L 8 U 3164/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 435/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3164/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Zum Umfang des Versicherungsschutzes eines forstwirtschaftlichen Unternehmers, der auf einem fremden Grundstück als sog. Selbstwerber bzw. im Wege eines sog. Reißschlags Holz fällt, um dieses als Brennholz zu verkaufen.
2. Zur Abgrenzung eines forstwirtschaftlichen Unternehmens von einem Holzhandel, auch im Hinblick auf die Frage des Vorliegens eines Haupt- und eines Nebenunternehmens.
3. Der Versicherungsschutz eines forstwirtschaftlichen Unternehmers kann sich ausnahmsweise auf das Fällen von Holz auf einem fremden Grundstück erstrecken, wenn ein innerer Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des eigenen Forstgrundstücks vorliegt. Ein solcher innerer Zusammenhang kann etwa dann bestehen, wenn eine vertragliche Lieferverpflichtung des forstwirtschaftlichen Unternehmers, die aus dem Betrieb des eigenen Forstgrundstücks stammt, nur durch den Zukauf von Holzschlagrechten auf einem fremden Grundstück vollständig erfüllt werden kann (hier bejaht). (Die Entscheidung ist rechtskräftig)

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.09.2022 und der Bescheid der Beklagten vom 22.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 21.02.2022 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, das Unfallereignis vom 06.11.2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Gerichtsinstanzen zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Streit.

Der 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten als forstwirtschaftlicher Unternehmer veranlagt. Er besaß bis zum 15.03.2021 vier Flurstücke mit einer Gesamtfläche von 11.742 Quadratmetern (1,1742 Hektar – ha). Im Rahmen eines Naturschutzgroßprojektes wurde er gebeten, einen Teil seiner Grundstücke abzutreten. Daraufhin hat der Kläger zum 15.03.2021 den Großteil seiner Flächen an den S1-Kreis verkauft, nämlich drei von vier Flurstücken, so dass ab diesem Datum nur noch ein einziges Flurstück mit 1.869 Quadratmetern Fläche (0,1869 ha Forstfläche) übrigblieb.

Der Kläger hatte indes einen Kunden, der bei ihm jedes Jahr Holz mit einem Volumen von 12 Raummetern („Ster“) einkaufte. Bei der Vorbereitung der Bestellung seines Kunden im Jahr 2021 stellte der Kläger fest, dass die verkleinerte Waldfläche lediglich ein Volumen von 4 Ster Brennholz hergab. Nachdem er diese 4 Ster Brennholz von seiner eigenen Waldfläche zum Verkauf aufgearbeitet hatte, erwarb er deswegen bei der Gemeinde B1 gegen Bezahlung das Recht, auf einem bestimmten Flurstück der Gemeinde zusätzliches Holz auf eigene Rechnung zu schlagen (sog. „Selbstwerberlos“, „Reißschlag“ oder „Flächenlos“), um genügend Brennholz für seinen Stammkunden zu erhalten. 

Der Kläger wurde am 06.11.2021 bei Baumfällarbeiten in Ausübung dieses auf dem Flurstück der Gemeinde B1 erworbenen Selbstwerberloses von einem Baum getroffen. Er erlitt hierbei schwere Verletzungen unter anderem am Kopf, an der Schulter und am Unterschenkel.

In seiner Unfallschilderung gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, dass das am 06.11.2021 gefällte Brennholz für den Verkauf an Dritte bestimmt gewesen sei.

Mit Bescheid vom 22.11.2021 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalls ab, da es sich nicht um einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall handele. Das Unternehmen des Klägers sei bei ihr mit einer forstwirtschaftlichen Fläche von 9.600 Quadratmetern (0,96 ha) veranlagt. Die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt sei jedoch als so genannter "Holz-Selbstwerber" in seinem eigenen Interesse erfolgt. Der Selbstwerber von Holz übe keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit für den Waldbesitzer aus, und zwar selbst dann nicht, wenn die mit dem Sammeln und ggf. mit der Aufbereitung des Holzes verbundenen Arbeiten möglicherweise auch dem forstwirtschaftlichen Betrieb dienlich seien, weil das private, eigenwirtschaftliche Interesse des Selbstwerbers an dem Holz im Vordergrund stehe. Der Selbstwerber übe eine Unternehmertätigkeit für seinen eigenen unversicherten Privathaushalt aus und könne somit nicht gleichzeitig als Versicherter nach § 2 Abs. 2 SGB VII in einem anderen Unternehmen tätig sein. Das Bundessozialgericht (BSG) habe den Grundsatz entwickelt, dass ein Unternehmer, der Tätigkeiten im Rahmen seines eigenen Unternehmens verrichte, auch dann ausschließlich als Unternehmer seines eigenen Unternehmens tätig werde, wenn seine Tätigkeit zugleich den Zwecken eines anderen Unternehmens diene. Ein versicherter Arbeitsunfall liege daher nicht vor.

Den deswegen eingelegten Widerspruch begründete der Klägerbevollmächtigte damit, dass sich der Unfall bei der Ausübung der Tätigkeit als versicherter forstwirtschaftlicher Unternehmer ereignet habe. Um weiterhin seinen Lieferverpflichtungen als forstwirtschaftlicher Unternehmer nachkommen zu können und ausreichend Holz für den Verkauf zur Verfügung zu haben, habe er bei der Stadt B1 das Selbsterwerberlos erworben. Er sei jedoch kein privater Selbsterwerber, sondern das zu schlagende Holz sei zum Weiterverkauf, also zum Zwecke der Erzielung von betrieblichen Einnahmen, bestimmt gewesen. Er habe auch nicht beabsichtigt, nur gelegentlich Holz zu schlagen, vielmehr habe dies regelmäßig zur Erfüllung seiner Lieferverbindlichkeiten erfolgen sollen. Damit hätten die Baumfällarbeiten im inneren sachlichen Zusammenhang mit seinem forstwirtschaftlichen Unternehmen gestanden.

