der Ankündigung im Bescheid vom 11.12.2019) zu Gunsten des Klägers im Rahmen der Rentenberechnung ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung zugrunde gelegt - wurde, dementsprechend auch keine „Abänderung“ des Bescheids vom 11.12.2019 erfolgte. Ohnehin hat sich der Kläger gegen den Bescheid vom 12.12.2019 auch nicht gewandt.

Unter Zugrundelegung dessen hat das SG den
Bescheid vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 zu Unrecht auf die (reine) Anfechtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) aufgehoben. Denn dieser ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, sodass das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann und die Klage im Rahmen der Berufung der Beklagten abzuweisen ist.

Rechtsgrundlage für den Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 sind § 45 SGB X und § 50 Abs. 1 SGB X.

Zutreffend ist die Beklagte zunächst davon ausgegangen, dass im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 die monatlichen Rentenzahlungen des Klägers rechtswidrig zu hoch an den Kläger gezahlt worden sind, weil er in diesem Zeitraum durchgehend (weiteres) rentenschädliches (Erwerbs-)Einkommen aus seiner geringfügigen Beschäftigung bei der Fa.  P3 GmbH hatte, das bei der Einkommensanrechnung nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 18a Abs. 1 Nr. 1 bzw. (ab 01.01.2002) § 114 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1 und § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 IV von Beginn des Streitzeitraums an (ab 01.03.2001) nicht als anrechenbares Erwerbseinkommen - über das angerechnete Erwerbsersatzeinkommen (die Altersrente des Klägers) hinaus - berücksichtigt wurde. Dass dieses (zusätzliche) Einkommen von Gesetzes wegen dem Grunde nach auf die Witwerrente hätte angerechnet werden müssen, hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt auch nur angezweifelt - dagegen ist auch in Ansehung der gesetzlichen Bestimmungen nichts zu erinnern -, sondern sein Vorbringen hat sich allein darauf beschränkt, dass die Beklagte den jeweils im streitigen Zeitraum bescheidmäßig festgesetzten Anrechnungsbetrag bezüglich der einzig angerechneten Altersrente nicht mit Wirkung für die Vergangenheit mit den angefochtenen Bescheiden zu seinen Lasten hätte abändern dürfen, jedenfalls aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht. Ebenfalls nicht in Zweifel gezogen hat der Kläger die jeweilige Höhe des neu festgesetzten Anrechnungsbetrags im streitigen Zeitraum unter Berücksichtigung des vom Kläger in diesem Zeitraum neben dem Erwerbsersatzeinkommen erlangten Einkommens aus geringfügiger Beschäftigung sowie der (konkludenten) Feststellung deswegen entsprechend geringerer Rentenauszahlungsansprüche. Auch dagegen ist nichts zu erinnern, die Höhe des jeweils bezogenen Arbeitsentgelts im streitigen Zeitraum aus der jeweiligen geringfügigen Beschäftigung ergibt sich aus den im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten Arbeitgeberauskünften, der Auskunft der DRV Knappschaft-Bahn-See, den vorgelegten Meldungen zur Sozialversicherung der Arbeitgeberinnen sowie aus den der Beklagten im April 2019 und später von der DRV Baden-Württemberg übermittelten Datensätzen. Dass die Beklagte die jeweiligen Arbeitsentgelte nicht zutreffend gemäß den o.g. gesetzlichen Bestimmungen angerechnet und die jeweiligen (verminderten) Rentenzahlungsansprüche unter Zugrundelegung eben dieser (neben dem Renteneinkommen zusätzlichen) Anrechnung nicht korrekt bestimmt hat, hat der Kläger nicht einmal auch nur behauptet. Dafür ist auch ansonsten nichts ersichtlich, zumal sich der jeweilige neu festgesetzte Anrechnungsbetrag sowie dessen Auswirkung auf den jeweiligen Rentenzahlbetrag im Einzelnen schlüssig und nachvollziehbar aus den Berechnungsübersichten zum Bescheid vom 11.12.2019 ergibt, ebenso wie die jeweilige Differenz zwischen den tatsächlich und rechtswidrig ausgezahlten Rentenleistungen und dem jeweiligen Auszahlungsbetrag bei materiell-rechtlich zutreffender Anrechnung auch des Einkommens aus geringfügiger Beschäftigung.

