L 4 KR 134/22

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2392/19
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 134/22
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 13/24 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
  1. Ein Feststellungsinteresse für eine auf das Nichtbestehen einer obligatorischen Anschlussversicherung gerichtete Feststellungsklage lässt sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität begründen, soweit ein Betragserstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV ausgeschlossen ist.
  2. Ob ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V nachgewiesen worden ist, ist im Rahmen einer prognostischen Betrachtung zu beurteilen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2022 wird zurückgewiesen.

 

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 30.09.2018 bei der beklagten Krankenkasse versichert war.

 

Der am 1997 geborene, unverheiratete Kläger schloss im Sommer 2016 seine Schulausbildung ab und war im Anschluss im Zeitraum vom 01.09.2016 bis zum  31.08.2017 aufgrund einer im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres ausgeübten Tätigkeit bei der Beklagten pflichtversichert. Im Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 30.09.2018 befand sich der Kläger nach seinen Angaben in einer „privaten Orientierungsphase“, in der er finanziell von seinen Eltern unterstützt wurde, von seinem eigenen Vermögen lebte und zeitweise einer geringfügigen Beschäftigung nachging. Sozialleistungen bezog er im Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 30.09.2018 nicht. Eine private Krankenversicherung bestand in diesem Zeitraum nicht. Zum  01.10.2018 nahm der Kläger ein Studium auf und war ab diesem Zeitpunkt als Student wieder bei der Beklagten pflichtversichert.

 

Die Eltern des Klägers sind Mitglieder bei der 1997 gegründeten Solidargemeinschaft e.V. (nachfolgend: S). In deren für den streitigen Zeitraum geltenden Satzung (in der Fassung vom 16.04.2016), auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 165 ff. der Gerichtsakte), ist unter anderem Folgendes geregelt:

 

§ 2 Zweck des Vereins

  1. Die S ist eine aufsichtsfreie Personenvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Ziff. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und keine Krankenkasse oder Krankenversicherung.
  2. Zwecke des Vereins sind:
  1. Die Mitglieder sichern sich gegenseitig rechtlich verbindlich eine umfassende flexible Krankenversorgung zu, die in Quantität und Qualität mindestens dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht;
  2. (…)
  3. (…)
  1. Die Satzungszwecke werden insbesondere dadurch verwirklicht,
  1. dass im Krankheitsfall jedes Mitglied eine umfassende und flexible Krankenversorgung erhält;
  2. (…)
  3. (…)
  1. Mit der Umsetzung der Satzungszwecke werden die Voraussetzungen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bzw. vergleichbare Ansprüche gemäß § 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VVG erfüllt.
  2. (…)

 

§ 3 Voraussetzungen und Erwerb der Mitgliedschaft

  1. Mitglieder des Vereins können nur natürliche Personen sein. Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar.
  2. Über die Aufnahme eines Mitglieds entscheidet der Vorstand.
  3. Die Mitgliedschaft beginnt mit der Zahlung des ersten Beitrags.
  4. (…)

 

§ 4 Austritt, Ausschluss und Erlöschen der Mitgliedschaft

  1. Ein Mitglied scheidet aus dem Verein durch Austritt, Ausschluss oder Tod aus. Ein Austritt durch Kündigung hat in Schriftform zu erfolgen und ist an den Verein zu Händen des Vorstands zu richten. Die Kündigung kann mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Quartals erklärt werden. Weitergehende gesetzliche Kündigungsrechte bleiben unberührt.
  2. Die Mitgliedschaft erlischt ohne Kündigung zum Schluss des laufenden Kalendermonats, in dem ein Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert wird.

 

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt, insbesondere wenn

  1. ein Mitglied bei der Aufnahme wissentlich falsche Angaben gemacht oder wichtige Angaben verschwiegen hat,
  2. ein Mitglied den Verein schädigt oder zu schädigen versucht.

 

Sollte im Falle des a. oder b. keine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden, so findet die Beitragsordnung sowie die Zuwendungsordnung Anwendung.

  1. (…)
  2. (…)

 

§ 5 Beiträge Individualkonto und Solidarfonds

  1. Beiträge werden in der Beitragsordnung geregelt, und der Umfang der Zuwendungen ergibt sich aus der Zuwendungsordnung. Erlass und Änderungen der Beitrags- und Zuwendungsordnung regelt § 8 Abs. 6 der Satzung. Die Beitragsordnung und Zuwendungsordnung werden durch den Vorstand so gestaltet, dass die vorgesehenen Zuwendungen aus den Beiträgen auch bei Schwankungen des Leistungsverlaufs erbracht werden können und darüber hinaus eine ausreichende Reserve für größere Zuwendungsausfälle aufgebaut und erhalten werden kann. Um die Leistungsfähigkeit weiter zu sichern, werden, soweit erforderlich, auch Anpassungen der Beiträge, angemessene Nachschüsse oder angemessene Sonderzahlungen vorgesehen sowie Möglichkeiten zu angemessener Anpassung der vorgesehenen Zuwendungen durch den Vorstand vorbehalten. Dabei wird darauf geachtet, dass Art und Umfang der medizinischen Versorgung entsprechend den in § 2 Abs. 2 Buchstabe a) der Satzung festgelegten Kriterien beibehalten wird, und dass finanzielle Belastungen, die für ein Mitglied im Einzelfall untragbar sind, vermieden werden.
  2. Jedes Mitglied kann verlangen, dass das Guthaben auf seinem Individualkonto im Rahmen der Zuwendungsordnung zur Deckung der Krankheitskosten im ambulanten und stationären Bereich ausgezahlt wird.
  3. Aus dem Solidarfonds können weitere Unterstützungen an die Mitglieder erbracht werden, die auch die Hilfe im Pflegefall abdecken. Über einen Antrag auf Unterstützung der Kosten für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung oder eine andere gebotene Form der Therapie entscheidet der Vorstand nach Maßgabe der Zuwendungsordnung. Ein Anspruch auf Leistungen besteht nur in Fällen der medizinischen Notwendigkeit. Diese soll dem individuellen Bedarf entsprechen, wobei mindestens das Leistungsniveau der gesetzlichen Pflege oder Krankenversicherung erreicht werden soll. In anderen Fällen entscheidet der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen.

 

(…)

 

§ 8 Der Vorstand

  1. Der Vorstand des Vereins besteht mindestens aus zwei Mitgliedern.
  2. (…)
  3. (…)
  4. (…)
  5. (…)
  6. Über den Erlass und Änderungen der Beitrags- und Zuwendungsordnung sowie der Schlichtungs- und Schiedsordnung entscheidet der Vorstand. Die Änderungen sind der Mitgliedschaft schriftlich bekannt zu geben.
  7. (…)

 

(…)

 

§ 11 Streitfälle

  1. Im Streitfall unter Vereinsmitgliedern oder zwischen dem Mitglied und dem Verein ist das Schlichtungsverfahren einzuleiten. Die streitenden Parteien benennen aus den Mitgliedern des Vereins oder deren Regionalgruppen je einen Vertreter als Schlichter. Die Schlichter benennen gemeinsam ein weiteres Vereinsmitglied als weiteren Schlichter, der den Vorsitz des Schlichtungsverfahrens übernimmt. Nach Erörterung mit den streitenden Parteien und ihren Schlichtern gibt der weitere Schlichter eine Empfehlung zur Streitbeilegung an die streitenden Parteien (Schlichtungsverfahren). Der Vorstand kann eine Schlichtungsordnung nach § 8 Abs. 6 erlassen.
  2. Kommt es im Rahmen des Schlichtungsverfahrens nicht zu einer Einigung bzw. wird die Empfehlung im Schlichtungsverfahren nicht akzeptiert, ist auf Antrag einer Partei ein Schiedsverfahren im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs unter Benennung eines Schiedsrichters einzuleiten. Hierauf hat die andere Partei ebenfalls einen Schiedsrichter zu benennen. Beide Schiedsrichter benennen einen weiteren Schiedsrichter als Obmann. Das Schiedsgericht ist unabhängig und unparteilich. Der Spruch des Schiedsgerichts ist bindend. Der Vorstand kann eine Schiedsordnung nach § 8 Abs. 6 erlassen.