Die Beklagte fragte darauf hin nach, ob der Kläger bei einer anderen Berufsgenossenschaft für den Handel mit Holz versichert sei, was dieser verneinte. Er habe keine größeren Mengen an Brennholz geschlagen und keine hohen Umsätze erzielt. Seit 2019 habe er jährlich 12 bis 14 Raummeter Brennholz an einen Stammkunden veräußert. Auch für 2022 habe es eine mündliche Bestellung bzw. eine Abnahmezusage dieses Kunden gegeben über die Menge, die der Kläger liefern könne.

Die Beklagte führte daraufhin eine interne Prüfung durch, ob der Verkauf von Brennholz als Brennholzhandel oder als Nebenunternehmen einzustufen sei. Der Geschäftsbereich Versicherung und Beitrag der Beklagten vertrat hierzu in einer internen Stellungnahme vom 01.02.2022 die Auffassung, dass nur Tätigkeiten im eigenen Wald versichert seien. Für Versicherungsfälle im Zusammenhang mit dem Handel von Brennholz sei die Berufsgenossenschaft Holz und Metall zuständig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2022 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zum Unfallzeitpunkt sei keine Tätigkeit für das veranlagte forstwirtschaftliche Unternehmen verrichtet worden, sondern es seien als sogenannter Selbstwerber Holzfällarbeiten auf einem durch Holzlos erworbenen Grundstück im Stadtwald der Stadt B1 durchgeführt worden. Das Holz sei zum Verkauf bestimmt gewesen. Eine Zuständigkeit der Beklagten für Brennholzschneiden und Brennholzhandel sei nicht gegeben. Zuständiger Versicherungsträger hierfür sei die Berufsgenossenschaft Holz und Metall in M1. Eine Mitgliedschaft dort bestehe jedoch nach den Angaben des Klägers nicht.

Deswegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 07.03.2022 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben. Hierzu hat er vorgetragen, die Baumfällarbeiten auf dem Flurstück der Stadt B1 hätten in einem inneren Zusammenhang mit der bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als forstwirtschaftlicher Unternehmer gestanden.

Auf Nachfrage des SG hat der Kläger mitgeteilt, er habe in den ersten drei Monaten des Jahres 2021 auf seiner eigenen Waldfläche Brennholz geschlagen, wovon 5 Ster zum Verkauf bestimmt gewesen seien. Ab Mitte April 2021 habe er wegen der Abgabe mehrerer Flurstücke kein weiteres Brennholz mehr auf eigener Waldfläche schlagen können. Um die anvisierten 12 Ster Brennholz zu erreichen, habe er das Los bei der Gemeinde B1 erworben. Er habe dann in den Monaten nach dem Erwerb des Selbstwerberloses weitere 5 Ster Holz geschlagen. Zum Einschlag weiteren Holzes sei es wegen des Unfalls nicht mehr gekommen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28.09.2022 abgewiesen. Versicherungsschutz im Rahmen von Tätigkeiten der Land- und Forstwirtschaft bestehe grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 a i.V.m. § 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt zwar grundsätzlich als forstwirtschaftlicher Unternehmer bei der Beklagten mit einer forstwirtschaftlichen Fläche von 0,96 ha versichert gewesen. Es fehle hier aber bei der konkreten Verrichtung des Fällens von Brennholz zum Weiterverkauf am inneren Zusammenhang mit der bei der Beklagten versicherten Tätigkeit. Ob zwischen unfallverursachendem Verhalten und versicherter Tätigkeit ein innerer Zusammenhang besteht, müsse das Gericht mit Hilfe einer wertenden Entscheidung feststellen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2001 – L 10 U 130/00, juris Rz. 17). Für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit Bestandteil eines forstwirtschaftlichen Unternehmens sei, sei von Bedeutung, ob das Holz aus dem forstwirtschaftlichen Unternehmen stamme und ob die konkrete Verrichtung nach der objektiven Handlungstendenz noch im sachlichen Zusammenhang mit forstwirtschaftlichen Tätigkeiten stehe (Bayerisches LSG, Urteil vom 14.11.2011 – L 2 U 220/11 – juris Rz. 42). So bestehe nach der Rechtsprechung Versicherungsschutz für die Verarbeitung von Holz aus der eigenen Forstwirtschaft zu Brennholz, das für den Verkauf vorgesehen sei (vgl. Bayerisches LSG vom 08.11.2005 - L 2 U 120/05 - juris Rz. 24). Ein forstwirtschaftliches Unternehmen setze aber grundsätzlich Bodenbewirtschaftung und damit umfassende Nutzungsrechte an forstwirtschaftlichen Flächen voraus. Für diese Auslegung spreche, dass ansonsten auch forstwirtschaftliche Lohnunternehmen, die keine eigene Bodenbewirtschaftung betreiben, schon als forstwirtschaftliche Unternehmen im Sinne von § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gelten würden, so dass das Bedürfnis der Zuordnung zu landwirtschaftlichen Unternehmen in § 123 Abs. 1Nr. 3 SGB VII entfiele (Bayerisches LSG, Urteil vom 14.11.2011 – L 2 U 220/11 –, juris Rz. 48). Daher sei die bloße Holzernte auf fremden Grundstücken ohne Bodenbearbeitung bzw. Bodennutzung nicht als eigenständiges forstwirtschaftliches Unternehmen i.S.v. § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII anzusehen, wie z.B. das Ersteigern von Bäumen auf fremden Forstgrundstücken und damit der Erwerb von Holz zum "Selberernten" wie bei den sogenannten Selbstwerbern. Es sei daher auch nicht ausreichend, dass der Kläger für den Bedarf seines Kunden das Los bei der Gemeinde erworben habe. Hier stehe nach Überzeugung der Kammer bei wertender Betrachtung der Holzhandel im Vordergrund, der aber gerade nicht – zumindest nicht singulär – bei der Beklagten als forstwirtschaftliches Unternehmen versichert werden könne. Hierfür wäre die Berufsgenossenschaft Holz und Metall zuständig, bei der indes für den Kläger nach seiner Auskunft keine (freiwillige) Unternehmerversicherung bestehe. Ansonsten könnte der Versicherungsschutz auch auf solche Flächen ausgedehnt werden, für welche keinerlei Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung durch den forstwirtschaftlichen Betrieb entrichtet würden. Der Betrieb würde dann für eine geringe Fläche Beiträge bezahlen, aber Versicherungsschutz für eine ungleich größere Fläche genießen. Dieses Ergebnis halte die Kammer für unbillig. Ein Versicherungsschutz als Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII oder als sog. „Wie-Beschäftigter“ gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII der Gemeinde B1 habe ebenfalls nicht bestanden. Selbst wenn das Fällen und der Abtransport von gekauften Bäumen von anderen Forstgrundstücken als (Wie-) Beschäftigung für andere Forstwirte anzusehen wäre und nicht als Verrichtung im eigenen Interesse, habe bei dem Kläger der Verkauf des Holzes als Brennholz im Vordergrund gestanden. Die Kammer sei daher davon überzeugt, dass die Handlungstendenz bei der Verrichtung nicht (auch) auf die Interessen der Gemeinde, sondern allein auf die Gewinnerzielung zu seinen Gunsten aus dem Verkauf des Holzes gerichtet gewesen sei. Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als forstwirtschaftlicher Unternehmer habe daher nicht bestanden, und ein bei der Beklagten versicherter Arbeitsunfall sei abzulehnen.