Damit steht für den Senat fest, dass die Bescheide vom 06.08.2001, vom 18.05.2006 und vom 24.09.2014 jeweils zum Zeitpunkt ihres Erlasses insoweit rechtswidrig waren, als dass die Beklagte damit im streitigen Zeitraum den monatlichen anspruchsvernichtenden Anrechnungsbetrag aus Hinzuverdienst allein aus dem Erwerbsersatzeinkommen des Klägers bildete, nicht jedoch (auch) aus seinem Erwerbseinkommen aus geringfügiger Beschäftigung. Dem Bescheid vom 27.03.2001 kommt insoweit (sic!) keine weitere Bedeutung zu, weil die Beklagte die dort verfügte Neufestsetzung des Anrechnungsbetrags ab 01.03.2001 (ohne Anrechnung des Erwerbseinkommens) bereits mit dem weiteren Bescheid vom 06.08.2001 rückwirkend ab dem 01.03.2001 (wiederum ohne Anrechnung des Erwerbseinkommens des Klägers) ersetzte, sodass die Anrechnungsfestsetzung im Bescheid vom 27.03.2001 dementsprechend, insbesondere mit zeitlicher Deckungsgleichheit („ab 01.03.2001), gegenstandslos wurde (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X). Dies hat das SG zutreffend erkannt und die Beklagte ist dem auch nicht entgegengetreten.

Soweit das SG indes spekuliert hat, es müssten noch weitere „Bescheide“ existieren, hat die Beklagte dies verneint - und auch der Kläger hat nicht einmal behauptet, dass es solche gäbe - und der Hinweis des SG auf frühere Bescheide bzw. jährliche Rentenanpassungen ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil es vorliegend allein um die Anrechnungsfestsetzung wegen Erwerbseinkommen geht (s.o.) und darüber insbesondere weder im Bescheid vom 04.02.2005 (Beitragsanpassung), noch im Bescheid vom 12.12.2019 (s. dazu bereits oben) und erst recht nicht in bloßen Rentenanpassungsmitteilungen entschieden worden ist. Unabhängig davon spielt es in Ansehung der nachfolgenden Ausführungen auch keine entscheidende Rolle, ob es in Folge der Bescheide vom 06.08.2001, vom 18.05.2006 und vom 24.09.2014 im streitigen Zeitraum noch weitere Bescheide gab, mit denen die Beklagte den Anrechnungsbetrag rechtswidrig ohne Berücksichtigung des Erwerbseinkommens festsetzte.

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X darf ein - auch unanfechtbar gewordener - begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Eine Rücknahme ist nicht möglich, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2 Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Abs. 2 Satz 2). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder (Nr. 3) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Wie bereits dargelegt, war der Bescheid vom
06.08.2001 und die nachfolgend ergangenen Bescheide (s.o.) zum Zeitpunkt ihres jeweiligen Erlasses von Anfang an rechtswidrig, soweit und weil die Beklagte den jeweiligen Anrechnungsbetrag im streitigen Zeitraum zu niedrig, da ohne Berücksichtigung des Erwerbseinkommens aus geringfügiger Beschäftigung, festsetzte, den Kläger also insoweit begünstigte.

Die Beklagte durfte damit dem Grunde nach den Bescheid vom 06.08.2001 und die nachfolgend ergangenen Bescheide - bezogen auf den allein streitigen Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 - hinsichtlich der fehlerhaften Anrechnungsfestsetzung respektive der Rentenhöhe entsprechend mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen und dies hat sie entgegen dem SG auch wirksam getan.

Der Bescheid vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 ist formell rechtmäßig, inhaltlich hinreichend bestimmbar und die dort verfügte Rücknahme
umfasst entgegen der Ansicht des SG alle Anrechnungsentscheidungen für die Zeit vom 01.03.2001 bis 30.09.2015.

Der Kläger ist vor Erlass des Bescheids angehört worden und das Anhörungsschreiben umfasste zum einen die Tatsachen, auf die im Anschluss an die Anhörung der Rücknahmeverwaltungsakt von der Beklagten gestützt worden ist (§ 24 SGB X), und zum anderen den Erstattungsbetrag, der im Anschluss an die Anhörung durch schriftlichen Verwaltungsakt festgesetzt worden ist (§ 50 Abs. 3 SGB X). Zudem hat sich der Kläger sowohl im Anhörungsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 11.12.2019 geäußert.

Dessen Rücknahmeentscheidung umfasst bei seiner Auslegung alle Anrechnungsfestsetzungen für die Zeit vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 und war demgemäß auch hinreichend bestimmbar (§ 33 Abs. 1 SGB X).

