L 8 BA 2385/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 BA 1033/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 BA 2385/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.07.2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 11.924,57 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit welchem Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert und Säumniszuschläge erhoben wurden.

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs in S1. Er beschäftigt neben fest angestellten Mitarbeitern immer wieder auch Saisonarbeitskräfte. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) sind rumänische Staatsangehörige, die in den Jahren 2014-2017 beim Kläger kurzfristig beschäftigt waren und im Anschluss daran jeweils wieder in ihr Heimatland zurückkehrten. Es handelt sich im Einzelnen um:

den Beigeladenen zu 1), geb. am 21.5.1980 (B1):

16.06.2014 – 11.07.2014               Entgelt: € 2.030,
06.10.2014 – 25.10.2014               Entgelt: € 1.305,50,
02.06.2015 – 31.07.2015               Entgelt: € 3.100,
17.09.2015 – 17.10.2015               Entgelt: € 1.450,
06.06.2016 – 31.07.2016               Entgelt: € 3.200,
03.10.2016 – 29.10.2016              Entgelt: € 1.650,
06.06.2017 – 22.07.2017               Entgelt: € 2.700,

den Beigeladenen zu 2), geb. am 10.4.1969 (B2):

03.10.2016 – 05.11.2016               Entgelt: € 2.050 sowie

den Beigeladenen zu 3), geb. am 11.4.1981 (F1):

27.06.2016 - 31.07.2016               Entgelt: € 2.100,
06.06.2017 – 22.07.2017               Entgelt. € 2.700,
18.09.2017 – 04.10.2017               Entgelt: € 950.

Für diese Beschäftigungen führte der Kläger bislang lediglich Umlagebeiträge an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Minijobzentrale, ab.

Am 14.9.2018 führte die Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Der Kläger legte ihr – teilweise erst im Nachgang mit Schreiben vom 25.02.2018 - die befristeten Arbeitsverträge für die relevanten Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1) bis 3) vor sowie hinsichtlich jeder Beschäftigung einen von den Beigeladenen zu 1) bis 3) ausgefüllten und unterschriebenen zweisprachigen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit polnischer bzw. rumänischer Saisonarbeitnehmer. Die Fragebögen waren weitestgehend vollständig ausgefüllt. Fragen nach einem im Herkunftsland bestehenden Beschäftigungsverhältnis, nach der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, nach einer dortigen Meldung als arbeitslos und arbeitssuchend, nach einem Schulbesuch oder Studium im Heimatland, nach einem Rentenbezug und nach einer Vorbeschäftigung im laufenden Kalenderjahr wurden von den Beigeladenen zu 1) bis 3) jeweils verneint. Die Frage Nr. 6, ob sie im Heimatland Hausfrau/Hausmann seien, hatten die Beigeladenen zu 1) bis 3) jeweils bejaht und die Antwort von ihrer Heimatgemeinde abstempeln lassen. Vor dem Unterschriftsfeld befindet sich in den Fragebögen die folgende Erklärung: „Ich versichere, dass ich sämtliche Angaben in diesem Vordruck nach besten Wissen gemacht habe. Mir ist bekannt, dass wissentlich falsche Angaben zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können.“ Lediglich im Fragebogen des Beigeladenen zu 1) zur Beschäftigung vom 06.06.2017 – 22.07.2017 fehlen zahlreiche Angaben, z.B. zu Beschäftigungsverhältnissen in Rumänien und zu vorangegangenen Tätigkeiten in den letzten 12 Monaten in Deutschland. In den Fragebögen des Beigeladenen zu 2) zum Beschäftigungsverhältnis vom 03.10.2016 bis 05.11.2016 und des Beigeladenen zu 3) zur Beschäftigung vom 27.06.2016 bis 31.07.2016 wurden ebenfalls keine Angaben zu vorangegangenen Tätigkeiten in Deutschland gemacht.

Mit Schreiben vom 14.9.2018 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass sie beabsichtige, Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge i. H. v. insgesamt € 18.416,23 zu erheben. Die Beigeladenen seien in den maßgeblichen Zeiträumen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen. Die der Beurteilung der Berufsmäßigkeit zugrundeliegenden Fragebögen seien unvollständig ausgefüllt gewesen oder hätten gefehlt. Darüber hinaus habe sich der Kläger auch nicht auf das bloße Ankreuzen des Feldes „Hausmann/Hausfrau“ verlassen dürfen, wenn die allgemeine Lebenserfahrung dagegenspreche.

Der Kläger trug am 25.10.2018 vor, dass der Beigeladene zu 1) ihm gegenüber während der ersten Beschäftigung 2014 angegeben habe, dass er mit seiner Frau und seiner 14-jährigen Tochter ein Hausgrundstück bewohne. Die Ehefrau arbeite in der Textilfabrik des Dorfes, er selbst kümmere sich um die Tochter und den Haushalt und bewirtschafte einen großen Garten zur Selbstversorgung. Der Verdienst werde benötigt, um die Renovierung des Hauses zu finanzieren. Die Heiratsurkunde sei in den Unterlagen. Er legte gleichzeitig noch weitere Fragebögen vor.

Mit Bescheid vom 08.11.2018 machte die Beklagte beim Kläger für die Beigeladenen zu 1) bis 3) Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge iHv. insgesamt € 11.924,57 für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 geltend. Sie stellte im Übrigen fest, dass für die bislang als zeitgeringfügig beschäftigten Mitarbeiter Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bestehe, weil der Nachweis der Versicherungsfreiheit nicht erbracht worden bzw. die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt worden sei. Anlässlich der Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger von 06. und 07.05.1998 sei zwar klargestellt worden, dass für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit einer kurzfristigen Beschäftigung bei Beschäftigten aus dem Ausland keine strengeren Voraussetzungen als für inländische Arbeitnehmer gelten. Für die Saisonarbeitskräfte aus dem (osteuropäischen) Ausland stehe seit 1998 ein bundeseinheitlicher Fragebogen zur Verfügung. Durch diesen solle sichergestellt werden, dass die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ausländischer Saisonarbeiter notwendigen Ermittlungen bereits zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses umfassend erfolgen und später grundsätzlich keine neuen Ermittlungen anzustellen seien. Die Fragebögen hätten vorliegend zum Teil unplausible Angaben enthalten. Die persönliche Lebens- und Erwerbssituation von Saisonarbeitskräften lasse sich nicht allein durch das bloße Ankreuzen von Feldern und Abstempeln belegen, wenn die Angaben grundsätzlich realitätsfremd oder im Gesamtkontext unplausibel seien. Der Arbeitgeber müsse die im Fragebogen enthaltenen Angaben im Einzelfall prüfen und beurteilen, ob diese geeignet seien, die Voraussetzungen einer kurzfristigen Beschäftigung zu begründen. Durch das Ankreuzen des Feldes Hausfrau/Hausmann könne die Zugehörigkeit zum Kreis der potentiellen Erwerbstätigen hier nicht ausgeschlossen werden, da keine Differenzierung zwischen tatsächlichen Hausfrauen/Hausmännern und lediglich Erwerbslosen vorgenommen werde. Der Arbeitgeber müsse daher weitere Ermittlungen vornehmen, um den Sachverhalt zweifelsfrei aufzuklären und belegen zu können. Dies sei hier nicht geschehen, so dass die vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht die Aufzeichnungspflichten erfüllten und daher auch nicht als Nachweis für die in Anspruch genommene Versicherungsfreiheit kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse anerkannt werden könnten. Daher hätten die Beigeladenen zu 1) bis 3) ihre Beschäftigungen im Rahmen versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt und damit grundsätzlich in vollem Umfang der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlegen.

Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen damaligen Bevollmächtigten, mit Schreiben vom 30.11.2018 Widerspruch ein. Sämtliche Fragebögen seien ausgefüllt, abgestempelt und unterschrieben vorgelegt worden, für die Beigeladenen zu 1) und 2) auch Heiratsurkunden. Weitere offene Fragen seien durch die Stellungnahme des Klägers im Anhörungsverfahren ausgeräumt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2020 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zu dem Fragebogen sei anzumerken, dass sich die persönliche Lebens- und Erwerbssituation von Saisonarbeitskräften nicht allein durch das bloße Ankreuzen des Feldes Hausfrau/Hausmann in einem Vordruck hinreichend belegen lasse, wenn die allgemeine Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der bekannten Umstände eher dagegensprechen würde. Die Glaubwürdigkeit der Angaben in den Fragebögen sei bereits Thema der Arbeitsgruppe Beitragsüberwachung gewesen. Nach dem Beschluss dieser Arbeitsgruppe von Februar 2010 sei festgestellt worden, dass eine Erweiterung oder Ersetzung der Frage 6, beispielsweise zu den Motiven einer Beschäftigung in Deutschland, für wenig aussagekräftig gehalten werde. Der Wahrheitsgehalt der Antworten wäre ebenso wenig verifizierbar, wie bei den Antworten auf die derzeitige Frage 6. Dieses Beratungsergebnis sei aber nicht als generelle Akzeptanz des angegebenen Status Hausfrau/Hausmann zu verstehen. Unter den Begriff fielen Personen, die im Rahmen einer in der privaten Sphäre liegenden Arbeitsteilung einen Haushalt für sich und andere Haushaltsmitglieder führten, die anstehenden Haushaltsarbeiten verrichteten und im Gegenzug von anderen Haushaltsmitgliedern unterhalten würden und damit nicht selbst auf die Aufnahme einer Beschäftigung angewiesen seien. Es sei nicht ausreichend, dass sich der Arbeitgeber den ausgefüllten Fragebogen aushändigen lasse, ohne darüber hinaus gewissenhafte Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Der Kläger habe den Status der Beigeladenen im Herkunftsland nur unzureichend überprüft. Die Feststellungslast verbleibe beim Kläger bzw. kehre sich um, weil er naheliegende weitere Ermittlungen zur wirtschaftlichen Bedeutung der Beschäftigung nicht unternommen habe. Es sei nicht anzunehmen, dass die drei Beigeladenen im Heimatland Hausmann gewesen seien. Die vage Angabe, dass die beiden Ehefrauen in einer Fabrik tätig gewesen seien, bedeute nicht, dass diese damit die Familie wirtschaftlich allein unterhielten.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 02.04.2020 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat zur Begründung vorgetragen, dass sich der Kläger auf die Angaben der Beigeladenen in den Fragebögen habe verlassen dürfen. Maßgeblich seien die Angaben der Arbeitnehmer. Er selbst habe alles getan, was von ihm verlangt worden sei, nämlich die Fragebögen richtig ausgewertet. Eine Beweislastumkehr finde nicht statt. Aus der Geringfügigkeitsrichtlinie folge, dass die Beurteilung des Arbeitgebers bzgl. der Sozialversicherungspflichtigkeit anhand von Indizien zu erfolgen habe. Bereits der Status eines Arbeitnehmers könne Berufsmäßigkeit entfallen lassen. Eine Beweisobliegenheit lasse sich hieraus nicht konstituieren. Explizit heiße es, die Beurteilung von Berufsmäßigkeit erfolge unabhängig von der tatsächlichen Einkommenssituation des Arbeitnehmers. Auch für eine Beweislastumkehr sei vorliegend kein Raum. Der Arbeitgeber habe durch die Verwendung der anempfohlenen Formulare, in welchen der Arbeitnehmer mit seiner Unterschrift explizit bestätige, dass er wahre und vollständige Angaben gemacht habe, alles getan, was zu tun sei, um eine richtige sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Arbeitsverhältnisses vornehmen zu können. Ohne Anhaltspunkt dafür, dass Angaben falsch seien, müsse ein Arbeitgeber aber darauf vertrauen dürfen, dass die strafbewehrte Versicherung des Arbeitnehmers richtig sei. Andernfalls würden dem Arbeitgeber sozialversicherungsrechtliche Risiken aufgebürdet, für welche es keinerlei Rechtfertigung gebe. Letzteres insbesondere, weil der Arbeitgeber kaum die Möglichkeit habe, die Lebensverhältnisse des Arbeitnehmers im Ausland einer gesicherten Überprüfung zu unterziehen. Aus diesem Grunde müsse der Arbeitgeber auf die Angaben des Arbeitnehmers und die Bestätigung dieser Angaben durch die Heimatbehörden vertrauen und dürfe das auch.

In allen zu beurteilenden Arbeitsverhältnissen stelle die Beklagte vorliegend fest, dass Berufsmäßigkeit vorliege, weil die betroffenen Hausmänner über keine Einkünfte verfügten. Dieses Argument verfange nicht, weil dem Begriff des Hausmannes eben innewohne, dass er über keine Einkünfte verfüge. Tatsächlich möge heute nicht mehr aufgeklärt werden können, wovon die betreffenden Hausmänner ihren Lebensunterhalt bestritten hätten. Offensichtlich sei jedoch, dass die wirtschaftlichen, sozialen und familiären Verhältnisse in Rumänien sich von den in Deutschland üblichen Verhältnissen deutlich unterscheiden würden. Es scheine daher nicht gerechtfertigt, ohne weitere Kenntnis, ohne weitere Ermittlungen und gegen die explizite Versicherung der Betroffenen zu unterstellen, sie seien in ihrem Heimatland nicht mit der Führung von Hof und Haushalt (im Zweifel) der Eltern/der Familie befasst, sondern eigenwirtschaftlich handelnd und arbeitssuchend (nur weil das für junge Menschen in Deutschland durchaus überwiegend zutreffend sein möge). Auch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid beschränkten sich auf Vermutungen, wonach „davon auszusehen gehen sei, dass …“ Diese Vermutungen seien nicht geeignet, um nach Feststellung von Zeitgeringfügigkeit einer Beschäftigung die Rückausnahme von Berufsmäßigkeit darzulegen, für welche die Beklagte die alleinige Beweislast treffe.

Die Beklagte hat zur Klageerwiderung auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und ihre Auffassung bekräftigt, wonach der Arbeitgeber bei ausländischen Arbeitskräften Ermittlungen zum Erwerbsverhalten des Arbeitnehmers im Ausland anstellen müsse. Der Arbeitgeber sei zur Prüfung der gesamten Umstände des Einzelfalles verpflichtet. Er trage die Beweislast für die Begründung einer versicherungsfreien, zeitgeringfügigen Beschäftigung und habe insofern (als erster) alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Bei ausländischen Arbeitnehmern habe der Arbeitgeber jedoch zum Nachweis der Versicherungsfreiheit Ermittlungen zum Erwerbsverhalten des Arbeitnehmers im Ausland zu führen. Dafür sei zum einen der bekannte zweisprachige bundeseinheitliche Fragebogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft entwickelt worden. Allerdings seien die Angabe (bzw. das entsprechende Kreuz) in dem bundeseinheitlichen Fragebogen (hier: Hausfrau- oder Hausmanneigenschaft) kein Beweis, sondern lediglich ein Anhaltspunkt dafür, als was sich die Saisonarbeitskraft selbst beurteile. Soweit die damit verbundene Aussage, dass der Lebensunterhalt durch eine andere Person aufgebracht werde, sich nicht aus den vorhandenen Unterlagen ergebe, müsse der Arbeitgeber als Beitragsschuldner entsprechende Unterlagen beim Beschäftigten anfordern. Die Angabe "Hausfrau/Hausmann" werde erst plausibel, wenn dem Arbeitgeber Unterlagen vorlägen, dass die Beschäftigung in Deutschland für den Arbeitnehmer nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sei. Auch dem Kläger hätten sich bei der Prüfung der Angaben der Betroffenen im Fragebogen die Fragen aufdrängen müssen, wie und durch wen die Betroffenen ihren Lebensunterhalt bestreiten würden. In allen drei Fällen hätten zu Beginn der Beschäftigung keine Nachweise vorgelegen, wie der jeweilige Lebensunterhalt bestritten werde bzw. aus welchem Grund die in Frage stehenden Beschäftigten dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden. Nach Ansicht der Beklagten könne daher bei den drei in Frage stehenden Beschäftigten zu Beginn der Beschäftigung nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass Berufsmäßigkeit nicht vorliege und somit von Versicherungsfreiheit ausgegangen werden könne.

Das SG hat mit Beschluss vom 03.11.2020 die betroffenen Arbeitnehmer notwendig zum Rechtsstreit beigeladen und sie sodann zu ihrem Erwerbsverhalten und ihren persönlichen Umständen befragt. Trotz mehrmaliger Erinnerung haben sie auf die gerichtlichen Anfragen nicht reagiert.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 05.07.2022 einen Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 19.05.2022 (S 1 BA 15/22 ER) sowie einen Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.04.2017 (L 8 R 987/15 B ER) vorgelegt.