 

(…)“

 

In den vom Vorstand beschlossenen und im Zeitraum bis zum 30.09.2017 bzw. im Zeitraum ab dem 01.10.2017 geltenden Zuwendungsordnungen, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 169 ff. der Gerichtsakte), ist in § 4 der Zuwendungsordnung Folgendes geregelt:

 

§ 4 Zuwendungsbefugte Personen neben den Mitgliedern (in der bis zum 30.09.2017 geltenden Fassung)

  1. Bei Ehepaaren, Partnern in eheähnlicher Lebensgemeinschaft oder eingetragenen Lebenspartnerschaften sind grundsätzlich nur Vereinsmitglieder an den Zuwendungen des Vereins beteiligt. Ehepartner, Partner in eheähnlicher Lebensgemeinschaft oder eingetragener Lebenspartnerschaft ohne eigenes Einkommen und ohne eigene Absicherung erhalten auch ohne Mitgliedschaft Zuwendungen wie Mitglieder.
  2. Kinder von Mitgliedern, die keine eigene Absicherung haben, erhalten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Zuwendungen wie Mitglieder. Das Gleiche gilt für Kinder, die sich in Ausbildung befinden, jedoch nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres.
  3. Die Kinder, die bereits das 18. Lebensjahr vollendet haben und sich insbesondere in der Zeit zwischen Schule und Studium oder Ausbildung, oder zwischen Ausbildung und Studium nicht in Ausbildung befinden, aber auch keine andere Krankenabsicherung haben, sollen so behandelt werden, als befänden sie sich in dieser Zeit in einer Ausbildung (Abs. 2 S. 2), jedoch nicht länger als 18 Monate.
  4. Die Höhe der Beiträge aus den Absätzen 1 und 2 ergibt sich aus der Beitragsordnung.

 

§ 4 Zuwendungsbefugte Personen neben den Mitgliedern (in der ab dem 01.10.2017 geltenden Fassung)

  1. Bei Ehepaaren, Kindern, Partnern in eheähnlicher Lebensgemeinschaft oder eingetragenen Lebenspartnerschaften sind grundsätzlich nur Vereinsmitglieder an den Zuwendungen des Vereins beteiligt. Für Ehepartner, Kinder, Partner in eheähnlicher Lebensgemeinschaft oder eingetragener Lebenspartnerschaft ohne eigenes Einkommen und ohne eigene Absicherung kann das Vereinsmitglied beantragen, diese Person als zuwendungsberechtigte Person anzuerkennen. Über diesen Antrag auf Berücksichtigung entscheidet der Vorstand. Im Falle der Anerkennung werden auch für diese Person Leistungen nach dieser Zuwendungsordnung gewährt. Bei Kindern endet dieser Anspruch vorbehaltlich der Regelung in Abs. 4 mit Vollendung des 18. Lebensjahres.
  2. Ist am Tag der Geburt eines Kindes ein Elternteil Vereinsmitglied, ist auf Antrag dessen neugeborenes Kind ab Vollendung der Geburt zuwendungsbefugt, wenn die Anmeldung gegenüber dem Verein spätestens zwei Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend erfolgt. Die Zuwendungsbefugnis endet in diesen Fällen vorbehaltlich der Regelung in Abs. 4 mit Vollendung des 18. Lebensjahres.
  3. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach den für das Mitglied geltenden Regeln.
  4. Für den Fall, dass das Kind gem. Abs. 1 oder 2 sich in einer Ausbildung befindet, kann die Zuwendungsbefugnis auf Antrag bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres verlängert werden. Zuwendungsberechtigte Kinder gem. Abs. 1 oder 2, die bereits das 18. Lebensjahr vollendet haben und sich insbesondere in der Zeit zwischen Schule und Studium oder Ausbildung, oder zwischen Ausbildung und Studium nicht in Ausbildung befinden, aber auch keine andere Krankenabsicherung haben, sollen so behandelt werden, als befänden sie sich in dieser Zeit in einer Ausbildung, jedoch nicht länger als 18 Monate.
  5. Die Höhe der Beiträge aus den Absätzen 1 und 2 ergibt sich aus der Beitragsordnung.“

 

In der im Verwaltungsverfahren eingereichten Beitragsordnung (in der Fassung aus Mai 2014), auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 24 ff. der Verwaltungsakte), ist in § 4 der Beitragsordnung Folgendes geregelt:

 

§ 4 Allgemeine Regeln für Beiträge

  1. Der Richtbeitrag ergibt sich aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte des Steuerbescheides vom jeweils vorletzten Jahr im Jahresdurchschnitt pro Monat. Der erste Richtbeitrag wird beim Aufnahmeverfahren festgelegt und gilt für das erste Jahr der Mitgliedschaft und das darauf folgende Jahr.
  2. Der tatsächliche Beitrag wird im Rahmen des Aufnahmeverfahrens vereinbart. Er kann höher oder niedriger als der betreffende Richtsatz sein. Der tatsächliche Beitrag kann auf Antrag mit Zustimmung des Vorstands geändert werden.
  3. (…)
  4. Die Hälfte des Richtbeitrags geht in den Solidarfonds, von dort werden auch die Kosten für den Geschäftsbetrieb und die Weiterentwicklung der Solidargemeinschaft getragen.
  5. Der Rest des tatsächlichen Beitrags – also abzüglich des halben Richtbeitrages, der in den Solidarfonds geht – wird dem Individualkonto zugewiesen. Nicht verbrauchte Individualkonten gehen am Jahresende in den Solidarfonds über. Beiträge auf dem Individualkonto werden nicht verzinst.
  6. Wenn Zuwendungen aus dem Solidarfonds beantragt werden, sind vorher Zahlungen in Höhe des halben Richtbeitrags vom Mitglied zu tragen – entweder vom Individualkonto oder als „Selbstbehalt“ (die Eigenbeteiligungen gemäß der Zuwendungsordnung sind zusätzlich zu tragen). Im Härtefall kann von dieser Regelung abgewichen werden.
  7. (…)
  8. (…)
  9. (…)
  10. (…)
  11. (…)“

 

In einem zur Gerichtsakte gereichten Aufnahmebogen für die Mitgliedschaft bei der S soll die die Aufnahme beantragende Person mit ihrer Unterschrift unter anderem folgende Erklärung abgeben: „Mir ist bekannt, dass kein Rechtsanspruch auf bestimmte Leistungen besteht, und dass dieser auch nicht durch wiederholte oder regelmäßige Zahlungen in anderen Fällen entsteht.“ Unter dem Punkt „Besonderheiten bei Auszahlungen“ wird in diesem Aufnahmebogen unter anderem ausgeführt: „Kosten für Zahnersatz und Kieferorthopädie sind in den ersten drei Jahren der Mitgliedschaft, außer in Härtefällen, vom Mitglied selbst zu tragen“.

 

Die S ist Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft von Selbsthilfeeinrichtungen -Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen e.V. (B), die mit einem Versicherungsunternehmen einen Vertrag über die Restkostenabsicherung bzw. Krankenkostenversicherung über 5.000,- Euro“ abgeschlossen hat, wonach der Versicherer Restkosten bzw. Krankheitskosten im ambulanten und stationären Bereich, die über einen Betrag von 5.000 € pro Person pro Kalenderjahr hinausgehen, durch Auszahlung an die bei der B organisierten Einrichtungen übernimmt.

 

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) leitete im Jahr 2016 ein Verfahren wegen eines möglichen Betreibens erlaubnispflichtiger Versicherungsgeschäfte nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gegen die Sein und vertrat hierbei in Schreiben vom 25.04.2016 und vom 16.10.2018 die Ansicht, die Ausnahme von der Versicherungsaufsicht in § 3 Abs. 1 Nr. 1 VAG sei nicht einschlägig, weil die Mitglieder der S einen satzungsmäßig garantierten Anspruch auf Kostenübernahme hätten. Nachdem die S ihre Satzung im Jahr  2019 dahingehend geänderte hatte, dass Zuwendungen aus dem Solidarfonds auf die zur Verfügung stehenden Mittel beschränkt sind, stellte die BaFin das Verfahren im November 2019 letztlich ein (Schreiben der BaFin vom 15.11.2019).