Die Beklagte hat sowohl im Ausgangs- als auch im Widerspruchsbescheid zwar konkret datumsmäßig im Zusammenhang mit der Rücknahme „hinsichtlich der Rentenhöhe“ (der Sache nach: hinsichtlich der Festsetzung des Anrechnungsbetrags, s.o.) nur den Bescheid vom 27.03.2001 genannt, im Übrigen aber auch die damit korrespondierenden „Folgebescheide“ für den streitigen Zeitraum in Bezug genommen.
Entgegen dem SG ist der Rücknahmebescheid vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 nicht dergestalt zu verstehen -  und durfte auch nicht so verstanden werden -, dass die Beklagte damit allein den (bereits gegenstandslos gewordenen) Bescheid vom 27.03.2001 zurückgenommen hätte oder auch nur hat zurücknehmen wollen.

Maßstab für die Auslegung von Verwaltungsakten ist der objektive Empfängerhorizont (dazu nur BSG 25.10.2017, B 14 AS 9/17 R, in juris, Rn. 21 ff. m.w.N., st. Rspr., auch zum Nachfolgenden). Verwaltungsakte sind auszulegen in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB). Für die Auslegung kommt es über den bloßen Wortlaut hinaus auf den objektiven Sinngehalt des Verwaltungsakts an, also darauf, wie der Empfänger dessen Inhalt (Verfügungssatz und Begründung) bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen konnte und musste. Die Auslegung geht aus vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der alle Begleitumstände und Zusammenhänge (Vorgeschichte, Anträge, Begleitschreiben, Situation des Adressaten, genannte Rechtsnormen, auch Interesse der Behörde) berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat. Auch zur Auslegung von Aufhebungsverwaltungsakten kann auf den gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden. Diese Auslegungsmöglichkeiten finden bei Aufhebungsverwaltungsakten ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekanntzugeben.

Ausgehend hiervon ist durch den Rücknahmeverwaltungsakt im Bescheid vom 11.12.2019 hinsichtlich des Anrechnungsbetrags („der Rentenhöhe“) das vom Beklagten gewollte Maß der Rücknahme auf den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 und eine Rücknahme sämtlicher Anrechnungsentscheidungen für diesen Zeitraum („frühere Bescheide“) in vollem Umfang festgelegt.

Aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügungssätze des Rücknahme- und Erstattungsbescheids, dem Inhalt der Begründung des Bescheids und den bekannten Umständen ergibt sich für den Kläger als objektiven Empfänger unzweideutig, dass nicht (nur) der Bescheid vom 27.03.2001, sondern auch und gerade die anderen, nicht ausdrücklich bezeichneten Anrechnungsbescheide von der Rücknahme ebenso wie von der Erstattungsanordnung erfasst sein sollten, die im streitigen Zeitraum Grundlage der (fehlerhaften, da das Einkommen des Klägers aus geringfügiger Beschäftigung nicht berücksichtigenden) Einkommensanrechnung waren und damit die (fehlerhafte) Zusammensetzung der Rentenzahlbeträge determinierten.

Auf diese bekannten Umstände ist der Kläger bereits im Anhörungsschreiben sowie in der Begründung des Bescheids vom 11.12.2019 sowie des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 klar und verständlich hingewiesen worden. Er wusste danach auch, dass es vorliegend allein darum geht, dass sein Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 nicht angerechnet worden war, dass er deswegen zu hohe Rentenbeträge ausgezahlt bekommen hatte, dass die Beklagte dies - also die Nichtanrechnung - rückwirkend für den genannten Zeitraum korrigieren will und dass er die Überzahlung i.H.v. insgesamt
15.416,50 € zurückzahlen soll, denn dies ergibt sich aus seinem Vorbringen im Verwaltungs- und Klageverfahren (s.o.). Dass er den Bescheid vom 11.12.2019 sowie den Widerspruchsbescheid vom 25.02.2020 genau so verstanden hat, dass es um die Rücknahme der vorangegangenen Bescheide („frühere Bescheide“) hinsichtlich der fehlerhaften Anrechnungsentscheidungen im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 geht, zeigt sich auch daran, dass der schon im Anhörungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren zu irgendeinem Zeitraum geltend gemacht hat, dass er den angefochtenen Bescheiden einen anderen Regelungszusammenhang bzw. -umfang zugrunde gelegt haben will. Erstmals mit der Berufungserwiderung hat er, freilich zur Verteidigung der fehlerhaften Auslegung des SG, ein abweichendes Verständnis artikuliert, dies indes auch nur im Konjunktiv („dürfte“). Dies mag seiner Rechtsverteidigung dienen, ist aber nicht geeignet, sein oben dargelegtes und zum Ausdruck gekommenes Verständnis von Inhalt und Reichweite des Bescheids vom 11.12.2019 und des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 zum jeweiligen Erlasszeitpunkt nachträglich zu verändern.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt dem Umstand, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden im Rahmen der von ihr verfügten (Teil-)Rücknahme lediglich den (schon gegenstandslos gewordenen, s.o.) Bescheid vom 27.03.2001 datumsmäßig bezeichnete, keine weitere Bedeutung zu (vgl. nur BSG 25.10.2017, B 14 AS 9/17 R, a.a.O. Rn. 31 f.; s. auch schon BSG 07.07.2005, B 3 P 8/04 R, in juris, Rn. 19 f. m.w.N.), eben weil die angefochtenen Bescheide bei zutreffender Auslegung ihres Inhalts - Rücknahme der Anrechnungsbetragsfestsetzungen wegen Nichtanrechnung von Erwerbseinkommen aus geringfügiger Beschäftigung im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 - bei Berücksichtigung des erkennbaren Willens der Beklagten gerade nicht (allein) den gegenstandslos gewordenen Bescheid erfassen, sondern alle früheren und nachfolgenden Bescheide, die im streitigen Zeitraum den Anrechnungsbetrag unzutreffend festsetzten. Wie schon dargelegt, beruht eine solche Auslegung auf dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers des Rücknahmeverwaltungsakts, der - wie der Kläger - die Umstände des Einzelfalls in der Rücknahmesituation kennt.