Mit Urteil vom 22.07.2022 hat das SG den Bescheid vom 08.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2020 aufgehoben. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) seien im Rahmen einer zeitgeringfügigen Beschäftigung als Saisonkräfte beschäftigt gewesen. Es liege auch keine Berufsmäßigkeit vor. Dabei verkenne das SG nicht, dass das von den Beigeladenen zu 1) bis 3) erarbeitete Entgelt wegen des Lohngefälles zwischen Deutschland und Rumänien für sie von mehr als untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sein dürfte. Darauf dürfte aber bei der Beurteilung der Berufsmäßigkeit einer Beschäftigung nicht abgestellt werden. Anderenfalls wäre die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern, in deren Heimatländern im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland ein erhebliches Lohngefälle bestehe, immer als berufsmäßig einzustufen. Dies würde zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung der ausländischen Arbeitnehmer im Vergleich zu inländischen Arbeitnehmern führen. Dementsprechend hätten die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger anlässlich einer Besprechung vom 06.05 und 07.05.1998 klargestellt, dass für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit einer kurzfristigen Beschäftigung bei Beschäftigten aus dem Ausland keine strengeren Voraussetzungen als für inländische Arbeitnehmer gelten dürften. Die Berufsmäßigkeit müsse vielmehr unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Heimatland des Beschäftigten beurteilt werden. Für eine Berufsmäßigkeit des Beigeladenen zu 1) spreche im Übrigen auch nicht seine weitergehende Einlassung, er habe von dem Geld das Haus der Familie renoviert. Denn hierbei handele es sich um eine Sonderausgabe, es sei aber nicht ersichtlich, dass er damit seinen und/oder den Lebensunterhalt seiner Familie überwiegend bestritten habe, was für die Annahme von Berufsmäßigkeit aber erforderlich wäre.

Ob die Beigeladenen zu 1) bis 3) tatsächlich als Hausmänner einzustufen seien, bleibe offen. Dafür sprächen zunächst ihre Angaben in den jeweiligen Fragebögen, für die sie einen Stempel ihrer Wohnortgemeinde eingeholt hätten und deren Richtigkeit sie nach entsprechender Belehrung mit ihrer Unterschrift versichert hätten. Hinsichtlich des Beigeladenen zu 1) spreche hierfür außerdem die Stellungnahme des Klägers im Anhörungsverfahren, wonach dieser ihm gegenüber angegeben habe, sich um den Haushalt und die 14-jährige Tochter zu kümmern, während seine Ehefrau in der Fabrik arbeiten gehe. Gleichzeitig bewirtschafte er den Selbstversorgergarten. Diese Angaben seien nicht nur – wie die Beklagte meine – vage, sondern vergleichsweise detailliert und mit der Tätigkeit eines Hausmannes durchaus vereinbar. Welche konkreten Umstände im vorliegenden Fall gegen eine Einstufung der Beigeladenen als Hausmann sprechen sollten, lege die Beklagte im Übrigen in den angefochtenen Bescheiden nicht näher dar. Ihre Ausführungen erschöpften sich vielmehr in allgemeinen Darlegungen, wer Hausmann/-frau sein könne und wer nicht, ohne Bezug zum konkreten Fall. Die Angaben der Beigeladenen, im Heimatland Hausmann zu sein, seien auch nicht per se unplausibel. Es gebe sowohl für verheiratete, ledige, jüngere und ältere Männer denkbare Konstellationen, in denen diese von den Ehegatten bzw. Familienmitgliedern unterhalten würden. Damit sei es grundsätzlich möglich, dass die Beigeladenen in ihren Heimatländern Hausmänner gewesen seien, wenn auch nicht nachgewiesen. Das Ankreuzen des Feldes und der Stempel aus den Heimatgemeinden reiche nicht aus, da völlig unklar sei, unter welchen Voraussetzungen die Behörden im Heimatland den Stempel erteilt hätten und welche Prüfungen sie hierfür vorgenommen hätten. Auf die gerichtlichen schriftlichen Nachfragen hätten die Beteiligten nicht reagiert. Da die Beigeladenen zu 1) bis 3) als Verfahrensbeteiligte auch nicht zu einer Antwort gezwungen werden könnten, sei eine Rechtshilfe vom Gericht nicht in Anspruch genommen worden.

Der fehlende Nachweis der Berufsmäßigkeit der Beschäftigung gehe vorliegend zulasten der Beklagten. Die Voraussetzungen des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung habe nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast derjenige nachzuweisen, der sich auf den Ausnahmetatbestand berufe. Dies sei regelmäßig der beitragszahlungspflichtige Arbeitgeber. Demgegenüber habe der Versicherungsträger den Nachweis der Berufsmäßigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV zu führen. Eine Umkehr der Beweislast sei vorliegend nicht angezeigt. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Fragebogen vollständig ausgefüllt worden sei, habe der Kläger nicht gegen seine Aufzeichnungspflichten im Sinne des § 28f Abs.1 SGB IV i. V. m. der Beitragsverfahrensverordnung (BVV) verstoßen. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 BVV habe der Arbeitgeber in den Entgeltunterlagen in Bezug auf den Beschäftigten die für die Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht maßgebenden Angaben aufzunehmen. Dies sei vorliegend erfolgt, soweit die bundeseinheitlichen Fragebögen ordnungsgemäß ausfüllt worden seien. Darin sei insbesondere die in Punkt 6 des Fragebogens aufgeworfene Frage, ob der/die Betreffende ein(e) Hausmann/Hausfrau sei, jeweils eindeutig beantwortet worden. Damit sei der Vorschrift des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 BVV genüge getan worden.

Der Fragebogen konkretisiere aber auch den Umfang der erforderlichen Mitwirkung eines Arbeitgebers. Es könne daher dem Arbeitgeber hinterher nicht zum Nachteil gereichen, wenn er sich auf die ihm von Seiten der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger angebotene Konzeption des Fragebogens verlasse und davon ausgehe, dass mit der Beantwortung des Fragebogens keine weiteren Ermittlungen erforderlich seien. Es sei nicht klar ersichtlich, welches Verhalten und welches konkrete Vorgehen die Beklagte dem Kläger abverlangen wolle, um sich nicht dem Vorwurf einer Verletzung der Aufzeichnungspflicht ausgesetzt zu sehen. Der Bescheid vom 08.11.2018 und der Widerspruchsbescheid vom 02.03.2020 enthielten insofern keine klaren Anweisungen, sondern sprächen lediglich pauschal von der „Verpflichtung des Arbeitgebers zur gewissenhaften Sachverhaltsaufklärung“. Woraus die Beklagte diese Verpflichtung ableite, erschließe sich nicht. Vielmehr sei es die Beklagte selbst, die gemäß § 20 SGB X der Pflicht zu Amtsermittlung unterliege und mit entsprechenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgestattet sei, die dem Kläger nicht zur Verfügung stünden.

Die Nichterweislichkeit der Berufsmäßigkeit der von den Beigeladenen zu 1) bis 3) für den Kläger ausgeübten Beschäftigungen gehe somit zulasten der Beklagten. Aufgrund dessen sei ihre Beschäftigung als zeitgeringfügig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV einzustufen, so dass sie keiner Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hätten. Mangels Zahlungspflicht des Klägers könnten auch keine Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV erhoben werden.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.08.2022 zugestellte Urteil am 19.08.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die Beklagte hat zur Berufungsbegründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung sei vor deren Aufnahme zu prüfen. Die Berufsmäßigkeit der Beschäftigung sei dabei Teil dieser Prüfung. Bei rumänischen Saisonarbeitskräften wie den Beigeladenen zu 1) bis 3) diene der „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit rumänischer Saisonarbeitnehmer“ als Hilfestellung bei der Beurteilung. Zudem könnten Arbeitgeber auf die Geringfügigkeits-Richtlinien vom GKV-Spitzenverband, der Beklagten, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Bundesagentur für Arbeit, welche weitergehende Informationen zu Begriffen wie der Berufsmäßigkeit geben würden, zurückgreifen. Im vorliegenden Fall hätten die Beigeladenen zu 1) und 3) in den eingereichten Fragebögen unter Nr. 6 jeweils angegeben, Hausmänner zu sein. Diese vorgesehene mögliche Angabe „Hausmann/Hausfrau“ sei für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit von Bedeutung, da für diese Personengruppe laut Kasseler Kommentar zu § 8 SGB IV gelte: "Diese Personen leben in der Regel von anderen Einnahmen wie Rente, Unterhalt der Eltern, BAföG usw. (vgl. Schlegel NZS 2020, 335)." Somit sei eine Berufsmäßigkeit nicht anzunehmen, da eine wirtschaftliche Bedeutung der Beschäftigung nicht gegeben sei, da die Haupteinkünfte aus einer anderen Quelle herrührten.