Der Klägerbevollmächtigte hat gegen das ihm am 17.10.2022 zugestellte Urteil am 10.11.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Als Forstwirt und Inhaber eines forstwirtschaftlichen Unternehmens sei der Kläger bei der Ausübung von Forstarbeiten versichert, wenn diese dem Unternehmen zugehörig seien. Bei der Holzaufbereitung unterscheide die Beklagte auf ihrer Website zwischen Arbeiten auf eigenen und auf fremden Waldflächen. Auf den eigenen forstwirtschaftlichen Flächen bestehe grundsätzlich bei allen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Anbau und Abschlag von Holz, insb. Schlagen, Entasten, Entrinden der Versicherungsschutz. Die Holzaufbereitung und Brennholzgewinnung sei versichert, wenn diese für den Verkauf bestimmt sei. Zu der hier vorliegenden Konstellation des Fällens eines Baumes auf einer fremden Waldfläche finde sich auf der Website der Beklagten der Hinweis, dass der Versicherungsschutz von Selbstwerbern (Zuschneiden, Spalten, Zerkleinern von erworbenem Holz in einem fremden Forst zum Zwecke der Nutzung als Brennholz) meist eine Tätigkeit als Privatperson darstelle, für die grundsätzlich kein Versicherungsschutz bestehe. Nur wenn das Holz im versicherten Haushalt verwendet oder im eigenen landwirtschaftlichen Unternehmen genutzt werde, z. B. für eine Baumaßnahme, könne ausnahmsweise doch ein Versicherungsschutz bestehen, wenn die Holzaufbereitung „als Ausfluss der Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer anzusehen“ sei. Hier stelle sich bereits die Frage, ob das Fällen von Bäumen noch als Selbstwerbung angesehen werden könne, worunter eher das Sammeln von Holz zu verstehen sei. Unabhängig davon sei die Aufbereitung von Brennholz versichert, wenn es im eigenen Unternehmen (betrieblich) verwertet werde. Hieraus ergebe sich im Erst-recht-Schluss, dass die Brennholzaufbereitung erst recht versichert sei, wenn sie im eigenen forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet werde. Vorliegend sei das Holz des vom Kläger gefällten Baumes für die Verwertung im eigenen Unternehmen bestimmt gewesen. Es habe zu Brennholz verarbeitet und anschließend verkauft werden sollen, um mit dem Erlös forstwirtschaftliche (und steuerpflichtige) Einnahmen zu generieren. Das SG habe diese von der Beklagten selbst auf ihrer Website formulierten Vorgaben unbeachtet gelassen und bemühe die „Hilfskonstruktion des inneren Zusammenhangs". Dem SG sei insoweit zuzustimmen, dass ein forstwirtschaftliches Unternehmen grundsätzlich eine Bodenbewirtschaftung voraussetze, nämlich in dem Sinne, dass der Unternehmer über Grund und Boden verfüge, den er zur Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeite (vgl. Bayerisches LSG vom 14.11.2011- L 2 U 220/11; BSG vom 07.12.2004 - B 2 U 43/03 R - Juris Rn 18 m.w.N.) Für diese Auslegung spreche, dass ansonsten auch forstwirtschaftliche Lohnunternehmen, die keine eigene Bodenbewirtschaftung betrieben, schon als forstwirtschaftliche Unternehmen im Sinne von § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gelten würden (vgl. Diel in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 06/2011, zu § 123 RdNr. 36), so dass das Bedürfnis der Zuordnung zu landwirtschaftlichen Unternehmen in § 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII entfiele. Der Kläger betreibe jedoch in diesem Sinn ein forstwirtschaftliches Unternehmen mit Bodenbewirtschaftung auf eigenen Flächen.