Demgemäß schließt auch die bloße Bezeichnung „Folgebescheide“ eine Auslegung von Rücknahmeverwaltungsakten nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht dahingehend aus, dass über die im Wortlaut des Verfügungssatzes eines Rücknahmeverwaltungsakts über konkret bezeichnete Bescheide hinaus weitere (nachgehende) Verwaltungsentscheidungen von der Rücknahme umfasst sind, zumal wenn diese - wie auch vorliegend - die festgesetzte Erstattungsforderung für einen genau umrissenen Zeitraum tragen (BSG 25.10.2017, B 14 AS 9/17 R, a.a.O. Rn. 32; s. auch Landessozialgericht - LSG - Sachsen-Anhalt 06.05.2021, L 1 R 361/18, in juris, Rn. 54: „unschädlich ist, dass der weitere Rentenbescheid vom 11. August 2000 nicht ausdrücklich zurückgenommen wurde“, die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg: BSG 19.10.2021, B 5 R 204/21 B, in juris).


Der Senat vermag sich daher der Auffassung des SG nicht anzuschließen. Gerade unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich vielmehr richtigerweise, dass die Beklagte vorliegend mit dem Bescheid vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 für einen objektiven Empfänger hinreichend erkennbar und vom Kläger auch so erkannt sämtliche (noch wirksame) Anrechnungsbetragsfestsetzungen im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 zurücknehmen wollte und zurückgenommen hat und deswegen eine damit korrespondieren Rentenüberzahlung i.H.v. 15.416,50 € vom Kläger zurückverlangt.

Die weiteren Rücknahmevoraussetzungen nach § 45 SGB X liegen ebenfalls vor.

Der Kläger kann sich i.S.d. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn die rechtswidrig zu niedrige Anrechnungsfestsetzung im Bescheid vom 06.08.2001 und in den Folgebescheiden beruht auf Angaben, die er jedenfalls grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat.

Der Kläger hat der Beklagten seine schon seit Beginn des Jahres 2001 ausgeübte geringfügige Beschäftigung mit Arbeitseinkommen zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt (s. dazu noch sogleich), obgleich er dazu von Gesetzes wegen verpflichtet gewesen ist (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 und Nr. 2 Var. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -). „Unrichtig“ i.S.d. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ist eine Angabe auch durch passives Verschweigen von Umständen, namentlich dann, wenn eine gesetzliche Mitteilungspflicht besteht und diese nicht erfüllt wird (statt vieler nur Schütze in ders., SGB X, 9. Aufl. 2020, § 45 Rn. 56 m.w.N., auch zur Rspr. des BSG).

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats dieser Mitteilungspflicht
zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen, indem er seine geringfügigen Beschäftigungen mit rentenschädlichem Arbeitseinkommen im streitigen Zeitraum gegenüber der Beklagten verschwieg. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor (s. die Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. hierzu nur BSG 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R, juris, Rn. 22 f. m.w.N.).

Dies bejaht der Senat vorliegend ebenfalls entgegen den „Hilfserwägungen“ des SG.