Es stelle sich nun die Frage, ob der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Beurteilung der Berufsmäßigkeit genügt habe, indem er auf die Angaben der Beigeladenen zu 1) und 3) im Fragebogen vertraut habe, oder ob er aufgrund der Umstände weitere Ermittlungen hätte anstellen bzw. sich weitere Unterlagen hätte vorlegen lassen müssen. Das SG meine, dass ein Arbeitgeber keine weiteren Nachforschungen anzustellen habe und sich auf die Angabe verlassen dürfe, da die Sozialversicherungsträger die Beweislast für den Nachweis einer Berufsmäßigkeit tragen würden. Jedoch überzeuge diese Ansicht nicht. Nur weil die Beklagte im Streitfall die Beweislast für die Berufsmäßigkeit treffe, bedeute das nicht, dass ein Arbeitgeber keine eigene Beurteilung durchzuführen habe. So ändere es zwar nichts an der Beweislast bzgl. der Berufsmäßigkeit, wenn ein Arbeitgeber keine Lohnunterlagen vorhalte, aus denen sich ergebe, dass er vor Aufnahme der Beschäftigung geprüft habe, ob eine kurzfristige Beschäftigung vorliegen könnte. Jedoch sei der Fragebogen auch bzgl. der zeitlichen Grenzen der kurzfristigen Beschäftigung aussagekräftig, da Vorbeschäftigungszeiten anzugeben seien, und diene somit dem Nachweis, dass der Arbeitgeber diese Voraussetzung geprüft habe. Zudem führe die Beweislast nicht dazu, dass offensichtlich unplausible Angaben als richtig zu unterstellen seien und nicht durch den Arbeitgeber hinterfragt werden müssten. Dies habe bereits die Arbeitsgruppe Beitragsüberwachung (AGBEIUE) in ihrer Sitzung 02/2018 vom 05.07. bis zum 6.07.2018 festgehalten. In ihrem Besprechungsergebnis habe die Arbeitsgruppe überzeugend ausgeführt, dass bei begründeten Zweifeln an der Hausmanns- bzw. Hausfraueneigenschaft diese Angaben zu hinterfragen seien, auch vom Arbeitgeber. Dieses Besprechungsergebnis sei aufgrund des Umstandes gefasst worden, dass in der Praxis festgestellt worden sei, dass in den Fragebögen bei fast ausschließlich allen Saisonarbeitskräften die Angabe „Hausmann/Hausfrau“ erfolgt sei.

Dem Kläger hätten aufgrund der Umstände der Beschäftigung Zweifel an der Korrektheit der Angabe „Hausmann“ kommen müssen, dass die Berufsmäßigkeit nicht bereits aufgrund seines Erwerbsstatus ausgeschlossen sei. Diese Zweifel hätte der Kläger vielleicht nicht von Anfang an haben müssen, aber je öfter die Beigeladenen zu 1) bis 3) nach Deutschland gekommen seien, desto mehr hätten sie sich aufgedrängt. Auch die Stempel der „Heimatgemeinden“ der Beigeladenen zu 1) bis 3) untermauerten die Richtigkeit der Angaben nicht, da es in Rumänien keine Behörde gebe, die eine Hausmannseigenschaft prüfe.

Der Beigeladene zu 1) habe im Fragebogen vor jeder Beschäftigung angegeben, Hausmann zu sein. Der Kläger habe sich zudem die Heiratsurkunde vorlegen lassen. Jedoch habe der Kläger den Beigeladenen zu 1) in drei aufeinanderfolgenden Jahren zweimal im Jahr beschäftigt. Das heiße, der Beigeladene zu 1) habe die Mühe und Kosten auf sich genommen, zweimal im Jahr von Rumänien nach Deutschland zu reisen, um hier tätig zu werden. Selbst wenn nicht auf das Lohngefälle zwischen Deutschland und Rumänien abgestellt werde, erscheine es augenscheinlich, dass die Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) eine wirtschaftliche Bedeutung gehabt haben müsse und er auf diese angewiesen gewesen sei. Ansonsten sei zu fragen, weshalb er sonst diese Strapazen auf sich nehme. Es sei vielleicht keine Berufsmäßigkeit nach den ersten zwei Beschäftigungen im Jahr 2014 anzunehmen, jedoch im darauffolgenden Jahr seien aufgrund der wiederholten Beschäftigung Zweifel an der Hausmannseigenschaft gerechtfertigt gewesen. Der Kläger habe jedoch trotzdem die Angabe „Hausmann“ weiter hingenommen, ohne weitere Nachforschungen anzustellen, wie z.B. eine Beschäftigungsbestätigung der Ehefrau anzufordern.

Für den Beigeladenen zu 3) liege der Fall ähnlich wie bei dem Beigeladenen zu 1). Jedoch habe der Kläger hier bei dem mit dem Beigeladenen zu 1) gleichaltrigen Beigeladenen zu 3) die Hausmannseigenschaft nicht einmal dahingehend hinterfragt, dass er sich eine Heiratsurkunde oder ähnliches vorlegen ließ. Zumindest habe der Kläger dazu nichts vorgetragen bzw. vorgelegt. Wieso diese unterschiedliche Behandlung erfolgt sei, könne die Beklagte nicht nachvollziehen. Dieser Umstand spreche auch eher gegen die Behauptung des Klägers, vor jeder Beschäftigung eine Prüfung der Berufsmäßigkeit durchgeführt zu haben. Auch der Beigeladene zu 3) sei wiederholt, wie der Beigeladene zu 1), in den Jahren 2016 und 2017 bei dem Kläger tätig geworden.

Für den Beigeladenen zu 2) sei eine Beanstandung der Beiträge nur für den Zeitraum vom 03.10.2016 bis zum 05.11.2016 erfolgt, obwohl auch er wie der Beigeladene zu 1) wiederholt über mehrere Jahre bei dem Kläger tätig geworden sei. Die Beanstandung sei nur für den eben genannten Zeitraum erfolgt, weil für diesen kein ausgefüllter Fragebogen vorgelegt werden konnte. Das SG sehe diesen Umstand als unschädlich an, da zwar die Aufzeichnungspflicht verletzt sei, aber die Beweislast der Berufsmäßigkeit nach wie vor bei der Beklagten liege. Wäre dies jedoch anzunehmen, dann wäre der Fragebogen nur eine entbehrliche Formalie. Dass aus ihm auch andere Erkenntnisse für die Beurteilung einer kurzfristigen Beschäftigung gezogen werden könnten, habe die Beklagte bereits dargelegt. Schlussendlich könne der Kläger hier nicht nachweisen, dass er eine ex-ante-Beurteilung bzgl. der kurzfristigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 2) vorgenommen habe. In seinem Anhörungsschreiben habe er auch keine Ausführungen dazu gemacht, sondern lediglich angegeben, dass der Fragebogen nicht (mehr) vorliege. Zudem erscheine auch hier die Angabe „Hausmann“ ebenfalls aufgrund der wiederholten Beschäftigung unglaubwürdig.

Zuletzt sei noch Stellung zu dem Urteil des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 11.10.2022 (L 11 BA 3083/20) zu nehmen. In diesem habe der 11. Senat entschieden, dass es gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB analog verstoße, wenn ein Sozialversicherungsträger die Angaben im Fragebogen zur Versicherungspflicht/-freiheit als nicht plausibel ansehe, weil der Fragebogen so gestaltet sei, dass keine näheren Angaben zum Lebensunterhalt getroffen werden müssten. Diese Argumentation überzeuge jedoch nicht. Zum einen würden die Fragebögen nicht nur von den Sozialversicherungsträgern erstellt, sodass bereits keine Grundlage für eine unzulässige Rechtsausübung bestehe. Zum anderen sei der Fragebogen nicht die einzige Möglichkeit für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit, wie bereits durch das Zurverfügungstellen der Geringfügigkeits-Richtlinien deutlich werde. Ein Tatbestand für die Annahme von Treu und Glauben sei damit nicht gegeben. Der 13. Senat sehe die Rechtslage in seinem Urteil vom 25.10.2022 (L 13 BA 2532/20) anders als der 11. Senat. So führe er in dem Urteil aus: „Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil die Beklagte zuvor die Angaben in den Fragebögen ungeprüft akzeptiert hat. Denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt eine entsprechende Behandlung auch für die Zukunft schriftlich zugesichert oder durch konkretes Verhalten den Eindruck erweckt, sie werde auch in Zukunft weiterhin die Angaben in den Fragebögen übernehmen, ohne diese einer eigenen Prüfung zu unterziehen.“