 

Im Juli 2017 erkundigte sich der Vater des Klägers bei der S, ob eine Absicherung des Klägers dort möglich sei, woraufhin ihm ein Aufnahmebogen übersandt wurde. Am 03.10.2017 sandte der Kläger den ausgefüllten Aufnahmebogen an die S. Mit E-Mail und mit Schreiben vom 05.10.2017 bestätigte die S gegenüber dem Vater des Klägers mit Wirkung ab dem 01.09.2017 die „Familienmitgliedschaft (des Klägers) im Sinne des § 4 der Zuwendungsordnung“. Mit einem weiteren im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens zur Akte gereichten Schreiben vom 06.04.2021 bestätigte die S gegenüber dem Vater des Klägers, dass für diesen für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 30.09.2018 „eine Absicherung im Krankheitsfall als zuwendungsbefugte Person gemäß Zuwendungsordnung“ bestanden habe.

 

Bereits am 02.10.2017 wandte sich der Kläger über ein im Internet aufrufbares Kontaktformular an die Beklagte und teilte mit, dass er rückwirkend zum 01.09.2017 aus der Mitgliedschaft bei der Beklagten austreten und in die Familienversicherung bei der S zurück wolle.

 

Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, die S könne nicht als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall anerkannt werden, bat um Übersendung eines Nachweises über einen ausreichenden und anerkannten Krankenversicherungsschutz seit dem 01.09.2017 und wies darauf hin, dass andernfalls die bisherige versicherungspflichtige Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung fortgeführt werden müsse (Schreiben des Beklagten vom 16.10.2017). Hierzu nahm der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten Stellung und vertrat mit ausführlicher Begründung die Auffassung, dass für den Zeitraum ab dem 01.09.2017 keine Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten mehr bestehe, weil die in der Satzung und Zuwendungsordnung der S enthaltenen Leistungszusagen den Anforderungen an einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall genügten (Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 11.12.2017). Mit Schreiben vom  22.02.2018 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigen des Klägers mit, dass er mangels Vorliegens eines Anspruchs auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall weiterhin von einer Unwirksamkeit des erklärten Austritts ausgehe, und gab dem Kläger nochmals Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers nahmen in der Folgezeit nochmals Stellung und verblieben bei ihrer zuvor geäußerten, gegenteiligen Rechtsauffassung (Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 08.03.2018 und vom 12.03.2018).

 

Im März 2018 zahlte der Kläger die Beiträge für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis einschließlich zum 31.03.2018 an die Beklagte nach. Die Beiträge der Beklagten für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis zum 30.09.2018 wurden anschließend monatlich vom Konto des Klägers eingezogen. Am 24.04.2018 begab sich der Kläger unter Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte der Beklagten in vertragszahnärztliche Behandlung, deren Kosten in Höhe von 108,50 € von der Beklagten getragen wurden. Weitere Heilbehandlungen des Klägers erfolgten im Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum  30.09.2018 nicht. Leistungen oder Zuwendungen der S erhielt der Kläger in diesem Zeitraum nicht.

 

Mit Bescheid vom 29.05.2018 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger auch über den  31.08.2017 hinaus als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert sei. Auch unter Berücksichtigung der neuen Satzung der S stelle die dortige Mitgliedschaft keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall dar, weshalb der ihr – der Beklagten – gegenüber erklärte Austritt unwirksam sei. Aus der Satzung der S werde gerade kein Rechtsanspruch gegen diese auf Kostenüberübernahme für medizinisch notwendige Maßnahmen begründet. Der S wäre dies nur rechtlich möglich, soweit sämtliche Mitglieder (als Gesamtschuldner) auf Kostenübernahme in Anspruch genommen würden, sollte die S sich nicht zur Kostenübernahme bereit erklären. Doch selbst in diesem Fall sei unklar, inwieweit die Mitglieder mit ihrem eigenen Vermögen oder ihrem Individualkonto oder den Einzahlungen in den Solidarfons hafteten. Die Zuwendungsordnung sehe vor, dass beim Solidarfonds die Kostenübernahme beantragt werden müsse, wenn der Betrag des Individualkontos zum Ausgleich der Kosten nicht ausreiche. Ein Rechtsanspruch gegen den Solidarfonds ergebe sich nicht. 

 

Hiergegen legte der Kläger durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom  28.06.2018 unter Verweis auf seinen bisherigen Vortrag Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2019 wies die Beklagte diesen Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der im angefochtenen Bescheid angegebenen Begründung zurück.

 

Hiergegen hat der Kläger mit am 06.11.2019 beim Sozialgericht Berlin eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben, mit der er neben der Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Feststellung begehrt hat, dass er in der Zeit vom 01.09.2017 bis zum  30.08.2018 nicht Mitglied der Beklagten war.

 

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass sich aus der im streitigen Zeitraum gültigen Satzung und den im streitigen Zeitraum gültigen Zuwendungsordnungen der S der für eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erforderliche Rechtsanspruch auf Leistungen ergebe, der mindestens dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung entspreche. Dem stehe die hierzu bisher ergangene sozialgerichtliche Rechtsprechung nicht entgegen, weil sie entweder nicht zur S, sondern zu anderen Solidargemeinschaften mit anderen Satzungslagen oder zu älteren Fassungen der Satzung der S ergangen sei. Im Gesetzgebungsverfahren zu dem mit Wirkung zum 01.04.2007 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung sei übereinstimmend der Wille geäußert worden, dass auch die Mitgliedschaft in einer Solidargemeinschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall darstellen könne, wobei es in diesem Gesetzgebungsverfahren letztlich nicht zur Regelung von konkreten Voraussetzungen für die Anerkennung von Solidargemeinschaften als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall gekommen sei. Für eine Anerkennung der Mitgliedschaft bei der S als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall spreche auch, dass die Beiträge zu Solidargemeinschaften wie der S im Einkommensteuergesetz (EStG) ausdrücklich als abzugsfähige Sonderausgaben anerkannt würden. Ferner vertrete auch die BaFin die Auffassung, dass sich aus der hier maßgeblichen Satzung der S ein Rechtsanspruch der Mitglieder auf Leistungen ergebe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die mit Wirkung zum 09.06.2021 eingeführte Regelung in § 176 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die Möglichkeit einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall durch Mitgliedschaft in einer Solidargemeinschaft ausdrücklich anerkannt habe. Dies sei, auch wenn die Vorschrift keine Rückwirkung für den hier betroffenen Zeitraum habe, ein deutliches Indiz für den auch schon zuvor bestehenden Willen des Gesetzgebers. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 22.02.2022 habe die S inzwischen auch die Anerkennung nach § 176 SGB V erhalten, wobei die Satzung, welche dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegen habe, für die Frage des Rechtsanspruchs keine andere Regelung enthalten habe, als die im hier streitigen Zeitraum gültige Satzung. Soweit er – der Kläger – sich im streitigen Zeitraum in zahnärztliche Behandlung begeben und die Beklagte hierfür die Kosten getragen habe, beruhe dies darauf, dass er aufgrund der bestehenden rechtlichen Unsicherheiten bei dem Zahnarztbesuch seine elektronische Gesundheitskarte vorgezeigt habe. Die S habe aber zugesagt, die insoweit entstandenen Kosten im Falle des Erfolgs der vorliegenden Klage zu ersetzen und direkt an die Beklagte auszugleichen.

 

Die Beklagte ist der Klage unter Wiederholung ihrer bisherigen Begründung entgegengetreten.