Der Hinweis des SG, der Kläger habe einen Holzhandel ohne ausreichenden inneren Zusammenhang mit seinem Forstunternehmen betrieben, überzeuge nicht. Die forstwirtschaftliche Unternehmenstätigkeit diene auch und gerade der Zubereitung und dem Verkauf von Brennholz zur Gewinnung von regelmäßigen Einnahmen als selbständiger Unternehmer. Die Gewinnung von Brennholz auf städtischer Waldfläche habe ebenfalls diesem Zweck (anschließendem Verkauf) gedient und diese betriebswirtschaftliche Tätigkeit ergänzt. Es habe daher steht ein einheitliches Unternehmen mit dem Zweck der Holzernte auf eigenen und auf fremden Flächen vorgelegen. Die Nutzung auf fremder Fläche könne - jedenfalls im hier vorliegenden Fall - nicht ausschlaggebend dafür sein, ob Versicherungsschutz bestehe oder nicht. Dies zeige ein Vergleich zu gepachteten Flächen. Hätte der Kläger die besagte Waldfläche von der Stadt B1 gepachtet, um darauf stehende Bäume zu fällen und zu zersägen, zu Brennholz zu verarbeiten und das Holz anschließend zu verkaufen, wäre die Tätigkeit auch nach der Auffassung des SG versichert gewesen. Hier habe der Kläger mit dem Eigentümer der Waldfläche zwar kein Pachtverhältnis geschlossen. In beiden Fällen habe das geerntete und aufbereitete Brennholz aber dem Verkauf und der Erzielung gewerblicher Einnahmen gedient.

Das SG habe auch das konkrete Motiv des Klägers nicht berücksichtigt. Dieser habe das Holzlos erworben, weil er kurz zuvor eigene Waldflächen für ein Naturschutzprojekt zur Verfügung gestellt habe und auf diesen Flächen kein Holz mehr habe ernten können. Damit hätte er bestehende betriebliche Lieferverpflichtungen mit eigenen Flächen nicht mehr erfüllen können. Um dies zu kompensieren, habe er sich um die städtische Fläche bemüht. Auch hieraus werde deutlich, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem forstwirtschaftlichen Unternehmen und der Tätigkeit im städtischen Wald bestehe. Auch nach Auffassung des vom erstinstanzlichen Gericht zitierten Urteils des Bayerischen LSG vom 14.11.11 - L 2 U 220/11 sei für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit (vgl. hierzu BSG vom 18.03.2008 - B 2 U 2/07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1 - Juris RdNr. 19) die objektive Handlungstendenz, ob der Unternehmer also eine forstwirtschaftliche Tätigkeit habe ausüben wollen und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werde, maßgeblich (vgl. BSG vom 09.11.2010 - B 2 U 14/10 R - Juris RdNr. 20; BSG im Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19 RdNr. 14). Sowohl subjektiv wie auch objektiv hätten beide Tätigkeiten (Holzernte und Verarbeitung zu Brennholz) auf eigenen Grundstücken und auf der fremden Fläche einem einheitlichen unternehmerischen Zweck, dem Verkauf und der Erzielung von gewerblichen Einnahmen aus Forstwirtschaft, gedient.

Schließlich habe das SG auch den Begriff des Holzhandels verkannt. Handel bedeute Vertrieb, also der Kauf und Verkauf von Waren, Holzhandel demnach Kauf von (Brenn-) Holz zum Weiterverkauf mit Händlermarge. Der Kläger habe aber kein (Brenn-) Holz erworben, sondern vielmehr solches erst hergestellt, als der Unfall sich ereignet habe. Erst dieses selbst hergestellte Brennholz habe dann verkauft werden sollen. Das SG nehme (auch insoweit) eine künstliche Aufspaltung der Tätigkeit des Klägers vor. Einschlag auf eigener Fläche, Produktion von Brennholz und Verkauf seien Forstwirtschaft, Einschlag auf fremder Fläche, Produktion von Brennholz und Verkauf seien Handel.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.09.22 und den Bescheid der Beklagten vom 22.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 21.02.2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Unfallereignis vom 06.11.2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig. Mit der Berufung würden keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen. Die vom Kläger vorgetragenen Argumente seien bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen und dort vom Sozialgericht umfänglich und zutreffend gewürdigt worden. Die Tätigkeit des Klägers als Selbstwerber sei zum Zweck des Handels mit Holz erfolgt und weise damit keinen ausreichenden Bezug zum versicherten Unternehmen des Klägers und damit auch keinen ausreichenden Bezug zur Bodenbewirtschaftung auf. Es könne nicht im Ermessen des Klägers stehen, durch den Zukauf von Holzschlagrechten den Versicherungsschutz beliebig und ohne Kenntnis der Beklagten auszudehnen. Zur Vermeidung weiterer Wiederholungen werde auf die bisherigen Ausführungen im Verfahren und die Begründung der angegriffenen Bescheide verwiesen.