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.07.2022 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 02.03.2020 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass die Feststellungslast für das Vorliegen von Berufsmäßigkeit bei der Beklagten liege. Die Rechtsprechung des BSG vom 11.05.1993 (Az. 12 RK 23/91) sei nicht revidiert worden. Nachdem die Beklagte ihren Ermittlungsobliegenheiten unzureichend nachgekommen sei und auch das SG im Rahmen der versuchten weiteren Ermittlungen keine neuen Erkenntnisse habe gewinnen können, seien die vorhandenen Erkenntnisse aus den Arbeitsunterlagen des Klägers für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zugrunde zu legen. Diese ergäben zeitgeringfügige und sozialversicherungsfreie Beschäftigungen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei nicht zunächst festzuhalten, ob Berufsmäßigkeit vorliege oder nicht. Vielmehr sei es primäre Verpflichtung des Arbeitgebers, die Einhaltung der zeitlichen Grenzen einer geringfügigen Beschäftigung vertraglich festzuschreiben. Im Übrigen habe er mithilfe der Fragebögen, welche von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger zur Feststellung zeitgeringfügiger Beschäftigung herausgegeben worden seien, das Erwerbsverhalten des Betroffenen festzustellen. Diese Feststellungen seien abschließend, weil dem Arbeitgeber weder rechtlich noch tatsächlich Möglichkeiten offen stünden, das Privatleben und Erwerbsverhalten des Arbeitnehmers valide und beweisfest zu durchleuchten. In Anerkennung dieser Umstände sei zwischenzeitlich gesetzlich geregelt worden, dass die Bundesknappschaft als zuständige Einzugsstelle unverzüglich Mitteilung zu geben habe, wenn ein zeitgeringfügig Beschäftigter Vorversicherungszeiten aufweise. Damit gehe einher, dass dem Arbeitgeber Vertrauensschutz einzuräumen sei, falls er infolge von Falschangaben des Beschäftigten zu seinem Erwerbsverhalten davon ausgehen müsse, dass die von ihm zeitgeringfügig ausgeübte Beschäftigung nicht berufsmäßig erfolgt sei. Im Übrigen sei auch auf das Urteil des 11. Senats vom 11.10.2022 (L 11 BA 3083/20) zu verweisen.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Berichterstatterin hat am 22.05.2023 das Verfahren mit den Beteiligten nichtöffentlich erörtert.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 13.07.2023 auf ein Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.03.2023 (S 1 BA 3/21) hingewiesen, in dem das Sozialgericht Landshut unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 05.12.2017 (B 12 KR 16/15 R) ausgeführt habe, dass das BSG das ungeschriebene negative Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit für die kurzfristige Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV definiert habe, so dass, wenn eine regelmäßige Wiederholung der Beschäftigung gegeben sei, eine kurzfristige Beschäftigung schon aus diesem Grund ausscheide. Eine regelmäßig wiederkehrende zeitlich befristete Beschäftigung sei nach Ansicht des Sozialgerichts dann gegeben, wenn eine Saisonarbeitskraft mehrere Jahre in Folge bei demselben Arbeitgeber tätig werde. Der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sei dann aufgrund der wiederholten Einsatztätigkeit ausgeschlossen. Der Prüfung der Berufsmäßigkeit der Beschäftigung bedürfe es in so einem Fall nicht. Ein solcher Fall der regelmäßigen Wiederholung sei auch hier gegeben.

Der Beigeladene zu 1) sei ebenfalls vier Jahre in Folge sogar zweimal im Jahr aus Rumänien nach Deutschland gekommen, um für den Kläger zu arbeiten. Das gleiche gelte für den Beigeladenen zu 2) und den Beigeladenen zu 3), welche jeweils drei und zwei Jahre in Folge bei dem Kläger beschäftigt worden seien. Die Frage der Berufsmäßigkeit und somit der Beweislast stelle sich für die Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht mehr. Nichtsdestotrotz sei zudem darauf hingewiesen, dass das SG Landshut in seiner Entscheidung ebenfalls angenommen habe, dass, wenn der Fragebogen z.B. unvollständig ausgefüllt worden sei, vom Arbeitgeber ebenfalls die Umstände des Einzelfalls und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschäftigten betrachtet werden müssten, um die Berufsmäßigkeit abschließend beurteilen zu können.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 03.08.2023 ausgeführt, dass die Entscheidung des Sozialgerichts Landshut nicht rechtskräftig geworden sei, sondern ein Berufungsverfahren beim Bayerischen LSG anhängig sei. Auch werde eine kurzfristige Beschäftigung nur dann „regelmäßig“ ausgeübt, wenn die Folgeeinsätze vorhersehbar und geplant seien oder der Arbeitnehmer „auf Abruf“ tätig werde. Das sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Bundesozialgerichts stelle darauf ab, ob die Beschäftigung von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet sei (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.1993 – 12 RK 23/91; BSG, Urteil vom 28.04.1982 – 12 RK 1/80). Damit müsse Dauer und Zeitpunkt der einzelnen Arbeitseinsätze vorhersehbar sein; die Tätigkeit müsse über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden sollen. Vorliegend und in der gesamten Branche der Erntehelfer möge es richtig sein, dass die betroffenen Arbeitnehmer regelmäßig nach Deutschland kämen, um einer kurzfristigen Beschäftigung nachzugehen. Dies erfolge jedoch mitnichten bei immer demselben Arbeitgeber. Je nach Arbeitsbedingungen, Unterbringung, Verpflegung, Stücklohn herrsche erhebliche Fluktuation. Die Arbeitgeber konkurrierten um die leistungsfähigsten Erntehelfer. Entsprechend sei das konkret zu betrachtende Arbeitsverhältnis auch nicht von dem Kriterium „Regelmäßigkeit“ geprägt. Auch vorliegend sei es Zufall, dass einige der Beigeladenen zum wiederholten Mal beim Kläger tätig gewesen seien.

Zudem kollidiere diese Auslegung des Kriteriums „berufsmäßig“ in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV mit dem europarechtlichen Gleichbehandlungsgebot. Gleichbehandlungsgebote bzw. Diskriminierungsverbote seien tragende Säulen europäischen Rechtsordnung. Dazu gehörten insbesondere auch die Grundfreiheiten der Arbeitnehmer. Art. 4 der VO (EG) Nr. 883/2004 verbiete Diskriminierungen im Bereich der sozialen Sicherheit. Das Begriffspaar „Rechte und Pflichten“ mache zudem deutlich, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz sowohl auf der Leistungs- als auch auf der Beitragsseite zu beachten sei. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verbiete der in Art. 4 niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch Anwendung anderer Unterscheidungskriterien tatsächlich zum gleichen Ergebnis führten. Als mittelbar diskriminierend seien daher Voraussetzungen des nationalen Rechts anzusehen, die zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit gelten würden, aber im Wesentlichen oder ganz überwiegend Wanderarbeitnehmer betreffen würden sowie unterschiedslos geltende Voraussetzungen, die von inländischen Arbeitnehmern leichter zu erfüllen seien, als von Wanderarbeitnehmern. Zum anderen sei eine Auslegung der Vorschrift dergestalt, dass selbige im Anschluss keinen Anwendungsspielraum mehr habe, rechtsfehlerhaft. Die Grenzen der Auslegung wären überschritten. Würde man der Argumentation der Beklagten und des SG Landshut folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass osteuropäische Arbeitnehmer bei Zugrundelegung des Mindestlohns nur wenige Tage zeitgeringfügig arbeiten könnten und auch Inländer niemals den zeitlichen Rahmen einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausschöpfen könnten, ohne infolge der wirtschaftlichen Bedeutung des aus dieser Beschäftigung erzielten Entgeltes als sozialversicherungspflichtig qualifiziert zu werden. Das Argument der Beklagten und des SG Landshut müsste darüber hinaus nicht nur für Hausleute gelten, sondern auch für Schüler, Studenten und Rentner. Denn auch hier werde das Entgelt aus der kurzfristigen Beschäftigung im Verhältnis zum insgesamt zur Verfügung stehenden Jahresbudget von erheblicher Bedeutung sein. Eine zeitgeringfügige Tätigkeit über drei Monate oder 70 Tage wäre damit de facto ausgeschlossen.