 

Mit Urteil vom 24.02.2022 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 01.09.2017 bis zum 30.09.2018 versichertes Mitglied der Beklagten war. Es habe eine freiwillige Versicherung in Form einer obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V bestanden. Der am 02.10.2017 vom Kläger erklärte Austritt sei nach § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V nicht wirksam, da der Kläger keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall habe nachweisen können. Hierbei könne die Frage dahinstehen, ob ein Mitglied der S im streitgegenständlichen Zeitraum gegen den Verein einen Rechtsanspruch auf Übernahme medizinisch notwendiger Kosten im Krankheitsfall gehabt habe, wobei diese Frage auch durch die im Juni 2021 erfolgte Einführung des § 176 SGB V nicht geklärt worden sei, da diese erst mit ihrer Verkündung in Kraft getretene Regelung in Absatz 2 den verbindlichen Rechtsanspruch des Mitglieds gegen die Solidargemeinschaft kraft Gesetzes und damit unabhängig und losgelöst von der Satzung des Vereins regele. Denn der Kläger sei selbst kein Mitglied der S gewesen, sondern lediglich eine zuwendungsbefugte Person nach § 4 Abs. 3 der bis zum 30.09.2017 gültigen Zuwendungsordnung und nach § 4 Abs. 4 S. 2 der ab dem  01.10.2017 gültigen Zuwendungsordnung. Es könne weder aus der Satzung noch aus der Zuwendungsordnung erkannt werden, dass der Kläger als zuwendungsbefugte Person einen Rechtsanspruch gegen die S auf Erstattung seiner Krankheitskosten gehabt habe. So werde in der Satzung selbst in den Regelungen, denen ein Hinweis auf einen möglichen Anspruch entnommen werden könne, nur von dem Mitglied gesprochen. Hinweise auf weitere zuwendungsbefugte Personen oder eine Absicherung der gesamten Familie fänden sich in der Satzung nicht. Erst in der Zuwendungsordnung würden in § 4 erstmals andere Personen als zuwendungsbefugt benannt und diese zudem ausdrücklich als solche neben den Mitgliedern. § 4 der Zuwendungsordnung regele jedoch keinen Rechtsanspruch der zuwendungsbefugten Personen gegen die S. Lediglich in Bezug auf die Höhe der Leistungen werde in § 4 Abs. 3 der Zuwendungsordnung Bezug auf die Regeln der Mitglieder genommen. Diese Bezugnahme erfasse aber nicht das Recht, eine Leistung zu fordern, also ein Tun oder Unterlassen von der S zu verlangen. Dieses Recht komme allenfalls dem Mitglied zu. Insofern unterscheide sich die Rechtsgestaltung der S deutlich von den Regelungen des SGB V. Nach  § 10 SGB V begründe die Familienversicherung zwar kein Mitgliedschaftsverhältnis zur Krankenkasse, aber einen eigenen Anspruch auf Leistungen als Versicherter gegen die Krankenkasse (§ 11 SGB V). Auch die privaten Krankenversicherungen gewährten berücksichtigungsfähigen Familienangehörigen als versicherten Personen ein eigenständiges Leistungsrecht. Zudem sei bei der Entscheidung berücksichtigt worden, dass die Zuwendungsordnung nach § 8 Abs. 6 der Satzung vom Vorstand beschlossen und damit jederzeit abgeändert werden könne, ohne dass die Mitglieder hierauf Einfluss hätten. Zwar müsse sich der Vorstand sowohl bei Erlass als auch bei Änderung der Zuwendungsordnung an der durch die Satzung vorgegebenen Ordnung orientieren und sei an die Satzungszwecke gebunden, so dass sich etwaig aus der Satzung ergebende Rechte der Mitglieder in der Zuwendungsordnung nicht beliebig abgeändert werden könnten. Jedoch könne der Satzung gerade nicht entnommen werden, dass Zweck des Vereins neben der Absicherung des Mitglieds auch die Absicherung seiner Familienangehörigen sei. In der Satzung befänden sich insgesamt keine Hinweise auf eine Absicherung auch von Familienangehörigen.

 

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 23.03.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 20.04.2022 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

 

Der Kläger verweist auf sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass das erstinstanzliche Urteil die mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom  22.02.2022 erfolgte Anerkennung der S nach § 176 SGB V gänzlich unberücksichtigt gelassen habe, obwohl dieser Umstand bereits erstinstanzlich vortragen worden sei.  Die S habe seit ihrem Bestehen, auch schon vor Inkrafttreten der einen rechtlich verbindlichen Leistungsanspruch einräumenden Satzung im Jahr 2013, allen ihren Mitgliedern faktisch einen Anspruch auf Leistungen gewährt, indem für sämtliche notwendigen Heilbehandlungen Zuwendungen mindestens auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt worden seien. Auch in ihren Veröffentlichungen habe die S immer auf den rechtlich verbindlichen Leistungsanspruch hingewiesen. Die Leistungen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung seien, auch wenn die Mitgliedschaft oder das Vertragsverhältnis unkündbar sei, im Falle von Beitragsrückständen grundsätzlich entziehbar. Die Regelungen in der Satzung der S zur Entziehbarkeit der Leistungsansprüche entsprächen insoweit dem Leitbild der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung. Auch aus der Regelung des § 176 SGB V ergebe sich, dass eine Unentziehbarkeit der Leistungen gerade keine Voraussetzung für die Eigenschaft einer Einrichtung als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sei. Vielmehr solle eine Entlassung aus der Mitgliedschaft beim Nachweis eines anderweitigen Versicherungsschutzes möglich sein. Diese Anforderungen werde die S umsetzen, sobald das Gesetz in Kraft getreten sei. Die Regelung werde auch schon jetzt von der S angewendet. Sie selbst habe seit der Aufnahme des Geschäftsbetriebs noch in keinem Fall von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und lasse eine Beendigung der Mitgliedschaft durch das Mitglied selbst nur zu, wenn der Nachweis einer Folgeversicherung geführt worden sei. Soweit die Klageabweisung im angegriffenen Urteil ausschließlich damit begründet werde, dass der Kläger selbst nicht Mitglied der S, sondern lediglich zuwendungsbefugte Person gewesen sei und dass für diese in der Satzung kein Rechtsanspruch ausdrücklich geregelt werde, überzeugten diese Ausführungen nicht. Die Gestaltung, dass neben den Mitgliedern auch Familienangehörige zuwendungsbefugt seien, folge ausdrücklich den Regelwerken in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung. Auch dort seien Familienangehörige nicht Mitglieder oder Versicherungsnehmer. Sie seien lediglich im Rahmen der Leistungszusagen versichert und hätten keine eigenen Ansprüche auf Leistungen. Auch in der privaten Krankenversicherung könnten Leistungsansprüche nur vom Versicherungsnehmer selbst geltend gemacht werden. Einen eigenen Rechtsanspruch von Familienangehörigen auf Leistungen gegen die gesetzliche oder private Krankenversicherung sehe das gesetzliche Regelwerk gerade nicht vor.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2022 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom  9. Oktober 2019 aufzuheben und festzustellen, dass er in der Zeit vom  1.  September 2017 bis zum 30. September 2018 nicht Mitglied der Beklagten war.

 

Die Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Beklagte verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft und form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG erhoben worden. Die Berufung ist in der Sache aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

 

Gegenstand des Rechtsstreits neben dem angefochtenen Urteil ist der Bescheid vom 29.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2019, mit dem die Beklagte festgestellt hat, dass der Kläger auch über den 31.08.2017 hinaus als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert ist.

 

1.

Die hiergegen erhobene Klage, gerichtet auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Feststellung des Nichtbestehens einer Krankenversicherung bei der Beklagten im Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 30.09.2018, ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 55 Abs.  1  Nr. 1,  56 SGG statthaft (vgl. zur Notwendigkeit der Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage bei einem Streit zwischen Bürger und Verwaltung über das (Nicht- )Bestehen eines Rechtsverhältnisses: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt,  14. Auflage, § 55 Rn. 3b m.w.N. zur Rechtsprechung). 

 

Soweit der Kläger im Wege der Feststellungsklage für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 24.04.2018 die Feststellung des Nichtbestehens einer Krankenversicherung bei der Beklagten beansprucht, ist die erhobene Feststellungsklage allerdings bereits unzulässig.