Die vom Kläger im streitigen Zeitraum ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen bei den Firmen P1 GmbH und P2 GmbH, auf Grundlage dessen die Beklagte das jeweils bezogene Arbeitseinkommen auf die Witwerrente (neben dem Altersrenteneinkommen) mit den angefochtenen Bescheiden rückwirkend ab dem 01.03.2001 angerechnet hat, waren zu keinem Zeitpunkt „rentenversicherungspflichtig“, sodass sich die entsprechende Mitteilungspflicht (s.o.) auch nicht i.S.d. Belehrung im Rentenbewilligungsbescheid vom 25.07.1991 „erübrigt“ hatte. Der Kläger war in diesen geringfügigen Beschäftigungen i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vielmehr allein schon wegen des Beginns des Altersrentenbezugs am 01.03.2001 versicherungsfrei (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 06.11.2001 geltenden Fassung) und im Übrigen deswegen, weil er diese Beschäftigungen vor dem 31.12.2012 aufgenommen hatte (§ 230 Abs. 8 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung; s. dazu nur Senatsurteil vom 17.02.2022, L 10 R 3947/21, in juris, Rn. 23); dass er durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichtet hätte, hat die Klägerseite nicht einmal auch nur behauptet und dies wäre auch mit den entsprechenden Arbeitgebermeldungen und dem Umstand, dass jeweils allein von der jeweiligen Arbeitgeberin deren Beitragsanteile abgeführt wurden (s. dazu § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung), nicht zu vereinbaren.
Der Kläger wusste auch, dass er in diesen geringfügigen Beschäftigungen nicht „rentenversicherungspflichtig“ war, denn zum einen hatte er gerade keine entsprechende Verzichtserklärung auf die Versicherungsfreiheit abgegeben, zum anderen wurden von seinem vereinbarten Arbeitsentgelt auch keine Rentenversicherungsbeiträge abgezogen und abgeführt (vgl. § 168 Abs. 1 Nr. 1b Halbsatz 2, § 174 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 28g Satz 2 und § 28k Satz 1 SGB IV), sondern die Arbeitgeberin trug jeweils allein ihren (Arbeitgeber-)Beitragsanteil.

Der Kläger hat ohnehin zu keinem Zeitpunkt im Verfahren konkret geltend gemacht, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt (irrig) geglaubt habe, seine geringfügigen Beschäftigungen ab 01.01.2001 seien rentenversicherungspflichtig und er habe deswegen gemeint, nicht mitteilungspflichtig gewesen zu sein. Dem würde auch sein Vortrag entgegenstehen, dass er gerade geglaubt habe, der Mitteilungspflicht sei nachgekommen geworden.

Dazu wiederum ist zunächst zu sagen, dass der Kläger selbst gar nicht auch nur behauptet hat, dass er selbst die Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten erfüllt habe. Er hat im Berufungsverfahren vielmehr zuletzt lediglich noch behauptet, „seine geringfügige Beschäftigung gegenüber der DRV Knappschaft-Bahn-See angemeldet“ zu haben. Unabhängig davon, dass die Meldungen zur Sozialversicherung jeweils im Meldeverfahren durch die Arbeitgeberinnen erfolgten und die DRV Knappschaft-Bahn-See auch erst zum 01.10.2005 errichtet wurde sowie unabhängig davon, dass es sich schon weder bei der DRV Knappschaft-Bahn-See bzw. deren Rechtsvorgängerin (Bundesknappschaft) - als zuständige Einzugsstelle bei geringfügigen Beschäftigungen (vgl. § 28i Satz 5 SGB IV in der ab dem 01.04.2003 und 01.10.2005 geltenden Fassung), noch bei der Krankenkasse des Klägers - als zuständige Einzugsstelle bis zum 31.03.2003 (s. die entsprechenden Meldebescheinigungen der Fa. P2 GmbH Bl. 45 f. Falz II VerwA) -, noch bei der DRV Baden-Württemberg - als Kontoführerin der (eigenen) Versicherung des Klägers (vgl. § 127 Abs. 1 SGB VI) um die Beklagte handelt, sondern um eigenständige Behörden, spielt es keine Rolle, ob irgendeine Sozialverwaltungsbehörde über die vom Kläger ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen bzw. das daraus vom Kläger bezogene Arbeitseinkommen informiert war. Die Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB I traf allein den Kläger und zwar gegenüber dem Leistungsträger, für dessen Leistungserbringung die Tatsachen und die Änderung der Verhältnisse (hier: der Hinzutritt von auf die Witwerrente anzurechnendem Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung im streitigen Zeitraum) „erheblich“ sind, vorliegend also gegenüber der Beklagten als Leistungserbringer der Witwerrente
(vgl. dazu nur Senatsurteil vom 25.05.2023, L 10 R 39/20, in juris, Rn. 51 unter Hinweis auf BSG 29.03.2022, B 12 KR 1/20 R, in juris, Rn. 32 m.w.N.). Dieser Verpflichtung ist der Kläger zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten (sic!) nachgekommen und zwar mindestens grob fahrlässig nicht, nachdem er schon im Bescheid vom 25.07.1991 ausdrücklich und klar verständlich darüber belehrt worden war, dass die Veränderung bzw. - wie hier - das Hinzutreten von (neben dem Erwerbsersatzeinkommen) anrechenbaren Erwerbseinkommen der Beklagten mitzuteilen ist; auf diese Belehrung wurde auch in den Folgebescheiden (namentlich denen vom 13.05.1996, 02.06.1997 und vom 12.05.1998) stets ausdrücklich Bezug genommen.