Der Berichterstatter hat am 22.09.2023 einen Erörterungstermin durchgeführt. Der Kläger hat in diesem Termin unter anderem erklärt, dass der Verkauf von 12 Ster Holz mit seinem Kunden nicht schriftlich, sondern mündlich vereinbart gewesen sei. Es sei verabredet worden, dass der Kunde jedes Jahr ungefähr diese Menge Holz bekomme. Er sei froh gewesen, diesen einen Stammkunden zu haben, da das Finanzamt eine Gewinnerzielungsabsicht verlange. Bei der Bewirtschaftung seiner Grundflächen habe er schließlich auch Ausgaben gehabt. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Holz habe er über die Jahre hinaus immer versucht, zumindest keinen Verlust zu erwirtschaften und „bei Null herauszukommen“. Im Übrigen habe sich die Höhe seiner Beiträge bei der Beklagten seit der Verkleinerung seiner Waldfläche nicht geändert, es handele sich hierbei wohl um die Mindestbeiträge (ca. 100,00 € jährlich).

Der Kläger hat im Erörterungstermin eine Übersicht über seine Waldflächen sowie Rechnungen und entsprechende Lieferscheine vom 01./03.08.2020 (12 Ster Brennholz Fichte/Tanne für 599,76 € inkl. Mehrwertsteuer) und vom 06.03.2021 (14 Ster Brennholz Fichte/Tanne für 700,02 € inkl. Mehrwertsteuer) an seinen Kunden Herrn T. und hiermit korrespondierende Kontogutschriften vorgelegt. Außerdem hat er für sein forstwirtschaftliches Unternehmen die steuerliche Gewinn-Verlust-Rechnung für das Jahr 2020 mit einem Ergebnis von -136,23 € Verlust vorgelegt.

Der Berichterstatter hat die Beklagte mit Verfügung vom 04.10.2023 zur Vorlage einer Aufstellung der vom Kläger für die Jahre von 2018 bis 2023 verlangten Beiträge und zur Stellungnahme aufgefordert, ob und ggf. aus welchen Gründen sich tatsächlich die Beitragshöhe für das klägerische Unternehmen nach dem Verkauf eines Großteils seiner Waldfläche im Jahr 2021 nicht verändert habe. Dem Umstand einer beitragsneutralen erheblichen Verringerung der Fläche des Unternehmens könne nach vorläufiger Einschätzung für die Entscheidung des Rechtsstreits eine wesentliche Bedeutung zukommen. Jedenfalls erscheine das Argument einer unangemessenen Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf Flächen, für welche keine Beiträge abgeführt werden, in dem Fall fraglich, wenn sich eine erhebliche Vergrößerung oder Verkleinerung der bei der Beitragsbemessung berücksichtigen Fläche überhaupt nicht auf die Höhe des Beitrags auswirke. Die Argumente der Risikoadäquanz und der Beitragsgerechtigkeit könnten insoweit gegebenenfalls nicht mehr ausschlaggebend sein.

Die Beklagte hat mitgeteilt, dass der Kläger sie von dem Verkauf des Großteils seiner Waldfläche im Jahr 2021 nicht in Kenntnis gesetzt habe. Insofern sei erst jetzt eine Korrektur der Beitragsbescheide möglich geworden. Die Beklagte hat hierzu einen korrigierten Beitragsbescheid vom 12.10.2023 vorgelegt, wonach sich die Beitragshöhe im Jahr 2021 bei Zugrundelegung einer Fläche von jetzt nur noch 0,19 ha auf 91,80 € jährlich (gegenüber einem Beitrag von 115,78 € jährlich im Jahr 2020 bei Zugrundelegung einer Fläche von 0,91 ha vor dem Verkauf eines Teils der Waldfläche) reduziert hat. Ausweislich der Angaben zur Berechnung der Beitragshöhe in diesem Bescheid beruht die relativ geringe Abweichung in der Beitragshöhe darauf, dass für das Jahr 2020 ein flächenunabhängiger Grundbeitrag von 91,00 € (zuzüglich eines Risikobeitrags von 24,78 €) und für das Jahr 2021 ein flächenunabhängiger Grundbeitrag von 86,83 € (zuzüglich eines Risikobeitrags von 4,97 €) erhoben worden ist.

Der Kläger ist der Behauptung der Beklagten entgegengetreten, dass er die Verminderung seiner Forstfläche der Beklagten nicht mitgeteilt habe. Der Kläger habe am 27.07.“2012“ (wohl: 2021) telefonisch bei der Beklagten nachgefragt, ob er sich nach Wegfall der Flächen weiterhin versichern müsse, obwohl die eigene Bewirtschaftungsfläche unter die für eine Pflichtmitgliedschaft geltende Grenze von 0,25 ha gefallen sei. Der Mitarbeiter der Beklagten habe entgegnet, der Kläger solle sich dies gut überlegen, da Unfälle im Wald oft schwere Verletzungen nach sich zögen. Er rate zur Beibehaltung der Flächenangabe und der Versicherung durch die Beklagte. In der Folge habe die Beklagte den Kläger weiterhin mit einer Fläche von 0,72 ha veranlagt.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das Unfallereignis vom 06.11.2021 ist ein bei der Beklagten nach dem SGB VII versicherter Arbeitsunfall.

Für die Entscheidung über diese Frage war eine Beiladung der Berufsgenossenschaft Holz und Metall nach § 75 Abs. 2 SGG nicht erforderlich. Eine (nur freiwillig mögliche) Unternehmerversicherung des Klägers, etwa unter dem Aspekt des von der Beklagten angenommenen Holzhandels, bestand dort nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten nicht, weswegen eine Leistungsverpflichtung der Berufsgenossenschaft Holz und Metall im Sinne einer unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG nicht in Betracht kommt. Die echte notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG setzt voraus, dass der Dritte eigene Rechte und Pflichten aus dem streitigen öffentlich-rechtlichen Verhältnis zwischen den Hauptbeteiligten hat und die Entscheidung aus Rechtsgründen nur einheitlich gegenüber den Hauptbeteiligten und dem Dritten ergehen kann (Gall in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 75 SGG [Stand: 15.06.2022], Rn. 42). Auch dies trifft auf die Berufsgenossenschaft Holz und Metall nicht zu.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Die Entstehung länger andauernder Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst) schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R = UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R = UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).