 

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Klage (nur) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 24.04.2018 begehrten Feststellung nicht erfüllt, weil es insoweit an dem erforderlichen Feststellungsinteresse des Klägers fehlt. Das Feststellungsinteresse ist ein Sonderfall des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses, setzt ein schutzwürdiges Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art voraus und die angestrebte Entscheidung muss geeignet sein, die Position des Klägers zu verbessern. Ein Feststellungsinteresse kann sich insbesondere aus den Gesichtspunkten der Präjudizialität oder der Wiederholungsgefahr ergeben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage, § 55 Rn. 15 ff. und § 131 Rn. 10 ff.; Senger in jurisPK-SGG, 2. Auflage, Stand:  15.06.2022, § 55 Rn. 63 ff.).

 

Ein Feststellungsinteresse für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 24.04.2018 lässt sich im vorliegenden Fall nicht unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität begründen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass sich die Rechtsposition des Klägers zur Durchsetzung von möglichen Folgeansprüchen durch die für diesen Zeitraum begehrte Feststellung verbessern würde. Schließlich kommt für diesen bereits vollständig in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, für den der Kläger die Beiträge an die Beklagte entrichtet hat, als möglicher Folgeanspruch ausschließlich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung der entrichteten Beiträge in Betracht. Ein solcher Anspruch des Klägers auf Erstattung der an die Beklagte gezahlten Beiträge ist für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 24.04.2018 aber auch dann ausgeschlossen, wenn das Gericht für diesen Zeitraum die begehrte Feststellung über das Nichtbestehen einer Krankenversicherung bei der Beklagten treffen würde. Dies ergibt sich aus § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge (erste Verfallklausel) oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind (zweite Verfallklausel), Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Im vorliegenden Fall liegen für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 24.04.2018, selbst wenn der Kläger die Beiträge für diesen Zeitraum wegen des Nichtbestehens einer Krankenversicherung bei der Beklagten zu Unrecht entrichtet haben sollte, die Voraussetzungen der zweiten Verfallklausel (Leistungserbringung für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind) vor. Denn ein Erstattungsanspruch ist jedenfalls bis einschließlich zum 24.04.2018 vom Kläger nicht geltend gemacht worden und die Beklagte hat dem Kläger am 24.04.2018 eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Form der zahnärztlichen Behandlung (§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V) erbracht. Soweit der Kläger diesbezüglich vorträgt, dass die S im Falle des Klageerfolgs zum Ausgleich der entstandenen Kosten bereit sei, ändert dies nichts daran, dass die Leistung der Krankenbehandlung von der Beklagten erbracht worden ist. Diese Leistung der Beklagten ist für die gesamten, im Zeitraum bis zum 24.04.2018 entrichteten Beiträge erbracht worden. Denn eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung wird für die gesamte Zeit erbracht wird, für welche zuvor Beträge entrichtet worden sind (BSG, Urteil vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - juris Rn. 19; Zieglmeier in BeckOGK, SGB IV, Stand: 15.02.2023, § 26 Rn. 47). Damit ist bei Vorliegen der Voraussetzungen der zweiten Verfallklausel ein Erstattungsanspruch für alle bis zur Leistungserbringung, also auch für Zeiträume vor der Leistungsbringung entrichteten Beiträge ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 - juris Rn. 19; Zieglmeier in BeckOGK, SGB IV, Stand: 15.02.2023, § 26 Rn. 47; Roßbach in Knickrehm/Roßbach/Waltermann, SGB IV, 8. Auflage, § 26 Rn. 15; Waßer in jurisPK-SGB IV, 4. Auflage, Stand 01.08.2021, § 26 Rn. 120). Dies gilt auch, wenn die entrichteten Beiträge den Wert der erbrachten Leistung (z.B. Krankenbehandlung) erheblich übersteigen sollten (BSG, Urteil vom 29.01.1998 - B 12 KR 11/97 R - juris Rn. 17; Zieglmeier in BeckOGK, SGB IV, Stand: 15.02.2023, § 26 Rn. 47; Roßbach in Knickrehm/Roßbach/Waltermann, SGB IV, 8. Auflage, § 26 Rn. 15; Waßer in jurisPK-SGB IV, 4. Auflage, Stand 01.08.2021, § 26 Rn. 120). Im vorliegenden Fall ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum  24.04.2018 entrichteten Beiträge demzufolge gemäß § 26 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB  IV ausgeschlossen, was zum Fehlen des für die Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresses unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität führt.

 

Ein Feststellungsinteresse lässt sich für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum  24.04.2018 auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr begründen. Eine das erforderliche Feststellungsinteresse begründende Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte konkrete Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage, § 55 Rn. 15b und § 131 Rn. 10b). Ein solcher Sachverhalt ist hier nicht gegeben, weil keine im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umstände vorliegen. Dies folgt bereits daraus, dass der Kläger zum 01.10.2018 ein Studium aufgenommen hat und hierdurch seit diesem Zeitpunkt als Student bei der Beklagten pflichtversichert ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V). Die tatsächlichen und rechtlichen Umstände haben sich damit im Verhältnis zum Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 24.04.2018 erheblich verändert. Hinzu kommt, dass durch die mit Wirkung zum 09.06.2021 eingeführte Regelung des § 176 SGB V zwischenzeitlich auch eine Änderung der maßgeblichen gesetzlichen Regelung erfolgt ist.

 

Soweit der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Feststellung Nichtbestehens einer Krankenversicherung bei der Beklagten für den Zeitraum vom  25.04.2018 bis zum 30.09.2018 begehrt, ist die Anfechtungs- und Feststellungsklage hingegen zulässig. Insbesondere liegt für diesen Zeitraum das erforderliche Feststellungsinteresse vor, weil insoweit für den Fall des Klageerfolgs ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der an die Beklagte entrichteten Beiträge ernsthaft in Betracht kommt.

 

2.

Die für den Zeitraum vom 25.04.2018 bis zum 30.09.2018 zulässige Klage ist aber in der Sache unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht festgestellt, dass der Kläger im hier zulässigen Streitzeitraum vom 25.04.2018 bis zum 30.09.2018 als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert war.

 

Es bestand in diesem Zeitraum eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten in Form der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V. Nach dieser Vorschrift setzt sich für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten seinen Austritt (§ 188 Abs. 4 S. 1 SGB V). Der Austritt wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist (§ 188 Abs. 4 S. 2 SGB V). Diese Voraussetzungen der obligatorischen Anschlussversicherung waren im hier zulässigen Streitzeitraum vom 25.04.2018 bis zum 30.09.2018 erfüllt.

 

Der Kläger war aufgrund der im Zeitraum zum 01.09.2016 aufgenommenen Beschäftigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bei der Beklagten pflichtversichert. Diese Versicherungspflicht endete mit Ende des Beschäftigungsverhältnisses (§ 190 Abs. 2 SGB V) mit Ablauf des 31.08.2017. Ein anderweitiger Tatbestand der Pflichtversicherung nach § 5 SGB V lag im sich anschließenden Zeitraum vom  01.09.2017 bis zum 30.09.2018 nicht vor. Auch die Voraussetzungen einer Familienversicherung nach § 10 SGB V waren im Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 30.09.2018 nicht erfüllt.

 

Mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht, also beginnend ab dem 01.09.2017, setzte sich die bisherige Pflichtversicherung des Klägers als „freiwillige“ Versicherung bei der Beklagten lückenlos fort. Der Ablauf der zweiwöchigen Frist für einen Austritt stellt nach dem eindeutigen Wortlaut des  § 188 Abs. 4 S. 1 SGB V keine aufschiebende Bedingung für das Einsetzen der obligatorischen Anschlussversicherung dar (BSG, Urteil vom  13.12.2022  -  B  12 KR 13/20 R - juris Rn. 12). Vielmehr knüpft ein Austritt an eine bereits eingetretene Versicherung an und wirkt, sofern der Austritt wirksam ist, im Sinne einer auflösenden Bedingung auf den Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht zurück (BSG, Urteil vom  13.12.2022  -  B  12  KR  13/20  R - juris Rn. 12).