Der Senat hat im Übrigen bereits mehrmals entschieden (s. zuletzt etwa Senatsurteil vom 25.05.2023, L 10 R 39/20, a.a.O. Rn. 72 m.w.N., auch zur Rspr. des BSG), dass - aus welchen Gründen auch immer - fehlerhafte oder auch fehlende Datensatzübermittlungen anderer Sozialversicherungsträger respektive der Einzugsstellen dem Rentenversicherungsträger nicht, auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sog. „Funktionseinheit“, zuzurechnen sind und dass im Verhältnis eines leistenden Trägers gegenüber Versicherten keine Verpflichtung besteht,
in deren Interesse bei anderen Sozialversicherungsträgern Datenabgleiche durchzuführen (Senatsurteil vom 19.10.2023, L 10 R 2383/22, n.v.; Senatsurteil vom 25.05.2023, L 10 R 39/20, a.a.O. Rn. 54 m.w.N. zur Meldepflicht nach § 201 Abs. 5 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -), erst recht nicht „routinemäßig“. Die Pflicht zur Mitteilung, ob und ggf. in welcher Höhe Einkommen erzielt wird, trifft - wie schon dargelegt - ausschließlich den Versicherten, vorliegend also den Kläger (vgl. hierzu auch BSG 03.07.1991, 9b RAr 2/90, in juris Rn. 15; LSG Baden-Württemberg 06.05.2014, L 13 R 481/13, in juris Rn. 41; 11.07.2007, L 6 R 5271/07, www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Sachsen-Anhalt 20.09.2018, L 1 R 171/17, in juris Rn. 58 ff.). 

Selbst wenn dem Kläger die Belehrungen im Rentenbewilligungsbescheid vom 25.07.1991 in der Folgezeit nicht mehr präsent gewesen sein sollten - was er nicht einmal auch nur konkret behauptet hat -, hätte es ihm, wie jeden anderen verständigen Versicherten auch, oblegen und auch aufdrängen müssen, jedenfalls den ursprünglichen Rentenbewilligungsbescheid zu Rate ziehen bzw. ihn erneut zu lesen (zur Verpflichtung von Versicherten, Bescheide nebst Anlagen vollständig zu lesen und deren Inhalte zur Kenntnis zu nehmen s. nur BSG 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R, in juris Rn. 25 m.w.N.; Senatsurteile vom 19.10.2023, L 10 R 2383/22, n.v. und vom 16.06.2016, L 10 R 3153/13, in juris Rn. 42) und ggf. bei der Beklagten nachzufragen respektive Rechtsrat einzuholen.

Der Kläger wusste im Übrigen auch schon auf Grund des Umstands, dass ihm die Witwerrente von Beginn an nur unter Anrechnung von rentenschädlichem Erwerbseinkommen gezahlt worden war, damit also auch, dass Erwerbseinkommen Auswirkung auf die Höhe seiner Zahlungsansprüche aus der Witwerrente hat und zwar in Gestalt einer entsprechenden Schmälerung. Schon aufgrund des Bescheids vom 27.03.2001 (ungeachtet dessen, dass dieser später bei fortbestehender Unkenntnis der Beklagten von dem Arbeitseinkommen gegenstandslos wurde) hätte er mithin wissen können und auch müssen - was zugleich auch den Rücknahmegrund des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X begründet -, dass bei seiner großen Witwerrente nunmehr allein sein Altersrenteneinkommen angerechnet worden war (dies ergibt sich klar und unmissverständlich aus der Anlage 1 und 8 des Bescheids: „Die Rente ist um das anzurechnende Einkommen zu mindern“, „Das monatliche Einkommen ist aus dem Erwerbsersatzeinkommen zu ermitteln“, „Erwerbsersatzeinkommen ist die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung“), nicht jedoch auch sein Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung, und dass bereits das Renteneinkommen die Zahlungsansprüche aus der Witwerrente kraft Anrechnung schmälerte, ebenso wie in den Jahren zuvor das Erwerbseinkommen aus seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung. Auch insoweit musste es sich also für einen verständigen Rentenbezieher in einem besonders auffälligen und vorwerfbar schweren Maße aufdrängen, dass das Hinzutreten eines weiteren Einkommens ebenfalls einer (weiteren) Anrechnung unterliegt. Auch dies begründet zur Überzeugung des Senats eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers, also mindestens grobe Fahrlässigkeit.