Es seien auch verfassungsrechtliche Bedenken an einer solchen Auslegung zu äußern. Die Unterwerfung unter ein Pflichtversicherungssystem stelle einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit und Berufsausübungsfreiheit dar. Ein solcher Eingriff bedürfe der Rechtfertigung. Diese Rechtfertigung liege bei regulären Beschäftigungsverhältnissen in den Anwartschaften und Leistungsrechten, die aus der Mitgliedschaft in dem jeweiligen Sozialversicherungssystem resultierten. Weil in diesen Leistungsgesetzen jedoch Vorversicherungszeiten oder andere versicherungsrechtliche Vorbedingungen definiert seien, erwerbe der kurzfristig Beschäftigte solche Leistungsrechte typisierend betrachtet gerade nicht. Genau das sei der gesetzgeberische Grund für die Sozialversicherungsfreiheit dieser Beschäftigungsform. Hätte der Gesetzgeber das in jüngerer Zeit anders gesehen, hätte er nicht nur im Rahmen der entgeltgeringfügigen Beschäftigung, sondern auch im Rahmen der zeitgeringfügigen Beschäftigung Möglichkeiten eröffnet, dass mit dieser kurzfristigen Tätigkeit eine Absicherung in der DRV für Erwerbsbeeinträchtigung, -unfähigkeit und Alter erworben werden könnten. Genau dies habe er aber nur für den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 Nr. 1 eingeführt, nicht für den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV.

Die AOK als zuständige Kranken- und Pflegekasse hat auf Anfrage der Berichterstatterin vom 20.07.2023, ob eine Beiladung zum Verfahren nach § 75 Abs. 2b SGG beantragt werde, keinen Antrag gestellt.

Die Agentur für Arbeit hat auf Anfrage der Berichterstatterin vom 20.07.2023, ob eine Beiladung zum Verfahren nach § 75 Abs. 2b SGG beantragt werde, mit Schreiben vom 24.07.2023 mitgeteilt, dass sie die Beiladung beantrage.

Die Berichterstatterin hat mit Beschluss vom 14.08.2023 die Agentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.

Die Beklagte hat zuletzt mit Schreiben vom 17.08.2023 ergänzend vorgetragen, dass das BSG in der Entscheidung vom 07.05.2014 ausgeführt habe, dass es an einer die Versicherungsfreiheit wegen Zeitgeringfügigkeit ausschließenden "regelmäßigen" Beschäftigung fehle, wenn Tätigkeiten in den gesetzlichen zeitlichen Höchstgrenzen über Jahre hinweg beim selben Arbeitgeber zwar "immer wieder" ausgeübt würden, die einzelnen Arbeitseinsätze aber ohne bestehende Abrufbereitschaft nicht vorhersehbar zu unterschiedlichen Anlässen und ohne erkennbaren Rhythmus erfolgten sowie der Betrieb des Arbeitgebers nicht strukturell auf den Einsatz von Aushilfskräften ausgerichtet sei. Diese Frage spreche für die Zulassung der Revision, da die Entscheidung des BSG Raum dafür lasse, ob die Regelmäßigkeit einer kurzfristigen Beschäftigung im Fall von Saisonarbeitskräften in einem strukturell auf Aushilfskräfte ausgerichteten Betrieb zu einer anderen Beurteilung des BSG führen würde.

Im Übrigen sehe die Beklagte keinen Verstoß in der Auslegung des Begriffs der Berufsmäßigkeit mit dem europäischen Gleichbehandlungsgebot. Auch bei einem inländischen „Hausmann“ wäre eine Berufsmäßigkeit zu überprüfen und bei wirtschaftlicher Bedeutung anzunehmen. Zudem liege kein Eingriff in eine der Grundfreiheiten des EU-Rechts vor. Denn innerhalb der EU gelte für die Sozialversicherung VO Nr. 883/2004. Diese sehe vor, dass Arbeitnehmer in der Regel im Tätigkeitsstaat sozialversicherungspflichtig seien, nach dem sog. Beschäftigungslandprinzip. Davon gebe es Ausnahmen, wobei es allerdings bei dem Prinzip bleibe, dass nur ein Staat für die Sozialversicherung zuständig sei (vgl. EuGH, Urteil vom 26.2.2015 – C-623/13, de Ruyter). Verbleibe es bei der Sozialversicherungspflicht im Wohnstaat oder dem Staat des Arbeitgebers, so könne dieser Staat eine Bescheinigung (sog. A1-Erklärung) ausstellen, die dem Arbeitnehmer bescheinige, dass er weiterhin in seinem heimatlichen Sozialversicherungssystem verbleibe. Der EuGH habe dem auch in seiner Entscheidung vom 23.04.2015 (C-382/13, Franzen/Giesen/van den Berg) Rechnung getragen. Demnach gelte das Beschäftigungsprinzip auch im Fall eines sog. „Wanderarbeiters“, der in Deutschland einen Mini-Job innehabe. Das Land der Beschäftigung sei dann für die soziale Sicherheit zuständig, falls dieses das einzige Arbeitsverhältnis darstelle.

Auch das Argument des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass es verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt sei, ausländische Arbeitskräfte, die in Deutschland aufgrund der zeitlichen Fristen in der Sozialversicherung keine Ansprüche erlangen könnten, versicherungspflichtig zu beschäftigen, gehe fehl. Zum einen würde es dem Diskriminierungsverbot des Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 widersprechen, wenn Berufsmäßigkeit gegeben sei, einen Unterschied zwischen inländischen und ausländischen Beschäftigten zu machen. Zum anderen erwerbe die Saisonarbeitskraft nicht nur Rentenansprüche, für die auch im EU-Ausland sozialversicherungspflichte gearbeitete Zeiten angerechnet würden, sondern werde auch in der Krankenversicherung pflichtversichert.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Das SG hat der nach § 54 Abs. 1 und 2 SGG zulässigen Anfechtungsklage des Klägers daher zu Recht stattgeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

Gemäß § 8 Abs. 1 SGB IV i.d.F. vom 05.12.2012 liegt eine geringfügige - und damit versicherungs- und beitragsfreie - Beschäftigung vor, wenn
1.) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450,00 € nicht übersteigt,
2.) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens 2 Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450,00 € im Monat übersteigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind die beiden Formen der Entgeltgeringfügigkeit (Nr. 1) und der Zeitgeringfügigkeit (Nr. 2) voneinander abzugrenzen. Sie unterscheiden sich dadurch, dass die entgeltgeringfügige Beschäftigung (Nr. 1) regelmäßig, die zeitgeringfügige (Nr. 2) hingegen nur gelegentlich ausgeübt wird (grundlegend BSG, Urteil vom 11.05.1993 – B 12 RK 23/91 –, juris Rdnr. 12; vgl. Schlegel/Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 8 SGB IV Rdnr. 30 ff.). Es kommt daher zunächst darauf an, ob es sich bei der Tätigkeit um eine regelmäßige Beschäftigung handelt (dann gilt Nr. 1 der zitierten Vorschrift) oder um eine nicht regelmäßige - also nur gelegentliche Beschäftigung - (dann gilt Nr. 2).

Regelmäßig ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Beschäftigung, die bei vorausschauender Betrachtung (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Sozialgesetzbuchs (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - BT-Drucks 7/4122 S. 43 zu 1.) von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.1993 – B 12 RK 23/91 –, juris); nicht erforderlich ist hingegen, dass sie über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 05.12.2017 – B 12 KR 16/15 R –, juris). So kann auch im Fall einer auf nicht mehr als ein Jahr befristeten Beschäftigung eine „regelmäßige“ Beschäftigung vorliegen (BSG, a.a.O.).

Der Senat stellt unter Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren beigezogenen Arbeitsverträge und Stundenaufzeichnungen fest, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) eine zeitgeringfügige Beschäftigung in den streitgegenständlichen Zeiträumen ausgeübt haben. Die maßgeblichen Zeitgrenzen wurden jeweils eingehalten; davon geht auch die Beklagte aus. Es liegt keine regelmäßige Beschäftigung vor, welche der Annahme einer zeitgeringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV entgegenstehen würde. Die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bis 3) war nicht von vorneherein auf ständige Wiederholung gerichtet und die einzelnen Arbeitseinsätze waren nicht in ihrer Dauer und ihrem Zeitpunkt hinreichend vorhersehbar. Der Umstand, dass sich die von den Beigeladenen zu 1) bis 3) ausgeübten Beschäftigungen nach saisonalen Gegebenheiten richteten, spricht für eine nur gelegentlich ausgeübte Beschäftigung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.10.2022 – L 11 BA 3083/20 –, juris sowie Latzel, NZS 2022, 281, 282). Vorliegend hatten die Beigeladenen zu 1) bis 3) jeweils befristete Arbeitsverträge, welche keine automatische Option beinhalteten, dass sie bei der nächsten Ernteperiode wieder zur Verfügung stehen würden. Allein aus der Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) sowie der Beigeladene zu 3) im Zeitraum von 2014 bis 2017 mehrfach beim Kläger beschäftigt waren, kann noch nicht auf die Annahme einer regelmäßigen Beschäftigung geschlossen werden, da es hierzu einer auf ständige Wiederholung gerichteten Beschäftigung bedarf (vgl. Knospe in: Hauck/Noftz SGB IV, 2. Ergänzungslieferung 2023, § 8 SGB 4 Rdnr. 50 ff.). Einen solchen Parteiwillen einer auf Jahre ausgerichteten Beschäftigung kann der Senat bei den Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht feststellen. Dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 22.07.2022 ist vielmehr zu entnehmen, dass der Kontakt und die Kommunikation mit den Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht einfach war und somit auch keinesfalls die gesicherte Aussicht bestand, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) in der Folgesaison wieder zur Verfügung stehen würden. Zur Abgrenzung einer regelmäßigen von einer gelegentlichen Beschäftigung reicht jedoch nicht allein die Anzahl der Arbeitseinsätze aus, sondern es bedarf eines zusätzlichen Willens der Parteien, die Beschäftigung zu wiederholen. Dies hat auch das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt.