Der Kläger hat am 06.11.2021 bei Baumfällarbeiten einen Unfall erlitten, der unmittelbar erhebliche Verletzungen des Klägers verursacht hat. Der Senat stellt hierzu fest, dass sich dieser Unfall ereignete, als der Kläger als sogenannter „Selbstwerber“ auf einem Grundstück der Gemeinde B1 einen Baum fällte, dessen Holz zum Verkauf an seinen Stammkunden T. bestimmt war. Das Holz sollte zur Erfüllung einer jährlich wiederkehrenden Lieferverbindlichkeit dienen, die der Kläger bis 2020 mit dem auf eigener Waldfläche erwirtschafteten Holz bedienen konnte, für deren Begleichung er wegen des Verkaufs eines großen Teils seines eigenen Walds im Jahr 2021 jedoch auf weiteres Holz angewiesen war, das auf ihm nicht gehörenden Flurstücken gewachsen ist. Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der schlüssigen und konsistenten Angaben des Klägers fest, welche mit den Angaben in der Akte übereinstimmen und von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen sind. Auch der Senat hat keine Veranlassung, insoweit an den Angaben des Klägers oder seines Bevollmächtigten zu zweifeln.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind unter anderem Personen versichert, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind, wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (Beklagte) zuständig ist. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ist nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter anderem zuständig für Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, soweit sich nicht aus dem Dritten Unterabschnitt eine Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ergibt. Eine Zuständigkeit aus dem Dritten Unterabschnitt liegt nicht vor, so dass hier entscheidend ist, ob sich die unfallbringende Tätigkeit des Klägers als Tätigkeit im Rahmen eines Unternehmens der Forstwirtschaft im Sinne von § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ereignet hat.

Mangels einer Definition im Gesetz kann nach wie vor auf die Begriffsklärung durch das BSG zurückgegriffen werden. Danach umfasst die Landwirtschaft Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die dazu bestimmt sind, Bodengewächse überwiegend planmäßig aufzuziehen und abzuernten (Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 123 SGB VII [Stand: 03.11.2023], Rn. 15). Die Bewirtschaftung des eigenen Forstgrundstücks zur Brennholzgewinnung durch den Kläger stellt unzweifelhaft ein landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne von § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dar. Hierfür ist irgendeine Art der Bewirtschaftung – etwa durch einmal im Jahr erfolgendes Fällen von Bäumen wie im Falle des Klägers – grundsätzlich ausreichend (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 05.08.2020 - L 5 U 69/15 - juris Rn. 51; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 01.07.2015 - L 8 U 69/13 - juris Rn. 53; Hessisches LSG, Urteil vom 27.10.2015 - L 3 U 208/13 - juris Rn. 33.). Es ist unschädlich, dass der Kläger keinen wesentlichen Gewinn anstrebt, sondern ausweislich seiner Aussage im Erörterungstermin mit dem Erreichen einer „schwarzen Null“ im Sinne einer Kostendeckung durch seine Einkünfte bereits zufrieden ist. Denn für ein Unternehmen der Landwirtschaft ist es nicht notwendig, dass dieses einen regelmäßigen positiven Ertrag abwirft (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.11.2021 - L 14 U 164/17 - juris Rn. 26 f.). Eine Gewinnerzielungsabsicht ist für das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Unternehmens nicht erforderlich (BSG, Urteil vom07.12.2004 - B 2 U 43/03 R).

Der Kläger war darüber hinaus auch bei seiner zum Unfallzeitpunkt verrichteten Tätigkeit (Fällen eines Baumes als Selbstwerber auf einem Waldgrundstück der Gemeinde B1) bei der Beklagten gesetzlich unfallversichert.

Für den Versicherungsschutz muss (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 5/04 R -, in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4, m.w.N.) eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2023 – L 1 U 954/23 –, Rn. 36, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.2004 - L 2 U 535/03). Es reichen jedoch keine bloßen Vorbereitungshandlungen, die selbst noch nicht dem Betrieb dienen (Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 2 SGB VII (Stand: 30.06.2023), Rn. 212). Regelmäßig ist erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist, und dass die Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (vgl. BSGE 58, 56, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.2004 – L 2 U 535/03 –, Rn. 16, juris).

Der Kläger hatte bis zum Jahr 2020, als er noch im Besitz mehrere Waldflächen war, die Lieferverpflichtung von 12 Ster Holz gegenüber seinem Stammkunden T. alleine aus den ihm gehörenden Flächen erfüllen können. Nach dem Verkauf des größten Teils seiner Waldflächen zugunsten der Durchführung eines Naturschutzprojekts war dies nicht mehr möglich. Gegenüber dem Stammkunden T. trat der Kläger aber in gleicher Weise wie zuvor als Forstunternehmer auf, der von ihm selbst hergestelltes Brennholz verkaufte. Seine Wirtschaftsweise hat sich insofern auch nicht wesentlich verändert, da er lediglich ein zusätzliches Nutzungsrecht einer ihm nicht gehörenden Waldfläche zukaufen musste, um weiterhin Brennholz im vereinbarten Umfang zu liefern. Die Tätigkeit als Selbstwerber wies im Falle des Klägers daher einen engen Bezug zu seinem Forstunternehmen auf, und diente der Erfüllung vertraglicher Pflichten, die aus seinem Forstunternehmen resultierten.