 

Der vom Kläger am 02.10.2017 erklärte Austritt ließ die mit Wirkung zum  01.09.2017 einsetzende obligatorische Anschlussversicherung nicht im Sinne einer auflösenden Bedingung rückwirkend zum 01.09.2017 entfallen. Denn der Austritt war gemäß § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V unwirksam, weil der Kläger das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nicht nachgewiesen hat.

 

Die Voraussetzungen an den Nachweis des Bestehens eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V sind, obwohl hierin neben dem „Bestehen“ auch auf den „Nachweis“ des anderweitigen Anspruchs im Krankheitsfall abgestellt wird, nicht anders auszulegen, als der Begriff in § 5 Abs. 8a S. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, da „nachgewiesen“ letztlich nichts anders als das „Bestehen“ zur Überzeugung der Behörde oder des Gerichts bedeutet (BSG, Urteil vom  10.03.2022  -  B  1  KR  30/20  R - juris Rn. 12; BSG, Urteil vom  29.06.2021   - B 12 KR 33/19 -  juris Rn. 17; BSG, Urteil vom  29.06.2021  -  B  12 KR 35/19 R - juris Rn. 17 (jeweils zu § 188 Abs. 4 S. 3 SGB V); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2023 - L 11 KR 659/22 - juris Rn. 91). Eine Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB  V erfordert die Zugehörigkeit zu einem Sicherungssystem, das den Mindestanforderungen an eine Krankheitskostenvollversorgung in der deutschen privaten Krankenversicherung entspricht (BSG, Urteil vom  10.12.2019 -  B  12  KR  20/18 R - juris Rn. 11; BSG, Urteil vom  20.03.2013    - B 12 KR 14/11 - juris Rn. 15 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2023 - L 11 KR 659/22 - juris Rn. 91). Ein anderweitiger „Anspruch“ auf diese Absicherung liegt nur vor, wenn ein durchsetzbarer Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die Leistungen zur Absicherung im Krankheitsfall besteht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom  27.06.2023 - L 11 KR 659/22 - juris Rn. 91; LSG Bayern, Urteil vom  09.06.2015 - L 4 KR 27/13 - juris Rn. 28; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom  29.06.2018 - L 5 KR 76/15 - juris Rn. 46; SG Neuruppin, Urteil vom  19.07.2011 - S 9 KR 212/08; SG Landshut, Beschluss vom  10.08.2009  -  S  4  KR 124/09 ER; Hahn in NZS 2022, 81, 82; R. Klein in jurisPK-SGB V, 4. Auflage, Stand: 29.08.2023, § 176 Rn. 20.1 und 27.2). Dieser durchsetzbare Anspruch auf Leistungen zur Absicherung im Krankheitsfall muss ausweislich des Wortlauts des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V (mindestens auch) dem Mitglied, also derjenigen Person als eigener Leistungsanspruch zustehen, die zunächst zum Mitglied der obligatorischen Anschlussversicherung geworden ist (hier dem Kläger). Ansprüche dritter Personen sind bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht ausreichend, um das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V annehmen zu können (so im Ergebnis auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom  27.06.2023  - L 11 KR 659/22 - juris Rn. 92; R. Klein in jurisPK-SGB V, 4. Auflage, Stand: 29.08.2023, § 176 Rn. 20.1 und 27.2).

 

Ob ein diesen Anforderungen entsprechender, anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestand, ist, wie bei allen Statusentscheidungen im Sozialversicherungsrecht, im Rahmen einer prognostischen Betrachtung zu beurteilen (ständige Rechtsprechung: BSG, Urteil vom  18.10.2022  -  B  12  KR  2/21  R - juris Rn. 13; BSG, Urteil vom  01.02.2022  -  B 12 KR 37/19 - juris Rn. 22; BSG, Urteil vom  29.06.2021  -  B  12 KR 33/19 R - juris Rn.17; BSG, Urteil vom  29.06.2021  -  B 12 KR 35/19 R - juris Rn. 14; BSG, Urteil vom  28.03.2019  -  B 10 LW 1/17 R - juris Rn. 20; BSG, Urteil vom  04.03.2014  -   B 1 KR 68/12 R - juris Rn. 24; BSG, Urteil vom  07.12.2000   -  B 10 KR 3/99 R - juris Rn. 29; jeweils m.w.N.). Schließlich ist es sowohl im Interesse des einzelnen Versicherten als auch der Versichertengemeinschaft und der Versicherungsträger, die Frage nach einem Versicherungsschutz und einer Leistungsberechtigung vorausschauend zu beantworten, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche der Betroffenen ankommt, weshalb eine möglichst zeitnahe Klärung versicherungs- und beitragsrechtlicher Statusfragen geboten ist (BSG, Urteil vom 18.10.2022 - B 12 KR 2/21 R - juris Rn. 13 m.w.N.). Die gebotene und gerichtlich voll überprüfbare Prognoseentscheidung erfordert eine in die Zukunft gerichtete, vorausschauende Einschätzung, bei der maßgeblich auf den Beginn des jeweils zu beurteilenden Lebenssachverhalts und die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnisse abzustellen ist. Erweist sich eine ursprünglich richtige Prognose nachträglich als unzutreffend, bleibt sie für die Vergangenheit dennoch rechtmäßig. Nachträgliche Änderungen können aber hinreichenden Anlass für die Anstellung einer neuen, zukunftsbezogenen Prognose mit wiederum vorausschauender Betrachtung bieten. Grundlage der Prognose können daher allenfalls die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens, also spätestens bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides erkennbaren Umstände sein (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 18.10.2022 – B 12 KR 2/21 R – juris Rn. 15 ff.; BSG, vom 28.03.2019 - B 10 LW 1/17 R - juris Rn. 20; BSG, Urteil vom  02.04.2014  -    B  3 KS 4/13 R - juris Rn. 29 ff.; BSG, Urteil vom  04.03.2014   - B 1 KR 68/12 R - juris Rn. 25; BSG, Urteil vom  07.12.2000  -  B  10 KR 3/99 R - juris Rn. 29 f.; jeweils m.w.N.).

 

Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beklagte das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs des Klägers auf Absicherung im Krankheitsfall für den hier zulässigen Streitzeitraum vom 25.04.2018 bis zum 30.09.2018 rechtmäßig verneint. Die mit dem angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides diesbezüglich getroffene Prognoseentscheidung ist, unabhängig von dem Zeitpunkt, auf den für die Prognoseentscheidung abzustellen ist, nicht zu beanstanden.

 

Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die anzustellende Prognoseentscheidung sind zunächst der Beginn des zu beurteilenden Lebenssachverhalts und die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnisse. Dies ist vorliegend der vom Kläger am  02.10.2017 erklärte Austritt, da dieser im Falle seiner Wirksamkeit die mit Wirkung zum 01.09.2017 zunächst einsetzende obligatorische Anschlussversicherung im Sinne einer auflösenden Bedingung rückwirkend zum  01.09.2017 entfallen lassen würde. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Beklagten keine ausreichenden Erkenntnisse vor, die im Wege der gebotenen Prognoseentscheidung den Schluss zugelassen hätten, dass dem Kläger im hier zulässigen Streitzeitraum vom 25.04.2018 bis zum 30.09.2018 ein den obigen Anforderungen entsprechender, anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall zustehen würde. Insbesondere lagen zum Zeitpunkt des am  02.10.2017 erklärten Austritts keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer privaten oder anderweitigen gesetzlichen Krankenversicherung vor. Auch ein Anspruch des Klägers auf Absicherung im Krankheitsfall gegen die S war zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. Dies folgt schon allein daraus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des am 02.10.2017 erklärten Austritts noch nicht einmal den Aufnahmebogen an die S übersandt hatte, so dass ein Anspruch des Klägers gegen die S zum Zeitpunkt des gegenüber der Beklagten erklärten Austritts schon allein aus diesem Grund nicht hinreichend sicher prognostiziert werden konnte. 