Es liegt auch keine berufsmäßige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bis 3) vor.

Eine Beschäftigung von kurzer Dauer i. S. v. Absatz 1 Nr. 2 erfüllt dann nicht mehr die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung, wenn sie berufsmäßig ausgeübt wird und die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird. Die Berufsmäßigkeit einer Beschäftigung oder ein höheres Arbeitsentgelt allein genügt zum Ausschluss der Zeitgeringfügigkeit noch nicht, da beide Ausnahmetatbestände kumulativ vorliegen müssen (vgl. Knospe a.a.O., Rdnr. 54 ff).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 KR 17/16 R –, juris Rdnr. 12 ff) wird eine zeitlich befristete Beschäftigung dann berufsmäßig ausgeübt, wenn der Betreffende durch sie seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang erwirbt, dass seine wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf der Beschäftigung beruht, damit diese von nicht nur untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Beschäftigungen, die nur gelegentlich, z. B. in einer Übergangszeit zwischen Ende der Schulausbildung und dem Beginn eines Hochschulstudiums oder der Aufnahme einer auf Dauer gerichteten Beschäftigung, ausgeübt werden, sind grundsätzlich von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und somit nicht als berufsmäßig anzusehen (vgl. auch zuletzt BSG, Urteil vom 24.11.2020 – B 12 KR 34/19 R –, juris Rdnr. 14). Ob eine derartige Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird, kann nur aufgrund einer Beurteilung der gesamten Umstände des Einzelfalles und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Person beurteilt werden (vgl. Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 8 SGB IV 1. Rdnr. 60 f).

Das SG hat im angefochtenen Urteil schlüssig und überzeugend ausgeführt, dass die Berufsmäßigkeit unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Heimatland der Beschäftigten beurteilt werden muss, da ansonsten eine ungerechtfertigte Diskriminierung von ausländischen Arbeitnehmern im Vergleich zu inländischen Arbeitnehmern vorliegt (vgl. so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.06.2007 – L 2 RI 340/04 –, juris Rdnr. 29 ff.). Soweit das SG Landshut in seinem Urteil vom 20.03.2023 (vgl. SG Landshut, Urteil vom 20.03.2023 – S 1 BA 3/21 –, juris) die Berufsmäßigkeit allein aufgrund des großen Entgeltgefälles zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Herkunftsland regelmäßig als gegeben ansieht, überzeugt dies daher nicht. Auch weist das SG zutreffend darauf hin, dass sich im Fall der Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht mehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, ob diese ihre Tätigkeit für den Kläger berufsmäßig ausgeübt haben. Für Berufsmäßigkeit sprechen zunächst die Angaben der Beigeladenen zu 1) bis 3) in den jeweiligen Fragebögen, für die sie einen Stempel ihrer Wohnortgemeinde eingeholt haben und deren Richtigkeit sie nach entsprechender Belehrung mit ihrer Unterschrift versichert haben. Hinsichtlich des Beigeladenen zu 1) spricht hierfür außerdem die Stellungnahme des Klägers im Anhörungsverfahren, wonach dieser ihm gegenüber angegeben habe, sich um den Haushalt und die 14-jährige Tochter zu kümmern, während seine Ehefrau in der Fabrik arbeiten gehe. Gleichzeitig bewirtschafte er den Selbstversorgergarten. Der Senat nimmt insoweit auf die Ausführungen des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Senat teilt die Auffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 11.10.2022 (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.10.2022 – L 11 BA 3083/20 –, juris Rdnr. 32), dass die Angabe des Status „Hausfrau oder -mann“ in dem zweisprachigen „Fragebogen“ nicht per se dazu führt, dass diese Personengruppe versicherungs- und beitragsfrei in der jeweiligen zeitgeringfügigen Tätigkeit ist. Der Status „Hausfrau“ oder „Hausmann“ setzt gerade voraus, dass diese (Saison-)Arbeitnehmer dem Arbeitsmarkt grundsätzlich nicht zur Verfügung stehen (z. B. bei Pflege von Familienangehörigen) und auch nicht als „Arbeitslose“ beurteilt werden können (Ziegelmeier, NZA 2021, 1534, 1536). In der Fallkonstellation im Urteil des 11. Senats wurde - wie auch im vorliegenden Fall - ein zweisprachiger Fragebogen verwendet, den die Beklagte bzw. andere Sozialversicherungsträger dazu zur Verfügung gestellt hatten. Dieser Fragebogen enthält unter Nr. 7 den Hinweis, dass die Frage, wovon die Saisonkraft in ihrem Heimatland ihren Lebensunterhalt verdient, nur beantwortet werden muss, wenn sämtliche vorstehenden Fragen - darunter die Frage: „Sind Sie Hausfrau/Hausmann?“ - mit nein beantwortet wurden. Wurde die Frage nach einer Tätigkeit als Hausfrau/Hausmann dagegen bejaht, mussten die Saisonkräfte die Frage, wovon sie in Rumänien ihren Lebensunterhalt bestreiten, nicht beantworten. Erst in der Folgezeit wurde der Fragebogen so geändert, dass die Frage nach dem Bestreiten des Lebensunterhalts auch dann beantwortet werden muss, wenn angegeben wird, Hausfrau oder Hausmann zu sein und die Fragen nach einer Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit und einer Arbeitslosigkeit verneint wurden (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr. 32 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Kläger nicht verpflichtet, die Angaben der Beigeladenen zu 1) bis 3) weiter zu hinterfragen und zu ermitteln, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Eine derartige Verpflichtung und in der Folge ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflicht und Mitwirkungspflicht des Klägers als Arbeitgeber besteht nicht. Das SG hat hierzu bereits ausgeführt, dass der Fragebogen den Umfang der erforderlichen Mitwirkung des Arbeitgebers konkretisiert, und auch die Beklagte keine weiteren konkreten Ermittlungsmöglichkeiten aufgezeigt hat. Insofern verkennt die Beklagte, dass für sie der Grundsatz der Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X gilt, und auch vor diesem Hintergrund kein Anlass für die Annahme einer Pflichtverletzung des Klägers und einer hieraus folgenden Beweislastumkehr besteht (vgl. so auch LSG LSG Baden-Württemerg, a.a.O., Rdnr. 33 m.w.N.).

Der fehlende Nachweis geht daher vorliegend zu Lasten der Beklagten. Diese trägt die Feststellungslast für die Berufsmäßigkeit, die im Rahmen eines Streits um die Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eine die Geringfügigkeit möglicherweise ausschließende und damit die angefochtenen Beitragsbescheide stützende Tatsache darstellt (BSG, Urteil vom 11.05.1993 – 12 RK 23/91 –, juris Rdnr. 25; Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 8 SGB IV Rdnr. 61.1).

Auch aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren folgt keine anderweitige Bewertung des Sachverhalts.