Entgegen dem SG ist dabei nicht erforderlich, dass der Versicherte die Rechtswidrigkeit der erfolgten Überzahlung „nach Heller und Pfennig“ gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt hat; es reicht vielmehr aus, dass er hinsichtlich eines bestimmten Teils des Verwaltungsakts - hier das nicht auf die Witwerrente angerechnete Erwerbseinkommen - bösgläubig gewesen ist (BSG 27.07.2000, B 7 AL 88/99 R, in juris, Rn. 21). Daran hat der Senat im Falle des Klägers keinerlei Zweifel.

Dabei geht es entgegen dem Vorbringen des Klägers gerade nicht darum, irgendwelche Rentenberechnungen nachzuvollziehen oder komplexe bzw. intellektuell schwere Überlegungen anzustellen. Denn - wie bereits dargelegt - ergibt sich bereits aus dem dem Kläger bekanntgegebenen Bescheid vom 27.03.2001 bei einem flüchtigen Lesen, dass allein und ausschließlich das Altersrenteneinkommen im Rahmen der „Ermittlung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens“ berücksichtigt wurde, ebenso wie in den Folgebescheiden; dass der Kläger zugleich Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung hatte, wusste er auch ohne irgendwelche weitergehenden Überlegungen. 

Den Kläger entlastet auch nicht, dass er zwischenzeitlich an Demenz erkrankt ist, was die Klägerseite ohnehin wiederum nur pauschal gemeint hat. Dass der Kläger an dieser Erkrankung bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung (vgl. Bl. 46 Falz II VerwA: jedenfalls am 01.01.2001) respektive zum Zeitpunkt der Erlasse der Bescheide vom 06.08.2001, vom 18.05.2006 und vom 24.09.2014 oder auch nur in der Zeit danach im streitigen Zeitraum erkrankt gewesen ist, hat er nicht einmal auch nur andeutungsweise geltend gemacht; dies wäre auch nicht plausibel, nachdem er seiner geringfügigen Beschäftigung bis Mitte des Jahres 2016 auch ohne Probleme nachkommen konnte. Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete Einschränkung der individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Klägers bis zu diesem Zeitpunkt sind weder dargetan, noch sonst ersichtlich. Ohnehin kommt es für die Frage der Bösgläubigkeit des Klägers hier maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses des zurückgenommenen Bescheids vom 06.08.2001 an (vgl. nur BSG 27.07.2000, B 7 AL 88/99 R, a.a.O. Rn. 22, zu Folgebescheiden). Dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids vom 11.12.2019 an Demenz erkrankt war, ist materiell-rechtlich ohne jegliche Relevanz.

Die Beklagte konnte damit ihre Rücknahme der Anrechnungsbetragsfestsetzungen sach- und rechtsfehlerfrei auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X stützen; in diesen Fällen wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei hat die Behörde gleichwohl eine Ermessensentscheidung zu treffen (statt vieler nur Schütze in ders., a.a.O. Rn. 92 m.w.N.).

Vorliegend hat die Beklagte
ihr Ermessen erkannt, dieses dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt und alle wesentlichen tatsächlichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Von einer bloß „formelhaften“ Ermessensausübung kann keine Rede sein, zumal die Klägerseite dem überhaupt nichts Konkretes entgegengehalten hat. Eine Behörde ist in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte bzw. entsprechenden Vorbringens namentlich nicht verpflichtet, „krampfhaft“ nach weiteren anzuführenden Umständen zu suchen, die aus ihrer Sicht - weil fernliegend - ein Abgehen von der Rücknahmeentscheidung ohnehin nicht rechtfertigen könnten (so zu Recht prononciert Sandbiller in BeckOGK, SGB VI, § 45 Rn. 83, Stand 15.08.2023).

Dass ein irgendwie geartetes „Mitverschulden“ der Beklagten hier nicht vorliegt, ergibt sich aus den obigen Ausführungen. Allein der Kläger hat durch sein bösgläubiges Verhalten die rechtswidrigen Anrechnungsfestsetzungen zu verantworten, nachdem er seiner Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten zu keinem Zeitpunkt - mehr als 18 Jahre (sic!) - nachgekommen ist. Er durfte und konnte gerade in Ansehung seiner Bösgläubigkeit nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte anderweitig von seinem Erwerbseinkommen erfahren würde (vgl. nur BSG 01.07.2010, B 13 R 77/09 R, in juris, Rn. 60; Senatsurteil vom
25.05.2023, L 10 R 39/20, a.a.O. Rn. 62).