Insoweit erscheint eine Ausnahme von dem Grundsatz angezeigt, dass der Versicherungsschutz des forstwirtschaftlichen Unternehmers sich grundsätzlich auf Tätigkeiten in Bezug auf Holz aus eigenem Wald bezieht (dies in Betracht ziehend, aber letztlich offen lassend SG München, Urteil vom 17.02.2023 – S 1 U 5029/22 –, Rn. 24, juris). Denn für den Kläger war der Zukauf eines weiteren Einschlagsrechts für Holz zwingend erforderlich, um den bestehenden Vertrag trotz fehlender Verfügbarkeit von genügend eigenem Holz erfüllen zu können.

Ohne die zuvor bereits bestehende Liefervereinbarung mit dem Stammkunden T., die aus dem forstwirtschaftlichen Unternehmen des Klägers resultierte, wäre es überhaupt nicht zum Zukauf der Selbstwerber-Berechtigung und damit letztlich auch zu der unfallbringenden Verrichtung gekommen. Diese enge kausale Verknüpfung schließt es nach der Auffassung des Senats aus, nach § 131 SGB VII im Fall des Klägers eine Aufteilung in ein Hauptunternehmen Forstwirtschaft und ein Nebenunternehmen Holzhandel vorzunehmen, zumal es sich – entsprechend dem zutreffenden Einwand des Klägerbevollmächtigten – auch nicht um einen Holzhandel handelt, da der Kläger ausschließlich von ihm selbst hergestelltes Brennholz verkauft hat und die Gewinnung und Herstellung von Brennholz hier die auch zeitlich deutlich intensivere Haupttätigkeit darstellte.

Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass der Kläger, hätte er weitere Flächen hinzugepachtet, um seinen Lieferverpflichtungen nachzukommen, auch nach der Auffassung der Beklagten insgesamt bei seinen Fällarbeiten als versichert angesehen worden wäre. Es kann aber keinen wesentlichen Unterschied darstellen, ob zur Erwirtschaftung eines größeren Volumens von Holz Flächen zugepachtet werden, oder ob dieser Bedarf durch den Erwerb einer Selbstwerber-Berechtigung abgedeckt wird.

Das Erfordernis, dass ein landwirtschaftliches Unternehmen eine Bodenbewirtschaftung zur Voraussetzung hat (Feddern in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 123 SGB VII [Stand: 03.11.2023], Rn. 21), wird jedenfalls auch durch Selbstwerber erfüllt. Denn die Bodenbewirtschaftung setzt kein eigenes Grundstück voraus, was sich bereits für den Fall der Pacht (siehe oben) zeigt. Dieser Grundsatz wird im Übrigen auch von der Beklagten angewandt, da ein (alleiniges) Nutzungsrecht an forstwirtschaftlichen Flächen die Vermutung der Eigenschaft als forstwirtschaftlicher Unternehmer für den Nutzungsberechtigten auch bei ungünstigen forstwirtschaftlichen Verhältnissen begründen kann (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.1999 - B 2 U 40/98 R - SozR 3-2200, § 776 Nr. 5). Die Beklagte geht selbst davon aus, dass die Aufarbeitung eines Holzrechtes als Mitglied einer „Rechtlergemeinschaft“ (Waldgenossenschaft) auch ohne Eigentumsrecht, sondern nur aufgrund Nießbrauchsrechts am Gemeinschaftswald unter dem Schutz des SGB VII steht (auf S. 2 ihrer Publikation „Übersicht zum Versicherungsschutz bei der Holzaufbereitung“, im Internet veröffentlicht unter https://cdn.svlfg.de/fiona8-blobs/public/svlfgonpremiseproduction/7ec121b48900f981/a879961b37e7/uebersicht-versschutz-holzaufbereitung.pdf; Aufruf am 09.11.2023).

In der oben genannten Publikation wird auch (a.a.O.) die Auffassung vertreten, dass die Selbstwerbung von Holz (z.B. Holzlos) bei landwirtschaftlichen Unternehmern im Hinblick auf alle Tätigkeiten versichert ist, sofern eine Nutzung für landwirtschaftliche Zwecke erfolgt. Es wurde oben bereits dargelegt, dass der Kläger als landwirtschaftlicher Unternehmer im Rahmen einer einzigen Bestellung bei seinem Unternehmen tätig wurde, was auch das von ihm erworbene Holzlos erfasst und was sich gedanklich und kausal nicht von seinem Hauptunternehmen abtrennen lässt.

Der vorliegende Fall ist daher wesentlich anders gelagert als der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Bayerischen LSG vom 14.11.2011 – L 2 U 220/11 – zugrunde lag. Nach dieser Entscheidung soll der Einschlag von Holz, der über die Ernte von Holz auf dem eigenen Grundstück oder auf den einem Holzrechtler zur Nutzung zustehenden Grundstücksteil hinausgeht und zugekauft wird, nicht aus dem eigenen forstwirtschaftlichen Unternehmen des Klägers stammen. Das Bayerische LSG hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem der Unfall beim Schneeräumen in der Nähe eines Holzstapels erfolgte, bei dem unklar war, ob hierin überhaupt Holz vom eigenen Grundstück oder aus dem ständigen Holzrecht des dortigen Klägers enthalten war. Das dort gelagerte Brennholz war zum Teil für den Eigenverbrauch und zum Teil zum Weiterverkauf bestimmt, wobei hier eine Klammer wie im vorliegenden Fall zwischen dem selbst gezogenen Holz und dem aufgrund Holzloses geschlagenen Holz auf fremden Grundstücken fehlte. Im vorliegenden Fall besteht allerdings eine solche, auch kausale Klammer, weil der Kläger im vorliegenden Verfahren das zugekaufte Holzschlagrecht benötigte, um den einzigen Kunden seines Forstunternehmens beliefern zu können, und um sein Unternehmen wenigstens „mit einer schwarzen Null“ führen zu können. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens hat auch für den Senat schlüssig dargelegt, dass er diese „schwarze Null“ benötigte, um gegenüber dem Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht für sein gesamtes Unternehmen weiterhin glaubhaft darstellen zu können.