 

Die am 03.10.2017 erfolgte Übersendung eines Aufnahmebogens an die Sund insbesondere die E-Mail und das Schreiben der S vom 05.10.2017, mit denen die S gegenüber dem Vater des Klägers mit Wirkung ab dem  01.09.2017 die „Familienmitgliedschaft (des Klägers) im Sinne des § 4 der Zuwendungsordnung“ bestätigte, stellen zwar nachträgliche Änderungen dar, die Anlass für eine neue, zukunftsbezogene Prognose mit vorausschauender Betrachtung bieten. Aber auch bei vorausschauender Betrachtung mit den zu diesem Zeitpunkt der Bestätigungen der S vom 05.10.2017 vorliegenden Erkenntnissen ließ sich nicht hinreichend sicher vorhersehen, dass dem Kläger im hier zulässigen Streitzeitraum vom 25.04.2018 bis zum 30.09.2018 ein den obigen Anforderungen entsprechender, anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gegen die S zustehen würde.

 

Denn der Kläger war, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, im zulässigen Streitzeitraum selbst kein Mitglied der S. Mitglieder der S waren vielmehr ausschließlich die Eltern des Klägers. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 3 der Satzung, wonach die Mitgliedschaft mit der Zahlung des ersten Beitrags beginnt. Dass der Kläger selbst Beiträge an die S gezahlt hätte, ist aber weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Außerdem ergibt sich dies aus den mit E-Mail und mit Schreiben vom 05.10.2017 und 06.04.2021 jeweils gegenüber dem Vater erfolgten Bestätigungen der S, mit denen lediglich eine „Familienmitgliedschaft im Sinne des § 4 der Zuwendungsordnung“ bzw. eine „Absicherung im Krankheitsfall als zuwendungsbefugte Person gemäß Zuwendungsordnung“ und eben keine originäre Mitgliedschaft des Klägers bestätigt wurde.

 

Der Kläger konnte sich zur Herleitung eines Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall gegen die S damit von vornherein nicht auf die für einen Anspruch des Mitglieds in Betracht kommenden Bestimmungen der Satzung (§ 2 Abs.  2a, Abs. 3a, Abs. 4 und insbesondere § 5 Abs. 2 und Abs. 3 der Satzung) berufen. Denn diese Bestimmungen beziehen sich ausschließlich auf beitragzahlende Mitglieder und könnten daher allenfalls für Mitglieder der S einen Leistungsanspruch gegen die S begründen (so auch: LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 27.06.2023 – L 11 KR 659/22 – juris Rn. 92).

 

Ein Anspruch des Klägers gegen die S ließe sich für den hier zulässigen Streitzeitraum (25.04.2018 bis 30.09.2018) daher allenfalls aus § 4 der Zuwendungsordnung (in der insoweit maßgeblichen, ab dem 01.10.2017 geltenden Fassung; nachfolgend ist mit Zuwendungsordnung stets diese Fassung gemeint) herleiten.

 

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger im zulässigen Streitzeitraum des vorliegenden Verfahrens (25.04.2018 bis 30.09.2018) überhaupt die Voraussetzungen für eine zuwendungsbefugte Person nach § 4 der Zuwendungsordnung erfüllte. Denn nach der für diesen Zeitraum, in dem der Kläger bereits volljährig war und (noch) keine Ausbildung absolvierte, einzig in Betracht kommenden Bestimmung in § 4 Abs. 4 S. 2 der Zuwendungsordnung kann ein volljähriges, nicht in Ausbildung befindliches Kind eines Mitglieds längstens für 18 Monate als zuwendungsbefugt angesehen werden. Da die Bestimmung den Beginn dieser Höchstfrist nicht regelt, könnte als maßgeblicher Zeitpunkt des Fristbeginns der erste Zeitpunkt nach Vollendung des 18. Lebensjahres, in dem keine (Schul-)Ausbildung (mehr) absolviert wird, in Betracht kommen. Dies hätte zur Folge, dass die Höchstfrist im vorliegenden Fall am  01.09.2016 begonnen und bereits mit Ablauf des 28.02.2018 geendet hätte, so dass sie im zulässigen Streitzeitraum des vorliegenden Verfahrens (25.04.2018 bis  30.09.2018) bereits ablaufen gewesen wäre. Letztlich bedarf diese Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren aber keiner Entscheidung.

 

Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers für den zulässigen Streitzeitraum des vorliegenden Verfahrens seine Zugehörigkeit zum Kreis der zuwendungsbefugten Personen nach § 4 Abs. 4 S. 2 der Zuwendungsordnung unterstellt, sind die Regelungen der Zuwendungsordnung der S bei der gebotenen prognostischen Betrachtung von vornherein nicht geeignet, dem Kläger einen hinreichend sicheren Rechtsanspruch zu vermitteln. Schließlich sieht § 8 Abs. 6 der Satzung ausdrücklich vor, dass die Regelungen der Zuwendungsordnung jederzeit durch den Vorstand geändert werden können. Bereits diese Möglichkeit zur jederzeitigen Abänderung durch den Vorstand schließt bei der gebotenen prognostischen Betrachtung einen hinreichend sicheren Anspruch auf Gewährung von Leistungen für die Personen, die einen Anspruch allenfalls aus der Zuwendungsordnung herleiten können, von vornherein aus (so im Ergebnis auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom  27.06.2023  – L 11 KR 659/22 – juris Rn. 92).

 

Ferner steht die in § 4 Abs. 1 der Satzung vorgesehene Kündigungsmöglichkeit, die für Mitglieder das Ausscheiden aus dem Verein durch Kündigung ermöglicht, ohne zugleich den Nachweis einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall zu verlangen, bei der gebotenen prognostischen Betrachtung einem hinreichend sicheren Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall entgegen. Schließlich lässt sich bei prognostischer Betrachtung nicht ausschließen, dass ein Mitglied von dieser Kündigungsmöglichkeit Gebrauch macht, was das Entfallen etwaiger Leistungsansprüche der Mitglieder gegen die S und damit auch das Entfallen etwaiger Ansprüche für zuwendungsbefugte Personen zur Folge hätte, ohne dass zugleich eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall hinreichend sichergestellt ist.

 

Selbst wenn man für die gebotene prognostische Betrachtung auf den spätestens möglichen Zeitpunkt, nämlich auf die bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides (vom 09.10.2019) vorliegenden Erkenntnisse, abstellen wollte, führt dies für den zulässigen Streitzeitraum des vorliegenden Verfahrens (25.04.2018 bis 30.09.2018) zu keinem anderen Ergebnis. Zwar dürfte zu diesem Zeitpunkt festgestanden haben, dass die Zuwendungsordnung vom Vorstand der S für den zulässigen Streitzeitraum des vorliegenden Verfahrens nicht oder für den vorliegenden Fall jedenfalls nicht entscheidungserheblich geändert worden ist und dass die Eltern des Klägers gegenüber der S auch nicht von ihrer Möglichkeit zur Kündigung ihrer Mitgliedschaft Gebrauch gemacht haben. Aber diese nachträgliche Entwicklung ändert nach den geschilderten Grundsätzen nichts daran, dass die ursprünglich richtige Prognose für die Vergangenheit rechtmäßig bleibt. Denn es ist mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht vereinbar, bei Prüfungen für die Vergangenheit im Nachhinein bekannt gewordene Verhältnisse rückwirkend zu berücksichtigen, obwohl auf Grundlage eines früheren Erkenntnisstandes eine andere Prognose veranlasst und zutreffend war (BSG, Urteil vom 18.10.2022 - B 12 KR 2/21 R - juris Rn. 21).

 

Im Ergebnis hat die Beklagte das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs des Klägers auf Absicherung im Krankheitsfall für den hier zulässigen Streitzeitraum vom  25.04.2018 bis zum 30.09.2018 im Rahmen der gebotenen Prognoseentscheidung damit rechtmäßig verneint.

 

Lediglich ergänzend weist der Senat, ohne dass es entscheidungserheblich hierauf ankäme, darauf hin, dass der Kläger das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall für den hier zulässigen Streitzeitraum auch bei einer (hier nicht gebotenen) ex-post-Betrachtung unter Berücksichtigung der im Nachhinein bekannt gewordenen Erkenntnisse nicht nachgewiesen hat.