Die Beklagte hat auch die vorliegend allein zum Tragen kommende Rücknahmejahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Dies bedarf keiner weiteren Begründung, nachdem ihr erstmals im April 2019 Anhaltspunkte für eine geringfügige Beschäftigung des Klägers bekannt wurden und sie den Rücknahmebescheid bereits am 11.12.2019 erließ. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten liegen gänzlich neben der Sache, da es allein auf die Kenntnis der zuständigen Behörde (s. dazu nur BSG 09.06.1988, 4 RA 9/88, in juris, Rn. 20, st. Rspr.) ankommt und die Jahresfrist ohnehin regelmäßig erst nach der Anhörung des Betroffenen beginnt (BSG 27.07.2000, B 7 AL 88/99 R, a.a.O. Rn. 24; 08.02.1996, 13 RJ 35/94, in juris, Rn. 33).

Die Zweijahresfrist (§ 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X) greift vorliegend schon deshalb nicht, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X gegeben sind (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X), die Zehnjahresfrist (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X) ab Bekanntgabe des Bescheids vom 06.08.2001 ebenfalls nicht, weil diese - was keiner weiteren Begründung bedarf - nicht schon vor dem 15.04.1998 abgelaufen war und dem Kläger zum Zeitpunkt des Beginns des hiesigen (Rücknahme-)Verwaltungsverfahrens im April 2019 sowie auch darüber hinaus laufende Geldleistungen aus seiner Witwerrente gezahlt worden sind (§ 45 Abs. 3 Satz 4 und 5 SGB X).


Hat die von der Beklagten verfügte (Teil-)Rücknahme des Bescheids vom 06.08.2001 nebst der nachfolgenden Bescheide, mit denen die Anrechnungsfestsetzung wiederum ohne Berücksichtigung des Erwerbseinkommens des Klägers aus der geringfügigen Beschäftigung vorgenommen wurde, somit für den streitigen Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 Bestand, weil sie rechtmäßig erfolgt ist, ist die im Bescheid vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2020 auch enthaltene Erstattungsanordnung im Umfang der in diesem Zeitraum überzahlten Witwerrentenbeträge und damit in Höhe eines Betrags von insgesamt 15.416,50 € ebenfalls rechtmäßig.

Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist Voraussetzung für die Rückforderung der in dieser Höhe überzahlten Rente lediglich, dass der diese Zahlungsansprüche festsetzende Verwaltungsakt (durch die Verwaltung oder die Gerichte) aufgehoben worden und der Rechtsgrund für diese Leistungen dadurch nachträglich entfallen ist (statt vieler nur BSG, 30.10.2023, B 12 R 14/11 R, in juris, Rn. 40; Senatsurteil vom 25.05.2023, L 10 R 39/20, a.a.O. Rn. 78). Dies ist vorliegend für den Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 der Fall. Ist - wie vorliegend - die Rücknahmeentscheidung sachlich für diesen Zeitraum mithin richtig, beschränkt sich die Prüfung der Entscheidung über die damit korrespondierende Erstattung nur noch darauf, ob dem Erstattungsverlangen selbst gegenüber Einwendungen entgegengesetzt werden können (BSG 01.07.2010, B 13 R 77/09 R, in juris, Rn. 61 m.w.N.; Senatsurteil vom 25.05.2023, L 10 R 39/20, a.a.O.). Entsprechendes ist vorliegend nicht ersichtlich und auch nicht dargetan; die Höhe des Erstattungsbetrags entspricht dem, was der Kläger im Zeitraum vom 01.03.2001 bis 30.09.2015 insgesamt an unrechtmäßigen Witwerrentenzahlungen wegen Nichtanrechnung des Erwerbseinkommens aus geringfügiger Beschäftigung erhalten hat; dies ist unschwer der Berechnungsanlage zum Bescheid vom 11.12.2019 zu entnehmen. Ob der Kläger finanziell in der Lage ist, die Erstattungsforderung zu begleichen, berührt den Bestand der Forderung nicht und ist im vorliegenden Erkenntnisverfahren ohne Belang.

Mithin ist das angefochtene Urteil des SG im Rahmen des Berufungsantrags der Beklagten aufzuheben und die Klage ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung für beide Rechtszüge beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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