Der Fall des Klägers ist auch anders gelagert als der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Hessischen LSG vom 03.05.2016 – L 3 U 129/12 ZVW – zugrunde lag. Das Hessische LSG hat entschieden, dass derjenige, welcher von einem forstwirtschaftlichen Unternehmer Holz auf dem Stamm durch Kauf erwirbt, die Bäume auf eigene Rechnung und für sein Unternehmen fällt und das Holz zu Brennholz für den eigenen Haushalt oder zur gewerblichen Weiterveräußerung verarbeitet, weder landwirtschaftlicher Unternehmer i. S. des § 123 Abs. 1 Nr. 1 noch Lohnunternehmer i. S. von § 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII ist. Der Kläger im vorliegenden Verfahren ist allerdings bereits nach Auffassung der hiesigen Beklagten landwirtschaftlicher Unternehmer mit eigenem Forst, was einen ausreichenden Bodenbezug darstellt, und er hat lediglich zusätzlich zum Ergebnis seiner eigenen Holzernte für den bestehenden Betrieb ein weiteres Holzschlagrecht hinzuerworben.

Die Überlegung des SG, dass der Versicherungsschutz bei dieser Bewertung in unbilliger Weise auch auf solche Flächen ausgedehnt werde, für welche keinerlei Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung durch den forstwirtschaftlichen Betrieb entrichtet werden, greift nur vordergründig. Zum einen hat es die Beklagte in der Hand, diesen Umstand in ihrer Satzung bei der Beitragsgestaltung zu berücksichtigen.

Zum anderen ist in der geringen Größenordnung, in welcher der Kläger ein forstwirtschaftliches Unternehmen betreibt, die Fläche des von ihm bewirtschafteten Waldes für die Beitragshöhe bei der Beklagten offenkundig nachrangig bis nebensächlich. Auch eine Umgehung oder treuwidrige Ausnutzung der Beitragsgestaltung der Beklagten durch den Kläger kann hier nicht erkannt werden. Denn der Kläger hatte nach der Satzung der Beklagten 2020, als seine eigene Waldfläche noch zur Erfüllung seiner Lieferverpflichtungen ausreichte, für 0,91 ha Forstfläche einen Beitrag von 115,78 € jährlich zu zahlen. Die Verkleinerung seiner Forstfläche auf 0,19 ha im Jahr 2021 führte lediglich zu einer Reduzierung des Beitrags auf 91,80 €. Dies bedeutet, dass die Verkleinerung seiner Forstfläche auf nur noch ca. 20 % der vorherigen Fläche seinen Jahresbeitrag lediglich um rund 20 % vermindert hat. Damit wird deutlich, dass die Beklagte bei Hobby- und Nebenerwerbsforstwirten wie dem Kläger bei der Beitragsbemessung den Gedanken der Risikoäquivalenz der Beiträge im Verhältnis zur bewirtschafteten Fläche weitgehend vernachlässigt, und die Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung hier überwiegend über einen als offenbar ausreichend erachteten Grundbeitrag vornimmt.

Ob insoweit etwas Anderes gelten würde, wenn das vom Kläger zugekaufte Holzschlagrecht im Hinblick auf das Volumen des Holzes in einem erheblichen Missverhältnis zu dem Holz von eigner Waldfläche stünde, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Denn das Verhalten des Klägers, aufgrund bestehender Lieferverpflichtung ca. 2/3 des ihm fehlenden Holzes im Wege eines Holzschlagrechts hinzuzukaufen, ist rational unternehmerisch nachvollziehbar und lässt ein Missverhältnis auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beklagten und der Versichertengemeinschaft nicht erkennen.

Der Senat konnte offenlassen, ob der Kläger der Beklagten die Verkleinerung seiner Waldfläche im Jahr 2021 vor dem Unfall telefonisch mitgeteilt hat. Sofern der Kläger tatsächlich frühzeitig seinen Flächenverkauf angezeigt hat, hätte er lediglich früher die Information darüber erhalten, dass sein Beitrag sich nur geringfügig verändert. Für die Frage der Reichweite des Versicherungsschutzes ergeben sich hieraus nach den vorausgehenden Ausführungen keine Auswirkungen. Demnach hatte der Senat auch nicht weiter zu ermitteln, ob dem Kläger von der Beklagten telefonisch ggf. sogar die Beibehaltung der Angaben zur Größe seiner Forstfläche empfohlen worden ist. Gleichfalls offen bleiben kann demnach auch die Frage, ob sich aus dem Umstand der Beitragsentrichtung für das Jahr 2021 für eine Forstfläche von 0,72 ha (statt 0,19 ha) – sowie aus der rückwirkenden Korrektur dieses Beitrags – eine andere Beurteilung ergeben könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die allein durch dieses Urteil beschwerte Beklagte hat auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet, weswegen dieses Urteil nicht anfechtbar ist.
 

 

Rechtskraft
Aus
Saved