 

Denn es steht zwischenzeitlich abschließend fest, dass der Kläger im hier zulässigen Streitzeitraum vom 25.04.2018 bis zum 30.09.2018 weder privat noch anderweitig gesetzlich krankenversichert war. Die mit Wirkung zum 09.06.2021 eingeführte Regelung in § 176 SGB V, die in Absatz 2 für die Mitglieder der die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllenden Solidargemeinschaften nunmehr einen gesetzlichen Anspruch auf Leistungen auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung gegen diese Solidargemeinschaften regelt, kann für den im vorliegenden Verfahren zulässigen Streitzeitraum (25.04.2018 bis zum 30.09.2018) ebenfalls keinen anderweitigen Anspruch des Klägers auf Absicherung im Krankheitsfall begründen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die erst mit Wirkung zum 09.06.2021 eingeführte Vorschrift des § 176 SGB V keine Anwendung auf Sachverhalte vor ihrem Inkrafttreten findet (BT-Drucksache 19/27652, S. 109; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2023 - L 11 KR 659/22 - juris Rn.  87; FG Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2021 - 11 K 3144/15 E - juris Rn. 44; Hahn in NZS 2022,  81, 82; R. Klein in jurisPK-SGB V, 4. Auflage, Stand: 29.08.2023, § 176 Rn. 17.2).

 

Ein (eigener) durchsetzbarer Anspruch des Klägers gegen die S auf Absicherung im Krankheitsfall war im hier zulässigen Streitzeitraum (25.04.2018 bis zum 30.09.2018) auch bei einer ex-post-Betrachtung nicht gegeben.

 

Hierbei kann die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage, ob einem Mitglied der S nach deren hier maßgeblichen Satzung (in der Fassung vom 16.04.2016) ein durchsetzbarer Anspruch gegen die S auf eine mindestens den Anforderungen der deutschen privaten Krankenversicherung entsprechende Absicherung im Krankheitsfall zustand, dahinstehen (ebenfalls offengelassen, aber mit Angabe der für und gegen einen durchsetzbaren Anspruch eines Mitglieds sprechenden Argumente: LSG Baden-Württemberg - Urteil vom  27.06.2023  -  L  11  KR 659/22 - juris Rn. 92 (ebenfalls zur Satzung in der Fassung vom 16.04.2016); BFH, Urteil vom 23.08.2023 - X R 15/22 - juris Rn. 38 ff. (zur Satzung in der Fassung vom 13.07.2013); BFH, Urteil vom  12.08.2020  -  X  R  12/19  - juris Rn. 33 ff. (zur Satzung in der Fassung vom  13.07.2013); Anspruch verneint: FG Düsseldorf, Urteil vom  14.10.2021  -  11  K  3144/15 E - juris Rn. 32 ff. (wohl auch zur Satzung vom 13.07.2013); LSG Bayern – Urteil vom 09.06.2015 - L 4 KR 27/13 - juris Rn. 30 ff. (zur Satzung aus dem Jahr 2009; Revision als unzulässig verworfen: BSG, Beschluss vom  18.04.2017 – B 12 KR 18/15 R).

 

Denn der Kläger war, wie bereits ausgeführt, im zulässigen Streitzeitraum selbst kein Mitglied der S, so dass sich ein (eigener) durchsetzbarer Anspruch des Klägers gegen die S allenfalls aus § 4 der Zuwendungsordnung herleiten lassen könnte. Aber selbst wenn man zu Gunsten des Klägers für den zulässigen Streitzeitraum des vorliegenden Verfahrens seine Zugehörigkeit zum Kreis der zuwendungsbefugten Personen nach § 4 Abs. 4 S. 2 Zuwendungsordnung unterstellt, lässt sich, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, aus einer solchen Stellung als zuwendungsbefugte Person kein eigener Anspruch der zuwendungsbefugten Person  gegen die S herleiten (so auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom  27.06.2023 – L 11 KR 659/22 – juris Rn. 92). Zur Begründung des nicht gegebenen eigenen Anspruchs der zuwendungsbefugten Person wird gemäß  §  153  Abs. 2 SGG zunächst vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil verwiesen.

 

Ergänzend ist hierzu anzuführen, dass zur Beantwortung der Frage, ob einer zuwendungsbefugten Person im Sinne des § 4 Zuwendungsordnung ein eigener Leistungsanspruch gegen die S zusteht, die Auslegungsregelung des  §  328  Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Abgrenzung von echten Verträgen zugunsten Dritter (mit eigenem Leistungsanspruch des Dritten) von unechten Verträgen zu Gunsten Dritter (ohne eigenen Leistungsanspruch des Dritten) entsprechend Anwendung findet. Hiernach ist in Ermangelung einer besonderen Bestimmung aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrages zu entnehmen, ob der Dritte das Recht (die Leistung zu fordern) erwerben soll. Es kommt damit zunächst auf die konkreten Bestimmungen der Vertragsparteien an. Fehlen konkrete Bestimmungen zu der Frage des eigenen Leistungsanspruchs des Dritten oder sind diese nicht eindeutig, hat eine Auslegung nach dem allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), insbesondere nach dem Vertragszweck, zu erfolgen. Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus den konkreten Bestimmungen in der Satzung und der Zuwendungsordnung, dass einer zuwendungsbefugten Person im Sinne des § 4 Zuwendungsordnung kein eigener Anspruch gegen die S zusteht, so dass es einer ergänzenden Auslegung nicht bedarf. Dies folgt letztlich schon allein aus § 5 Abs. 1 S. 1 der Satzung, der bestimmt, dass sich der „Umfang der Zuwendungen“ aus der Zuwendungsordnung ergibt. Hiermit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Zuwendungsordnung lediglich um Regelungen zur Höhe der Zuwendungen handelt. Hieraus folgt, dass mit der Zuwendungsordnung der Kreis (etwaiger) anspruchsberechtigter Personen gerade nicht erweitert wird und dass (etwaige) Anspruchsinhaber allein die Mitglieder der S sind. Dem entsprechen die Regelung § 4 Abs. 1 S. 1 und S. 4 der Zuwendungsordnung, wonach grundsätzlich nur Vereinsmitglieder an den Zuwendungen des Vereins beteiligt sind und wonach im Falle der Anerkennung als zuwendungsbefugte Person auch „für diese Person“ Leistungen nach dieser Zuwendungsordnung gewährt werden. Auch hieraus ergibt sich, dass im Falle der Anerkennung als zuwendungsbefugte Person ausschließlich dem Mitglied (höhere) Zuwendungen auch für diese Person zustehen können und dass allein das Mitglied (etwaige) Ansprüche für die zuwendungsbefugte Person gegen die S geltend machen kann.

 

Der Kläger hat damit auch bei einer ex-post-Betrachtung für den hier zulässigen Streitraum keinen (eigenen) anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V nachgewiesen. Ein etwaiger Anspruch des Vaters ist, weil es sich hierbei um den etwaigen Anspruch eines Dritten handelt, nach dem Wortlaut des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V hierfür nicht ausreichend. Soweit der Kläger diesbezüglich einwendet, dass mitversicherte Familienangehörige auch nach den Regelwerken der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung keine eigenen Ansprüche auf Leistungen hätten, trifft dies nicht zu. Denn Personen, die über § 10 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert sind, haben gemäß § 11 SGB V gerade eigene Leistungsansprüche gegen die Krankenkasse (Plagemann in jurisPK- SGB  V, 4. Auflage, Stand: 15.05.2023, § 11 Rn. 14; Felix in jurisPK- SGB  V, 4. Auflage, Stand: 05.06.2023, § 10 Rn. 82). Auch im Bereich der privaten Krankenversicherung besteht, sofern Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht übereinstimmen, gemäß § 194 Abs. 3 VVG zumindest unter den dort genannten Voraussetzungen ein eigener Leistungsanspruch der versicherten Person.

 

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung ohne Erfolg geblieben ist.

 

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

Rechtskraft
Aus
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