Soweit die Beklagte zum wiederholten Male vorträgt, dass allein die Tatsache, dass sie die Beweislast für die Berufsmäßigkeit trage, den Arbeitgeber nicht von einer eigenen Bewertung enthebe, führt sie nicht konkret an, wie der Kläger im vorliegenden Fall noch in rechtlich zulässigem Rahmen weitere Angaben hätte von den Beigeladenen zu 1) bis 3) erlangen können. Der Kläger hat weder eine rechtliche Handhabe, eine Steuerauskunft von den Beigeladenen zu 1) bis 3) zu verlangen, noch kann er als Privatunternehmer einen Datenabgleich mit Behörden im Heimatland der Beigeladenen zu 1) bis 3) in die Wege leiten. Einer Meldeanfrage des Klägers an das Einwohnermeldeamt oder das Finanzamt im Heimatland dürften datenschutzrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. hierzu SG Lüneburg, Urteil vom 26.04.2023 – S 34 BA 26/21 –, juris Rdnr. 34 sowie SG Lüneburg, Beschluss vom 19.05.2022 – S 1 BA 15/22 ER –, juris Rdnr. 27). Auch hat der Kläger als Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Offenlegung des Einkommens der Ehefrauen seiner Arbeitnehmer (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2023 – 10 AZR 137/22 –, juris sowie BGH, Urteil vom 18.02.2021 – III ZR 175/19 –, juris). Zu beachten ist auch, dass nicht jede Falschbeantwortung einer Frage in einem vom Arbeitgeber vorgelegten Fragebogen arbeitsrechtliche Folgen hat (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 04.12.1997 – 2 AZR 750/96 –, juris). Ein Fragerecht des Arbeitgebers und die damit korrespondierende Auskunftspflicht des Bewerbers ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem zu begründenden Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis hat (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2019 - 3 Sa 65/17 - juris). Ein berechtigtes Interesse ist nur dann gegeben, wenn das Interesse des Arbeitgebers so gewichtig ist, dass dahinter das Interesse des Arbeitnehmers, seine persönlichen Lebensumstände zum Schutz seines Persönlichkeitsrechts und zur Sicherung der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre geheim zu halten, zurückzutreten hat (BAG, Urteile vom 05.10.1995 - 2 AZR 923/94 - ZTR 1996, 322; vom 07.06.1984 - 2 AZR 270/83 - NZA 1985, 57). Das sich aus der Vertrags- und Abschlussfreiheit ableitende Fragerecht des Arbeitgebers ist also zivilrechtlich durch den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers begrenzt (BAG, Urteil vom 20.03.2014 – 2 AZR 1071/12ZTR 2014, 664 sowie Breier/Dassau/Kiefer u.a., TV-L, 1.4.6 Fragerecht des Arbeitgebers und Auskunftspflicht des Bewerbers Rdnr. 312 ff.). Zudem ist die Beklagte selbst grundsätzlich verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, da ihr als Körperschaft des öffentlichen Rechts andere Ermittlungsmöglichkeiten offenstehen (vgl. hierzu auch SG Lüneburg, Gerichtsbescheid vom 07.11.2022 – S 1 BA 23/22 –, juris Rdnr. 33).

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Angaben der Beigeladenen offensichtlich unplausibel und daher vom Kläger zu hinterfragen gewesen seien, verweist sie lediglich allgemein auf Veröffentlichungen in der Kommentarliteratur zum Begriff des Hausmannes, ohne im konkreten Fall die fehlende Plausibilität darzulegen. Allein der Verweis, dass die Angabe „Hausmann“ angesichts der Häufigkeit der Tätigkeit nicht schlüssig sei, reicht hierfür nicht aus. Die Angaben wurden durch die Unterschrift der Beigeladenen zu 1) bis 3) bestätigt und im Fall der Beigeladenen zu 1) und 2) lagen auch die Heiratsurkunden vor. Im Fall des Beigeladenen zu 3) wurde der Status als verheiratete Person zumindest von der Heimatgemeinde bestätigt. Grundsätzlich ist allerdings der Status als Verheirateter nicht zwingend für die Annahme der Hausmanneigenschaft, da dies auch in nichtehelichen Lebensgemeinschaften denkbar ist. Die Angaben im Fragenbogen reichen zwar für einen Nachweis im Sinne einer gesicherten Überzeugung nicht aus. Es liegen jedoch keine eklatanten Unschlüssigkeiten vor. Dies unterscheidet die vorliegende Fallkonstellation auch von der Fallkonstellation, die dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.10.2012 (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.10.2012 – L 1 KR 273/11 –, juris) zugrunde lag. Soweit die Beklagte auf die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 26.04.2007 und vom 25.06.2007 (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.06.2007 – L 2 RI 340/04 –, juris m.w.N.) verweist, liegen diesen Urteilen ebenfalls andere Sachverhalte zugrunde, da die dortigen Saisonarbeitskräfte unbezahlten Urlaub in ihrem Heimatland genommen hatten. Auch das Urteil des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2022 – L 13 BA 2532/20 –, n.v.) steht der dargelegten Beurteilung des Sachverhalts durch den Senat nicht entgegen, da auch der 13. Senat die Feststellungslast der Beklagten bestätigt und nur bezüglich eines Saisonarbeitnehmers, welcher nachweislich eine Beschäftigung im Heimatland ausgeübt hatte, Berufsmäßigkeit angenommen hat.

Soweit das SG Landshut im Urteil vom 20.03.2021 die Annahme einer Berufsmäßigkeit auch bei unterstelltem Personenstatus als Hausmann als möglich ansieht, da es eben in der Allgemeinheit nicht richtig sei, dass Hausfrauen und Hausmänner generell nicht berufsmäßig tätig werden könnten, und im weiteren die Berufsmäßigkeit mit dem großen Lohngefälle zwischen der Bundesrepublik Deutschlang und dem Heimatland begründet, überzeugt dies den Senat nicht. Diese Auslegung würde zu einer Diskriminierung der ausländischen Arbeitnehmer aufgrund des unterschiedlichen Lohnniveaus führen. Eine solche Diskriminierung verstößt gegen Art. 45 AEUV, wonach innerhalb der Union die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet ist und diese die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfasst. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union darf ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer (vgl. hierzu zuletzt EuGH, Urteil vom 15.06.2023 – C-132/22 –, juris). Die Berufsmäßigkeit darf somit nicht allein unter Verweis auf das unterschiedliche Lohngefälle in Deutschland und in Rumänien für rumänische Saisonarbeitskräfte als gegeben angenommen werden. Zudem ist bei anderen Arbeitnehmergruppen das im Rahmen einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV erzielte Entgelt oftmals von wirtschaftlicher Bedeutung, so dass auch bei diesen eine Berufsmäßigkeit nach der Argumentation des SG Landshut angenommen werden müsste. Auch muss die Berufsmäßigkeit im Vollbeweis feststehen und kann daher nur durch Ermittlungen im Einzelfall und nicht mit pauschalisierenden Erwägungen begründet werden.

Auch lässt das SG Landshut die Tatsache außer Acht, dass grundsätzlich die Beklagte die Feststellungslast trägt und den Sachverhalt im Rahmen der ihr obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht ausreichend ermittelt hat. Die vom SG Landshut vorgeschlagene Lösung führt zu einer Umkehr der Feststellungslast, ohne dass dies durch eine konkret benennbare, rechtlich zumutbare weitere Aufklärungsmöglichkeit des Arbeitgebers begründbar wäre. Dies widerspricht jedoch den allgemeinen Grundsätzen der Beitragserhebung (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2020 – B 12 KR 34/19 R –, juris Rdnr. 22). Danach ist die mit der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verbundene Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art 2 Abs. 1 GG zu beachten. Wegen dieses Grundrechtseingriffs ist das Sozialversicherungs- und Beitragsrecht in besonderer Weise von dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts (§ 31 SGB I), der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände sowie der Bestimmtheit entsprechender Normen geprägt. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der Versicherungspflicht schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2020 – B 12 R 11/19 R – juris Rdnr. 19 m. w. N.). Zudem bedürfen Eingriffsakte der Verwaltung einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind (BSG, Urteil vom 04.12.2007 – B 2 U 36/06 R – SozR 4-2700 § 182 Nr. 3 Rdnr. 14; allgemein zum Bestimmtheitsgebot von Normen mit Eingriffscharakter z. B. BVerfG Urteil vom 27.02.2008 – 1 BvR 370/07BVerfGE 120, 274, 315 ff). Es ist daher Sache des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Annahme der Berufsmäßigkeit ausreichend bestimmt zu regeln, damit die Normanwendung nicht zu einer nicht vorhersehbaren Verlagerung von Ermittlungsdefiziten der Verwaltung auf die Normadressaten führt (vgl. hierzu auch SG Lüneburg, Urteil vom 26.04.2023 – S 34 BA 26/21 –, juris Rdnr. 63).

Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 47 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG). Vorliegend ist die Frage streitig, ob der Kläger im konkreten Einzelfall der Beigeladenen zu 1) bis 3) verpflichtet war, deren Angaben in den Fragebögen zu hinterfragen und weitere Ermittlungen zur Hausmanneigenschaft anzustellen. Hierbei handelt es sich um eine Tatsachenfrage und keine Rechtsfrage.

 

 

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